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LANGEOOG 2008 - Psychotherapeutenjournal

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Raschere und differenziertere Entscheidungen<br />

der Familiengerichte ba sieren auf<br />

qualifizierten Gutachten. Der Gesetzentwurf<br />

setzt schwerpunktmäßig auf ärztlichen<br />

Sachverstand, obwohl Psychotherapeuten<br />

ebenfalls über die notwendigen spezifischen<br />

Qualifikationen verfügen (Stellungnahme<br />

der BPtK: http://www.bptk.de/<br />

aktuelles/stellungnahmen/850005.html).<br />

GEK Report 2007 –<br />

Schwerpunkt ambulante<br />

Psychotherapie<br />

Mit der Aussage, für ambulante Kurzzeitpsychotherapien<br />

seien in ihren Da ten keine<br />

positiven Wirkungen nachweisbar, hat<br />

die GEK Ende letzten Jahres für Zündstoff<br />

gesorgt. Grundhy pothese für die Überprüfung<br />

der Wirksamkeit ambulanter Psychotherapie<br />

war die Annahme, dass sich eine<br />

Psychotherapie positiv auf den Gesundheitszustand<br />

der Betroffenen auswirken<br />

sollte. Der bessere Gesundheitszustand<br />

sollte sich – zumindest mittelfristig – in einer<br />

geringeren Inanspruchnahme des Gesundheitssystems,<br />

gemessen an der Anzahl<br />

der Arztkontakte und Arzneimittelverordnungen,<br />

abbilden. Betrachtet wurden die<br />

Behandlungsverläufe von Erwachsenen<br />

mit erst- und zugleich einmaliger Genehmigung<br />

ei ner Psychotherapie (n=3607).<br />

Maßgeb licher Befund der Datenauswertungen<br />

bei ambulanten Kurzzeittherapien<br />

ist die Beobachtung, dass das Niveau der<br />

Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen<br />

zwei Jahre nach Genehmigung<br />

der Psychotherapie nicht maßgeblich vom<br />

Ausgangsniveau, welches ein Jahr vor Genehmigung<br />

erfasst wurde, abweicht.<br />

Das methodische Vorgehen und die aus<br />

den Ergebnissen abgeleiteten Schlussfolgerungen<br />

werfen Fragen auf und ge ben<br />

Anlass zu Kritik.<br />

Der Erfolg ambulanter Psychotherapie<br />

kann nicht (allein) an<br />

der Anzahl von Arztkontakten<br />

und Arzneimittelverordnungen<br />

gemessen werden.<br />

Die allgemeine Wirksamkeit von Psychotherapie<br />

ist mittlerweile über jeden Zweifel<br />

hinaus belegt. Über eine allgemeine Wirk-<br />

<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2008</strong><br />

samkeitsbeurteilung hi naus stellt sich vor<br />

dem Hintergrund der „Kostenexplosion im<br />

Gesundheits wesen“ jedoch berechtigter<br />

Weise auch die Frage nach dem Kosten-<br />

Nutzen-Verhältnis von Psychotherapie.<br />

Wesentlicher Bestandteil von Kosten-<br />

Nutzen-Analysen ist typischerweise ein<br />

Vergleich der störungsbezogenen direkten<br />

und indirekten Krankheitskosten.<br />

Im GEK Report wird jedoch nicht ausreichend<br />

zwischen störungsbezogenen und<br />

nicht-störungsbezogenen Krankheitskosten<br />

differenziert. An eine ambulante Psychotherapie<br />

kann nicht der Anspruch<br />

gestellt werden, durch sie könnten Gesundheitskosten,<br />

die im Rahmen anderer<br />

Erkrankungen entstehen, reduziert werden.<br />

Die Grundannahme, auf die sich die<br />

Analysen der GEK stützt, ist deshalb zu<br />

hinterfragen.<br />

Entscheidung zur Gesprächspsychotherapie<br />

erneut<br />

vertagt<br />

Der G-BA vertagte am 20.12.2007 erneut<br />

die Entscheidung zur Gesprächspsychotherapie.<br />

Er will zunächst abwarten,<br />

ob das BMG den G-BA-Beschluss<br />

zur Einführung eines Schwellenkriteriums<br />

in die Psychotherapie-Richtlinien<br />

beanstandet. Passiert dies nicht, will der<br />

G-BA auf neuer rechtlicher Grundlage<br />

im März einen Beschluss zur Gesprächspsychotherapie<br />

fassen. Hierzu soll Ende<br />

Februar <strong>2008</strong>, wenn das Schwellenkriterium<br />

voraussichtlich rechtskräftig ist,<br />

ein weiteres Stellungnahmeverfahren<br />

zur Gesprächspsychotherapie mit einer<br />

deutlich verkürzten Frist eingeleitet<br />

werden. Eine vorläufig rechtskräftige<br />

Entscheidung zur Gesprächspsychotherapie<br />

ist somit erst für Mitte <strong>2008</strong> zu<br />

erwarten – vier Jahre nach Veröffentlichung<br />

des Beratungsthemas durch den<br />

G-BA.<br />

In die Kostenrechnung müssten<br />

nicht nur die Anzahl, sondern<br />

auch die Art der erbrachten<br />

Leistungen und die Kosten der<br />

verordneten Arzneimittel mit<br />

eingehen.<br />

Ein maßgeblicher Kostenfaktor bei psychischen<br />

Erkrankungen sind Ausfalltage, die<br />

Mitteilungen der Bundespsychotherapeutenkammer<br />

in den Analysen der GEK jedoch nicht berücksichtigt<br />

werden. Um die Wirksamkeit<br />

von Psychotherapie unter Kostenaspekten<br />

zu beurteilen, müssten Ausfalltage aufgrund<br />

einer psychischen Störung jedoch<br />

bei der Betrachtung der Verläufe mit einbezogen<br />

werden.<br />

Die Komorbiditäten der untersuchten<br />

Versicherten müssten<br />

in die Be wertung der Arztkontakte<br />

mit aufgenommen werden.<br />

Ein Grund für die erhöhte Inanspruchnahme<br />

von Gesundheitsleistungen durch Versicherte<br />

mit einer psychischen Erkrankung<br />

könnte zudem in einer, aus der Literatur<br />

bekannten, deutlich erhöhten Komorbidität<br />

zwischen psychischen Störungen und<br />

körperlichen Erkrankungen liegen.<br />

Es ist fraglich, ob der gewählte<br />

Beobachtungszeitraum ausreichend<br />

lang war, um die Effekte<br />

ambulanter Psychotherapie<br />

abschließend beurteilen zu<br />

können.<br />

Die Auswertungen der GEK beschränken<br />

sich bisher auf die Analyse von Behandlungsverläufen<br />

bei Kurzzeittherapien. In<br />

die Analysen einbezogen wurden die<br />

Daten aus ca. zwei Jahren nach Beginn<br />

einer ambulanten Psychotherapie. Unabhängig<br />

davon, ob die Therapien bis dahin<br />

überhaupt abgeschlossen waren, zeigen<br />

Studien, dass eine echte Kostenreduktion<br />

für ambulante Therapien in der Regel erst<br />

ab dem zweiten Jahr erzielt wird und sich<br />

bis zum fünften Jahr nach Therapiebeginn<br />

noch weiter vergrößert.<br />

Fazit<br />

Die Schlussfolgerungen, die die GEK aus<br />

ihren Analysen zieht, sind zu weit reichend<br />

und so nicht haltbar.<br />

Die Untersuchung der Effektivität von ambulanten<br />

Psychotherapien mit erweiterten<br />

Daten im Rahmen der Versorgungsforschung<br />

ist dringend notwendig.<br />

Wirtschaftlichkeitskriterien tragen zur Beurteilung<br />

des gesellschaftlichen Nut zens<br />

einer Behandlungsmaßnahme bei, das<br />

41<br />

Bundespsychotherapeutenkammer

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