ig_1-2017_ingoettingen
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GESUNDHEIT [ RÜCKEN + SCHMERZ ]<br />
nutze dabei alle Voruntersuchungen, wie<br />
bereits durchgeführte bildgebende Verfahren,<br />
und führe eine ausführliche körperliche<br />
Untersuchung durch, um mir ein<br />
genaues Bild vom Schmerz und seinen<br />
möglichen Ursachen zu machen. Außerdem<br />
sammle ich in Gesprächen weitere<br />
Informationen und versuche, mir ein Gesamtbild,<br />
auch bezüglich eventueller psychischer<br />
Belastungen, zu machen.<br />
Die richt<strong>ig</strong>e Medikation<br />
eines Schmerzpatienten<br />
ist ein wicht<strong>ig</strong>er<br />
Baustein der<br />
Schmerztherapie.<br />
Sie sind auch diejen<strong>ig</strong>e, die für die<br />
medikamentöse Behandlung der<br />
Schmerzen zuständ<strong>ig</strong> ist.<br />
Ganz genau, denn die richt<strong>ig</strong>e Medikation<br />
eines Schmerzpatienten ist ein<br />
wicht<strong>ig</strong>er Baustein der Schmerztherapie.<br />
Oft gelingt es durch Umstellung<br />
oder Ergänzung der Medikation, einen<br />
besseren analgetischen Effekt zu erzielen.<br />
Gerade die von den Patientinnen<br />
und Patienten selbstständ<strong>ig</strong> eingenommenen<br />
Schmerzmedikamente sind für<br />
eine Langzeiteinnahme ungee<strong>ig</strong>net:<br />
Ibuprofen oder Aspirin etwa sind e<strong>ig</strong>entlich<br />
gute Wirkstoffe, haben aber<br />
bei einer Einnahme über einen längeren<br />
Zeitraum hinweg erhebliche Nebenwirkungen<br />
und sorgen bei bestimmten<br />
Schmerzen nur für eine geringe<br />
Schmerzreduktion. Wir arbeiten in der<br />
Regel mit Medikamentenkombinationen<br />
etwa aus Opioiden und sogenannten<br />
Co-Analgetika. Das sind Medikamente<br />
die die schmerzlindernde Wirkung der<br />
Schmerzmedikamente verstärken oder<br />
unterstützen, etwa Antidepressiva oder<br />
muskelentspannende Medikamente.<br />
Das ermöglicht uns zum einen, den<br />
Schmerz von verschiedenen Seiten her<br />
einzudämmen, zum anderen kann eine<br />
Kombination verschiedener Medikamentengruppen<br />
für eine möglichst gute<br />
Schmerzreduktion bei möglichst geringen<br />
Nebenwirkungen sorgen.<br />
Im Moment wird die multimodale<br />
Schmerztherapie am Evangelischen<br />
Krankenhaus Göttingen Weende<br />
ausschließlich stationär angeboten.<br />
Was dabei überrascht, ist, dass der<br />
stationäre Aufenthalt bei Ihnen nur<br />
zwischen 10 und 20 Tagen dauert.<br />
Für solch ein komplexes Krankheitsbild<br />
wie chronische Schmerzen ist das<br />
in der Tat recht kurz. Bei der multimodalen<br />
Schmerztherapie handelt es<br />
sich aber um eine sogenannte Akutbehandlung,<br />
die von begrenzter Dauer<br />
ist, und nicht um eine Rehabilitationsmaßnahme.<br />
Das Ziel des stationären<br />
Aufenthaltes bei uns ist es daher, die<br />
Patientinnen und Patienten mit einer<br />
„hoffnungsvollen Perspektive“ nach<br />
Hause zu schicken und sie sozusagen<br />
auf den richt<strong>ig</strong>en Weg zu bringen, auf<br />
dem sie dann mit Physiotherapeuten<br />
oder Psychotherapeuten oder auch mit<br />
ambulant tät<strong>ig</strong>en Schmerztherapeuten<br />
und den hausärztlichen Kollegen weitergehen<br />
können.<br />
Was man trotz der kurzen Behandlungsdauer<br />
nicht vernachläss<strong>ig</strong>en<br />
darf: Für viele Patientinnen und Patienten<br />
bietet der Aufenthalt bei uns<br />
zum ersten Mal in ihrer Krankheitsgeschichte<br />
einen Ort der Sicherheit<br />
und Bestät<strong>ig</strong>ung. Viele haben erlebt,<br />
dass sie mit ihrem Leiden nicht ernst<br />
genommen wurden. Bei uns werden<br />
die Schmerzen als Krankheitsbild akzeptiert,<br />
wir nehmen die Aussagen der<br />
Patienten ernst und sie müssen sich<br />
nicht rechtfert<strong>ig</strong>en, dass sie eine Behandlung<br />
benöt<strong>ig</strong>en. Das tut ihnen<br />
nach oft jahrelangen anderen Erfahrungen<br />
sehr gut.<br />
Mit welchen Heilungserfolgen nach<br />
der stationären multimodalen Behandlung<br />
und einer längeren, sich<br />
daran anschließenden ambulanten<br />
Behandlung können Patientinnen und<br />
Patienten rechnen?<br />
Wir hatten ja bereits darüber gesprochen,<br />
dass chronische Schmerzen ein komplexes<br />
Geschehen sind, bei dem verschiedene<br />
einzelne Schmerzelemente miteinander<br />
verwoben sind und teilweise seit<br />
Jahrzehnten bestehen. Die Patientinnen<br />
und Patienten erlernen bei uns im besten<br />
Fall psychotherapeutisch und auch physiotherapeutisch<br />
einen anderen Umgang<br />
mit dem Schmerz, eine Änderung der<br />
inneren und äußeren Haltung sozusagen.<br />
Wenn es uns gelingt, jedes einzelne Element<br />
um fünfzehn bis zwanz<strong>ig</strong> Prozent<br />
zu reduzieren, können wir insgesamt<br />
eine Reduktion von 30 bis 40 Prozent<br />
erzielen. Damit sind wir bereits sehr<br />
zufrieden, auch wenn es sich zunächst<br />
gar nicht eindrucksvoll anhört. Für die<br />
Patientinnen und Patienten bedeutet das<br />
eine 30- bis 40-prozent<strong>ig</strong>e Verbesserung<br />
ihrer täglichen Lebensqualität.<br />
Für viele Patientinnen<br />
und Patienten<br />
bietet der Aufenthalt<br />
bei uns zum ersten<br />
Mal in ihrer Krankheitsgeschichte<br />
einen<br />
Ort der Sicherheit<br />
und Bestät<strong>ig</strong>ung.<br />
Die Zahlen beziehen sich im Übr<strong>ig</strong>en<br />
auf die Patienten, bei denen die<br />
Schmerzen im Ursprung etwa durch<br />
ein Rückenleiden oder durch mehrmal<strong>ig</strong>e<br />
Operationen, die zum Beispiel<br />
an einem Gelenk durchgeführt wurden,<br />
ausgelöst wurden. Sehr viel höhere<br />
Schmerzreduktionen lassen sich<br />
etwa bei Patienten mit einer Gürtelrose<br />
oder dem sogenannten Morbus Sudeck<br />
erzielen. Hier kann es gelingen,<br />
den Schmerz weiter zurückzudrängen.<br />
Wicht<strong>ig</strong>ste Voraussetzung, damit dies<br />
gelingt, ist hier allerdings, dass diese<br />
Patienten frühzeit<strong>ig</strong> schmerztherapeutisch<br />
behandelt werden.<br />
Ihr Rat zum Schluss wäre also: Bei<br />
länger anhaltenden Schmerzen sollte<br />
man rechtzeit<strong>ig</strong> eine Schmerztherapeutin<br />
oder einen Schmerztherapeuten<br />
konsultieren?<br />
Ja, man sollte seiner Hausärztin oder<br />
seinem Hausarzt gegenüber frühzeit<strong>ig</strong><br />
das Thema Schmerztherapie ansprechen.<br />
Diese kann von den hausärztlichen Kollegen<br />
oder bei einem niedergelassenen<br />
Schmerztherapeuten durchgeführt werden.<br />
„Frühzeit<strong>ig</strong>“ heißt dabei ab einer<br />
Dauer von drei Monaten, in denen der<br />
Schmerz trotz Behandlung der Ursache<br />
anhält.<br />
in<br />
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