Patchwork- familien - marketing Deutscher Kinderschutzbund
starke eltern
starke kinder
starke eltern
starke kinder
Beruf und Familie
nicht zu vereinbaren?
Vom Kindergarten
in die Schule
so gelingt der Übergang
Familienalltag
ohne StreSS
LeSeLuSt
Kinder brauchen Geschichten
Kunterbunter Mix
Deutscher Kinderschutzbund Jahresheft 1/2011 € 6,90
Patchworkfamilien
inhalt
Alles Zucker
78
Kleiderfragen
dieS & daS
6 Hier erfahren Sie das Neueste in Kürze
poSitionen & projeKte
14 Gut genug ist gut genug
22 Was ist ein Fremder?
28 Bei Anruf Hilfe
34 Peter Schilling:
„Musik kann Menschen sensibilisieren“
36 Heaven, Hell & Paradise
42 Freundschaft
FaMilie & co.
50 Familie (fast) ohne Grenzen
58 Beruf und Familie
66 Starke Großeltern – Starke Kinder
72 Kein Stress!
Familienalltag leichter gemacht
78 Alles Zucker
84 Kleiderfragen
84
Familie
(fast) ohne
Grenzen
Beruf
und Familie
58
erziehung & entwicKlung
88 Lauter erste Male:
Erziehung zur Selbständigkeit
96 Kleine Wilde
102 Mut zur Angst
108 Augen zu und durch!
Wenn Kinder ständig krank sind
116 Taschengeld – der nachwachsende
Rohstoff?
50
Kein Stress
mit den
Hausaufgaben
Kindergarten & Schule
122 Lisette Siek-Wattel:
„Ich seh´ die Kinder, wie sie sind.“
128 Ranzen, Tüte, starke Gefühle –
der Übergang von Kita zur Grundschule
134 Warum Lehrer gar nicht so blöd sind
140 Kein Stress mit den Hausaufgaben
Medien & Freizeit
148 Computerspiele: Immer am Drücker?
156 Leselust
162 Vorlesegeschichte:
Schule! schreit der Frieder, und die Oma,
die kommt mit
166 Urlaub wie die Cowboys
174 Kinder brauchen Tiere
Freundschaft
182 „Papa, sind Fußballmännchen Kunst?”
192 Der Deutsche Kinderschutzbund
4 starke eltern starke kinder starke eltern starke kinder 5
140
42
Leselust
156
Illustration: Anna Beck
Familie
(fast)
ohne
Grenzen
Papa, Mama, Kind(er) – diese klassische Besetzung einer Familie
galt noch bis vor wenigen Jahrzehnten als üblich und „normal“.
Die Kernfamilie war Standard und festigte das Klischee von einer
„richtigen“ Familie in unseren Köpfen. Doch mit der Familienrealität
von heute stimmt dieses Bild längst nicht mehr überein:
Rund 850.000 Kinder in Deutschland leben heute in so genannten
Patchworkfamilien.
von Gabi Blum
50 starke eltern starke kinder starke eltern starke kinder 51
familie & co.
Damit sind zusammengewürfelte Beziehungsgeflechte
gemeint, in denen Mutter und/oder Vater
neue Partner haben, die wiederum Kinder aus
vorherigen Beziehungen mitbringen. Nach der bei
uns noch immer am häufigsten vertretenen Kernfamilie
und der Ein-Elternfamilie hat es die Patchworkfamilie
mittlerweile auf den dritten Platz der
heute üblichen Familienformen geschafft.
Wenn meine kleine Tochter mit ihren Freundinnen
und ihren diversen Puppen spielt, dann sehr
oft das altbekannte Spiel: Mutter-Vater-Kind. Dabei
ist die Rollenverteilung glasklar: Die Väter müssen
als Ernährer der Familie zur Arbeit, die Mütter
kümmern sich derweil zu Hause rührend um die
Versorgung ihrer Babys – fertig ist die Familie.
Wenn ich ganz ehrlich bin – so ähnlich hatte ich
mir das auch mal vorgestellt. Nicht den Teil mit
der festgefahrenen Rollenverteilung freilich, denn
dass ich meinen eigenen Beruf wollte und haben
würde, war für mich nie eine Frage. Auch was ich
werden wollte, stand für mich mit zehn Jahren
fest: Journalistin. Dieses Ziel habe ich mehr oder
weniger geradlinig erreicht. Die Familiengründung
verlief dann allerdings anders als in meinen
Lesetipps
52 starke eltern starke kinder
Matthias Ochs, Rainer Orban
Familie geht auch anders.
Wie Alleinerziehende, Scheidungskinder und
Patchworkfamilien glücklich werden
Carl-Auer Verlag, ISBN 978-3-89670-655-3, Preis:14,95 €
Die „Idealfamilie“ ist ein Mythos – das ist eine
der zentralen Aussagen des Buchs der beiden
Familientherapeuten Ochs und Orban. Diese
Einsicht bietet Chancen: Wer sich vom lebensfremden
Ideal verabschiedet, kann einen ganz
neuen Blick auf andere Formen familiären Zusammenlebens
entwickeln. Denn „Scheidung
und Trennung münden nicht automatisch in
eine Katastrophe“, so die Überzeugung der
Autoren. Wie kann Familie aussehen, was
leistet sie und wie lässt sie sich stärken? Ochs
und Orban präsentieren keine Patentlösungen,
sondern machen Mut, den eigenen Weg
zu gehen. Ein Buch, das zum Weiterdenken
anregt.
mehr oder weniger romantischen Jungmädchenträumen
und -vorstellungen. Denn heute lebe ich
in einer Patchworkfamilie mit zwei eigenen Kindern
und einem mittlerweile 17-jährigen Stiefsohn.
Mit all den Konsequenzen, die ein solches
Familienmodell nun einmal nach sich zieht.
Dass mir das nicht immer leicht gefallen ist, gebe
ich unumwunden zu. Dabei hatte ich riesengroßes
Glück, denn der damals noch sehr kleine Sohn
meines Mannes hatte mich vom ersten Augenblick
an ins Herz geschlossen. Und ich hatte, im
Unterschied zu vielen anderen Paaren in solchen
Situationen, noch ein zweites Mal Glück: Der Junge
hat eine Mutter, die ihn glücklicherweise nie
gegen mich – die „Neue“ ihres Ex-Mannes – aufgestachelt
hat. Dafür zolle ich ihr großen Respekt.
Aufräumen, wAs mAn hinter sich
gelAssen hAt
Dennoch gab es viele Probleme und Schwierigkeiten,
bis sich alle in dieser neuen Konstellation
zurechtgefunden hatten. Natürlich hatte jeder der
Beteiligten seine ganz eigene Sicht der Dinge, seine
eigene „Wahrheit“, was die Lebensbedingungen
für sich selbst und vor allem für das Kind anging,
das plötzlich im Mittelpunkt des Interesses vieler
Erwachsenen stand. Dazu kam, dass mein Mann
und ich hohe Erwartungen, große Hoffnungen
und viele Wünsche mit der Aussicht verbanden,
künftig als Paar zusammenzuleben.
Ein kinderloses, nie zuvor verheiratetes Paar hat
andere Startbedingungen als Partner, die möglicherweise
beide aus einer gescheiterten Ehe
kommen, also schon eine erste Familiengründung
hinter sich haben. Wir konnten den Blick nicht
unbefangen nach vorne richten, denn wir mussten
erst einmal „aufräumen“ und verarbeiten, was
wir in den vorangegangenen Beziehungen hinter
uns gelassen hatten. Und wir mussten uns Gedanken
darüber machen, wie wir den kleinen Jungen
meines Mannes so in unser neues Leben einbetten,
dass er möglichst wenig unter den Lebensbrüchen
der Erwachsenen leidet.
In der Rückschau und mit dem Abstand, den wir
heute haben, muss ich sagen, dass mein Stiefsohn
die Lage damals am besten von uns allen gemeistert
hat! Er zeigte eine für einen 6-jährigen Jungen
erstaunliche Geduld mit den Großen, vor allem
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© istockphoto.com / Cruz Puga
Kein
StreSS!
Familienalltag leichter gemacht
„Hektik und Stress im Alltag“, „Streit in der Familie“ und „der Versuch, Familie
und Beruf miteinander zu verbinden“ zählen laut einer Studie des Forsa Instituts
zu den größten Stressfaktoren. Muss das wirklich so sein? Welche Möglichkeiten
haben Mütter und Väter, den Stresspegel zu reduzieren?
von Andrea Unser
Wahrscheinlich kennen Sie das: Der Zeiger der Küchenuhr
rückt vor auf 17 Uhr. Der Jüngste gähnt herzhaft
und seine Augen werden immer kleiner. Er darf jetzt auf
keinen Fall einschlafen, sonst wird es heute nichts mit
einem gemütlichen Abend auf dem Sofa. Der zweijährige
Bruder erntet mit seinem Traktor gerade „Kartoffeln“,
dazu hat er die Kastanien auf dem Küchenfußboden
verstreut. Der Größte, vier Jahre alt, schiebt sich seinen
Kinderstuhl erwartungsvoll an die Küchenzeile, denn er
möchte mir beim Kochen helfen. Es gibt heute gedünstetes
Rotbarschfilet mit Dillsoße, Fenchel-Karotten-Gemüse
und Salzkartoffeln. Mein Mann kommt nach Hause,
wirft einen Blick auf die Küchenanrichte und zieht die
Augenbrauen leicht hoch: „Gibt es heute Fisch und Fenchel?“
Eigentlich mag er keinen Fisch. Etwas enttäuscht
zieht er sich mit der Tageszeitung zurück.
Sie werden sich vorstellen können, das wurde kein harmonischer
Abend. Das Rotbarschfilet zerfiel und die
Dillsauce schmeckte versalzen. Der Kleine schlief irgendwann
doch ein und der Große kam dem Topf mit der
Soße gefährlich nahe.
Ich erinnere mich an diese Zeit als eine Phase der Dauererschöpfung
und des Dauerstresses. Darüber klagen viele
Mütter und Väter und fühlen sich den täglichen Anforderungen
nicht gewachsen. Dabei ist es unwichtig, in welcher
Familienphase sie sich gerade befinden. „Ich bin im
Stress“ bleibt nicht nur ein oberflächlicher Ausspruch,
sondern spiegelt gleichzeitig das Lebensgefühl wieder.
Es ist, wie es ist
Kinder, unabhängig von ihrem Alter und Entwicklungsstand,
stellen uns immer wieder vor neue Aufgaben.
Viele Babys schlafen nicht durch. Kleine Kinder können
bockig und trotzig sein – die Liste lässt sich beliebig lange
fortsetzen. Kinder fordern uns immer wieder heraus
und suchen ihre Grenzen.
Akzeptieren wir diese Gegebenheiten und sagen bewusst
„ja“ dazu, werden wir ruhiger und gelassener. Durch das
Annehmen unserer augenblicklichen Situation sinkt der
Stresspegel deutlich. Der Dauerdruck lässt nach und es
eröffnen sich plötzlich neue Handlungsspielräume:
Jonas fällt der Abschied nicht so schwer, wenn er Mamas
Halstuch in die Hosentasche steckt.
Das Baby schläft am Vormittag immer mindestens zwei
Stunden. In dieser Zeit kann ich mich ausruhen, so hält
sich der Schlafmangel etwas in Grenzen.
Das kleine Trotzköpfchen wird zugänglicher, sobald
wir ihm eine Wahlmöglichkeit lassen.
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© vsurkov – Fotolia.com
Lauter erste Male:
Erziehung
selbstständigkeit
88 starke eltern starke kinder starke eltern starke kinder 89
zur
Bei der Geburt lässt eine Mutter ihr Baby
zum ersten Mal los. Von nun an wird es
jeden Tag ein bisschen selbstständiger, bis
es schließlich erwachsen ist. Diesen Prozess
unterstützend zu begleiten ist eine der
wichtigsten und schwierigsten Aufgaben in
der Erziehung – für Mütter wie Väter.
von Maja Roedenbeck
ErziEhung & Entwicklung
90 starke eltern starke kinder
Es gibt viele Momente im Leben eines Kindes, in denen seine Eltern spüren, dass es wieder
ein Stück selbstständiger geworden ist: Wenn es mit ungefähr 18 Monaten plötzlich darauf
besteht, alles alleine zu machen – alleine zu essen, sich alleine die Zähne zu putzen, sich alleine
anzuziehen. Wenn es zum ersten Mal fröhlich in die Kindergartengruppe läuft, anstatt
sich weinend an die Mama zu klammern. Wenn es zum ersten Mal bei Oma oder dem besten
Freund übernachtet, zum ersten Mal allein zur Schule oder einkaufen geht, zum ersten Mal
allein Bus fährt oder verreist.
Diese Momente sind schön, sie machen stolz. Aber sie haben immer auch etwas von einem
Abschied und sind daher mit Wehmut verbunden. Es schmerzt zu merken: Mein Kind
braucht mich gar nicht mehr so sehr, es kommt alleine klar. Selbst wenn das so natürlich
nicht stimmt. Es braucht seine Eltern immer noch, nur anders. Nicht mehr nur als Versorger,
sondern als starken Rückhalt, als sichere Basis für die ersten selbstständigen Schritte in die
Welt hinaus. Es braucht jetzt eine Mama, die ermutigt: „Toll, dass du das alleine versuchst!
Du schaffst das bestimmt!“ und einen Papa, der tröstet: „Ist nicht schlimm, dass es diesmal
noch nicht geklappt hat. Es wird nicht mehr lange dauern, dann kannst du das auch!“
ES ScHMERZT ZU MERKEN:
Mein Kind braucht mich gar
nicht mehr so sehr, es kommt
alleine klar.
Wenn Loslassen schwerfällt
Doch ihren Nachwuchs zuversichtlich loszulassen,
fällt Eltern von heute besonders schwer. Prof. Dr.
Dieter Spanhel, Erziehungswissenschaftler, Buchautor
und Vorstandsmitglied im JFF Institut für
Medienpädagogik in Forschung und Praxis in
München, sieht zwei Gründe dafür: „Erstens wer-
den Eltern durch die zahlreichen Medienberichte über entführte und missbrauchte Kinder
verunsichert und haben Angst, dass etwas passieren könnte, wenn sie ihr Kind einfach laufen
lassen. Und zweitens meinen viele, sie wüssten am besten, was gut für ihr Kind ist, und
wollen seine Entwicklung im Griff behalten und nach ihren Überzeugungen gestalten und
steuern.“ Aber Kinder können schon sehr früh ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche ausdrücken.
„Diese“, so der Experte, „ müssen die Eltern sensibel wahrnehmen und mit berücksichtigen.“
Selbstständigkeit ist ein wertvolles Gut, ein wichtiges Erziehungsziel. Die motivationspsychologische
Forschung zeigt, dass ein Kind drei grundlegende Erfahrungen machen muss,
damit es zu einem selbstständigen Menschen heranwächst: Die Erfahrung, selbst etwas bestimmen
zu können (Autonomieerfahrung), die Erfahrung, selbst etwas bewirken zu können
(Selbstwirksamkeitserfahrung), und die Erfahrung sicherer Beziehungen in der Familie, im
Freundeskreis, in der Schule oder im Sportverein (soziales Eingebundensein).
Eine wichtige Fähigkeit aus dem Bereich Selbstständigkeit, die früh gefördert gehört: Konflikte
alleine lösen. Spätestens auf dem Schulhof können Mama und Papa nicht mehr dabei
sein und eingreifen, wenn sich die Klassenkameraden um einen Fußball streiten. Bis dahin
sollte das Kind gelernt haben, für sein Recht einzutreten, Kompromisse auszuhandeln und
auch mal nachzugeben. Besser also, man ermutigt es schon im Sandkasten, sich die Schippe
selbst zurückzuholen, die ein anderes Kind weggenommen hat, anstatt das mal eben mütterlich-resolut
zu regeln. Besser, der Geschwisterstreit bekommt Raum, sich zu entfalten und
selbst zu klären (solange es nicht zu gefährlichen Aggressionen kommt), anstatt dass Papa
streng für Gerechtigkeit sorgt. „Es kommt darauf an, dass die Kinder Regeln für das Aushandeln
von Kompromissen lernen“, erklärt Erziehungswissenschaftler Spanhel, „vor allem die
wichtigste Regel: Konflikte werden grundsätzlich gewaltfrei gelöst.“
Den angemessenen Rahmen
finden
Der Leitspruch der italienischen
Reformpädagogin Maria
Montessori, deren Lehren
unser modernes Verständnis
von Erziehung in vielen Aspekten
geprägt haben, lautete
nicht umsonst bereits Anfang
des 20. Jahrhunderts „Hilf
mir, es selbst zu tun“. Man
kann ein Kind beglucken
und man kann es ins offene
Messer rennen lassen. Beides
ist wenig sinnvoll. Die Erziehung
zur Selbstständigkeit
versteht sich als goldener Mittelweg
zwischen den beiden
Extremen. „Ein Kind braucht
Selbstständigkeit innerhalb
eines Rahmens“, erklärt
Spanhel, „Je sicherer und klarer
gekennzeichnet der Rahmen
ist, je konsequenter die
Eltern darauf achten, dass er
eingehalten wird, desto sicherer
bewegt es sich innerhalb
dieses Rahmens. Nur wenn
das Kind das Gefühl hat, dass
man ihm vertraut und ihm
etwas zutraut, kann es sich
innerhalb des Rahmens auf
Neues einlassen und wichtige
Lernschritte und Lebenserfahrungen
machen.“
Der Rahmen, das sind die
Regeln, die die Eltern vorgeben.
Die Grenzen, die sie setzen.
Der Bereich, in dem sich
das Kind frei bewegen kann.
Die Entscheidungen, die es
alleine treffen darf. In den
verschiedenen Altersstufen,
die das Kind durchläuft, wird
dieser Rahmen unterschiedlich
aussehen: So darf das
Kindergartenkind noch nicht
alleine im Hof oder Garten
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Ranzen, Tüte,
starke Gefühle –
der Übergang
von Kita
zu Grundschule
Wer erinnert sich nicht an seinen ersten Schultag?
An die Schultüte im Arm und den nagelneuen Ranzen
auf dem Rücken? An den Stolz, die Neugier und die
Aufregung schon lange vor dem großen Tag? Unvergessen
aber auch die Kommentare der „Großen“:
„Jetzt beginnt der Ernst des Lebens“, und „Ab sofort
ist es mit dem Spielen vorbei!“ Ambivalente Gefühle
der Eltern und die Ungewissheit, was kommt, lösen
bei Kindern starke Gefühle, auch diffuse Ängste aus.
Umso wichtiger, den Nachwuchs beim Übergang in
die Schule bestmöglich zu unterstützen.
von Gaby Blum
Tom ist kurz vor den Sommerferien sechs Jahre alt geworden.
Er freut sich auf die Einschulung und fiebert schon einige
Zeit dem großen Ereignis entgegen. Er kann es kaum
erwarten, endlich ein Schulkind zu werden, lesen und
schrei ben und rechnen zu lernen. Angst vor der Schule hat
er keine, denn er kennt seine zukünftige Umgebung schon
seit langem von den vielen Besuchen, die er sowohl mit seiner
Mutter als auch mit seiner Kindergarten-Gruppe hier
gemacht hat. Er weiß, wo sein Klassenzimmer und der Pausenhof
sind, kennt den Weg zu den Toiletten und zur Turnhalle.
Und vor allem: Er kennt schon seine Klassenlehrerin,
Frau Meyer! Die ist sehr nett, das weiß er, weil sie ihn und
die anderen künftigen Erstklässler viele Male im Kindergarten
besucht, mit ihnen gesprochen und gemalt hat. Einige
Male hat sie ihnen auch tolle Schulgeschichten vorgelesen,
und Tom und seine Freunde aus dem „Kindi“ durften mit
ihr eine Turnstunde in der Schulturnhalle erleben!
Tom hat noch einen Grund, sich weder vor dem großen
Schulgebäude, noch vor den vielen fremden Kindern auf
dem Pausenhof zu fürchten: Er hat nämlich schon einen
„großen“ Freund in der neuen Schule, den Lukas. Der geht
in die dritte Klasse, kennt sich natürlich super aus und wird
ihm in der Anfangszeit als „Pate“ zur Seite stehen und ihm
helfen, sich hier zurechtzufinden.
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© shutterstock.com / Dainis
,, Papa, sind
Fussballmannchen
182 starke eltern starke kinder
Kunst? ,,
Regenwetter, schlechtgelaunte Kinder und einen Haufen
Arbeit zu erledigen – manchmal kann das Leben sehr
anstrengend sein. Es sei denn, man hat einen guten Einfall,
wie man den ungehaltenen Nachwuchs sinnvoll beschäftigt.
von Markus Hauser
Es regnet. Schon seit Tagen. Mir macht das nichts aus, ich hab
genug zu tun und Sonnenschein wäre motivationsmäßig hinderlich.
Meine Stimmung ist also aufgeräumt im Gegensatz zu
meinem Schreibtisch. Der Rest der Familie sieht das anders.
Hund Paul hat Depressionen (er hasst Regen, vor allem das Pfotenwaschen
und Fellfrottieren nach dem Gassigehen), Tobias,
unser Ältester, ist mies gelaunt, weil er die ganze Woche nicht
raus konnte, David, sein jüngerer Bruder, hat einen Mords-
Schnupfen und meine Frau ist Dank unseres dauerquengelnden
Nachwuchses mit ihrer Geduld am Ende:
„Kannst du dich BITTE auch mal um die beiden kümmern?!“
Das war keine höfliche Frage, sondern ein Befehl, ich kenne diesen
Tonfall genau.
„Gerne, Schatz, ich muss nur noch etwa einen Million Seiten
fertig schreiben, dann stehe ich ganz und gar zu eurer Verfügung“,
flöte ich, gut verschanzt hinter meinem Rechner und
Bergen von Notizpapier. Jetzt nur nicht nachgeben, mein Arbeitszimmer
ist eine Oase der Ruhe und des Friedens inmitten
von Chaos. Die werde ich freiwillig nicht verlassen.
„Sofort!!!“ Die Tür knallt. Ein größerer Papierstapel gerät ins
Wanken und verabschiedet sich erdwärts. Ich ahne, was jetzt
kommt. Meine Frau ist niemand, der sich so einfach abwimmeln
lässt. Nicht, wenn Tobi und David sich seit Stunden lautstark
in der Wolle haben und die Wohnung in Trümmern liegt.
Fertig gespielt und nix zu tun
Rumms, die Tür fliegt wieder auf, das Bücherregal wackelt, herein
stürmt Tobi, seinen Bruder im Schlepp. „Mama hat gesagt,
wir sollen jetzt dich nerven gehen.“
„Genau“, pflichtet ihm David bei, „weil wir nicht raus dürfen
und schon alles fertig gespielt haben.“
„Man kann seine Spielsachen nicht ,fertig‘ spielen, das geht gar
nicht“, belehre ich die beiden.
„Doch, das geht wohl“, widerspricht Tobi verärgert. „Wenn man
mit allem gespielt hat und alles aufgebaut und wieder abgebaut,
dann hat man fertig gespielt.“
„Genau, wir sind jetzt fertig“, schnieft David. „Und Mama sagt,
du sollst dir was einfallen lassen.“
Himmel, was soll mir denn noch einfallen, auf was die Jungs
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