Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 01|17
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Arbeit | Wohnung | Hoffnung<br />
<strong>Rundbrief</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
St. Pölten<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>01|17</strong><br />
... dann gute Nacht!<br />
Die Not mit den Notschlafstellen<br />
Krieg <strong>der</strong> Worte<br />
Kommunizieren<br />
ohne zu verletzen<br />
„Ich wollte<br />
immer <strong>der</strong> Boss sein …“<br />
Ein Leben unter Gottes Hand<br />
Wohnen im Quadrat<br />
Emmaus im Rückblick<br />
Teil 1
Kontaktdaten <strong>der</strong><br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten<br />
Verwaltung & Geschäftsführung<br />
Herzogenburger Str. 48-50, 3100 St. Pölten<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 0<br />
info@emmaus.at<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
0676 / 88 6 44 - 346<br />
oea@emmaus.at<br />
Zivildienst<br />
0676 / 88 6 44 - 293<br />
zivildienst@emmaus.at<br />
Dienstleistungen<br />
Ortweingasse 2-8, 3107 Viehofen<br />
Altwarenhandel & Transporte<br />
Möbelverkauf: Mi, 15-18 Uhr<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 520<br />
Falls unbesetzt, bitte aufs Band sprechen<br />
E-Mail: altwaren@emmaus.at<br />
Sanierung<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 283<br />
E-Mail: sanierung@emmaus.at<br />
Gartenpflege<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 279<br />
E-Mail: info@emmaus.at<br />
Kunstwerkstatt<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 574<br />
E-Mail: kunst@emmaus.at<br />
Exkursionen & Besuche<br />
0676 / 88 6 44 - 636<br />
oea@emmaus.at<br />
Beratungsstelle Mühlweg<br />
0676 / 88 6 44 - 578<br />
bbe@emmaus.at<br />
Offenlegung und Impressum<br />
lt. §25 Mediengesetz<br />
Medieninhaber,<br />
Herausgeber und Verleger:<br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten -<br />
Verein zur Integration sozial benachteiligter<br />
Personen, 3100 St. Pölten, Herzogenburger<br />
Straße 48, ZVR: 248337422<br />
Für den Inhalt verantwortlich:<br />
Mag. Karl Langer<br />
Redaktion:<br />
Mag. Christian Veith<br />
Jutta Strobl<br />
Layout: Matthias Böswart<br />
Herstellung:<br />
Druckerei Janetschek GmbH,<br />
3860 Heidenreichstein<br />
Die <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten ist<br />
zu 100 Prozent Eigentümer <strong>der</strong> vierteljährlich<br />
erscheinenden periodischen<br />
Druckschrift „Emmaus-<strong>Rundbrief</strong>“.<br />
Weiters ist die <strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
St. Pölten Eigentümer und Betreiber <strong>der</strong><br />
Homepage www.emmaus.at.<br />
Geschäftsführung<br />
<strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten,<br />
Herzogenburger Straße 48,<br />
3100 St. Pölten:<br />
Mag. Karl Langer<br />
Roland Hammerschmid<br />
Peter Hirsch<br />
Verein:<br />
Obmann DI Franz Angerer, 1. Obmann-Stv.<br />
DI Benno Scheiblauer, 2.<br />
Obmann-Stv. Ilse Baier, Schriftführerin<br />
Gertrud Wallenböck, Kassierin Johanna<br />
Pfaffenbichler<br />
Rechnungs- und Wirtschaftsprüfer:<br />
Höchtl & Partner Wirtschaftsprüfung<br />
GmbH, Mariazeller Str. 150, 3100 St.<br />
Pölten<br />
Blattlinie: Der „Emmaus-<strong>Rundbrief</strong>“<br />
dient <strong>der</strong> Berichterstattung über die<br />
aktuelle Entwicklung <strong>der</strong> Einrichtungen<br />
<strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten<br />
und zur umfassenden Information für<br />
FreundInnen und För<strong>der</strong>er des Vereins.<br />
Coverfoto:<br />
Brian Eichhorn/shutterstock.com<br />
KunstHandWerk-Verkauf<br />
Ortweingasse 2, 3107 Viehofen<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 770<br />
E-Mail: verkauf@emmaus.at<br />
Öffnungszeiten: Mo, Do, 9.30-12 & 13-16 Uhr, Di, Mi, 16-18<br />
Uhr, jeden 1. Samstag im Monat beim Flohmarkt, 9-14 Uhr<br />
www.emmaus.at
Vorwort | 3<br />
Liebe FreundInnen<br />
und För<strong>der</strong>er <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong>!<br />
Auf ein Neues<br />
Alles neu macht <strong>der</strong> Mai … – normalerweise.<br />
Der neue <strong>Rundbrief</strong>, den Sie gerade<br />
druckfrisch in den Händen halten, schafft<br />
das auch schon im März. Nach vielen Jahren<br />
im gewohnten Format und Layout<br />
erstrahlt das „Zentralorgan“ von Emmaus<br />
St. Pölten nun in neuer Schönheit: mo<strong>der</strong>ner,<br />
professioneller, abwechslungsreicher,<br />
übersichtlicher ... Ganz klar, das<br />
kleine Format hatte seine Vorteile: handlich,<br />
wenig Platzbedarf, günstig in <strong>der</strong><br />
Produktion. Allerdings konnte es in <strong>der</strong><br />
Vergangenheit schon vorkommen, dass<br />
ein religiös bewegter Mensch angesichts<br />
unseres <strong>Rundbrief</strong>-Kleinformats begeistert<br />
ausrief: „Jö, schau, <strong>der</strong> Wachturm…“ -<br />
Nun ja … eigentlich wollen wir lieber den<br />
Bekanntheitsgrad <strong>der</strong> Emmäuse steigern.<br />
Was uns noch aufgefallen ist: Die neue<br />
Größe bei ähnlich gelagerten Publikationen:<br />
Schaut gut aus, fällt stärker auf,<br />
wirkt schon mehr wie ein erwachsenes<br />
Magazin – und war daher auch für unseren<br />
<strong>Rundbrief</strong> eine Option. Dazu kommt:<br />
Das geän<strong>der</strong>te Format lässt mehr Raum<br />
für Bil<strong>der</strong>. Und: Das zentrale Motto von<br />
Emmaus, das was unser Tun am besten<br />
charakterisiert, musste mit auf die Titelseite:<br />
„Arbeit | Wohnung | Hoffnung“.<br />
Auch im Heftinneren hat sich einiges getan.<br />
So gibt es jetzt eine größere Vielfalt<br />
an Schriften und eine mo<strong>der</strong>nere Gestaltung<br />
<strong>der</strong> Textelemente.<br />
Kurz gesagt dient die Überarbeitung<br />
letztlich dazu, den Inhalten des <strong>Rundbrief</strong>s<br />
einen passenden Rahmen zu ge-<br />
Foto: Kogler<br />
ben. Wir wollen auch nach<br />
außen hin abbilden, was Emmaus<br />
schon immer war und heute mehr<br />
denn je ist: ein professionell agierendes<br />
soziales Unternehmen, das bekannt und<br />
anerkannt ist und damit Vorbild für viele<br />
an<strong>der</strong>e soziale Einrichtungen in NÖ. Weil<br />
wir die Achtung und Würde eines jeden<br />
Menschen, mit dem wir arbeiten, groß<br />
schreiben. Weil wir zum Abschluss einer<br />
Emmaus-Betreuung zu unseren Gästen<br />
nicht „Auf Wie<strong>der</strong>sehen“ sagen wollen,<br />
son<strong>der</strong>n „Leb wohl, geh den guten Weg<br />
weiter, den du hier gelernt und eingeübt<br />
hast!“ Damit das Leben wie<strong>der</strong> lebenswert<br />
wird.<br />
Wichtig bei <strong>der</strong> Neugestaltung war uns<br />
auch, finanziell die Kirche im Dorf zu lassen.<br />
So wurde <strong>der</strong> neue <strong>Rundbrief</strong> nun -<br />
trotz gewonnener Größe und wertigerer<br />
Erscheinung - günstiger. Das freut Spen<strong>der</strong>Innen<br />
und För<strong>der</strong>geber!<br />
Was halten Sie vom neuen Layout? Senden<br />
Sie uns ein Mail an oea@emmaus.at.<br />
Wir freuen uns über jede Reaktion.<br />
Und nun viel Freude mit dem neuen Emmaus-<strong>Rundbrief</strong><br />
– nicht nur des neuen<br />
Layouts wegen. Auch inhaltlich gibt es<br />
wie<strong>der</strong> einiges zu entdecken …<br />
Mit herzlichen Grüßen, Ihr<br />
Christian Veith<br />
Leitung Emmaus Öffentlichkeitsarbeit
06<br />
10<br />
08<br />
18<br />
Inhalt<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>01|17</strong><br />
14<br />
05<br />
06<br />
08<br />
09<br />
10<br />
Abbé Pierre<br />
Vor 10 Jahren starb <strong>der</strong><br />
Emmaus-Grün<strong>der</strong>.<br />
„Ich wollte immer<br />
<strong>der</strong> Boss sein …“<br />
Nach familiären Turbulenzen<br />
wird Josef obdachlos - und<br />
wird mit 23 Jahren straffällig.<br />
Krieg <strong>der</strong> Worte<br />
Wo Menschen miteinan<strong>der</strong><br />
zu tun haben, gibt es Konflikte.<br />
Doch wir können kommunizieren<br />
ohne zu verletzen.<br />
Mit-Mensch<br />
Die Kolumne von Emmaus St.<br />
Pölten Grün<strong>der</strong> Charly Rottenschlager<br />
Nur nicht auffallen<br />
Auch in <strong>der</strong> wärmeren Jahreszeit<br />
brauchen Obdachlose<br />
in NÖ eine legale Unterkunft.<br />
Doch eine zu finden ist nicht<br />
immer leicht …<br />
12<br />
„Lebensgeschichten<br />
vergesse ich niemals …“<br />
10 Jahre Lorenz Hochschorner<br />
bei Emmaus.<br />
13 Bildmeditation<br />
14<br />
16<br />
17<br />
Mit Rakel<br />
und Schablone<br />
Siebdruck ist nicht neu, auch<br />
nicht in <strong>der</strong> Emmaus-Kunstwerkstatt.<br />
Aber jetzt wurde<br />
sie wie<strong>der</strong> ausgegraben.<br />
Neigungsgruppe<br />
Schwimmen<br />
Seit einigen Monaten unterstützt<br />
Helmut Eigner das<br />
Team <strong>der</strong> Tagesbetreuung<br />
des Wohnheims Viehofen –<br />
freiwillig.<br />
Das Wichtige im Leben<br />
Die Sicht auf das Wesentliche<br />
nicht verlieren - das<br />
18<br />
20<br />
wollte Emmaus-GF Peter<br />
Hirsch. Und nahm dafür ein<br />
Jahr Auszeit.<br />
Wohnen im Quadrat<br />
Viel hat sich 2016 beim „Referat<br />
Wohnen“ getan. Ein<br />
Überblick. Und: Die neue<br />
Wohnassistenz eröffnet in<br />
<strong>der</strong> Heßstraße.<br />
Von Syrien nach<br />
Murstetten<br />
Ende 2015 kam Familie Ali<br />
aus Syrien nach Österreich.<br />
Ein Update.<br />
22 Buchtipps<br />
23<br />
Der wahre Donald<br />
Kein Spaß. Die USA kündigen<br />
die massenweise Abschiebung<br />
von Migranten zurück<br />
in den Süden an. Emmaus<br />
Mexiko baut vor.
Emmaus | 5<br />
Vor 10 Jahren starb<br />
Emmaus-Grün<strong>der</strong><br />
Abbé Pierre<br />
Henri Antoine Grouès - besser bekannt als Abbé Pierre - wurde 1912 in Lyon geboren.<br />
Er war katholischer Priester und Kapuziner.<br />
von Jutta Strobl<br />
Abbé Pierre stammte aus einer<br />
wohlhabenden Familie und besuchte<br />
ein von Jesuiten geleitetes<br />
Gymnasium in Lyon. Dort entschied er<br />
sich, Priester zu werden. Mit 20 Jahren<br />
trat Abbé Pierre in den Kapuzinerorden<br />
ein, verteilte sein Erbe an die Armen<br />
und wurde 1938 zum Priester geweiht.<br />
Im 2. Weltkrieg, als er <strong>der</strong> französischen<br />
Réstistance angehörte, verhalf er Juden<br />
und politisch Verfolgten zur Flucht in die<br />
Schweiz. Sein Pseudonym „Abbé Pierre“<br />
stammt aus dieser Zeit.<br />
1949 gründete er in Neuilly-sur-Seine<br />
die Organisation Emmaus. Er kaufte ein<br />
Haus, das er obdachlosen Familien zur<br />
Verfügung stellte.<br />
Im Winter 1953/54 wurde Frankreich<br />
von einer Kältewelle heimgesucht, bei<br />
<strong>der</strong> viele Menschen starben. Via Radio<br />
appellierte Abbé Pierre an die Bevölkerung,<br />
den Obdachlosen zu helfen. Er löste<br />
damit eine landesweite Hilfswelle aus.<br />
Tausende Menschen, darunter auch Persönlichkeiten<br />
wie Charles de Gaulle und<br />
Charlie Chaplin, spendeten und halfen. Es<br />
wurden Wohnbauprogramme gestartet,<br />
Emmaus wurde immer bekannter.<br />
Abbé Pierre führte 30 Jahre lang die Liste<br />
<strong>der</strong> beliebtesten Franzosen an. Zeit seines<br />
Lebens war er politisch aktiv. Auch<br />
hinterfragte er stets kritisch das Zölibat<br />
und plädierte für eine liberale Haltung<br />
<strong>der</strong> Kirche bei <strong>der</strong> Empfängnisverhütung.<br />
Für sein Engagement wurde Abbé Pierre<br />
unzählige Male ausgezeichnet und zweimal<br />
für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.<br />
Zahlreiche Bücher und Filme<br />
erzählen von seinem Leben und Wirken.<br />
Abbé Pierre verstarb am 22. Jänner 2007<br />
im Alter von 94 Jahren an einer Lungenentzündung.<br />
Seine letzte Ruhestätte fand<br />
er in <strong>der</strong> normannischen Gemeinde Esteville.<br />
<br />
Foto: zVg
6 | Gastgeschichte<br />
„Ich wollte immer <strong>der</strong> Boss sein …“<br />
Ein Leben unter Gottes Hand<br />
Josef* wächst im Mostviertel auf. Nach familiären Turbulenzen gerät er in die<br />
Obdachlosigkeit und wird mit 23 Jahren straffällig. Josef erzählt ...<br />
Mein Vater ist Spanier, er hat in einer<br />
Bäckerei in Nie<strong>der</strong>österreich<br />
gearbeitet. Die Mutter war in<br />
einem Supermarkt tätig. Doch plötzlich<br />
- ich war 9 Jahre alt - ist <strong>der</strong> Vater mit<br />
einer Freundin abgehauen. Die Mutter<br />
hat damals viel geweint. Meinen Vater<br />
habe ich seither nur noch drei o<strong>der</strong> vier<br />
Mal gesehen. Zu Ostern 2001 – ich war<br />
damals zehn - hat er mir einen Flachmann<br />
und Zigaretten geschenkt.<br />
Da ist mir bewusst geworden, dass<br />
er für mich eigentlich kein Vater<br />
ist. Dann kam <strong>der</strong> Stiefvater, er<br />
war gewalttätig und hat öfters<br />
auf die Mama eingeschlagen.<br />
Einmal habe ich ihn angeschrien<br />
`Lass meine<br />
Mama in Ruhe!‘ Da hat<br />
er mir mit dem Schuh<br />
ins Gesicht getreten.“<br />
Die Folge: Josef und<br />
seine Schwester<br />
werden in eine WG<br />
überstellt. Josef beginnt<br />
eine Lehre als<br />
Einzelhandelskaufmann.<br />
„<br />
von Karl Rottenschlager<br />
Mit 17 kommt Josef<br />
zur Mutter zurück. Aber<br />
schon nach drei Wochen<br />
Foto: Deniz Toprak/shutterstock.com<br />
wirft sie ihn wie<strong>der</strong> raus und meldet ihn<br />
ab. Für Josef bricht eine Welt zusammen:<br />
„Dann war ich drei Monate auf <strong>der</strong> Straße.<br />
Gewohnt habe ich bei Freunden, am<br />
Bahnhof o<strong>der</strong> in Parks – eine Katastrophe.<br />
Das Essen habe ich mir bei Ladendiebstählen<br />
geholt. Dann bin ich für vier Monate<br />
bei einem Freund untergetaucht.“<br />
Nach einem AMS-Kurs möchte Josef die<br />
Lehre fortsetzen und beginnt in einem<br />
St. Pöltner Supermarkt zu arbeiten. Doch<br />
die Zeit als U-Boot ist befristet – und er<br />
steht wie<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Straße. Das AMS<br />
hat mich dann zu einer Tischlerei<br />
vermittelt. Dort wurde ich nach<br />
vier Wochen gekündigt. Aus<br />
Rache habe ich ein Firmenauto<br />
gestohlen, außerdem wollte<br />
ich meiner Freundin imponieren.<br />
Dann wurde ich<br />
zum Militär einberufen<br />
– und nach fünf Tagen<br />
wegen Untauglichkeit<br />
entlassen.<br />
Keine<br />
Perspektive<br />
Von 2011-2013 arbeitet<br />
Josef bei den<br />
Ötscher-Liften – für ihn<br />
ein „Super-Job.“ Die Beziehung<br />
zur Freundin<br />
*Name geän<strong>der</strong>t
Gastgeschichte | 7<br />
hält drei Jahre. Als großes Fußballtalent<br />
schafft Josef beim SKU Amstetten sogar<br />
den Sprung in die Landesliga. Doch<br />
diese unbeschwerte Zeit geht rasch zu<br />
Ende. „Ich war ständig in Discos und mit<br />
Freunden unterwegs und bin in Wohnungen<br />
und Supermärkte<br />
eingebrochen. Ich war<br />
nirgends gemeldet<br />
und hatte kein Geld.<br />
Ein Komplize hat mich auffliegen lassen.<br />
Die Folge war die U-Haft in St. Pölten.<br />
Ich bekam 30 Monate, davon habe ich<br />
18 Monate verbüßt. Das Gefängnis war<br />
für mich ein Horror, ich hatte keine Perspektive<br />
mehr.“ Schließlich kommt Josef<br />
in die Justizanstalt Hirtenberg, wo er eine<br />
Maurerlehre absolviert – und am „Alpha-Kurs“<br />
teilnimmt: „Der Alpha-Kurs hat<br />
mir geholfen. Leute von auswärts haben<br />
mit uns gesungen, die Bibel gelesen, und<br />
wir haben vom trostlosen Häfen-Alltag<br />
erzählt. Ich habe durch Alpha meine Einstellung<br />
total geän<strong>der</strong>t. Heute stehle ich<br />
nichts mehr, nicht einmal einen Kaugummi.<br />
Ich bin richtig stolz auf mich! - Hätte<br />
ich ein richtiges Elternhaus gehabt, wäre<br />
das alles nicht passiert.“ 2016 wird Josef<br />
aus <strong>der</strong> Haft entlassen. Drei Tage wohnt<br />
er bei seiner Mutter, dann kommt er zu<br />
Emmaus.<br />
Schon einmal – 2011 – ist Josef vor <strong>der</strong><br />
Emmaus-Notschlafstelle gestanden: „Damals<br />
war ich 19, aber ich bin nicht ins<br />
„Auffangnetz“ hineingegangen. Ich war<br />
damals noch nicht bereit, Hilfe anzunehmen.<br />
Insgesamt war ich 30 Monate auf<br />
<strong>der</strong> Straße.<br />
Nach <strong>der</strong> Haft war ich froh, dass es Emmaus<br />
gibt. Was würde ich jetzt sonst<br />
tun?! Ich habe mit den falschen Freunden<br />
Schluss gemacht. Wir waren oft sehr<br />
lustig und immer in Discos unterwegs.<br />
Doch ich habe früher alles überspielt. Alkohol-<br />
o<strong>der</strong> Drogenprobleme habe ich<br />
nicht. Doch ich war oft in Raufereien und<br />
Körperverletzungen<br />
verwickelt.<br />
Ich wollte an<strong>der</strong>en<br />
imponieren und immer<br />
den Boss spielen. So habe ich mich<br />
zeitweise übermächtig gefühlt, überlegen<br />
und unsterblich, schließlich hat man<br />
die Straße überlebt.“<br />
„Viel wäre mir erspart geblieben,<br />
wenn ich schon früher zu<br />
Emmaus gegangen wäre.“<br />
Der Herrgott hilft<br />
„Ich will keine Raufereien mehr, son<strong>der</strong>n<br />
Wohnung und Arbeit. Im Emmaus-Bautrupp<br />
finde ich langsam meinen Rhythmus.<br />
Zu Weihnachten 2016 war ich kurz<br />
bei meiner Mutter. Das ist wie<strong>der</strong> schiefgegangen.<br />
Meine Schwester und ich sind<br />
wegen des Stiefvaters sofort abgehauen.<br />
Einmal bin ich am Heiligen Abend ganz<br />
allein im Park gehockt …“<br />
Das Wohnheim Herzogenburger Straße<br />
und <strong>der</strong> Job beim Sanierungsbetrieb sind<br />
für Josef eine optimale Chance: „Meine<br />
Bezugspersonen sind jetzt [die Wohnheim-MitarbeiterInnen]<br />
Beate, Thomas<br />
und die Bewährungshelferin, mit denen<br />
kann ich gut reden. - Groll gegen Gott<br />
habe ich nicht. Gott ist gut. Den Mist<br />
bauen wir Menschen. Der Herrgott hat<br />
oft schützend seine Hand über mich gehalten:<br />
Ich bin nicht erfroren, ich bin nicht<br />
verhungert, ich bin bei Raufereien, wo ich<br />
den Boss spielen wollte, nicht abgestochen<br />
worden …“
8 | Thema<br />
Krieg <strong>der</strong> Worte<br />
Kommunizieren ohne zu verletzen<br />
Wo Menschen sind, gibt es Konflikte. Durch konstruktives Verhandeln entstehen<br />
Lösungen – oft sogar erstaunliche Innovationen, in <strong>der</strong> alle Streitparteien gewinnen<br />
und sogar soziale Erfindungen für die Menschheit entstehen können. Ein<br />
Beispiel aus <strong>der</strong> frühen Christenheit gefällig?<br />
von Walter Steindl<br />
In <strong>der</strong> Bibel (Neues Testament, Apostelgeschichte)<br />
wird beschrieben, wie in <strong>der</strong><br />
jungen Jerusalemer Christengemeinde<br />
aus dem Streit über „Unregelmäßigkeiten“<br />
bei<br />
<strong>der</strong> Unterstützung von<br />
Witwen eine Lösung<br />
gefunden wurde,<br />
die bis heute nachwirkt:<br />
die Erfindung<br />
<strong>der</strong> Sozialarbeit. Damals<br />
wurden sieben<br />
Männer zu „Dienern“<br />
(griech. diakonoi) bestimmt,<br />
um die Apostel<br />
bei ihrer Arbeit zu<br />
entlasten. Neben SozialarbeiterInnen<br />
in christlichen Werken<br />
gibt es sie heute in vielen Arbeitsfel<strong>der</strong>n.<br />
Keine gute Lösung ohne vorangegangenen<br />
Konflikt. Das richtige Streiten will jedoch<br />
gelernt sein! Von Natur aus gelingt<br />
uns das selten. Man beobachte spielende<br />
Kleinkin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Sandkiste. Wie schnell<br />
fließen da Tränen. Denn gewaltfreie Konfliktlösungen<br />
sind Übungssache. Dieses<br />
Training ist eine so mühevolle wie lohnende<br />
pädagogische Aufgabe!<br />
Grafik: MaryValery/shutterstock.com<br />
Bei uns Erwachsenen ist Gewaltausübung<br />
schon gut getarnt:<br />
„Warum hast du den Geschirrspüler wie<strong>der</strong><br />
nicht ausgeräumt?“<br />
„Jetzt fühle ich mich von dir sehr verletzt!“<br />
„Du benimmst dich in<br />
Gesellschaft immer<br />
total unmöglich!“<br />
Autsch! Drei Tiefschläge.<br />
Drei gnadenlose<br />
Verurteilungen.<br />
Lei<strong>der</strong> ist uns<br />
das alles sehr vertraut.<br />
Verbale Gewalt<br />
ist eben so alltäglich,<br />
dass sie Teil unserer<br />
Kultur zu sein scheint!<br />
Auch die Gewalt gegen<br />
uns selbst! „Ich Idiot!“ flüstere ich mir leise<br />
zu, wenn wie<strong>der</strong> einmal etwas „dumm<br />
gelaufen“ ist …<br />
Grenzen respektieren<br />
Und wie geht es richtig? Der US-amerikanische<br />
klinische Psychologe Marshall<br />
B. Rosenberg (1934-2015) war Grün<strong>der</strong><br />
und Mitglied des Board of Directors des<br />
gemeinnützigen Center for Nonviolent<br />
Communication (NVC) und international<br />
tätiger Mediator. Er entwickelte ein Kon-
zept <strong>der</strong> gewaltfreien Kommunikation<br />
(GFK) und beschäftigte sich mehr als drei<br />
Jahrzehnte lang theoretisch und praktisch<br />
intensiv mit dem Thema. GFK wird in<br />
Krisenzonen <strong>der</strong> Welt erfolgreich angewandt.<br />
Eine <strong>der</strong> Grundannahmen Rosenbergs<br />
war: Jede/r ist verantwortlich für<br />
sein eigenes Innenleben. Niemand kann<br />
jemand an<strong>der</strong>en wütend o<strong>der</strong> traurig<br />
„machen“. Gefühle (Ärger, Freude, Scham,<br />
usw.) geben mir nur Auskunft darüber,<br />
ob Grundbedürfnisse ganz, weniger o<strong>der</strong><br />
gar nicht erfüllt sind. Diese Bedürfnisse<br />
(Nahrung, Anerkennung, Ruhe, usw.)<br />
sind immer respektabel und als Wünsche<br />
verhandelbar – und zwar über das Bitten.<br />
Nur sollen die Beteiligten dies gewaltfrei<br />
tun und Grenzen respektieren, die ihnen<br />
gesteckt werden. Denn eine Bitte muss ja<br />
nicht erfüllt werden.<br />
Hört sich kompliziert an? Der „Trick“ dabei<br />
ist, dass man eine gute Selbstwahrnehmung<br />
braucht, um so handeln zu können.<br />
Bedürfnisse bei sich zu erkennen und sich<br />
selbst dabei auch wertzuschätzen – es<br />
sich also auch zu erlauben, Bedürfnisse<br />
zu haben, ja darin sogar von an<strong>der</strong>en abhängig<br />
zu sein – braucht Training. Auch<br />
traurig sein zu dürfen, wenn Bedürfnisse<br />
unerfüllt bleiben, ohne gleich reflexartig<br />
nach Schuldigen zu suchen, gehört geübt.<br />
Und dabei immer eine bittende Haltung<br />
zu bewahren: Das alles ist Teil <strong>der</strong><br />
gewaltlosen Kommunikation.<br />
Wun<strong>der</strong>schön, wo es gelingt! Aber natürlich:<br />
schlechte Zeiten für Rechtsanwälte.<br />
<br />
Für mehr Information über das Konzept<br />
<strong>der</strong> GFK: www.gewaltfrei-austria.org<br />
Mit-Mensch<br />
Thema | 9<br />
von Karl Rottenschlager<br />
Schocktherapie<br />
David (41), ein Ex-Wohnheimgast,<br />
besucht Emmaus.<br />
Er erzählt, dass er<br />
eine schwere Zeit überstanden<br />
hat und es nun<br />
wie<strong>der</strong> aufwärts geht. Vor<br />
vier Jahren fand David nach einer Entwöhnungskur<br />
bei Emmaus Aufnahme.<br />
Er nutzte die Chance, startete neu durch,<br />
heiratete und pachtete im Mostviertel ein<br />
gut gehendes Kaffeehaus. Alles schien optimal<br />
zu laufen, auch <strong>der</strong> völlige Verzicht<br />
auf Alkohol fiel ihm nicht schwer. Doch<br />
dann erzählt David, dass er vor einem<br />
Jahr eine gröbere Beziehungskrise hatte<br />
und nahe dran war, wie<strong>der</strong> zu trinken. David:<br />
„Ich habe in dieser dramatischen Situation<br />
meine Frau gebeten, mich mit dem<br />
Auto nach St. Pölten zu bringen und am<br />
Bahnhof abzusetzen. Dann bin ich zu Fuß<br />
in die Emmaus-Notschlafstelle „Auffangnetz“<br />
gegangen, um dort für zwei Nächte<br />
zu bleiben. Ich wollte eine Schocktherapie<br />
machen und mich noch einmal mit all<br />
dem Elend konfrontieren, aus dem ich vor<br />
Jahren ausgestiegen war. Die Begegnung<br />
mit den vielen, oft so jungen Süchtigen<br />
hat mir wie<strong>der</strong> die Augen geöffnet. Ich<br />
habe im Kopf den Schalter umgelegt und<br />
mich neu entschieden, in Zukunft ohne<br />
die Droge Alkohol zu leben. Ich bin dann<br />
zu meiner Frau zurückgefahren, und wir<br />
haben uns versöhnt. - Heute bin ich stolz<br />
darauf, dass ich mein Beziehungsproblem<br />
diesmal ohne das Betäubungsmittel Alk<br />
lösen konnte.“ Gratulation, David! <br />
Foto: Böswart
10 | Thema<br />
Nur nicht auffallen …<br />
Notschlafstellen-Not in Nie<strong>der</strong>österreich<br />
Immer dann, wenn es im Winter so richtig kalt wird, geraten Obdachlose ins Blickfeld<br />
<strong>der</strong> Öffentlichkeit. Damit sie die Nächte bei klirren<strong>der</strong> Kälte nicht im Freien<br />
verbringen müssen, gibt es in ganz Österreich Notschlafstellen. Allein die Stadt<br />
Wien stellt im Winter etwa 1000 Plätze zur Verfügung. Aber auch während des Jahres<br />
suchen Obdachlose Notschlafstellen auf, weil sie hier legal und unkompliziert<br />
übernachten können.<br />
Verglichen mit Wien sieht die Lage<br />
in Nie<strong>der</strong>österreich völlig an<strong>der</strong>s<br />
aus, denn genau genommen gibt<br />
es im größten Bundesland nur eine einzige<br />
nie<strong>der</strong>schwellige Notschlafstelle<br />
(NOST) für Männer, das „Auffangnetz“<br />
<strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> in St. Pölten.<br />
Sie wird seit vielen Jahren von Werner<br />
Stöss geleitet. Im Interview mit Christian<br />
Veith spricht Stöss über die Notschlafstellen-Not<br />
in Nie<strong>der</strong>österreich.<br />
Googelt man „Notschlafstelle“ für Nie<strong>der</strong>österreich,<br />
findet man weitere NOSTn:<br />
je eine für Frauen und Männer in Wiener<br />
Neustadt und eine für Frauen und Männer<br />
in Baden. Das scheint offensichtlich<br />
zu reichen …<br />
Nein, das reicht nicht. Nach <strong>der</strong> NOST-Definition<br />
– Stichwort Alkohol- und Drogen-Konsum<br />
außerhalb <strong>der</strong> NOST – sind<br />
beide Angebote Männer-WGs, aber keine<br />
NOSTn. Das gilt sowohl für jene in <strong>der</strong> Johann-Strauß-Gasse<br />
8 in Wr. Neustadt als<br />
auch für die „Herberge Baden“.<br />
Wenn die Anzahl <strong>der</strong> NOSTn in NÖ nicht<br />
reicht, wo schlafen dann all jene, die keine<br />
Aufnahme in einer NOST finden?<br />
Im Prekariat und in <strong>der</strong> Illegalität, jedenfalls<br />
so, dass sie nicht auffallen und nicht<br />
in die Zeitung o<strong>der</strong> ins Fernsehen kom-<br />
men. Wenn man diesen Menschen helfen<br />
will, sollte es zusätzlich zum Emmaus<br />
„Auffangnetz“ weitere NOSTn in Nie<strong>der</strong>österreich<br />
geben.<br />
Nehmen wir an, <strong>der</strong> politische Wille zur<br />
Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> NOST-Situation in NÖ<br />
ist da, wie könnte das finanziert werden?<br />
Ich sehe diese Form <strong>der</strong> Sozialarbeit beim<br />
Amt <strong>der</strong> NÖ Landesregierung. Finanzieren<br />
könnte also die Allgemeine Sozialhilfe<br />
des Landes NÖ, so wie das bereits<br />
bei den Emmaus-Wohnheimen und Not-<br />
Eine NOST ist eine Einrichtung, in <strong>der</strong><br />
man „zur Not schlafen kann". Sie bietet<br />
einen Schlafplatz, Hygieneeinrichtungen<br />
und eine Möglichkeit zur behördlichen<br />
Anmeldung (Meldezettel). Das<br />
„Auffangnetz“, die NOST <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
St. Pölten, bietet auch<br />
Verpflegung über das Tageszentrum am<br />
Emmaus-Standort Wohnheim Kalvarienberg<br />
an. Außerhalb <strong>der</strong> Hausordnung<br />
verlangen NOSTn von ihren Gästen nicht,<br />
„sich zu än<strong>der</strong>n", also zum Beispiel dem<br />
Konsum von Alkohol und Drogen außerhalb<br />
<strong>der</strong> NOST abzusagen. Das wäre<br />
typisch für Wohnheime. Allerdings weisen<br />
Emmaus-MitarbeiterInnen sehr wohl auf<br />
die Folgen exzessiven Alkohol- und Drogenkonsums<br />
hin und zeigen Alternativen<br />
auf.
278 Personen wurden 2016 in den Notschlafstellen <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> betreut.<br />
schlafstellen <strong>der</strong> Fall ist. Eine NOST ist<br />
nicht so teuer, dass sich das ein Bundesland<br />
nicht leisten könnte. OÖ hat 4 NOSTn,<br />
Vorarlberg 3.<br />
Wie nie<strong>der</strong>schwellig<br />
sollte eine NOST<br />
sein, damit sie akute<br />
Not wirklich lin<strong>der</strong>n<br />
kann?<br />
NOSTn verlangen<br />
Gewaltverzicht.<br />
Meistens gilt ein Alkohol-<br />
und Drogenverbot innerhalb <strong>der</strong><br />
Einrichtung (wie im „Auffangnetz“) und<br />
manchmal auch um die Einrichtung herum<br />
(z. B. in <strong>der</strong> „Gruft“ in Wien). Es sollte<br />
sozialarbeiterische Betreuung und Verpflegung<br />
geben – beides z. B. durch Kooperation<br />
mit einem Sozialprojekt – o<strong>der</strong><br />
in <strong>der</strong> Einrichtung selbst wird gekocht<br />
und abgewaschen.<br />
Foto: veleknez/shutterstock.com<br />
Die <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten betreibt<br />
in St. Pölten 3 Notschlafstellen, je<br />
eine für Männer (seit 1996), Frauen (seit<br />
2007) und Jugendliche (seit 2004). Die<br />
Männer-NOST hat Platz für 18 Personen<br />
und die Frauen-NOST für 4. Jugendlichen<br />
stehen insgesamt 12 NOST-Plätze<br />
zur Verfügung.<br />
Eine Grundvoraussetzung für einen<br />
NOST-Platz in NÖ ist, dass <strong>der</strong> Gast seinen<br />
letzten Wohnsitz über mehrere Monate<br />
in NÖ hatte.<br />
Welche Voraussetzungen<br />
gibt es<br />
noch?<br />
Wer sich NOST<br />
nennt, muss die<br />
Menschen so akzeptieren<br />
wie sie<br />
kommen und auch<br />
akzeptieren, wenn<br />
sie weiter so leben wollen. Allerdings<br />
werden von den BetreuerInnen sehr wohl<br />
Perspektiven für eine bessere Lebensweise<br />
aufgezeigt.
12 | Portrait<br />
„Lebensgeschichten vergesse ich niemals …“<br />
Eine fast schon „typische“ Karriere hat Lorenz Hochschorner bei Emmaus hingelegt:<br />
2005 als Zivi begonnen und geblieben. Inzwischen sind 10 Jahre vergangen,<br />
und aus dem Zivi ist ein gestandener Mitarbeiter geworden. Lorenz erzählt …<br />
Als Zivi war mir mein Arbeitsbereich<br />
damals vollkommen unbekannt, er<br />
hat mir aber sofort zugesagt. Direkt<br />
nach meinem Zivildienst wurde ich<br />
Betreuer im Wohnheim Viehofen.<br />
Meine Arbeit bei Emmaus ist interessant<br />
und hat viele Facetten – schön o<strong>der</strong> bedrückend,<br />
meist erfüllend, manchmal<br />
traurig, oft<br />
auch erheiternd.<br />
Kein<br />
Tag gleicht<br />
dem an<strong>der</strong>en,<br />
kein<br />
Schicksal<br />
dem nächsten.<br />
Ich<br />
entwickle<br />
mich ständig<br />
weiter,<br />
lerne und<br />
wachse. Oft<br />
erschwert<br />
Bürokratie<br />
die Abläufe.<br />
Trotzdem<br />
steht<br />
immer <strong>der</strong><br />
M e n s c h<br />
im Mittelpunkt.<br />
Kein<br />
Computer<br />
kann je ein<br />
Gespräch ersetzen. Und aus diesen, oft<br />
langjährigen Kontakten, schöpfe ich Kraft<br />
und Motivation für den Arbeitstag. Dazu<br />
Geboren und aufgewachsen: St. Pölten<br />
Wohnort: Wilhelmsburg<br />
Tätig als:<br />
Mitarbeiter im Wohnheim Kalvarienberg<br />
(seit Anfang 2017), Betriebsrat<br />
Lieblingsspeise:<br />
Es gibt einfach zu viel gutes Essen …<br />
Hobbys:<br />
Filme (zur Entspannung), Fotografie (zur<br />
Entfaltung), Reisen (zum Entdecken) und<br />
Musik (zum Spüren)<br />
Ich wollte schon immer …<br />
Neuseeland ausgiebig bereisen<br />
passt auch das Motto, das ich für meine<br />
Arbeit gefunden habe: „Wenn Du ein<br />
Schiff bauen willst, dann trommle nicht<br />
Männer zusammen um Holz zu beschaffen,<br />
Aufgaben zu vergeben und die Arbeit<br />
einzuteilen, son<strong>der</strong>n lehre die Männer die<br />
Sehnsucht nach dem weiten, endlosen<br />
Meer.“ (Antoine de Saint Exupéry)<br />
Einprägsam sind für mich mehrtägige<br />
Ausflüge mit Gästen, gemeinsame Feste<br />
o<strong>der</strong> erfolgreiche Betreuungsverläufe.<br />
Schon oft habe ich mich über ein Wie<strong>der</strong>sehen<br />
nach Jahren mit ehemaligen<br />
Gästen gefreut, denn: Lebensgeschichten<br />
vergesse ich niemals.<br />
Was ich noch sagen möchte: DANKE allen<br />
Gästen, KollegInnen und Führungskräften,<br />
die mich zu dem gemacht haben, <strong>der</strong><br />
ich heute bin, an <strong>der</strong>en Erfahrungen ich<br />
lernen und wachsen konnte. Es ist schön,<br />
Teil dieser großen (Emmaus)Gemeinschaft<br />
zu sein! <br />
Foto: Hochschorner
" Man muss nicht selbst außergewöhnlich sein,<br />
um etwas Außergewöhnliches zu tun.“<br />
Foto: nwdph/shutterstock.com<br />
Abbé Pierre (1912-2007), französischer katholischer Geistlicher,<br />
gründete 1948 die Emmaus-Bewegung, das Hilfswerk für obdachlose Menschen.
14 | Betriebe Viehofen<br />
Siebdruck<br />
Neue Technik - neues Material - neues Produkt<br />
Siebdruck ist eigentlich keine neue Technik – auch nicht in <strong>der</strong> Emmaus-Kunstwerkstatt.<br />
Aber jetzt wurde sie wie<strong>der</strong> ausgegraben …<br />
von Carmen Firnhammer<br />
Bereits in den 90er Jahren wurden<br />
mit Hilfe einer Schablone Druckvorlagen<br />
(Siebe) zum Bedrucken von<br />
Haussegen aus Holz hergestellt. Durch<br />
Verän<strong>der</strong>ungen bei den Produkten und<br />
bedingt durch Platzmangel musste <strong>der</strong><br />
Siebdrucktisch aus <strong>der</strong> Werkstatt weichen.<br />
Beim Siebdruck (auch Serigraphie) wird<br />
die Druckfarbe mit einem wischerähnlichen<br />
Werkzeug (Rakel) durch ein feinmaschiges<br />
textiles Gewebe auf das zu<br />
bedruckende Material gedrückt. Wo keine<br />
Farbe gedruckt werden soll, sind die<br />
Maschenöffnungen des Gewebes verschlossen.<br />
Das Sieb wird in <strong>der</strong> Vorbereitung<br />
mit einer lichtempfindlichen Masse<br />
bestrichen, nach Auflage <strong>der</strong> Schablone<br />
wird das Sieb mit starkem Licht bestrahlt.<br />
Wo die Schablone liegt, härtet die Masse<br />
nicht aus und kann daher ausgewaschen<br />
werden.<br />
Heute wird die Siebdrucktechnik vorwiegend<br />
zum Bedrucken von Textilien verwendet<br />
und im künstlerischen Bereich.<br />
Die Emmaus-Kunstwerkstatt stellt mit<br />
dem Siebdruckverfahren nicht nur eigene<br />
Produkte her und veredelt diese, son<strong>der</strong>n<br />
bedruckt auch Taschen, Shirts und an<strong>der</strong>e<br />
Stoffe nach individuellen Wünschen.<br />
Sichtlich zufrieden: Arbeitsanleiterin<br />
Beate Länger (li) und<br />
die Leiterin <strong>der</strong> Emmaus-Kunstwerkstatt<br />
Carmen Firnhammer<br />
begutachten das Ergebnis ihrer<br />
Siebdruckarbeit.
Betriebe Viehofen | 15<br />
Öffnungszeiten Emmaus<br />
KunstHandWerk-Verkauf:<br />
Mo, Do: 09:30 - 12, 13 - 16 Uhr<br />
Di, Mi: 16 - 18 Uhr<br />
1. Sa. im Monat: 09 - 14 Uhr<br />
Zirbenspäne werden<br />
zu Zirbenkissen<br />
Späne sind ja in einer Holzwerkstatt<br />
ein alltägliches (Abfall-)<br />
Produkt. Im Normalfall kommen<br />
sie direkt in die Hackschnitzelheizung<br />
am Standort in Viehofen.<br />
Handelt es sich jedoch um<br />
Zirbenspäne, bleibt ihnen dieser<br />
Weg erspart. Denn gerade<br />
dem Zirbenholz wird eine entspannungsför<strong>der</strong>nde<br />
Wirkung<br />
nachgesagt, das ätherische<br />
Öl <strong>der</strong> Zirbelkiefer soll sich<br />
auf das Wohlbefinden positiv<br />
auswirken.<br />
So werden die Späne noch zusätzlich<br />
mit natürlichem Zirbelkieferöl beduftet und in handgenähte<br />
Baumwollsackerl gefüllt. Die Kissenhülle wird<br />
ebenfalls in <strong>der</strong> Werkstatt genäht und mit einem Motiv<br />
mittels Siebdrucktechnik verschönert.<br />
Fotos: Böswart<br />
Frisch gesiebt ist halb gedruckt.<br />
Beate beim Spachteln mit <strong>der</strong><br />
Farbe „Weinrot“. Rotwein hat<br />
hingegen bei Emmaus nach wie<br />
vor keinen Platz.
16 | Freiwilligenarbeit<br />
Neigungsgruppe Schwimmen<br />
Bei Emmaus genießt Helmut Eigner die Abwechslung<br />
Seit einigen Monaten unterstützt Helmut Eigner (56) das Team <strong>der</strong> Tagesbetreuung<br />
des Emmaus Wohnheimes Viehofen.<br />
Ich kam durch eine Stellenausschreibung<br />
auf Emmaus“, erzählt <strong>der</strong><br />
Wahl-Wilhelmsburger. „Mit dem Job ist<br />
es lei<strong>der</strong> nichts geworden, aber ich wurde<br />
auf die Möglichkeit einer freiwilligen<br />
Mitarbeit aufmerksam.“ Davor war Helmut<br />
Eigner 34 Jahre lang bei <strong>der</strong> Firma<br />
Voith im Anlagenbau tätig. Bei <strong>der</strong> großen<br />
Kündigungswelle 2014 verloren fast<br />
400 Menschen ihre Arbeit – unter ihnen<br />
auch Helmut.<br />
„<br />
von Jutta Strobl<br />
Helmut Eigner (re.) in seinem Element.<br />
„Durch Emmaus kommt Abwechslung in<br />
mein Leben und Struktur in meinen Tagesablauf.<br />
Bis dahin war mein Alltag geprägt<br />
von unermüdlicher Jobsuche.“<br />
Den Dienstag verbringt Helmut aktiv<br />
- mit seiner „Neigungsgruppe Schwim-<br />
men“, wie er sie liebevoll nennt. Gemeinsam<br />
gehen die Männer am Vormittag ins<br />
Hallenbad, und am Nachmittag genießen<br />
sie bei Spaziergängen die wun<strong>der</strong>schöne<br />
Natur in Viehofen.<br />
Höflichkeit, Dankbarkeit, Respekt<br />
Helmut, Vater von drei erwachsenen<br />
Kin<strong>der</strong>n, freut sich vor allem darüber,<br />
dass die Gäste ihm immer mehr Vertrauen<br />
schenken o<strong>der</strong> auch nur ein Lächeln,<br />
wenn er sie zum Schwimmen abholt. „Das<br />
ist unheimlich schön!“<br />
Speziell zu Simon, einem jungen Nigerianer,<br />
hat er ein gutes Verhältnis. Mit ihm<br />
übt er – sehr kreativ – deutsche Konversation.<br />
In einem Geschäft nennt Helmut<br />
Simon die deutschen Bezeichnungen <strong>der</strong><br />
Produkte o<strong>der</strong> fragt diese ab.<br />
„Die freiwillige Arbeit bei Emmaus macht<br />
mir Spaß und Freude! Vor allem von <strong>der</strong><br />
Höflichkeit, <strong>der</strong> Dankbarkeit und dem gegenseitigen<br />
Respekt in meiner Gruppe<br />
bin ich sehr beeindruckt.“<br />
Die restliche Zeit verbringt <strong>der</strong> leidenschaftliche<br />
Koch und Hobbymusiker<br />
(seit vierzig Jahren Keyboar<strong>der</strong>, aktuell<br />
bei „Rubberboots“) in <strong>der</strong> Natur – beim<br />
Mountainbiken, Wan<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Skifahren.<br />
„Es war schon immer mein Wunsch, mich<br />
im Sozialbereich zu engagieren. Beruflich<br />
hat es bis jetzt nicht geklappt, aber vielleicht<br />
ergibt sich noch eine Chance.“ <br />
Foto: Emmaus
Auf <strong>der</strong> Suche nach dem Wichtigen im Leben<br />
Emmaus-GF Peter Hirsch über seine Auszeit<br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> | 17<br />
Ein Jahr lang hat sich Emmaus-Geschäftsführer Peter Hirsch aus dem aktiven Arbeitsleben<br />
zurückgezogen, um wie<strong>der</strong> neue Energien zu gewinnen und die Sicht<br />
auf das Wesentliche nicht zu verlieren. Peter über seine Auszeit 2016.<br />
Nach 17 Jahren bei Emmaus hast<br />
Du dir ein Jahr Auszeit genommen.<br />
Warum?<br />
2014 war ein schwieriges und anstrengendes<br />
Jahr für mich. Irgendwann kam mir<br />
<strong>der</strong> Gedanke, ein Auszeitjahr anzustreben,<br />
wie es das bei Emmaus schon öfters<br />
gegeben hat. Ich wollte in diesem Jahr<br />
wie<strong>der</strong> mehr<br />
Zeit finden,<br />
um verschiedene<br />
Belastungen<br />
nicht<br />
nur aus dem<br />
Kopf, son<strong>der</strong>n<br />
auch<br />
aus dem<br />
Hinterkopf<br />
zu bekommen.<br />
Wir<br />
haben uns<br />
überlegt, wie meine Abwesenheit we<strong>der</strong><br />
die KollegInnen zu sehr belasten noch<br />
den Verein in Turbulenzen stürzen könnte.<br />
Was hattest du dir für das Jahr vorgenommen?<br />
Ich wollte mich auf mich konzentrieren,<br />
meine Gesundheit und Fitness verbessern,<br />
herumreisen und schauen, was kommt,<br />
wenn ich freier werde und viel Zeit habe.<br />
Ist das Jahr so geworden, wie du es dir<br />
erhofft hast?<br />
2016 konnte ich viel Zeit mit meiner Familie,<br />
aber auch mit mir selbst verbringen.<br />
Ich habe mich neu kennengelernt,<br />
bin viele Kilometer alleine gelaufen, Rad<br />
gefahren und gewan<strong>der</strong>t. Nie hätte ich<br />
gedacht, dass ich das so genießen würde.<br />
Vieles ist mir durch den Kopf gegangen,<br />
viele Sorgen haben sich relativiert. Einiges<br />
ist gelungen, was ich mir kaum zugetraut<br />
hätte – ich bin sehr zufrieden mit<br />
diesem Jahr!<br />
Ist <strong>der</strong> Peter Hirsch von heute ein an<strong>der</strong>er<br />
als noch vor einem Jahr?<br />
Das glaube ich nicht. Ich fühle mich sehr<br />
gelassen und unaufgeregt. Ich habe<br />
wie<strong>der</strong> Freude an <strong>der</strong> Arbeit und daran,<br />
meine Energie für Emmaus einzusetzen.<br />
Ich habe gesehen, dass ich vieles schaffe,<br />
wenn ich mein eigenes Tempo gehen<br />
kann.<br />
Wann und für wen ist eine Auszeit sinnvoll?<br />
Sie ist dann sinnvoll, wenn das Leben<br />
in ruhigeren Bahnen verlaufen soll, und<br />
man sich selbst besser kennenlernen und<br />
wie<strong>der</strong> stärker spüren möchte. Auch die<br />
Suche nach dem eigentlich Wichtigen im<br />
Leben, eine Neuorientierung o<strong>der</strong> wenn<br />
große Entscheidungen anstehen, rechtfertigen<br />
eine Auszeit. Ich habe auch sehr<br />
viel Dankbarkeit gefühlt und Zufriedenheit.<br />
<br />
Foto: zVg
18 | <strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
Wohnen im Quadrat<br />
Das Jahr 2016 ist Geschichte. Viel hat sich in dieser Zeit getan im Referat Wohnen.<br />
Ein Überblick:<br />
von Christian Veith<br />
2016 kam die Jugendnotschlafstelle<br />
COMePASS zum Referat Wohnen.<br />
Damit sind nun alle Notschlafstellen<br />
in diesem Bereich angesiedelt. Der Vorteil:<br />
Kurze Kommunikationswege bewirken<br />
bessere Absprachen.<br />
Im April wurde gefeiert – 10 Jahre Christa<br />
Kaltenbrunner bei Emmaus! Die umtriebige<br />
Referatsleiterin Wohnen ist seit 7 Jahren<br />
das Herz <strong>der</strong> Emmaus-Wohnheime<br />
und Notschlafstellen.<br />
Erstellt wurde <strong>der</strong> neue Wohnheim-Fol<strong>der</strong><br />
im Hemdtaschenformat. Er ist quadratisch,<br />
wasserfest, beinhaltet einen<br />
Stadtplan von St. Pölten und hat – wie<br />
man hört – begeisterte Reaktionen aus-<br />
gelöst. Gelobt wurden das Format und<br />
die Übersicht. Der Fol<strong>der</strong> liegt unter an<strong>der</strong>em<br />
in Kliniken und bei <strong>der</strong> Polizei auf.<br />
Sieben <strong>der</strong> acht Emmaus-Standorte betreffen<br />
den Bereich Wohnen: die Wohnheime<br />
in <strong>der</strong> Herzogenburger Straße,<br />
Viehofen, am Kalvarienberg und das Frauenwohnheim<br />
sowie die Notschlafstellen<br />
für Männer, Frauen und Jugendliche.<br />
Dazu gekommen ist mit 1.1.2017 die<br />
Wohnassistenz in <strong>der</strong> Heßstraße (siehe<br />
Kästchen). Sie ersetzt und erweitert die<br />
bisherige Punktbetreuung.<br />
Im September wurde es gesetzlos. Da<br />
unternahmen die Emmaus-Wohnheimer<br />
und -Notschlafsteller einen Betriebsausflug<br />
in das Westerndorf Greenhorn Hill<br />
bei Rabenstein. Highlight neben Line<br />
Wildwestreife Performance: „Zwei links, eins rechts ...“ - Wohnheimleiter Thomas Frind beim Einstudieren<br />
<strong>der</strong> Line-Dance-Mysterien von Standbein und Spielbein mit einer Gruppe Greenhorns.<br />
Date: 15.9.2016<br />
Starring: Mitglie<strong>der</strong> des Ensembles „Referat Wohnen“ beim Betriebsausflug im Westerndorf Greenhorn Hill
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> | 19<br />
Wohnassistenz<br />
Die Wohnassistenz <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> wurde ins Leben gerufen, um Menschen im<br />
eigenständigen Wohnen in ihrer eigenen Wohnung zu unterstützen. Ziel ist die größtmögliche<br />
Selbständigkeit. Dieses Ziel soll durch die Vermittlung <strong>der</strong> dazu notwendigen lebenspraktischen<br />
Fähigkeiten erreicht werden. Die Wohnassistenz versteht sich als Hilfe zur Selbsthilfe.<br />
Sie ist zuständig für die Koordination und den Einsatz jeglicher Unterstützung (Helfernetzwerk)<br />
im Wohnbereich.<br />
Die Wohnassistenz steht volljährigen Frauen und Männern mit psychischer Beeinträchtigung<br />
zur Verfügung. Sie sollen ihren Alltag größtenteils alleine bewältigen können. Die Wohnassistenz<br />
unterstützt durch Motivation, Anleitung und Training. Neben den Trainingseffekten steht<br />
die soziale Teilhabe im Mittelpunkt <strong>der</strong> Betreuung.<br />
Das vierköpfige Betreuungsteam besteht aus qualifizierten Fachpersonen und arbeitet nach<br />
dem partizipativen (=unter Beteiligung <strong>der</strong> Betroffenen) Modell.<br />
Aufnahmevoraussetzungen:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Psychische Beeinträchtigung<br />
Freiwilligkeit<br />
Prinzipielle Bereitschaft zur Annahme von Unterstützung<br />
Normal entwickelte Intelligenz<br />
Bereitschaft zu Beziehungs- und Kontaktaufbau<br />
Dance und Bogenschießen: ein denkwürdiges<br />
Kasperltheater – noch heute unvergessen<br />
…<br />
Der 20. Oktober wird vielen in Erinnerung<br />
bleiben, lei<strong>der</strong> in trauriger. An diesem<br />
Tag starb völlig unerwartet unser Wohnheim-Mitarbeiter<br />
Franz Fellinger. Er war<br />
lange Zeit bei Emmaus, zuerst als Gast,<br />
dann als Mitarbeiter. Für viele war Franz<br />
ein großes Vorbild, aus eigenem Erleben<br />
hatte er Verständnis für die Situation <strong>der</strong><br />
Gäste. Er war authentisch und eine moralische<br />
Instanz.<br />
Referatsleiterin Christa Kaltenbrunner<br />
freut sich über das Erreichte: „Einzigartig<br />
in NÖ ist das pädagogische Stufenmodell<br />
von <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>- in die Hochschwelligkeit.<br />
Damit haben wir ein umfassendes Angebot<br />
für Menschen in Not – ob psychisch<br />
beeinträchtigt o<strong>der</strong> wohnungslos – und<br />
decken damit ein breites Spektrum in<br />
<strong>der</strong> Wohnungslosenarbeit ab. – Was auch<br />
sehr gut klappt, ist die Zusammenarbeit<br />
mit den Bezirksverwaltungsbehörden<br />
und dem Land NÖ. Wir werden als Partner<br />
wahrgenommen und wertgeschätzt.“<br />
<br />
Foto: Emmaus<br />
Um 10 Personen aufgestockt wurde 2016<br />
die Anzahl <strong>der</strong> MitarbeiterInnen im Referat<br />
Wohnen. Derzeit gibt es dort 75<br />
„Hauptamtliche“.
20 | <strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
Familie Jaseem Ali aus Syrien - Update<br />
Rückblick: Am 23. Dezember 2015 kam die Familie Jaseem Ali - nach einer turbulenten<br />
Odyssee - in Murstetten an und bezog ein Haus, das von Emmaus zur Verfügung<br />
gestellt wurde. Seither ist einiges Wasser die Traisen hinuntergeflossen …<br />
von Karl Rottenschlager<br />
In <strong>der</strong> Zwischenzeit wurde Erika geboren,<br />
benannt nach <strong>der</strong> „Frau Bürgermeister“<br />
von Murstetten Erika Breitner.<br />
Die kleine Erika feiert am 9. März ihren 1.<br />
Geburtstag, sie entwickelt sich prächtig.<br />
Die Grundversorgung <strong>der</strong> Familie funktioniert,<br />
dank Familie Breitner u. a. HelferInnen,<br />
sehr<br />
gut. Die Kin<strong>der</strong><br />
besuchen den<br />
Kin<strong>der</strong>garten<br />
bzw. Schulen in<br />
Perschling und<br />
Pottenbrunn.<br />
Auch <strong>der</strong> außerschulische<br />
Unterricht/<br />
Nachhilfe/<br />
Deutschkurse<br />
etc. durch<br />
Erika Breitner<br />
und an<strong>der</strong>e<br />
engagierte<br />
Menschen im<br />
Ort ist äußerst hilfreich und effizient. Die<br />
sechs älteren Kin<strong>der</strong> haben inzwischen<br />
gut Deutsch gelernt, ihre Sprachkenntnisse<br />
sind sehr beachtlich. Mühelos dolmetschen<br />
sie für ihre Eltern, die sich mit<br />
dem Erlernen von Deutsch naturgemäß<br />
etwas schwerer tun.<br />
Im Garten <strong>der</strong> Familie Ali gibt es bereits<br />
einen Stall für Enten, Hühner sollen auch<br />
noch kommen.<br />
Immer wie<strong>der</strong> einmal besucht Familie Ali<br />
das Café International <strong>der</strong> Pfarre Böheimkirchen.<br />
Dort gibt es auch Kontakt zu an<strong>der</strong>en<br />
Flüchtlingsfamilien.<br />
Nach wie vor sehr dankbar ist Familie Ali<br />
Emmaus für ihr schönes Quartier, das<br />
Haus in Murstetten. Doch es bleibt die<br />
nagende Ungewissheit, ob die Anhörung<br />
bei <strong>der</strong> Asylbehörde (voraussichtlich<br />
März 2017) zu einem positiven Bescheid<br />
führen wird. Das Ehepaar Breitner wird<br />
bei <strong>der</strong> Anhörung anwesend sein – was<br />
für die Entscheidungsfindung <strong>der</strong> Behörde<br />
nicht unwichtig ist. Hoffen wir auf das<br />
Beste … <br />
Foto: Rottenschlager
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> | 21<br />
Essen auf Rä<strong>der</strong>n<br />
Bereits eine lange Tradition hat die Verbindung <strong>der</strong><br />
Pfarre Steinakirchen mit Emmaus St. Pölten. Warum?<br />
Vor über 20 Jahren hat sich in <strong>der</strong> Pfarre ein schöner<br />
Brauch etabliert, von dem Emmaus jährlich profitiert:<br />
Obst, Gemüse, selbstgemachte Marmeladen, Kaffee,<br />
Zucker, Nüsse und an<strong>der</strong>e Grundnahrungsmittel<br />
werden zu Erntedank in die Kirche gebracht, dort geweiht<br />
– und dann verladen. Denn die Gemeindemitglie<strong>der</strong><br />
verzichten auf die Lebensmittel, um sie einem<br />
guten Zweck zuzuführen. Und so rollt Tags darauf ein<br />
Klein-LKW mit 15-20 Kartons zu je 25 Kilogramm in<br />
den Hof des Wohnheims Herzogenburger Straße.<br />
Hier ist die Freude darüber jedes Jahr groß!<br />
Ein herzliches Dankeschön <strong>der</strong> Pfarre Steinakirchen<br />
mit all ihren treuen Spen<strong>der</strong>innen und Spen<strong>der</strong>n - Ihr seid einfach großartig! <br />
Foto: Veith<br />
Schuh for you<br />
Freudig aufgenommen<br />
wurde am 26. Jänner<br />
eine Spende an Emmaus<br />
von „Bergsport<br />
Scout“ in St. Pölten.<br />
„Bergsport Scout“-Inhaber<br />
Egon Enne – er<br />
ist <strong>der</strong> Vater von Emmaus-Mitarbeiterin<br />
Eva Enne – spendete<br />
den Gästen <strong>der</strong> Emmaus<br />
CityFarm hochwertige<br />
Bergschuhe.<br />
Herr Enne übergab 14<br />
Paar Bergschuhe mit<br />
(v.l.n.r.): Egon Enne (ganz li.), Gäste <strong>der</strong> CityFarm, Gabriele Kellner<br />
(2.v.re., Leiterin <strong>der</strong> CityFarm) und Eva Enne (ganz re., CityFarm<br />
Tagesstätte)<br />
Foto: Kogler<br />
einem Verkaufswert von insgesamt 2750,- Euro. Die Schuhe sind ein willkommenes<br />
Geschenk – robust, langlebig und bequem sind sie für die Gartenarbeit in <strong>der</strong> City-<br />
Farm bestens geeignet.<br />
Ein herzliches „Dankeschön!“ für die großzügige Spende!<br />
Infos über das vielfältige Angebot von Bergsport Scout: www.bergsport-scout.at
22 | Buchtipps<br />
Geborgen im Leben. Wege zu einem erfüllten Dasein<br />
von Elisabeth Kübler-Ross und David Kessler<br />
3. Auflage Her<strong>der</strong> 2016, 13,40 Euro<br />
Oft erkennen wir zu spät, was wirklich wichtig ist. Die Autoren zeigen,<br />
wie je<strong>der</strong> Augenblick des Lebens in seiner ganzen Fülle erlebt<br />
werden kann.<br />
14 "life lessons" enthüllen die Wahrheit über unsere Ängste, Hoffnungen,<br />
Beziehungen und vor allem darüber, wer wir in Wirklichkeit sind. Sie helfen,<br />
das Beste in uns selbst und in an<strong>der</strong>en zu finden.<br />
Die Autoren:<br />
Elisabeth Kübler-Ross (1926-2004) wurde bekannt durch ihren Bestseller "Interviews<br />
mit Sterbenden". Ihre Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt.<br />
David Kessler ist Experte für Hospizarbeit. Sein erstes Buch "Die Rechte des Sterbenden"<br />
errang höchstes Lob von Mutter Teresa und wurde in elf Sprachen übersetzt.<br />
„Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden.“<br />
Leben nach Auschwitz<br />
von Jehuda Bacon und Manfred Lütz,<br />
Gütersloher Verlagshaus 2016, 16,99 Euro<br />
„Bei meiner Befreiung war ich fünfzehn Jahre alt, aber ich hatte die<br />
Erfahrung eines Achtzigjährigen." Jehuda Bacon ist einer <strong>der</strong> letzten<br />
Überlebenden von Auschwitz, und was er zu sagen hat, ist ein<br />
Ereignis! Der bekannte Künstler, dessen Zeichnungen im Auschwitzprozess<br />
Beweismittel waren, erzählt, wie er aus tiefer Erschütterung<br />
heraus zum Humanisten wurde.<br />
Woher das Böse kommt, wie man sogar im Leiden Sinn erleben kann und was wirklich<br />
trägt im Leben, darüber spricht Jehuda Bacon in einem existentiellen Dialog mit dem<br />
Psychiater und Theologen Manfred Lütz.<br />
„In jedem Menschen ist dieser göttliche Funke, auch in einem solchen Verbrecher. Ich<br />
wollte nicht, dass es den Nazis gelingt, aus mir einen kleinen Nazi zu machen,<br />
einen Menschen, <strong>der</strong> voller Hass ist. Lebe dafür, solange du kannst, bei den an<strong>der</strong>en<br />
noch ein Lächeln zustande zu bringen." Jehuda Bacon<br />
Aus dem Inhalt:<br />
Von wo kommt das Böse?<br />
Meine Bil<strong>der</strong> haben mich gerettet.<br />
Dum spiro, spero - solange ich atme, hoffe ich<br />
Foto: RainerSturm/pixelio.de
Emmaus Mexiko: Neue Unterkunft für Migranten<br />
Emmaus | 23<br />
von Martin Römer, Emmaus Mexiko<br />
Viel Wirbel hat es anlässlich <strong>der</strong> Aussagen<br />
Donald Trumps zum Mauerbau<br />
an <strong>der</strong> mexikanischen Grenze<br />
gegeben. Denn schon jetzt werden viele<br />
Mexikaner und Zentralamerikaner, die<br />
sich illegal in den USA aufhalten, ausgewiesen.<br />
Regelmäßig kommen Migranten<br />
in unsere Pfarre San Marcos Evangelista,<br />
die gleichzeitig als kleines Caritaszentrum<br />
des 8. Bischofsvikariats dient, weil<br />
sie einen Ort zum Übernachten suchen.<br />
Sie brauchen Nahrung, Schuhe, Kleidung<br />
o<strong>der</strong> Geld für die Weiterreise. Noch vor<br />
Kurzem waren die meisten unterwegs<br />
in den Norden, um illegal die Grenze in<br />
die USA zu passieren. In den letzten Monaten<br />
kommt kaum noch ein Migrant<br />
mit diesem Ziel, vielmehr sind die letzten<br />
Durchreisenden Zentralamerikaner<br />
o<strong>der</strong> Mexikaner aus den südlichen Bundesstaaten,<br />
die aus den USA deportiert<br />
wurden. Sie werden einfach auf <strong>der</strong> mexikanischen<br />
Seite <strong>der</strong> Grenze ausgesetzt<br />
und müssen dann selbst sehen, wie sie<br />
weiterkommen. Beinahe alle haben eines<br />
gemeinsam: Sie haben nur das, was<br />
sie am Leib tragen, keine Papiere, keinen<br />
Ausweis, kein Geld.<br />
Im „Jahr <strong>der</strong> Barmherzigkeit“ 2016 haben<br />
wir uns in <strong>der</strong> Caritas-Arbeit auf die<br />
Werke <strong>der</strong> Barmherzigkeit konzentriert.<br />
Nachdem in <strong>der</strong> Kirche San Marcos Evangelista<br />
kein Platz ist, haben wir auf dem<br />
Emmaus-Grundstück in San Miguel Topilejo<br />
eine kleine Unterkunft für Migranten<br />
gebaut.<br />
Gleichz<br />
e i t i g<br />
d i e n t<br />
d i e s e<br />
kleine<br />
W o h -<br />
n u n g<br />
Patienten<br />
und<br />
<strong>der</strong>en<br />
Begleitern<br />
aus<br />
an<strong>der</strong>en<br />
Bundesstaaten,<br />
Betten für Bedürftige: Die neuen Unterkünfte<br />
für Migranten bei Emmaus<br />
in San Miguel Topilejo<br />
die in den Krankenhäusern <strong>der</strong> Stadt Mexiko<br />
behandelt werden. Schon bisher sind<br />
immer wie<strong>der</strong> Leute gekommen, die für<br />
einige Tage ein Bett brauchten. Wir haben<br />
sie in den Gästeräumlichkeiten <strong>der</strong><br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> übernachten lassen.<br />
Aus Gründen <strong>der</strong> Sicherheit können<br />
wir das in Zukunft aber nicht mehr tun.<br />
Deshalb ist es mir schon immer ein Anliegen<br />
gewesen, diese Übernachtungsmöglichkeit<br />
für Durchreisende außerhalb<br />
des Hauses zu schaffen. Eine solche Gastfreundschaft<br />
habe ich selbst oftmals bei<br />
Emmaus St. Pölten als so bereichernd erlebt!<br />
Das Jahr <strong>der</strong> Barmherzigkeit wurde bereits<br />
beendet, die Werke <strong>der</strong> Barmherzigkeit<br />
haben allerdings kein Ablaufdatum.<br />
<br />
Foto: Emmaus Mexiko
Österreichische Post AG<br />
Sponsoring-Post<br />
Benachrichtigungspostamt<br />
3101 St. Pölten<br />
GZ 02Z033980 S<br />
Wir suchen …<br />
Emmaus Flohmarkt - die Termine 2017<br />
(jeweils samstags):<br />
<br />
Betten (Einzel- und Doppelbetten, Kin<strong>der</strong>betten …)<br />
<br />
Klei<strong>der</strong>schränke<br />
<br />
Matratzen<br />
<br />
Sessel<br />
<br />
Tische<br />
<br />
Geschirr (Teller, Gläser, Besteck)<br />
<br />
Hausrat aller Art<br />
<br />
Ausziehbare Sofas<br />
Wir bitten um Verständnis, dass wir nur intakte Möbel und unbeschädigtes Geschirr<br />
verwenden können.<br />
Nähere Information erhalten Sie bei Emmaus Altwaren unter 0676 / 88 6 44 - 520<br />
Grafiken: Designed by Freepik<br />
04.03.<br />
01.04.<br />
06.05.<br />
03.06.<br />
01.07.<br />
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13.01.2018<br />
05.08.<br />
02.09.<br />
07.10.<br />
04.11.<br />
02.12.<br />
Mit finanzieller Unterstützung von<br />
Sparkasse NÖ Mitte-West, IBAN: AT84 2025 6000 0003 8570 | BIC: SPSPAT21<br />
Raiba St. Pölten, IBAN: AT96 3258 5000 0112 9360 | BIC: RLNWATWWOBG<br />
Spenden an die <strong>Emmausgemeinschaft</strong> sind steuerlich absetzbar!<br />
Die Registriernummer <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten lautet: SO 1120.