Download - Volkshochschule Rankweil
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Renate Welte<br />
Nacktheit<br />
Ein nackter Körper ist wie die dargestellte Biographie eines Menschen. Je älter ein<br />
Mensch ist, desto mehr gibt es zu entdecken, desto umfangreicher ist das Werk, desto<br />
mehr Erlebnisse stellen sich dar.<br />
Ein junger makelloser Körper fasziniert mich durch seine ihm eigene Schönheit. Noch<br />
einmal von vorne beginnen zu können, wie schön wäre das doch! Unversehrt zu sein,<br />
keinerlei Verletzungen seelischer oder körperlicher Art zu haben. Alle Wege noch offen<br />
zu haben, das hat seinen eigenen Reiz. Ein junger Körper wirkt auf mich wie die Freude<br />
über die neuen Schulsachen am ersten Schultag. Die Erinnerung an den Beginn, in dem<br />
immer eingewisser Zauber liegt, egal was man beginnt. Frische und Unbeschwertheit und<br />
Lust auf das Leben. Auch ein wenig Leichtsinn und Naivität. Die eigene Jugend heraufbeschwörend,<br />
bevor das Leben seine Spuren in meiner Seele und auf meinen Leib geschrieben<br />
hat.<br />
Zu Unrecht aber jagen wir diesen Idealen nach. Wer will schon in einem Buch lesen, in<br />
dem nichts drin steht?<br />
Mich faszinieren die Geschichten der Menschen, ihre Erlebnisse, ihre überstandenen Krisen,<br />
ihre Not und ihr Glück. Das interessiert mich, egal ob es erzählt wird, geschrieben<br />
oder sichtbar wird im Körper, im Gesicht. Am allermeisten aber freue ich mich über einen<br />
Menschen, der viel zu erzählen hat, aber das Leuchten der Augen nicht verloren hat.<br />
Ich erinnere mich an „alte“ Frauen am Nacktstrand, die selbstbewusst zu ihrem Körper<br />
standen. Voller weiblicher Kraft, 60, 70 Jahre gelebtes Leben. Sie genossen die Sonne<br />
auf der Haut, so, wie sie anscheinend das Leben genossen. Sie trugen ihre Cellulitis, ihre<br />
Falten und Narben wie eine Königin ihre Krone.<br />
Wie lange werde ich brauchen, bis ich das ebenso beherrsche? Zu meinem Leben und zu<br />
meinen Fehlern stehen, mit einem unbeschwerten Lachen im Gesicht. Zu meinem Körper<br />
stehen, wissend, dass Schönheit immer im Auge des Betrachters liegt. Wie lange wird es<br />
noch dauern, bis ich mein Leben in vollen Zügen genieße, ohne wenn und aber. Mich lösen<br />
von der Vorstellung, dass mit einem schönen Körper, viel Geld oder was auch immer<br />
mein Leben erfüllter wäre, alle Probleme gelöst wären. So lange ich so denke , fahre ich<br />
mit angezogener Handbremse durch das Leben. Was für ein Quatsch.<br />
Ich habe nur dies eine Leben und nur diesen einen Körper. Was hindert mich beides lieben<br />
zu lernen? Wer hat schon einen makellosen Körper? Wer hat schon ein makelloses<br />
Leben? Ich nicht! Und du, wie steht’s mit dir?<br />
Alexandra Feldmann<br />
Schwarzes, südländisches Haar bedeckt das Gesicht, schlafend ruht der Kopf auf dem<br />
linken Arm. Die rechte Hand liegt locker auf dem nackten Gesäß. Der Busen jugendlich<br />
prall friert ein wenig, man kann es unschwer an den Brustwarzen sehen – sie stehen<br />
klein, zusammengezogen, wie das linke Bein, das angewinkelt versteckt unter dem rechten<br />
liegt. Den Schambereich kann man von dieser Position nicht sehen, außer das kleine<br />
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