Vestisches Handwerk - Das Magazin der Kreishandwerkerschaft ...
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Nr. 10 Juni 2008<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
auch in diesem Jahr werden wie<strong>der</strong> viele junge Menschen<br />
ihren persönlichen Start ins Berufsleben mit einer Ausbildung<br />
in einem Innungsbetrieb beginnen. Und die meisten<br />
von ihnen werden diesen Schritt nicht bereuen. Nach einer<br />
aktuellen Umfrage <strong>der</strong> <strong>Handwerk</strong>skammern in NRW unter<br />
3.500 Lehrlingen würden zwei Drittel von ihnen sofort<br />
noch einmal die Ausbildung in ihrem Betrieb beginnen.<br />
Nur je<strong>der</strong> siebte dagegen bereut diese Entscheidung.<br />
Beeindruckende Zahlen, die eines zeigen: Die Ausbildung<br />
im <strong>Handwerk</strong> ist nicht nur von den Inhalten her<br />
hochprofessionell und auf <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Zeit, son<strong>der</strong>n<br />
auch die „Chemie“ in den Betrieben scheint zu stimmen.<br />
Dies kommt sicherlich nicht von ungefähr. Schließlich sind<br />
es die selbständigen Meisterinnen und Meister, die nicht<br />
nach dem Prinzip eines falsch verstandenen Sharehol<strong>der</strong><br />
Value arbeiten, son<strong>der</strong>n unter Einsatz ihres Privatvermögens<br />
langfristig mit den Mitarbeitern planen. Und diese<br />
relative Arbeitsplatzsicherheit schafft eben auch eine hohe<br />
Arbeitszufriedenheit. Wie hoch die Identifikation bei Auszubildenden<br />
mit dem <strong>Handwerk</strong> ist, mag man auch daran<br />
ablesen, dass ein knappes Drittel sogar die Meisterprüfung<br />
in ihrem Gewerk anstrebt.<br />
Lei<strong>der</strong> konnten die Schulen an die guten Zahlen<br />
nicht anknüpfen. Lediglich mit einem knappen „Befriedigend“<br />
werden die Bildungseinrichtungen bewertet. Neben<br />
<strong>der</strong> verständlichen Freude über die hohe Attraktivität des<br />
<strong>Handwerk</strong>s macht gerade das letzte Umfrageergebnis sehr<br />
betroffen. Schließlich sind wir Unternehmer auf gut vorbereitete<br />
und ausbildungsfähige Jugendliche angewiesen.<br />
Hieran scheint es – wir erleben es in <strong>der</strong> betrieblichen Praxis<br />
jeden Tag – in <strong>der</strong> Tat mittlerweile stark zu hapern.<br />
Deutschland ist nicht nur durch seine Dichter und<br />
Denker wohlhabend und erfolgreich geworden, son<strong>der</strong>n<br />
auch durch einen erstklassig ausgebildeten gewerblichen<br />
Mittelstand. Nur um gut ausbilden zu können, brauchen<br />
wir eine exzellente Vorbereitung in den allgemeinbildenden<br />
Schulen. Statt hier aber endlich einmal durchgreifende<br />
Verbesserungen umzusetzen, scheint die Politik die Verantwortung<br />
für die Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen<br />
wie<strong>der</strong> einmal auf die Wirtschaft abschieben zu wollen.<br />
In einem Gesetz zur Verbesserung <strong>der</strong> Ausbildungschancen<br />
für för<strong>der</strong>ungsbedürftige junge Menschen,<br />
allein <strong>der</strong> Titel lässt schon Schlimmes erahnen, möchte die<br />
Bundesregierung sogenannte Problem-Jugendliche durch<br />
eine Prämie von bis zu 6.000 Euro in die Betriebe bringen.<br />
Bei aller bekannten gesellschaftlichen Verantwortung gerade<br />
des Mittelstandes, so kann es nicht funktionieren. Wir<br />
wären eindeutig überfor<strong>der</strong>t, wenn wir einen Teil unseres<br />
notwendigen Nachwuchses aus diesem Reservoir gewinnen<br />
müssten. <strong>Das</strong> <strong>Handwerk</strong> ist nicht <strong>der</strong> Reparaturbetrieb<br />
für soziale Fehlentwicklungen.<br />
Hans-Walter Bugzel,<br />
Kreishandwerksmeister im Vest Recklinghausen.<br />
Statt ständig neue Ideen in die Welt zu setzen, die<br />
an <strong>der</strong> Wirklichkeit vorbeigehen, sollten besser die bestehenden<br />
Instrumentarien stärker genutzt werden. So ist im<br />
Ausbildungskonsens NRW in <strong>der</strong> Vergangenheit ein gutes<br />
und bewährtes System von individuellen För<strong>der</strong>ungen, sozialpädagogischer<br />
Betreuung und betrieblicher Praktika<br />
entwickelt worden. Damit eröffnete sich für viele Jugendliche,<br />
die sonst keine Chance auf dem Ausbildungsmarkt<br />
gehabt hätten, eine langfristige Perspektive, doch noch<br />
einen Beruf zu erlernen. Es gibt daher aus <strong>der</strong> Sicht des<br />
<strong>Handwerk</strong>s keinen Grund, hiervon abzuweichen. Wohlfeile<br />
Versprechen im beginnenden Bundestagswahlkampf helfen<br />
we<strong>der</strong> den Jugendlichen noch den Betrieben. Auch ohne<br />
den Ausbildungsbonus von 6.000 Euro wird das <strong>Handwerk</strong><br />
im Vest wie<strong>der</strong> alles versuchen, auch im kommenden<br />
Ausbildungsjahr möglichst vielen Schülerinnen und Schülern<br />
eine Lehre zu ermöglichen. Die Bundespolitik sollte<br />
uns dabei unterstützen und nicht behin<strong>der</strong>n.<br />
In diesem Sinne grüßt Sie herzlichst<br />
Hans-Walter Bugzel<br />
Kreishandwerksmeister<br />
Editorial<br />
<strong>Vestisches</strong> <strong>Handwerk</strong> 3