Ich glaube nicht, dass - Pfarrei Hochdorf
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2 <strong>Pfarrei</strong> <strong>Hochdorf</strong><br />
Zum Titelbild: Himmelsfahnen am <strong>Pfarrei</strong>jubiläum<br />
Es sind die vielen Menschen, jüngere<br />
und ältere, die unserer <strong>Pfarrei</strong> ein Gesicht<br />
geben. Manches ist sichtbar<br />
und für alle bekannt, vieles jedoch<br />
geschieht <strong>nicht</strong> unter den Augen der<br />
Öffentlichkeit. Gerade unsere Vereine<br />
und Gruppierungen leisten<br />
schier unzählbare Stunden von Freiwilligenarbeit,<br />
die dem ganzen Dorf<br />
zugute kommt. Um dies sichtbar zu<br />
machen, ist das Projekt „Himmelsfahnen“<br />
entstanden. Nach einer Einführung<br />
durch den Künstler Thomas<br />
Betschart aus Allenwinden (Zug) haben<br />
die verschiedenen Vereine und<br />
Gruppierungen unserer <strong>Pfarrei</strong> in<br />
den letzten Monaten sogenannte<br />
„Himmelsfahnen“ gemalt. In kurzer<br />
Zeit wurden aus den weissen Stoffbändern<br />
bunte und lebendige Kunstwerke,<br />
die vom vielfältigen Leben der<br />
jeweiligen Gruppierung erzählen.<br />
Seit Mitte August stehen sie nun bereits<br />
links und rechts von unserer Kirchentreppe<br />
und künden das kommende<br />
Fest an. Wer sie schon gesehen<br />
hat, konnte über das „himmlisch-bunte“<br />
Gesamtbild staunen.<br />
Bewegt und getragen vom Wind erzählen<br />
die Fahnen vom Leben und<br />
der Vielfalt unserer <strong>Pfarrei</strong>. Nach<br />
dem Fest werden die Fahnen noch einige<br />
Zeit stehen bleiben, bevor sie<br />
dann als Erinnerung an die Vereine<br />
und Gruppen zurückgehen, in der<br />
Hoffnung, <strong>dass</strong> die eine oder andere<br />
Fahne noch lange über das <strong>Pfarrei</strong>jubiläum<br />
hinaus in unserem Dorf sichtbar<br />
bleiben möge.<br />
Folgende Vereine und Gruppen haben<br />
eine oder zwei Himmelsfahnen<br />
gemalt: Bibelgruppe, Blauring,<br />
Chenderchele, Chor St. Martin, Comitato<br />
Pastorale Italiano, Franziskanische<br />
Gemeinschaft, Frauenbund,<br />
Jungwacht, KAB, Kirchenrat, Kolping,<br />
<strong>Pfarrei</strong>rat, Ministranten, Sterbebegleitgruppe<br />
sowie Kinder vom<br />
Bibelerlebnisnachmittag 2012 und<br />
der 6. Klasse.<br />
David Rüegsegger<br />
www.pfarrei-hochdorf.ch <strong>Pfarrei</strong> <strong>Hochdorf</strong> 3<br />
„Bisch behindert?!“<br />
Dieses Schimpfwort ist <strong>nicht</strong> nur unter<br />
Jugendlichen sehr beliebt, wie oft<br />
verwenden auch Erwachsene das<br />
Wort „behindert“ gedankenlos, um<br />
etwas Negatives auszudrücken.<br />
Es scheint, als habe sich das Wort<br />
„Behinderung“ als negatives Bild in<br />
unsere Köpfe eingeprägt; <strong>nicht</strong> normal,<br />
minderwertig, bestenfalls noch<br />
hilfsbedürftig. Dass diese Haltung<br />
<strong>nicht</strong> der Botschaft Jesu Christi entspricht<br />
wissen wir wohl alle. Er, der<br />
Menschen am Rande immer wieder<br />
in die Mitte stellte und somit in die<br />
Normalität zurückführte: er würde<br />
uns bei solchem Verhalten vermutlich<br />
die Leviten verlesen.<br />
So ist es bestimmt <strong>nicht</strong> erstaunlich,<br />
<strong>dass</strong> es mir als Seelsorgerin ein Herzensanliegen<br />
ist, Jugendliche und Erwachsene<br />
auf ihr „Unverhalten“ aufmerksam<br />
zu machen. Aus diesem<br />
Grund konfrontiere ich Oberstufenschülerinnen<br />
und -schüler bewusst<br />
mit dieser Thematik. Und zu meiner<br />
Freude lassen sich diese jungen Menschen<br />
mit erstaunlicher Offenheit<br />
und Betroffenheit auf dieses Experiment<br />
ein. Was sie dabei erleben, erzählt<br />
uns ein Schüler.<br />
„Als wir in der Rodtegg ankamen und<br />
in das Schulhaus eintraten, gab es auf<br />
den ersten Blick <strong>nicht</strong>s Besonderes zu<br />
sehen, ausser <strong>dass</strong> in der Mitte ein<br />
grosses Cheminée stand. Wir gingen<br />
in einen Raum, wo wir uns gegenseitig<br />
vorstellten. Es war interessant, den<br />
Jugendlichen aus der Rodtegg zuzuhören.<br />
Danach zeigten sie uns ihre<br />
Schule. Es gibt in der Rodtegg Lifte,<br />
aber auch Treppen. Sie zeigten uns<br />
ihre Turnhalle. Weil die meisten <strong>nicht</strong><br />
laufen können, spielen sie in den<br />
Rollstühlen Unihockey. <strong>Ich</strong> habe erfahren,<br />
<strong>dass</strong> sie auch eine Unihockeymannschaft<br />
haben, die Luzerner<br />
Am Anfang hat es mich noch ein bisschen geschockt. Mit der Zeit habe ich gemerkt,<br />
<strong>dass</strong> das normale Menschen sind, die einfach mehr Pflege brauchen.<br />
(Luca)<br />
Sharks. Sie zeigten uns ihre Klassenzimmer,<br />
die grosse, breite Türen haben.<br />
In jedem Klassenzimmer hat es<br />
etwa acht Computer und in jeder<br />
Klasse nur acht bis zehn Lernende.<br />
Einige Computer haben keine Tastatur,<br />
sondern eine virtuelle Tastatur im<br />
Bildschirm, die mit einer Kamera die<br />
Bewegung eines grauen Punktes auf<br />
der Stirn wahrnehmen kann, so wird<br />
man eine menschliche Computermaus.<br />
Das Schreiben mit dieser Methode<br />
ist sehr nützlich für die Kinder,<br />
die mit den Händen Probleme haben.<br />
<strong>Ich</strong> habe diese Methode des Schreibens<br />
auch versucht und das war gar<br />
<strong>nicht</strong> so einfach; man braucht viel<br />
Übung und Geduld um nur einen<br />
Satz zu schreiben.<br />
Wir gingen auch zusammen mit den<br />
Jugendlichen einkaufen. Einige von<br />
uns fuhren in einem Rollstuhl. Das<br />
war mal etwas anderes und zum Teil<br />
sehr anstrengend. Das Fahren über<br />
die Absätze bei den Strassen war<br />
<strong>nicht</strong> einfach und es war streng, wenn<br />
es bergauf ging. Es war interessant<br />
selber zu erleben, wie die Leute reagieren.<br />
Einige schauten uns lange<br />
an, viele waren aber sehr nett und<br />
hilfs-bereit. Sie haben zum Beispiel<br />
geholfen, die Äpfel aus der unerreichbaren<br />
obersten Kiste zu nehmen oder<br />
haben auch einfach nur gefragt, ob<br />
sie uns behilflich sein könnten. Wir<br />
waren den ganzen Nachmittag im<br />
Rollstuhl, es war sehr anstrengend,<br />
aber auch lustig. Am Ende des Tages<br />
hatten viele Muskelkater. Mir – und<br />
sicher <strong>nicht</strong> nur mir – ist aufgefallen,<br />
<strong>dass</strong> wir sehr viel gemeinsam haben<br />
mit den Jugendlichen von der Rodtegg.<br />
Sie tun viele Dinge, die wir auch<br />
tun und sind an denselben Sachen interessiert<br />
wie wir. Sie machen alles,<br />
was sie können und das ist sicher<br />
mehr, als wir uns vorstellen. Es gibt<br />
Dinge, die Sie <strong>nicht</strong> machen können,<br />
aber es gibt auch Dinge, die wir <strong>nicht</strong><br />
machen können!“<br />
Es scheint mir, dieses Experiment<br />
habe sich gelohnt. Die Grenzen zwischen<br />
Behinderung und Normalität<br />
lösen sich allmählich auf. Niemand<br />
steht mehr am Rand, sondern Menschen<br />
begegnen sich und treffen sich<br />
ganz selbstverständlich in der Mitte.<br />
Renata<br />
Huber-Wirthner<br />
Pastoralassistentin