BWE Bücher - Handbuch Projektplanung
Eines ist klar – ohne den Windenergie Ausbau im Binnenland wird die Energiewende in Deutschland nicht gelingen. Gerade im Binnenland stehen Planer und auch Kommunen jedoch vor vielen Heraus-forderungen, die es zu meistern gilt. Die neue BWE Marktübersicht spezial - Windenergie im Binnenland ist die Antwort auf viele offene Fragen beim Ausbau der dezentralen Energieversorgung. 30 experten aus der Windbranche beantworten im vorliegenden Handbuch darin die zentralen Frage-stellungen rund um Projektplanung an Binnenlandstandorten. Mit wertvollen Praxistipps und handlichen Checklisten ist das 400 Seiten starke Fachbuch auch ein Ratgeber für die tägliche Arbeit. Verschiedene Themen von A wie Akzeptanz beim Bürger bis z wie zielsetzungen im Binnenland werden darin praxisnah behandelt. Herausgeber: Bundesverband WindEnergie Erschienen: 2013
Eines ist klar – ohne den Windenergie Ausbau im Binnenland wird die Energiewende in Deutschland nicht gelingen. Gerade im Binnenland stehen Planer und auch Kommunen jedoch vor vielen Heraus-forderungen, die es zu meistern gilt.
Die neue BWE Marktübersicht spezial - Windenergie im Binnenland ist die Antwort auf viele offene Fragen beim Ausbau der dezentralen Energieversorgung.
30 experten aus der Windbranche beantworten im vorliegenden Handbuch darin die zentralen Frage-stellungen rund um Projektplanung an Binnenlandstandorten. Mit wertvollen Praxistipps und handlichen Checklisten ist das 400 Seiten starke Fachbuch auch ein Ratgeber für die tägliche Arbeit.
Verschiedene Themen von A wie Akzeptanz beim Bürger bis z wie zielsetzungen im Binnenland werden darin praxisnah behandelt.
Herausgeber: Bundesverband WindEnergie
Erschienen: 2013
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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial<br />
Windenergie im Binnenland<br />
<strong>Handbuch</strong> der Wirtschaftlichkeit und <strong>Projektplanung</strong> an Binnenlandstandorten<br />
Flächensicherung: Vom Pachtvertrag bis zum Grundbucheintrag<br />
Wind im Wald: Anlagentechnologie, Wirtschaftlichkeit und Logistik<br />
Akzeptanz: Kommunikationsinstrumente und Beteiligungsmodelle<br />
1<br />
+ CD-Rom<br />
Mit<br />
Windpotenzialkarten
Windenergie im Binnenland<br />
<strong>Handbuch</strong> der Wirtschaftlichkeit und <strong>Projektplanung</strong><br />
an Binnenlandstandorten
Impressum<br />
Herausgeber: Bundesverband WindEnergie e.V., Berlin<br />
Chef vom Dienst: Hildegard Thüring<br />
Redaktion: Ferdinand Eggert, eco-media Kommunikation, Andrea Bittelmeyer<br />
Redaktionelle Mitarbeit: Lea Nielsen, Berna Gülmez, Sonja Hemke<br />
Autoren: Dr. Martin Grundmann, Dr. Hartmut Brösamle, Tom Lange, Peter Spengemann,<br />
Herbert Schwartz, Roman Wagner vom Berg, Axel Albers, Sylvia Schubert,<br />
Hartmut Kluge/Sabrina Cordes, Alexandra Pohl, Sabine Taudt, Prof. Dr. Martin Maslaton,<br />
Carlo Reeker, Franz-Josef Tigges, Martin Dornblut, Jann Berghaus/Katharina Sommerfeldt,<br />
Philipp von Tettau, Andreas Lahme, Andreas Kunte, Helga Jakobi,<br />
Sylvia Pilarsky-Grosch, Evelyn Villing, Peter Glasstetter, Dieter Fries, Rebekka Klöcker,<br />
Anne Lepinski, Oliver Bieber, Jörg Ecker, Andreas Schäfermeier, Dr. Stephanie Ropenus.<br />
Lektorat: Lars Jansen, lektorat-jansen.de<br />
Gestaltung: Mike Müller, muellerstudio.de<br />
Buchkonzept: Hildegard Thüring, Kristina Herrman, Thorsten Paulsen<br />
Anzeigenverkauf: sunbeam GmbH<br />
Anzeigenleitung: Martina Metsch<br />
Bestelladresse:<br />
Bundesverband WindEnergie e.V.<br />
Neustädtische Kirchstraße 6<br />
10117 Berlin<br />
Tel.: +49 (0)30 212341-210<br />
Fax: +49 (0)30 212341-410<br />
E-Mail: bestellung@wind-energie.de<br />
www.wind-energie.de<br />
ISBN: 9 783942 579186<br />
2.000 Exemplare<br />
1. Auflage, Oktober 2013 Titelfoto: Herbert Grabe/Ostwind
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial<br />
Windenergie<br />
im Binnenland<br />
<strong>Handbuch</strong> der Wirtschaftlichkeit und <strong>Projektplanung</strong><br />
an Binnenlandstandorten
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
8
Inhalt<br />
Inhalt<br />
Editorial 12<br />
Einstieg<br />
Ausbau der Wind energie im Binnenland 17<br />
Planungen und Ziele der Bundesländer 20<br />
Interview: „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“ 27<br />
<strong>Projektplanung</strong><br />
<strong>Projektplanung</strong> von Windparks 37<br />
Projektierer und Planer 47<br />
Sonstige Dienstleistungen 53<br />
Windmessung<br />
Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast 57<br />
Was leistet ein Windatlas? 65<br />
Interview: „LiDAR wird sich als zentrales Werkzeug etablieren“ 73<br />
Windgutachter 78<br />
Ertragsberechnung<br />
Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks 83<br />
Energieertragsgutachten – was braucht die Bank? 93<br />
Interview: „Starkes Nord-Süd-Gefälle“ 97<br />
Finanzdienstleister 102<br />
Aspekte der Projektierung<br />
Lärm und Schatten: Windenergie immissionen 107<br />
Auf Kollisionskurs? Windenergie und Luftverkehr 117<br />
Kennzeichnung von Windenergieanlagen 123<br />
9
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Planungsrecht<br />
Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung 131<br />
Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument 141<br />
Bessere Erträge durch optimales Windparklayout 151<br />
Grundbuchrechte und Pachtverträge<br />
Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung 161<br />
Grundbuchrecht schafft Sicherheit 171<br />
Das Genehmigungs verfahren<br />
Ablauf eines Genehmigungsverfahrens 185<br />
Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren 193<br />
UVP-Pflicht im Einzelfall, Screening nach § 3 c i.V.m. Anlage 2 UVPG 200<br />
Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt 205<br />
Rechtsanwälte 214<br />
Akzeptanz und Beteiligungs modelle<br />
Gute Argumente für die Windenergie 219<br />
AIFM-Umsetzungsgesetz und Kapitalanlagegesetzbuch 230<br />
Im Dialog mit den Bürgern 235<br />
Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder- Interessen 243<br />
Anlagen für Binnenland standorte<br />
Interview: Höhere Ausbeute bei geringerer spezifischer Leistung 255<br />
Datenblätter: Anlagen für Binnenland standorte 261<br />
10
Inhalt<br />
Wind im Wald<br />
Forstrechtliche Rahmen bedingungen 327<br />
Wind im Wald – einige Grundlagen 336<br />
Planung und Errichtung von Windenergieanlagen an Waldstandorten 339<br />
Interview: „Der Wald ist ein Wirtschaftsraum“ 345<br />
Netze<br />
Der Netzausbau in Deutschland 351<br />
Der beste Weg ins Netz 359<br />
Anhang<br />
Glossar* 366<br />
Fachgremien – Netzwerk der Branche 374<br />
Relevante Gesetze und Paragrafen im Überblick 376<br />
Musterantrag nach BimSchG 380<br />
*Glossareinträge sind im Text mit ↗ gekennzeichnet.<br />
11
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Windenergie an Land ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Immer<br />
mehr Menschen beteiligen sich an ihrem Ausbau. Die Erschließung ihrer enormen Potenziale<br />
gerade im Binnenland wird auch in den kommenden Jahren die Transformation der<br />
deutschen Energiewirtschaft hin zu dezentralen und regenerativen Strukturen, zu einer<br />
bürgernahen und sauberen Energieerzeugung entscheidend vorantreiben.<br />
Der Bundesverband WindEnergie e. V. ist Wissensträger für alle Fragen rund um die<br />
Windenergie. Die bei uns organisierten Experten tauschen sich in verschiedenen Fachgremien<br />
zu sämtlichen relevanten Themen der Windenergienutzung aus. Wir geben<br />
dieses Wissen gerne weiter – verbandsintern in den <strong>BWE</strong>-Gremien sowie an die breite<br />
Öffentlichkeit mithilfe unserer Seminare und Fachpublikationen.<br />
Der vorliegende Praxisratgeber wurde von über 30 Experten der Branche verfasst.<br />
In ihrem jeweiligen Spezialgebiet erleben sie Tag für Tag, welche Fragen gerade aktuell<br />
diskutiert und welche Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden. Mit der beiliegenden<br />
CD mit Windpotenzialkarten und den vielfältigen Checklisten und Mustern wollen wir<br />
den Einstieg in das Thema erleichtern und Anregungen zur Vertiefung geben. Gerade bei<br />
den zunehmenden Bürgerbeteiligungsmodellen ist es sinnvoll, wenn sich viele Beteiligte<br />
näher mit der Planung und dem Betrieb von Windenergieanlagen auseinandersetzen.<br />
Allerdings kann dieser Ratgeber hier nur eine – wenn auch wertvolle – Hilfestellung bieten.<br />
Sobald es um die konkrete Projektverwirklichung geht, ist das Hinzuziehen von Fachleuten<br />
unabdingbar. Dies sollte angesichts der anstehenden Investitionsentscheidungen<br />
aber eine Selbstverständlichkeit sein.<br />
12
Editorial<br />
Von der Windmessung über Akzeptanzfragen bis hin zu Themen wie Planungsrecht,<br />
Netze und Kennzeichnung wollen wir bestehende Lösungsmöglichkeiten bei der Realisierung<br />
von Windparkprojekten aufzeigen. Aber nicht nur für Einsteiger in die Energiewende,<br />
auch für die Profis der Branche gibt das Buch Anregungen und einen guten Überblick.<br />
Vielen Menschen hält die Windenergiebranche zudem große berufliche Perspektiven<br />
bereit. Ihnen wollen wir gleichfalls ein erstes Handwerkszeug mit auf den Weg geben.<br />
Windenergie „onshore“ hat eine lange Tradition in Deutschland. Sowohl bei der<br />
Windenergieanlagen-Technik als auch der Standortermittlung konnte in den letzten Jahren<br />
viel Erfahrung gesammelt und genutzt werden. Der Aufbruch, der gerade im Binnenland<br />
von den Landesregierungen, den Kommunen, Stadtwerken und Bürgern ausgeht,<br />
weist in die richtige Richtung. Wir möchten mit diesem Buch einen Beitrag zur Festigung<br />
dieses gesellschaftlichen Aufbruchs leisten.<br />
Ihre<br />
Sylvia Pilarsky-Grosch<br />
Präsidentin des Bundesverband WindEnergie e.V.<br />
13
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
14
Windenergie im Binnenland<br />
Einstieg<br />
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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windpark Bietikow bei Prenzlau. Foto: Paul-Langrock.de<br />
16
EINSTIEG | Ausbau der Wind energie im Binnenland<br />
Ausbau der Windenergie<br />
im Binnenland<br />
Der Ausbau der Windenergie in Deutschland hat in den letzten Jahren eine dynamische<br />
Entwicklung erfahren. Insbesondere der Onshore-Bereich war dabei treibende<br />
Kraft und maßgeblich daran beteiligt, dass sich die Windenergie aus der Nische heraus<br />
zur heute führenden Erneuerbare-Energien-Technologie entwickelt hat. Mit einem<br />
Strommixanteil von knapp 10 Prozent macht sie momentan fast die Hälfte des gesamten<br />
erneuerbaren Stroms in Deutschland aus. In der Bundesrepublik produzierten im Jahr<br />
2012 über 23.000 Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von rund 31.000<br />
Megawatt (MW) sauberen Strom für Unternehmen und Haushalte. Dabei sind die Entwicklungen<br />
in den jeweiligen Bundesländern, bestehende Hemmnisse und zentrale Anliegen<br />
bezüglich des Ausbaus zumeist sehr unterschiedlich.<br />
Ausbauzahlen werden weiterhin dominiert von den Nordländern<br />
Die regionale Verteilung des Windenergieausbaus wurde auch in 2012 weiterhin<br />
dominiert von den hohen Ausbauzahlen der norddeutschen Bundesländer. Die windreichen<br />
Küstenländer Niedersachen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern<br />
lagen auf den Plätzen 1 – 3 beim bundesweiten Vergleich der größten Zubauleistungen.<br />
Gemeinsam zeichnen sie damit für über 40 Prozent der neu installierten Leistung in<br />
Deutschland verantwortlich. Aber auch Rheinland-Pfalz und Brandenburg konnten zweistellige<br />
Zubauwerte verbuchen und stehen damit stellvertretend für einen verstärken<br />
Ausbautrend in den deutschen Binnenländern.<br />
Positive Entwicklungen als Treiber der Windenergie<br />
Unterschiedliche Faktoren haben in den letzten Jahren besonderen Einfluss auf die<br />
dynamische Ausbauentwicklung genommen. Insbesondere neueste technologische<br />
Standards haben Bau und Betrieb von Windenergieanlagen auch im Binnenland wirtschaftlich<br />
lukrativ gemacht und zu einer forcierten Ausbaugeschwindigkeit geführt. Größere<br />
Turmhöhen und Rotordurchmesser bei gleichzeitig verkleinerten Getrieben führen<br />
zu deutlich höheren Volllaststunden an Standorten fern der windreichen Küstenlinie. Ein<br />
weiterer Multiplikator ist das gestiegene Niveau von Windgutachten. Die verbesserte<br />
17
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Vorhersage spezifischer Charakteristika eines Windstandortes ist eine essenzielle Voraussetzung<br />
für die wirtschaftliche Erschließung einer Windfläche. Als besonderer Treiber<br />
für die positive Entwicklung im Binnenland gilt jedoch das gestiegene Interesse einzelner<br />
Bundesländer, den Ausbau der Erneuerbaren Energien vor Ort voranzutreiben. Unter<br />
den politischen Entscheidungsträgern besteht grundlegender Konsens über die Notwendigkeit<br />
einer Energiewende und den außerordentlichen Nutzen der Windenergie für<br />
Deutschland. Darüber hinaus bieten sich Landkreisen und Kommunen, insbesondere in<br />
strukturschwachen Regionen, große Chancen, wirtschaftlich von den vielfältigen Vorteilen<br />
der Windenergie zu profitieren.<br />
Neben den steigenden Gewerbesteuereinnahmen ist auch die lokale Wertschöpfungskette<br />
der Erneuerbaren Energien ein wichtiges Kriterium für die Akzeptanz vor Ort.<br />
Erweiterte Beteiligungsmodelle für Bürgerinnen und Bürger sowie umfassende Partizipationsmöglichkeiten<br />
bei Planung und Bau von Anlagen verstärken den bereits vorhandenen<br />
Zuspruch. Dennoch sind deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern<br />
hinsichtlich der Ausbaugeschwindigkeit und des Förderungsgrades zu erkennen. Insbesondere<br />
Sachsen stemmt sich gegen einen Ausbau der Windenergie im eigenen Land.<br />
Bund und Länder in der Pflicht – Potentiale müssen gehoben werde<br />
Die ambitionierten Ziele der Bundesländer führen vermehrt zu Spannungen zwischen<br />
Bund und Ländern. Fehlende Abstimmungsverfahren und divergierende Interessen der<br />
unterschiedlichen Akteursgruppen erschweren eine Steuerung des gesamtgesellschaftlichen<br />
Transformationsprozesses. Dabei ist der Austausch unter den Beteiligten unabdingbar<br />
für das Gelingen der Energiewende – um das bestehende Energieversorgungssystem<br />
basierend auf konventionellen Energieträgern schrittweise auf 100 Prozent Erneuerbare<br />
umzustellen. Hierzu bedarf es umfassender Kooperationen zwischen politischen Entscheidungsträgern<br />
von Bund und Ländern sowie den Schulterschluss mit der Branche.<br />
Die meisten Bundesländer haben die wichtige Aufgabe der Koordinierung erkannt<br />
und landeseigene Behörden eingeführt, die sich um die spezifischen Belange der Windenergie<br />
kümmern. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Förderung gemeinsamer Abstimmungsprozesse<br />
zwischen dem Ausbau von Windenergieanlagen und den entsprechenden<br />
Netzkapazitäten, um den Ausbau der Netze entsprechend dem Ausbau der<br />
Windenergie voranzubringen. Darüber hinaus haben viele Bundesländer die Regionalplanung<br />
als richtungsweisendes Ordnungsinstrument identifiziert und in den letzten<br />
Jahren viele Vorrangflächen für Windenergie ausgewiesen, um den Ausbau zu beschleunigen.<br />
Exemplarisch sei an dieser Stelle Rheinland-Pfalz erwähnt, das das Subsidiaritätsprinzip<br />
bei Genehmigungsverfahren gewinnbringend etabliert hat. Gleichwohl gilt es<br />
in den meisten Bundesländern, die bestehenden Reserven bei der Regionalplanung zu<br />
heben und die Behörden insbesondere personell besser auszustatten.<br />
18
EINSTIEG | Ausbau der Wind energie im Binnenland<br />
Fazit<br />
Zusammenfassend ist zu konstatieren: Der Ausbau der Windenergie im deutschen<br />
Binnenland ist erfolgreich angelaufen! Viele Bundesländer verzeichnen dynamische<br />
Ausbauzahlen und die Planungen für die kommenden Jahre sagen weiter verlässliche<br />
Zubauzahlen voraus. Dabei liegt es in den Händen der Länder, das Ausbautempo<br />
selbst zu bestimmen. Der technologische Fortschritt ermöglicht einen Ausbau<br />
der Windenergie im gesamten Bundesgebiet, wodurch weiterhin ausreichend<br />
Flächen zum Betrieb von Windenergieanlagen zur Verfügung stehen. Dennoch sind<br />
die Ansätze der einzelnen Länder bei der Planung des Ausbaus sehr unterschiedlich,<br />
was sich in den entsprechenden Zubauleistungen widerspiegelt.<br />
Weiterhin ist es für den Erhalt einer dynamischen Ausbaugeschwindigkeit von<br />
essenzieller Bedeutung, welche Anforderungen eine zu erwartende Novellierung des<br />
Erneuerbaren-Energien-Gesetzes an die Windbranche stellt. Ohne eine Vergütung,<br />
die auch das Auskommen von Windenergieprojekten im Binnenland sichert, wären<br />
viele Windprojekte wirtschaftlich gefährdet und der bisher erfolgreiche Ausbau<br />
würde abrupt gestoppt. Ein solcher Schritt scheint jedoch kaum vorstellbar, liegen<br />
die Vorteile der Windenergie für Deutschland doch auf der Hand.<br />
Autor<br />
Tom Lange (Jg. 1986) ist seit August 2012 als politischer Referent beim Bundesverband<br />
WindEnergie e.V. in der Hauptgeschäftsstelle in Berlin tätig. In seiner Funktion<br />
als Referent betreut der studierte Politik- und Literaturwissenschaftler neben den<br />
bundespolitischen Entscheidungen die jeweiligen politischen Entwicklungen in den<br />
Bundesländern. Dabei richtet sich sein Fokus auf Gesetzesvorlagen, insbesondere<br />
Novellierungsvorschläge zum EEG, Landesentwicklungspläne, der Ansprache von<br />
Politikern sowie der inhaltlichen Betreuung der <strong>BWE</strong>-Landesverbände.<br />
19
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Planungen und Ziele<br />
der Bundesländer<br />
Bundesland Landesplanung Windenergieerlasse (o. Ä.)<br />
Baden-Württemberg „Landesentwicklungsplan 2002<br />
Baden-Württemberg<br />
- LEP 2002 -“ (23.07.2002)<br />
„Windenergieerlass Baden-<br />
Württemberg“ (09.05.2012)<br />
Bayern<br />
„Entwurf einer Verordnung über<br />
das Landesentwicklungsprogramm<br />
Bayern (LEP)“ (05.02.2013)*<br />
„Hinweise zur Planung und<br />
Genehmigung von Windkraftanlagen<br />
(WKA)“ (20.12.2011)<br />
Berlin<br />
„Landesentwicklungsplan Berlin-<br />
Brandenburg (LEP B-B)“ (31.03.2009)<br />
Brandenburg<br />
„Landesentwicklungsplan Berlin-<br />
Brandenburg (LEP B-B)“ (31.03.2009)<br />
„Beachtung naturschutzfachlicher<br />
Belange bei der Ausweisung<br />
von Windeignungsgebieten und<br />
bei der Genehmigung von Windenergieanlagen“<br />
(01.01.2011)<br />
Bremen „Flächennutzungsplan 2001“<br />
(15.11.2012)*<br />
Hamburg<br />
1) „Änderung des Flächennutzungsplans<br />
– Beschluss und Begründung“<br />
(08.2012)*<br />
2) „Änderung des Landschaftsprogramms<br />
– Beschluss und Erläuterungsbericht“<br />
(08.2012)*<br />
20
EINSTIEG | Planungen und Ziele der Bundesländer<br />
Ergänzende Programme<br />
1) „Klimaschutzkonzept 2020 Plus“<br />
(17.02.2011)<br />
2) „Energiekonzept Baden-Württemberg<br />
2020“ (28.07.2009)<br />
„Bayerisches Energiekonzept‚ Energie<br />
innovativ‘“(24.05.2011)<br />
1) „Gemeinsames Raumordnungskonzept<br />
(GRK) Energie und Klima für Berlin<br />
und Brandenburg“ (15.06.2012)<br />
2) „Energiekonzept 2020“ (05.04.2011)<br />
1) „Gemeinsames Raumordnungskonzept<br />
(GRK) Energie und Klima für Berlin<br />
und Brandenburg“ (15.06.2012)<br />
2) „Energiestrategie 2030 des Landes<br />
Brandenburg“ (21.02.2012)<br />
3) „Energiestrategie 2030 des Landes<br />
Brandenburg - Katalog der strategischen<br />
Maßnahmen“ (21.02.2012)<br />
1) „Klimaschutz- und Energieprogramm<br />
2020 - Zugleich Vierte Fortschreibung<br />
des Landesenergieprogramms“<br />
(15.12.2009)<br />
2) „Rahmenkonzept - Vorranggebiete<br />
für die Windenergienutzung in der Stadt<br />
Bremen“ (1995)<br />
„Hamburger Klimaschutzkonzept<br />
2007-2012 - Fortschreibung 2011/12“<br />
(20.12.2011)<br />
Ziel<br />
Mindestens 10 % des Stroms im Land aus heimischer<br />
Windenergie.<br />
Anteil erneuerbarer Energieträger am Strommix bis 2020<br />
auf 20 % erhöhen. Energieverbrauch 2050 soll zu 100 %<br />
aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. 2 % der<br />
Landesfläche sollen als Windvorrangflächen festgelegt<br />
werden.<br />
50 % Erneuerbare-Energien-Anteil am Strombedarf bis<br />
2021. 6–10 % am gesamten Strombedarf sollen hierbei<br />
durch Windenergie abgedeckt werden. Erforderlich sind<br />
dafür rund 1.000-1.500 zusätzliche Windenergieanlagen.<br />
Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien an Gesamtstromerzeugung<br />
auf ca. 15 % bis 2020. Anteil der Windenergie<br />
am Endenergieverbrauch von 0,73 % (Referenzszenario)<br />
bis ca. 3 % (Zielszenario) im Jahre 2020.<br />
Anteil der Erneuerbaren Energien am Energieverbrauch<br />
auf 32 % erhöhen. Installierte Windenergieleistung von<br />
10.500 MW im Jahre 2030. Hierfür sollen 2 % Landesfläche<br />
zur Verfügung gestellt werden.<br />
Es wird jährlich eine zusätzliche Windstromerzeugung<br />
von etwa 86 Mio. kWh angestrebt. Im Rahmen des<br />
Energieprogramms von 2009 hat sich der Senat das Ziel<br />
gesetzt, in naher Zukunft Windenergieanlagen mit einer<br />
zusätzlichen Leistung von rund 40 MW zu erreichen.<br />
Hierzu sollen 20 Anlagen neu errichtet werden.<br />
Erhöhung der ↗ Nennleistung vom Gesamtangebot der<br />
Windenergie auf 100 MW durch neue Flächenausweisungen<br />
innerhalb des Flächennutzungsplanes und Landschaftsprogrammes.<br />
21
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Bundesland Landesplanung Windenergieerlasse (o. Ä.)<br />
Hessen<br />
„Entwurf - Änderung des Landesentwicklungsplans<br />
Hessen 2000 nach § 8<br />
Abs. 7 HLPG - Vorgaben zur Nutzung<br />
der Windenergie -" (18.06.2012)*<br />
„Leitfaden Berücksichtigung<br />
der Naturschutzbelange bei<br />
der Planung und Genehmigung<br />
von Windkraftanlagen (WKA) in<br />
Hessen“ (29.11.2012)<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
„Landesraumentwicklungsprogramm<br />
Mecklenburg-Vorpommern“<br />
(08.2005)<br />
„Hinweise zur Festlegung von<br />
Eignungsgebieten für Windenergieanlagen“<br />
(22.05.2012)<br />
Niedersachsen<br />
„Verordnung zur Änderung der<br />
Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm<br />
Niedersachsen<br />
(LROP)“ (24.09.2012)<br />
„Empfehlungen zur Festlegung<br />
von Vorrang- oder Eignungsgebieten<br />
für die Windenergienutzung“<br />
(26.01.2004)<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
„Landesentwicklungsplan Nordrhein-<br />
Westfalen (LEP NRW)“ (1995)<br />
„Landesentwicklungsprogramm<br />
(LEP IV) - Teilfortschreibung des<br />
Landesentwicklungsprogramms (LEP<br />
IV) Kap. 5.2.1 Erneuerbare Energien“<br />
(16.04.2013)<br />
„Erlass für die Planung und<br />
Genehmigung von Windenergieanlagen<br />
und Hinweise für<br />
die Zielsetzung und Anwendung<br />
(Windenergie-Erlass)“<br />
(11.07.2011)<br />
„Entwurf - Hinweise für die<br />
Beurteilung der Zulässigkeit<br />
der Errichtung von Windenergieanlagen<br />
in Rheinland-Pfalz“<br />
(12.03.2013)*<br />
22
EINSTIEG | Planungen und Ziele der Bundesländer<br />
Ergänzende Programme<br />
1) „Hessisches Energiezukunftsgesetz“<br />
(21.11.2012)<br />
2) „Handlungsempfehlungen des Ministeriums<br />
für Wirtschaft, Verkehr und<br />
Landesentwicklung und des Ministeriums<br />
für Umwelt, Energie, Landwirtschaft<br />
und Verbraucherschutz zu Abständen<br />
von raumbedeutsamen Windenergieanlagen<br />
zu schutzwürdigen Räumen und<br />
Einrichtungen“ (17.05.2010)<br />
3) „Klimaschutzkonzept Hessen 2012“<br />
(03.2007)<br />
„Landesatlas Erneuerbare Energien<br />
Mecklenburg-Vorpommern 2011“<br />
(04.2011)<br />
1) „Das Energiekonzept des Landes<br />
Niedersachsen“ (02.2012)<br />
2) „Niedersächsische Position zur beschleunigten<br />
Umsetzung des Energiekonzepts<br />
der Bundesregierung“ (31.05.2011)<br />
„Potenzialstudie Erneuerbare Energien<br />
NRW - Teil 1 - Windenergie“ (01.2013)<br />
Ziel<br />
Energieverbrauch 2050 soll zu 100 % aus Erneuerbaren<br />
Energien gedeckt werden. 2 % der Landesfläche als Windvorrangflächen<br />
einplanen. Erreichen einer Windenergieproduktion<br />
von 7 TWh bis 2020.<br />
Es wird von einem Potenzial von etwa 3.300 GWh<br />
onshore und 6.900 GWh offshore bis 2020 ausgegangen.<br />
Besonders Offshore- und ↗ Repowering-Vorhaben gewinnen<br />
an Bedeutung.<br />
Bis 2020 sollen 25 % des Endenergieverbrauchs durch<br />
Erneuerbare Energien gedeckt werden. Der Anteil am<br />
gesamten Stromverbrauch soll sogar auf 90 % ansteigen.<br />
Für die Windenergie sind bis 2020 ein Ausbau auf rund<br />
14.300 MW onshore (auch durch Repowering) und 8.100<br />
MW offshore geplant. Ca. 0,5 % der Landesfläche dienen<br />
hierfür als Vorranggebiete für Windenergie.<br />
Bis zum Jahr 2025 sollen Erneuerbare Energien 30 % der<br />
Stromversorgung ausmachen. Der Anteil der Windenergie<br />
an der Stromerzeugung bis 2020 wird hierbei auf 15 %<br />
erhöht.<br />
Bis 2030 soll der Strom bilanziell zu 100 % aus Erneuerbaren<br />
Energien stammen. Die Anlagenanzahl wird sich bis<br />
dahin mindestens auf ca. 2650 Anlagen verdoppeln, die<br />
Stromerzeugung aus Windkraft bis 2020 wird sich verfünffachen.<br />
Die Summe aller Vorrang- und Vorbehaltsflächen<br />
soll hierzu auf mindestens 2 % der Landesfläche erhöht<br />
werden - auch Waldflächen sollen genutzt werden.<br />
23
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Bundesland Landesplanung Windenergieerlasse (o. Ä.)<br />
Saarland<br />
„Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt<br />
Umwelt (Vorsorge für<br />
Flächennutzung, Umweltschutz und<br />
Infrastruktur)“ (13.06.2004)<br />
„Neue Energien und Klimaschutz.<br />
Das Saarland handelt! - Leitfaden<br />
zur Windenergienutzung im<br />
Saarland“ (16.06.2012)<br />
Sachsen-Anhalt<br />
„Verordnung über den Landesentwicklungsplan<br />
2010 des Landes<br />
Sachsen-Anhalt“ (16.02.2011)<br />
Sachsen „Landesentwicklungsplan 2012 -<br />
Geänderter Entwurf für das Beteiligungsverfahren“<br />
(25.09.2012)*<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thüringen<br />
„Landesentwicklungsplan Schleswig-<br />
Holstein 2010“ (10.2010)<br />
„1. Entwurf - Landesentwicklungsprogramm<br />
LEP Thüringen 2025“<br />
(12.07.2011)*<br />
1) „Hinweise zur Umsetzung<br />
bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher<br />
Anforderungen zur<br />
Rückbauverpflichtung und Sicherheitsleistung<br />
an Windenergieanlagen<br />
(WEA)“ (21.06.2005)<br />
2) „Genehmigung von Windenergieanlagen“<br />
(07.10.2004)<br />
„Gemeinsame Handlungsempfehlung<br />
des Sächsischen Staatsministeriums<br />
des Innern und des<br />
Sächsischen Staatsministeriums<br />
für Umwelt und Landwirtschaft<br />
zur Zulassung von Windenergieanlagen“<br />
(08.08.2007)<br />
„Grundsätze zur Planung von und<br />
zur Anwendung der naturschutzrechtlichen<br />
Eingriffsregelung bei<br />
Windkraftanlagen“ (26.11.2012)<br />
„Handlungsempfehlung für die<br />
Fortschreibung der Regionalpläne<br />
zur Ausweisung von Vorranggebieten<br />
‚Windenergie‘, die zugleich<br />
die Wirkung von Eignungsgebieten<br />
haben“ (2005)<br />
* befindet sich aktuell in der Fortschreibung<br />
24
EINSTIEG | Planungen und Ziele der Bundesländer<br />
Ergänzende Programme<br />
1) „Neue Energie für den Zukunftsstandort<br />
Saarland - Masterplan für eine nachhaltige<br />
Energieversorgung im Saarland“<br />
(12.07.2011)<br />
2) „Kurzfassung des überarbeiteten<br />
Endberichtes zur Windpotenzialstudie<br />
Saarland“ (08.04.2011)<br />
Ziel<br />
Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch<br />
bis 2020 auf 20 % erhöhen. Ihr Anteil an der<br />
Stromerzeugung soll bis 2020 auf mindestens 35 % und<br />
auf mindestens 80 % im Jahr 2050 erhöht werden. (Theoretische)<br />
Erhöhung der Windenergieleistung auf 727 MW.<br />
„Klimaschutzprogramm 2020 des Landes<br />
Sachsen-Anhalt“ (10.08.2010)<br />
Ausbau der regenerativen Stromerzeugung auf einen<br />
Anteil von 20 % im Jahr 2020. Stromproduktion aus<br />
Windkraft bis 2020 auf 54 % der Gesamtproduktion der<br />
Erneuerbaren Energien erhöhen. Ausbau der Windenergie:<br />
6.000 MW, 10.080 GWh bis 2020.<br />
1) „Energie- und Klimaprogramm<br />
Sachsen 2012“ (12.03.2013)<br />
2) „Maßnahmenplan zum Energieund<br />
Klimaprogramm Sachsen 2012“<br />
(12.03.2013)<br />
„Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept“<br />
(10.2011)<br />
„Neue Energie für Thüringen - Ergebnisse<br />
der Potenzialanalyse“ (01.2012)<br />
Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch<br />
auf 28 % steigern. Stromerzeugung aus Windenergie<br />
innerhalb der nächsten 10 Jahre von 1.700 GWh/a<br />
auf 2.200 GWh/a. Sicherung der entsprechend nötigen<br />
Flächen durch Raumordnungsplanung (bevorzugt sind<br />
hier Repowering und bereits vorbelastete Standorte,<br />
beispielsweise durch Industrie).<br />
Ausweitung von Windeignungsflächen auf ca. 1,5 Prozent<br />
der Landesfläche. 9.000 MW Windenergie onshore, 3.000<br />
MW offshore bis 2015. 100 % Stromerzeugung durch<br />
Erneuerbare Energien bis 2020.<br />
Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren Energien auf<br />
30 % am gesamten Endenergieverbrauch und 45 % am<br />
gesamten Stromverbrauch bis 2020.<br />
Schaffung von weiteren Vorrangflächen für Windenergieanlagen.<br />
25
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Rotormontage an einer Enercon E-126 im Windpark Schneebergerhof, Rheinland-Pfalz. Foto: juwi<br />
26
EINSTIEG | „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“<br />
„Eine Ver doppelung der<br />
Windenergie leistung ist<br />
ohne Weiteres möglich“<br />
Interview mit Dr. Hartmut Brösamle und Dr. Martin<br />
Grundmann über die vielversprechende Entwicklung<br />
der Windenergie im Binnenland und darüber, was diese<br />
verzögern könnte.<br />
Der Ausbau der Windenergie im Binnenland<br />
ist ein wesentlicher Bestandteil der<br />
Energiewende. Wie schätzen Sie die<br />
aktuelle Entwicklung ein?<br />
Dr. Hartmut Brösamle: Die Ausbauzahlen<br />
liegen im Rahmen des Erwarteten, man<br />
hätte aber durchaus mehr erreichen<br />
können. Es gibt einige Bundesländer, die<br />
bei der Flächenausweisung nach wie vor<br />
hinterherhinken, aber wir sehen auch<br />
sehr positive Entwicklungen: zum Beispiel<br />
in Baden-Württemberg, Nordrhein-<br />
Westfalen oder Rheinland-Pfalz, wo jetzt<br />
mit Nachdruck daran gearbeitet wird,<br />
mehr Flächen auszuweisen. Und das wird<br />
sich in ein paar Jahren dann auch in den<br />
Errichtungszahlen niederschlagen.<br />
Dr. Martin Grundmann: Da stimme ich<br />
Herrn Brösamle zu, die Ausbauzahlen<br />
sind etwa so, wie wir es erwartet haben.<br />
Allerdings mussten wir im letzten Jahr<br />
durch die Äußerungen von Herrn Altmaier<br />
und die darauf folgenden Diskussionen<br />
auch einige Rückschläge hinnehmen.<br />
Gerade an Binnenlandstandorten haben<br />
diese auch zu Investitionsunsicherheiten<br />
geführt. Aber wir haben durch die starken<br />
Ausweisungen neuer Windeignungsflächen<br />
in ganz Deutschland erheblich an<br />
Potenzial hinzugewonnen.<br />
27
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Dann stehen wir also vor einem Boom<br />
im Binnenland?<br />
Brösamle: Ich wäre da eher vorsichtig!<br />
Die Erfahrung der vergangenen Jahre<br />
zeigt ja, dass es mit der Realisierung von<br />
Projekten meist länger dauert als gedacht.<br />
In den südlichen Bundesländern ist<br />
trotz allem noch viel Luft nach oben. Eine<br />
Verdoppelung der Windenergieleistung<br />
in den nächsten 10 bis 15 Jahren wird<br />
in Deutschland ohne Weiteres möglich<br />
sein – und dazu wird das Binnenland den<br />
größten Anteil beitragen.<br />
Woran liegt es, dass das Binnenland für<br />
die Windenergie immer stärker in den<br />
Fokus rückt: Sind die Top-Standorte,<br />
z. B. in Küstennähe, bereits vollständig<br />
bebaut?<br />
Grundmann: Auch die küstennahen<br />
Standorte sind noch längst nicht alle<br />
erschlossen, aber es geht jetzt vor dem<br />
Hintergrund der Energiewende stärker in<br />
Richtung Binnenland. Allerdings sollten<br />
wir dabei nach Effizienzkriterien vorgehen,<br />
also erst die Standorte bebauen, die<br />
einen hohen Output erwarten lassen, und<br />
danach die windschwachen Standorte.<br />
Schließlich befinden wir uns auch in der<br />
Windenergie in einem Industrialisierungsprozess,<br />
bei dem die Kostenbetrachtung<br />
eine wichtige Rolle spielt.<br />
Brösamle: Da bin ich etwas anderer<br />
Meinung. Es wäre nicht gut, sich zunächst<br />
nur auf die windstärksten Standorte<br />
zu konzentrieren. Wenn wir es mit der<br />
Energiewende wirklich ernst meinen,<br />
sollten wir möglichst flächendeckend<br />
nach geeigneten Standorten suchen.<br />
Denn gerade in den südlichen Bundesländern,<br />
wo wir auch Standorte mit weniger<br />
Windaufkommen haben, wird der Strom<br />
gebraucht. Daher sollten wir wirklich bundesweit<br />
alle Potenziale nutzen, zumal wir<br />
heute auch über Anlagentypen für Standorte<br />
mit schwächerem Wind verfügen.<br />
Was sind die entscheidenden Unterschiede<br />
für Projekte im Binnenland im<br />
Vergleich zu denen an küstennahen<br />
Standorten?<br />
Brösamle: Was die grundsätzliche<br />
Planung und Belange wie Artenschutz,<br />
Naturschutz oder Lärmimmissionen betrifft,<br />
hat jeder Standort seine speziellen<br />
Herausforderungen, egal ob an der Küste<br />
oder im Binnenland. Wirklich binnenlandspezifisch<br />
ist das Thema Ertragsabschätzung:<br />
Diese ist schwieriger, da die<br />
↗ Topografie in der Regel sehr viel komplexer<br />
ist. Hier haben wir auch weit weniger<br />
Erfahrungswerte, auf die sich eine<br />
jeweils neue Ertragsabschätzung stützen<br />
kann. Das heißt, wir müssen uns hier wieder<br />
stärker mit Windmessungen befassen<br />
– ob mit klassischen Windmessmasten<br />
oder auch mit ↗ SoDAR oder ↗ LiDAR.<br />
An den traditionellen Standorten können<br />
wir in der Regel auf die Referenzanlagen<br />
in der Umgebung zurückgreifen. Darüber<br />
hinaus gibt es noch Spezialthemen, wie<br />
zum Beispiel Vereisung in den Hochlagen<br />
von Mittelgebirgen, die wir so an der<br />
Küste natürlich nicht haben.<br />
28
EINSTIEG | „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“<br />
Grundmann: Ich denke, dass sich auch<br />
die Anlagentechnologie noch besser auf<br />
die Binnenlandstandorte einstellen muss,<br />
auch was die Kosten angeht. Es hat sich<br />
hier in der letzten Zeit viel getan, die<br />
Hersteller können ihre Anlagen für die<br />
differenzierten Binnenlandstandorte aber<br />
noch weiter optimieren.<br />
„Die Hersteller können<br />
ihre Anlagen für die<br />
differenzierten Binnenlandstandorte<br />
aber noch<br />
weiter optimieren.“<br />
Grundmann: Das Allerwichtigste sind<br />
natürlich verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen,<br />
um Planungs- und<br />
Investitionssicherheit zu erlangen. Das ist<br />
seit vielen Monaten nicht mehr der Fall,<br />
die aktuelle Diskussion geht in die falsche<br />
Richtung. Deswegen haben die Branche<br />
und ihre Interessenvertreter eine klare<br />
Aufgabe: erstens die guten Argumente<br />
für das EEG und den zügigen Ausbau der<br />
Brösamle: Mittlerweile haben ja alle<br />
großen Hersteller typische Binnenlandanlagen<br />
entwickelt – mit hohen Türmen<br />
und großen Rotordurchmessern bei vergleichsweise<br />
kleinerer Generatorleistung.<br />
Jetzt geht es eher darum, die Investitionskosten<br />
pro erzeugter Kilowattstunde<br />
weiter zu senken, zum Beispiel indem<br />
weitere Gewichtseinsparungen realisiert<br />
werden. Aber große technische Sprünge<br />
sind wohl nicht mehr zu erwarten, da die<br />
aktuellen Anlagen mit 140 Meter hohen<br />
Türmen und 120 Metern Rotordurchmesser<br />
schon nah an dem sind, was auch aus<br />
Akzeptanzgründen realisierbar ist.<br />
Wie wirkt sich nach Ihrer Erfahrung die<br />
aktuelle politische Debatte um das EEG<br />
und den Ausbau der Erneuerbaren insgesamt<br />
auf die Investitionsbereitschaft für<br />
WEA im Binnenland aus?<br />
Rotormontage an einer Enercon E-126 im Windpark<br />
Schneebergerhof, Rheinland-Pfalz. Foto: juwi<br />
29
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windenergie bekannt zu machen – daher<br />
unterstützen wir auch die Kampagne des<br />
<strong>BWE</strong> für die Energiewende. Und zweitens<br />
zu zeigen, welche Leistungen die Erneuerbaren<br />
für das Energiesystem erbringen<br />
können, um dieses versorgungssicher,<br />
nachhaltig und kostenoptimiert zu gestalten.<br />
Letztlich brauchen wir die Investitionssicherheit,<br />
wie sie durch das EEG<br />
gewährleistet wird. Dass sich die Energiewende<br />
durch Ausschreibungs- oder<br />
↗ Quotenmodelle realisieren lässt, wage<br />
ich zu bezweifeln, hier wäre dann erstmal<br />
ein paar Jahre Pause.<br />
Brösamle: Wir haben für Windprojekte in<br />
Deutschland Planungszeiträume von drei<br />
bis fünf Jahren. Wenn hier Gesetzesänderungen<br />
kommen sollen, muss die Branche<br />
auch Zeit haben, sich darauf einzustellen.<br />
Kurzschlussaktionen wie spontane<br />
Gesetzesänderungen oder auch nur<br />
öffentliche Diskussionen darüber sorgen<br />
für Unsicherheit und sind für die Branche<br />
gefährlich. Planungssicherheit ist gerade<br />
für eine nach wie vor mittelständisch<br />
dominierte Branche elementar wichtig.<br />
Eine Anpassung des EEG muss im<br />
Rahmen einer Gesamtbetrachtung des<br />
Energiemarktes erfolgen. Die aktuelle<br />
Kostendebatte ist keine Fragestellung der<br />
Erneuerbaren Energien allein. Deshalb<br />
brauchen wir ein Gesamtkonzept und<br />
keinen Aktionismus, der auf einzelne<br />
Punkte abzielt, aber das Gesamtsystem<br />
außer Acht lässt. Die Auswirkungen des<br />
↗ Merit-Order-Effekts oder die Befreiung<br />
energieintensiver Unternehmen treiben<br />
„Wir brauchen eine sinnvolle<br />
Anpassung des EEG,<br />
aber wir brauchen vor allem<br />
langfristige Sicherheit<br />
und Vergütungsmodelle,<br />
mit denen auch Standorte<br />
im Binnenland wirtschaftlich<br />
sind.“<br />
die EEG-Umlage immer weiter in die<br />
Höhe, ohne dass der weitere Ausbau der<br />
Windenergie hierfür ursächlich ist. Wir<br />
brauchen eine sinnvolle Anpassung des<br />
EEG, aber wir brauchen vor allem langfristige<br />
Sicherheit und Vergütungsmodelle,<br />
mit denen auch Standorte im Binnenland<br />
wirtschaftlich sind.<br />
Grundmann: Die politische Debatte wird<br />
ja teilweise immer noch so geführt, als<br />
handle es sich bei der Windindustrie<br />
hauptsächlich um Einzelanlagenbetreiber<br />
und Kleinstunternehmer. Dabei haben<br />
wir in Deutschland einen Markt, der<br />
etwa 380.000 Menschen beschäftigt, das<br />
entspricht der Größenordnung der chemischen<br />
Industrie. Wir haben industrialisierte<br />
Unternehmen in allen Bereichen<br />
der Windenergie und wir haben es mit<br />
internationalen Investoren zu tun, die<br />
die politische Debatte in Deutschland mit<br />
großem Interesse verfolgen. Mir scheint,<br />
dass das Bewusstsein dafür in der Politik<br />
noch nicht ausreichend ausgeprägt ist.<br />
30
EINSTIEG | „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“<br />
Marienstatue vor dem Windpark Harenzhofen, Bayern. Foto: argum / Falk Heller<br />
31
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Die durch die politische Debatte ausgelöste<br />
Verunsicherung schadet dem Investitionsklima<br />
und damit dem Klimaschutz<br />
ganz erheblich.<br />
Welche Auswirkungen hat ein stärkerer<br />
Zubau im Binnenland auf die Belastung<br />
der Netze?<br />
Grundmann: Nach allem was wir wissen,<br />
werden wir die jetzt geplanten Übertragungsnetze<br />
auf jeden Fall benötigen<br />
– unabhängig davon, wo in Zukunft mehr<br />
Windkraftanlagen gebaut werden. Tatsache<br />
ist, dass wir in einem europaweiten<br />
Energieverbund agieren, in dem immer<br />
größere Mengen an Strom zwischen den<br />
Staaten transportiert werden. Das wird in<br />
Zukunft noch zunehmen.<br />
Brösamle: Der derzeit verlangsamte<br />
Netzausbau darf nicht dazu führen, dass<br />
wir das Ausbautempo der Windenergie<br />
daran orientieren. Denn wir sind noch<br />
weit davon entfernt, dass die Netze der<br />
begrenzende Faktor für den Ausbau der<br />
Windkraft wären. Das zeigt auch eine<br />
gerade veröffentlichte Studie von Agora<br />
Energiewende, die vom Fraunhofer IWES<br />
unterstützt wurde. Insofern greift auch<br />
die aktuelle Diskussion um den Zusammenhang<br />
zwischen dem Ausbau der<br />
Windenergie und dem Netzausbau nicht.<br />
Trotzdem ist es natürlich wichtig, dass der<br />
Netzausbau auf mittlere Sicht vorankommt.<br />
Warum gibt es im Süden allem Anschein<br />
nach größere Akzeptanzprobleme als<br />
im Norden? Was muss hier in Zukunft<br />
getan werden, um mehr Akzeptanz zu<br />
schaffen?<br />
Grundmann: In Schleswig-Holstein<br />
machen wir mit dem Gedanken der<br />
↗ Bürger windparks sehr gute Erfahrungen,<br />
weil die Akzeptanz dann schon in der<br />
Vorbereitung der Investitionsphase eine<br />
sehr wichtige Rolle spielt. Die Menschen<br />
vor Ort von Anfang an mitzunehmen und<br />
ihnen die Möglichkeit zu geben, auch<br />
finanziell am Ausbau der Erneuerbaren<br />
teilzuhaben, ist sicher mit entscheidend<br />
für mehr Akzeptanz vor Ort. Das sollte<br />
auch in Zukunft einen gewichtigen Faktor<br />
darstellen.<br />
„Wir haben sehr viele<br />
Projekte im Binnenland<br />
in Planung, und bei mehr<br />
als 90 Prozent davon<br />
haben wir keine<br />
Akzeptanz probleme.“<br />
Brösamle: Für mich gehört dazu vor allem<br />
eine professionelle Planung sowie eine<br />
fundierte und transparente Information<br />
aller Entscheidungsträger und aller<br />
Bürger. Ich sehe da allerdings kein großes<br />
Nord-Süd-Gefälle. Dies hängt wohl eher<br />
mit der Berichterstattung zusammen,<br />
da das Thema für die Medien im Norden<br />
nicht mehr ganz so aktuell ist wie<br />
im Süden. Insgesamt sind es wirklich<br />
sehr wenige Projekte, die auf größeren<br />
32
EINSTIEG | „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“<br />
Widerstand stoßen. Wir haben sehr viele<br />
Projekte im Binnenland in Planung, und<br />
bei mehr als 90 Prozent davon haben wir<br />
keine Akzeptanzprobleme. Wenn man die<br />
Leute von Anfang an mitnimmt, ist das<br />
eigentlich der Normalfall.<br />
Wie gehen Sie dabei vor?<br />
Brösamle: Wir beziehen als allererstes<br />
die Gemeinden mit ein, gehen in den Gemeinderat,<br />
wir organisieren Informationsveranstaltungen<br />
für die Bürger und reden<br />
mit den Naturschutzverbänden vor Ort.<br />
Es ist absolut wichtig, alle Beteiligten von<br />
Anfang an mit ins Boot zu holen, denn<br />
damit schafft man eine hohe Akzeptanz.<br />
Grundmann: Transparenz ist hier ein<br />
entscheidendes Stichwort: Je besser und<br />
umfassender alle über die Projektzusammenhänge<br />
informiert sind, desto mehr<br />
Unterstützung ist in der Regel zu erwarten.<br />
Mehr Transparenz ist allerdings auch<br />
in der politischen Debatte wünschenswert,<br />
wenn wir die Energiewende wirklich<br />
wollen.<br />
Interviewpartner<br />
Dr. Hartmut Brösamle<br />
ist Vorstand der wpd AG. Der<br />
promovierte Informatiker<br />
und Systemwissenschaftler<br />
(Jg. 1965) ist im Unternehmen<br />
schwerpunktmäßig<br />
verantwortlich für die nationale und internationale<br />
Projektentwicklung onshore, die Entwicklung<br />
neuer Märkte und den Bereich Projektbau.<br />
Dr. Martin Grundmann<br />
(Jg. 1961) ist Geschäftsführer<br />
der ARGE Netz GmbH & Co.<br />
KG und Vorstandsmitglied im<br />
Bundesverband WindEnergie.<br />
Seine Arbeitsschwerpunkte<br />
liegen bei Netzausbau, Vermarktung, Speichertechnologien<br />
und erneuerbaren Kraftwerken.<br />
Brösamle: Meiner Ansicht nach müssen<br />
wir dafür die Politik noch stärker in die<br />
Pflicht nehmen. Für die Energiewende<br />
brauchen wir die Windenergie im Binnenland<br />
genauso wie an der Küste oder auf<br />
See. Wenn die Rahmenbedingungen auf<br />
lange Sicht verlässlich sind, dann mache<br />
ich mir keine Sorgen über den weiteren<br />
Ausbau der Windenergie.<br />
33
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
34
<strong>Projektplanung</strong><br />
35
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
mit der kraft des windes<br />
Projektentwicklung und Repowering von Windparks<br />
Technische und Kaufmännische Betriebsführung<br />
regional in der Windenergie seit Jahren verankert<br />
persönliche Beratung und passgerechte Bearbeitung<br />
schnellste Problemlösungen vor Ort<br />
zuverlässig, unkompliziert und unbürokratisch<br />
aktive Netzwerke, internationale Partner<br />
Schiffbauerdamm 12 | D-10117 Berlin | Telefon: +49 (0)30 351 28 86 30 | Fax: +49 (0)30 351 28 86 33<br />
berlin@greenwindenergy.de | www.greenwindenergy.de<br />
36
PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />
<strong>Projektplanung</strong><br />
von Windparks<br />
In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl von Windenergieprojekten<br />
in Betrieb genommen, eine vermutlich mindestens<br />
ebenso große Anzahl an Projekten ist in Planung und<br />
wird in absehbarer Zeit umgesetzt. Damit einher geht die<br />
zunehmende Professionalisierung im Bereich der Windparkplanung.<br />
37
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Die Windparkplanung läuft aktuell in vielen Bereichen nicht nur strukturierter ab als<br />
noch vor wenigen Jahren, sie hat auch spürbar an inhaltlicher Komplexität zugenommen.<br />
Dies bezieht sich auf technische Fragestellungen ebenso wie auf die zivilrechtliche<br />
Sicherung, die Finanzierung und die Anforderungen an den späteren Windparkbetrieb.<br />
Folgende Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart nehmen unmittelbaren<br />
Einfluss auf die heutige Windparkplanung:<br />
• Der politische Wille zum Ausbau der Windenergie ist mit der Energiewende deutlich<br />
angewachsen. Vielerorts werden Landesplanungsgesetze angepasst, Windenergie-<br />
Leitfäden entwickelt sowie Regional- und Flächennutzungspläne für die Windenergie<br />
fortgeschrieben.<br />
• Die bisherigen Höhenbeschränkungen sind weggefallen, damit ist eine wirtschaftlich<br />
sinnvolle Nutzung der Windenergie nun auch im Binnenland möglich.<br />
• Aktuelle WEA-Typen ermöglichen eine dezidiert effizientere Standortnutzung und<br />
Windernte, als es noch vor wenigen Jahren der Fall war.<br />
• Lokale Widerstände sind zwar immer noch vorhanden, dennoch nimmt die Akzeptanz<br />
in der lokalen Politik und der Gesellschaft insgesamt tendenziell weiter zu.<br />
• Durch die Erschließung von häufig bewaldeten, topografisch komplexen Mittelgebirgsregionen<br />
sind die Anforderungen an das ↗ Micrositing mit dem Ziel einer<br />
eingriffsminimierenden Planung, aber auch die logistischen Herausforderungen<br />
deutlich gestiegen.<br />
• Die Planung in für die Windenergie noch wenig erschlossenen Bundesländern erfordert<br />
häufig weit umfassendere Planungs- und Untersuchungsumfänge für Landschafts-,<br />
Natur- und Artenschutz, insbesondere in den Mittelgebirgsregionen.<br />
• Neu erschlossene Standorte mit komplexer Orografie stellen neue Herausforderungen<br />
bezüglich der Ermittlung der Windressource. Oft ist die Durchführung von<br />
Windmessungen unumgänglich.<br />
• Der Aufwand für Genehmigungen ist erheblich gestiegen und damit auch die Auswirkung<br />
potenzieller Genehmigungsauflagen.<br />
• Das Investitionsvolumen hat sich bei den derzeit geplanten WEA-Typen im Vergleich<br />
zu früheren Anlagen vervielfacht. Dies gilt für den Kaufpreis, aber auch für die<br />
Baukosten der Windparkinfrastruktur. Entsprechend anspruchsvoller ist auch die<br />
Finanzierung geworden.<br />
• Die Ansprüche an die Flächensicherung sind teilweise erheblich gestiegen. Aktuelle<br />
Pachthöhen, immer umfangreicher werdende Nutzungsverträge und teils schon<br />
sehr früh im Projekt aufgesetzte Modelle zur Bürgerbeteiligung spiegeln dies wider.<br />
In diesem Spannungsfeld ergeben sich zahlreiche Herausforderungen, aber auch neue<br />
Möglichkeiten für die heutige Windpark-Projektentwicklung.<br />
38
PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />
Ablauf und Erfolgsfaktoren der Windparkplanung<br />
Unabhängig vom Standort vollzieht sich eine Windparkplanung grundsätzlich<br />
entlang einheitlicher Projektmeilensteine:<br />
1) Flächenidentifizierung<br />
2) Schaffung der rechtlichen Projektgrundlagen (Flächensicherung, Planungsrecht)<br />
3) Genehmigung und Netzanschlussplanung<br />
4) Finanzierung<br />
5) Bau und Inbetriebnahme<br />
6) Windparkbetrieb<br />
Dieser Ablauf ist bei allen Windparkplanungen gleich. In den sich stellenden Herausforderungen,<br />
der entsprechenden Ausgestaltung und der damit verbundenen<br />
Dauer der einzelnen Schritte gleicht jedoch kein Projekt dem anderen.<br />
Erster Spatenstich für den Windpark Braunersgrün. Foto: Herbert Grabe, Ostwind<br />
39
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Ablauf einer Windparkplanung<br />
Quelle: wpd = Meilenstein<br />
❶ Flächenidentifikation<br />
Windatlanten,<br />
Raumordnung,<br />
Eigene Auswertungen<br />
❷ Flächensicherung ❸ Planungsrecht ❹ Planung<br />
Pachtmodell und<br />
Pachthöhen,<br />
Vollständigkeit<br />
Abstimmung mit<br />
Gemeinde und<br />
Regionalplanung,<br />
rechtskräftige<br />
Ausweisung<br />
• Beauftragung externer<br />
Gutachten<br />
• Entwicklung einer<br />
genehmigungsfähigen<br />
Windparkkonfiguration<br />
• ggf. standortspezifische<br />
Erfassung des Windpotenzials<br />
(Messungen)<br />
• Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />
und Auswahl der Planungsvariante<br />
• Kontaktaufnahme<br />
mit dem WEA-Hersteller<br />
❶ + ❷ Flächen identifizieren, analysieren und sichern<br />
Ausgangspunkt eines Projektes ist die Flächenidentifizierung. Es gilt, möglichst windhöffige<br />
Flächen zu ermitteln, in denen eine Genehmigung des geplanten Windparks erreichbar<br />
ist. Da solche Flächen ein knappes und stark umkämpftes Gut sind, setzt dieser<br />
Schritt bereits deutlich vor der rechtskräftigen Ausweisung in einem Flächennutzungsoder<br />
Regionalplan an.<br />
Den nächsten Schritt stellt die zivil- und planungsrechtliche Sicherung dar. Bevor<br />
der Kontakt mit Gemeinden und Grundstückseigentümern aufgenommen wird, erfolgt<br />
basierend auf Standortbegehungen und weiteren Recherchen eine Flächenanalyse, die<br />
folgende Aspekte umfasst:<br />
• Grobplanung eines Windparklayouts unter Berücksichtigung lokaler Besonderheiten<br />
(Hochpunkte, Beschränkungen wie Stromtrassen, Naturdenkmäler etc.) und ggf.<br />
erste Analysen zu Schall- und Schattenimmissionen,<br />
• Bestimmung der Eigentumsverhältnisse,<br />
• Abschätzung des Windpotenzials mittels vorhandener Referenzen und Berechnungen,<br />
• Ermittlung der möglichen Pacht pro Anlage,<br />
• Wahl des Vertragsmodells: Standort- vs. Flächenpoolmodell.<br />
40
PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />
❺<br />
Genehmigungsverfahren<br />
und<br />
Erhalt der<br />
Baugenehmigung<br />
❻ Finanzierung ❼ Bau ❽ Inbetrieb nahme ❾ Betrieb<br />
• Beauftragung<br />
von Wind- und<br />
Ertragsgutachten<br />
• Absprache mit<br />
den finanzierenden<br />
Banken<br />
• Definition<br />
Auszahlungsvoraussetzungen<br />
und Zeitplan<br />
• Erstellung<br />
Bauzeitenplan<br />
• Auschreibungen<br />
Bau & Infrastruktur<br />
• Beginn des Baus der<br />
Wegeinfrastruktur<br />
• Beginn des<br />
Fundamentbaus<br />
• Errichtung der WEA,<br />
Verkabelung<br />
• Ausgleichs- und<br />
Ersatzmaßnahmen<br />
Probebetrieb,<br />
Inspektion und<br />
Abnahme der WEA<br />
Die Flächensicherung folgt dann je nach Eigentümerstruktur ihrer eigenen Dynamik.<br />
Teils werden Eigentümer einzeln angesprochen, teils findet eine Organisation in Eigentümergemeinschaften<br />
statt. In einigen Projekten gelingt die Flächensicherung innerhalb<br />
weniger Wochen, in anderen Projekten zieht sie sich über Monate bzw. Jahre hin.<br />
❸ Planungsrecht: Gemeinde als erster Ansprechpartner<br />
Die Sicherstellung der planungsrechtlichen Grundlage wird zeitlich parallel zur Flächensicherung<br />
angegangen. Auf welcher Ebene die Windenergie planerisch gesteuert wird, ist<br />
in Deutschland unterschiedlich geregelt: Teils gibt der Regionalplan den entscheidenden<br />
Rahmen vor, teils haben die Gemeinden Gestaltungsfreiheit.<br />
Erster und wichtigster Anlaufpunkt ist immer die Gemeinde. Im Gespräch mit Verwaltung<br />
und Gemeinderat wird um eine Ausweisung der Windparkfläche in der kommunalen<br />
Bauleitplanung oder um eine Unterstützung zur Ausweisung der Fläche im<br />
Regionalplan geworben. Planerisches Instrument zur Umsetzung ist ein städtebaulicher<br />
Vertrag zwischen Planer und Gemeinde, in dem Themen wie die beiderseitigen Pflichten<br />
bei der Erstellung des Flächennutzungsplanes, oft auch bereits die Erschließung der Anlagen<br />
über Gemeindewege und -grundstücke, definiert werden.<br />
41
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Herausforderung „neue“ Windregionen<br />
Eine Herausforderung stellt sich in Regionen, in denen Windenergie lange Zeit keine Rolle<br />
gespielt hat. Da grundlegende artenschutzfachliche Daten hier häufig nicht vorhanden<br />
sind und die Politik weitreichende Vorgaben zur Aufstellung von Flächennutzungsplänen<br />
erlassen hat, sind im Rahmen des Ausweisungsverfahrens häufig kosten- und zeitaufwendige<br />
Erhebungen durchzuführen.<br />
Mehr und mehr tritt bereits zu dieser frühen Projektphase eine weitgehende Einbeziehung<br />
der Öffentlichkeit in den Fokus der Planer, um eine breitere Akzeptanz für<br />
das Projekt zu erreichen. Wie eine breite öffentliche Akzeptanz für den ausgewählten<br />
Standort erreicht werden kann, ist ab Seite 217 in dieser Veröffentlichung beschrieben.<br />
Wenn die Flächen privatrechtlich gesichert sind, die Akzeptanz für ein Projekt vorhanden<br />
und eine Ausweisung im Flächen- oder Regionalplan absehbar ist, beginnt die<br />
planerische Vorbereitung für das Genehmigungsverfahren.<br />
❹ Gutachter frühzeitig beauftragen!<br />
Oft schon während der vorangegangenen Planungsphase wurden hierzu artenschutzfachliche<br />
Gutachten zur Beurteilung der Situation hinsichtlich geschützter Vogel- und<br />
Fledermausarten vergeben. Verglichen mit Offenlandflächen ist in den heute zunehmend<br />
erschlossenen Waldgebieten an dieser Stelle mit einem erhöhten Aufwand zu<br />
rechnen. Zu erheben ist jeweils mindestens ein vollständiger Jahreszyklus. Als Einstiegspunkte<br />
bieten sich eine Horstkartierung während der unbelaubten Zeit im Frühjahr mit<br />
anschließender Brutvogelbesatzkontrolle oder der Herbstzug an.<br />
In Bundesländern, in denen der Windenergieausbau nach einiger Zeit des Stillstands<br />
nun wieder neue Fahrt aufnimmt, werden derzeit die Gutachterkapazitäten knapp, da<br />
sehr viele Projekte auf einmal geplant werden. Dies kann zu weiteren Verzögerungen<br />
führen.<br />
Feinplanung und Parklayout<br />
Zeitgleich mit den Vorbereitungen für die Genehmigung erfolgt die technische Feinplanung<br />
des Projekts. Die Windparkkonfiguration wird innerhalb der zur Verfügung stehenden<br />
Fläche unter Berücksichtigung der Faktoren Schall/Schatten, ↗ Parkwirkungsgrad<br />
und Turbulenz sowie auf Grundlage der naturräumlichen und topografischen Bedingungen<br />
am Standort optimiert. Letztere haben im komplexen, bewaldeten Gelände zwangsläufig<br />
eine größere Bedeutung als bei vergleichbaren Planungen im einfachen Gelände.<br />
Die Frage nach der maximalen Anlagenanzahl ergibt sich insbesondere im Binnenland<br />
aus den am besten geeigneten Standorten innerhalb der anvisierten nutzbaren Fläche.<br />
Die Windparkinfrastruktur<br />
Die Planung der Windparkinfrastruktur nimmt in dieser Phase konkrete Züge an.<br />
42
PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />
Häufig wird schon in den ersten Projektphasen mit der Planung und Sicherung der Zuwegung<br />
begonnen. Nun werden diese Planungen konkretisiert, Kurvenradien festgelegt<br />
und ggf. entsprechende Flächen nachgesichert. Besondere Herausforderungen stellen<br />
sich wieder bei Planungen in bewaldeten Mittelgebirgsregionen: Große Steigungen und<br />
anspruchsvolle Waldweg-Serpentinen müssen für den Transport der WEA zum Standort<br />
entsprechend ausgelegt werden. Insbesondere enge Kurvenradien, aber auch Ortsdurchfahrten<br />
sind hier häufig das Nadelöhr.<br />
Teils noch vor Beginn des ❺ Genehmigungsverfahrens findet die ↗ dingliche Sicherung<br />
der bislang nur zivilrechtlich gesicherten Flächen statt. Außerdem erfolgen ggf. erforderliche<br />
Eintragungen ins Baulastverzeichnis.<br />
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wird das Projekt insbesondere hinsichtlich<br />
der Schallemissionen und Auswirkungen auf Natur und Landschaft bewertet. Weiterhin<br />
werden die Träger öffentlicher Belange im Verfahren integriert, darunter auch die Luftfahrtbehörde,<br />
die Bundeswehr etc.<br />
Bereits im Vorfeld wird das Projekt in natur- und landschaftsschutzbezogener Hinsicht<br />
vorbereitet. Unter anderem entsteht ein landschaftspflegerischer Begleitplan, mit<br />
dem der Eingriff in Natur und Landschaft, z. B. die Rodung oder Versiegelung von Flächen,<br />
dargestellt und eine entsprechende Kompensation definiert wird.<br />
Netzanschlussplanung<br />
Parallel zum Genehmigungsverfahren findet die Netzanschlussplanung statt. Nach der<br />
Nennung eines verbindlichen Netzanschlusspunktes durch den Netzbetreiber erfolgt die<br />
Planung des konkreten Netzanschlusses sowie die Trassenplanung. Hierfür sind nochmals<br />
Grundstücke zivilrechtlich und dinglich zu sichern. Für die Trasse ist eine naturschutzfachliche<br />
Genehmigung einzuholen. Je nach Größe des Windparks erfolgt der<br />
Anschluss an das Stromnetz über eine Übergabestation bzw. ein nicht selten eigens zu<br />
bauendes Umspannwerk.<br />
❻ Finanzierungsgrundlage: realistisches Wirtschaftlichkeitsmodell<br />
Erreicht ein Windparkprojekt eine Genehmigung und eine Netzanschlusszusage, sind<br />
wesentliche Meilensteine erreicht. Der Weg zur Finanzierung, zum Anlageneinkauf und<br />
zur Umsetzung des Projektes ist frei. Während dieser Schritte werden weitere Anforderungen<br />
an die Planung durch die finanzierende Bank, den Anlagenhersteller und insbesondere<br />
auch hinsichtlich Infrastruktur und Bau des Windparks definiert.<br />
Eine gute Windparkplanung zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die wesentlichen<br />
Kosten und standortspezifischen Charakteristika zuvor bereits korrekt erfasst oder<br />
realistisch abgeschätzt wurden. Bei Planungen in komplexen Mittelgebirgsregionen ist<br />
oft mit einem deutlich höheren Kostenaufwand für die Windparkinfrastruktur zu rech-<br />
43
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windpark Vierschau. Foto: wpd AG<br />
nen. Sowohl der aufwendige Ausbau von Waldwegen in komplexem, bergigem Gelände<br />
mit entsprechend notwendigen Rodungsarbeiten als auch teils sehr lange Trassen zur<br />
Herstellung des Netzanschlusses sind im Wirtschaftlichkeitsmodell realistisch abzubilden.<br />
Stellt sich während der Projektentwicklung heraus, dass eine Wirtschaftlichkeit oder<br />
eine Genehmigungsfähigkeit nicht mehr gegeben ist, dann ist von einer weiteren Planung<br />
umgehend Abstand zu nehmen. Die Prüfung der Finanzierbarkeit stellt in dieser<br />
Hinsicht die Reifeprüfung für ein Projekt dar. Hierbei werden die Ansprüche der Bank<br />
an die Projektentwicklung adressiert: Vertragsgestaltung und -risiken, Anforderungen<br />
an die Windgutachten und deren Unsicherheiten, WEA-Typ und Flächensicherung sind<br />
Punkte, die hierbei untersucht werden. Ferner muss eine Sicherstellung des Windparkbetriebes<br />
über einen Zeitraum von 20 Jahren und länger rechtlich belastbar und auch<br />
technisch umsetzbar erfolgen. Letzteres beinhaltet insbesondere die Auswahl des geeigneten<br />
WEA-Typs für den Standort.<br />
❼ + ❽ Die Umsetzung<br />
Der Bau des Windparks selbst wird in Kooperation mit dem Hersteller durchgeführt. Der<br />
Planer, der häufig in dieser Phase als Generalübernehmer fungiert, definiert einen Bauzeitenplan<br />
und stimmt diesen mit dem Hersteller ab. Zeitabläufe werden bestimmt und<br />
Zeitpunkte für die jeweiligen Bauabschnitte festgelegt. Diese umfassen die Errichtung<br />
der Parkinfrastruktur, den Transport der WEA zum Standort sowie die Errichtung und<br />
auch die geplante Inbetriebnahme der WEA. Eine regelmäßige Überprüfung der Baufortschritte<br />
vor Ort ist eine elementare Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung.<br />
44
PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />
Fazit<br />
Es gibt keinen allgemeinen Leitfaden für eine Windparkplanung. Sie orientiert<br />
sich an dem Standort, den regionalen Gegebenheiten und Voraussetzungen. Die<br />
Planung unterscheidet sich im zeitlichen Ablauf und auch in den auftretenden<br />
Problemen zwischen den Projekten zum Teil signifikant. Eine erfolgreiche Windparkplanung<br />
beinhaltet aber immer die fachmännische Beurteilung der folgenden vier<br />
Punkte:<br />
1. Genehmigungsfähigkeit<br />
2. Finanzierbarkeit<br />
3. Wirtschaftlichkeit<br />
4. Nachhaltiger Betrieb über 20 Jahre und mehr<br />
Angesichts der aktuellen EEG-Debatte fällt ein weiterer Ausblick auf die Anzahl der<br />
umsetzbaren Windparkplanungen in der Zukunft schwer. Fakt ist, dass viele der Planungen<br />
im Binnenland bereits jetzt an der Schwelle zur Unwirtschaftlichkeit stehen<br />
– auch ohne die Berücksichtigung der zu erwartenden höheren Kosten für Standortbewertung,<br />
Entwicklung und Bau. Umso wichtiger ist somit die genaue Bewertung<br />
der Standortgüte sowie die exakte Erfassung und Beobachtung der Kostenseite<br />
während der Planung. Daran müssen sich ehrgeizige Planungsziele im Binnenland<br />
und in windschwächeren Regionen messen lassen.<br />
Autoren<br />
Sebastian Grosch (Jg. 1981)<br />
war nach seinem Studium der<br />
Wirtschaftswissenschaften an<br />
der Universität Hohenheim<br />
zunächst bei einer Unternehmensberatung<br />
tätig und<br />
wechselte danach zur wpd onshore GmbH & Co.<br />
KG als Leiter Projektentwicklung. Seine Aufgaben<br />
umfassen die Koordination der Projektentwicklung<br />
in Deutschland in allen Planungsphasen.<br />
Peter Spengemann (Jg. 1972)<br />
ist Director Repowering bei<br />
wpd windmanager GmbH &<br />
Co. KG.<br />
45
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Studio GOOD, Berlin<br />
≈<br />
Kompetenz<br />
in Windkraft<br />
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realisiert und betreibt NOTUS Windparkprojekte.<br />
Schwerpunkt ist die<br />
Initiierung und Entwicklung eigener<br />
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Mit seinem Hauptsitz in Potsdam<br />
sowie Niederlassungen in Anklam,<br />
Feldberg, Cottbus, Bautzen und<br />
Oldenburg ist NOTUS energy in<br />
Deutschland vertreten. Seit der<br />
Gründung im Jahre 2001 sind der<br />
Raum Brandenburg und Mecklenburg-<br />
Vorpommern Schwerpunkte<br />
der Unternehmenstätigkeit.<br />
Notus energy<br />
Gregor-Mendel-Straße 24a<br />
14469 Potsdam<br />
Tel. +49 (0)331 6204340<br />
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46
PROJEKTPLANUNG | Projektierer und Planer<br />
Projektierer und Planer<br />
common sense<br />
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Unter den Eichen 7<br />
65195 Wiesbaden<br />
Tel.: 0611 26765-0<br />
Fax: 0611 26765-599<br />
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Partnern vor Ort initiiert ABO<br />
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Planungen durch,<br />
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76135 Karlsruhe<br />
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Machbarkeitsstudien,<br />
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Projektfinanzierung und -realisierung,<br />
kaufmännischer und<br />
technischer Anlagenbetrieb.<br />
BMR energy solutions GmbH<br />
Weserstraße 9<br />
41836 Hückelhoven<br />
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Fax: 02454 9369-29<br />
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Die BMR-Unternehmensgruppe<br />
steht für Expertise im Bereich<br />
der Erneuerbaren Energien.<br />
Sie bietet Lösungen in den<br />
Energiesegmenten Wind-,<br />
Solar- und Bioenergie.<br />
Das Leistungsspektrum beinhaltet<br />
unter anderem die Bereiche<br />
Beratung - Planung- Finanzierung<br />
- Realisierung - Vertrieb<br />
BOREAS Energie GmbH<br />
Moritzburger Weg 67<br />
01109 Dresden<br />
Tel.: 0351 8850-70<br />
Fax: 0351 8850-7499<br />
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Moderner Kraftwerksbetreiber<br />
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im Bereich der Erneuerbaren<br />
Energien mit über 22 Jahren<br />
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GmbH & Co. KG<br />
Karl-Weber-Ring 27<br />
37154 Northeim<br />
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Fax: 05551 54260-26<br />
energy@abitz.info<br />
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Bürgerwindparks,Kommunalwindparks,<br />
Flächeneigentümer-<br />
Windparks, Windenergieanlagen<br />
mit Holzturm<br />
D.I.E. - Erneuerbare Energien<br />
(Dr. Ingo Ewald – Ing.-Büro für<br />
Erneuerbare Energien)<br />
Zuckerberg 16<br />
55276 Oppenheim<br />
Tel.: 06133 578082-0<br />
Fax: 06133 578082-9<br />
info@die-ee.de<br />
www.die-ee.de<br />
Umfassende und kompetente<br />
Beratung bei der Umsetzung<br />
Ihrer Projekte, insbesondere an<br />
Waldstandorten: Standortwahl,<br />
Machbarkeit, Genehmigungsverfahren,<br />
Due Diligence oder<br />
vollständige Projektabwicklung<br />
und -steuerung in Ihrem Auftrag<br />
47
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Projektierer und Planer (Fortsetzung)<br />
EcofinConcept GmbH<br />
Erneuerbare Energien<br />
EcofinConcept GmbH<br />
Rheinstr. 7<br />
41836 Hückelhoven<br />
Tel.: 02433 970-471<br />
Fax: 02433 970-107<br />
info@ecofinconcept.de<br />
info@ecofinconcept.de<br />
Energiekontor AG<br />
Mary-Somerville-Straße 5<br />
28359 Bremen<br />
Tel.: 0421 3304-104<br />
Fax: 0421 3304-444<br />
info@energiekontor.de<br />
www.energiekontor.de<br />
Die Energiekontor AG plant,<br />
finanziert und betreibt seit<br />
1990 Windkraftanlagen in<br />
Deutschland, Portugal und<br />
Großbritannien und bietet<br />
diese als Investment an oder<br />
betreibt sie im Eigenbestand.<br />
Weitere Schwerpunkte sind die<br />
Projektierung von Offshore-<br />
Windparks und solaren Freiflächenanlagen.<br />
ENOVA Energiesysteme GmbH<br />
& Co. KG<br />
Steinhausstrasse 112<br />
26831 Bunderhee<br />
Tel.: 04953 9290-0<br />
Fax: 04953 9290-29<br />
info@enova.de<br />
www.enova.de<br />
ENOVA ist Spezialist für<br />
Projektentwicklung im Bereich<br />
erneuerbarer Energien, schwerpunktmäßig<br />
On- und Offshore-<br />
Windenergie. Das Leistungspaket<br />
umfasst die Planung,<br />
Projektierung und Koordinierung<br />
bis zur schlüsselfertigen<br />
Übergabe.<br />
Fichtner GmbH & Co. KG<br />
Gasstraße 18, Haus 4<br />
22761 Hamburg<br />
Tel.: 040 800803-420<br />
Fax: 040 800803-111<br />
info@fwe.fichtner.de<br />
fwe.fichtner.de<br />
Engineering und Consulting für<br />
Onshore- und Offshore-Projekte:<br />
Due Diligence, Ertragsgutachten,<br />
Planung inkl. Netzanbindung<br />
und Infrastruktur, Projektsteuerung,<br />
Risikomanagement, Ausschreibungen<br />
und Bauleitung.<br />
GP JOULE GmbH<br />
Cecilienkoog 16<br />
25821 Reußenköge<br />
Tel.: 04671 602411-0<br />
Fax: 04671 602411-19<br />
info@gp-joule.de<br />
www.gp-joule.de<br />
GP JOULE hat sich auf Windprojekte<br />
der MW-Klasse spezialisiert.<br />
Mit der Projektierung,<br />
Realisierung und kaufmännischen<br />
sowie technischen<br />
Betriebsführung inklusive Monitoring<br />
bieten wir ein starkes<br />
Gesamtpaket mit umfangreichen<br />
Service-Leistungen an.<br />
Green Wind Energy GmbH<br />
Schiffbauerdamm 12<br />
10117 Berlin<br />
Tel.: 030 3512886-30<br />
Fax: 030 3512886-33<br />
berlin@greenwind-energy.de<br />
www.greenwindenergy.de<br />
Mit der Kraft des Windes. Wir<br />
wissen, wie Windenergie-Anlagen<br />
projektiert werden müssen,<br />
damit sie ihren Eigentümern<br />
optimale Erträge bringen und<br />
nachhaltig grüner Strom. Projektentw./Repowering/Techn.<br />
und Kaufm. Betriebsführung.<br />
48
PROJEKTPLANUNG | Projektierer und Planer (Fortsetzung)<br />
JAHN, MACK & PARTNER<br />
architektur und stadtplanung<br />
Alt-Moabit 73<br />
10555 Berlin<br />
Tel.: 030 857577-0<br />
Fax: 030 857577-29<br />
Info@jahn-mack.de<br />
www.jahn-mack.de<br />
Jetstream Bosse Ing.-Büro<br />
für Windenergienutzung<br />
Hoeppnerstr. 32a<br />
12101 Berlin<br />
Tel.: 030 789915-25<br />
Fax: 030 789915-26<br />
peter.bosse@windplan.de<br />
www.windplan.de<br />
Projektierung von Windenergieprojekten,<br />
Repowering, Genehmigungsverfahren<br />
BImSchG,<br />
Bau- und Projektleitung, Gutachten<br />
Schall, Schattenwurf<br />
und Visualisierung, Due Diligence,<br />
Wertgutachten.<br />
juwi Energieprojekte GmbH<br />
Energie-Allee 1<br />
55286 Wörrstadt<br />
Tel.: 06732 9657-0<br />
Fax: 06732 9657-7001<br />
info@juwi.de<br />
www.juwi.de<br />
juwi bietet bundesweit partnerschaftliche<br />
Projektentwicklung<br />
sowie Produkte für die<br />
Energiewende an. Bislang hat<br />
juwi rund 660 Windenergie-<br />
Anlagen mit einer Leistung von<br />
etwa 1.280 Megawatt an über<br />
100 Standorten – viele davon<br />
im Wald – realisiert.<br />
Notus energy Plan<br />
GmbH & Co. KG<br />
Gregor-Mendel-Str. 24a<br />
14469 Potsdam<br />
Tel.: 0331 620436116<br />
Fax: 0331 6204344<br />
windkraft@notus.de<br />
www.notus.de<br />
NOTUS energy initiiert und<br />
realisiert Windenergieprojekte.<br />
Wir bieten die komplette<br />
Leistungkette und stehen mit<br />
unserem Expertenteam für zertifizierten<br />
Service und kreative<br />
Lösungen.<br />
OSTWIND-Gruppe<br />
Gesandtenstraße 3<br />
93047 Regensburg<br />
Tel.: 0941 55516<br />
Fax: 0941 55526<br />
info@ostwind.de<br />
www.ostwind.de<br />
OSTWIND entwickelt, plant und<br />
baut europaweit Windparks<br />
zur Nutzung erneuerbarer<br />
Energien. Seit 1994 hat sie 465<br />
Windkraftanlagen mit einer<br />
Leistung von 725 MW geplant,<br />
gebaut und ans Netz gebracht.<br />
Weitere 1000 MW stehen zur<br />
Realisierung an.<br />
ORBIS Energie- und Umwelttechnik<br />
GmbH<br />
Nagelschmiedsweg 15-19<br />
27356 Rotenburg<br />
Tel.: 04261 93830<br />
Fax: 04261 960011<br />
info@orbis-umwelt.de<br />
www.orbis-umwelt.de<br />
Die ORBIS Energie- und<br />
Umwelttechnik GmbH ist seit<br />
dem Jahr 2000 im Bereich der<br />
regenerativen Energien tätig<br />
und entwickelt, finanziert,<br />
baut und betreibt Projekte der<br />
Windenergie.“<br />
49
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Projektierer und Planer (Fortsetzung)<br />
zur Projektumsetzung und dem<br />
Betrieb der Anlagen. Lokale<br />
Bürgerbeteiligung und Turn-<br />
Key-Projekte.<br />
PLANkon Ing.-Büro für Windenergieprojekte<br />
Blumenstraße 15<br />
26121 Oldenburg<br />
Tel.: 0441 39034-0<br />
Fax: 0441 39034-22<br />
mail@plankon.de<br />
www.plankon.de<br />
Gutachten/Beratung zu<br />
Windertrag, Schall, Schatten,<br />
Turbulenz, Windmessung,<br />
Planung, akkr. Prüflabor DIN<br />
17025, Genehmigungsanträge<br />
und -verfahren, Ausschreibung,<br />
Bauüberwachung, Due<br />
Dilligence<br />
PROMETHEUS® GmbH<br />
Berliner Straße 97<br />
03046 Cottbus<br />
Tel.: 0355 7015-24<br />
Fax: 0355 7015-45<br />
mail@prometheus-cottbus.de<br />
www.prometheus-cottbus.de<br />
Standortakquise, Planung und<br />
Betrieb von Windkraftanlagen,<br />
Erstellung von Ertrags-, Schallimmissions-<br />
und Schattenwurfprognosen,<br />
Genehmigungsplanung,<br />
Naturschutzfachliche<br />
Planung, Schlüsselfertige Errichtung<br />
der Infrastruktur, technische<br />
Betriebsführung.<br />
Rübsamen Windenergie GmbH<br />
Brödermannsallee 11<br />
25469 Halstenbek<br />
Tel.: 04101 4040-58<br />
Fax: 04101 4040-59<br />
info@ruebsamen-windenergie.de<br />
www.ruebsamen-windenergie.de<br />
Entwicklung, schlüsselfertige<br />
Errichtung, technische und<br />
kaufmännische Betriebsführung<br />
von Windparks im In- und<br />
Ausland, Windmessungen mit<br />
Mast und Sodar.<br />
Planungsbüro Petrick<br />
GmbH & Co. KG<br />
Voltaireweg 4 A<br />
14469 Potsdam<br />
Tel.: 0331 62054-10<br />
Fax: 0331 62054-11<br />
info@planungsbuero-petrick.de<br />
www.planungsbuero-petrick.de<br />
Standortplanung und Entwicklung,<br />
Naturschutzfachliche<br />
Planung, Ornothologische<br />
Begutachtung<br />
REA GmbH – Regenerative<br />
Energie Anlagen Management<br />
Kreuzherrenstr. 8<br />
52355 Dürren<br />
Tel.: 02421 20849-77<br />
Fax: 02421 20849-78<br />
info@rea-umweltinvest.de<br />
www.rea-umweltinvest.de<br />
Ingenieurbüro für die Planung<br />
von Windenergie und Photovoltaikanlagen.<br />
Die Dienstleistung<br />
umfasst die Koordination des<br />
Genehmigungsverfahrens bis<br />
SOWITEC group<br />
Löherstraße 24<br />
72820 Sonnenbühl<br />
Tel.: 07128 3808-0<br />
Fax: 07128 3808-38<br />
info@sowitec.com<br />
www.sowitec.com<br />
Beratung, Planung und<br />
Entwicklung von Windenergieund<br />
Solarprojekten weltweit,<br />
Entwicklung, Genehmigungsverfahren,<br />
Baubetreuung,<br />
50
PROJEKTPLANUNG | Projektierer und Planer (Fortsetzung)<br />
Finanzierungsberatung,<br />
Realisierung, Betriebsführung,<br />
Kommerzialisierung von<br />
Projekten, Vermarktung von<br />
CO 2<br />
-Zertifikaten.<br />
Vortex Energy Deutschland<br />
GmbH<br />
Obere Königsstr. 30<br />
34117 Kassel<br />
Tel.: 0561 4507980<br />
Fax: 0561 45079815<br />
info@vortex-energy.de<br />
www.vortex-energy.de<br />
Unsere Kompetenzen liegen<br />
in der Planung, Realisierung<br />
und Begleitung von Windenergieprojekten.<br />
Gemeinsam<br />
mit Partnern konnten wir<br />
bereits entscheidend an der<br />
Realisierung von über 200MW<br />
Windleistung in Deutschland<br />
und Polen mitwirken.<br />
Wind reich<br />
Seit 1999<br />
Windreich AG<br />
Esslingerstrasse 11-15<br />
72649 Wolfschlugen<br />
Tel.: 07022 953060<br />
Fax: 07022 54820<br />
info@windreich.ag<br />
www.windreich.ag<br />
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Die Windreich AG steht für die<br />
effiziente und kommerzielle<br />
Nutzung von Windenergie. Sie<br />
deckt die gesamte Wertschöpfungskette<br />
von der Projektierung<br />
über den Vertrieb bis zur<br />
Betriebsführung ab.<br />
WindStrom Erneuerbare<br />
Energien GmbH & Co. KG<br />
Am Torfstich 11<br />
31234 Edemissen<br />
Tel.: 05176 92040<br />
Fax: 05176 920410<br />
info@windstrom.de<br />
www.windstrom.de<br />
Die WindStrom Unternehmensgruppe<br />
wurde 1992 gegründet.<br />
Sie plant, errichtet und betreibt<br />
Windparks in Deutschland<br />
und im europäischen Ausland.<br />
In den letzten 20 Jahren hat<br />
WindStrom mehr als 300<br />
Windenergieanlagen mit einer<br />
Gesamtleistung von fast 600<br />
MW (Megawatt) realisiert.<br />
wpd onshore GmbH & Co. KG<br />
Kurfürstenallee 23a<br />
28211 Bremen<br />
Tel.: 0421 168 66 10<br />
Fax: 0421 168 66 66<br />
info@wpd.de<br />
www.wpd.de<br />
wpd ist Deutschlands Marktführer<br />
unter den Planern und<br />
Betreibern von Windenergieprojekten<br />
und bietet sämtliche<br />
Leistungen aus einer Hand. Seit<br />
der Gründung 1996 hat wpd<br />
rund 1.500 Windenergieanlagen<br />
mit einer Nennleistung von<br />
2,5 Gigawatt realisiert.<br />
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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
54
Windmessung<br />
55
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
56
WINDMESSUNG | Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast<br />
Aufwendiger<br />
und exakter –<br />
Windmessungen<br />
mit Mast<br />
Während sich der Ausbau der Windenergie in Deutschland<br />
bislang zu großen Teilen ohne Windmessungen entwickelt<br />
hat, scheint sich dies derzeit radikal zu ändern.<br />
Die „klassische“ Messmethode mit Mast und Schalenkreuzanemometer<br />
spielt dabei eine maßgebliche Rolle.<br />
57
̵<br />
̵<br />
̵<br />
̵<br />
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Vor etwa vier Jahren begann die Entwicklung von Nabenhöhen mit deutlich über<br />
100 Metern an Standorten in Waldgebieten und im komplexen Binnenland. Da in vielen<br />
Fällen so gut wie keine Kenntnisse über die Windverhältnisse in diesen Bereichen vorhanden<br />
sind, kann diese Lücke nur über Windmessungen geschlossen werden.<br />
Warum muss gemessen werden?<br />
Das Hauptaugenmerk der Projektentwickler, die federführend über den Einsatz von<br />
Messungen entscheiden, liegt auf dem erzielbaren Energieertrag eines Projektes. Windmessungen<br />
werden in Deutschland in den kommenden Jahren aber auch aus anderen<br />
Gründen eine zunehmende Bedeutung erlangen:<br />
Für Standsicherheitsnachweise werden dringend belastbare Angaben zur Turbulenzintensität,<br />
zur Windrichtungsverteilung und zum Höhenprofil benötigt.<br />
Eine belastbare Entscheidung zur wirtschaftlichsten Wahl von Anlagentyp und<br />
Nabenhöhe kann nur bei genauer Kenntnis der Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit<br />
und des Höhenprofils erfolgen.<br />
Die Anlagenhersteller benötigen zunehmend genauere Angaben zum Windfeld<br />
in allen vier Dimensionen für die Entwicklung geeigneter Anlagentypen, für die<br />
Abstimmung der Steuerung und Regelung sowie für die Bestätigung der Anlageneignung.<br />
Nur über Windmessungen können Windgutachter ein vertieftes Verständnis des<br />
Windfeldes erlangen und so die Qualität ihrer Arbeit und ihrer Strömungsmodelle<br />
verbessern.<br />
Die richtige Messstrategie<br />
Die Entscheidung zur Messstrategie wird vor allem von der Interessenlage des Projektentwicklers<br />
gesteuert. Sie sollte aber in Abstimmung mit dem Windgutachter getroffen<br />
werden, denn Ziel einer Messung ist in der Regel, die Unsicherheit des Wind- und<br />
Ertragsgutachtens weitestgehend zu minimieren. Eine Messstrategie sollte deshalb so<br />
gewählt werden, dass die Auswertung, Interpretation und Verwendung der Messdaten<br />
einschließlich der nachfolgenden Strömungsmodellierung zu einer minimalen Unsicherheit<br />
führt.<br />
Bereits an dieser Stelle ist – zumindest bei Projekten im Ausland – der häufigste strategische<br />
Fehler von Windmessungen zu beobachten. Das trivialste Beispiel ist dabei die<br />
Wahl des Messstandortes. Sie hat in der Regel keine oder nur geringe Auswirkungen auf<br />
die Kosten der Messung, aber große Auswirkungen auf die Qualität des Windgutachtens.<br />
Idealerweise wird entweder eine für das Projekt typische Stelle gewählt, die auch<br />
58
WINDMESSUNG | Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast<br />
mit geringer Unsicherheit im verwendeten Strömungsmodell behandelt wird, oder es<br />
werden bei sehr variabler Standortcharakteristik mehrere Messpunkte geschickt miteinander<br />
kombiniert.<br />
Die weiteren wichtigsten Diskussionspunkte<br />
im Vorfeld einer Windmessung sind:<br />
• die Messdauer und der Zeitplan,<br />
• die eingesetzte Technik,<br />
• die Kosten,<br />
• die Logistik,<br />
• die Akzeptanz der Ergebnisse.<br />
Diese Punkte können nicht getrennt voneinander behandelt werden, weshalb hier<br />
grundsätzlich von einer Messstrategie die Rede ist. Sie werden im Folgenden anhand<br />
der Frage nach Vor- und Nachteilen der „klassischen Windmessung“ mit Messmast<br />
beleuchtet.<br />
Mastmessungen sind kompatibler<br />
Die Windmessung mittels ↗ Schalenkreuzanemometern an einem Messmast gilt historisch<br />
betrachtet als Standard in der Windenergienutzung. Sie hat in Bezug auf die Unsicherheit<br />
des Ergebnisses bisher einen eindeutigen Vorteil: Auch die Leistungskennlinien<br />
von Windkraftanlagen werden auf diese Weise bestimmt. Damit sind beim Übergang von<br />
der Größe „Windgeschwindigkeit“ auf die Größe „Leistung“ bzw. „Ertrag“ die geringsten<br />
systematischen Brüche zu erwarten. Insbesondere unter diesem Blickwinkel wird derzeit<br />
allgemein angenommen, dass Schalenkreuzanemometer die größte Genauigkeit bei<br />
Windmessungen liefern.<br />
Dies setzt voraus, dass die Messungen des Windpotenzials und der Leistungskennlinie<br />
auch im Detail kompatibel sind. Da für Messungen des Windpotenzials keine anerkannten<br />
eigenen Richtlinien vorhanden sind, werden ersatzweise die für die Messung<br />
von Leistungskennlinien erstellten Richtlinien angewandt. In vielerlei Hinsicht sind diese<br />
hilfreich – betrachtet man jedoch die Aussagegenauigkeit des Wind- und Ertragsgutachtens<br />
insgesamt, so können davon abweichende technische Lösungen sinnvoller sein.<br />
Dies ist im Rahmen der Entwicklung der Messstrategie zu beachten.<br />
59
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Fehlerquellen vermeiden<br />
Häufig wird die Genauigkeit der Mastmessung<br />
überbewertet. Etwa seit dem<br />
Jahr 2000 wurden Konstruktion und Kalibration<br />
von Schalenkreuzanemometern<br />
bis in kleinste Details beleuchtet und optimiert.<br />
Zu wenig beachtet werden aber<br />
nach wie vor Fragen der Installation dieser<br />
Sensoren und die Verwendung der erhobenen<br />
Daten. Hier sind derzeit häufig<br />
signifikante, aber vollkommen unnötige<br />
Fehler zu finden.<br />
Ein wichtiger Aspekt ist der Abstand<br />
des obersten Anemometers von der Mastspitze.<br />
Nach der derzeit gültigen Norm<br />
DIN ↗ IEC 61400-12-1 muss dieses Anemometer<br />
vollkommen frei von Störungen<br />
bzw. unabhängig von anderen Geräten<br />
sein und sich mindestens fünf Mastdurchmesser<br />
entfernt mittig oberhalb der Mastspitze<br />
befinden. Der Grund ist, dass durch<br />
die Umströmung der Mastspitze eine Beschleunigung<br />
entsteht. Ein zu niedrig angebrachtes<br />
Anemometer misst daher zu<br />
Entwicklungsingenieur prüft Windgeschwindigkeit<br />
im Windpark am Kaiser-Wilhelm-Koog. hohe Windgeschwindigkeiten, die zu systematischen<br />
Messfehlern bis etwa 0,1 m/s<br />
Foto: Markus Dlouhy/Das Fotoarchiv<br />
führen können.<br />
Die Analyse von Messdaten hat jedoch gezeigt, dass auch der zuvor angegebene<br />
Mindestabstand nicht immer ausreicht, was bei der Messdatenauswertung unbedingt zu<br />
beachten ist. Wenn genügend Anemometer seitlich am Mast über die Höhe verteilt angebracht<br />
sind, kann dies aber kontrolliert und bei Bedarf eine Korrektur ermittelt werden.<br />
Bestimmung des Höhenprofils<br />
Zu empfehlen ist ohnehin der Einsatz von deutlich mehr Anemometern am Mast<br />
als üblich. Werden bei den derzeit verbreiteten Masthöhen fünf bis sechs Anemometer<br />
verwendet, kann nicht nur das Höhenprofil deutlich sicherer und genauer bestimmt werden,<br />
es ergeben sich auch gute Möglichkeiten zur Kontrolle der Messgenauigkeit.<br />
60
WINDMESSUNG | Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast<br />
In vielen Windgutachten wird nicht beachtet, dass Mastmessungen auch Informationen<br />
zum Höhenprofil liefern. Häufig wird nur die Windinformation vom obersten Anemometer<br />
verwendet und dann über Modellrechnungen auf die geplante Nabenhöhe<br />
übertragen. In der Praxis hat dies schon häufig zu Fehlern von 5 – 10 Prozent bei der<br />
Berechnung des Energieertrags geführt. Stattdessen sollte das Höhenprofil aus der Messung<br />
abgeleitet und die Modellierung ggf. entsprechend angepasst werden.<br />
Windgeschwindigkeit und Häufigkeitsverteilung<br />
Der berechnete Energieertrag einer Windkraftanlage hängt nicht nur von der mittleren<br />
Windgeschwindigkeit, sondern auch von der Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit<br />
ab. Die gemessene Häufigkeitsverteilung muss also sorgfältig und möglichst<br />
ohne Verzerrungen auf langfristige Verhältnisse und in das Strömungsmodell<br />
übertragen werden.<br />
Die Verwendung von ↗ Weibull-Näherungen kann alleine schon zu deutlichen<br />
Fehlern von 1 – 4 Prozent im Energieertrag führen. Noch gravierender ist es, wenn die<br />
gemessene Verteilung überhaupt nicht berücksichtigt wird und sich die Modellierung<br />
nur an der mittleren Windgeschwindigkeit orientiert. In extremen Fällen führt dies in<br />
Gutachten zu Fehlern im berechneten Energieertrag von bis zu 10 Prozent. Dies zeigt<br />
deutlich, dass für eine Minimierung von Unsicherheiten nicht einzelne Aspekte einer<br />
Windmessung, sondern die gesamte Kette der Messung, Auswertung und Verwendung<br />
der Daten betrachtet werden muss.<br />
Der Faktor Zeit<br />
Ein strategisch bedeutender Aspekt für eine Windmessung ist die Zeitschiene. Die<br />
allgemein anerkannte Forderung nach einer mindestens einjährigen Messdauer gründet<br />
sich darauf, dass die Messdaten auf langfristige Verhältnisse skaliert werden müssen und<br />
sich das Verhältnis von Vergleichsdaten (z. B. Wetterstationsdaten oder Reanalysedaten)<br />
zu Standortmessdaten je nach Wetterlage, Tages- oder Jahreszeit ändert. Diese Veränderung<br />
ist aufgrund der variablen atmosphärischen Schichtung umso größer, je höher<br />
gemessen wird.<br />
Allgemein wird angenommen, dass das Verhältnis zwischen den Messorten nach<br />
Ablauf von zwölf Monaten etwa dem langjährigen Verhältnis entspricht und daher ein<br />
Langfristbezug mit erträglicher Unsicherheit möglich ist. Es ist allerdings denkbar, dass<br />
bei den inzwischen erreichten Naben- und Messhöhen auch ein zwölfmonatiger Messzeitraum<br />
nicht ausreicht.<br />
61
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Belastbare Aussagen in kürzeren Zeiträumen<br />
Diese Argumentation wird dann hinfällig, wenn Vergleichsdaten aus ähnlicher Landschaft<br />
und ähnlicher Höhe über Grund verwendet werden können. Existieren in der Umgebung<br />
hoch reichende und länger dauernde Windmessungen oder Windkraftanlagen<br />
mit entsprechenden Nabenhöhen und Ertrags- oder Steuerungsdaten in mindestens<br />
täglicher Auflösung, so kann über mehrstufige Vergleiche auch mit einer relativ kurzen<br />
Windmessung eine gut belastbare Aussage zum Windpotenzial am geplanten Standort<br />
erzielt werden. Solche Vorgehensweisen benötigen äußerste Vorsicht, kritische Betrachtung<br />
und Sorgfalt, sie können aber sehr effizient sein.<br />
Vor diesem Hintergrund ist auch zu bedenken, dass in Deutschland Windmessungen<br />
bis vor kurzem nicht üblich waren. Gemessen an den dabei in Kauf genommenen<br />
Unsicherheiten von Wind- und Ertragsgutachten sollte daher nicht jede Vorgehensweise<br />
außerhalb der gängigen Standards kategorisch abgelehnt werden. Auch wenn eine<br />
einjährige Messung stets vorzuziehen ist: Viel Prognosesicherheit kann bei geschickter<br />
Mess- und Auswertungsstrategie bereits in den ersten Messmonaten erzielt werden. Dabei<br />
sollte aber der Mehraufwand hinsichtlich einer Absicherung bei der Verwendung von<br />
kürzeren Messungen nicht unterschätzt werden.<br />
Entscheidend ist zunächst, dass überhaupt Windmessungen stattfinden. Viele Windmessungen<br />
in Deutschland, die in den letzten Jahren vorgenommen wurden, haben unabhängig<br />
von ihrer Art und Dauer überraschende Erkenntnisse erbracht.<br />
Ein Blick auf die Kosten<br />
Die meisten Kosten einer Messung mit Messmast fallen beim Auf- und Abbau an.<br />
Messmasten sind daher nur von Interesse, wenn längere Messzeiträume vorgesehen<br />
sind. Die Errichtung eines Messmastes benötigt zudem oft mehrere Monate Vorlaufzeit<br />
für Planung und Genehmigung. Das ist unproblematisch, wenn die Projektentwicklung<br />
auf eine lange Zeitschiene ausgelegt ist. Sollen aber möglichst rasch Ergebnisse vorliegen,<br />
kann eine ↗ Sodar- oder ↗ Lidarmessung trotz einer angenommenen geringeren<br />
Messgenauigkeit letztlich zu einer höheren Qualität des Gutachtens führen. Solche<br />
Messungen können innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen begonnen werden. Dies<br />
ermöglicht dann im Zweifelsfall, mehr Messdaten bis zur Erstellung des Gutachtens zu<br />
sammeln und auf diese Weise die Unsicherheit zu verringern.<br />
Den größten Vorteil entfalten die bodengestützten Fernerkundungssysteme, wenn<br />
unklar ist, ob am Standort überhaupt ein ausreichendes Windpotenzial besteht. Da der<br />
Aufwand für Auf- und Abbau gering ist, kann das Windpotenzial mit relativ niedrigen<br />
Kosten vorgeprüft und die Messung bei enttäuschenden Ergebnissen jederzeit abgebrochen<br />
werden.<br />
62
WINDMESSUNG | Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast<br />
Die Kosten der Mastmessung steigen<br />
erheblich mit der Höhe des Mastes, auch<br />
wenn hier in den vergangenen Jahren einige<br />
Verbesserungen erreicht wurden. Die<br />
geplante Nabenhöhe spielt daher ebenso<br />
eine große Rolle bei der Wahl des Messsystems.<br />
Allgemein wird gefordert, dass<br />
die oberste Messhöhe mindestens zwei<br />
Drittel der geplanten Nabenhöhe erreicht.<br />
In Waldgebieten und bei Nabenhöhen von<br />
deutlich über 100 Metern reicht dieses<br />
Kriterium aber oft nicht aus, da sich das<br />
Höhenprofil noch im Bereich um und über<br />
100 Meter stark ändern kann.<br />
Bezüglich der Anforderungen an den<br />
Standort werden in der Diskussion die<br />
Messmasten für<br />
komplexes Gelände<br />
Den größten Vorteil hinsichtlich der<br />
Genauigkeit haben Messmasten<br />
derzeit in komplexem Gelände, wenn<br />
die kleinräumige Veränderlichkeit der<br />
Geländestruktur bei Sodar- und Lidargeräten<br />
aufgrund ihrer Messung über<br />
einen größeren Konus zu teilweise<br />
erheblichen Messfehlern führt.<br />
Unterschiede zwischen Mast- und Fernmessgeräten oft falsch bewertet. Beispielsweise<br />
benötigen Messmasten ebenso wie Sodar- und Lidargeräte Lichtungen in Wäldern, hinzu<br />
kommen deutlich anspruchsvollere Anfahrtswege. Sodar- und Lidargeräte hingegen sind<br />
von einer ausreichenden Stromversorgung abhängig. Die in der Werbung oft zu sehenden<br />
tragbaren Komponenten suggerieren daher eine Leichtigkeit, die in der Praxis nicht gegeben<br />
ist.<br />
Fazit<br />
Wenn der Faktor Zeit keine besonderen<br />
Bedingungen erfordert, dürfte<br />
auch zukünftig bei geringen und<br />
mäßigen Nabenhöhen der Messmast<br />
mit Schalenkreuzanemometern das<br />
System der Wahl bleiben. Das liegt vor<br />
allem an der langjährigen Erfahrung<br />
in der Branche und der erreichbaren<br />
Genauigkeit. Diese kommt aber nur<br />
dann zustande, wenn ein korrekter<br />
Aufbau vorhanden ist, um fehlerfreie<br />
Messungen zu gewährleisten.<br />
Autor<br />
Herbert Schwartz (Jg. 1961)<br />
befasst sich seit 1984 mit der<br />
Windenergienutzung. Über<br />
16 Jahre lag sein Arbeitsschwerpunkt<br />
abwechselnd<br />
bei der Prototypvermessung<br />
und der Modellierung von Windkraftanlagen an<br />
der Universität Stuttgart und später bei der Beratungsgesellschaft<br />
Garrad Hassan and Partners<br />
Ltd. Seit 1997 ist der Diplom-Ingenieur der Luftund<br />
Raumfahrttechnik im Bereich Windgutachten<br />
für anemos-jacob GmbH tätig, seit 2003 als Geschäftsführer<br />
gemeinsam mit Dr. Daniela Jacob.<br />
63
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
64
WINDMESSUNG | Was leistet ein Windatlas?<br />
Was leistet ein<br />
Windatlas?<br />
In den südlichen Bundesländern mit (noch) geringer<br />
Nutzung der Windenergie werden verstärkt sogenannte<br />
Windatlanten als Planungshilfen verwendet. Die großflächigen<br />
Windpotenzialkarten dienen in erster Linie regionalplanerischen<br />
Ausweisungen von Windeignungsgebieten.<br />
Bei der konkreten Planung von Standorten können sie<br />
jedoch lediglich zur groben Orientierung beitragen.<br />
Windkarte Europa von Februar 2005 in 100 m Höhe.<br />
Grafik: anemos GmbH<br />
65
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
In den letzten drei Jahren wurden Windpotenzialkarten für die Bundesländer Bayern,<br />
Baden-Württemberg und Hessen erstellt. Ihr Nutzen besteht in der Darstellung und<br />
Identifizierung ausreichend windhöffiger Bereiche. Die Windkarten sollen den Regionalplanern<br />
helfen, geeignete Gebiete in Bundesländern mit eher unterdurchschnittlichem<br />
Windaufkommen zu finden und diese für die zukünftige Ausweisung vorzuschlagen,<br />
wenn keine anderen Belange entgegenstehen.<br />
Herausforderung Genauigkeit<br />
Ein Grundproblem der großflächig ermittelten Karten ist die Genauigkeit des ermittelten<br />
Windregimes bei oft dürftigen Referenzdaten. In sehr begrenztem Rahmen lassen<br />
sich aus den Karten gewisse qualitative Aussagen der Veränderungen des Windes mit<br />
Änderung des Geländes oder auch des Bewuchses ableiten. Damit sind oft auch qualitative<br />
Unterschiede des Windpotenzials in kleinräumigen Zusammenhängen wie dem<br />
Gebiet einer Gemeinde nachvollziehbar.<br />
Über größere Gebiete ist dies jedoch nur sehr bedingt möglich, da das langjährige<br />
Windangebot in Mittelgebirgslandschaften räumlich stark variiert. Der Grund für diese<br />
regionalen Unterschiede ist die Geländestruktur und die Landnutzung: So weisen exponierte<br />
Geländeflächen oft ein deutlich höheres Windenergiepotenzial auf als Tallagen<br />
oder die Leeseite von Höhenzügen. Die genauen meteorologischen und strömungsmechanischen<br />
Zusammenhänge sind physikalisch hochkomplex. Da sie mit den zurzeit verfügbaren<br />
Simulationsmethoden nur bedingt wiedergegeben werden können, sind sie je<br />
nach Geländebeschaffenheit, Berechnungsmodell und -auflösung vielfach zu ungenau.<br />
Datendichte und -qualität<br />
Gerade in Gebieten mit wenigen oder fehlenden Erfahrungswerten durch bereits bestehende<br />
Anlagen kommt es auf die quantitative Genauigkeit der Karten an. Diese ist<br />
oft nicht gegeben und hängt vor allem von der Dichte und Qualität der Eingangsdaten<br />
zum Windregime, ihrem Langzeitbezug sowie von der Modellsimulation ab. Eine wie beispielsweise<br />
in Hessen vielerorts vorhandene kleinhügelige Geländebeschaffenheit kann<br />
mit einer geringeren räumlichen Auflösung nicht gut wiedergegeben werden, da viele<br />
kleinere Erhebungen nicht mit erfasst werden. Hier sind Auflösungen von max. 100 Metern<br />
wünschenswert. Diese wurden mittlerweile in den aktuellen regionalen Windpotenzialkarten<br />
Hessens auch umgesetzt.<br />
66
WINDMESSUNG | Was leistet ein Windatlas?<br />
Windressourcenkarte Hessen<br />
Modellierte Windgeschwindigkeit auf einer Höhe von 140 m über Grund.<br />
Quelle: TÜV Süd<br />
67
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Kleinere Abweichungen – größere Ertragsschwankungen<br />
Wenn in großräumigen Gebieten weder ausreichende Betriebsdaten noch hochwertige<br />
Windmessungen zur Verfügung stehen, sind quantitative Aussagen zum Windaufkommen<br />
wenig belastbar. Dies gilt insbesondere auch für gebirgiges Gelände. Die Übertragungs-<br />
und Abbildungsfähigkeiten der Berechnungsmodelle sind dann überfordert,<br />
was zu Abweichungen bei den Angaben der Windgeschwindigkeiten von bis zu 1 m/s<br />
führen kann. Auf den möglichen Windertrag einer Anlage bezogen kann dies Differenzen<br />
von 60 Prozent und mehr bedeuten. Für die Ausweisung von Flächen und für Planungen<br />
sind solche Unsicherheiten inakzeptabel.<br />
Um genauere Werte zu ermitteln, sind in diesen Fällen standortspezifische Gutachten<br />
notwendig, die bei Absenz belastbarer Vergleichsdaten auch auf Windmessungen<br />
basieren sollten. Bei inzwischen in Hessen erstellten Einzelgutachten wurden schon Abweichungen<br />
von 0,25 – 1,0 m/s zu den Potenzialkarten festgestellt.<br />
Abhängigkeit des vertikalen Windprofils<br />
von der Temperaturschichtung<br />
200<br />
180<br />
labil<br />
160<br />
Höhe über Grund in m<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
neutral<br />
stabil<br />
40<br />
20<br />
0<br />
2,0 5,8 7,1 8,0 8,8 9,5 10,1<br />
Windgeschwindigkeit in m/s<br />
68
WINDMESSUNG | Was leistet ein Windatlas?<br />
Windatlanten:<br />
Stärken, Schwächen, mögliche Verbesserungen<br />
Stärken<br />
• Großflächige Darstellung des Windpotenzials<br />
• Teils treffende qualitative Darstellung lokaler Unterschiede<br />
• Grobe Anhaltswerte zur Unterstützung bei Flächenausweisung<br />
Schwächen<br />
• Sehr große Gebiete werden untersucht<br />
• Je nach Region hohe bis sehr hohe quantitative Ungenauigkeiten<br />
• Je nach Region wenig belastbare Referenzdaten in größeren Gebieten<br />
• Oft nur Angaben von Windgeschwindigkeiten<br />
Verbesserungsmöglichkeiten<br />
• Kartografische Angaben von Windenergiepotenzialen<br />
(z. B. Windenergiedichte in W/m²)<br />
• Möglichst hohe Auflösung des Berechnungsgitters (mind. 100 x 100 m)<br />
• Angaben von Fehlerabschätzungen als kartografische Darstellungen<br />
• Kartografische Darstellung aller Referenzdaten und deren Güte<br />
• Berücksichtigung der Luftschichtungseffekte<br />
• Ggf. Kombination des Berechnungsmodells mit ↗ mesoskaligen Modellen<br />
• Angaben zur Bewertung der ↗ Rauigkeit verschiedener Landnutzungen<br />
Windgeschwindigkeit ist nicht gleich Energiegehalt<br />
Problematisch ist es, wenn in den Karten als Maß zur Bewertung der Windhöffigkeit<br />
nicht der Energiegehalt des Windes, sondern die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten<br />
dargestellt werden. Letztere sind je nach Häufigkeitsverteilung des Windes für<br />
den Ertrag eine recht variable Größe. Der Energiegehalt des Windes und damit der Ertrag<br />
einer Windenergieanlage sind stark von der Verteilung der einzelnen Windgeschwindigkeiten<br />
abhängig: Sie können bei der selben mittleren Windgeschwindigkeit um bis zu 15<br />
Prozent schwanken.<br />
69
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Selbstbau-Anemometer in St. Moritz. Foto: Jens Meier<br />
70
WINDMESSUNG | Was leistet ein Windatlas?<br />
So kann eine mittlere Jahreswindgeschwindigkeit<br />
von 6 m/s bedeuten, dass<br />
der Wind das ganze Jahr konstant mit 6<br />
m/s weht. Oder er weht in der einen Jahreshälfte<br />
mit 12 m/s, während im anderen<br />
Halbjahr Windstille herrscht. In diesem<br />
Fall würde eine Windenergieanlage bei<br />
der gleichen mittleren Windgeschwindigkeit<br />
etwa das Vierfache an Energie produzieren.<br />
Vor diesem Hintergrund sollte<br />
bei der Ausweisung von Potenzialflächen<br />
neben der mittleren Windgeschwindigkeit<br />
grundsätzlich auch die mittlere Windleistungsdichte<br />
als Beurteilungsgröße dargestellt<br />
sein.<br />
Ein bedeutsamer Faktor kann auch die<br />
Berücksichtigung der thermischen Schichtung<br />
in der Atmosphäre sein. Aufgrund<br />
unterschiedlicher thermischer Schichtungsverhältnisse<br />
kann die Windzunahme bei<br />
steigender Höhe an einem Standort deutlich<br />
von der des Referenz standortes abweichen.<br />
Da die Daten hierzu großflächig<br />
oft schwer zu erheben bzw. zu ermitteln<br />
sind, erfolgt meist keine Berücksichtigung<br />
der thermischen Schichtung, im besten<br />
Fall werden durchschnittliche Annahmen<br />
getroffen.<br />
Fazit<br />
Windpotenzialkarten sind in der<br />
Gesamtbetrachtung grobe Orientierungshilfen,<br />
die je nach Untersuchungsbereich<br />
aber große quantitative<br />
Unsicherheiten mit sich bringen können.<br />
Zur Unterstützung der Einschätzungen<br />
in den Karten ist eine kartografische<br />
Fehleranalyse daher dringend<br />
zu empfehlen. Aufgrund ihrer Aussagekraft<br />
für den potenziellen Windertrag<br />
eines Standortes ist die Angabe<br />
der Windenergiedichte gegenüber der<br />
Angabe der mittleren Windgeschwindigkeit<br />
immer zu präferieren.<br />
Zudem sollten vor der Ausweisung von<br />
Potenzialgebieten ergänzend auch genauere<br />
standortbezogene Gutachten<br />
mit einfließen und von den Planungsbehörden<br />
zugelassen werden. Dies gilt<br />
vor allem dann, wenn ein Mindestpotenzial<br />
an Wind zu den Kriterien für<br />
die Flächenausweisung gehört.<br />
Autor<br />
Roman Wagner vom Berg (Jg. 1965) ist Gründer und Inhaber des Ingenieurbüros<br />
PLANkon. Der Dipl.-Ing. (FH) für Bauingenieurswesen erstellt seit 1997 Windgutachten<br />
für Onshore-Parks und arbeitet in der Planung und Betreuung von Windenergieprojekten<br />
im In- und Ausland. Er ist zudem Gründungsmitglied und Sprecher des<br />
<strong>BWE</strong>-Windgutachterbeirates, Stellvertretender Vorsitzender des <strong>BWE</strong>-Planerbeirates<br />
und Mitglied im Fachausschuss Windpotenzial der FGW.<br />
71
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Messmast und Lidars. Foto: Deutsche Windguard<br />
72
WINDMESSUNG | „LiDAR wird sich als zentrales Werkzeug etablieren“<br />
„LiDAR wird sich als<br />
zentrales Werkzeug<br />
etablieren“<br />
Interview mit Axel Albers über Unterschiede und<br />
Einsatzmöglichkeiten von LiDAR und SoDAR für die<br />
Windmessung.<br />
Herr Albers, Sie verfügen über langjährige<br />
Erfahrungen mit bodengestützten<br />
Messsystemen. Wie funktionieren<br />
↗ SoDAR und ↗ LiDAR?<br />
Axel Albers: Beide Systeme nutzen meistens<br />
den sogenannten Dopplereffekt:<br />
Beim SoDAR (= Sound Detecting And<br />
Ranging) wird ein kurzer Schallimpuls in<br />
drei Raumrichtungen ausgesendet, in der<br />
Atmosphäre reflektiert und wieder empfangen.<br />
Aus der Frequenzverschiebung<br />
des zurückgestreuten Schallsignals wird<br />
jeweils die Windgeschwindigkeitskomponente<br />
entlang des Sendestrahls ermittelt.<br />
Durch Verwendung von mindestens<br />
drei Schallstrahlen können schließlich<br />
Windgeschwindigkeit und Windrichtung<br />
bestimmt werden. Die Messhöhe wird<br />
durch die Messung der Laufzeit zwischen<br />
dem Senden des Schallimpulses und<br />
dem Empfang des rückgestreuten Signals<br />
ermittelt. Durch Vorgabe von verschiedenen<br />
Zeitfenstern für den Empfang kann<br />
das Windfeld in verschiedenen Höhen<br />
gemessen werden.<br />
Beim LiDAR (= Light Detection And Ranging)<br />
wird auf ähnliche Weise vorgegangen,<br />
allerdings werden hier Lichtimpulse<br />
als Trägersignal genutzt: Ein Teil der<br />
ausgesendeten Lichtimpulse wird an<br />
Partikeln in der Luft, den sogenannten<br />
Aerosolen, reflektiert. Beim Empfang der<br />
Signale wird die durch den Dopplereffekt<br />
verursachte Frequenzverschiebung ausge-<br />
73
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
wertet, um daraus die Windgeschwindigkeit<br />
und -richtung in den entsprechenden<br />
Messhöhen zu errechnen.<br />
Was sind die zentralen Unterschiede<br />
der beiden Verfahren?<br />
Der entscheidende Unterschied ergibt<br />
sich im Grunde aus der Geschwindigkeit<br />
der Signale: Da sich Licht um ein Vielfaches<br />
schneller durch den Raum bewegt<br />
als Schall, erreichen LiDARs eine weit<br />
höhere Abtastrate als SoDARs, was die<br />
Qualität der Messergebnisse deutlich<br />
erhöht. Hinzu kommt, dass das Signalrauschen<br />
etwa 50 Mal niedriger ist als bei einem<br />
SoDAR, da Licht gegenüber äußeren<br />
Einflüssen unempfindlicher ist als Schall.<br />
Außerdem ist die Richtcharakteristik von<br />
Laserlicht wesentlich besser als die von<br />
Schall. All dies wirkt sich nicht nur auf die<br />
Genauigkeit der Messungen aus, sondern<br />
auch in Bezug auf die Signalverfügbarkeit<br />
ist der Einsatz der optischen Messung klar<br />
im Vorteil.<br />
Auch bei den Wetterbedingungen ist die<br />
LiDAR-Technik im Vorteil, da die schallgestützte<br />
Messung bei Regen keine brauchbaren<br />
Daten liefern kann – diese müssen<br />
dann herausgefiltert werden. Aber auch<br />
LiDAR stößt an seine Grenzen, wenn beispielsweise<br />
dichter Nebel herrscht oder<br />
die Aerosoldichte, z. B. im Hochgebirge,<br />
nicht ausreichend ist.<br />
Das heißt, der Einsatz einer LiDAR-Messung<br />
ist in den meisten Fällen der schallgestützten<br />
Messung vorzuziehen. Gilt<br />
das auch im Vergleich zur klassischen<br />
Methode mit Messmast und ↗ Schalenanemometern?<br />
Letztere hat sich in den letzten Jahren<br />
stark weiterentwickelt, eine Mastmessung<br />
verspricht zum jetzigen Stand mit<br />
Standardunsicherheiten von 1 bis 2<br />
Messmast.<br />
Foto: Deutsche Windguard<br />
74
WINDMESSUNG | „LiDAR wird sich als zentrales Werkzeug etablieren“<br />
Prozent nach wie vor die genauesten<br />
Messergebnisse. Bei einem guten LiDAR<br />
liegt sie im flachen Gelände zwischen<br />
2 und 3 Prozent, beim SoDAR kann sie<br />
leicht 5 Prozent betragen. Das ist eine<br />
ganze Menge, wenn man bedenkt, dass<br />
der Ertrag bei einer Abweichung des<br />
Windaufkommens von 5 Prozent um bis<br />
zu 15 Prozent schwanken kann.<br />
Der Knackpunkt ist aber letztlich, dass<br />
für die bodengestützten Messmethoden<br />
keine Baugenehmigung nötig ist. Und das<br />
kann bei einem Messmast schon bis zu<br />
sechs Monate dauern. Zudem brauchen<br />
die bodengestützten Systeme weder Fundamente<br />
noch Platz für die Abspannung.<br />
LiDAR. Foto: Deutsche Windguard<br />
Ist die alleinige Messung mit einem Li-<br />
DAR nach dem derzeitigen Stand ausreichend<br />
oder sollten die Messmethoden<br />
besser miteinander kombiniert werden?<br />
Bis vor ein paar Jahren waren für So-<br />
DARs wie LiDARs noch keine konkreten<br />
Anforderungen in den entsprechenden<br />
↗ IEC-Richtlinien definiert. Das hat sich<br />
zwischen 2009 und 2011 geändert, sie<br />
wurden in einen Entwurf des maßgebenden<br />
Standards für die Leistungskurvenmessungen<br />
von Windenergieanlagen<br />
eingearbeitet. Seitdem stößt insbesondere<br />
LiDAR auf immer mehr Zustimmung in<br />
der Branche und kann durchaus auch als<br />
Stand-alone-Lösung eingesetzt werden.<br />
Auch die Banken akzeptieren das mittlerweile,<br />
wenn die aus der Messung resultierende<br />
Genauigkeit hoch genug ist. Das<br />
lässt sich mit einem guten LiDAR an relativ<br />
flachen Standorten leicht erreichen.<br />
Im komplexeren Gelände ist das allerdings<br />
nur möglich, wenn prinzipbedingte<br />
Messfehler durch geeignete Maßnahmen<br />
in einem akzeptablen Rahmen gehalten<br />
werden können.<br />
Welche Messdauer ist nach Ihrer Erfahrung<br />
notwendig?<br />
In den entsprechenden Richtlinien wird<br />
eine Messdauer von einem Jahr als ausreichend<br />
empfohlen. Nach diversen wissenschaftlichen<br />
Untersuchungen kommen<br />
aber auch schon nach acht oder neun<br />
Monaten akzeptable und realistische<br />
Ergebnisse zustande, weswegen meine<br />
persönliche Empfehlung eher in diese<br />
Richtung geht. Denn je länger gemessen<br />
wird, desto höher sind letztlich auch die<br />
Kosten dafür.<br />
75
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Stichwort Kosten: Ist eine LiDAR-Messung<br />
deutlich günstiger als eine klassische<br />
Messung mit Mast?<br />
Das kann man so nicht unbedingt sagen,<br />
da es bei der klassischen Methode stark<br />
auf die Messhöhe ankommt: Liegt diese<br />
bei 100 Metern, muss man mit etwa<br />
100.000 Euro im Jahr rechnen, bei 140<br />
Metern sind es knapp 150.000 Euro.<br />
Wobei das noch stark variieren kann, je<br />
nachdem wie die Bodenbeschaffenheit<br />
ist und damit auch der Aufwand für die<br />
Fundamente.<br />
Im Vergleich dazu kostet eine einjährige<br />
Messung mit einem guten LiDAR etwa<br />
150.000 Euro, wobei die Messhöhe und<br />
der Untergrund bei seinem Einsatz so gut<br />
wie keine Rolle spielen.<br />
Kauf der Geräte, da die Miete auf Dauer<br />
natürlich teurer ist, als die Geräte selbst<br />
zur Verfügung zu haben.<br />
Wie schätzen Sie die Zukunft der Windmessung<br />
ein? Wird sich die LiDAR-Messung<br />
stärker am Markt durchsetzen?<br />
Bei LiDAR hat die Entwicklung ja gerade<br />
erst angefangen. Ich rechne fest damit,<br />
dass wir in einigen Jahren Geräte haben<br />
werden, die noch weitaus exakter messen<br />
als die heutigen. Sicher wird es immer<br />
Bedingungen geben, bei denen eine<br />
Messung mit Schalensternanemometern<br />
unumgänglich ist. Aber abgesehen davon<br />
bin ich überzeugt, dass sich die LiDAR-<br />
Technologie als zentrales Werkzeug für<br />
Windmessungen etablieren wird.<br />
Lohnt sich der Kauf eines LiDAR, wenn<br />
ein größeres Projekt ansteht, oder ist es<br />
günstiger, ein Gerät mit entsprechendem<br />
Service zu mieten?<br />
Ein Service ist immer empfehlenswert,<br />
denn es gehört schon allein eine Menge<br />
Know-how dazu, das Messgerät optimal<br />
zu platzieren und die Daten korrekt<br />
auszuwerten. Zudem muss ja auch eine<br />
Unsicherheitsanalyse erstellt werden, was<br />
eine recht aufwendige Angelegenheit ist.<br />
Der Messvorgang gehört auf jeden Fall in<br />
professionelle Hände. Aber das hängt ja<br />
nicht unbedingt davon ab, ob ein Gerät<br />
gekauft oder gemietet wird.<br />
Wenn Windparkplaner mehrere Projekte<br />
planen, lohnt sich in der Regel auch der<br />
Interviewpartner<br />
Axel Albers (Jg. 1965) ist als<br />
Geschäftsführer der Deutsche<br />
WindGuard Consulting<br />
GmbH verantwortlich für<br />
die Dienstleistungsbereiche<br />
Windmessungen, Standortuntersuchungen,<br />
Technische Due Diligence,<br />
Leistungskennlinienmessungen, Schallmessungen<br />
und -prognosen sowie Windparkanalysen. Ferner<br />
ist er Leiter des akkreditierten Prüflaboratoriums<br />
Deutsche WindGuard und Mitglied zahlreicher<br />
Standardisierungsgremien.<br />
76
WINDMESSUNG | „LiDAR wird sich als zentrales Werkzeug etablieren“<br />
Auch bei SODAR geht die Entwicklung weiter!<br />
Und deshalb erreichen Sie nach wie vor mit dem AQ500 WindFinder für große<br />
Nabenhöhen das beste Verhältnis von Aussagesicherheit zu Kosten der<br />
Windmessung.<br />
Aktuelle Preisbeispiele:<br />
1 Jahr Messung: 42.000 €<br />
Parallele Messung an zweiter Position über 2 Monate: ca. 9.000 €<br />
3 Monate Sondierungsmessung mit Grobabschätzung: ca. 16.000 €<br />
jeweils zzgl. MwSt.<br />
Besondere Kennzeichen:<br />
Datenverfügbarkeit typisch 97 %<br />
in 100 m über Grund –<br />
einschließlich Geräteverfügbarkeit!<br />
minimaler Wartungsbedarf<br />
Dieselgenerator und Solarpanels<br />
integriert<br />
Strahlneigung nur 15° für<br />
minimale systematische Fehler in<br />
gegliedertem Gelände<br />
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an einem von GL Garrad Hassan<br />
verifizierten Messmast<br />
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in Entwicklung und Betrieb von<br />
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Tel. 04133 210696 E-Mail: wind@anemos-jacob.de www.anemos-jacob.de<br />
77
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windgutachter<br />
anemos Gesellschaft für<br />
Umweltmeteorologie mbH<br />
Böhmsholzer Weg 3<br />
21391 Reppenstedt<br />
Tel.: 04131 8308-0<br />
Fax: 04131 8308-199<br />
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über 20 Jahren unterstützen<br />
wir Ihr Projekt umfassend:<br />
Ertragsanalysen, Risikoanalysen,<br />
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Simulationen, Windmessungen,<br />
Windatlanten, Due Dilligence,<br />
Wind- und Ertragsindex.<br />
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54516 Wittlich<br />
Tel.: 06571 5912<br />
Fax: 06571 28849<br />
theunert@metconsult-online.de<br />
www.metconsult-online.de<br />
Wind-, Ertrags- und Turbulenzgutachten,<br />
Stellungnahmen<br />
zum Ertragsverlust, Potenzialanalysen,<br />
Schallimmissionsprognose,<br />
Messdatenauswertung.<br />
GEO-NET Umweltconsulting<br />
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Große Pfahlstraße 5a<br />
301651 Hannover<br />
Tel.: 0511 38872-00<br />
Fax: 0511 38872-01<br />
info@geo-net.de<br />
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Über 2100 Windenergieprojekte<br />
in über 40 Ländern, Wind-/<br />
Ertrags- u. Turbulenzgutachten,<br />
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Windmessungen: Konzeption,<br />
Organisation und Ausführung<br />
im In- und Ausland (Mast bis<br />
140 m und höher, LiDAR), bankfähige<br />
Abschlussberichte.<br />
JH Wind GmbH<br />
Lindenbergstraße 12<br />
79199 Kirchzarten<br />
Tel.: 07661 9895304<br />
Fax: 03212 2894671<br />
jh-wind@email.de<br />
www.jh-wind.de<br />
Windgutachten: für geplante<br />
Standorte, Windpotentialstudien:<br />
Windpotentialkarten<br />
und Ertragsabschätzungen für<br />
mögliche Standorte, Schall- und<br />
Schattenwurfberechnungen,<br />
Visualisierungen.<br />
KRIWAN Industrie-Elektronik<br />
GmbH<br />
Allmand 11<br />
74670 Forchtenberg<br />
Tel.: 07947 822-0<br />
Fax: 07947 71-22<br />
info@kriwan.com<br />
www.kriwan.com<br />
Anemometer, Windgeschwindigkeit,<br />
Windrichtung, Windmesssysteme,<br />
Meteorologische<br />
Windmessung, Windüberwachung,<br />
Windmesstechnik,<br />
Wettermesstechnik.<br />
78
WINDMESSUNG | Windgutachter<br />
Power of Nature - Windenergie<br />
Aulendorf 40<br />
48727 Billerbeck<br />
Tel.: 02543 93046-74<br />
Fax: 02543 93046-73<br />
joerg.fuertges@powernature.de<br />
www.powernature.de<br />
Wind- und Ertragsprognose,<br />
Schallimmissionsprognose und<br />
Schattenwurfanalyse, Visualisierung<br />
von Windprojekten,<br />
Turbulenzermittlung, Auswertung/Analyse<br />
Winddaten.<br />
SOLvent GmbH<br />
Lünener Straße 211<br />
59174 Kamen<br />
Tel.: 02307 2400-63<br />
Fax: 02307 2400-64<br />
jw@solvent.de<br />
www.solvent.de<br />
Bestimmung von Windpotenzial<br />
und Energieerträgen<br />
von Windenergieanlagen<br />
einschließlich Prüfung windklimatologischer<br />
Eingangsdaten<br />
auf der Basis anerkannter<br />
Prüf- und Bestimmungsverfahren<br />
(z. B. Technische Richtlinie<br />
für Windenergieanlagen der<br />
Fördergesellschaft Windenergie<br />
e. V. (FGW), Teil 6).<br />
reko Windenergie-Analysen<br />
Sander Bruch Str. 10<br />
33106 Paderborn<br />
Tel.: 05254 9528129<br />
Fax: 05254 952729<br />
r.korfmacher@rekowind.de<br />
Schallimmissionsprognosen,<br />
Schattenwurfanalysen, Windund<br />
Ertraggutachten, animierte<br />
Visualisierungen, Beratungen,<br />
Langzeitbewertung von laufenden<br />
Windparks.<br />
79
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
80
Ertragsberechnung<br />
81
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Klaus Bergmann mit zwei Geräten für laserbasierte Windmessungen. Foto: BBB<br />
82
ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />
Grundlagen der<br />
Ertragsberechnung<br />
für Windparks<br />
Eine realistische Ertragsberechnung ist das maßgebliche<br />
Kriterium für die Entscheidung zum Bau eines Windparks.<br />
Aber auf welchen Grundlagen fußen tatsächlich belastbare<br />
Ertragsberechnungen? Wie sollte man vorgehen und welche<br />
Qualitätskriterien sind dabei zu beachten?<br />
83
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Wind – eine Definition<br />
Wind ist die gerichtete Strömung von Luftmassen von einem Hochdruck- zu einem<br />
Tiefdruckgebiet. Diese Randbedingungen bilden den Rahmen einer Strömungsdynamik<br />
im Gelände, welche sich abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit und der ↗ Topografie<br />
ausbildet. Dabei begünstigen niedrige ↗ Rauigkeiten und wenige Wechsel der<br />
Landbedeckung den Energiegehalt einer Strömung. Auch thermische Eigenschaften der<br />
Erdoberfläche beeinflussen lokale Windsysteme hinsichtlich der Richtungsverteilung<br />
und des Energiegehalts. Die Topografie prägt die oberflächennahe Strömung aufgrund<br />
von Verdrängungseffekten: So hat die Strömung in Tälern generell einen geringeren<br />
Energiegehalt als auf umliegenden Erhöhungen, in Einzelfällen kann sich die Talstruktur<br />
aber auch begünstigend auswirken.<br />
Die Erfassung der Windverhältnisse<br />
Das Zusammenspiel vieler Faktoren beeinflusst die spezifischen Windverhältnisse an<br />
einem Standort. Im Rahmen einer Ertragsberechnung müssen diese bekannt sein, um<br />
sie mithilfe einer Leistungskennlinie auf die Stromproduktion einer Windenergieanlage<br />
(WEA) umzurechnen. Da in der Praxis am Standort oft keine langfristige Windmessung in<br />
Nabenhöhe und in weiteren Messhöhen vorliegt, werden messtechnisch erfasste Strömungsverhältnisse<br />
an einem oder mehreren Referenzpunkten in einen sogenannten<br />
Langzeitbezug gesetzt. Die langfristig erwarteten Verhältnisse an den Referenzpunkten<br />
können dann mithilfe von Modellen an jeden WEA-Standort und in die entsprechende<br />
Höhe übertragen werden. Die Windverhältnisse werden in der Regel lediglich vereinfacht<br />
und als Durchschnittsverhältnisse wiedergegeben.<br />
Dabei werden die langfristigen<br />
Verhältnisse der Vergangenheit analysiert,<br />
und es wird angenommen, dass sie sich in<br />
der Zukunft ähnlich darstellen. Die Qualität<br />
einer Ertragsberechnung ergibt sich<br />
aus der Qualität der Datengrundlage und<br />
dem Anwendungsrahmen der verwendeten<br />
Modelle.<br />
Qualität einer Ertragsberechnung<br />
Je schlechter die Qualität der<br />
Datengrundlage ist und je näher die<br />
Grenzen eines Modells rücken, desto<br />
höher sind die Unsicherheiten einer<br />
Ertragsberechnung.<br />
Um eine möglichst hohe Qualität von Ertragsberechnungen sicherstellen, bewerten<br />
und weiterentwickeln zu können, wurden in der Windenergiebranche verschiedene<br />
Standards und Richtlinien entwickelt.<br />
84
ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />
Aufbau eines 100-Meter-Messmastes an einem Standort bei Marburg. Foto: BBB<br />
In Deutschland können sich erfahrene Fachbüros von der Deutschen Akkreditierungsstelle<br />
als Prüflabor gemäß DIN EN ISO/IEC 17025:2005 für Ertragsberechnungen<br />
und Windmessungen akkreditieren lassen. Üblich ist die Anerkennung der Technischen<br />
Richtlinie für Windenergieanlagen – Teil 6 (↗TR6): „Bestimmung von Windpotenzial und<br />
Energieerträgen“ der Fördergesellschaft für Windenergie e.V. (FGW), die in ihrer mittlerweile<br />
achten Revision seit 2004 besteht und stetig weiterentwickelt wird. In der TR6<br />
wurden Mindestanforderungen an die Datengrundlage, die verwendeten Modelle, die<br />
Ertragsberechnung und die Unsicherheitenanalyse zusammengetragen.<br />
Auf europäischer Ebene existiert zudem seit 2009 die Publikation des Measuring<br />
Network of Wind Energy Institute (↗ MEASNET) „Evaluation of site-specific wind condition“,<br />
in der eine Methodik zur Erfassung und Beschreibung der Windverhältnisse dargestellt<br />
ist. Auf internationaler Ebene beschäftigt sich die International Electrotechnical<br />
Commission (↗ IEC) mit der Erstellung von Standards, über die Methoden der Ertragsberechnung<br />
harmonisiert werden sollen.<br />
85
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Praktisches Vorgehen des Gutachters<br />
Bei der Ertragsberechnung für einen Windpark wird grundsätzlich wie folgt vorgegangen:<br />
Im Anschluss an die Auftragsklärung und die Datenbeschaffung wird ein Terrainmodell<br />
des Standorts und seiner Umgebung durch eine Standortbesichtigung und<br />
mithilfe digitaler Höhenlinien sowie flächenhafter Rauigkeitswerte erstellt. Parallel wird<br />
die Datengrundlage analysiert. Hierbei werden standortnahe Kurzzeitdaten und die<br />
Langzeitreferenz hinsichtlich ihrer Qualität und Konsistenz geprüft.<br />
Standortspezifische Daten liegen in der Regel nur für einen Zeitraum von einem oder<br />
wenigen Jahren vor. Kurzzeitdaten sind allerdings in der Regel nicht repräsentativ für die<br />
langfristig zu erwartenden Verhältnisse. Jährliche Schwankungen können bis zu 25 Prozent<br />
vom mittleren Energieniveau abweichen, monatliche Schwankungen liegen oft<br />
weit höher. Durch geeignete Verfahren können die Kurzzeitdaten mit den Langzeitdaten<br />
korreliert werden, um anschließend das erstellte Terrainmodell anhand der langfristig<br />
gültigen Werte zu validieren. Hierfür werden die Windcharakteristika an den standortnahen<br />
Referenzpunkten mithilfe des verwendeten Modells berechnet. Mit dem validierten<br />
Modell kann dann die Windcharakteristik und über die Leistungskennlinie einer WEA der<br />
Ertrag am geplanten Standort berechnet werden. Abschließend wird ein Bericht erstellt,<br />
der die Arbeitsschritte und Ergebnisse transparent zusammenfasst sowie Angaben über<br />
entsprechende Unsicherheiten enthält.<br />
Ablauf einer Ertragsberechnung<br />
Windressourcenkarte<br />
Land X (öffentlich)<br />
Windressourcenkarte<br />
Gemeinde Y<br />
Ertragsabschätzung<br />
Standort Z<br />
Bankfähiges<br />
Windgutachten<br />
Quelle: BBB Umweltservice GmbH<br />
86
ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />
Neben dem firmeninternen Verfahrensablauf sollten auch die Schnittstellen zwischen<br />
Auftraggeber und -nehmer geklärt werden. Eine klar definierte Aufgabenstellung<br />
und der Austausch bereits bestehender Daten können unnötige nachträgliche Arbeitsschritte<br />
vermeiden helfen. Je nach Datengrundlage kann ein bankfähiges Windgutachten<br />
oder eine Ertragsabschätzung der Windverhältnisse erstellt werden. Darüber hinaus ist<br />
neben einer punktuellen Ertragsberechnung für unterschiedliche Anlagentypen auch<br />
die Berechnung einer flächenhaften Ressourcenkarte möglich, die z. B. im Rahmen von<br />
Machbarkeitsstudien auch für andere Planungsbelange genutzt werden kann.<br />
Anforderungen an die Datengrundlage<br />
Standortnahe Kurz- und Langzeitdaten müssen eine möglichst hohe Qualität haben,<br />
damit die Unsicherheiten des damit errechneten Ertragswertes möglichst gering bleiben.<br />
Indikatoren für eine hohe Datenqualität sind neben der Datenquelle und der Dokumentation<br />
zudem die Auflösung, Verfügbarkeit und Konsistenz der Daten.<br />
Standortnahe Kurzzeitdaten können aus Windmessungen stammen oder in Form von<br />
Betriebsdaten benachbarter Anlagen vorliegen. Für eine standardkonforme Berechnung<br />
müssen die Zeitreihen mindestens ein Jahr umfassen und in einer Mindesthöhe von zwei<br />
Dritteln der geplanten Nabenhöhe gemessen worden sein. Messungen in kürzeren Zeiträumen<br />
können aufgrund nicht repräsentativer thermischer Schichtung der Atmosphäre<br />
zu falschen Annahmen über das Windprofil führen. Sie bieten in den meisten Fällen keine<br />
ausreichende Datenbasis für die Erstellung eines Langzeitbezugs.<br />
Windmessungen<br />
Windmessungen werden mit ↗ Schalenkreuzanemometern und Windfahnen an<br />
Messmasten oder mithilfe von Fernerkundungsgeräten durchgeführt. Letztere sind derzeit<br />
noch nicht als alleinige Kurzzeit-Datengrundlage in den Standards aufgenommen.<br />
Dies wird sich voraussichtlich aber auf mittlere Sicht ändern, da die Technologien einiger<br />
Hersteller ausgereift sind und zahlreiche valide Messergebnisse vorliegen.<br />
Betriebsdaten von bestehenden Anlagen<br />
Während Messdaten von Masten oder Fernerkundungsgeräten meistens in privatwirtschaftlicher<br />
Hand sind, besteht in Deutschland für Betriebsdaten bestehender Anlagen,<br />
die eine EEG-Vergütung erhalten, eine Veröffentlichungspflicht. Üblicherweise werden<br />
in Deutschland Ertragsberechnungen auf der Basis von Ertragsdaten bestehender<br />
Anlagen durchgeführt. Um diese für eine standardkonforme Ertragsberechnung nutzen<br />
zu können, müssen sie anlagenscharf, mindestens in monatlicher Auflösung und unter<br />
87
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
140 Meter hoher Messmast bei Beratzhausen, Bayern. Foto: Herbert Grabe/OSTWIND<br />
88
ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />
Angabe technischer sowie ggf. parkinterner Netzverluste vorliegen. Um ein realistisches<br />
Windpotenzial ermitteln zu können, müssen die Leistungskennlinien der Anlagen zudem<br />
den theoretischen Angaben entsprechen.<br />
In der Regel liegen die Betriebsdaten bei den Anlagenbetreibern, veröffentlicht werden<br />
sie von den Netzbetreibern. Die so veröffentlichten Daten sind für die Ertragsberechnung<br />
allerdings kaum praktikabel. Werden sie nicht zusätzlich von den Betreibern<br />
veröffentlicht, kann die Datenbeschaffung einen erheblichen Aufwand bedeuten. Hier<br />
sollten Projektentwickler, Betreiber und Gutachter noch enger zusammenarbeiten, um<br />
bessere Datengrundlagen für Ertragsberechnungen zu schaffen und damit die Planungsrisiken<br />
zu verringern.<br />
Mit der Erschließung der südlichen Bundesländer und weiterer komplexer Regionen<br />
sowie mit dem Bau großer Nabenhöhen werden Windmessungen immer häufiger direkt<br />
am Standort durchgeführt.<br />
Indizes und Reanalysedaten<br />
Kurzzeitdaten müssen in jedem Fall auf ihre Repräsentativität im Langzeitniveau<br />
überprüft werden. Dazu sollten mindestens zwei unterschiedliche Langzeitdatensätze<br />
vorliegen. Als Langzeitreferenzen werden in Deutschland aktuell größtenteils ein Ertragsindex<br />
der Betreiberdatenbasis (↗ BDB-Index) und auf ↗ Reanalysedaten basierende Indizes<br />
verwendet. Der BDB-Index weist methodenbedingt eine hohe Trendhaltigkeit auf,<br />
die bei jeder Ertragsberechnung berücksichtigt werden muss.<br />
Die Reanalysedaten beinhalten Windgeschwindigkeit und -richtung. Sie werden über<br />
Klimamodelle generiert, die über gemessene meteorologische Größen validiert sind (Reanalyse).<br />
Obwohl die absoluten Werte der Reanalysedaten bisher in keiner Form belastbar<br />
sind, entspricht ihr Verlauf sehr gut gemessenen Zeitreihen. In den letzten Jahren<br />
haben sich Reanalysedaten zudem erheblich weiterentwickelt, die räumliche und zeitliche<br />
Auflösung hat sich verbessert. Die Verwendung der oft frei verfügbaren Daten als<br />
Langzeitreferenz senkt die Berechnungsunsicherheit erheblich.<br />
Anforderungen an die Modelle<br />
In der Windenergiebranche haben sich nur wenige Modelle durchgesetzt, die für<br />
Ertragsberechnungen im Binnenland genutzt werden. Sie beziehen sich auf die Beschreibung<br />
der reibungsbeeinflussten ↗ Prantl-Schicht. In den letzten zwei Jahrzehnten haben<br />
sich ↗ WAsP (Wind Atlas Analysis and Application Program) und das sogenannte<br />
Windatlas-Verfahren zum Standard entwickelt, deren Anwendung allerdings auf flaches<br />
bis leicht hügeliges Terrain beschränkt ist.<br />
In beiden Modelltypen wird ein Terrainmodell eingespeist, das über Referenzpunkte<br />
89
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
mit langzeitkorrelierten Daten validiert wird. Damit kann über meteorologische Rechenalgorithmen<br />
von den Windverhältnissen an den Referenzpunkten auf die Verhältnisse an<br />
beliebigen Koordinaten innerhalb des Modells geschlossen werden. Die Berechnungsansätze<br />
der Modelle unterscheiden sich allerdings stark.<br />
Modell im einfacheren Gelände: WAsP<br />
Das empirische, lineare Modell WAsP berechnet generelle Windstatistiken, indem<br />
die Einflüsse der ↗ Orographie und der Rauigkeit an Referenzpunkten herausgerechnet<br />
werden. In einem zweiten Schritt können die Einflüsse an gewünschten Positionen wieder<br />
berücksichtigt werden, um damit an allen Positionen innerhalb des Modells Erträge<br />
zu berechnen. Allerdings kann der Einfluss der Orographie spätestens ab einer Geländesteigung<br />
von 30 Prozent nicht mehr realitätsnah berechnet werden, was zu massiven<br />
Fehleinschätzungen der Windverhältnisse führt.<br />
CFD-Modelle im komplexeren Gelände<br />
Energieautarker LiDAR-Trailer: beinhaltet Messgerät,<br />
Brennstoffzelle und Solarmodule zum un -<br />
abhängigen Betrieb an jedem Standort. Foto: BBB<br />
↗ CFD-Modelle sind physikalische Modelle. Sie berechnen für alle Zellen innerhalb<br />
des Modells die relative Änderung von Strömungsverhältnissen in horizontaler und vertikaler<br />
Ausdehnung. In einem weiteren Berechnungsschritt wird das Modell über die<br />
langzeitkorrelierten Daten der Referenzpunkte angetrieben. Daraus lassen sich dann<br />
absolute Werte für jede Zelle ableiten. CFD-Modelle können mit großen Steigungen wesentlich<br />
besser umgehen, obwohl auch hier die Unsicherheit mit der Komplexität ansteigt.<br />
Zudem kann mit ihnen die thermische Schichtung berücksichtigt werden. In der<br />
Praxis geschieht dies bisher selten, da in Deutschland in der Regel eine neutrale Schichtung<br />
angenommen werden kann und eine<br />
Berücksichtigung aufgrund mangelnder<br />
Datengrundlage meist nicht möglich ist.<br />
Neben diesen mikroskaligen kommen<br />
in der Windenergiebranche auch ↗ mesoskalige<br />
Modelle zur Anwendung. Über<br />
sie können Reanalysedaten verfeinert<br />
sowie relative räumliche Unterschiede<br />
der Windverhältnisse, aber auch die Bedingungen<br />
in höheren atmosphärischen<br />
Schichten berechnet werden. Für die Berechnung<br />
absoluter Windverhältnisse und<br />
Ertragsberechnungen sind diese Modelle<br />
aktuell allerdings nicht geeignet.<br />
90
ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />
Fazit<br />
Belastbare Ertragsberechnungen sind gegenwärtig innerhalb der Berechnungsunsicherheit<br />
gut möglich. Letztere liegt im flachen Gelände bei etwa 10 – 15 Prozent,<br />
im komplexen Gelände zwischen 15 und 25 Prozent. Die Möglichkeiten zur Durchführung<br />
von Ertragsberechnungen haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten<br />
erheblich verbessert und die vorhandenen Modelle werden sich auch in Zukunft<br />
weiterentwickeln. Allerdings werden die Unsicherheiten ebenso bestehen bleiben<br />
und nur wenig unter 10 Prozent gedrückt werden können. Für Projektplaner und<br />
Finanzierende bleibt die Ertragsberechnung somit eine Herausforderung. Dies ist<br />
ihrer Komplexität sowie den Teilunsicherheiten der Berechnungsgrundlagen und<br />
-methoden geschuldet.<br />
In einigen Bereichen ist für die Ertragsberechnung jedoch noch viel Potenzial<br />
vorhanden: Möglicherweise werden in Zukunft standortspezifische Leistungskennlinien<br />
der WEA zur Verfügung stehen. Auch die Fernerkundung bietet noch viele<br />
Möglichkeiten, da mit ihr kostengünstig große Höhen und künftig eventuell auch die<br />
Windverhältnisse im Raum vermessen werden können. Ebenso werden sich Reanalyse-<br />
und andere Modelldaten sowie Teilmodelle für die Simulation – beispielsweise<br />
von Abschattungseffekten der Anlagen untereinander oder von Waldeinfluss – beständig<br />
weiterentwickeln. Außerdem wird aktuell die Möglichkeit der Kopplung von<br />
mikro- und mesoskaligen Modellen diskutiert. Im besten Fall können damit künftig<br />
die Erträge von Anlagen in großer Nabenhöhe und über die gesamte Rotorfläche<br />
verlässlicher modelliert werden.<br />
Autorin<br />
Sylvia Schubert (Jg. 1981) hat Physische Geografie und Klimatologie an der<br />
Universität Göttingen studiert und ist seit 2008 bei der BBB Umwelttechnik GmbH<br />
als Windgutachterin tätig. 2011 hat sie den weiterbildenden Studiengang<br />
„Windenergietechnik und -management“ abgeschlossen und wurde im selben<br />
Jahr zur stellvertretenden Vorsitzenden des Windgutachterbeirats im <strong>BWE</strong><br />
gewählt.<br />
91
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
92
ERTRAGSBERECHNUNG | Energieertragsgutachten – was braucht die Bank?<br />
Energieertragsgutachten<br />
– was<br />
braucht die Bank?<br />
In der Regel ist eine gute Energieertragsprognose im<br />
orographisch stark strukturierten Binnenland mit höherem<br />
Aufwand und größeren Unsicherheiten verbunden als<br />
beispielsweise im norddeutschen Flachland. Das hat nicht<br />
nur Auswirkungen auf die Projektfinanzierung, sondern<br />
auch auf die Anforderungen an die Ertragsgutachten.<br />
Aufbau einer Nordex N100 gamma im Windpark<br />
Germinon in der Champagne, Frankreich.<br />
Foto: Jan Oelker<br />
93
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Der künftige Energieertrag ist in der ↗ Cashflow-Berechnung einer Windparkprojektfinanzierung<br />
von allen mit Unsicherheit behafteten Kennzahlen die wichtigste Variable<br />
zur Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit und der Höhe der möglichen Fremdfinanzierung<br />
des Projektes. Dies legt den Schluss nahe, dass die Bank die notwendigen Gutachten<br />
selbst bei Gutachtern ihrer Wahl beauftragen sollte. In der Praxis ist dies jedoch nur<br />
in Ausnahmen der Fall, weil die Energieertragsgutachten bereits lange vor einer Vereinbarung<br />
zur ↗ Projektfinanzierung benötigt werden. Dennoch sollten die Anforderungen<br />
seitens der Banken von vornherein beachtet werden.<br />
Anforderungen an den Gutachter<br />
Die Bank wird mit einigen Gutachterbüros einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch<br />
betreiben und so auf eine Zusammenarbeitshistorie zurückblicken können. Sie wird<br />
daher Gutachten dieser Gutachterbüros bevorzugt akzeptieren. Damit ist ausdrücklich<br />
keine Aussage über die Qualität der Gutachten verbunden. Die Akkreditierung eines<br />
Windgutachterbüros (siehe www.fgw-wind.de) gilt als weiteres Akzeptanz förderndes<br />
Kriterium, eine Nichtakkreditierung ist jedoch kein Ausschlusskriterium.<br />
Konstruktiver Austausch<br />
Wichtig ist die Bereitschaft des Gutachters, der Bank – selbstverständlich nach entsprechender<br />
Freigabe des Auftraggebers – bei Bedarf Erläuterungen zum Gutachten zu<br />
geben. Zu erwähnen sei hier, dass einige Banken im Rahmen ihres Kreditentscheidungsprozesses<br />
grundsätzlich eine Überprüfung der vorliegenden Gutachten bei einem Gutachterbüro<br />
ihrer Wahl beauftragen. Hierfür ist nicht nur die Freigabe des Auftraggebers,<br />
sondern auch ein Einverständnis des Erstgutachters empfehlenswert, um einen konstruktiven<br />
Austausch zu ermöglichen.<br />
Transparenz und Datenqualität<br />
Gelegentlich wird die Bank von einem potenziellen Kunden nach dem Erfordernis<br />
einer Windmessung am Standort gefragt. Hier erfolgt regelmäßig der Verweis an den<br />
Gutachter: Der Gutachter ist der Experte und legt standortabhängig die Erfordernisse für<br />
eine qualitativ hochwertige Energieertragsprognose fest.<br />
Allerdings wird seitens der Bank eine möglichst transparente Darstellung der Referenzdatenqualität<br />
bzw. Reproduktionsgüte inklusive einer ggf. notwendigen Messung am<br />
Standort, der Berechnungsmethoden und der Langzeitnormierung erwartet. Die Bank<br />
kann damit die Energieertragsprognose unabhängig von der im Gutachten angegebenen<br />
94
ERTRAGSBERECHNUNG | Energieertragsgutachten – was braucht die Bank?<br />
Prognoseunsicherheit bewerten. Dabei wird insbesondere bei Binnenlandstandorten<br />
erwartet, dass die Energieertragsberechnung möglichst mit zwei unabhängigen Berechnungsmethoden<br />
(z. B. ↗ WAsP und ↗ CFD) erfolgt. Auch für die Langzeitnormierung<br />
sollten zwei unabhängige Datenquellen verwendet werden.<br />
Prognoseunsicherheit und Fremdkapitalhöhe<br />
Die Kapitaldienstfähigkeit (↗ DSCR) der Projektfinanzierung wird in den Cashflow-<br />
Berechnungen der Banken diversen Sensitivitätsszenarien unterworfen – zum Beispiel<br />
unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit der Energieerträge.<br />
Im Basisszenario wird in der Regel ein Energieertrag mit 75-prozentiger Überschreitungswahrscheinlichkeit,<br />
der sogenannte ↗ P 75-Wert, zugrunde gelegt.<br />
Zusätzlich besteht häufig die Anforderung, dass die Kapitaldienstfähigkeit für jedes<br />
einzelne Jahr auch im P 90-Szenario gegeben sein muss. Die folgende Tabelle zeigt die<br />
von der Bank vorzunehmenden Abschläge vom errechneten Energieertrag in Abhängigkeit<br />
von der Gesamtunsicherheit der Prognose (auch aus den Gutachten ablesbar):<br />
Gesamtunsicherheit P 75-Abschlag P 90-Abschlag<br />
12% 8,1% 15,4%<br />
15% 10,1% 19,2%<br />
20% 13,5% 25,6%<br />
25% 16,8% 32,0%<br />
Sofern für den Kreditnehmer ein hohes Fremdkapitalvolumen wichtig ist,<br />
sollte er die vom Windgutachter empfohlenen Untersuchungen unbedingt vornehmen<br />
lassen, um die Gesamtunsicherheit zu reduzieren. Im strukturierten Binnenland<br />
bedeutet das oft, dass eine Windmessung am Standort notwendig wird, denn<br />
Gesamtunsicherheiten über 20 Prozent stellen eine bankübliche ↗ Non-recourse-<br />
Projektfinanzierung des geplanten Windparks grundsätzlich infrage.<br />
Aspekte und Empfehlungen aus der Projektfinanzierungspraxis<br />
Der Kreditnehmer sollte sich mit seiner (potenziellen) Bank zumindest hinsichtlich eines<br />
beauftragten Gutachtens über das Gutachterbüro abstimmen. Fragen bezüglich der<br />
Messerfordernisse sollten hingegen mit dem Energieertragsgutachter geklärt werden.<br />
95
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Ergebnisdifferenzen von bis zu 5 Prozent werden in der Finanzierungspraxis als üblich<br />
angesehen und führen nicht automatisch zum Ansatz des geringsten Gutachtenwertes,<br />
die Mittelwertbildung ist nicht grundsätzlich das geeignete Vorgehen. Um die Faktoren<br />
zu identifizieren, die zu Ergebnisdifferenzen führen, sollte die Bank direkt mit dem Gutachter<br />
in Kontakt treten dürfen.<br />
Eine große Gesamtunsicherheit kann zur Ablehnung einer Finanzierung führen. Die<br />
Akzeptanz eines geringen Unsicherheitswertes setzt voraus, dass für den Leser dessen<br />
Zustandekommen transparent aus dem Gutachten erkennbar ist.<br />
Zur zeitlichen Straffung des Projekt- und Finanzierungsablaufs kann eine Finanzierungszusage<br />
unter die vor Auszahlung zu erfüllende Bedingung einer Bestätigung der<br />
zugrunde gelegten Energieertragsbasis, z. B. auf Grundlage einer Messung am Standort,<br />
gestellt werden.<br />
Autoren<br />
Hartmut Kluge (Jg. 1958)<br />
arbeitet seit 1996 in verantwortlicher<br />
Position im Bereich<br />
„Erneuerbare Energien“ der<br />
Bremer Landesbank, Kreditanstalt<br />
Oldenburg Girozentrale.<br />
Die ↗Projektfinanzierung von Windparks gehört<br />
zu seiner Kernaufgabe und ist ein wesentliches<br />
Geschäftsfeld der Bremer Landesbank im überregionalen<br />
Kreditgeschäft. Darüber hinaus ist er<br />
Vorsitzender des Finanziererbeirats im Bundesverband<br />
WindEnergie.<br />
Sabrina Cordes (Jg. 1980) ist<br />
bei der Bremer Landesbank seit<br />
2007 als Kundenbetreuerin im<br />
Bereich „Projektfinanzierungen<br />
Erneuerbare Energien“ für die<br />
Strukturierung von Finanzierungen<br />
zuständig – und hier insbesondere im Bereich<br />
„Wind Onshore Deutschland“. In 2009/2010 absolvierte<br />
die Dipl.-Wirtschaftsjuristin (FH) zudem das<br />
berufsbegleitende Studium „Windenergietechnik<br />
und -management“ von ForWind.<br />
96
ERTRAGSBERECHNUNG | „Starkes Nord-Süd-Gefälle“<br />
„Starkes<br />
Nord-Süd-Gefälle“<br />
Interview | Welche Anforderungen bei der Finanzierung<br />
von Windenergie im Binnenland gestellt werden und wie<br />
sich die Unterschiede in Nord- und Süddeutschland<br />
auswirken, erklärt Alexandra Pohl, Gruppenleiterin Agrar,<br />
Natur und Erneuerbare Energien im Bereich Mittelstandsfinanzierung<br />
bei der DZ BANK AG.<br />
Wie interessant ist derzeit die Finanzierung<br />
von Windenergieanlagen im<br />
Binnenland aus Bankensicht?<br />
Alexandra Pohl: Grundsätzlich ist die Finanzierung<br />
von Binnen-Windkraftanlagen<br />
sehr interessant für uns. Aktuell leidet die<br />
Attraktivität jedoch unter den Diskussionen<br />
um die EEG-Novelle, bei der von der<br />
Bundesregierung eine pauschale und kurzfristige<br />
Absenkung der Einspeisevergütung<br />
ins Spiel gebracht wurde. Das bedeutet<br />
eine sehr hohe politische Unsicherheit,<br />
die wir als Bank nicht tragen können. Sollte<br />
es zu einer drastischen Absenkung der<br />
Vergütungssätze kommen, müssen unsere<br />
Kunden im Zweifel schnell mehr Eigenkapital<br />
aufbringen. Im Moment schauen<br />
wir deshalb sehr genau hin: Wo würde<br />
der Kunde in diesem Fall das zusätzliche<br />
Eigenkapital hernehmen?<br />
Welche Anforderungen stellt die DZ Bank<br />
grundsätzlich an die Projekte, die sie<br />
finanziert?<br />
Die drei wichtigsten Kriterien bei der<br />
↗ Projektfinanzierung von Windkraftanlagen,<br />
bei der wir ausschließlich auf<br />
den ↗ Cashflow abzielen, sind: Wir finan-<br />
97
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
zieren maximal 15 Jahre. Der Eigenkapitalanteil<br />
beträgt mindestens 10 Prozent.<br />
Und der ↗ Kapitaldienstdeckungsgrad<br />
– das ist eigentlich die wichtigste Größe –<br />
soll in jedem Jahr 110 Prozent betragen.<br />
Diese drei Kennziffern bilden so etwas<br />
wie ein magisches Dreieck. Das heißt:<br />
Wenn der Deckungsgrad nicht erreicht<br />
wird, lässt sich das unter Umständen über<br />
die Laufzeit und das eingebrachte Eigenkapital<br />
ausgleichen.<br />
Diese finanziellen Kennziffern sind aber<br />
nicht alles. Wir legen zudem sehr großen<br />
Wert auf Professionalität auf allen Seiten:<br />
Auf der Herstellerseite arbeiten wir im<br />
Wesentlichen mit den führenden fünf bis<br />
sechs großen Unternehmen zusammen.<br />
Bei den Projektierern achten wir darauf,<br />
dass sie eine möglichst langjährige Erfahrung<br />
mit vergleichbaren Projekten haben.<br />
Erst die Kombination aus diesen harten<br />
und weichen Faktoren gibt uns eine sichere<br />
Basis für die Kreditentscheidung.<br />
Wo liegen die Unterschiede zwischen<br />
Nord- und Süddeutschland und wie<br />
schlagen sich diese in den Anforderungen<br />
nieder?<br />
Es gibt ganz klar ein Nord-Süd-Gefälle: Im<br />
Norden sind wir schon länger aktiv, haben<br />
mehr Erfahrung und auch mehr Kontakte.<br />
Der Wind weht beständig und auch<br />
stärker als im Rest der Republik.<br />
Der Süden – Bayern und Baden-Württemberg<br />
– zieht nach, allerdings mit teilweise<br />
schwächerem Wind und gleichzeitig unsicheren<br />
Windvorhersagen, u. a. wegen<br />
mangelnder Vergleichsanlagen und starker<br />
Rauigkeiten der Landschaft mit vielen<br />
Wäldern, Bergen und Tälern. Dadurch<br />
entsteht ein höheres Risiko, welches sich<br />
110 %<br />
Debt Service Coverage Ratio<br />
10 %<br />
Eigenkapital<br />
Zentrale<br />
Finanzierungsparameter<br />
15 Jahre<br />
Laufzeit<br />
Abb.: DZ BANK AG<br />
98
ERTRAGSBERECHNUNG | „Starkes Nord-Süd-Gefälle“<br />
unmittelbar in einer höheren Eigenkapitalquote<br />
widerspiegelt. Während wir bei<br />
dem derzeit sehr niedrigen Zinsniveau im<br />
Norden bei einem Mindest-Eigenkapital<br />
von den bereits genannten 10 Prozent<br />
liegen, sind im Süden mindestens 25 Prozent,<br />
wenn nicht sogar 30 Prozent eine<br />
realistische Größe.<br />
Auch der Kapitaldienstdeckungsgrad ist<br />
höher. Anstatt der 110 Prozent im Norden<br />
fordern wir im Süden 115 Prozent.<br />
Alternativ kann der Kunde aber auch ein<br />
Jahr lang eine Windmessung vornehmen<br />
lassen, um die Unsicherheit des Windangebotes<br />
durch Unterlegung mit Echtdaten<br />
zu minimieren.<br />
In welcher Größenordnung bewegen sich<br />
die Projekte, die die DZ Bank finanziert?<br />
Im Bereich Mittelstand betreuen wir Projekte<br />
bis zu einem Investitionsvolumen<br />
von 25 Mio. Euro. Wir kümmern uns um<br />
eine Anlage für den einzelnen Landwirt<br />
bis hin zu Parks mit vier, fünf oder sechs<br />
Anlagen. Projekte, die darüber liegen,<br />
betreuen die Kollegen aus dem Bereich<br />
Strukturierte Finanzierung. Hier sind dann<br />
regelmäßig auch andere Banken beteiligt.<br />
Welche Rolle spielen Fördermittel bei<br />
der Finanzierung?<br />
Wir finanzieren etwa 90 Prozent der<br />
Mittel über die ↗ KfW oder die Landwirtschaftliche<br />
Rentenbank. Letzteres ist<br />
möglich, wenn Landwirte zu mindestens<br />
50 Prozent Eigentümer der Windanlage<br />
sind. Im Bankenbereich sind die Liquiditätsaufschläge,<br />
die wir bei eigenen<br />
Mitteln zahlen müssen, höher, so dass wir<br />
an die Konditionen der Fördermittelinstitute<br />
nicht herankommen. Den Anteil von<br />
90 Prozent habe ich genannt, weil in die<br />
Finanzierung unter Umständen eine Komponente<br />
eingebaut wird, welche nur zwei<br />
Jahre läuft. Dieser Kredit wird dann in der<br />
bei der KfW tilgungsfreien Zeit getilgt und<br />
glättet somit den Kapitaldienstdeckungsgrad.<br />
Zudem bieten wir bei hohen Sondertilgungsansprüchen<br />
auch eigene Bankkredite<br />
in Kombination mit Zinsderivaten<br />
an. Wichtig ist, dass wir möglichst alle<br />
Kundenwünsche berücksichtigen und die<br />
Struktur der Finanzierung mit unserer<br />
Kreditrisikostrategie konform ist.<br />
Wie agiert die DZ Bank innerhalb der<br />
Finanzgruppe?<br />
Als Zentralbankinstitut der Volksbanken<br />
und Raiffeisenbanken übernehmen wir<br />
primär die Funktion des Know-how-Trägers,<br />
da nur wenige Institute ein eigenes<br />
Expertenteam vor Ort haben. Zudem<br />
agieren wir häufig als Konsortialführer,<br />
die Volks- und Raiffeisenbanken beteiligen<br />
sich bei uns unter. Der Vorteil der Finanzgruppe:<br />
Die Volksbanken Raiffeisenbanken<br />
verfügen durch ihre Filialstrukturen über<br />
die Kontakte vor Ort – insbesondere zu<br />
den Landwirten als Flächeneigentümern.<br />
Wir haben ein deutschlandweit aufgestelltes<br />
Spezialistenteam. So können wir<br />
gemeinsam sehr früh in Kontakt mit den<br />
Initiatoren der Windprojekte treten.<br />
99
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Checkliste:<br />
Was fordert die Bank?<br />
✓<br />
Professionalität:<br />
✓<br />
Sicheres<br />
✓<br />
Windgutachten:<br />
✓<br />
Eigenkapitalquote:<br />
✓<br />
Kapitaldienstdeckungsgrad:<br />
✓<br />
Liquiditätsreserve:<br />
Projektierer, Investor und Hersteller müssen<br />
über einschlägige Erfahrungen verfügen.<br />
Vertragswerk: Pacht- und Wartungsverträge sowie Nutzungsverträge<br />
für Wege und Kabel müssen hieb- und stichfest gestaltet sein.<br />
Grundsätzlich wird die Vorlage von zwei unabhängigen<br />
Windgutachten gefordert.<br />
Im Norden wird eine Eigenkapitalquote von mindestens<br />
10 Prozent gefordert, im Süden sind 25 bis 30 Prozent realistisch.<br />
Der Kapitaldienstdeckungsgrad<br />
(↗ Debt Service Coverage Ratio – DSCR) sollte im Norden 110 Prozent,<br />
im Süden mindestens 115 Prozent betragen.<br />
Verpfändung einer Liquiditätsreserve in Höhe<br />
von grundsätzlich 50 Prozent des Folgejahres.<br />
Haben Sie größere Sympathien für<br />
Energiegenossenschaften, weil die Volksbanken<br />
und Raiffeisenbanken selbst<br />
genossenschaftlich organisiert sind?<br />
Prinzipiell ist das so. Aber gerade im Bereich<br />
Windenergie sehen wir die Genossenschaft<br />
aufgrund der hohen Komplexität<br />
der Projekte weniger als klassische<br />
Betreibergesellschaft, sondern eher als<br />
Kommanditist, der in eine klassische<br />
GmbH & Co KG einsteigt. Dieses Konzept<br />
ist spannend, weil man mit Kleinstbeträgen<br />
Bürger beteiligen kann. Das wird man<br />
in Zukunft sicher häufiger sehen – nicht<br />
zuletzt, weil das Bürgerengagement die<br />
Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht.<br />
100
ERTRAGSBERECHNUNG | „Starkes Nord-Süd-Gefälle“<br />
Wie schätzen Sie insgesamt die künftige<br />
Entwicklung bei der Finanzierung von<br />
Windenergieprojekten ein?<br />
Ich bin überzeugt davon, dass Onshore-<br />
Windenergie weiterhin eine wichtige<br />
Säule der Energiewende bleiben wird.<br />
Darüber hinaus schauen wir als Bank aber<br />
auch stärker in Richtung Speichertechnologien<br />
und Energieeffizienz. Wichtige Fragen<br />
lauten hier: Müssen wir uns breiter<br />
aufstellen? Und müssen wir dann unter<br />
Umständen auch weg von der reinen<br />
Projektfinanzierung?<br />
Offshore ist für uns bisher kein Thema.<br />
Zum einen handelt es sich dabei nicht um<br />
klassisches lokales Geschäft der Volksbanken<br />
Raiffeisenbanken und zum anderen<br />
sehen wir hier noch sehr hohe Risiken in<br />
der Finanzierung.<br />
Eigenkapitalanforderungen wirksam –<br />
Stichwort „Basel III“. Insgesamt kann<br />
dies dazu führen, dass die Kreditmargen<br />
steigen.<br />
Auf jeden Fall ist es für die Zukunft der<br />
Windenergie sehr wichtig, dass das EEG<br />
„vernünftig“ reformiert wird. Hierbei geht<br />
es nicht darum, an aktuellen Modellen<br />
oder Sätzen festzuhalten. Aber die Windbranche<br />
mit ihren langen Planungszeiträumen<br />
von zwei bis vier Jahren braucht<br />
Investitionssicherheit. Es darf nicht jedes<br />
Jahr wieder neue Unsicherheiten und<br />
politische Diskussionen geben, sonst werden<br />
sich die Banken bei der Finanzierung<br />
deutlich restriktiver verhalten.<br />
Kann es in naher Zukunft zu einem<br />
Finanzierungsengpass bei Binnen-Windenergieanlagen<br />
kommen?<br />
Das hängt sehr stark davon ab, wie sich<br />
die EEG-Novelle, die nach der Bundestagswahl<br />
angegangen werden dürfte,<br />
entwickeln wird. Je nach neuer Vergütungsstruktur<br />
könnte die Finanzierung für<br />
Projektierer in den Jahren von 2014 bis<br />
2016 in der Tat schwieriger werden.<br />
Denn allein in Schleswig-Holstein, Niedersachsen<br />
und Mecklenburg-Vorpommern<br />
sind aktuell viele neue Vorrangflächen<br />
ausgewiesen worden. Hinzu kommen die<br />
süddeutschen Länder, die verstärkt auf<br />
Windenergie setzen. Ebenfalls werden<br />
zum Jahr 2014 für alle Banken erhöhte<br />
Interviewpartnerin<br />
Alexandra Pohl (Jg. 1972)<br />
absolvierte eine Bankausbildung<br />
mit anschließendem<br />
Studium zur Bankbetriebswirtin.<br />
Seit Oktober 2000<br />
ist sie in der DZ BANK tätig.<br />
Von 2007 an arbeitete sie im Vertrieb im Bereich<br />
Strukturierung und Finanzierung von Windkraftanlagen.<br />
Seit Januar 2012 leitet sie ein bundesweit<br />
aufgestelltes Team zu den Geschäftsfeldern<br />
Agrar und Erneuerbare Energien innerhalb der<br />
DZ BANK.<br />
101
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Finanzdienstleister<br />
NIBC Bank N.V. Zweigniederlassung<br />
Frankfurt am Main<br />
Neue Mainzer Straße 52<br />
60311 Frankfurt am Main<br />
Tel.: 069 5050-6550<br />
Fax: 069 5050-2184<br />
matthias.meyer@nibc.com<br />
www.nibc.com<br />
Wir verfügen über spezialisierte<br />
Teams, deren Experten ihre<br />
Ideen und Marktkenntnisse<br />
unseren Kunden zur Verfügung<br />
stellen.<br />
NORD/LB Norddeutsche<br />
Landesbank<br />
Friedrichswall 10<br />
30151 Hannover<br />
Tel.: 0511 361-6696<br />
Fax: 0511 361-4443<br />
olaf.beyme@nordlb.de<br />
www.nordlb.de<br />
Projektfinanzierung für Windparks<br />
und große Freiflächen-<br />
Solaranlagen.<br />
ORBIS Energie- und Umwelttechnik<br />
GmbH<br />
Nagelschmiedsweg 15-19<br />
27356 Rotenburg<br />
Tel.: 04261 93830<br />
Fax: 04261 960011<br />
info@orbis-umwelt.de<br />
www.orbis-umwelt.de<br />
Die ORBIS Energie- und<br />
Umwelttechnik GmbH ist seit<br />
dem Jahr 2000 im Bereich der<br />
regenerativen Energien tätig<br />
und entwickelt, finanziert,<br />
baut und betreibt Projekte der<br />
Windenergie.<br />
ProCredit Bank AG<br />
Rohmerplatz 33–37<br />
60486 Frankfurt am Main<br />
Tel.: 069 719129-150<br />
Fax: 069 719129-299<br />
green-financing@<br />
procreditbank.de<br />
www.procreditbank.de<br />
Finanzierung von kleinen<br />
Solar- Parks, Biomasse-, Windund<br />
Wasserkraftanlagen (im<br />
einstelligen MW Bereich).<br />
Finanzierungsvolumen bis zu<br />
EUR 5 Mio. bei Laufzeiten bis zu<br />
20 Jahren.<br />
UmweltBank AG<br />
Laufertorgraben 6<br />
90489 Nürnberg<br />
Tel.: 0911 5308-175<br />
Fax: 0911 5308-179<br />
projektfinanzierung@<br />
umweltbank.de<br />
www.umweltbank.de<br />
Finanzierung von ökologischen<br />
Projekten im Bereich Erneuerbare<br />
Energien.<br />
Deutsche Gesellschaft<br />
für Qualität (DGQ) -<br />
DGQ Beratung GmbH<br />
August-Schanz-Str. 21A<br />
60433 Frankfurt am Main<br />
Tel.: 069 95424-110<br />
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der Off-Shore-Windindustrie<br />
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es darum geht, Prozesse zu<br />
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Produktqualität zu steigern.<br />
102
ERTRAGSBERECHNUNG | Finanzdienstleister<br />
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Tel.: 030 695175-0<br />
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Tel.: 0761 4905484<br />
Fax: 0761 493468<br />
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103
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
104
Aspekte der<br />
Projektierung<br />
105
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
106
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />
Lärm und Schatten:<br />
Windenergieimmissionen<br />
Windenergieanlagen, die raumbedeutsam sind, unter liegen<br />
dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Sie bedürfen eines<br />
Genehmigungsverfahrens, in dessen Rahmen die verschiedenen<br />
Einflüsse geprüft werden. Lärm und Schattenwurf<br />
gehören hier zu den entscheidenden Kriterien.<br />
Schattenspiel im Windpark Germinon, Frankreich<br />
Foto: Jan Oelker<br />
107
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Flächenidentifikation<br />
Wesentliche Bestandteile des Genehmigungsverfahrens sind die Prüfung des Natur-<br />
und des Denkmalschutzes sowie des Baurechtes (z. B. der Nachbarschutz) und des<br />
Immissionsschutzes, hier unter anderem die Prüfung von Schallimmissionen und Schattenwurf.<br />
Neben den wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird der Standort auch danach<br />
ausgesucht, inwieweit nachbarschaftliche Interessen berührt und störende Einflüsse auf<br />
die Umgebung ausgeübt werden. Die Vermeidung einer stärkeren Umgebungsbeeinflussung<br />
bildet somit eine wichtige Grundlage bei der Suche nach einem geeigneten Windstandort.<br />
Das Abstandsflächenrecht<br />
Da im Rahmen des Verfahrens zum Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) auch<br />
das Baurecht überprüft wird, beinhaltet die Genehmigung nach diesem Verfahren eine<br />
Baugenehmigung. Bei der Überprüfung baurechtlicher Vorgaben werden unter anderem<br />
die nachbarschützenden Abstandsflächen überprüft. Die Abstandsflächenregelung entstammt<br />
der Planung des Innenbereiches von Kommunen und dient den Schutzzielen Belichtung,<br />
Belüftung und Besonnung, dem Brandschutz und dem sozialen Wohnfrieden.<br />
Um die nachbarschützenden Interessen zu sichern, findet sie auch in der Windparkplanung<br />
Anwendung, die in der Regel im Außenbereich stattfindet.<br />
Unterschiede in den Bundesländern<br />
Die Abstandsflächenregelung ist in den Bauordnungen der Länder festgelegt. In einigen<br />
Bundesländern finden jedoch spezielle Regelungen zur Planung von Windkraftanlagen<br />
Anwendung, in anderen ist deren Geltungsbereich umstritten. Im Folgenden werden<br />
einige Unterschiede exemplarisch vorgestellt.<br />
Beispielsweise wendet das Bundesland Niedersachsen in diesem Kontext seine seit<br />
dem 13. April 2012 geltende Bauordnung (NBauO) an. Diese regelt, dass der Abstand 0,5<br />
H (= Wandhöhe – Schnittlinie Dachhaut und Außenkante Außenwand), mindestens jedoch<br />
3 Meter betragen muss. In Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Gebieten, die<br />
nach ihrer Bebauung diesen Baugebieten entsprechen, beträgt der Abstand 0,25 H bzw.<br />
ebenfalls mindestens 3 Meter. Diese Regelung gilt für den Innenbereich von Kommunen,<br />
sie findet aber ebenso bei der Windparkplanung Anwendung. Das bedeutet, dass auch<br />
hier die Hälfte bzw. ein Viertel der Gesamthöhe der Windenergieanlagen für die Bemessung<br />
der Abstandsflächen angesetzt wird.<br />
In Brandenburg gilt die recht gefestigte Praxis, dass auf Antrag im Genehmigungsverfahren<br />
die Abstandsfläche auf die rotorüberstrichene Fläche reduziert werden kann.<br />
108
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />
Die hier vorherrschende Sichtweise: Abstandsflächen im landwirtschaftlichen Außenbereich,<br />
in dem eine Wohnbebauung grundsätzlich nicht zulässig ist, sei weniger Gewicht<br />
beizumessen als im bebauten Innenbereich. Diese Praxis wird auch in Mecklenburg-<br />
Vorpommern gepflegt.<br />
In Sachsen-Anhalt sollte jüngst ein entsprechendes Gesetzesvorhaben auf den Weg<br />
gebracht werden, um die Reduzierung der Abstandsflächen festzuschreiben. Allerdings<br />
droht dieses Vorhaben bereits wieder zu scheitern: Es liegt noch kein abschließendes<br />
Ergebnis vor, so dass hier weiterhin die Abstandsregelung in Höhe der Gesamthöhe (1 H)<br />
der Anlage gilt.<br />
Das Bundesland Bayern sieht bei Windenergieanlagen die Notwendigkeit der Einhaltung<br />
von Abstandsflächen, weil von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden zu erwarten<br />
seien. Bei der Berechnung der Abstandsfläche ist von der Gesamthöhe der Anlage auszugehen.<br />
Sie wird durch einen Kreis um die Mittelachse der Anlage gebildet. Der Radius<br />
dieses Kreises wird durch den Abstand des senkrecht stehenden Rotors vom Mastmittelpunkt<br />
bestimmt. Aber auch hier besteht die Möglichkeit, von dieser Regelung abzuweichen.<br />
Bei Windenergieanlagen wird dies oft der Fall sein, weil sie in verschiedener<br />
Hinsicht keine typischen baulichen Anlagen darstellen und nur selten Grundstücke existieren,<br />
auf denen die volle Abstandsfläche eingehalten werden kann.<br />
Aufgrund der unterschiedlichen Beurteilungskriterien der Bundesländer<br />
ist eine Recherche der aktuell gültigen Abstandsregelungen im jeweiligen Bundesland<br />
vor der Planung eines Windparks dringend zu empfehlen.<br />
Die Sicherung der Abstandsflächen erfolgt über beschränkt persönliche ↗ Dienstbarkeiten<br />
zugunsten des Betreibers. Diese werden ins Grundbuch eingetragen. Die öffentlich-rechtliche<br />
Sicherung erfolgt in der Regel über Baulasten, die in das Baulastregister<br />
eingetragen werden. In einigen Bundesländern wie z. B. in Brandenburg geschieht dies<br />
jedoch mittels einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des Landkreises,<br />
die ebenfalls ins Grundbuch eingetragen wird.<br />
Schallimmissionen<br />
Die Überprüfung der Schallimmissionen ist fester Bestandteil des Genehmigungsverfahrens<br />
für einen Windpark. Festgelegt ist sie im Bundes-Immissionsschutzgesetz in den<br />
Paragrafen 26 bis 28. Dabei sind Immissionswerte auf die Immissionsbelastung eines<br />
konkreten Einwirkungsortes bezogen (vgl. § 3 Abs. 2 BImschG). Die Schallimmissionen<br />
lassen sich durch Messungen prognostizieren. Hier erfolgt eine Analyse der Schallaus-<br />
109
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Dorf Marzahna vor energieautarkem Dorf Feldheim mit Enercon Windkraftanlagen im Hintergrund.<br />
Foto: Paul-Langrock.de<br />
breitung an bestimmten Geländepunkten in verschiedenen Entfernungen. Dabei müssen<br />
auch die Ton- und Impulshaltigkeit einer WEA berücksichtigt werden. Diese sind abhängig<br />
vom jeweiligen Anlagentyp und können vor allem vom Getriebe, dem Generator oder<br />
dem Umrichter ausgehen.<br />
Wie wird Schall gemessen?<br />
Jeder Schall, den wir als störend empfinden, wird als Lärm bezeichnet. Zu seinen<br />
Einflussfaktoren gehören die Lautstärke, die Einwirkungsdauer, die Frequenzzusammensetzung,<br />
der Abstand zum Messpunkt, die Windgeschwindigkeit, die Windrichtung, die<br />
Tageszeit und die subjektive Einstellung der betroffenen Person. Die Schallmessungen<br />
ergeben den Schallleistungspegel. Dieser beschreibt die Stärke des Schallvorganges.<br />
Der Schallleistungspegel wird logarithmisch angegeben, d. h., eine Zunahme um<br />
3,01 dB(A) wirkt sich als Verdopplung der wahrgenommenen Lautstärke aus. Nimmt die<br />
110
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />
Windgeschwindigkeit um 1 m/s zu, so nimmt auch der Schallpegel um ca. 1dB(A) zu.<br />
Auch ist die Schallabstrahlung nicht gleich für alle Richtungen, ihre Intensität unterscheidet<br />
sich vor, seitlich und hinter dem Rotor. Dies wird bei der Berechnung beachtet. Die<br />
Schallleistungspegel von Windenergieanlagen liegen heute im Bereich bis 106 dB(A).<br />
Um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wird der immissionsrelevante Schallleistungspegel<br />
bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s und in einer Höhe von 10 Metern<br />
bzw. bei einem Erreichen von 95 Prozent der ↗ Nennleistung angegeben. Die Berechnung<br />
des Schallpegels in Deutschland erfolgt nach der DIN ISO 9613-2 mithilfe der Software<br />
WINDpro des dänischen Herstellers EMD.<br />
Die „TA Lärm“<br />
Die zulässigen Schallleistungspegel werden nach § 48 BImSchG in der Verwaltungsvorschrift<br />
„Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
(Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm)“ vom 26.08.1998 beschrieben.<br />
Dabei wird zwischen Tages- und Nachtwerten unterschieden. Folgende Tabelle gibt eine<br />
Auflistung der Tages- und Nachtimmissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von<br />
Gebäuden gem. TA-Lärm, Abs. 6.2:<br />
Richtwerte für Schallimmissionen<br />
Immissionsorte Tageswerte in dB(A) Nachtwerte in dB(A)<br />
Industriegebiet 70 70<br />
Gewerbegebiete 65 50<br />
Kern-, Dorf- und Mischgebiete 60 45<br />
Allgemeine Wohngebiete und 55 40<br />
Kleinsiedlungsgebiete<br />
Reine Wohngebiete 50 35<br />
Kurgebiete, Krankenhäuser und<br />
Pflegeanstalten<br />
45 35<br />
Die Schallprognose muss die Einhaltung der Immissionsrichtwerte an allen relevanten<br />
Immissionspunkten zu allen Zeiten nachweisen. In der TA Lärm ist auch der Einwirkungsbereich<br />
einer Anlage beschrieben sowie der maßgebliche Immissionsort. Um den<br />
Einwirkbereich einer WEA festzustellen, wird die WEA ohne Vorbelastung untersucht. Als<br />
111
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
maßgeblicher Immissionswert ist derjenige Ort zu wählen, der dem Immissionspunkt am<br />
nächsten liegt bzw. an dem die Überschreitung am ehesten zu erwarten ist. Im Anschluss<br />
werden vorhandene Vorbelastungen betrachtet. Aus diesen Angaben wird die Gesamtbelastung<br />
ermittelt, die dann mit den Richtwerten der TA Lärm verglichen wird. Dabei<br />
werden auch die Unsicherheiten der Prognose berücksichtigt.<br />
Die Schallwerte werden tagsüber in der Regel eingehalten. Hingegen kann es nachts<br />
zu Drosselungen an den Anlagen und damit zu erheblichen Ertragseinbußen kommen,<br />
wenn der Grenzwert am Immissionsort überschritten wird.<br />
Die Genehmigungsbehörde kann durch Nebenbestimmungen absichern, dass die<br />
Anlage entsprechend den in den Antragsunterlagen benannten technischen Parametern<br />
betrieben wird. Eine Versagung der Genehmigung aus diesen Gründen erfolgt jedoch<br />
selten.<br />
In einigen Bundesländern sind zusätzlich zur TA Lärm weitere Sicherheitsabschläge<br />
sowie spezielle Regelungen zu beachten. So ist beispielsweise in Brandenburg zusätzlich<br />
der WEA-Geräuschimmissionserlass vom 31. Juli 2003 zu berücksichtigen.<br />
Rechtsprechung<br />
Zum Thema Schallimmissionen gibt es zahlreiche Rechtsprechungen. Ein aktuelles<br />
Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Februar 2013 soll hier kurz vorgestellt<br />
werden:<br />
Viele Genehmigungen enthalten Nebenbestimmungen, die Immissionsrichtwerte<br />
unterhalb der TA Lärm festlegen – wie zum Beispiel die „anlagenbezogenen Immissionsrichtwerte“<br />
im Land Brandenburg. Die Rechtmäßigkeit dieser Richtwerte wurde von<br />
mehreren Gerichten bestätigt, bis das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) letztlich entschied,<br />
dass diese Festsetzungen nicht geeignet sind, die Funktion eines Kontrollwertes<br />
zu erfüllen.<br />
So ist nicht erwiesen, dass Windenergieanlagen im Dauerbetrieb ihr Lärmverhalten<br />
ändern. Vielmehr weisen sie über die gesamte Betriebsdauer ein gleichbleibendes<br />
akustisches Verhalten auf. Eine Überschreitung von Immissionswerten lässt jedoch keine<br />
Rückschlüsse auf Mängel der Anlage zu. Da Immissionsbelastungen von vielen Faktoren<br />
abhängen, wurde diese Festsetzung vom Gericht als rechtswidrig eingestuft.<br />
Schattenwurf<br />
Durch den drehenden Rotor der Windenergieanlage kann es zu störendem Schattenwurf<br />
kommen. Auch dieser ist als wichtiger Genehmigungsaspekt während des BIm-<br />
SchG-Verfahrens zu untersuchen.<br />
Die Berechnung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens bezieht sich auf den<br />
112
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />
Die Darstellung der Schattenwerte erfolgt<br />
an maßgeblichen Immissionsorten:<br />
a) schutzwürdige Räume<br />
• Wohnräume, einschließlich Wohndielen<br />
• Schlafräume, einschließlich Übernachtungsräume<br />
in Beherbergungsstätten<br />
und Bettenräume in Krankenhäusern<br />
und Sanatorien<br />
• Unterrichtsräume in Schulen, Hochschulen<br />
und ähnlichen Einrichtungen<br />
• Büroräume, Praxisräume, Arbeitsräume,<br />
Schulungsräume und ähnliche<br />
Arbeitsräume<br />
b) unbebaute Flächen<br />
in einer Bezugshöhe von 2 Metern<br />
über Grund an dem am stärksten<br />
betroffenen Rand der Flächen, auf<br />
denen nach Bau- oder Planungsrecht<br />
Gebäude mit schutzwürdigen Räumen<br />
zulässig sind.<br />
Direkt an Gebäuden beginnende Außenflächen<br />
(z. B. Terrassen und Balkone) sind schutzwürdigen<br />
Räumen tagsüber zwischen 6:00 – 22:00 Uhr<br />
gleichgestellt.<br />
„worst case“ an maßgeblichen Immissionsorten:<br />
Das bedeutet eine Berechnung<br />
bei durchgehender Sonne von Sonnenaufgang<br />
bis Sonnenuntergang, wobei der<br />
Rotor senkrecht zwischen Sonne und Immissionspunkt<br />
steht und die Anlage sich<br />
permanent in Betrieb befindet. Dies entspricht<br />
der astronomisch maximal möglichen<br />
Beschattungsdauer. Die Berechnung<br />
erfolgt mittels Schattenprognosen und<br />
beinhaltet auch die tatsächliche und die<br />
meteorologisch wahrscheinliche Beschattungsdauer.<br />
Für den astronomisch maximal möglichen<br />
Fall hat die ↗ Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft<br />
Immissionsschutz (LAI)<br />
Windpark Prenzlau aus der Vogelperspektive.<br />
Foto: Paul-Langrock.de<br />
113
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
folgende Empfehlung gegeben: Die astronomisch maximal zulässige Beschattungsdauer<br />
darf 30 Stunden pro Jahr oder 30 Minuten pro Tag den jeweiligen Aufpunkt nicht überschreiten.<br />
Die Beschattungsdauer kann in Abhängigkeit von Nabenhöhe und Rotordurchmesser<br />
für eine oder mehrere Windenergieanlagen ermittelt werden.<br />
Technische Maßnahmen zur<br />
Reduktion des Schattenwurfs<br />
Sollten die Werte überschritten werden,<br />
lassen sich durch technische Maßnahmen<br />
an den Windenergieanlagen zumeist<br />
Schatteneinwirkungen minimieren<br />
und die Grenzwerte wieder einhalten. Die<br />
Anlagen werden dann mit einer bestimmten<br />
Sensorik ausgestattet, die zu einer automatischen<br />
Abschaltung führt, sobald die<br />
Grenzwerte überschritten werden. Damit<br />
verbundene Ertragseinbußen sind unerheblich.<br />
Die Versagung einer Genehmigung aus<br />
den genannten Gründen wird kaum erfolgen.<br />
Allerdings können dem Betreiber der<br />
WEA durch Auflagen und Nebenbestimmungen<br />
entsprechende Verpflichtungen<br />
im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens<br />
auferlegt werden.<br />
Fazit<br />
Lärmimmissionen und Schattenwurf<br />
können die Anwohner von Windenergieanlagen<br />
erheblich beeinträchtigen<br />
und sind daher zu Recht genehmigungsrelevante<br />
Kriterien. Wie sehr<br />
diese Auswirkungen tatsächlich als<br />
störend empfunden werden, hängt<br />
in erster Linie von den Abständen zu<br />
benachbarten Wohngebieten oder<br />
Grundstücken ab. Um Leistungsdrosselungen<br />
oder Abschaltungen von<br />
Anlagen und damit einhergehende<br />
Ertragsverluste zu vermeiden, sollte<br />
daher schon im Vorfeld von Planungen<br />
auf ausreichende Abstände<br />
zu eventuell betroffenen Gebieten<br />
geachtet werden.<br />
Autorin<br />
Sabine Taudt (Jg. 1971) ist Diplom-Ingenieurin für Landschaftsplanung und arbeitet<br />
seit 2001 im Bereich Windenergie. Nach beruflichen Stationen als Projektleiterin<br />
und später Bereichsleiterin Deutschland bei der Ventotec GmbH wechselte sie 2011<br />
zur juwi Energieprojekte GmbH als Regionalleiterin Berlin/Brandenburg. Darüber<br />
hinaus engagiert sich Sabine Taudt als Beisitzerin des Betreiberbeirats im Bundesverband<br />
WindEnergie.<br />
114
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />
Windpark Märkisch Linden. Foto: Paul-Langrock.de<br />
115
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
116
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Auf Kollisionskurs? Windenergie und Luftverkehr<br />
Auf Kollisionskurs?<br />
Windenergie<br />
und Luftverkehr<br />
Bei der Planung von Windparks kollidieren die Interessen<br />
der Windenergie wiederholt mit denen des Luftverkehrs.<br />
Wie ist dieses Konfliktfeld aus rechtlicher Sicht einzuschätzen?<br />
Militärjet über Wharrels Hill Wind Farm, Cumbria,<br />
England. Foto: Jan Oelker<br />
117
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Der Luftverkehr nimmt innerhalb des<br />
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens<br />
für Windenergieanlagen<br />
einen immer bedeutenderen Teil ein.<br />
Das zeigen die in letzter Zeit vermehrt<br />
auftretenden verwaltungsgerichtlichen<br />
Auseinandersetzungen potenzieller Windenergieanlagenbetreiber<br />
aufgrund entgegengehaltener<br />
luftverkehrsrechtlicher<br />
Belange. Dabei geht es zumeist um die<br />
Beeinträchtigung von Radar- oder Funknavigationsanlagen,<br />
die Sicherheit an<br />
Helikopter überfliegt Windenergieanlagen.<br />
Foto: Enercon<br />
Flugplatzrunden, ihrer An- und Abflugbereiche,<br />
um militärische Tiefflugstrecken<br />
sowie um die Einhaltung von ↗ Radarführungsmindesthöhen (MRVA).<br />
Diese Entwicklung belegt auch eine Pressemeldung vom Juni 2013, nach der die<br />
Deutsche Flugsicherung GmbH bestrebt ist, mithilfe von – vermeintlich international<br />
vorgegebenen – Sicherheitszonen den Neubau und das ↗ Repowering bestehender Anlagen<br />
im Umkreis von 15 Kilometern um zwei Flugnavigationseinrichtungen in Schleswig-<br />
Holstein auszuschließen. Die Energiewende läuft damit in Deutschland Gefahr, ein Opfer<br />
gegenläufiger, oft ungerechtfertigter Interessen und fehlender politischer Unterstützung<br />
zu werden.<br />
Gerade deshalb ist es immer wieder notwendig, die vorgetragenen Einwände unter<br />
die „Rechtslupe“ zu nehmen und auf ihren inneren Gehalt zu untersuchen. Denn oft stellen<br />
sich vermeintlich zwingende luftverkehrsrechtliche Belange (und die oft beschworene<br />
Gefahr für Leib und Leben) unter dem unemotionalen Blick des Gesetzes weniger<br />
zwingend dar, als es nach den Ausführungen der zuständigen zivilen und militärischen<br />
Luftfahrtbehörden scheint.<br />
Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
Im Rahmen der Genehmigung von Flughäfen wird bei der Planfeststellung gemäß<br />
§ 12 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) immer ein sogenannter Bauschutzbereich festgelegt.<br />
In diesem gelten Baubeschränkungen, die eine Zustimmung der Luftfahrtbehörden<br />
bei der Genehmigung zur Errichtung von Bauwerken erfordern. Zudem bietet § 17<br />
LuftVG die Möglichkeit der Bestimmung eines beschränkten Bauschutzbereichs. Darin<br />
kann von der Luftfahrtbehörde auch im Umkreis von Landeplätzen und Segelfluggeländen<br />
ein Zustimmungserfordernis zur Genehmigung von Bauwerken bestimmt werden.<br />
118
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Auf Kollisionskurs? Windenergie und Luftverkehr<br />
Windenergieanlagen außerhalb<br />
der Bauschutzbereiche<br />
Für die Errichtung von Windenergieanlagen<br />
außerhalb der Bauschutzbereiche<br />
ist § 14 LuftVG entscheidend. Auch<br />
danach darf die zuständige Behörde die<br />
Errichtung von Bauwerken, die höher als<br />
100 Meter über Grund sind, nur mit Zustimmung<br />
der Luftfahrtbehörde genehmigen.<br />
Denn zu den grundsätzlichen Aufgaben<br />
der Luftfahrtbehörden gehört die<br />
Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs.<br />
Schließlich ist auch die Errichtung von Windenergieanlagen in der Nähe von Flugsicherungseinrichtungen<br />
wie Radar oder Funknavigationsanlagen gesetzlich geregelt.<br />
Nach § 18a Abs.1 LuftVG dürfen Bauwerke nicht errichtet werden, wenn dadurch Flugsicherungseinrichtungen<br />
gestört werden können. Auch hier ist entsprechend der grundsätzlichen<br />
luftverkehrsgesetzlichen Zweckbestimmung in § 29 LuftVG eine konkrete Gefahr<br />
für die Funktionssicherheit der Anlagen und damit verbunden für die Sicherheit des<br />
Luftverkehrs ausschlaggebend.<br />
Einschätzungsprärogative?<br />
Der Prüfungsmaßstab für das<br />
luftverkehrsrechtliche Zustimmungserfordernis<br />
ist im Luftverkehrsgesetz<br />
normiert. Danach darf die Zustimmung<br />
zur Errichtung eines Bauwerks<br />
nur verweigert werden, wenn eine<br />
konkrete Gefahr für die Sicherheit<br />
des Luftverkehrs durch das Bauvorhaben<br />
hervorgerufen wird.<br />
Luftfahrtbehörden neigen im Rahmen von Genehmigungsverfahren immer mehr<br />
dazu, für sich selbst eine ↗ Einschätzungsprärogative anzunehmen. Das heißt, dass ihnen<br />
nach eigener Auffassung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Entscheidungsspielraum<br />
hinsichtlich der Annahme einer konkreten Gefahr für die Sicherheit des<br />
Luftverkehrs einzuräumen sei. Damit könnten beispielsweise Radargutachten aufgrund<br />
der eingeschränkten Überprüfbarkeit der behördlichen Entscheidung ihre Bedeutung<br />
verlieren. Diese irrige Ansicht wurde gleichwohl nun erstmals gerichtlich bestätigt:<br />
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Schleswig ist dem Bundesaufsichtsamt für<br />
Flugsicherung (BAF) ein Risikobewertungsspielraum mit einer Einschätzungsprärogative<br />
einzuräumen, was die gerichtliche Überprüfbarkeit auf eine Vertretbarkeitskontrolle<br />
beschränkt. Für diese Entscheidung findet sich allerdings keine Grundlage im Gesetz.<br />
Entscheidend für das Vorliegen eines Beurteilungsspielraums und einer Einschätzungsprärogative<br />
für die Behörde ist der Inhalt der normativen Ermächtigung. Dabei<br />
genügt es nicht, dass die behördliche Entscheidung nach der gesetzlichen Regelung prognostische<br />
Elemente enthält. Schließlich handelt es sich bei der Nutzung einer Einschätzungsprärogative<br />
faktisch um eine behördliche Letztentscheidung.<br />
119
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Ihrem Wortlaut zufolge räumen die maßgeblichen Normen den zuständigen Luftfahrtbehörden<br />
keinen Beurteilungsspielraum mit Einschätzungsprärogative ein. Ohne<br />
eine solche normative Ermächtigung besteht aber keine grundsätzliche Begrenzung der<br />
umfassenden gerichtlichen Kontrolle.<br />
Effektiver Rechtsschutz in Gefahr<br />
Mit der Annahme eines eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraumes würden<br />
zudem im Ergebnis standortbezogene Gutachten (etwa zur Frage der Störung von<br />
Flugsicherungsanlagen) nahezu bedeutungslos und fachliche Fragen zu Flugsicherheit<br />
einem „gerichtlichen“ Sachverständigenbeweis unzugänglich. Für potenzielle Betreiber<br />
von Windenergievorhaben wäre somit kein effektiver Rechtsschutz im Sinne des Grundgesetzes<br />
mehr gewährleistet, die Realisierung von Windenergieprojekten würde faktisch<br />
in das Belieben der Luftfahrtbehörde gestellt.<br />
Die Frage einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Luftverkehrs ist jedoch naturwissenschaftlich<br />
voll überprüfbar. Das betrifft die qualitative Betroffenheit des Luftverkehrs<br />
ebenso wie die naturwissenschaftlich-technische Betroffenheit von Flugsicherungseinrichtungen.<br />
Somit bleibt für die Frage der Betroffenheit derart überprüfbarer Einrichtungen<br />
kein Raum für die Annahme einer Einschätzungsprärogative.<br />
Mindestflughöhen: Minimum Radar Vectoring Altitude (MRVA)<br />
Auch die flugbetrieblichen Einwände aus dem Bereich des militärischen Luftverkehrs<br />
und speziell zum Umgang mit Höhenbeschränkungen wie der Minimum Radar Vectoring<br />
Altitude (MRVA) nehmen zu. Diese legt Mindesthöhen in den Instrumentenflug-Karten<br />
(IFR-Karten) fest, die durch die Bundeswehr in Zusammenarbeit mit zivilen Luftfahrtbehörden<br />
entstehen. Letztere sind jedoch keine<br />
klassischen Flughöhen, sondern dienen<br />
vielmehr der kontrollierten Abweichung<br />
von den verbindlichen IFR-Flugverfahren<br />
(„Vectoring“).<br />
MRVA als Service für die Luftfahrt<br />
Eurofighter in Nörvenich.<br />
Foto: Luftwaffe/Toni Dahmen<br />
Die Bundeswehr wendet gegen Windenergieanlagen<br />
nicht nur die Durchstoßung<br />
dieser „Höhenangaben“ ein, sondern<br />
will auch – neben den in den Karten<br />
ausgewiesenen Mindesthöhen – „Über-<br />
120
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Auf Kollisionskurs? Windenergie und Luftverkehr<br />
gangshöhen“ zwischen den einzelnen<br />
Vektoren kreieren, die die Karten nicht<br />
ausweisen. Hierzu ist bislang noch keine<br />
Rechtsprechung ergangen. Allerdings existiert<br />
für die MRVA-Festlegungen weder<br />
eine nationale noch internationale Rechtsgrundlage,<br />
so dass die ausgewiesenen Höhenwerte<br />
nicht ohne Weiteres rechtsverbindlich<br />
sind.<br />
Die MRVA-Festlegungen können bei<br />
Änderungen der Hindernissituation angepasst<br />
werden, was vielfach auch ohne<br />
Probleme durchgeführt wird. Deshalb<br />
spricht vieles dafür, die MRVA-Angaben<br />
in den Flugkarten lediglich als Service für<br />
Luftfahrzeugführer zu erachten, denen<br />
keinerlei Rechtsverbindlichkeit zukommt.<br />
Daraus folgt, dass eine Änderung der Hindernissituation<br />
durch die Errichtung von<br />
Windenergieanlagen lediglich die entsprechende<br />
Anpassung der MRVA-Festlegungen<br />
nach sich ziehen würde, ohne<br />
dass hiervon das Genehmigungsverfahren<br />
für das Windenergievorhaben betroffen<br />
wäre.<br />
Fazit<br />
Es bleibt festzuhalten, dass das<br />
gesamte Thema „Windenergie und<br />
Luftverkehr“ aus rechtlicher und vor<br />
allem aus fliegerischer Sicht wenig<br />
Belastbares zum Vorschein bringt.<br />
Wie in anderen Bereichen wird aber<br />
auch hier deutlich, dass Deutschland<br />
noch weit davon entfernt ist, die<br />
Energiewende und den Bau von Kraftwerken<br />
der Erneuerbaren Energien<br />
als ressortübergreifende Aufgabe zu<br />
betrachten. Der Arbeitskreis „Windenergie<br />
und Luftverkehr“ im <strong>BWE</strong><br />
zeigt durch die Zusammenstellung<br />
von Karten des gesamten Bundesgebiets,<br />
dass der rein verfügbare Platz<br />
für Windenergieanlagen faktisch nicht<br />
vorhanden wäre, würden die Ziele<br />
der Luftfahrtbehörden konsequent<br />
umgesetzt. Um die negativen Dimensionen<br />
dieses Themas zu bewältigen,<br />
ist deshalb weiterer politischer Druck<br />
notwendig.<br />
Autor<br />
Prof. Dr. Martin Maslaton (Jg. 1961) ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht sowie<br />
geschäftsführender Gesellschafter der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,<br />
die sich mit sämtlichen Fragen des Rechts der Erneuerbaren Energien befasst. Als<br />
Hochschullehrer unterrichtet er unter anderem Umweltrecht. Er ist zudem Direktor<br />
der Forschungsstelle „Neue Energien und Recht“. Seit 2000 fliegt Maslaton als Pilot<br />
mehrmotorige Geschäftsreiseflugzeuge im Instrumenten- und Sichtflugbetrieb.<br />
121
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
122
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Kennzeichnung von Windenergieanlagen<br />
Kennzeichnung von<br />
Windenergieanlagen<br />
Windenergieanlagen (WEA) können unter bestimmten<br />
Bedingungen Hindernisse für den Luft-/Seeverkehr darstellen.<br />
Als solche müssen sie zur Aufrechterhaltung der<br />
Sicherheit und Leichtigkeit des Luft- und Schiffsverkehrs<br />
gekennzeichnet werden. In Deutschland gilt die Kennzeichnungspflicht<br />
als Luftfahrthindernis in der Regel ab einer<br />
Gesamthöhe von mehr als 100 Metern. In der Bevölkerung<br />
werden dabei insbesondere die blinkenden Feuer auf den<br />
Maschinenhäusern als störend empfunden.<br />
Weißes Gefahrenfeuer auf einer Enercon E-82,<br />
nahe der A7 bei Kirchheim.<br />
Foto: Ulrich Mertens<br />
123
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Lichtermeer: Windparks im Hunsrück bei Nacht. Foto: Jan Oelker<br />
Die politische Forderung zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit der WEA sieht eine<br />
bessere Ausnutzung der Windressourcen vor. Dieses bedingt die Nutzung der Windgeschwindigkeiten<br />
in immer größeren Höhen. Als Faustformel gilt, dass ein 1 Meter höherer<br />
Turm einen Mehrertrag von 1 Prozent erbringt. Bereits jetzt ist die Hälfte der über<br />
23.000 in Deutschland errichteten WEA mit einer Tages- und/oder Nachtkennzeichnung<br />
ausgestattet. Nahezu jede neue WEA muss mit einer Gesamthöhe von über 100 Metern<br />
errichtet werden, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. Knapp die Hälfte<br />
der neuen WEA überschreitet mittlerweile eine Höhe von über 150 Metern. Ab dieser<br />
Höhe müssen erweiterte Vorgaben eingehalten werden.<br />
Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg kam 2009 bei einer Umfrage zu dem<br />
Ergebnis, dass erhebliche Belästigungen durch die WEA-Kennzeichnung nicht vorliegen.<br />
Befragt wurden vom Institut für Psychologie der Universität 420 Anwohner von 13 Windparks<br />
mit direkter Sicht auf die WEA. Und dennoch zeigt die Praxis, dass die WEA-Kennzeichnung<br />
von der Bevölkerung als kritisch empfunden wird.<br />
Durch die vom <strong>BWE</strong> in 2008 initiierte HiWUS-Studie (Entwicklung eines Hindernis-<br />
124
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Kennzeichnung von Windenergieanlagen<br />
Um die Akzeptanz für höhere<br />
WEA zu fördern, ist ein Interessenausgleich<br />
zwischen der Flugsicherung,<br />
der Seefahrt, dem Naturschutz<br />
und der Windbranche notwendig.<br />
befeuerungskonzeptes zur Minimierung<br />
der Lichtemission an On- und Offshore-<br />
Windenergieparks und -anlagen unter<br />
besonderer Berücksichtigung der Vereinbarkeit<br />
der Aspekte Umweltverträglichkeit<br />
sowie Sicherheit des Luft- und Seeverkehrs)<br />
konnte aufgezeigt werden, dass<br />
es mit Einsatz neuer Techniken möglich<br />
ist, die Wirkungen von Markierungen und Befeuerungen an WEA zu minimieren, ohne<br />
die Sicherheit des Flugverkehrs und der Seefahrt zu gefährden. Insbesondere bei der im<br />
Rahmen der HiWUS-Studie untersuchten Reduzierung der Lichtstärke durch Sichtweitenmessung<br />
und bei der bedarfsgerechten Befeuerung konnten in den letzten Jahren große<br />
Fortschritte erzielt werden.<br />
In Schweden, Norwegen, Kanada und den USA werden mittlerweile Gefahren- und<br />
Hindernisfeuer an WEA über ein vom Weltmarktführer Vestas übernommenes Radarsystem<br />
betrieben. Damit können die Feuer zu 99,9 Prozent der Zeit ausgeschaltet bleiben<br />
und tragen so erheblich zur Akzeptanzsteigerung bei. In Deutschland wird ein entsprechendes<br />
Primärradarsystem zurzeit von der ENERTRAG Systemtechnik GmbH an einem<br />
Windpark in Schleswig-Holstein getestet.<br />
Weitere Untersuchungen finden mit<br />
Transponder- (Enercon GmbH) und Passivradarsystemen<br />
(Dirkshof-Group) statt.<br />
Regeln für die<br />
WEA-Kennzeichnung<br />
Die Standards und Empfehlungen für<br />
den Anwendungsfall „Kennzeichnung von<br />
allgemeinen Hindernissen“ sind in der<br />
↗ International Civil Aviation Organisation<br />
(ICAO) Aerodromes Annex 14, Kapitel<br />
6 niedergelegt. Aufgrund der globalen Bedeutung<br />
von WEA wurde eine Erweiterung<br />
der Standards und der Empfehlung der<br />
ICAO um das Kapitel 6.4 „Wind Turbines“<br />
vorgenommen. Für die Kennzeichnung<br />
von WEA im europäischen Ausland werden<br />
überwiegend Mittelleistungsfeuer als<br />
Doppelfeuer mit 2.000 ↗ Candela (cd) in<br />
Rotes Gefahrenfeuer im Windpark Wundersleben.<br />
Foto: Ulrich Mertens<br />
125
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
rot für die Nachtkennzeichnung verwendet. In Deutschland, Belgien und Österreich hat<br />
sich demgegenüber das speziell für WEA entwickelte Feuer W, rot durchgesetzt (100 cd).<br />
In Deutschland besteht zudem die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Kennzeichnung<br />
von Luftfahrthindernissen (AVV), die folgende Regeln enthält:<br />
Wie werden Anlagen über 100 Meter Gesamthöhe mit einer Nachtkennzeichnung<br />
versehen?<br />
WEA über 100 Meter Gesamthöhe werden in der Nacht durch rot blinkende Gefahrenfeuer<br />
(2.000 cd) oder Feuer W, rot (100 cd) gekennzeichnet.<br />
Wie werden Anlagen über 150 Meter Gesamthöhe im Nachtbetrieb gekennzeichnet?<br />
Wie zuvor, jedoch zusätzlich für die Nachtkennzeichnung werden Hindernisfeuer am<br />
Turm gefordert. Aus jeder Richtung müssen zwei Hindernisfeuer jeder Befeuerungsebene<br />
sichtbar sein. Die Befeuerungsebene darf durch stehende Rotorblätter nicht<br />
verdeckt werden.<br />
Wie werden Anlagen über 100 Meter Gesamthöhe am Tage gekennzeichnet?<br />
Farbliche Kennzeichnung der Flügelspitzen durch drei Streifen von je 6 Metern Länge<br />
(rot/weiß/rot) oder weiß blitzendes Gefahrenfeuer mittlerer Lichtstärke (20.000 cd). Bei<br />
Einsatz von weiß blitzenden Feuern kann auf die Streifen ganz verzichtet werden, wenn<br />
ein Farbring am Mast angebracht ist.<br />
Wie werden Anlagen über 150 Meter<br />
Gesamthöhe am Tage gekennzeichnet?<br />
Wie zuvor, jedoch ist auf dem Maschinenhaus<br />
ein orange/roter Streifen anzubringen.<br />
Es kann bei einer Genehmigung weiß<br />
blitzender Feuer die Anbringung eines<br />
zweiten orange/roten Streifens und die<br />
Kennzeichnung des Maschinenhauses<br />
entfallen.<br />
Installation eines Gefahrenfeuers auf einer<br />
Repower-WEA in Hamburg Georgswerder.<br />
Foto: Ulrich Mertens<br />
Sichtweitenregelung<br />
Der Sachverhalt zur Anwendung der<br />
Sichtweitenregelung ist ebenfalls in der<br />
AVV geregelt. Danach kann die Nennlichtstärke<br />
weiß blitzender Feuer am Tag<br />
bei Sichtweiten über 5.000 Meter auf<br />
30 Prozent und bei Sichtweiten über 10<br />
126
ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Kennzeichnung von Windenergieanlagen<br />
Kilometer auf 10 Prozent reduziert werden. Gleiches gilt bei Nacht für die Regelung<br />
der Nennlichtstärke der Gefahrenfeuer und der Feuer W, rot. Die Sichtweitenmessung<br />
erfolgt nach den Vorgaben, die in Anhang 4 der AVV geregelt sind.<br />
Parksynchronisation<br />
Da die Befeuerungen ein intermittierendes Licht aussenden, hat es sich bewährt, die<br />
Feuer eines Windparks zu synchronisieren. Durch diese Synchronisation wird über alle<br />
Feuer ein gleichmäßiges Blinken erreicht, das heißt, dass alle Feuer im gleichen Takt<br />
ein- und ausgeschaltet werden. Für das menschliche Auge ergibt sich so ein ruhigeres<br />
Betrachtungsbild.<br />
AK-Kennzeichnung<br />
Um die Akzeptanz für hohe WEA zu steigern, wurde 2004 unter dem Dach des <strong>BWE</strong><br />
der Arbeitskreis zur Kennzeichnung von Windenergieanlagen (AK-Kennzeichnung)<br />
gegründet. Der AK-Kennzeichnung hat sich das Ziel gesetzt, gemeinsam mit den zuständigen<br />
Ministerien, der Flugsicherung sowie Fachleuten nach Lösungen für neue,<br />
effizientere Kennzeichnungssysteme zu suchen.<br />
Sprecher des AK ist Dr. Oliver Frank. Weitere Infos unter<br />
www.wind-energie.de/verband/fachgremien/arbeitskreise/kennzeichnung<br />
Autor<br />
Carlo Reeker (Jg. 1965) arbeitete nach seinem Studium als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der Universität Oldenburg und von 1994 bis 1998 als Chefredakteur<br />
beim Magazin „neue energie“. Von 1998 bis 2000 war er für die Öffentlichkeitsarbeit<br />
beim Anlagenhersteller Enercon zuständig. Seit 2000 ist der Diplom-<br />
Ökonom beim Bundesverband WindEnergie e.V. (<strong>BWE</strong>) und leitet dort als<br />
Mitglied der Geschäftsleitung die Abteilung „Mitglieder/Technik/Fachgremien“.<br />
127
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
128
Planungsrecht<br />
129
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windpark Bietikow bei Prenzlau. Foto: Paul-Langrock.de<br />
130
PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />
Das Planungsrecht<br />
in der<br />
Windenergie –<br />
eine Einführung<br />
Welche allgemeinen und besonderen Regelungen des<br />
Planungsrechts gelten für Vorhaben der Windenergie?<br />
Welche planungsrechtlichen Möglichkeiten stehen zur<br />
Verfügung, hier Einfluss zu nehmen, und worauf sollte<br />
dabei besonders geachtet werden? – Das Planungsrecht<br />
als wichtiger Faktor bei der Realisierung des Ausbaus der<br />
Windenergie.<br />
131
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Überblick und allgemeine Grundsätze<br />
Raumplanung<br />
Das Bedürfnis nach öffentlicher Planung formuliert das Raumordnungsgesetz des Bundes<br />
(ROG 2008) so, dass unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen,<br />
auf der jeweiligen Planungsebene auftretende Konflikte auszugleichen und<br />
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raumes zu treffen sind (§ 1 Abs.<br />
1 S. 2 ROG). Bis auf vereinzelte Fachplanungen (z. B. Bundesautobahnen, Übertragungsnetze)<br />
existiert bis heute keine alle Raumnutzungsaspekte erfassende Bundesrahmenplanung.<br />
Die Länder verfügen jedoch über Landesplanungen sehr unterschiedlicher Tragweite<br />
und Regelungstiefe.<br />
Verantwortlich ist hier in<br />
Ausübung der kommunalen<br />
Planungs hoheit grundsätzlich allein<br />
die Gemeinde – intern hier die jeweilige<br />
Vertretungskörperschaft, also das<br />
Gemeindeparlament oder der Rat.<br />
Möglich ist der Zusammenschluss<br />
mehrerer Gemeinden über einen gemeinsamen<br />
FNP nach § 204 BauGB.<br />
Auch die Bildung von sachlichen (und<br />
örtlichen) Teilflächennutzungsplänen<br />
speziell zum Thema „Windenergienutzung“<br />
ist auf der Gemeindeebene<br />
weit verbreitet.<br />
Verbindlichkeiten und Größe der Einheiten<br />
Bisweilen sind bezüglich des Windenergiesektors nur wenige und sehr allgemein gehaltene<br />
Ausbauziele vorgesehen (z. B. 2 %-Ziel in NRW). In kleineren Bundesländern wie z. B.<br />
Schleswig-Holstein wird die Windenergienutzung indes schon auf der Landesebene<br />
sehr detailliert in Form von Regionalplänen geregelt. Die Regionalplanung ist aber üblicherweise<br />
auf kleinere Verwaltungseinheiten delegiert, Größe und Verbindlichkeitsgrad<br />
variieren in den Ländern zum Teil sehr stark. Geplant wird auf der Ebene von mehrere<br />
Landkreise umfassenden Regierungsbezirken (Hessen), Planungsgemeinschaften<br />
(Rheinland-Pfalz) bis hinunter zu den Landkreisen (Niedersachsen). Generell sollen ein<br />
landesweiter Raumordnungsplan sowie<br />
Regionalpläne für die Teilräume der Länder<br />
aufgestellt werden (§ 8 Abs. 1 ROG).<br />
Die Regionalpläne sind aus dem Raumordnungsplan<br />
für das Landesgebiet zu entwickeln,<br />
Näheres regeln dabei die Planungsgesetze<br />
der Länder.<br />
Speziell für die Windenergienutzung<br />
wird häufig auf die Möglichkeit der Bildung<br />
von sachlichen Teilplänen, also Plänen<br />
zurückgegriffen, die im Wesentlichen<br />
nur die Regelung dieser bestimmten Nutzungsart<br />
nebst ihrer Abgrenzung zu anderen<br />
Nutzungen betreffen.<br />
Gemeindliche Bauleitplanung<br />
Für die gemeindliche Planungsebene ist<br />
der Flächennutzungsplan (FNP) relevant:<br />
132
PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />
„Im Flächennutzungsplan ist für das Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten<br />
städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren<br />
Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen“ (§ 5 Abs. 1 S. 1 Baugesetzbuch).<br />
Bebauungsplan und Flächennutzungsplan<br />
Schließlich steht am Ende dieser Planungskaskade der gemeindliche Bebauungsplan (B-<br />
Plan). Der B-Plan ist aus den Vorgaben des FNP zu entwickeln. Während letzterer ähnlich<br />
den Regionalplänen meist nur flächige Darstellungen betrifft (Fläche für die Windenergienutzung,<br />
für Siedlungsflächen etc. – wichtige Ausnahme: Höhenbegrenzung), regelt<br />
der B-Plan die einzelnen Zulassungsvoraussetzungen für bestimmte bauliche Anlagen<br />
meist sehr detailliert. Mit ihm können z. B. konkrete Standorte für einzelne WEA festgelegt<br />
werden. Grundsätzlich ist hier die Zuweisung maximaler Schallwerte ebenso möglich<br />
wie die Festlegung von Anforderungen an die nähere Gestaltung und deren Höhe.<br />
Als Form des privat initiierten B-Plans kennt das Gesetz noch den sogenannten vorhabenbezogenen<br />
B-Plan. Er wirkt wie ein B-Plan und wird wie er von der Gemeinde verabschiedet,<br />
beruht im Einzelnen aber auf der privaten Initiative eines einzelnen Bauherren<br />
zur Durchsetzung eines bestimmten Bauprojekts.<br />
Planungshierarchie, Außen- und Innenverbindlichkeit<br />
Die vorgelagerte, höhere Planungsebene bindet die nachfolgende in unterschiedlicher<br />
Weise. Änderungen der Regionalplanung haben aber umgekehrt in gewissem<br />
Umfang die bestehenden Darstellungen der gemeindlichen Flächennutzungsplanung<br />
(den Bestand) zu berücksichtigen. Hier sind umfassende Beteiligungsmöglichkeiten der<br />
Gemeinden vorgesehen, die das sogenannte „Gegenstromprinzip“ realisieren. Zudem<br />
hängt der Grad der Beachtenspflicht vom Inhalt der jeweiligen Planung ab. Die Raumplanung<br />
kennt sogenannte „Ziele der Raumordnung“. Diese sind als solche zu bezeichnen<br />
und von der gemeindlichen Bauleitplanung (FNP, B-Plan) zwingend zu berücksichtigen (§<br />
1 Abs. 4 BauGB). Insoweit wird die grundsätzlich garantierte kommunale Planungshoheit<br />
verfassungsrechtlich zulässig eingeschränkt.<br />
Die Raumplanung kennt allerdings auch „sonstige Erfordernisse“ und „Grundsätze“.<br />
Derartige Vorgaben sind von der nachfolgenden gemeindlichen Planung in die Abwägung<br />
der widerstreitenden Belange einzubeziehen, sodass es bei entsprechendem Gewicht<br />
der gegenteiligen Belange auch möglich ist, sie nur eingeschränkt oder gar nicht<br />
nachzuvollziehen.<br />
Konzentrationsflächenplanung und Vorranggebiete<br />
Neben der bereits beschriebenen Innenverbindlichkeit (Bindung der öffentlichen Pla-<br />
133
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Gemeindliche Bauleitpläne<br />
Gemeindliche Bauleitpläne, die den Zielen der Raumordnung nicht angepasst sind,<br />
sind unwirksam. Das gilt allerdings nur dann uneingeschränkt, wenn sie der Raumplanung<br />
zeitlich nachfolgen. Im umgekehrten Fall werden sie nicht automatisch<br />
mit Inkrafttreten des vorgelagerten Regionalplans unwirksam, sondern müssen<br />
„demnächst“ geändert werden. In den Einzelheiten ist vieles strittig.<br />
nungsträger untereinander) kann eine Planung aber auch eine sogenannte Außenverbindlichkeit<br />
gegenüber dem planbetroffenen Bürger bewirken, indem sie direkt auf die<br />
Zulässigkeit des zur Genehmigung gestellten Windenergieprojektes durchschlägt. Das<br />
ist der Fall bei der sogenannten Windkonzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3<br />
S. 3 BauGB: Die Ausweisung einer (oder mehrerer) Windeignungsflächen sperrt in der<br />
Regel die Zulässigkeit der Windenergienutzung im übrigen Planungsraum (sogenannter<br />
Planvorbehalt). Konzentrationsflächenplanungen kommen auch auf der Ebene der<br />
Raumplanung vor. Die Konzentrationswirkung kann allerdings nur über die Ausweisung<br />
von „Vorranggebieten“ mit ausdrücklicher Anordnung der Ausschlusswirkung erreicht<br />
werden, nicht über sogenannte „Vorbehaltsgebiete“. Nur erstere sind als „Ziele der<br />
Raumordnung“ zu identifizieren. Ob Gleiches bei der Kategorie der sogenannten „Eignungsgebiete“<br />
gilt, ist umstritten.<br />
Das formale Verfahren<br />
Die Aufstellung, Änderung und Aufhebung der Pläne folgt im Wesentlichen einem<br />
einheitlichen Muster. Die Aufstellung ist förmlich zu beschließen und öffentlich bekannt<br />
zu machen. Dafür legt die Verwaltung – bei der gemeindlichen Planung regelmäßig unterstützt<br />
durch ein privates Planungsbüro – einen ersten Entwurf vor. Dann werden die<br />
Träger öffentlicher Belange beteiligt. Gegebenenfalls parallel dazu oder danach erfolgt<br />
die erste oder vorzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit. Es wird öffentlich bekannt gemacht,<br />
dass die Planentwürfe nebst den Unterlagen (Gutachten etc.) für eine bestimmte<br />
Zeit (mindestens einen Monat) zur Einsicht offenliegen und dass in dieser Zeit jedermann<br />
Einwendungen bei der Gemeinde erheben kann.<br />
Die Einwendungen werden gesammelt und mit einer entsprechenden Empfehlung<br />
der Verwaltung dem jeweiligen Beschlussorgan (Regionalrat, Gemeinderat) vorgelegt,<br />
der sie entweder zurückweist oder in der Planung berücksichtigt. Sodann erfolgt regel-<br />
134
PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />
mäßig die zweite (endgültige) Öffentlichkeitsbeteiligung<br />
nach dem Muster der ersten<br />
Beteiligung. Nach deren Durchführung<br />
wird der Plan endgültig beschlossen. Regionalpläne<br />
und FNPs müssen daraufhin<br />
noch von der übergeordneten Behörde<br />
genehmigt werden. Hier findet nur eine<br />
Rechtsprüfung statt. Die dem jeweiligen<br />
Planungsträger eröffneten Planungsspielräume<br />
bleiben unangetastet. Wenn die<br />
Genehmigung öffentlich bekannt gemacht<br />
wird, tritt der Plan in Kraft.<br />
Positiv- und Negativplanung,<br />
materieller Planinhalt,<br />
keine Planungspflicht<br />
WEA sind nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB<br />
im Außenbereich privilegiert zulässig. Das<br />
entspricht nach Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts<br />
einer generellen Planungsentscheidung<br />
des Gesetzgebers. Die<br />
Verpflichtung, eine gesonderte Windenergieplanung<br />
durchzuführen, besteht also<br />
nicht. Besteht keine Planung oder ist eine<br />
Planung unwirksam, greift die Zulassungsvorschrift<br />
des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB<br />
unmittelbar. Dem Vorhaben können nur<br />
noch die sonstigen öffentlichen Belange,<br />
beispielhaft aufgezählt in § 35 Abs. 3 S. 1<br />
BauGB, entgegengehalten werden.<br />
Einfluss auf den<br />
Planungsprozess<br />
Wer den Planungsprozess maßgeblich<br />
beeinflussen will, sollte sich möglichst<br />
frühzeitig, spätestens aber mit der<br />
ersten Planveröffentlichung bemerkbar<br />
machen. Die Erfahrung zeigt, dass<br />
Einwendungen, die erst im Zuge der<br />
letzten Bürgerbeteiligung vorgebracht<br />
werden, regelmäßig nicht mehr<br />
beachtet werden. Wer allerdings den<br />
Plan später als unwirksam angreifen<br />
will, muss seine Einwendungen in<br />
der endgültigen (letzten) Bürgerbeteiligung<br />
benennen, da diese sonst in<br />
einem späteren Rechtsstreit ausgeschlossen<br />
werden können.<br />
Zusätzlich und gesondert müssen die<br />
Einwendungen noch einmal binnen<br />
Jahresfrist ab Inkrafttreten des Plans<br />
gegenüber dem Planungsträger<br />
vorgebracht werden. Erst dann ist hinreichend<br />
gesichert, dass der Rechtsschutz<br />
umfassend erhalten bleibt.<br />
Positivplanung<br />
Auf der Planungsebene kann zugunsten der Windenergienutzung zunächst eine reine<br />
Positivplanung erfolgen, ohne dass damit das restliche Plangebiet unter den Planvorbehalt<br />
(die Ausschlusswirkung) des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB gestellt wird. Ein Beispiel dafür sind<br />
die Vorrangflächen in der Regionalplanung, die lediglich die dargestellten Flächen für die<br />
Windenergienutzung vorhalten und gegen konkurrierende Nutzungen zu sichern beabsichtigen.<br />
135
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Konzentrationsplanung<br />
Will der Planungsträger aber von der Planvorbehaltsregelung Gebrauch machen, muss<br />
er eindeutig festlegen, dass er neben der positiven Standortzuweisung das restliche<br />
Plangebiet sperren möchte (Negativflächen). Insbesondere die Negativwirkung hat<br />
unmittelbare Außenwirkung, indem sie direkt auf das private Baurecht des einzelnen<br />
Grundstückseigentümers durchschlägt.<br />
Um Missbrauchsmöglichkeiten wie eine Verhinderungsplanung zu vermeiden und<br />
der Windenergienutzung den ihr gebührenden Stellenwert zuzuordnen, hat das Bundesverwaltungsgericht<br />
dafür eine Reihe von Regeln aufgestellt. So muss der Planungsträger<br />
insbesondere ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept vorlegen. Dieses muss<br />
nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung<br />
getragen wird, sondern auch die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums<br />
von WEA begründen.<br />
Die Ausarbeitung des Planungskonzepts vollzieht sich abschnittsweise:<br />
1. In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln,<br />
die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen<br />
lassen sich in „harte“ und „weiche“ untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen<br />
dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung<br />
schlechthin nicht in Betracht kommen. Weiche Tabuzonen sind Gebietsbereiche,<br />
in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die<br />
Errichtung von WEA „von vornherein“ ausgeschlossen werden „soll“.<br />
2. Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig<br />
bleiben, sind im nächsten Schritt zu den konkurrierenden Nutzungen in Beziehung<br />
zu setzen und mit den Belangen der Windenergie abzuwägen. Am Ende ist der<br />
Windenergienutzung eine „substanzielle Chance“ einzuräumen. Ist dies nicht der<br />
Fall, muss der Planungsträger entweder den Planungsprozess neu aufrollen und<br />
seine Abwägungsdirektiven ändern oder auf die Anwendung der Planvorbehaltsregelung<br />
gänzlich verzichten.<br />
Bei der Frage, ob der Windenergienutzung eine hinreichende substanzielle Chance<br />
eingeräumt wird, kann ein Vergleich der tatsächlich ausgewiesenen Fläche mit der Planfläche<br />
nach Abzug der harten Tabuzonen hilfreich sein. Je weniger ausgewiesen wird,<br />
umso höher ist der Rechtfertigungsbedarf. Andererseits hat sich das Bundesverwaltungsgericht<br />
bis heute geweigert, verbindliche Mindestflächenvorgaben aufzustellen.<br />
136
PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />
Tabuzonen<br />
Die Unterscheidung zwischen „harten“ und „weichen“ Tabuzonen ist nach der<br />
Rechtsprechung zwingend. Sie muss im Planungsprozess dokumentiert werden.<br />
„Harte“ Tabuzonen sind restriktiv zu handhaben. Vorsorgeabstände zu Siedlungsflächen,<br />
aber auch pauschale Abstände zu Brutrevieren geschützter Vogelarten<br />
sind regelmäßig „weiche“ Tabuzonen.<br />
Bebauungsplan<br />
Eine Feindifferenzierung der im FNP (dem Regionalplan) ausgewiesenen Windnutzungsflächen<br />
mit einem B-Plan ist nicht zwingend und in der Regel auch nicht erforderlich.<br />
Interessant werden kann der B-Plan allerdings im Zuge des ↗ Repowering. Die Bebauungsplanung<br />
kann im Sinne eines Einsammelns ungewollter, verstreut liegender WEA<br />
(„Aufräumen der Landschaft“) konkrete Standortzuweisungen mit der Auflage verbinden,<br />
dass mit dem Bau der neuen Anlage eine oder mehrere Altanlagen zurückgebaut<br />
werden müssen. Diese können sich auch außerhalb des B-Plangebiets befinden (§ 9 Abs.<br />
2 Nr. 2 BauGB).<br />
Festsetzungen zugunsten der Windenergienutzung im B-Plan bieten sich darüber hinaus<br />
immer dann an, wenn das betreffende Gebiet nicht mehr im Außenbereich liegt<br />
und die allein für diesen Fall bestimmte Privilegierungsvorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 5<br />
BauGB nicht greift. Das betrifft unter anderem Windenergie in Gewerbe- und Industriegebieten.<br />
Instrumente zur Plansicherung<br />
Zumindest im Außenbereich kann eine (Konzentrationsflächen-)Planung dem WEA-<br />
Projekt nur dann entgegengehalten werden, wenn sie in Kraft getreten ist. Ausnahmsweise<br />
und mit Einschränkungen kann dies schon dann der Fall sein, wenn die Planung<br />
das Stadium der sogenannten „Planreife“ erlangt hat. Sie ist damit endgültig beschlossen,<br />
aber noch nicht veröffentlicht. Dem Planungsträger stehen zur Absicherung seiner<br />
künftigen Planung aber die nachfolgend genannten Plansicherungsinstrumente zur Verfügung.<br />
In der Regionalplanung kann er der zuständigen Behörde mit einer regionalplanerischen<br />
Untersagungsverfügung für typischerweise nicht mehr als zwei Jahre (Einzelheiten<br />
im Landesplanungsrecht) die Genehmigung von Windenergievorhaben untersagen. Der<br />
137
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Gemeinde bietet § 15 Abs. 3 BauGB die Möglichkeit, das Bauvorhaben für längstens zwei<br />
Jahre zurückstellen zu lassen. Darüber hinausgehende Möglichkeiten durch Erlass einer<br />
sogenannten Veränderungssperre sind nur möglich, wenn die Gemeinde neben dem<br />
FNP zusätzlich einen B-Plan aufstellt. Dieser muss allerdings der Windenergienutzung<br />
dienen und darf nicht nur negativ deren Verhinderung zum Zweck haben.<br />
Die Voraussetzung dafür ist, dass das jeweilige Planvorhaben bereits förmlich eingeleitet<br />
worden ist und die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich<br />
gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Dazu müssen die Vorstellungen des<br />
Planungsträgers hinreichend konkretisiert sein. Zudem darf nicht bereits zu diesem Zeitpunkt<br />
absehbar sein, dass die Planung an schwerwiegenden Mängeln leidet, die zur Unwirksamkeit<br />
des späteren Plans führen würden.<br />
Rechtsschutz<br />
Unwirksame Pläne sind unbeachtlich. Die Planung fällt auf den vormaligen Planungsstand<br />
zurück und kann der beabsichtigten Windenergienutzung ggf. nicht mehr entgegengehalten<br />
werden.<br />
Im Streitfall kann dies im Rahmen des sogenannten Inzident-Verfahrens durchgesetzt<br />
werden: Der Windmüller klagt auf Erteilung der Genehmigung. Im Erfolgsfall spricht das<br />
Gericht die entsprechende Verpflichtung der Behörde aus und stellt „inzident“ – im<br />
Zuge der Urteilsbegründung – fest, dass<br />
die dem Vorhaben entgegenstehende<br />
Planung unwirksam ist. Der Vorteil dieses<br />
Verfahrens ist, dass die Genehmigung am<br />
Ende aufgrund einer vollstreckbaren Anordnung<br />
des Gerichts grundsätzlich erteilt<br />
werden muss.<br />
Darüber hinaus hat die Rechtsprechung<br />
für Windkonzentrationsflächenplanungen<br />
(und zwar nur für diese) die<br />
Möglichkeit der sogenannten abstrakten<br />
Normenkontrolle eröffnet. Hier wird im<br />
Erfolgsfalle festgestellt, dass die jeweilige<br />
Planung unwirksam ist. Der Vorteil ist,<br />
dass das Verfahren im Gegensatz zur Inzident-Kontrolle<br />
beim jeweiligen Verwaltungsobergericht<br />
(OVG, VGH) beginnt und<br />
damit eine Instanz überspringt. Dies spart<br />
Zeit und Kosten, zumal der Streitwert, aus<br />
Tipp<br />
Im Zweifelsfalle nicht kleckern, sondern<br />
klotzen. Inzident- und Normenkontrollverfahren<br />
parallel betreiben!<br />
Achtung: Für den Normenkontrollantrag<br />
gilt eine kurze Ausschlussfrist von<br />
einem Jahr ab Inkrafttreten des Plans.<br />
Wer den Plan mit Erfolg anfechten<br />
will, muss sicherstellen, dass er mit<br />
seinen Einwendungen nicht ausgeschlossen<br />
ist.<br />
138
PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />
dem die Gerichts- und Anwaltsgebühren<br />
berechnet werden, in aller Regel deutlich<br />
unter dem des Verpflichtungsklageverfahrens<br />
liegt. Nachteilig ist aber, dass in<br />
dem Verfahren nicht über die konkrete<br />
Verpflichtung zur Erteilung der begehrten<br />
Genehmigung entschieden wird. Wird<br />
das konkrete Genehmigungsverfahren<br />
also erst nach dem Normenkontrollurteil<br />
begonnen oder fortgesetzt, besteht die<br />
Gefahr, dass der Planungsträger seinen<br />
Plan zwischenzeitlich nachbessert und am<br />
Ende erneut dem konkreten Windenergievorhaben<br />
entgegenhält.<br />
Fazit<br />
Wenn bestimmte Voraussetzungen<br />
erfüllt sind, bietet das Planungsrecht<br />
insgesamt gute Möglichkeiten, die<br />
Flächennutzung im Sinne der Windenergie<br />
mitzugestalten. Die entscheidenden<br />
Kriterien dafür sind neben der<br />
Beachtung von Planungshierarchien<br />
vor allem die Einhaltung vorgegebener<br />
Fristen und nicht zuletzt ein<br />
möglichst frühzeitiges Eingreifen in<br />
den Planungsprozess.<br />
Autor<br />
Franz-Josef Tigges (Jg. 1955) ist Rechtsanwalt und Notar sowie seit 1993 Fachanwalt<br />
für Verwaltungsrecht. Seit 1988 ist er Partner der auf das Recht der Erneuerbaren<br />
Energien spezialisierten Sozietät Engemann & Partner in Lippstadt. Als Rechtsanwalt<br />
ist er ausschließlich auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien tätig, insbesondere<br />
im Planungsrecht, im öffentlichen Baurecht, im Immissionsschutz- und Naturschutzrecht.<br />
Seit dem Jahr 2000 ist Franz-Josef Tigges geschäftsführender Mitherausgeber der rechtswissenschaftlichen<br />
Zeitschrift für neues Energierecht (ZNER). Der langjährige Vorsitzende des Juristischen Beirats im<br />
<strong>BWE</strong> ist gleichzeitig Mitglied im Vorstand des Verbands.<br />
139
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
140
PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />
Der Flächennutzungsplan<br />
als Steuerinstrument<br />
Gemeinden können steuern, wo Windenergieanlagen<br />
gebaut werden dürfen und wo nicht. Dazu bestimmen sie<br />
Konzentrationszonen, die die Errichtung an anderer Stelle<br />
unzulässig machen. Wichtig: die korrekte Vorgehensweise<br />
bei der Erstellung des Flächennutzungsplans.<br />
Windpark Wundersleben.<br />
Foto: Ulrich Mertens<br />
141
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Seit dem 1. Januar 1997 sind Windenergieanlagen im Außenbereich als sogenannte<br />
privilegierte Anlagen zulässig. Die Privilegierung ist in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB geregelt.<br />
Windenergieanlagen sind damit grundsätzlich planungsrechtlich im Außenbereich zulässig,<br />
wenn dem Vorhaben kein öffentlicher Belang entgegensteht und eine ausreichende<br />
Erschließung gesichert ist. Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass Windenergieanlagen<br />
in dem eigentlich von Bebauung freizuhaltenden Außenbereich errichtet werden<br />
sollen.<br />
Steuerungsinstrument Konzentrationszone<br />
Damit die Anlagen aber nicht ungesteuert im Gemeindegebiet realisiert werden,<br />
steht den Gemeinden ein Steuerungsinstrument zur Verfügung: Durch § 35 Abs. 3 Satz<br />
3 BauGB sind sie dazu ermächtigt, die möglichen Standorte von Windenergieanlagen zu<br />
steuern, indem sie Teile des Gemeindegebiets für die Windenergienutzung vorsehen.<br />
Solche Konzentrationszonen für Windenergieanlagen stellen dann einen öffentlichen<br />
Belang dar, der der Errichtung von Windenergieanlagen an anderer Stelle entgegensteht<br />
und diese unzulässig macht. Ausgewiesen werden die Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan<br />
(FNP) als dem vorbereitenden Bauleitplan. Mit der Festlegung der Konzentrationszonen<br />
entfaltet der FNP unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Dritten.<br />
Unzulässig: die Verhinderungsplanung<br />
Gerade weil die Festlegung von Konzentrationszonen eine Ausschlusswirkung an anderer<br />
Stelle zur Folge hat, werden an die Darstellung und Abwägung hohe gerichtliche<br />
Anforderungen gestellt. Denn die Abgrenzung zwischen zulässiger gemeindlicher Steuerung<br />
und einer reinen Verhinderungsplanung ist in der Praxis eine der schwierigsten Fragen<br />
und nicht ohne Grund Bestandteil zahlreicher gerichtlicher Auseinandersetzungen.<br />
Das Bundesverwaltungsgericht hat den Gemeinden inzwischen deutlich gemacht, dass<br />
eine gezielte Verhinderungsplanung oder der vollständige Ausschluss von Windenergieanlagen<br />
im Gemeindegebiet unzulässig sind.<br />
Kernanforderung bei der Planung von Konzentrationszonen ist, dass es sich<br />
insgesamt um ein schlüssiges planerisches Gesamtkonzept handelt, in dem der privilegierten<br />
Windenergie ausreichend Raum gegeben wird (Substanzialitätskriterium).<br />
Das bedeutet, dass Auswahl und Kriterienwahl, die zum Planungsergebnis geführt<br />
haben, nachvollziehbar, transparent und objektiv sein müssen. Der damit verbundene<br />
Dokumentationsaufwand ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen.<br />
142
PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />
Wie jede andere Planung wird die Planungskonzeption zur Steuerung der Windenergie<br />
abschnittsweise erarbeitet. Die Besonderheit liegt bei der Windenergieplanung darin,<br />
dass inzwischen das methodische Vorgehen weitestgehend gerichtlich vorgegeben<br />
ist. Das OVG Berlin-Brandenburg hat deutlich gemacht, dass es sich bei dem vom Bundesverwaltungsgericht<br />
entwickelten Verfahren zur Festlegung von Konzentrationszonen<br />
mit Ausschlusswirkung um eine von der Gemeinde zwingend zu beachtende Prüfungsreihenfolge<br />
handelt.<br />
Harte und weiche Tabuzonen<br />
Untersuchungsraum ist in der Regel das gesamte Gemeindegebiet. Im ersten Arbeitsschritt<br />
müssen die Teile des Gemeindegebietes festgelegt werden, die tatsächlich oder<br />
aus rechtlicher Sicht für die Windenergienutzung ausgeschlossen sind – sogenannte harte<br />
Tabuzonen. Im zweiten Schritt werden die Bereiche festgelegt, die zwar tatsächlich und<br />
rechtlich für eine Windenergienutzung in Betracht kommen, aber aus Sicht der Gemeinde<br />
für eine Windenergienutzung ausgeschlossen werden sollen – die sogenannten weichen<br />
Tabuzonen.<br />
Einfachstes Beispiel für eine harte Tabuzone sind Gebiete, die aufgrund zu geringen<br />
Windaufkommens tatsächlich für die Windenergienutzung ungeeignet sind. Weitere<br />
Beispiele sind: militärische Schutzbereiche, Naturschutzgebiete, Nationalparks, Biosphärenreservate,<br />
gesetzlich geschützte Biotope, Verkehrswege oder Splittersiedlungen im<br />
Außenbereich. Nicht eindeutig ist die Lage aber z. B. bei Landschaftsschutzgebieten. Hier<br />
muss im Einzelfall geprüft werden, ob Schutzzweck und Erhaltungsziele mit der Windenergienutzung<br />
vereinbar sind. Bei den Siedlungsabständen sind lediglich die Abstände<br />
als harte Tabuzonen anzusehen, die sich aus immissionsschutzrechtlicher Sicht zwingend<br />
ergeben. Wünscht die Gemeinde größere Abstände, handelt es sich um weiche Tabuzonen.<br />
Abwägungsfehler vermeiden<br />
Zur Vermeidung eines sogenannten Abwägungsfehlers muss sich die Gemeinde den<br />
Unterschied zwischen den beiden Arten von Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren.<br />
Dazu muss sie aufzeigen, wie sie die eigenen Ausschlussgründe für weiche<br />
Tabuzonen bewertet. Harte Tabuzonen gelten im Gegensatz dazu als „Faktum“. Wird<br />
diese Differenzierung nicht vorgenommen oder werden weiche Tabuzonen fälschlicherweise<br />
als harte Tabuzonen bewertet, fehlt die im Baugesetzbuch vorgeschriebene Abwägung<br />
der öffentlichen und privaten Belange. Dieser sogenannte Abwägungsausfall kann<br />
dazu führen, dass der Flächennutzungsplan nicht genehmigungsfähig ist oder im Falle<br />
einer gerichtlichen Auseinandersetzung insgesamt als unwirksam erklärt wird. Ein weiterer<br />
Abwägungsfehler ist zum Beispiel ein Abwägungsdefizit – d. h., die Gemeinde hat<br />
143
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Ausschnitt aus<br />
einem Flächennutzungsplan<br />
mit<br />
einem Sondergebiet<br />
für die Windenergienutzung<br />
SO<br />
„Wind“<br />
Abb.: M. Dornblut, Jahn, Mack und Partner<br />
nicht alle abwägungsrelevanten Belange ermittelt und berücksichtigt. Oder es besteht<br />
eine Abwägungsfehleinschätzung – die Gewichtigkeit der Belange wurde falsch beurteilt.<br />
Substanzialitätskriterium erfüllt?<br />
Nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen bleiben schließlich die sogenannten<br />
Potenzialflächen übrig, die für die Windenergienutzung infrage kommen. In einem letzten<br />
Arbeitsschritt muss geprüft werden, ob mit diesen Konzentrationszonen der Windenergienutzung<br />
ausreichend substanzieller Raum zur Verfügung gestellt wird, der der<br />
bundesrechtlichen Privilegierung und den örtlichen Gegebenheiten gerecht wird. Allgemeine<br />
Aussagen, dass bei x Prozent des Gemeindegebiets der Windenergienutzung<br />
substanziell Raum gegeben wird, sind nicht möglich. Dies ist immer von den konkreten<br />
örtlichen Gegebenheiten abhängig. Angewendet werden kann eine Kombination aus<br />
verschiedenen Prüfmethoden, an deren Ende ein transparentes, nachvollziehbares und<br />
dokumentiertes Ergebnis stehen muss.<br />
144
̵<br />
̵<br />
̵<br />
̵<br />
̵<br />
PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />
Prüfmaßstäbe können sein:<br />
Verhältnis der festgelegten Konzentrationsflächen zu potenziell geeigneten Flächen<br />
Verhältnis zwischen Planungsregion abzüglich der „harten Tabuzonen“ und den<br />
Eignungsgebieten<br />
Vergleich der festgelegten Konzentrationsflächen zu festgelegten landes- und<br />
bundesdurchschnittlichen Flächen<br />
Vergleich der festgelegten Konzentrationsflächen im Hinblick auf die mögliche<br />
Energiemenge zu landes- und bundesdurchschnittlich installierter Leistung<br />
Vergleich der festgelegten Konzentrationsflächen zu energiepolitischen landesund<br />
bundespolitischen Zielen<br />
Wird festgestellt, dass der Windenergie nicht substanziell Raum geschaffen werden<br />
kann, kann die Gemeinde von dem Steuerungsinstrument der Konzentrationsflächenplanung<br />
keinen Gebrauch machen. Die planungsrechtliche Zulässigkeit von Windenergieanlagen<br />
richtet sich dann nach § 35 BauGB, in dem die planungsrechtlichen Zulässigkeiten<br />
für das Bauen im Außenbereich allgemein geregelt sind.<br />
Wie lese ich einen Bauleitplan für die Windenergienutzung?<br />
Der Bebauungsplan informiert über die im Geltungsbereich zulässigen Nutzungen<br />
und baurechtlichen Vorschriften. Im Gegensatz zu anderen Nutzungen gilt dies bei der<br />
Windenergie gleichermaßen für den FNP, wenn die Gemeinde Konzentrationszonen mit<br />
Ausschlusswirkung festgelegt hat. Insbesondere wenn Bebauungspläne aus dem Internet<br />
eingesehen werden, muss geprüft werden, ob der vorliegende Plan wirksam ist oder<br />
ob es sich lediglich um einen Verfahrensstand (Vorentwurf oder Entwurf) handelt. Neben<br />
den zeichnerischen sind auch die textlichen Festsetzungen zu berücksichtigen.<br />
Art der baulichen Nutzung<br />
§ 11 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) regelt eindeutig, dass als „sonstiges<br />
Sondergebiet“ insbesondere Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung<br />
oder Nutzung Erneuerbarer Energien wie Wind- und Sonnenergie dienen, in Betracht<br />
kommen. Festzusetzen ist somit ein sonstiges Sondergebiet gem. § 11 Abs. 2 BauNVO.<br />
Im Gegensatz zu den übrigen Baugebieten der BauNVO müssen bei der Festsetzung<br />
eines Sondergebietes die zulässigen und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen textlich<br />
definiert werden. Das bedeutet, dass sich die Zulässigkeit von Windenergieanlagen<br />
aus der zeichnerischen Festsetzung des Sondergebietes mit einer Zweckbestimmung<br />
(z. B. „Windkraft“) in Kombination mit einer textlichen Festsetzung ergibt.<br />
145
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Beispielhafte Festsetzungsmöglichkeiten<br />
in einem Bebauungsplan<br />
I. Die WKA sind innerhalb<br />
der Baugrenze im<br />
Sondergebiet „Wind“<br />
zulässig – die Positionierung<br />
und Anzahl der<br />
Anlagen innerhalb der<br />
Baugrenzen wird nicht<br />
vorgegeben. Weiter<br />
werden die zulässige<br />
Bauhöhe und die überbaubare<br />
Grundfläche je<br />
WKA festgesetzt.<br />
II. Die Positionierung<br />
und Anzahl der Anlagen<br />
sind mit Baugrenzen<br />
festgesetzt. Weiter<br />
werden für jede Anlage<br />
die zulässige Bauhöhe,<br />
die überbaubare<br />
Grundfläche je WKA<br />
und die notwendigen<br />
Erschließungsflächen<br />
festgesetzt.<br />
Abb.: M. Dornblut,<br />
Jahn, Mack und Partner<br />
146
PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />
Bestandteile eines Flächennutzungs- und eines Bebauungsplans<br />
Jeder Bauleitplan – also jeglicher Flächennutzungsplan und Bebauungsplan –<br />
besteht aus:<br />
a) der Planzeichnung mit:<br />
✓ dem Bebauungsplantitel<br />
✓ einer Übersichtskarte<br />
✓ dem Geltungsbereich<br />
✓ den textlichen Festsetzungen<br />
✓ einer Legende<br />
✓ einem Katastervermerk<br />
✓ dem Verfahrensstand (Vorentwurf, Entwurf oder Satzungsbeschluss)<br />
Der wirksame Plan enthält zudem einen Ausfertigungsvermerk mit dem Datum<br />
des Satzungsbeschlusses (beim FNP ist dies der Feststellungsbeschluss) und einen<br />
Vermerk über die Tatsache und den Zeitpunkt der ortsüblichen öffentlichen<br />
Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses/der Genehmigung.<br />
b) der Begründung mit (entsprechend dem Stand des Verfahrens):<br />
✓ den Zielen, Zwecken und wesentlichen Auswirkungen des Bauleitplans sowie<br />
✓ einem Umweltbericht als gesondertem Teil<br />
In der Begründung muss das inhaltliche und konzeptionelle „Gerüst“ der<br />
Planung zum Ausdruck kommen. Die Abwägung der durch den Plan berührten<br />
öffentlichen und privaten Belange muss deutlich werden.<br />
Maß der baulichen Nutzung<br />
Meist wird eine zulässige überbaubare Grundstücksfläche (GR) in m² festgesetzt, die<br />
innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche durch das Fundament, erforderliche Nebenanlagen<br />
und Kranaufstellflächen überbaut/vollversiegelt werden darf. Die maximal<br />
zulässige Anlagenhöhe wird i. d. R. zeichnerisch mit einer maximalen Bauhöhe festgesetzt.<br />
Mit einer textlichen Festsetzung wird darüber hinaus definiert, von welchem Bezugspunkt<br />
aus gemessen wird und welcher Punkt der Anlage (meist der höchste Punkt,<br />
der vom Rotor überstrichen wird) maßgeblich ist.<br />
147
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Das Bauleitplanverfahren nach BauGB<br />
Planungsanlass / Planerfordernis<br />
Aufstellungsbeschluss<br />
ortsübliche<br />
Bekanntmachung<br />
Abfrage der Ziele der Raumordnung<br />
Erarbeitung des Vorentwurfs<br />
Frühzeitige Beteiligung der<br />
Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 1 BauGB<br />
Frühzeitige Beteiligung der<br />
Behörden gem. § 4 Abs. 1 BauGB<br />
Auswertung und Würdigung der<br />
vorgebrachten Anregungen<br />
Beteiligung der Behörden<br />
gem. § 4 Abs. 2 BauGB<br />
Auswertung und Würdigung der vorgebrachten Anregungen<br />
und Erarbeitung des Entwurfs<br />
erneute Auslegung,<br />
wenn Änderungen am<br />
Entwurf notwendig<br />
werden<br />
Zustimmung zur Planung und Beschluss zur öffentlichen<br />
Auslegung gem. § 3 Abs. 2 BauGB und zur<br />
Einholung von Stellungnahmen der Behörden und<br />
sonstigen Träger öffentlicher Belange<br />
gem. § 4 Abs. 2 BauGB<br />
ortsübliche<br />
Bekanntmachung<br />
Öffentliche Auslegung<br />
gem. § 3 Abs. 2 BauGB<br />
Abwägung der vorgebrachten Anregungen<br />
Satzungsbeschluss / Feststellungsbeschluss<br />
beim FNP<br />
Genehmigung beim FNP und in Einzelfällen<br />
beim B-Plan<br />
Abb.:<br />
Jahn, Mack und Partner<br />
Rechtskraft durch ortsübliche Bekanntmachung<br />
148
PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />
Überbaubare Grundstücksfläche<br />
Die überbaubare Grundstücksfläche<br />
wird in den meisten Fällen mithilfe von<br />
Baugrenzen (blaue Linien) festgesetzt, die<br />
ein Baufenster bilden, innerhalb dessen<br />
die Anlagen zulässig sind. Die zulässige<br />
überbaubare Grundstücksfläche darf nur<br />
innerhalb der Baufenster realisiert werden.<br />
Neben den genannten Festsetzungen<br />
ist in einem Bebauungsplan eine Vielzahl<br />
weiterer Festsetzungen möglich. Der Umfang<br />
der Festsetzungen ist immer abhängig<br />
von der Regelungserfordernis des Einzelfalls<br />
und den örtlichen Gegebenheiten.<br />
Hierbei ist zu beachten, dass im Gegensatz<br />
zum FNP nur solche Festsetzungen in den<br />
Bebauungsplan aufgenommen werden<br />
können, die in § 9 BauGB („Inhalt des Bebauungsplans“)<br />
enthalten sind.<br />
Fazit<br />
Durch die Bestimmung sogenannter<br />
Konzentrationszonen können<br />
Gemeinden steuern, wo in ihrem<br />
Gemeindegebiet Windenergieanlagen<br />
errichtet werden dürfen und wo nicht.<br />
An das Verfahren zur Bestimmung<br />
der Konzentrationszonen werden<br />
deshalb hohe gerichtliche Anforderungen<br />
gestellt: Zu unterscheiden<br />
gilt es zwischen harten und weichen<br />
Tabuzonen. Zudem müssen Fehler<br />
bei der Abwägung der öffentlichen<br />
und privaten Interessen vermieden<br />
werden. Ausgewiesen werden die<br />
Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan,<br />
der als vorbereitender<br />
Bauleitplan gilt.<br />
Autor<br />
Martin Dornblut (Jg. 1981) arbeitete nach dem Studium der Stadt- und<br />
Regionalplanung in verschiedenen Planungsbüros. Es folgte eine Beschäftigung<br />
in der öffentlichen Verwaltung mit dem Schwerpunkt Projektmanagement<br />
und -koordination. Seit 2010 ist Martin Dornblut für Jahn, Mack und Partner<br />
im Bereich der vorbereitenden und verbindlichen Bauleitplanung tätig.<br />
149
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windpark auf der Nauener Platte, westlich von Berlin. Foto: Jan Oelker<br />
150
PLANUNGSRECHT | Bessere Erträge durch optimales Windparklayout<br />
Bessere Erträge<br />
durch optimales<br />
Windparklayout<br />
Die Entwicklung einer sinnvollen und auf den Standort abgestimmten Windparkkonfiguration<br />
ist ein entscheidendes Element für eine erfolgreiche Windparkplanung. Dabei<br />
sind verschiedenste Ansprüche an den geplanten Standort zu berücksichtigen und miteinander<br />
in Einklang zu bringen.<br />
Die vom Planer entwickelte Windparkkonfiguration wird im Rahmen des Planungsablaufes<br />
mehrmals konkretisiert, angepasst und optimiert. Die wichtigsten Bezugsgrößen<br />
zur Bestimmung der optimalen Konfiguration ergeben sich aus folgenden Eigenschaften:<br />
• zur Verfügung stehende Fläche und ihr Zuschnitt<br />
• Typ, Durchmesser und Anzahl der Anlagen<br />
• Schallbelastungen für umliegende Bereiche<br />
• Umgebungsturbulenz, Windparkturbulenz und Standfestigkeit<br />
• Ertragspotenzial am Standort<br />
• Energieertrag und ↗ Parkwirkungsgrad der geplanten WEA<br />
• Mindestabstände und Flurstücksicherung<br />
• ggf. bereits bestehende oder benachbart geplante Anlagen<br />
Für die Durchführung einer Windparkoptimierung und die Festlegung der Anlagenkonfiguration<br />
werden aussagekräftige ↗ GIS- oder ↗ CAD-Systeme benötigt. Die<br />
notwendigen Berechnungen für Schall-, Schattenwurf-, Ertrags- und Turbulenzbetrachtungen<br />
werden mit Spezialsoftware durchgeführt. Das Ergebnis ist eine Liste mit exakt<br />
definierten Koordinaten der Anlagen sowie ein genauer Lageplan der Parkkonfiguration.<br />
151
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Fester Bestandteil für die Baugenehmigung<br />
In der zeichnerischen Darstellung sind zudem Durchmesser und Exzentrizität des Rotors<br />
zu beachten, was insbesondere für die Berücksichtigung der Mindestabstände und<br />
die korrekte Platzierung der WEA innerhalb der vorgesehenen Fläche wichtig ist. Im Rahmen<br />
der Genehmigung ist ein fest definiertes Windparklayout anzugeben. Die Windparkkonfiguration<br />
ist somit fester Bestandteil der jeweiligen Baugenehmigung und auch der<br />
damit verbundenen Gutachten für Schall, Schattenwurf und Turbulenz. Verschiebungen<br />
an den Positionen der Anlagen erfordern eine entsprechende Nachtragsgenehmigung.<br />
Mitentscheidend für die Ertragsberechnung<br />
Auch im Rahmen der durchzuführenden Ertragsgutachten wird das definierte Layout<br />
für die Berechnung angewendet. Hier wird neben dem freien Energieertrag der WEA am<br />
Standort auch der berechnete ↗ Parkwirkungsgrad der einzelnen Anlagen sowie des gesamten<br />
Parks angegeben – also die Verluste durch gegenseitige Abschattung am Standort.<br />
Der Parkwirkungsgrad für die betrachtete Konfiguration berücksichtigt im Ergebnis<br />
zudem immer die Auswirkung benachbart bestehender oder geplanter Anlagen.<br />
Neben der durch die Planung vorgegebenen Windparkkonfiguration sind für seine<br />
Berechnung auch die vom Hersteller definierte Schubbeiwertkurve, der Rotordurchmesser<br />
und insbesondere die Verteilung der Windrichtung relevant.<br />
Windpotenzial und Windrichtung<br />
In Deutschland kann allgemein von einer Hauptwindrichtung West/Südwest ausgegangen<br />
werden. Vor der Planung des Layouts empfiehlt es sich jedoch, die Hauptwindrichtung<br />
grob zu verifizieren. Aufschluss hierüber können die veröffentlichten<br />
Daten meteorologischer Messstationen in der Umgebung des geplanten Standortes<br />
geben. Die Verteilung der Windrichtung in Deutschland ist relativ ausgeprägt und<br />
identisch, daher unterscheiden sich die in Ertragsgutachten berechneten Parkverluste<br />
nur selten signifikant. Bei einer engen Windparkkonfiguration und unterschiedlichen<br />
Einschätzungen des Windpotenzials und der Windrichtungsverteilung<br />
am Standort kann es aber durchaus vereinzelt zu größeren Diskrepanzen kommen.<br />
152
PLANUNGSRECHT | Bessere Erträge durch optimales Windparklayout<br />
Herangehensweise<br />
Für die Anforderungen an das Windparklayout existieren keine fest definierten Richtlinien.<br />
Faktisch begrenzen aber die Genehmigungsfähigkeit und der hiermit verbundene<br />
Standsicherheitsnachweis nach ↗ DIBT das Windparklayout hinsichtlich der Abstände<br />
der Anlagen zueinander. In Deutschland orientiert sich dieses üblicherweise am fünffachen<br />
Wert des Rotordurchmessers (D5) für die Hauptwindrichtung und am dreifachen<br />
(D3) für die Nebenwindrichtung. Bei einer besonders ausgeprägten Hauptwindrichtung<br />
kann sich dieses Verhältnis entsprechend verschieben.<br />
Parkwirkungsgrad<br />
Ein wichtiger Indikator für die Qualität des Windparklayouts ist der Parkwirkungsgrad<br />
der Anlagen. Bei größeren Windparks sollte der berechnete Parkwirkungsgrad im<br />
Allgemeinen nicht unter 80 Prozent fallen. Für die Planung können aus wirtschaftlichen<br />
Gründen aber durchaus auch höhere Werte zugrunde gelegt werden. Dabei ist zu beachten,<br />
dass ein Windpark an einem windstarken Standort einen vergleichsweise höheren<br />
Parkwirkungsgrad aufweist als an Standorten mit weniger Windaufkommen. Die optimale<br />
geometrische Anordnung der Anlagen im Windpark, wie sie in Offshore-Projekten<br />
Darstellung einer Windpark-Konfiguration mit Hauptwindrichtung Südwest (3D- und 5D-<br />
Abstände – Ellipsen entsprechend halb so groß). Quelle: wpd<br />
153
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windenergieanlagen im Wald. Foto: juwi<br />
154
PLANUNGSRECHT | Bessere Erträge durch optimales Windparklayout<br />
umgesetzt wird, spielt für die Planung im deutschen Binnenland eine geringere Rolle: Die<br />
Flächen der meisten Parks an Land haben nicht die entsprechende Größe dafür. Es sind<br />
vielmehr die weiteren Standortfaktoren, die das Windparklayout konkretisieren. Zudem<br />
sind im Rahmen der Planung gegebenenfalls bereits bestehende WEA zu berücksichtigen<br />
und ist die Windparkkonfiguration entsprechend hierauf abzustimmen.<br />
Schallbelastungen verringern<br />
Bei einem genaueren Blick auf die verschiedenen Standortkategorien im Binnenland<br />
(flaches/komplexes Gelände, dicht besiedelte und bebaute Bereiche, bewaldete<br />
Standorte) ergeben sich neben dem energetischen Aspekt weitere Anforderungen an<br />
die Windparkplanung. Einen wichtigen Punkt stellt das Thema Schallemissionen dar.<br />
Kleinere Verschiebungen der Anlagen haben in der Regel nur geringe Auswirkungen auf<br />
die rechnerische Schallbelastung, da sich letztere vor allem aus der Anzahl der Anlagen<br />
in der näheren Distanz zum Immissionsort ergibt. Dennoch ist es in einigen Fällen<br />
möglich, einzelne WEA aus schallkritischen Bereichen zu einer neuen Konfiguration zu<br />
verschieben und den Park damit auch schalltechnisch zu optimieren. Möglichst niedrige<br />
Schallimmissionen und einen optimalen Energieertrag wirtschaftlich sinnvoll in Einklang<br />
zu bringen, ist ein iterativer Prozess. Dabei werden einzelne Anlagen verschoben und<br />
immer wieder erneute Berechnungen durchgeführt, bis im Ergebnis die optimale Windparkkonfiguration<br />
steht. Aber auch diese muss erfahrungsgemäß im weiteren Planungsverlauf<br />
immer wieder angepasst werden.<br />
Nicht definierte Restriktionen beachten<br />
Ebenso wichtig sind die in der Flächenausweisung nicht definierten Restriktionen,<br />
wie notwendige Mindestabstände zu Hochspannungsleitungen oder Richtfunkstrecken,<br />
nicht gesicherte Flurstücke, topografische Eigenschaften und andere. Für die Planung im<br />
Wald betrifft dies zum Teil auch Bereiche, die aufgrund der ökologischen und wirtschaftlichen<br />
Wertigkeit des Baumbestandes nicht genutzt werden können.<br />
Windangebot und Turbulenzen<br />
In komplexen Geländesituationen sind die maßgeblichen Kriterien für die Parkoptimierung<br />
das unterschiedliche Windangebot und die Turbulenzintensität innerhalb<br />
der zur Verfügung stehenden Fläche. Dabei ist zu beachten, dass die Turbinen an den<br />
windhöffigen Standorten platziert, also an exponierter Lage in Hauptwindrichtung frei<br />
angeströmt werden. Hanglagen sowie Positionen mit einer hohen Umgebungsturbulenzintensität<br />
gilt es zu vermeiden.<br />
155
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Bestehen große Unterschiede in der Geländehöhe zwischen den einzelnen Positionen,<br />
so spielt das am jeweiligen Standort vorhandene Windangebot eine größere Rolle<br />
als der berechnete Parkwirkungsgrad. Für im Gelände sehr komplexe und strukturierte<br />
Standorte ist daher die Durchführung von ↗ CFD-Berechnungen zu empfehlen, mithilfe<br />
derer sich auch flächenhafte Aussagen zur Turbulenzintensität herleiten lassen.<br />
Abschattungsverluste bei bestehenden Standorten<br />
Ein Blick auf bestehende Windparks, ihre Performance und die Betriebsergebnisse<br />
zeigt, wie wichtig eine optimale und standortgerechte Windparkkonfiguration ist. Bisherige<br />
Fehler resultieren oft daher, dass bestehende Windparks in den letzten Jahren<br />
weiter zugebaut wurden, wodurch sich daraus entstehende Abschattungsverluste zum<br />
Teil drastisch erhöht haben. Größere Windparkstandorte mit einer engeren Windparkkonfiguration<br />
reagieren zudem sensibler auf ein schwankendes Windangebot als kleinere<br />
Windparks. Dies trifft auch für Windparkplanungen im Binnenland zu, wenn bereits<br />
ausgewiesene Standorte erweitert werden. Sofern also Windparkerweiterungen in der<br />
Umgebung (insbesondere in der Hauptwindrichtung) bekannt sind oder erwartet werden<br />
können, sollten diese auch bei der Planung und der Berechnung des Parkwirkungsgrades<br />
berücksichtigt werden.<br />
Strenge Geometrie eher kontraproduktiv<br />
Die Erfahrung zeigt, dass Windparks, die eher unstrukturiert geplant wurden, gegenüber<br />
Parks mit einer fest vordefinierten Geometrie oftmals im Vorteil sind. Tritt der Wind<br />
aus einer Richtung auf, in der einzelne Turbinen durch direkt vorgelagerte Anlagen in erster<br />
und zweiter Reihe hintereinander abgeschattet werden, können sich Abschattungsgrad<br />
und damit Ertragseinbußen deutlich erhöhen. Letztere resultieren nicht nur aus der<br />
Symmetrisches Layout (links) und im Parkwirkungsgrad optimiertes Layout (rechts).<br />
Quelle: wpd<br />
156
PLANUNGSRECHT | Bessere Erträge durch optimales Windparklayout<br />
Windkraftanlagen auf der Fuchskaute im Hohen Westerwald. Foto: Paul-Langrock.de<br />
direkten Abschattung der jeweils vorgelagerten<br />
Anlage, sondern auch aus den sich<br />
überlagernden Nachlaufturbulenzen mehrerer<br />
in Hauptwindrichtung vorgelagerter<br />
Anlagen. Derartige Symmetrien sollten,<br />
wenn möglich, im Windparklayout daher<br />
vermieden werden.<br />
Autor<br />
Peter Spengemann (Jg. 1972)<br />
ist Director ↗ Repowering bei<br />
wpd windmanager GmbH &<br />
Co. KG. Der Diplom-Geograf<br />
startete nach seinem Studium<br />
2002 bei der DEWI GmbH, wo<br />
er als Abteilungsleiter unter anderem für ↗ Micrositing<br />
und später für Due Diligence verantwortlich<br />
war. Seit 2011 ist Peter Spengemann bei wpd<br />
windmanager verantwortlich für die Bewertung,<br />
Koordination und Umsetzung von Repowering-<br />
Vorhaben.<br />
Fazit<br />
Das Windparklayout ist im Rahmen<br />
der Planung und späteren Genehmigung<br />
eine feste Größe, die es jedoch<br />
zu entwickeln gilt. Während der<br />
Planung werden hierbei verschiedene<br />
Ansprüche an den Standort in<br />
Einklang gebracht und eine optimale<br />
Windparkkonfiguration entwickelt.<br />
Diese zunächst vorläufig entwickelte<br />
Konfiguration wird im Rahmen des<br />
Planungsprozesses immer weiter konkretisiert<br />
und angepasst. Die genaue<br />
und sachgerechte Entwicklung des<br />
Windparklayouts stellt somit eine die<br />
Planung stetig begleitende Aufgabe<br />
dar, die sich bis zur Festlegung und<br />
Genehmigung einer endgültigen Konfiguration<br />
hinzieht.<br />
157
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
158
Grundbuchrechte<br />
und Pachtverträge<br />
159
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
160
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />
Auf gutem Grund:<br />
Pachtverträge<br />
und -modelle zur<br />
Flächensicherung<br />
Für die erfolgreiche Realisierung eines Windenergie-<br />
Projektes auf dem Festland ist die Flächensicherung durch<br />
möglichst langfristige Pachtverträge eine grundlegende<br />
Voraussetzung. Die Fragen nach dem richtigen Pachtmodell<br />
und angemessenen Pachthöhen sind dabei ebenso<br />
entscheidend wie eine sinnvolle Einigung mit den<br />
Eigentümern der Flächen.<br />
Foto: Jens Meier<br />
161
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Die zivilrechtliche Sicherung sämtlicher benötigter Flächen ist für Windparkprojekte<br />
und für Einzelstandorte grundsätzlich erforderlich. Hierbei ist zu bedenken, dass<br />
aufgrund von bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften auch für die Errichtung<br />
von Einzelanlagen oft mehrere Grundstücke gesichert werden müssen: Die wenigsten<br />
Grundstücke sind groß genug, um hierauf eine oder mehrere Windenergieanlagen unter<br />
Einhaltung sämtlicher bauordnungsrechtlicher Abstandsflächen vollständig errichten zu<br />
können.<br />
Mindestvoraussetzungen eines wirksamen Pachtvertrages<br />
Die Grundstücksnutzungsverträge stellen rechtlich unabhängig von ihrer Bezeichnung<br />
(z. B. als „Nutzungsvertrag“ oder „Grundstücksnutzungsvertrag“) stets Pachtverträge<br />
im Sinne des § 581 BGB dar. In den letzten Jahren sind die rechtlichen Anforderungen<br />
hinsichtlich der Wirksamkeit solcher Pachtverträge gestiegen, was einen erheblichen<br />
Beratungsbedarf für Anlagenbetreiber und Grundstückseigentümer bei ihrem Abschluss<br />
mit sich bringt.<br />
Aus der Vogelperspektive. Foto: Jörg Böthling<br />
162
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />
Die zwingende Mindestvoraussetzung eines wirksamen Pachtvertrages ist eine Einigung<br />
darüber, wer die Parteien des Vertrages sind, welche Grundstücke zum Zweck<br />
der windenergetischen Nutzung verpachtet werden und wie hoch der Pachtzins ist. Der<br />
Windenergieanlagenbetreiber muss darüber hinaus aber noch auf weitere Vertragsinhalte<br />
achten:<br />
Checkliste<br />
Was muss der Pachtvertrag im Interesse des<br />
späteren WEA-Betreibers enthalten?<br />
✓✓<br />
Konkrete Beschreibung des Nutzungsrechts,<br />
✓✓<br />
Recht des Anlagenbetreibers zur optimalen Konfiguration des Windparks,<br />
also zur freien Standortwahl auf den angepachteten Grundstücken,<br />
✓✓<br />
langfristige Bindung beider Vertragsparteien unter Ausschluss ordentlicher<br />
Kündigungsrechte,<br />
✓✓<br />
Vereinbarung einer sogenannten „Reservierungsphase“ bis zum Beginn der<br />
Grundstücksinanspruchnahme und der Pachtzahlungen,<br />
✓✓<br />
Konkurrenzschutzklausel,<br />
✓✓<br />
Verpflichtung zur Bestellung eventuell erforderlicher Baulasten (Abstands-,<br />
Wege- und/oder Vereinigungsbaulasten) und benötigter Wege-Grunddienstbarkeiten,<br />
✓✓<br />
Verpflichtung zur Bestellung der für die grundbuchliche Sicherung des<br />
Windenergieanlagenbetriebs, der Nebenanlagen und der Kabel benötigten<br />
beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten des Anlagenbetreibers<br />
und ggfs. der finanzierenden Bank,<br />
✓✓<br />
bei Abschluss des Nutzungsvertrages in einer sogenannten Haustürsituation:<br />
Widerrufsbelehrung,<br />
✓✓<br />
Verpflichtung des Eigentümers, die Zustimmungserklärung des landwirtschaftlichen<br />
Pächters beizubringen,<br />
✓✓<br />
sog. ↗ „Salvatorische Klausel“.<br />
163
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Bezüglich der Angabe des Verpächters im Vertrag (meistens als „Grundstückseigentümer“<br />
bezeichnet) empfiehlt sich eine Klausel, mit der der Grundstückseigentümer<br />
versichert, (ggf. Allein-)Eigentümer der im Vertrag nachbenannten Grundstücke zu sein.<br />
Häufig liegt kein aktueller Grundbuchauszug vor und die Verhandlungen werden von<br />
Ehepartnern oder Kindern der Grundstückseigentümer geführt. Die Klausel „Der/die<br />
Grundstückseigentümer versichert/versichern, Eigentümer des nachstehend aufgeführten<br />
Grundbesitzes zu sein:“ führt in der Regel dazu, dass dieser Umstand angesprochen<br />
wird und für die Unterzeichnung durch den/die tatsächlichen Grundstückseigentümer<br />
noch gesorgt werden kann.<br />
Wichtig: das Recht zur optimalen Konfiguration des Windparks<br />
Der Abschluss der Grundstücksnutzungsverträge erfolgt in der Regel in einer sehr<br />
frühen Phase der Projektierung von Windenergieanlagen. Von besonderer Bedeutung<br />
ist hierbei das vertragliche Recht des Anlagenbetreibers, den Windpark optimal konfigurieren<br />
zu können. Nur so ist die bestmögliche Ausnutzung der zur Verfügung stehenden<br />
Windvorrangfläche unter windenergetischen Gesichtspunkten möglich.<br />
Eine zu frühe Festlegung auf Windenergieanlagenstandorte kann für die Wirtschaftlichkeit<br />
des Windparks erhebliche Nachteile mit sich bringen. Deshalb sind auch sämtliche<br />
potenziell benötigten Flächen unter Vertrag zu nehmen, um später auf eventuell<br />
notwendige Standortverschiebungen flexibel reagieren zu können.<br />
Die Träger der Konzentrationsplanungen, also die Träger der Regionalplanung oder<br />
die Städte und Gemeinden als Träger der vorbereitenden Bauleitplanung (Flächennutzungsplanung)<br />
stellen üblicherweise Konzentrationszonen in Form von Vorrang- und<br />
Eignungsgebieten bzw. Sonderbauflächen dar. Außerhalb dieser Flächen sind Windenergieanlagen<br />
gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der Regel unzulässig, deshalb muss der<br />
Anlagenbetreiber häufig mit einer Vielzahl von Flächeneigentümern in der ausgewiesenen<br />
Konzentrationsfläche verhandeln. Vor diesem Hintergrund sollte bereits frühzeitig<br />
ein Pachtmodell gewählt werden, mit dem eine Zustimmung möglichst aller Flächeneigentümer<br />
erreicht werden kann.<br />
Einzelpacht- versus Flächenpachtmodelle<br />
Verändert hat sich mit der Erfahrung der letzten 20 Jahre im Bereich der Windenergie<br />
auch die Ausgestaltung der Vergütungsregelungen in den Nutzungsverträgen. Waren zu<br />
Beginn noch sogenannte Einzelpachten bei Einzelanlagen sowie Windparks üblich, werden<br />
heute in der Regel sogenannte Flächenpachten vereinbart. Dies hat erhebliche Vorteile<br />
sowohl für den Anlagenbetreiber als auch für den Grundstückseigentümer. Im Folgenden<br />
werden die Vor- und Nachteile der beiden Modelle einander gegenübergestellt:<br />
164
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />
Herausforderungen bei Einzelpachtmodellen<br />
Wie bereits dargestellt, ist in der Regel für den Betrieb einer oder mehrerer Windenergieanlagen<br />
die Anpachtung mehrerer Grundstücke erforderlich. Vergütungen erhalten<br />
im Rahmen des Einzelpachtmodells jedoch nur die Eigentümer der Grundstücke, auf<br />
denen Windenergieanlagen errichtet werden, sowie die Eigentümer von Kabel- und Wegeflächen.<br />
Eine flächenbezogene Aufteilung des Nutzungsentgeltes erfolgt nicht, wenn<br />
eine Pachtzahlung nur für das Grundstück des Anlagenstandorts (Einzelpacht) vereinbart<br />
wurde. Es wird dann ausschließlich an dessen Verpächter gezahlt.<br />
Dies zeitigt zwar einerseits eine hohe Akzeptanz bei den Eigentümern der Standortgrundstücke,<br />
ist andererseits jedoch mit erheblichen Nachteilen bezüglich der optimalen<br />
Konfiguration des Windparks verbunden. Die Vereinbarung von Einzelpachten mit den<br />
Grundstückseigentümern setzt oftmals eine vertragliche Vereinbarung voraus, mit der<br />
Letzteren bereits zu diesem Zeitpunkt ein Standort zugesichert werden muss. Dies ist<br />
aber zumeist problematisch, weil die spätere Realisierbarkeit des jeweiligen Standortes<br />
in dieser frühen Projektphase noch nicht feststehen kann. Eine optimale Ausnutzung der<br />
bauplanungsrechtlich zur Verfügung stehenden (Vorrang-)Fläche kann dadurch später<br />
verhindert werden.<br />
Deshalb ist auch bei der Vereinbarung von Einzelpachten darauf zu achten, dass dem<br />
Anlagenbetreiber vertraglich das Recht zur optimalen Konfiguration des Windparks eingeräumt<br />
wird. Damit wird sichergestellt, dass er bei Bedarf Standorte verschieben oder<br />
das Grundstück auch nur für Infrastruktureinrichtungen bzw. als Windan- oder -abstromfläche<br />
(gegen ein sehr geringes Entgelt) nutzen kann.<br />
Akzeptanzfragen<br />
Je eindeutiger und rechtssicherer die genannten Regelungen in einem Pachtvertrag<br />
mit einem Einzelpachtmodell ausgestaltet werden, desto geringer ist allerdings die Bereitschaft<br />
des Grundstückseigentümers, diese zu akzeptieren. Wenig Akzeptanz findet<br />
das Einzelpachtmodell verständlicherweise bei den Grundstückseigentümern, deren Flächen<br />
nur für Infrastruktureinrichtungen als Grenzabstandsflächen oder Windanstromflächen<br />
benötigt werden. Häufig wird gerade in diesen Fällen die Zusicherung mindestens<br />
eines Windenergieanlagenstandortes gefordert.<br />
Wird hingegen auf solche Flächen verzichtet, weil diese vermeintlich nicht benötigt<br />
werden oder die Eigentümer unter diesen Bedingungen nicht verpachten wollen, besteht<br />
das erhebliche Risiko einer Anpachtung durch Wettbewerber. Dies kann zur „Verdichtung“<br />
des Windparks führen und die optimale Ausnutzung der verfügbaren Fläche<br />
verhindern. Ebenfalls problematisch kann die Nichtanpachtung im Falle der Änderung<br />
des Grenzabstandsrechts des jeweiligen Bundeslandes, der Rechtsprechung z. B. zum<br />
gebotenen Nachbarschutz durch Immissionsschutzauflagen oder zu den Abstandserfordernissen<br />
aus Turbulenzintensitätsgesichtspunkten sein.<br />
165
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Getreideernte im Windpark. Foto: Jörg Böthling<br />
Aktueller Standard: Flächenpachtmodell<br />
Üblicherweise wird in aktuellen Nutzungsverträgen deshalb das sogenannte Flächenpachtmodell<br />
vereinbart. Hierbei erfolgt eine Aufteilung in einen kleineren Teil des<br />
Nutzungsentgelts auf Anlagenstandorte und einen größeren Teil auf alle übrigen Flächen<br />
innerhalb der Windparkfläche. Früher wurden auf die Verpächter der Anlagenstandorte<br />
häufig 20 oder 30 Prozent des Nutzungsentgelts vorab verteilt, heute sind es in der Regel<br />
nur noch 10 Prozent. Selbst diese Beträge übersteigen die Anlagenstandortnachteile wie<br />
die Erschwernisse der Bewirtschaftung und den Flächenverlust für die landwirtschaftliche<br />
Nutzung deutlich. Üblich ist auch die Vereinbarung von Vergütungen für Kabel und Zuwegungen<br />
als Vorabentgelt aus dem Gesamtnutzungsentgelt oder als zusätzliche Vergütung.<br />
Eindeutige Definition des Windparkgebietes ist unerlässlich<br />
Bei der Vertragsgestaltung ist zwingend darauf zu achten, dass das Windparkgebiet,<br />
auf das die Flächenpacht verteilt wird, eindeutig und zweifelsfrei definiert wird. Eine<br />
Definition des Windparkgebietes kann unter Bezugnahme auf die im Flächennutzungsplan<br />
der jeweiligen Gemeinde dargestellte Sonderbaufläche oder – sofern eine solche<br />
166
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />
Planung noch nicht existiert – unter Bezugnahme auf die im Regionalplan dargestellte<br />
Vorrang- oder Eignungsgebietsfläche erfolgen. Möglich ist auch die Definition des Windparkgebietes<br />
anhand eines beigefügten Lageplans, aus dem sich Größe und Umfang des<br />
Windparkgebietes zweifelsfrei ergeben müssen.<br />
Win-win-Situation<br />
Insgesamt betrachtet ist die Vereinbarung eines Flächenpachtmodells sowohl für<br />
den Grundstückseigentümer als auch für den Anlagenbetreiber vorteilhaft. Die gleichmäßigere<br />
Verteilung des Nutzungsentgelts auf alle Flächen im Windparkgebiet führt zu<br />
einer höheren Akzeptanz bei den Grundstückseigentümern. Dieses Modell wird vielfach<br />
als gerechter empfunden, weil die bauleitplanerisch dargestellte Fläche nun einmal das<br />
zur Verfügung stehende Bauland vorgibt und die Standortwahl für die Anlagen bei Vertragsabschluss<br />
in der Regel noch nicht endgültig feststeht. Nicht zuletzt werden auch<br />
im Flächenpachtmodell die mit dem Standort selbst verbundenen Nachteile mehr als<br />
ausgeglichen.<br />
Dem Anlagenbetreiber ermöglicht dieses Modell, auf alle Erfordernisse verschiedener<br />
Anlagentypen und ggf. notwendiger Standortverschiebungen problemlos zu reagieren:<br />
Die eigentliche Höhe des Nutzungsentgelts bleibt gleich, es erfolgt dann lediglich<br />
eine andere Aufteilung als beim Einzelpachtmodell.<br />
Wege zur Einigung mit Landeigentümern<br />
Wie bereits ausgeführt, sieht sich der Anlagenbetreiber bei den Verhandlungen<br />
zum Abschluss von Nutzungsverträgen oftmals einer Vielzahl von Flächeneigentümern<br />
gegenüber. Diese bilden in vielen Fällen Eigentümergemeinschaften und wollen selbst<br />
Windenergieanlagen betreiben. Der Abschluss von Nutzungsverträgen ist in solchen Fällen<br />
oftmals recht schwierig.<br />
Ist eine Einigung mit den Landeigentümern nicht durch eine Anhebung der Pachthöhe<br />
möglich, kann sie häufig durch Einräumung von Beteiligungsmöglichkeiten zugunsten<br />
der Grundstückseigentümer erreicht werden. Möglich ist beispielsweise die Gründung<br />
einer Betreibergesellschaft der Grundstückseigentümer für Einzelanlagen oder Anlagengruppen<br />
innerhalb des Windparks. Ebenso können für die Flächeneigentümer besondere<br />
Zeichnungsoptionen an der Windparkbetreibergesellschaft vorgesehen werden.<br />
Solche Vereinbarungen können bereits im Nutzungsvertrag geregelt werden, wobei<br />
auf eine ausreichende Bestimmtheit der Regelungen zu achten ist. Die Regelungen müssen<br />
zudem mit den Gesellschaftsverträgen korrespondieren. Wenn die Grundstückseigentümer<br />
selbstständig Windenergieanlagen im Windpark betreiben wollen und sollen,<br />
sollte bereits frühzeitig eine Vereinbarung über die Projektkosten getroffen werden.<br />
167
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windfest im Windpark Ballstaedt-Westhausen.<br />
Foto: Jan Oelker<br />
Dazu gehören unter anderem externe und<br />
interne Planungskosten, Kosten für die<br />
Windenergieanlagen und die Errichtung<br />
der Infrastruktur sowie die Beteiligung an<br />
den Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.<br />
In Norddeutschland ist die Aufteilung<br />
in Bürgerwindparkprojekte mit Beteiligungsmöglichkeiten<br />
der Grundstückseigentümer<br />
und der Gemeindebürger eine<br />
häufige Praxis. Auf die Gestaltung der<br />
Gesellschaftsverträge ist dabei besondere<br />
Sorgfalt zu verwenden, denn die Grundlagen<br />
einer späteren Beteiligung können<br />
und sollten bereits in den Nutzungsverträgen<br />
geregelt werden.<br />
Häufig werden niedrigere<br />
Anfangspachten vereinbart, die in<br />
der Regel zwischen 4 und 7 Prozent<br />
der Einspeisevergütung betragen.<br />
Diese steigen nach Ablauf der Finanzierung<br />
häufig auf 7 bis 9 Prozent.<br />
Im Fall einer Beteiligung des oder<br />
der Grundstückseigentümer werden<br />
in der Regel die jeweils niedrigeren<br />
vorgenannten Pachten vereinbart.<br />
Aktuelle Entwicklungen<br />
bei den Pachthöhen<br />
Die Pachthöhen sind mittlerweile vor<br />
allem davon abhängig, ob und in welcher<br />
Form sich die Grundstückseigentümer am<br />
Betrieb der Windenergieanlagen beteiligen<br />
können. Werden den Grundstückseigentümern<br />
keine Beteiligungsmöglichkeiten<br />
angeboten, kommen in der Praxis<br />
auch höhere als die genannten Pachtzahlungen<br />
vor. Leider erleben Grundstückseigentümer<br />
in diesen Fällen aber oft auch<br />
die Forderung nach Nachverhandlungen über die Pachthöhen, die kurz vor dem Beginn<br />
der Projektumsetzung mit Rücksicht auf unerwartet hohe Kosten oder geänderte Rahmenbedingungen<br />
gestellt werden. Begründet wird dies dann meist mit einer vorgerechneten<br />
Unwirtschaftlichkeit des Projekts bei einem Festhalten am vereinbarten Pachtzins.<br />
Garantierte Mindestpachten<br />
Üblich ist nach wie vor auch die Vereinbarung garantierter Mindestpachten. Ausgangspunkt<br />
für deren Berechnung sollte die Jahresstromvergütung der geplanten Windenergieanlagen<br />
auf Grundlage vorliegender Ertragsgutachten sein. Hiervon sind Abschlä-<br />
168
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />
ge für Unsicherheiten der Ertragsprognose (10 Prozent), für Kabelverluste (2 Prozent),<br />
für übliche windschwache Jahre (15 Prozent) und ein Verfügbarkeitsabschlag (2 Prozent)<br />
sinnvoll, die in der Regel auch vorgenommen werden. Insgesamt ergibt sich daraus zur<br />
Berechnung einer sinnvollen Mindestpachthöhe ein Abschlag von ca. 29 Prozent auf den<br />
prognostizierten durchschnittlichen Ertrag.<br />
Fazit<br />
Abschließend lässt sich festhalten, dass bereits die Sicherung der Flächen für ein<br />
Windparkprojekt eine wichtige Weichenstellung für sein Gelingen ist. Die Anforderungen<br />
an die Wirksamkeit langfristiger Pachtverträge sind hoch. Um eine möglichst<br />
hohe Akzeptanz bei Grundstückseigentümern zu erreichen, ist es erforderlich, sich<br />
frühzeitig für das richtige Pachtmodell zu entscheiden.<br />
Die Einräumung von Beteiligungsoptionen für Grundstückseigentümer setzt bereits<br />
zu einem frühen Zeitpunkt der Projektierung eine umfassende gesellschaftsrechtliche<br />
<strong>Projektplanung</strong> voraus, sie erhöht in der Regel aber die Bereitschaft der Grundstückseigentümer<br />
zur vertraglichen Bindung.<br />
Autoren<br />
Jann Berghaus (Jg. 1958) ist<br />
Partner in der auf das Recht<br />
der Erneuerbaren Energien<br />
spezialisierten Kanzlei<br />
Berghaus, Duin und Kollegen<br />
in Aurich und Gründungsmitglied<br />
des Sprecherrats im Juristischen Beirat des<br />
Bundesverband WindEnergie. Seine anwaltliche<br />
Tätigkeit umfasst das Verwaltungsrecht, insbesondere<br />
das öffentliche Bau- und Planungsrecht,<br />
das Immissionsschutzrecht, das Naturschutzrecht<br />
und sonstige Umweltrecht sowie das Recht der<br />
Erneuerbaren Energien. Darüber hinaus ist Jann<br />
Berghaus Mitherausgeber der Zeitschrift für neues<br />
Energierecht (ZNER).<br />
Katharina Sommerfeldt<br />
(Jg. 1975) studierte<br />
Rechtswissenschaft an der<br />
Universität Jena. Nach ihrem<br />
Referendariat am Landgericht<br />
Chemnitz mit Stationen u. a.<br />
bei der Deutschen Botschaft Tiflis in Georgien<br />
und der Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />
in Speyer war sie wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin an der Forschungsstelle für Europäisches<br />
Umweltrecht der Universität Bremen.<br />
Ab September 2006 war Katharina Sommerfeldt<br />
als Rechtsanwältin in einer auf Verwaltungs-,<br />
Umwelt- und Energierecht spezialisierten Kanzlei<br />
in Bremen tätig, im April 2009 wechselte sie zur<br />
Kanzlei Berghaus, Duin & Kollegen.<br />
169
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
170
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />
Grundbuchrecht<br />
schafft Sicherheit<br />
Als wäre die Projektentwicklung nicht schon kompliziert<br />
genug, muss sich der Planer auch noch mit dem Grundbuchrecht<br />
beschäftigen. Viel Zeit und Kosten hat er nun<br />
schon in einen hoffentlich „wasserdichten“ Nutzungsvertrag<br />
investiert. Und doch lautet der einhellige Rat –<br />
oder eher die Forderung – seiner Berater, seiner Bank<br />
und eventueller Investoren: Ohne dingliche Sicherung<br />
der wichtigsten Rechte im Grundbuch geht nichts!<br />
Dafür gibt es gute Gründe.<br />
Windpark Plauerhagen bei Plau am See.<br />
Foto: Paul-Langrock.de<br />
171
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Weshalb dingliche Sicherung?<br />
Das Grundbuchrecht übt eine umfassende Schutzfunktion aus:<br />
• Schutz vor nachträglichen Nutzungsverträgen: Es kommt vereinzelt vor, dass bereits<br />
anderweitig vertraglich gebundene Grundeigentümer zum Abschluss weiterer<br />
Nutzungsverträge überredet werden sollen. Denn ein später geschlossener Nutzungsvertrag<br />
bietet kein schlechteres Nutzungsrecht als der bereits vorhandene.<br />
Ganz anders das ↗ dingliche Recht: Wer im Grundbuch eingetragen ist, hat ein<br />
besseres Recht als der nachrangig Eingetragene. Das Grundbuchrecht schützt also vor<br />
solchen Geschäftspraktiken und hindert ihre Protagonisten daran, sich durchzusetzen.<br />
• Schutz vor Grundstücksveräußerung: Eine weitere Spielart ist der Kauf von bereits<br />
nutzungsvertraglich gebundenen Grundstücken. Die Käufer erhoffen sich, damit den<br />
Nutzungsvertrag „abschütteln“ oder ein bereits geplantes Projekt zumindest mit<br />
zusätzlichen Unsicherheiten belasten zu können. Mitunter verkaufen Grundeigentümer<br />
aber auch aus ganz anderen Gründen ihren Grundbesitz.<br />
Eine grundbuchlich eingetragene Sicherung geht ohne weiteres auf den Grundstückserwerber<br />
über, wenn sie sachgerecht begründet und gestaltet wurde. Er muss<br />
sie übernehmen. Auch hier sind ↗ Dienstbarkeiten sinnvoll: Der arglistige Grundstückskäufer<br />
ärgert sich – und der redliche wird hinreichend gewarnt.<br />
• Schutz vor einem Verlust der Scheinbestandteilseigenschaft: Seit die Branchenpraxis<br />
grundlos die Sicherstellung der Scheinbestandteilseigenschaft durch einen<br />
Nutzungsvertrag gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 BGB „kaltgestellt“ hat, kommt der Dienstbarkeit<br />
hierfür zentrale Bedeutung zu. Nur dingliche Rechte verhelfen zur Scheinbestandteilseigenschaft<br />
gemäß § 95 Abs. 1 S. 2 BGB.<br />
Was bedeutet das? Würde eine Windenergieanlage ohne Scheinbestandteilseigenschaft<br />
errichtet, ginge sie mit ihrer Errichtung wohl in das Eigentum des Grundeigentümers<br />
über. Mit einer sachgerecht gestalteten und rechtzeitig begründeten<br />
Dienstbarkeit zur Herbeiführung der Scheinbestandteilseigenschaft lässt sich dies<br />
vermeiden. „Scheinbestandteil“ bedeutet also: Die WEA bleibt im Eigentum des<br />
Projektierers und kann z. B. zum Sicherungseigentum der Bank werden.<br />
• Schutz bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung: Gerät der Grundeigentümer in<br />
die Insolvenz oder wird sein Grundstück zwangsversteigert, kann der Erwerber<br />
172
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />
den Nutzungsvertrag kündigen. Eine<br />
sachgerecht begründete und gestaltete<br />
Dienstbarkeit hingegen bleibt<br />
bestehen. Der Betreiber ist also gegen<br />
die Unbill des Grundstücksverkehrs<br />
besser abgesichert.<br />
Einige Fachbegriffe<br />
Wer sich dingliche Rechte vom Grundeigentümer<br />
bewilligen lassen will, sucht<br />
die Eintragung in das Grundbuch. Es ist<br />
das systematisch gegliederte Verzeichnis<br />
der Grundstücke, der Belastungen, ihrer<br />
Veränderungen etc. Das Grundbuch benennt<br />
die eingetragenen Rechte aber oft<br />
nur schlagwortartig. Es bezieht sich dabei<br />
auf Bewilligungen. Dies sind die vom<br />
Grundeigentümer unterzeichneten Erklärungen<br />
zur Begründung eines grundbuchlichen<br />
Rechts, z. B. für einen Projektierer.<br />
Der Interessierte findet sie in den Grundakten.<br />
Dort sind sämtliche Schriftstücke<br />
enthalten, auf denen die Eintragungen in<br />
das Grundbuch beruhen.<br />
Die Bewilligungen und damit die<br />
Grundakten sind von zentraler Bedeutung<br />
zur Auslegung des Grundbuchs. Aus den<br />
Bewilligungen können sich u. a. bedeutende<br />
Einschränkungen der grundbuchlich<br />
eingetragenen Rechte ergeben. Deshalb<br />
erfordert jede sorgfältige Prüfung des<br />
Grundbuchinhalts eine Durchsicht der<br />
Bewilligungen der maßgeblichen Rechte.<br />
Jeder Projektierer sollte sich schon in der<br />
Projektierungsphase eine Vollmacht des<br />
Grundeigentümers zur Einsichtnahme in<br />
das Grundbuch und die Grundakten geben<br />
lassen.<br />
Nur eines von vielen weiteren<br />
Argumenten für eine Beschäftigung<br />
mit dem Grundbuch:<br />
Ein dingliches Recht lässt sich auf<br />
eine deutlich längere Zeit befristen<br />
(oder sogar unbefristet erwerben),<br />
als es bei einem Nutzungsvertrag der<br />
Fall ist. Gerade für Kabeltrassen ist<br />
dies interessant.<br />
Baustelle im Wald mit Fundament. Foto: juwi<br />
173
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Praxisbeispiel: Bedeutung der Bewilligungen<br />
Betreiber A bot einen seit Längerem in Betrieb befindlichen Windpark an. Käufer B<br />
prüfte die dinglichen Sicherungen der Projektrechte. Er fand u. a. folgende Eintragung:<br />
„Beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Rotorüberflugsrecht) für die … KG. Unter<br />
Bezugnahme auf die Bewilligung vom …, UR-Nr. …, Notar …, eingetragen am …“<br />
Die Bewilligung war damit Bestandteil des eingetragenen Rechts. Dort stand:<br />
„Zu Lasten der vorstehenden Flurstücke wird der … KG für einen Zeitraum von 25<br />
Jahren das Recht eingeräumt, auf diesen Flurstücken die Rotoren der Windenergieanlagen<br />
im Luftraum kreisen zu lassen.“<br />
Die 25-jährige Befristung war aus dem Grundbuch selbst nicht erkennbar. Sie war<br />
trotzdem wirksamer Bestandteil des grundbuchlichen Rechts. Ohne Einsicht in die<br />
Grundakten wäre dies dem Interessenten nicht bekannt geworden.<br />
Das Grundbuch besteht aus einem Bestandsverzeichnis sowie drei sog. Abteilungen.<br />
Im Bestandsverzeichnis findet sich die Beschreibung des Grundstücks, seiner Lage, Größe<br />
und Katasterbezeichnung. Die dort auch zu findende Wirtschaftsart ist leider ohne<br />
rechtliche Funktion. Auch wenn z. B. dort ein Grundstück als „Weg“ bezeichnet ist, muss<br />
es der Grundeigentümer nicht als Zuwegung bereitstellen.<br />
Den Eigentümer findet man in Abteilung I. Die Abteilung II enthält alle Grundstücksbelastungen<br />
– mit Ausnahme der in Abteilung III erfassten. Dort findet man die Grundpfandrechte<br />
(u. a. Hypothek und Grundschuld). Aus ihnen ist eine Zwangsvollstreckung<br />
in das Grundstück zulässig.<br />
Und was ist nun das Grundstück? Grundbuchlich sind dies alle Flurstücke, die unter<br />
einer einheitlichen laufenden Nummer in das Bestandsverzeichnis eingetragen sind.<br />
Mehrere Flurstücke können also grundbuchlich ein Grundstück bilden. Erweist sich dies<br />
als lästig – z. B. weil eine Belastung eigentlich nur ein Flurstück betrifft, aber auf dem<br />
gesamten Grundstück ruht – kann eine Trennung erfolgen.<br />
174
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />
Das wichtigste Recht: die beschränkte persönliche Dienstbarkeit<br />
Die Windenergiebranche nutzt die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (bpD) als<br />
häufigstes grundbuchliches Recht. Andere Dienstbarkeiten – die Grunddienstbarkeit und<br />
der ↗ Nießbrauch – fristen dagegen teils zu Unrecht ein Schattendasein.<br />
Die bpD kann zur Nutzung des Grundstückes „in einzelnen Beziehungen“ (§ 1090<br />
Abs. 1 BGB) berechtigen. Sie kann auch zum Inhalt haben, dass der Grundeigentümer<br />
bestimmte Nutzungen zu unterlassen hat (Freihaltung des Grundstücks von Bewuchs<br />
etc.). Sie ist beschränkt persönlich, weil sie nur einem Berechtigten zusteht. Das kann<br />
eine natürliche Person oder auch eine Gesellschaft sein.<br />
Von wenigen Ausnahmen abgesehen ist die bpD nicht übertragbar (§ 1092 Abs. 1 S. 1<br />
BGB). Eine wichtige Ausnahme bilden Leitungsdienstbarkeiten (§ 1092 Abs. 3 S. 1 BGB).<br />
Auch in der Veräußerung oder Ausgliederung aus bestehenden Gesellschaften können<br />
Sonderregelungen eingreifen.<br />
Praxisbeispiel: Veräußerung eines Windparks<br />
Eine Publikums-KG wollte ihren Windpark verkaufen. Da hierfür eine Mehrheit,<br />
aber keine Einstimmigkeit bestand, kam ein Verkauf aller Anteile nicht in Betracht.<br />
Gleichzeitig wollte die Gesellschaft aber auch keinen sog. Asset-Deal (Einzelverkauf<br />
aller Vermögensgegenstände und Rechte), weil dann mehr als 80 Nutzungsverträge<br />
hätten übertragen und mehr als 60 Dienstbarkeiten und ebenso viele Vormerkungen<br />
neu bestellt werden müssen. Die Lösung war eine gesellschaftsrechtliche<br />
Ausgliederung aller maßgeblichen Vermögensgegenstände. Hierdurch gingen auch<br />
die Dienstbarkeiten und Vormerkungen im Wege der Rechtsnachfolge auf die ausgegliederte<br />
und dann verkaufte Gesellschaft über.<br />
Weil die allermeisten Dienstbarkeiten nicht übertragbar sind, ist auch der schuldrechtliche<br />
Anspruch auf solche Dienstbarkeiten nicht übertragbar. Die Nutzungsverträge<br />
und Dienstbarkeitsbewilligungen müssen deshalb einen Anspruch des Nutzers gegenüber<br />
dem Grundeigentümer vorsehen, auf Verlangen des Nutzers einem Dritten neue<br />
Dienstbarkeiten zu bewilligen. Dies ist einer von mehreren Bausteinen zur Sicherung eines<br />
sachgerechten Übergangs von Nutzungsverträgen und dinglichen Ansprüchen z. B.<br />
175
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Was steht im Grundbuchauszug?<br />
Einige Hinweise zur richtigen Interpretation der Einträge im Grundbuch.<br />
Spalte 1:<br />
lfd. Nummerierung – alle unter einer<br />
lfd. Nr. gebuchten Flurstücke bilden<br />
ein Grundstück<br />
Spalte 2:<br />
ggf. frühere lfd. Nr.<br />
des Grundstücks<br />
Spalte 3:<br />
Katasterbezeichnung etc. – Gemarkung, Flur,<br />
Flurstück, Wirtschaftsart und Lage (die letzten<br />
beiden ohne rechtliche Bedeutung)<br />
Spalte 4:<br />
Größe<br />
Spalten 5–8:<br />
weitere Angaben<br />
zu Bestand, Zuschreibungen<br />
und<br />
Abschreibungen<br />
(nicht abgedruckt)<br />
Spalte 4:<br />
Rechtsgrundlage<br />
der Eintragung , z. B.<br />
Auflassung, Erbfall,<br />
Berichtigung<br />
Spalte 1:<br />
lfd. Nr. der Eintragung<br />
in dieser Abteilung<br />
Spalte 2:<br />
Eigentümer mit Name, Geburtsdatum und<br />
Wohnort bzw. genauer Firmierung, Sitz,<br />
ggf. Angabe des Beteiligungsverhältnisses<br />
Spalte 3:<br />
lfd. Nr. im Bestandsverzeichnis der<br />
dem Eigentümer zugeordneten<br />
Grundstücke<br />
176
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />
Spalte 1:<br />
lfd. Nr. der Eintragung<br />
in dieser Abteilung<br />
Spalte 2:<br />
lfd. Nr. im Bestandsverzeichnis<br />
der in<br />
Abt. II belasteten<br />
Grundstücke<br />
Spalte 3:<br />
Angabe der Art der Belastung, i. d. R. durch schlagwort artige<br />
Beschreibung, zumeist unter Bezugnahme auf Eintragungsbewilligung;<br />
Angabe des Berechtigten (Person/Gesellschaft<br />
bei bpD/Grundstück bei Grunddienstbarkeiten)<br />
Spalten 4–7:<br />
Veränderungen und<br />
Löschungen der<br />
Rechte in Abt. II<br />
(nicht abgedruckt)<br />
Spalte 1:<br />
lfd. Nr. der Eintragung<br />
in dieser Abteilung<br />
Spalte 2:<br />
Spalte 3:<br />
Spalte 4:<br />
Spalten 5–10:<br />
lfd. Nr. im Bestands-<br />
Betrag der Belastung<br />
Angabe der Art der Belastung<br />
Veränderungen und<br />
verzeichnis der in<br />
und der Nebenbedingungen,<br />
Löschungen der Rechte<br />
Abt. III belasteten<br />
Angabe des Berechtigten<br />
in Abt. III (nicht abge-<br />
Grundstücke<br />
druckt)<br />
177
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
von einer Projektentwicklungs- auf eine Betreibergesellschaft.<br />
Ist die bpD auf Basis eines Nutzungsvertrages erteilt, muss sie die gleichen Rechte<br />
vorsehen. Abweichungen (z. B. zur vorgesehenen WEA-Größe) führen zu teils unlösbaren<br />
Auslegungsschwierigkeiten.<br />
Praxisbeispiel: Kabeldienstbarkeit<br />
Ein Grundstücksnutzungsvertrag zum Netzanschluss eines Offshore-Windparks sah<br />
die Verlegung eines „Kabels“ vor. In der Dienstbarkeit war ein „Kabelsystem“ vorgesehen.<br />
Ein Kabel reichte nicht aus. Was durfte nun der Nutzer/Berechtigte? Durch<br />
Auslegung war nicht zu ermitteln, ob der Nutzungsvertrag oder die Dienstbarkeit<br />
vorrangig sein sollte. Deshalb bedurfte es letztlich einer – nicht ganz preiswerten –<br />
Korrektur des Nutzungsvertrages.<br />
Der grundbuchliche Rang<br />
Von größter Bedeutung für die Finanzierbarkeit eines Vorhabens kann der grundbuchliche<br />
Rang verschiedener Rechte sein:<br />
• Sind Grundpfandrechte aus Abteilung III vorrangig vor Rechten aus Abteilung II, fallen<br />
letztere bei Zwangsversteigerung aus dem Grundpfandrecht weg. Die Betreiber-<br />
Dienstbarkeit für eine WEA ist dann also in der Zwangsversteigerung gefährdet.<br />
Deshalb verlangen Banken bei der Finanzierung von WEA Rangrücktrittserklärungen<br />
bezüglich vorrangiger Grundpfandrechte.<br />
• Vorrangige Rechte in derselben Abteilung können die Berechtigten zulasten der<br />
nachrangig gesicherten nutzen. Voraussetzung ist aber eine tatsächliche Ausübungskollision.<br />
Wollen zwei durch Dienstbarkeit gesicherte Projektierer jeweils<br />
eine WEA auf einem Grundstück errichten, kann der vorrangig gesicherte den nachrangig<br />
gesicherten hiervon ausschließen.<br />
Über den Grundbuchrang entscheidet in der Regel die zeitliche Reihenfolge der<br />
Eintragungsanträge. Dies ist ein wichtiger Unterschied zum Nutzungsvertragsrecht:<br />
Während ein zeitlich vorrangig eingetragener Dienstbarkeitenberechtigter den zeitlich<br />
178
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />
nachrangigen ausschließen kann, spielt die zeitliche Reihenfolge des Abschlusses von<br />
Nutzungsverträgen keine Rolle. Auch der zweite, dritte und vierte Nutzungsvertrag sind<br />
noch wirksam und geben kein schlechteres Recht als der erste Nutzungsvertrag.<br />
Rangwahrung durch Vormerkung<br />
Zur Rangwahrung kann der Projektierer eine Vormerkung einsetzen. Damit kann er<br />
sich frühzeitig gegen nachteilige Grundbuchveränderungen sichern. Das ist besonders<br />
wichtig in unsicheren Projektierungsphasen. Stehen weder die konkrete Grundstücksnutzung<br />
und der zu verwendende Anlagentyp noch der zukünftige Betreiber fest, bietet<br />
sich eine Dienstbarkeit häufig noch nicht an. Die Vormerkung hingegen beweist erstens<br />
die hinreichende Flexibilität, verursacht zweitens in der Regel weniger Grundbuchgebühren<br />
und ermöglicht drittens bei sachgerechter Gestaltung die spätere Eintragung einer<br />
Dienstbarkeit zugunsten eines bei Projektierung noch unbekannten Betreibers.<br />
Unbedingt ratsam ist, die Vormerkung auch schon in den Anfängen der Projektierung<br />
einzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn der Projektierer wegen erheblicher Unsicherheiten<br />
im Projekt (unklares Regionalplanverfahren etc.) zunächst nur Optionsverträge auf<br />
den Abschluss späterer Nutzungsverträge verwendet. Die Absicherung seines späteren<br />
Anspruchs auf eine Dienstbarkeit sollte durch eine Vormerkung erfolgen. Nur so besteht<br />
eine Mindestsicherheit vor risikofreudigen Konkurrenten.<br />
Praxisbeispiel:<br />
Relevanz einer vorrangigen Dienstbarkeit<br />
Ein Investor verlangte von einem Projektierer die Einholung eines Rangrücktritts.<br />
Nachrangig eingetragen war das WEA-Betreiberrecht, vorrangig ein Geh-, Fahr- und<br />
Leitungsrecht von 1910. Der Berechtigte war unklar. Die für dieses vorrangige Recht<br />
erteilte Bewilligung enthielt allerdings einen Lageplan. Dieser beschränkte das<br />
Geh-, Fahr- und Leitungsrecht klar auf einen bestimmten Grundstücksbereich.<br />
Weil der Projektierer diesen Grundstücksbereich für die Errichtung der WEA nicht<br />
benötigte, war die vorrangige Dienstbarkeit irrelevant.<br />
179
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windpark Cottbus Nord. Foto: Ulrich Mertens<br />
180
GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />
Nicht jedes vorrangige Recht ist aber<br />
schädlich. Von größter Bedeutung ist auch<br />
hier eine Prüfung der Bewilligungen. Aus<br />
ihnen können sich Beschränkungen der<br />
vorrangigen Rechte ergeben, die letztlich<br />
zu einer Unschädlichkeit bezüglich der<br />
nachrangigen Rechte führen. Eine solche<br />
Analyse kann in ganz erheblichem Umfang<br />
Rangrücktritte entbehrlich machen.<br />
Schwierigkeiten bereiten mitunter<br />
vorrangige Auflassungsvormerkungen. Im<br />
Falle einer Ausübung des Auflassungsanspruchs<br />
sind alle nachrangigen Eintragungen<br />
dem Auflassungsberechtigten gegenüber<br />
unwirksam. Gleichzeitig sieht sich<br />
z. B. die bundeseigene Bodenverwertungsund<br />
-verwaltungs GmbH (BVVG) in den<br />
ostdeutschen Bundesländern häufig nicht<br />
in der Lage, Rang rücktrittserklärungen abzugeben.<br />
Eine mög liche Lösung sind hier vertragliche<br />
Vereinbarungen mit der BVVG,<br />
wonach sie bei Ausübung ihres (Rück-)<br />
Auflassungsanspruches die Vormerkungswirkungen<br />
nicht gegenüber den WEA-<br />
Dienstbarkeiten geltend machen würde.<br />
Fazit<br />
Grundbuchliche Sicherheiten für<br />
WEA-Projekte dürften noch weiter an<br />
Bedeutung gewinnen. Sie sind flexibel<br />
und – je nach Gestaltung – unter<br />
Umständen wichtigen Restriktionen<br />
des Nutzungsvertragsrechts nicht unterworfen<br />
(Beispiel: Laufzeit). Zudem<br />
lassen sich bei einem Verzicht auf<br />
einen Nutzungsvertrag und Aufnahme<br />
aller wesentlichen Regelungen in eine<br />
Vereinbarung über Dienstbarkeiten<br />
und Vormerkungen die häufigen<br />
Fehler durch Abweichungen zwischen<br />
Dienstbarkeiten und Nutzungsverträgen<br />
vermeiden. Ganz unabhängig<br />
vom verwendeten Modell sollte sich<br />
der Projektierer aber sehr frühzeitig<br />
um die Grundbuchinhalte, seine<br />
Sicherung und etwaige Vorrechte<br />
kümmern. Damit kann er viel Zeit und<br />
Geld in der weiteren Projektierungsund<br />
Realisierungsphase sparen.<br />
Autor<br />
Philipp v. Tettau (Jg. 1968) ist seit 1998 Rechtsanwalt. Er ist Mitbegründer des Unternehmens<br />
Müller-Wrede & Partner Rechtsanwälte, Berlin. Sein Dezernat ist seit<br />
über 15 Jahren auf Rechtsfragen der Erneuerbaren Energien spezialisiert. Schwerpunktmäßig<br />
beschäftigt er sich mit dem Planungs-, Bau-, Umwelt- und Energierecht<br />
sowie mit Teilgebieten des EE-bezogenen Spezialvertragsrechts. Darüber hinaus ist<br />
Philipp v. Tettau Mitglied des Sprecherkreises des Juristischen Beirats im Bundesverband<br />
WindEnergie sowie Referent bei Fachveranstaltungen des Verbands.<br />
181
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
182
Das<br />
Genehmigungsverfahren<br />
183
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
184
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Ablauf eines Genehmigungsverfahrens<br />
Ablauf eines<br />
Genehmigungsverfahrens<br />
Die Genehmigung von Windkraftanlagen ist in weiten<br />
Teilen durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)<br />
geregelt, das auch den Ablauf des Verfahrens detailliert<br />
vorgibt. Nachfolgend werden die wichtigsten Schritte und<br />
Bestimmungen im Überblick dargestellt.<br />
Kenersys Testfeld Grevesmühle.<br />
Foto: Ulrich Mertens<br />
185
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Seit dem 01.07.2005 sind alle Windenergieanlagen (WEA) einzeln genehmigungspflichtig.<br />
Eine (einheitliche) Genehmigung für „Windfarmen“ gibt es seither nicht mehr.<br />
Das schließt jedoch nicht aus, die Genehmigungen für mehrere WEA in einem Bescheid<br />
zusammenzufassen. Baugenehmigungspflichtig sind WEA bis zu 50 Metern Gesamthöhe.<br />
Eine Ausnahme gilt in manchen Bundesländern allerdings für Klein-WEA, die dort unter<br />
bestimmten Voraussetzungen genehmigungsfrei gestellt sind.<br />
WEA mit einer Gesamthöhe von über 50 Metern bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen<br />
Genehmigung. Sollen 20 oder mehr WEA errichtet werden, findet das förmliche<br />
Genehmigungsverfahren Anwendung, bei bis zu 19 Anlagen das vereinfachte Verfahren.<br />
Im Ausnahmefall ist auch dann das förmliche Verfahren durchzuführen, wenn der<br />
Antragsteller dies beantragt oder eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich ist.<br />
Die Umweltverträglichkeits(vor-)prüfung<br />
Laut dem „Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung“ (UVPG) ist für Windfarmen,<br />
die aus 20 oder mehr WEA bestehen, eine UVP durchzuführen. Bei der Frage der<br />
UVP-Pflicht ist also der Begriff der „Windfarm“ von Bedeutung. Bei einer Windfarm handelt<br />
es sich nach der Definition des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 30.06.2004,<br />
4 C 9.03) um mehrere WEA, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche<br />
überschneiden oder wenigstens berühren. Die praktischen Schwierigkeiten<br />
dieser Definition wurden schnell offenbar. Im Ergebnis kommt es im Wesentlichen<br />
darauf an, ob die WEA einander so zugeordnet sind, dass sich für den unbefangenen<br />
Beobachter optisch der Eindruck einer Einheit ergibt – unabhängig von der Anzahl der<br />
Betreiber.<br />
Wird der Schwellenwert von 20 WEA nicht erreicht, so wird im Rahmen einer allgemeinen<br />
(6 bis 19 Anlagen) oder standortbezogenen Vorprüfung (3 bis 5 Anlagen) des Einzelfalles<br />
ermittelt, ob das Vorhaben nach Einschätzung der Genehmigungsbehörde aufgrund<br />
überschlägiger Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.<br />
Wenn diese Prüfung – wie regelmäßig – negativ ausfällt, ist eine UVP nicht erforderlich.<br />
Da bei einer UVP die Pflicht zur Beteiligung der Öffentlichkeit besteht, zieht diese<br />
zwingend ein förmliches immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung<br />
nach sich.<br />
Der Ablauf des Verfahrens<br />
Der Ablauf des Genehmigungsverfahrens ergibt sich grundsätzlich aus dem BImSchG.<br />
Für bis zu 19 WEA sieht das Gesetz das sogenannte vereinfachte Verfahren mit gewissen<br />
Erleichterungen vor. Im Wesentlichen unterscheiden sich förmliches und vereinfachtes<br />
Verfahren hinsichtlich der im vereinfachten Verfahren ausbleibenden Öffentlichkeitsbe-<br />
186
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Ablauf eines Genehmigungsverfahrens<br />
teiligung und der sich daraus ergebenden Konsequenzen.<br />
Gemäß BImSchG beginnt das Genehmigungsverfahren mit einem schriftlichen Antrag.<br />
Bereits zuvor empfiehlt sich jedoch häufig die Durchführung einer Antragsberatung.<br />
Dabei berät die Genehmigungsbehörde den Antragsteller – gegebenenfalls unter<br />
Hinzuziehung anderer Behörden – hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs des Genehmigungsverfahrens<br />
und sonstiger erheblicher Fragen, beispielweise im Hinblick auf die Erfordernis<br />
und den Umfang bestimmter Gutachten, zu beteiligende Behörden, etwaige<br />
Konfliktfelder und denkbare Lösungsansätze. Insbesondere bezüglich des Inhalts und<br />
Umfangs der durchzuführenden Artenschutzprüfung ist eine Antragsberatung dringend<br />
zu empfehlen. Darüber hinaus können so auch spätere Auseinandersetzungen über die<br />
Vollständigkeit der Antragsunterlagen weitgehend vermieden werden.<br />
Der Antrag ist schriftlich mit den erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und<br />
sonstigen Unterlagen bei der Genehmigungsbehörde einzureichen.<br />
Die Genehmigungsbehörde hat den Eingang des Antrags und der Unterlagen<br />
unverzüglich zu bestätigen und die Unterlagen auf Vollständigkeit zu prüfen.<br />
Sind Antrag oder Unterlagen nicht vollständig, so hat die Genehmigungsbehörde<br />
den Antragsteller unverzüglich aufzufordern, den Antrag oder die Unterlagen innerhalb<br />
einer angemessenen Frist zu ergänzen.<br />
Teilprüfungen, die bereits ohne Einsicht in die vollständigen Unterlagen möglich sind,<br />
hat die Behörde dennoch vorzunehmen. Bei Vollständigkeit der Unterlagen muss die<br />
Genehmigungsbehörde den Antragsteller über die voraussichtlich zu beteiligenden Behörden<br />
und den geplanten zeitlichen Ablauf des Genehmigungsverfahrens unterrichten.<br />
Bezieht sich der Genehmigungsantrag auf die Errichtung und den Betrieb von drei<br />
oder mehr Anlagen (max. 19) oder sind im räumlichen Zusammenhang bereits mehrere<br />
WEA vorhanden, führt die Behörde die allgemeine oder standortbezogene UVP-Vorprüfung<br />
durch. Führt diese zu dem Ergebnis, dass eine UVP nicht erforderlich ist, ist dieses<br />
Ergebnis öffentlich bekannt zu machen. Das Genehmigungsverfahren wird sodann als<br />
vereinfachtes Verfahren fortgesetzt.<br />
Das förmliche Verfahren<br />
Führt die Vorprüfung hingegen zu dem Ergebnis, dass eine UVP erforderlich ist<br />
oder wird der Schwellenwert von 20 WEA im räumlichen Zusammenhang erreicht oder<br />
überschritten, ist das Genehmigungsverfahren als förmliches Genehmigungsverfahren<br />
durchzuführen. In diesem Fall ist das Vorhaben öffentlich bekannt zu machen, Antrag<br />
187
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Übersicht:<br />
Inhalt eines vollständigen Genehmigungsantrags<br />
Ein vollständiger Genehmigungsantrag muss grundsätzlich die Anforderungen von<br />
§ 10 Abs. 1 S. 2 BImSchG, §§ 3 bis 5 der 9. BImSchV erfüllen. Ein Antrag auf<br />
Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von WEA muss<br />
deshalb in der Regel mindestens folgende Bestandteile aufweisen:<br />
1. Ausgefülltes Formular für<br />
immissionsschutzrechtliche<br />
Genehmigungsverfahren<br />
2. Vorhabenbeschreibung<br />
a) Kurzdarstellung des Umfangs der<br />
beantragten Genehmigung<br />
b) Anlagenbeschreibung mit Angaben<br />
zu Anlagentyp, Nennleistung,<br />
Nabenhöhe, Rotordurchmesser<br />
c) Standortbeschreibung mit Standortkoordinaten<br />
und Angaben zur<br />
Höhe der höchsten Rotorblattspitze<br />
in Metern über Grund und über NN<br />
3. Technische Unterlagen mit Angaben<br />
zu den wesentlichen technischen Daten<br />
der Anlage, wie z. B. eine allgemeine<br />
Beschreibung der WEA und ihrer<br />
Bauteile, Angaben zur Anlagen- und<br />
Steuerungstechnik, zur Fernüberwachung,<br />
zu Wartung, Blitzschutz und<br />
möglichen Betriebsstörungen.<br />
4. Karten<br />
a) Deutsche Grundkarte im Maßstab<br />
1:5.000 mit eingezeichnetem Standort<br />
der WEA und ggf. einer Angabe der<br />
Abstände mehrerer WEA zueinander<br />
b) Topographische Karte im Maßstab<br />
1:10.000 oder 1:25.000 mit Angaben<br />
zu den Standorten der WEA, eingezeichneten<br />
Natur- und Landschaftsschutzgebieten,<br />
Wasserschutzgebieten<br />
und ggf. Grenzen ausgewiesener<br />
Vorranggebiete oder Konzentrationszonen<br />
für die Windenergienutzung<br />
c) Detailkarte für einen Umkreis von<br />
rund 1,5 km mit Kennzeichnung von<br />
Anlagenstandorten, anderen baulichen<br />
Anlagen und deren Nutzung,<br />
vorhandenen Gas- und Freileitungen,<br />
Richtfunkstrecken und Ähnlichem<br />
5. Bauvorlagen<br />
Hierzu gehören alle Unterlagen, die für die<br />
Beantragung der Baugenehmigung erforderlich<br />
sind. Diese ergeben sich regelmäßig<br />
aus den Bauprüfverordnungen der Länder.<br />
188
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Ablauf eines Genehmigungsverfahrens<br />
Hierzu gehören:<br />
a) Baubeschreibung<br />
b) Katasterplan<br />
c) Lageplan im Maßstab 1:500<br />
d) Bauzeichnungen zur Gründung<br />
(Fundament) und Schnittzeichnungen<br />
e) Standsicherheitsnachweis<br />
f) Schutz vor Eiswurf<br />
g) Brandschutz<br />
h) Rückbauverpflichtungserklärung<br />
mit entsprechendem Sicherungsmittel<br />
(Baulast, Bankbürgschaft)<br />
6. Erklärung über Art, voraussichtliche<br />
Menge, Verwertung bzw. Beseitigung<br />
der anfallenden Abfälle<br />
7. Bezeichnung der wassergefährdenden<br />
Stoffe nach Art und Menge,<br />
vorgesehene Schutzmaßnahmen<br />
8. Gutachten<br />
a) Schallimmissionsprognose<br />
b) Schattenwurfprognose<br />
c) Landschaftspflegerischer Begleitplan/Artenschutzgutachten<br />
d) In bestimmten Fällen außerdem<br />
Bodengutachten, Turbulenzgutachten<br />
Der für das konkrete Vorhaben erforderliche<br />
Inhalt des Genehmigungsantrags<br />
wird zweckmäßigerweise vor<br />
Antragstellung in der Antragsberatung<br />
mit der Genehmigungsbehörde abgestimmt.<br />
und Unterlagen sind für einen Monat zur<br />
Einsicht öffentlich auszulegen. Während<br />
des Auslegungszeitraums und zwei Wochen<br />
darüber hinaus kann die Öffentlichkeit<br />
gegenüber der Genehmigungsbehörde<br />
schriftliche Einwendungen vorbringen.<br />
Spätestens gleichzeitig mit der öffentlichen<br />
Bekanntmachung des Vorhabens<br />
fordert die Genehmigungsbehörde die anderen<br />
Behörden, deren Aufgabenbereich<br />
durch das Vorhaben berührt wird, auf,<br />
binnen eines Monats eine Stellungnahme<br />
für ihren Zuständigkeitsbereich abzugeben.<br />
Dazu gehört insbesondere auch das<br />
nach § 36 BauGB erforderliche Einvernehmen<br />
der Standortgemeinde.<br />
Nach Ablauf der Einwendungsfrist<br />
entscheidet die Genehmigungsbehörde<br />
gemäß § 10 Abs. 6 BImSchG nach pflichtgemäßem<br />
Ermessen, ob ein Erörterungstermin<br />
anberaumt wird. Bei einem solchen<br />
Termin sollen die erhobenen Einwendungen<br />
erörtert werden, soweit sie für die<br />
Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen<br />
bedeutsam sein können. Insbesondere<br />
soll den Bedenkenträgern Gelegenheit<br />
gegeben werden, ihre Einwendungen zu<br />
erläutern. Auf Grundlage der eingegangenen<br />
Stellungnahmen der Öffentlichkeit<br />
und der beteiligten Behörden entscheidet<br />
die Genehmigungsbehörde sodann über<br />
die Erteilung der Genehmigung. Sofern<br />
die Genehmigungsvoraussetzungen des<br />
§ 6 Abs. 1 BImSchG erfüllt werden, hat der<br />
Antragsteller einen gebundenen Anspruch<br />
auf Erteilung der Genehmigung. Können<br />
diese Voraussetzungen hingegen nicht<br />
erfüllt werden, gegebenenfalls auch nicht<br />
durch geeignete Nebenbestimmungen, ist<br />
189
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
der Antrag abzulehnen. Im Falle eines förmlichen Genehmigungsverfahrens ist die Erteilung<br />
der Genehmigung öffentlich bekannt zu machen.<br />
Gemäß BImSchG und 9. BImSchV hat die Genehmigungsbehörde über Erteilung<br />
oder Versagung der Genehmigung im Falle eines förmlichen Verfahrens grundsätzlich<br />
innerhalb von sieben Monaten, im Falle eines vereinfachten Verfahrens grundsätzlich<br />
innerhalb von drei Monaten, jeweils nach Vollständigkeit des Antrags, zu entscheiden.<br />
Allerdings besteht die Möglichkeit, dass die Genehmigungsbehörde die Bearbeitungsfrist<br />
in bestimmten Fällen um drei Monate verlängert, sie soll dies aber gegenüber dem<br />
Antragsteller begründen.<br />
Die Konzentrationswirkung des BImSchG<br />
Wichtig für Anlagenbetreiber ist zudem die Regelung des § 13 BImSchG, die für sämtliche<br />
immissionsschutzrechtliche Genehmigungen gilt – also auch für die im vereinfachten<br />
Verfahren erteilten. Danach umfasst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung alle<br />
für das Vorhaben sonst noch benötigten öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Zulassungen,<br />
Erlaubnisse und Bewilligungen mit wenigen, Windenergievorhaben regelmäßig<br />
nicht betreffenden Ausnahmen. Das bedeutet, dass in der immissionsschutzrechtlichen<br />
Genehmigung gleichzeitig auch die nach der jeweiligen Landesbauordnung erforderliche<br />
Baugenehmigung sowie Waldumwandlungsgenehmigungen, aber auch etwa erforderliche<br />
Ausnahmen oder Befreiungen von Bauverboten in Landschaftsschutzgebieten, Ausnahmen<br />
vom straßenrechtlichen Anbauverbot oder Ähnliches enthalten sind.<br />
Über den eigentlichen Wortlaut des Gesetzes hinaus ist in der Rechtsprechung allgemein<br />
anerkannt, dass diese sogenannte Konzentrationswirkung auch in verfahrensrechtlicher<br />
Hinsicht gilt. Demzufolge trifft die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde<br />
die Entscheidung über die Genehmigung insgesamt, also auch hinsichtlich<br />
der weiteren Genehmigungs-, Erlaubnis-, Befreiungs- oder Ausnahmeerfordernisse, in<br />
eigener Zuständigkeit. Die entsprechenden Fachbehörden sind zwar anzuhören, die in<br />
den einschlägigen Fachgesetzen möglicherweise vorgesehenen besonderen Verfahren<br />
(z. B. Beteiligung eines Landschaftsbeirats für eine Befreiung vom Bauverbot im Landschaftsschutzgebiet)<br />
sind jedoch nicht durchzuführen und die Stellungnahme der Fachbehörde<br />
ist für die Genehmigungsbehörde nicht verbindlich (vgl. z. B. OVG NRW, Urteil<br />
v. 12.04.2013 – 11 A 2301/09).<br />
Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der Genehmigungsvoraussetzungen<br />
Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG kann die Genehmigung unter Bedingungen erteilt<br />
und mit Auflagen verbunden werden – soweit dies erforderlich ist –, um die Erfüllung der<br />
190
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Ablauf eines Genehmigungsverfahrens<br />
Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Wichtig ist, dass der in Genehmigungsbescheiden<br />
für WEA häufig sehr umfangreiche Katalog an Nebenbestimmungen nur gerechtfertigt<br />
ist, wenn und soweit diese tatsächlich erforderlich sind, um die Einhaltung<br />
der Genehmigungsvoraussetzungen zu gewährleisten. Nebenbestimmungen, die die<br />
Genehmigungsbehörde lediglich für sinnvoll hält oder die über das erforderliche Maß<br />
hinausgehen, sind rechtswidrig.<br />
Häufige Nebenbestimmungen sind<br />
z. B. Auflagen zur Tages- und Nachtkennzeichnung<br />
von WEA mit einer Gesamthöhe<br />
von über 100 Metern als Luftfahrthindernis,<br />
Bauzeitenbeschränkungen<br />
während der Brutperiode zur Vermeidung<br />
artenschutzrechtlicher Verbote sowie Betriebsbeschränkungen<br />
zum Schutz betroffener<br />
Anwohner in Bezug auf Schall- und<br />
Schatteneinwirkungen.<br />
Nach aktueller Rechtsprechung sind<br />
grundsätzlich alle Nebenbestimmungen<br />
isoliert anfechtbar. Das bedeutet, dass ein<br />
Genehmigungsinhaber bestimmte Nebenbestimmungen,<br />
die ihn über das erforderliche<br />
Maß hinaus belasten, im Widerspruchsverfahren<br />
oder im Wege der Klage<br />
überprüfen lassen kann, ohne die Genehmigung<br />
insgesamt infrage zu stellen.<br />
Fazit<br />
Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe<br />
von über 50 Metern benötigen<br />
eine immissionsschutzrechtliche<br />
Genehmigung. Diese umfasst auch<br />
alle weiteren für das Vorhaben benötigten<br />
öffentlich-rechtlichen Genehmigungen,<br />
Zulassungen, Erlaubnisse<br />
und Bewilligungen. Zudem schreibt<br />
das Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
den Verfahrensablauf detailliert vor.<br />
Bei Windfarmen ab 20 Anlagen ist<br />
generell eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
nötig. In diesem Fall ist<br />
das Vorhaben öffentlich bekannt zu<br />
machen.<br />
Autor<br />
Andreas Lahme (Jg. 1966) war nach dem zweiten juristischen Staatsexamen als<br />
Rechtsanwalt in einer großen deutschen (später internationalen) Anwaltssozietät<br />
vornehmlich auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts tätig. Seit April 2001 übt<br />
Andreas Lahme seine Tätigkeit in der Kanzlei Engemann und Partner in Lippstadt<br />
insbesondere auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts aus.<br />
191
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
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DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />
Praxistipps zur<br />
Beschleunigung<br />
von Genehmigungsverfahren<br />
Jede Art der Energiegewinnung oder -umwandlung hat<br />
Auswirkungen auf die Umwelt. Diese können bei der<br />
Gewinnung der Rohstoffe, der Umwandlung in elektrische<br />
Energie, beim Anlagenrückbau oder auch durch einzulagernde<br />
Reststoffe auftreten. Die Windenergie ist hiervon nicht<br />
ausgenommen, auch wenn ihre Umweltauswirkungen im<br />
Vergleich zu anderen Energieträgern relativ gering sind.<br />
193
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Störfaktor Windenergie?<br />
Wie wissenschaftliche Untersuchungen ergeben haben, fühlen sich die Anwohner<br />
im näheren Umfeld von Windenergieanlagen unter anderem durch das Bewegungssignal<br />
(64 %), durch Lärm (54 %) und Schattenwurf (48 %) sowie durch die Hinderniskennzeichnung<br />
(16 %) der Anlagen gestört (siehe Studien der Universität Halle, 2010 und<br />
Universität Kiel, 2000). Die Gesellschaft und einzelne Bürger reagieren also zunehmend<br />
sensibel auf Umweltbelastungen durch WEA, auch wenn Minderungsmaßnahmen gegen<br />
einwirkende Immissionen erst bei erheblichen Belästigungen notwendig sind. Daher unterliegen<br />
Windenergieanlagen ab 50 Metern Gesamthöhe dem umfangreichen Genehmigungs-<br />
und Eingriffsinstrumentarium des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.<br />
Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)<br />
Sinn und Zweck des Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das<br />
Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umweltauswirkungen<br />
zu schützen und ihrem Entstehen vorzubeugen (§1 BImSchG). Um zügig<br />
die immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer<br />
Windenergieanlage erteilt zu bekommen, sollten in den Antragsunterlagen alle folgenden<br />
Belange hinreichend geklärt werden. Dabei muss zwischen Emissionen/Immissionen<br />
und sonstigen Einwirkungen unterschieden werden, da sich die betroffenen Bürger<br />
nur gegen unzulässig hohe Immissionen wehren können.<br />
Für Windenergieanlagen sind folgende<br />
Immissionen und Einwirkungen relevant:<br />
✓✓Lärm,<br />
✓✓Periodischer Schattenwurf,<br />
✓✓ggf. Diskoeffekte durch Reflexionen des Sonnenlichts an<br />
Rotorblatt-Oberflächen,<br />
✓✓Turbulenzen für benachbarte Anlagen sowie Freileitungen der Bahn<br />
und der Netzbetreiber,<br />
✓✓Hinderniskennzeichnungen der WEA als Luftfahrthindernisse.<br />
194
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />
Windkraftanlagen auf dem Gelände des Dradenauklärwerks in Hamburg. Foto: Ulrich Mertens<br />
Für die Bearbeitung des Genehmigungsantrages durch die zu beteiligenden Träger<br />
öffentlicher Belange sind darüber hinaus Angaben u. a. zu folgenden sonstigen Einwirkungen<br />
zu machen:<br />
• das Bewegungssignal der Rotorblätter,<br />
• die Veränderung des Landschaftsbildes,<br />
• Eiswurf und Blitzschlag,<br />
• die mögliche Entwertung benachbarter Kulturgüter,<br />
• die Störung von Richtfunk- und Radaranlagen,<br />
• Netzschwankungen (heute kaum noch ein Thema),<br />
• die Auswirkungen auf die Tierwelt,<br />
• die Bodenerwärmung bzw. Bodenaustrocknung (begrenzt um das Erdkabel herum)<br />
• und die Bodenversiegelung durch das Fundament und die Verdichtung im<br />
Zuwegungsbereich.<br />
Ein Großteil der hier genannten Immissionen und Einwirkungen wird bereits durch<br />
die Beachtung landesspezifischer Mindestabstände auf ein verträgliches Maß minimiert.<br />
Zur Verringerung möglicher Einwände oder Klagen gegen die WEA sollten alle Anwohner,<br />
die von Lärm, periodischem Schattenwurf und anderen Immissionen betroffen<br />
sein könnten, in die Planungen durch frühzeitige Information mit einbezogen werden.<br />
Mögliche Nachteile für die Bürger lassen sich gegebenenfalls auch mit finanziellen Vorteilen<br />
(z. B. durch Beteiligungen an der WEA) kompensieren.<br />
195
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
Die ↗ Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist ein gesetzlich vorgesehenes und<br />
systematisches Prüfverfahren, mit dem die Auswirkungen von Vorhaben bestimmten<br />
Ausmaßes auf die Umwelt, vor einer behördlichen Entscheidung über deren Zulässigkeit<br />
festgestellt, beschrieben und bewertet werden. Sie kann im Vorfeld des Genehmigungsantrages<br />
erstellt werden und ist diesem als weitere Unterlage beizufügen.<br />
Durch eine systematische Abarbeitung betroffener Schutzgüter kann eine UVP frühzeitig<br />
offene Fragen im förmlichen Genehmigungsverfahren beantworten. Dazu klärt die<br />
Genehmigungsbehörde vor Abgabe der Antragsunterlagen durch eine standort- oder<br />
einzelfallbezogene überschlägige Vorprüfung (Screening), ob eine UVP erforderlich ist.<br />
Der Länderausschuss für Immissionsschutz hat dazu einen Fragebogen entwickelt, mit<br />
dessen Hilfe sich diese Prüfung beschleunigen lässt (siehe Screening-Checkliste). Zur<br />
schnellen Beantwortung der hier aufgeführten Fragen kann es hilfreich sein, den Antragsteller,<br />
den Bürgermeister oder einen Gemeindevertreter sowie Vertreter der Denkmalspflege<br />
und der Naturschutzbehörde hinzuzuziehen.<br />
Der Scoping-Termin<br />
Stellt die Genehmigungsbehörde fest, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
erforderlich ist, wird der Untersuchungsrahmen dieser Prüfung in einem sogenannten<br />
Scoping-Termin mit den Trägern öffentlicher Belange festgelegt.<br />
Dieser umfasst in der Regel folgende Punkte:<br />
1. vorhabensrelevante Planungsvorgaben u. Rahmenbedingungen,<br />
2. eine Beschreibung der vorhandenen und geplanten Nutzungen am<br />
Standort und im Einwirkungsbereich,<br />
3. eine Beschreibung und Bewertung der Umweltsituation,<br />
4. eine Entwicklungsprognose des Zustandes der Umwelt ohne Verwirklichung<br />
des Vorhabens,<br />
5. eine Beschreibung und Charakterisierung des Vorhabens,<br />
6. die Ermittlung und Beschreibung der Raum- und Umweltauswirkungen,<br />
7. Vorschläge und Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung<br />
bzw. zur Kompensation von Umweltauswirkungen,<br />
8. Hinweise auf aufgetretene Schwierigkeiten bei der<br />
Zusammenstellung der Angaben und<br />
9. eine allgemeine Zusammenfassung.<br />
196
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />
Nach Fertigstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung ist diese den sonstigen Antragsunterlagen<br />
beizufügen. Ist eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung mit Untersuchungen<br />
des Vogel-Frühjahrs- und -Herbstzuges erforderlich, kann sich ihre Erstellung<br />
leicht um ein weiteres Jahr verzögern.<br />
Der vollständige Antrag<br />
Zur Vervollständigung des BImSchG-Genehmigungsantrages sind darüber<br />
hinaus folgende Unterlagen notwendig:<br />
✓✓<br />
Immissionsschutzrechtliches Antragsformular mit Unterschrift des Antragstellers<br />
✓✓<br />
Karten (Amtl.-Topogr. Karte 1:25000; Übersichtsplan 1:5000, Lageplan 1:2000)<br />
✓✓<br />
Baubeschreibung, Bauzeichnungen, Bodengutachten, Statik, ggf. Bauartzulassung<br />
✓✓<br />
Bedarf an Grund und Boden (Pachtverträge u. Überfahrrechte)<br />
✓✓<br />
Standortkoordinaten (GK und WGS 84)<br />
✓✓<br />
Anlagen- und Betriebsbeschreibungen<br />
✓✓<br />
Gehandhabte Stoffe und deren Sicherheitsdatenblätter<br />
✓✓<br />
Emissionsquellenplan – auch für den Störungsfall<br />
✓✓<br />
Immissionsprognosen zu Lärm, periodischem Schattenwurf und Turbulenzgutachten<br />
(nur bei WEA-Abständen, die geringer sind als der fünffache Rotordurchmesser)<br />
✓✓<br />
Angaben über Glanz- und Reflexionswerte der Rotorblätter<br />
✓✓<br />
Angaben zum Arbeitsschutz<br />
✓✓<br />
Angaben zum Abfallaufkommen und zu dessen Verbleib<br />
✓✓<br />
Beschreibung der be- und entlastenden Auswirkungen der WEA auf die Umwelt<br />
✓✓<br />
Landschaftspflegerischer Begleitplan bzw. Umweltverträglichkeitsuntersuchung<br />
✓✓<br />
Rückbauverpflichtung nach Betriebsaufgabe der WEA<br />
Sind alle Unterlagen zusammengefügt, kann der Antrag auf Genehmigung einer<br />
Windenergieanlage gemäß § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz bei der zuständigen Genehmigungsbehörde<br />
eingereicht werden. Wenn keine UVP-Verpflichtung vorliegt, kann<br />
der Antrag im vereinfachten Verfahren gestellt werden.<br />
197
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Die Genehmigungsdauer<br />
Um Verzögerungen zu verhindern, sollten die vollständigen Antragsunterlagen in<br />
vierfacher Ausfertigung eingereicht werden: je eine Ausfertigung für den Antragsteller,<br />
für das Kreis- bzw. Stadtbauamt, für die Genehmigungsbehörde und ein Exemplar für die<br />
öffentliche Auslage bzw. Einsichtnahme. Zehn weitere, „abgemagerte“ Exemplare sollten<br />
darüber hinaus für das Straßenbauamt, die zivile und militärische Flugsicherheitsbehörde,<br />
die Gemeinde, die Denkmalpflegebehörde, das Eisenbahnamt, das Bergamt, die<br />
Schifffahrtsdirektion und andere bereitgestellt werden. Betreiber von nicht hoheitlich<br />
betriebenen Richtfunktrassen werden nur informiert!<br />
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sollte für eine WEA im vereinfachten<br />
Verfahren nach drei Monaten bzw. mit UVP im förmlichen Verfahren nach sieben Monaten<br />
erteilt werden, sofern die Antragsunterlagen vollständig waren, die bauplanungsrechtlichen<br />
Voraussetzungen stimmen, das gemeindliche Einvernehmen erteilt wurde<br />
und die beteiligten Träger öffentlicher Belange zugestimmt haben. Mitgeteilte Bedingungen,<br />
Auflagen und Hinweise werden in den Genehmigungsbescheid übernommen und<br />
sind zu begründen.<br />
Achtung! Durch folgende Umstände kann ein Genehmigungsverfahren<br />
erschwert und verzögert werden:<br />
✗✗Antragsunterlagen sind unvollständig und müssen nachgefordert werden<br />
(Unterschriften, Pachtverträge, Gutachten, Ausgleichszahlungen usw.),<br />
✗✗die planungsrechtliche Zulässigkeit ist noch nicht gegeben,<br />
✗✗das gemeindliche Einvernehmen fehlt, wird verweigert bzw. es wird eine Höhenbegrenzung<br />
von 100 Metern vorgegeben,<br />
✗✗die Luftfahrtbehörden stimmen dem WEA-Vorhaben nicht zu<br />
(hier hilft manchmal ein signaturtechnisches Gutachten),<br />
✗✗<br />
unvorhersehbare Nachforderungen müssen erhoben werden (Gutachten zur<br />
Feststellung der Auswirkungen auf den Menschen, die Tiere oder Natur und<br />
Landschaft),<br />
✗✗zeitnahes zweites WEA-Genehmigungsverfahren zwingt das erste Verfahren in<br />
die UVP und damit ins förmliche Genehmigungsverfahren,<br />
✗✗<br />
unzureichende Einbindung von Bürgern oder bei grenznahen Projekten ggf. grenzüberschreitende<br />
Behördenbeteiligung unter Berücksichtigung dortiger Regelwerke.<br />
198
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />
Kriterien zur Verfahrensbeschleunigung<br />
Wenn keine UVP erforderlich ist, kann der vorbereitete Genehmigungsantrag unmittelbar<br />
nach dem Screening-Termin abgegeben werden. Noch am selben Tag sollte die<br />
Genehmigungsbehörde die Vollständigkeit der Antragsunterlagen überprüfen. Üblicherweise<br />
fehlen ein paar Unterlagen/Unterschriften, welche kurzfristig nachzuliefern sind.<br />
Für eventuelle Rückfragen oder Nachforderungen durch die Genehmigungsbehörde<br />
ist auch die Angabe von Telefonnummern und E-Mail-Adressen des Antragstellers sowie<br />
des Planers wichtig. Die drei- bzw. siebenmonatige Frist für die Genehmigungserteilung<br />
oder -ablehnung beginnt erst nach behördlicher Feststellung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen.<br />
Mehrtägige postalische oder verwaltungsinterne Verzögerungen lassen<br />
sich vermeiden, wenn die Unterlagen persönlich abgegeben werden.<br />
Nicht zu empfehlen ist ein unvollständiger Antrag: Erklärt der Antragsteller bei der<br />
Einreichung, dass noch Unterlagen nachgereicht werden, so weist die Behörde diesen<br />
unvollständigen Genehmigungsantrag üblicherweise bis zur Vervollständigung zurück<br />
oder legt ihn zur Seite, um stattdessen vollständige Anträge zu bearbeiten. Wichtig für<br />
den Beginn und die Dauer des Genehmigungsverfahrens einer WEA ist immer die Vollständigkeit<br />
der Antragsunterlagen. Eine sorgfältige Zusammenstellung der Unterlagen<br />
mit allen geforderten Unterschriften ist daher das entscheidende Kriterium, um die gewünschte<br />
immissionsschutzrechtliche Genehmigung<br />
zeitnah zu erhalten.<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. Andreas Kunte<br />
(Jg. 1946) war bis 2011 im<br />
Landesamt für Landwirtschaft,<br />
Umwelt und ländliche<br />
Räume d. L. Schleswig-Holstein<br />
für die Genehmigung<br />
und Überwachung von Windenergieanlagen tätig.<br />
1998 – 2001 initiierte und begleitete Andreas Kunte<br />
die bundesweite Einführung der Schattenwurf-<br />
Hinweise. Seit 2004 war Herr Kunte Mitglied des<br />
Zertifizierungsbeirats der DEWI-OCC Offshore and<br />
Certification Centre GmbH und seit 2005 Gastmitglied<br />
des Arbeitskreis Hinderniskennzeichnung<br />
von WKA im Bundesverband WindEnergie.<br />
Fazit<br />
Die immissionsschutzrechtlichen<br />
Genehmigungen für Bau und Betrieb<br />
von Windenergieanlagen müssen unterschiedlichsten<br />
Anforderungen von<br />
Mensch und Umwelt gerecht werden.<br />
Bei ihrer Vorbereitung empfiehlt es<br />
sich, systematisch vorzugehen und<br />
zeitkritische Faktoren wie eine mögliche<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
frühzeitig einzuplanen. Je gründlicher<br />
und vollständiger der Antrag auf Genehmigung<br />
vorliegt, desto größer sind<br />
die Chancen auf ein zügiges Verfahren<br />
und eine behördliche Entscheidung<br />
binnen drei bis sieben Monaten.<br />
199
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
UVP-Pflicht im Einzelfall, Screening<br />
nach § 3 c i.V.m. Anlage 2 UVPG<br />
Checkliste für Screening (Windfarmen)<br />
1. Der Fragebogen sollte mit JA oder NEIN beantwortet werden und hat Platz für zusätzliche<br />
Anmerkungen und Hinweise (z.B.: zu vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen,<br />
Vermeidungs- und Verhinderungsmaßnahmen), die immer dann gegeben<br />
werden sollten, wenn eine Frage mit JA beantwortet wurde.<br />
2. Der Fragebogen sollte auf der Basis von vorhandenen Informationen ausgefüllt werden;<br />
es sollten keine zusätzlichen Studien oder Informationen durchgeführt werden<br />
3. Die Anzahl der mit „Ja“ beantworteten Fragen ist nicht entscheidend für die Frage,<br />
ob eine UVP durchgeführt werden soll; dies kann neben der inhaltlichen Bewertung<br />
lediglich als ein Indiz für die Abwägung zu werten sein.<br />
A. Angaben zum Vorhaben<br />
1. Allgemeine Angaben<br />
1.1 Kommt es durch das Vorhaben zu mehr als<br />
• 1 ha Bodenversiegelungen, Aufschüttungen oder Abgrabungen oder<br />
• 2 ha Bodenverdichtungen<br />
und damit zu Verlusten oder starken Veränderungen der natürlichen Bodenfunktion?<br />
1.2 Sind mit dem Vorhaben bedeutende Änderungen der natürlichen Funktionen, der Funktionen<br />
als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte (Burgwälle, Hügelgräber etc.) oder der Nutzungsfunktionen<br />
des Bodens gemäß § 2 Abs. 2 BBodSchG verbunden?<br />
1.3 Erfordert das Vorhaben das Lagern, den Umgang, die Nutzung oder die Produktion von<br />
gefährlichen Stoffen i. S. des Chemikaliengesetzes bzw. der Gefahrstoffverordnung, wassergefährdender<br />
Stoffe i. S. des Wasserhaushaltsgesetzes, Gefahrgütern i. S. des Gesetzes über die<br />
Beförderung gefährlicher Güter oder radioaktiver Stoffe?<br />
Wenn JA: Sind die Mengenschwellen des Abschnittes 9 der 4. BImSchV oder der VAwS überschritten?<br />
1.4 Erfordert das Vorhaben den Bau zusätzlicher Anlagen zur Energieversorgung, Wasser,<br />
Abwasser oder zur Beseitigung von Abfall (Anlagen zur Verbrennung oder Deponierung von<br />
Abfällen) oder die wesentliche Änderung einer derartigen Anlage?<br />
1.5 Erfordert das Vorhaben den Bau zusätzlicher Verkehrswege oder einer Zuwegung?<br />
1.6 Führt der Bau oder der Betrieb des Vorhabens zu einer Erhöhung des Verkehrs auf der<br />
nächstgelegenen öffentlichen Straßen um 50 %?<br />
200
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />
2. Luft<br />
2.1 Werden die Mengenschwellen nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft 2001(Anlage 1) überschritten?<br />
Wenn JA: welche?<br />
Ist eine Vorbelastungsmessung oder Ausbreitungsrechnung notwendig?<br />
2.2 Werden andere als nach Nr. 2.1 zu berücksichtigenden Stoffe in erheblichem Umfang emittiert?<br />
3. Wasser<br />
3.1 Erfordert das Vorhaben die Erteilung oder Änderung einer Erlaubnis für das Benutzen<br />
(z.B. Entnehmen oder Einleiten) eines Gewässers (Grundwasser, Oberflächengewässer)?<br />
3.2 Ist für die Indirekteinleitung eine Vorbehandlungsanlage notwendig, die nicht nur bauartzugelassen<br />
ist?<br />
3.3 Erfordert das Vorhaben einen genehmigungspflichtigen Ausbau eines Gewässers<br />
(z.B. Ufer befestigung, Bau von Kaianlagen oder Dämmen)?<br />
3.4 Werden im Zuge des Vorhabens Anlagen in oder an oberirdischen Gewässern errichtet oder<br />
verändert?<br />
4. Abfall / Boden<br />
4.1 Führt die Umsetzung des Vorhabens zur Entstehung von jährlich mehr als 2.000 t von überwachungsbedürftigen<br />
oder mehr als 20 t besonders überwachungsbedürftigen Abfällen, die<br />
beseitigt werden müssen?<br />
5. Lärm, optische Emissionen etc.<br />
5.1 Bringt das Vorhaben erhebliche zusätzliche Belastung der Umgebung durch Geräusche, Erschütterungen,<br />
Wärme, Lichtblitze, periodischen Schattenwurf, Turbulenzen oder ähnliches?<br />
Wenn JA: Angaben zu Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit etc.<br />
6. Unfälle etc.<br />
6.1 Ist mit dem Verfahren ein Unfallrisiko, (Blitzschlag, herumfliegende Teile) insbesondere mit<br />
Blick auf verwendete Stoffe und Technologien, verbunden?<br />
7. Andere anlagenbezogene Faktoren<br />
(z.B. Könnte das Vorhaben eine besondere Betroffenheit der Bevölkerung auslösen?)<br />
B. Angaben zum Standort<br />
1. Befindet sich im Einwirkungsbereich des Vorhabens (bei Einhaltung eines Mindestabstandes<br />
von 500 m bzw. bei den im Anhang - Anlage 3 - aufgeführten Anlagen der dort festgelegten<br />
Mindestabstände wird davon ausgegangen, daß keine erheblichen Beeinträchtigungen zu<br />
erwarten sind):<br />
1.1 • ein Europäisches Vogelschutzgebiet oder<br />
• ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (Natura 2000) oder<br />
• ein FFH-Gebiet?<br />
1.2 • ein Naturschutzgebiet?<br />
201
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
1.3 • ein Nationalpark?<br />
1.4 • ein Biosphärenreservat?<br />
1.5 • ein Landschaftsschutzgebiet?<br />
1.6 • ein Naturpark<br />
1.7 • ein gesetzlich geschütztes Biotop mit einer Fläche von mehr als 1.000 m²?<br />
1.8 • eine geschützte Waldfläche?<br />
1.9 • ein Wasserschutzgebiet?<br />
1.10 • ein Gebiet, in dem die in nationalen Vorschriften festgelegten Umweltqualitätsnormen<br />
bereits überschritten sind?<br />
1.11 • ein schutzwürdiges Geotop, das in das Landschaftsprogramm der Landesregierung aufgenommen<br />
wurde?<br />
1.12 • ein allgemeines oder reines Wohngebiet?<br />
1.13 • ein geplantes Wohngebiet?<br />
1.14 • ein in amtlichen Listen oder Karten verzeichnetes Denkmal, Denkmalensemble, Bodendenkmal<br />
oder ein als archäologisch bedeutsam eingestuftes Gebiet?<br />
2. Ist die Umgebung des Vorhabens aus anderen Gründen besonders ökologisch empfindlich?<br />
3. Sind in der Umgebung der Anlage andere Anlagen mit Auswirkungen auf die o.a. Gebiete<br />
vorhanden (Vorbelastung, evtl. Windkraftanlagen nach dem 14.03.1999 errichtet)?<br />
4. Soll das Vorhaben in einem Bereich errichtet werden, der bereits durch frühere oder jetzige<br />
Nutzungen belastet ist? (Boden, Wasser etc.)<br />
5. Soll das Vorhaben in einem Bereich errichtet werden, der landschaftlich besonders reizvoll<br />
oder empfindlich ist?<br />
6. Liegt das Vorhaben in einem Bereich, wo es für eine große Anzahl von Personen weit sichtbar<br />
ist?<br />
7. Ist zu erwarten, daß das Vorhaben mit der benachbarten (vorhandenen oder geplanten)<br />
Nutzung in Konflikt geraten könnte wegen<br />
• land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzungen (Geflügelfarm, Fischgewässer),<br />
• Verkehr, Ver- oder Entsorgung,<br />
• Erholungsnutzung (Pferdehaltung)<br />
• Wohnungsnutzung oder<br />
• sonstiger wirtschaftlicher oder öffentlicher Nutzungen?<br />
8. Ist zu erwarten, daß durch das Vorhaben beeinträchtigt werden kann<br />
• der Reichtum oder die Qualität von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes?<br />
• die Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden , Natur und Landschaft des Gebietes?<br />
9. Steht das Projekt im Konflikt mit Belangen des Nachbarstaates?<br />
202
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />
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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
204
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />
Natur- und<br />
Artenschutzrecht:<br />
Nicht immer<br />
eindeutig geregelt<br />
Der Gesetzgeber hält zahlreiche Instrumente des Naturund<br />
Artenschutzes bereit. Bei der Planung und Genehmigung<br />
von Windenergieanlagen sind die Unterschutzstellung von<br />
Natur und Landschaft sowie die besonderen artenschutzrechtlichen<br />
Verbotstatbestände zu prüfen.<br />
Foto: Torsten Rauhut - Fotolia<br />
205
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Natur- und Artenschutz spielt an allen Standorten eine wichtige Rolle. Foto: Herbert Grabe<br />
Ein zentrales Instrument des Natur- und Artenschutzrechts ist die Unterschutzstellung<br />
von Teilen von Natur und Landschaft im Wege eines förmlichen, allgemein verbindlichen<br />
Rechtsaktes, üblicherweise einer Rechtsverordnung oder einer Satzung. Der<br />
Gesetzgeber hat für diese Unterschutzstellung im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)<br />
bestimmte „Schutzgebietskategorien“ vorgesehen.<br />
Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete<br />
Die traditionellen und wohl auch bekanntesten Schutzgebietskategorien sind die<br />
„Naturschutzgebiete“ und die „Landschaftsschutzgebiete“. Erstere dienen in erster Linie<br />
der „Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder<br />
Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten“.<br />
Zu „Landschaftsschutzgebieten“ werden Gebiete erklärt, wenn dies „zur Erhaltung,<br />
Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts<br />
oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der<br />
Naturgüter (…) wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen<br />
Bedeutung der Landschaft oder wegen ihrer besonderen Bedeutung für die<br />
Erholung“ erforderlich ist.<br />
206
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />
Biosphärenreservate<br />
und FFH-Gebiete<br />
Eine neuere, seit 1998 im BNatSchG<br />
geregelte Schutzgebietskategorie ist das<br />
„Biosphärenreservat“. Dies sind „Gebiete,<br />
die großräumig und für bestimmte<br />
Landschaftstypen charakteristisch sind“.<br />
Sie dienen „der Erhaltung, Entwicklung<br />
oder Wiederherstellung einer durch hergebrachte<br />
vielfältige Nutzung geprägten<br />
Landschaft und der darin historisch gewachsenen<br />
Arten- und Biotopvielfalt“.<br />
Ebenso lange existiert auch die Kategorie<br />
der ↗ „FFH-Gebiete“, wobei diese im BNatSchG nicht ausdrücklich als solche bezeichnet<br />
werden: Dort spricht das Gesetz vom Netz „Natura 2000“. Dieses basiert auf der<br />
europäischen Fauna-Flora-Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie. Diese Richtlinien<br />
verpflichten die Mitgliedsstaaten der EU zum Aufbau des zusammenhängenden europäischen<br />
Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“. Die Mitgliedsstaaten – in Deutschland<br />
die Bundesländer – wählen für das Schutzgebietssystem „Natura 2000“ die schutzwürdigen<br />
Gebiete (die sogenannten FFH-Gebiete) aus und nehmen diese in Listen auf.<br />
Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände<br />
Ob Windenergieanlagen innerhalb<br />
solcher Schutzgebiete zulässig sind,<br />
hängt maßgeblich vom jeweiligen<br />
Schutzgegenstand ab. Dennoch<br />
schließen die zuständigen Behörden<br />
Windenergienutzung innerhalb von<br />
Schutzgebieten regelmäßig pauschal<br />
und ohne nähere Prüfung des Schutzgegenstandes<br />
aus.<br />
Das zweite wichtige Instrument des Natur- und Artenschutzes sind die besonderen<br />
„artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände“. Diese regeln die zentrale Schutznorm des<br />
BNatSchG mittels sogenannter „Zugriffsverbote“, d. h. mittels „Tötungs- und Störungsverbote“.<br />
Demnach ist es insbesondere<br />
verboten, „wild lebenden Tieren der besonders<br />
geschützten Arten nachzustellen,<br />
sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten<br />
oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur<br />
zu entnehmen, zu beschädigen oder zu<br />
zerstören.“<br />
Für die Planung von Windenergieanlagen<br />
ist vor allem dieses „Tötungsverbot“<br />
mit Blick auf Greifvögel und Fledermäuse<br />
von Bedeutung. Nach der Rechtsprechung<br />
Wanderfalke. Foto: Jens Klingebiel, Fotolia ist dieses „Tötungsverbot“ verletzt, wenn<br />
207
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
nach naturschutzfachlicher Einschätzung ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter<br />
Verluste von Einzelexemplaren verursacht wird und die Auswirkungen der Windenergienutzung<br />
oberhalb der Gefahrenschwelle liegen, die den Risiken aufgrund des Naturgeschehens<br />
(„sozialadäquates Risiko“) entspricht. Dabei sind von vornherein mögliche<br />
Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen zu berücksichtigen, auf die später noch näher<br />
eingegangen wird. Nach oberverwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung soll den Naturschutzbehörden<br />
bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben das Kollisionsrisiko signifikant<br />
erhöht, angeblich eine „naturschutzfachliche ↗ Einschätzungsprärogative“ zukommen.<br />
Im Falle einer solchen Einschätzungsprärogative wäre die gerichtliche Prüfung auf eine<br />
bloße „Vertretbarkeitskontrolle“ beschränkt.<br />
Noch nicht geklärt: Bedeutung der „lokalen Population“<br />
Daneben ist bei der Planung von Windenergieanlagen auch das „Störungsverbot“<br />
zu beachten, wonach es verboten ist, „wild lebende Tiere der streng geschützten Arten<br />
und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-,<br />
Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören“. Dies betrifft insbesondere<br />
Vogelschwarm im Windpark. Foto: Sisse Brimberg & Cotton Coulson / Windpower Works<br />
208
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />
Vergrämungseffekte z. B. durch den Entzug von Nahrungshabitaten. Dabei liegt eine erhebliche<br />
Störung vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der „lokalen<br />
Population“ einer Art verschlechtert. Was unter einer „lokalen Population“ zu verstehen<br />
ist, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt.<br />
Schwierig zu prognostizieren: das Kollisionsrisiko<br />
Im Rahmen der Planung von Windenergieanlagen ist regelmäßig zu prüfen, ob gegen<br />
die besonderen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des BNatSchG verstoßen<br />
bzw. das Kollisionsrisiko „signifikant erhöht“ wird. Zum Zeitpunkt der Genehmigung ist<br />
dies jedoch schwierig zu prognostizieren.<br />
Um einen solchen Verstoß zu vermeiden, stehen diverse Maßnahmen zur Minimierung<br />
des Kollisionsrisikos zur Verfügung, welche als Nebenbestimmung im Genehmigungsbescheid<br />
aufgenommen werden können. Diese betreffen in erster Linie Beschränkungen<br />
bei Bauzeit und Betrieb der Windenergieanlagen. Neben den von den<br />
Genehmigungsbehörden regelmäßig geforderten Bauzeitbeschränkungen kann im Einzelfall<br />
auch ein „baubegleitendes Monitoring“ in Betracht kommen, um die Bauzeitbeschränkungen<br />
soweit wie möglich zu reduzieren.<br />
Weiterhin ist sowohl bei Vögeln wie<br />
auch bei Fledermäusen an Vorsorgeabschaltungen<br />
bzw. Betriebszeitenbeschränkungen<br />
zu bestimmten Zeiten mit hohem<br />
Konfliktpotenzial zu denken. Im Einzelfall<br />
kann aber auch ein betriebsbegleitendes<br />
Monitoring ausreichen. Dieses darf allerdings<br />
(insbesondere bei Fledermäusen)<br />
nicht die naturschutzfachliche Einschätzung<br />
ersetzen.<br />
Fledermaus. Foto: Artem Sevostyanov - Fotolia<br />
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen<br />
Grundsätzlich stellen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen auch<br />
einen Eingriff in Natur und Landschaft gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG dar. Dies gilt insbesondere<br />
für die Überbauung des Bodens durch die Fundamente der Anlagen. Soweit<br />
derartige Eingriffe nicht vermieden werden können, bestimmt das BNatSchG, dass diese<br />
vom Verursacher durch Ausgleichsmaßnahmen „ausgeglichen“ oder durch Ersatzmaßnahmen<br />
„ersetzt“ werden müssen.<br />
Ein solcher „Ausgleich“ eines Eingriffs muss vollständig erfolgen, d. h., es dürfen keine<br />
Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes zurückbleiben. Dabei müssen gerade die<br />
209
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Greenpeace-Protest zum Schutz der Buchenwälder. Foto: Paul-Langrock.de<br />
Funktionen wiederhergestellt werden, die durch den Eingriff beeinträchtigt werden. Beispielsweise<br />
wird der Ausgleich der mit der Errichtung einer Windenergieanlage unvermeidlich<br />
einhergehenden Versiegelung durch eine Entsiegelung an anderer Stelle, die<br />
Rodung von Bäumen durch Anpflanzung von Bäumen, herbeigeführt.<br />
Pflicht zum vollständigen Ausgleich<br />
Der Ersatz des Eingriffs muss (zumindest) gleichwertig sein, d. h., es muss eine möglichst<br />
ähnliche, wenngleich keine mit der beeinträchtigten Funktion identische Funktion<br />
wiederhergestellt werden. So kann für die Rodung von Bäumen z. B. die Anpflanzung von<br />
Hecken als gleichwertiger Ersatz genügen. Dabei geht das BNatSchG von einem strikten<br />
„Primat der Naturalrestitution“ aus: Die Pflicht zum vollständigen Ausgleich oder Ersatz<br />
endet erst dann, wenn deren Erfüllung tatsächlich unmöglich oder im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes<br />
unzumutbar ist. In diesem Falle – erst dann – ist ein „Ersatz-<br />
210
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />
geld“ zu zahlen, welches sich nach der Dauer und Schwere des Eingriffs in Natur oder<br />
Landschaft bemisst. Das Ersatzgeld wird im Genehmigungsbescheid festgesetzt und ist<br />
grundsätzlich vor Durchführung des Eingriffs zu zahlen.<br />
Derzeit liegt ein Entwurf des Bundesumweltministeriums für eine „Bundeskompensationsverordnung“<br />
vor – hierfür wurde im Jahr 2010 die Ermächtigungsgrundlage geschaffen<br />
–, mit welcher insbesondere einheitliche Standards und Vorgehensweisen bei<br />
der Feststellung des Eingriffs und der Eingriffsbewältigung eingeführt werden sollen.<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung nicht immer erforderlich<br />
Die ↗ Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist hauptsächlich im „Gesetz über die<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung“ (UVPG) geregelt. Demnach ist die UVP ein unselbstständiger<br />
Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über Zulassung<br />
von Vorhaben dienen. Der Zweck dieses unselbstständigen Teilverfahrens liegt in einer<br />
wirksamen Umweltvorsorge, die sowohl vom Vorsorgegedanken als auch von der Gefahrenabwehr<br />
geprägt ist. Die UVP umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung<br />
der mittelbaren und unmittelbaren umweltbezogenen Auswirkungen eines Vorhabens<br />
auf die im UVPG genannten Schutzgüter (z. B. Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Klima,<br />
Kulturgüter).<br />
Voraussetzung für die grundsätzliche<br />
Geltung des UVPG ist zunächst, dass das<br />
konkrete Vorhaben in den sachlichen Geltungsbereich<br />
des Gesetzes fällt. Das UVPG<br />
kennt dabei verschiedene Prüfungskategorien<br />
mit gestuften Prüfungsintensitäten:<br />
die UVP-Pflicht, die „allgemeine Vorprüfung<br />
des Einzelfalles“ und die „standortbezogene<br />
Vorprüfung des Einzelfalles“. Die<br />
Kategorien der „standortbezogenen“ und<br />
der „allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles“<br />
stellen dabei eine Art vorgeschaltetes<br />
Prüfungsvorverfahren dar. Nur wenn<br />
die zuständige Behörde im Rahmen der<br />
„standortbezogenen“ oder der „allgemeinen<br />
Vorprüfung des Einzelfalles“ zu dem<br />
Ergebnis gelangt, dass erhebliche nachteilige<br />
Umweltauswirkungen zu erwarten<br />
sind, schließt sich eine UVP an.<br />
Grundsätzlich besteht die Notwendigkeit<br />
einer Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
für Windenergieanlagen in<br />
Abhängigkeit der zu errichtenden<br />
Anlagenzahl.<br />
Sind weniger als 3 Windenergieanlagen<br />
geplant, so ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
nicht erforderlich.<br />
3 bis 6 Anlagen müssen einer<br />
„standortbezogenen Vorprüfung“<br />
unterzogen werden. Bei 6 bis 19 Anlagen<br />
ist zumindest eine „allgemeine<br />
Vorprüfung“ und ab mindestens 20<br />
Anlagen eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
zwingend erforderlich.<br />
211
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Hamburg Georgswerder. Foto: Ulrich Mertens<br />
212
DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />
Diskussion um die „naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative“<br />
Immer wieder haben die Gerichte zu entscheiden, welche Maßnahmen inwieweit<br />
geeignet sind, das Kollisionsrisiko von Vögeln und Fledermäusen zu verringern. Im Moment<br />
wird aber wohl am intensivsten diskutiert, ob den Naturschutzbehörden eine „naturschutzfachliche<br />
Einschätzungsprärogative“ zusteht oder nicht. Bundesverwaltungsgerichtlich<br />
ist hierüber noch nicht entschieden, ein entsprechendes Revisionsverfahren ist<br />
jedoch bereits beim BVerwG anhängig. Insbesondere das OVG Magdeburg hat mehrfach<br />
eine solche naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zugunsten der Naturschutzbehörden<br />
angenommen.<br />
Demgegenüber hat das OVG Koblenz zuletzt Bedenken geäußert, ob die Genehmigungsbehörden<br />
befugt sind, zur Beurteilung des Tötungsrisikos nach eigenem Ermessen<br />
eine der existierenden Abstandsempfehlungen zugrunde zu legen, andere aber zu ignorieren.<br />
Das Gericht erachtet jedenfalls Empfehlungen, die im Auftrag eines Ministeriums<br />
von Fachbehörden abgegeben werden, quasi als eine Art antizipierte Ermessensentscheidung<br />
mit Bindungswirkung für die nachgeordneten Behörden.<br />
Fazit<br />
Das Bundesnaturschutzgesetz spielt<br />
eine wichtige Rolle bei der Genehmigung<br />
von Windenergieanlagen nach<br />
dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.<br />
Bei der Errichtung von Windkraftanlagen<br />
sind vor allem die Unterschutzstellung<br />
von Natur und Landschaft<br />
sowie die besonderen artenschutzrechtlichen<br />
Verbotstatbestände zu<br />
prüfen. Einige Bestimmungen lassen<br />
Deutungsspielräume offen. Diskutiert<br />
wird derzeit insbesondere über eine<br />
„naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative“<br />
der Naturschutzbehörden,<br />
die die gerichtliche Prüfung auf<br />
eine bloße „Vertretbarkeitskontrolle“<br />
beschränkt.<br />
Autorin<br />
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213
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215
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
216
Akzeptanz und<br />
Beteiligungsmodelle<br />
217
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
218
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />
Gute Argumente<br />
für die<br />
Windenergie<br />
Die Frage nach der Akzeptanz von Windenergieprojekten<br />
begleitet die Projektierer und den <strong>BWE</strong> von Beginn an.<br />
Dabei gilt es nicht nur, möglichst umsichtig und transparent<br />
vorzugehen, sondern auch allen berechtigten und vor allem<br />
unberechtigten Einwänden adäquat zu begegnen.<br />
Das Forum Netzintegration Erneuerbare Energien<br />
Foto: Anne-Katrin Wehrmann<br />
219
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windenergie – Argumente für und wider<br />
Es gibt eine Vielzahl von Initiativen und Studien, die sich mit der Akzeptanz der Windenergie<br />
beschäftigen. Dabei bescheinigen zahlreiche Umfragen und Untersuchungen sowohl<br />
den Erneuerbaren Energien insgesamt als auch der Windenergie im Besonderen ein<br />
gutes Image. Ein Beispiel hierfür ist die unter www.unendlich-viel-energie.de veröffentlichte<br />
Umfrage aus dem Jahr 2012, bei der 94 Prozent der befragten Personen die Nutzung<br />
und den Ausbau der Erneuerbaren Energien für sehr wichtig oder wichtig erachten. Die<br />
Zustimmung zu Windenergieanlagen in der Umgebung des eigenen Wohnorts liegt demzufolge<br />
bei 61 % bzw. bei Personen mit Vorerfahrung sogar bei 73 Prozent. Insofern könnte<br />
man das Thema Akzeptanz für vernachlässigbar halten. Bei einer konkreten Windparkplanung<br />
vor Ort werden jedoch die übrigen ca. 40 Prozent Nicht-Befürworter sehr aktiv.<br />
Heimatliebe versus Windenergie? – Aus der Sicht der Bürgerinitiativen<br />
Eine Sammlung der Windenergiegegner findet sich unter www.windkraftgegner.de.<br />
Hier werden zunächst allgemeine Argumente gegen den Ausbau der Windenergie vorgebracht:<br />
So wird beispielsweise die Erderwärmung geleugnet und Klimaschutz deshalb als<br />
überflüssig angesehen. Zudem wird für eine Abschaffung des EEG geworben, um nicht<br />
subventionierte Arbeitsplätze zu erhalten. Da in dem genannten Internetportal viele lokale<br />
Bürgerinitiativen gegen Windenergieanlagen auftreten, erhalten auch lokale Fragen<br />
einen breiten Diskussionsraum. Die vorgebrachten Argumente beziehen sich oft auf eine<br />
vermeintliche Unrentabilität des Standorts oder auf etwaige betrügerische Absichten<br />
des jeweiligen Planungsbüros.<br />
Die sich in derartigen Initiativen engagierenden Bürger haben nicht selten Bedenken<br />
hinsichtlich der Lärmbelästigung und sind sich zudem sicher, dass durch ↗ Infraschall Gesundheitsschäden<br />
hervorgerufen werden. Aber auch Sorgen um das Landschaftsbild, die<br />
Natur, Vögel und Fledermäuse sind zentrale Themen der Windenergiegegner.<br />
In der Außendarstellung treten die Bürgerinitiativen als heimatverbundene Menschen<br />
auf, die den Tourismus in der jeweiligen Region schützen wollen. Sie nehmen für<br />
sich in Anspruch, die sachliche Diskussion zu fördern und gleichzeitig unterstellte Unwahrheiten<br />
der Projektierer zu entlarven. Häufig ist jedoch festzustellen, dass diese Argumente<br />
vorgeschoben sind, da „weiche“ Argumente schwerer zu hinterfragen sind als konkrete<br />
Sachverhalte.<br />
Positive Stimmung vor Ort erzeugen<br />
Nun stellt sich für den <strong>BWE</strong> sowie jeden einzelnen Projektierer die Frage, wie diesem<br />
bunten Strauß an empfundenen Argumenten begegnet werden kann und wie die Bür-<br />
220
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />
Energieautarkes Dorf Feldheim. Foto: Paul-Langrock.de<br />
ger und Politiker vor Ort von einem konkreten Windenergieprojekt überzeugt werden<br />
können.<br />
Für sämtliche Argumente gilt, dass eine sachliche Auseinandersetzung nicht ausreicht.<br />
Der Planer muss darüber hinaus eine positive Stimmung für das Projekt erzeugen<br />
und gleichfalls um persönliches Vertrauen werben. Es geht dabei immer auch um die<br />
Befriedigung moralischer Bedürfnisse und darum, Betroffenen ihre tatsächlich empfundenen<br />
Ängste zu nehmen.<br />
Als Argumentationshilfe hat der Bundesverband WindEnergie e.V. unter anderem die<br />
„A–Z Fakten zur Windenergie“ herausgegeben. Diese Broschüre erläutert die wichtigsten<br />
Schlagwörter und Themenkomplexe der Windenergienutzung und verweist bei den<br />
einzelnen Punkten jeweils auch auf unabhängige Quellen, um die Glaubwürdigkeit der<br />
Argumentation zu untermauern.<br />
Für Schall und Schattenwurf existieren Grenzwerte, deren Einhaltung durch Gutachten<br />
und teilweise Nachmessungen nachgewiesen werden muss. Ängste werden daher<br />
häufig mit Infraschallprophezeiungen geschürt. Das Thema Infraschall kann dabei als gu-<br />
221
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
tes Beispiel dienen, wie Windenergiegegner ihre Argumente vortragen. Behauptete Beeinträchtigungen,<br />
die der Mensch selbst nicht wahrnehmen und somit nicht beurteilen<br />
kann, werden generell als besonders bedrohlich empfunden. Während ein Projektierer<br />
beispielsweise zum Thema Schall Fahrten zu in Betrieb befindlichen Windenergieanlagen<br />
unternehmen kann, um deren geräuscharme Energieproduktion zu veranschaulichen, ist<br />
dies bei Infraschall nicht möglich.<br />
Die Angst vor Infraschall<br />
Windenergieanlagen erzeugen Infraschall, der nach Meinung der Gegner zu Beeinträchtigungen<br />
der Leistungsfähigkeit führen, Effekte auf das Herz-Kreislauf-System zeitigen<br />
oder auch Benommenheit auslösen könne. Als besonders kritisch wird dargestellt,<br />
dass man Infraschall nicht hören könne – er somit eine stille Bedrohung sei. Eine aktuelle<br />
Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg<br />
zu „WIndenergie und Infraschall“ hat allerdings ergeben, dass Auswirkungen erst ab<br />
der Wahrnehmbarkeitsstufe auftreten, es aber keine Hinweise darauf gibt, dass schon<br />
unterhalb der Wahrnehmbarkeit negative Effekte zu befürchten sind. 1<br />
Gefahr für Vögel und Fledermäuse?<br />
Ein anderes immer wieder auf regionaler und überregionaler Ebene vorgetragenes<br />
Bild ist das der Windenergieanlagen als tödliche Gefahr für Vögel und Fledermäuse. Dieses<br />
Bild erzeugt eine sofortige Abwehrhaltung – auch bei denen, die sich während der<br />
Fahrt im Auto oder Zug sowie beim Fliegen keine großen Gedanken über die Opfer machen.<br />
Untersuchungen zur Wirkung von Windenergieanlagen auf Vögel und Fledermäuse<br />
ergeben je nach Landschaft und untersuchter Art durchaus unterschiedliche Ergebnisse.<br />
Unbestritten ist, dass Vögel und Fledermäuse von den sich drehenden Rotorblättern<br />
getötet werden können.<br />
Um gefährdete Vogel- und Fledermausarten zu schützen, werden jedoch die potenziellen<br />
Standorte für Windenergieanlagen in der Planungsphase genauestens überprüft.<br />
Unter anderem werden spezielle artenschutzrechtliche Prüfungen durchgeführt, mit denen<br />
das Vorkommen der Tiere analysiert wird. Die größeren Nabenhöhen von modernen<br />
Windkraftanlagen tragen dazu bei, die Gefahr für Vögel und Fledermäuse weiter zu<br />
minimieren.<br />
Die artenschutzrechtlichen Argumente der Windenergiegegner können Windenergieanlagen-Projektierer<br />
nutzen, um die Gegner mit deren eigenen Waffen zu schlagen:<br />
Die Erzeugung von Strom durch Windenergieanlagen ist umweltfreundlich, da hier die<br />
Produktion von CO 2<br />
sowie sonstige schädliche Wirkungen fossiler oder atomarer Energien<br />
vermieden werden.<br />
222
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />
Insgesamt stehen wir bei der lokalen<br />
Argumentation vor dem Problem, dass<br />
eine globale Aufgabe wie der Klimaschutz<br />
lokal durch den Umbau der Energieversorgung<br />
umgesetzt werden muss. Ohne<br />
ein halbwegs stabiles Klima werden alle<br />
Naturschutzbemühungen vergeblich sein.<br />
Um große Gefahren abzuwenden, müssen<br />
kleine Beeinträchtigungen akzeptiert werden,<br />
denn ohne den massiven Ausbau der<br />
Erneuerbaren Energien ist ein langfristiger<br />
Klimaschutz nicht möglich.<br />
Die fortschreitende Klimaveränderung<br />
gefährdet vor allem Arten, die<br />
aufgrund enger ökologischer Nischen<br />
ein geringes Anpassungsvermögen<br />
besitzen, deren Vorkommen geografisch<br />
isoliert ist und die nur ein<br />
geringes Ausbreitungspotenzial haben.<br />
Dies gilt insbesondere für polare<br />
und montane Arten, die bereits am<br />
Limit ihrer potenziellen Verbreitung<br />
stehen. Somit ist Klimaschutz direkter<br />
Artenschutz.<br />
Foto: EWEA<br />
223
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Die „Verspargelung“ der Landschaft<br />
Ähnlich verhält es sich mit dem Vorwurf, durch Windenergieanlagen werde das Landschaftsbild<br />
verunstaltet. Die behauptete Attraktivitätsminderung beeinträchtige den<br />
Tourismus und mindere den Wert umliegender Grundstücke. Diese Vorwürfe verkennen<br />
jedoch, dass die potenziellen Standorte für Windkraftanlagen bereits im Planungsverfahren<br />
auch unter dem Gesichtspunkt der Landschaftsbildwirkung geprüft werden. Dabei<br />
wird eine Analyse des Landschaftsraumes über das gesamte Plangebiet vorgenommen.<br />
Besonders hochwertige Landschaftsteile werden von einer Überplanung mit Windenergieanlagen<br />
ausgenommen.<br />
Allerdings ist das Landschaftsbild-Empfinden subjektiv und damit einer Objektivierung<br />
nur in begrenztem Maße zugänglich. Um der Diskussion um das Landschaftsbild<br />
begegnen zu können, muss der Ausweisungsprozess für Windenergieanlagen-Standorte<br />
möglichst transparent gestaltet und müssen die Belange des Tourismus sowie der An-<br />
Windpark Büchenbach. Foto: Herbert Grabe, Ostwind<br />
224
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />
Best Practice: Beispiel Münstertal<br />
Die Gemeinde Münstertal im Südschwarzwald hat gezeigt, wie man mit Bürgerbedenken<br />
und Bürgerinitiativen gegen Windenergieanlagen umgehen kann. Dort<br />
hatte sich aus der Lokalen Agendagruppe heraus eine Initiative für die Errichtung<br />
von Windenergieanlagen auf der Gemarkung der Gemeinde gebildet. Die Gemeinde<br />
Münstertal liegt sehr idyllisch inmitten des Schwarzwaldes und bezieht ihre<br />
Haupteinnahmen aus dem Tourismus. Da es gleichfalls eine Bürgerinitiative gegen<br />
Windenergie gab, führte der Gemeinderat am Tag der Landtagswahl in Baden-<br />
Württemberg eine Bürgerbefragung zur Windenergie durch, bei der auch über<br />
einen konkreten Standort abgestimmt werden konnte.<br />
Die Befragung ergab, dass sich 80 Prozent der Bürger für die Errichtung von Windenergieanlagen<br />
auf der Gemarkung und 74 Prozent für den konkreten Standort<br />
aussprachen. Das deutliche Ergebnis der Abstimmung schmälerte hiernach die Einflussmöglichkeiten<br />
der Bürgerinitiative gegen Windenergie. Da die Wahrnehmung<br />
von Windenergieanlagen subjektiv geprägt ist, sollten die Verantwortlichen das<br />
Thema für Einheimische und Touristen unbedingt positiv besetzen. Das kann z. B.<br />
über Informationsveranstaltungen, Wanderungen oder andere Freizeitaktivitäten<br />
rund um die Windenergieanlagen erfolgen.<br />
wohner mit einbezogen werden. Aus Umfragen kann man entnehmen, dass eine Landschaftsbildbeeinträchtigung<br />
vor allem von den Personen befürchtet wird, die noch keine<br />
Vorerfahrung mit Windenergieanlagen haben.<br />
Lichtemissionen<br />
Neben Eisabwurfbedenken und Sorgen vor einem Brand der Windenergieanlagen<br />
stellen die blinkenden Flugsicherheitsleuchten eine große Herausforderung für die Akzeptanz<br />
dar. Hier ist zu betonen, dass wir als Windbranche in Diskussionen mit dem Bundesverkehrsministerium<br />
stehen, um die unserer Meinung nach zu rigiden Vorschriften<br />
aufzulockern. Wir halten die Anforderungen für übertrieben, da bei Nacht ohnehin nur<br />
Flugzeuge mit entsprechenden Einrichtungen im Luftraum unterwegs sein dürfen, die zu<br />
ihrer eigenen Sicherheit keine Flugsicherungsbeleuchtung benötigen.<br />
225
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Unser Vorschlag ist deshalb, Windenergieanlagen mit Sensoren auszustatten, die<br />
anfliegende Flugzeuge orten können. Die Flugsicherheitsleuchten müssten damit nur<br />
noch im Bedarfsfall eingeschaltet werden. Dadurch könnten die Lichtemissionen deutlich<br />
reduziert werden. In der Diskussion sollte demzufolge der Fokus auf unser Problembewusstsein<br />
und unsere Lösungsansätze gelegt werden. Zudem sollte der eigentliche<br />
Verursacher benannt werden.<br />
Teil der Energiewende werden<br />
Auf lokaler Ebene wird wiederholt die<br />
Vermutung geäußert, dass nur ein kleiner<br />
Personenkreis vom Betrieb einer Windenergieanlage<br />
profitiere. Leider gibt es<br />
immer wieder Presseveröffentlichungen,<br />
die den Eindruck erwecken, als sei die<br />
Beteiligung an einer Windenergieanlage<br />
mit einer Art Lottogewinn gleichzusetzen.<br />
Dass in den letzten Jahren gerade im<br />
Eröffnung des Windparks Zieger. Foto: Ostwind schwierigen Gelände viele Anleger die erwarteten<br />
Gewinne nicht erzielen konnten<br />
und es demzufolge jeweils gute Gründe für enttäuschende Betriebsergebnisse gab und<br />
gibt, wird dabei oft übersehen.<br />
Im Umgang mit solchen Befürchtungen ist zunächst die Gewerbesteuerverteilung zu<br />
nennen. Die Kommune, in der die Windenergieanlage steht, erhält mindestens 70 Prozent<br />
des Gewerbesteueraufkommens. Daneben gibt es im Einklang mit den bestehenden<br />
Korruptionsregeln noch immer die Möglichkeit, über Fördervereine, die aus den Einspeiseerlösen<br />
jährlich einen Anteil erhalten, örtliche Vereine und Einrichtungen zu unterstützen.<br />
Viele Projektierer bieten an, Fördervereine oder Stiftungen zu gründen, die zugunsten<br />
örtlicher Einrichtungen oder Vereine tätig werden. Gespeist werden diese aus den Pachtzahlungen<br />
für die Windenergieanlagen-Standorte. Wichtig ist, dass in den Kontrollorganen<br />
die gesellschaftlichen Gruppen der Gemeinde angemessen vertreten sind. Wenn hierüber<br />
von der Feuerwehr über den Kindergarten bis zu den Sportvereinen eine bessere finanzielle<br />
Ausstattung ermöglicht wird, entsteht in der gesamten Gemeinde das Gefühl, an der<br />
Energiewende direkt beteiligt zu sein. Obwohl durch dezentrale Strukturen und Bürgerbeteiligung<br />
erheblich mehr Personen Anteil an den Erträgen haben als im Bereich der zentralen<br />
Großkraftwerke, können die Erneuerbaren Energien soziale Ungerechtigkeiten nicht<br />
ausgleichen. Es ist nicht Aufgabe des EEG, soziales Unrecht zu beseitigen – hierfür muss<br />
die Sozialgesetzgebung verbessert werden. Windenergiebetreiber und Initiatoren können<br />
nur in ihrem Bereich dafür sorgen, dass soziale Fragen angemessen berücksichtigt werden.<br />
226
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />
Die Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen<br />
Darüber hinaus versuchen Windenergiegegner gerne, den Sinn des Betriebs von<br />
Windenergieanlagen anzuzweifeln. Oftmals behaupten sie, die Anlagen seien an geplanter<br />
Stelle nicht wirtschaftlich zu betreiben.<br />
Da die fossilen Energieträger jedoch endlich sind und die Atomenergie zu große Gefahren<br />
birgt – wofür es in Deutschland einen breiten gesellschaftlichen Konsens gibt –,<br />
bleiben als Zukunftsenergien nur die Erneuerbaren Energien. Die Windenergie ist dabei<br />
das Rückgrat der Energiewende, da sie schon heute in der Lage ist, große Mengen Strom<br />
zu produzieren.<br />
Diese Tatsachen müssen beständig in Erinnerung gerufen werden. Hinsichtlich der<br />
Wirtschaftlichkeit kann deutlich gemacht werden, dass aus den Fehlern bei der Einschätzung<br />
des Windaufkommens gelernt wurde, inzwischen mehr Vergleichsanlagen vorhanden<br />
sind und in Zweifelsfällen Fehleinschätzungen durch Windmessungen vermieden<br />
werden können. Und dennoch sind Beteiligungen an Windenergieprojekten eine unternehmerische<br />
Betätigung, die jeder gut prüfen muss. Dies gilt aber für alle Investitionen.<br />
Strom für Greenpeace Energy: Vestas V90 im Windpark Wundersleben. Foto: Ulrich Mertens<br />
227
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Das Forum Netzintegration Erneuerbare Energien. Foto: Anne-Katrin Wehrmann<br />
228
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />
In der vorliegenden Veröffentlichung<br />
werden auch die Möglichkeiten einer lokalen<br />
Beteiligung erörtert. Die finanzielle<br />
und organisatorische Einbindung der örtlichen<br />
Bevölkerung ist der Schlüssel zur Akzeptanz.<br />
In diesem Kontext ist es sinnvoll,<br />
Gruppen anzusprechen, die üblicherweise<br />
↗ Stakeholder auf dem jeweiligen Gebiet<br />
sind. Zum einen eignen sich Verbände und<br />
Vereine für eine Ansprache, zum anderen<br />
dürfen die Möglichkeiten der Bürgermeisterinnen<br />
und Bürgermeister sowie der<br />
örtlichen Verwaltung nicht unterschätzt<br />
werden.<br />
Die hier dargestellten Argumente der<br />
Windkraftgegner sollten immer ernst genommen<br />
werden, aber auch adäquate<br />
Antworten erhalten. Das Engagement,<br />
welches lokale Gruppen bei der Umsetzung<br />
von Windenergieprojekten entfalten<br />
können, ist bewundernswert und sollte<br />
nach Kräften unterstützt werden. Es stärkt<br />
nicht nur die örtliche Gemeinschaft, die<br />
aktiven Menschen entwickeln auch ein<br />
besseres Bewusstsein für technische und<br />
politische Zusammenhänge im Energiebereich.<br />
Nur wenn das gelingt, kann die<br />
Energiewende langfristig in Deutschland<br />
umgesetzt werden.<br />
Bei unserem Einsatz um Akzeptanz<br />
muss berücksichtigt werden, dass<br />
die meisten Entscheidungen auf<br />
Grundlage bisheriger Erfahrungen<br />
und moralischer Vorstellungen<br />
getroffen werden. 2 Es gilt also herauszuarbeiten,<br />
welche moralischen<br />
Werte eine möglichst hohe Anerkennung<br />
genießen. Ein allgemein positiv<br />
besetzter Wert ist Gerechtigkeit. Bei<br />
der Planung von Windenergieanlagen<br />
ist es daher unabdingbar, für Verfahrens-<br />
und Verteilungsgerechtigkeit zu<br />
sorgen. So kann Vertrauen erworben<br />
und das Gerechtigkeitsempfinden<br />
befriedigt werden.<br />
2—Siehe hierzu George Lakoff und<br />
Elisabeth Wehling: Auf leisen Sohlen ins<br />
Gehirn, Heidelberg 2009.<br />
Autorin<br />
Sylvia Pilarsky-Grosch, seit April 2013 Präsidentin des Bundes verband WindEnergie<br />
e.V. Aus dem Landesverband Baden-Württemberg ist sie über die anwaltliche<br />
Beratung eines der ersten als Publikumsfonds ausgestatteten Windparks zur<br />
Windenergie gekommen. Sie ist Geschäftsführerin eines Bürgerwindparks und<br />
langjähriges <strong>BWE</strong>-Mitglied.<br />
229
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
AIFM-Umsetzungsgesetz und<br />
Kapitalanlagegesetzbuch<br />
Im Sommer 2013 wurde von Bundestag und Bundesrat das Kapitalanlagegesetzbuch<br />
(KAGB) in Zusammenhang mit dem AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-UmsG) beschlossen.<br />
Das AIFM-UmsG überführt die europäische Richtlinie über alternative Investmentfondsmanager<br />
(AIFM-RL) in deutsches Recht. Ziel des AIFM-UmsG – und damit auch des<br />
KAGB – ist es, ein in sich geschlossenes Regelwerk für Investmentfonds und ihre Manager<br />
zu schaffen und dabei den Anlegerschutz zu stärken; daher werden durch das KAGB<br />
zugleich auch Regelungen für das Produkt selbst getroffen. Von den Regelungen speziell<br />
des KAGB sind auch Bürgerenergieprojekte nicht unerheblich betroffen, es könnte die<br />
Bürgerbeteiligung in der Windenergie grundlegend verändern.<br />
Ob und in welchem Maße die Regelungen des KAGB für Bürgerbeteiligungsmodelle<br />
gelten, hängt unter anderem von der Wahl der Finanzierung und Gesellschaftsform ab.<br />
230
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />
Regelungen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB)<br />
Erlaubnispflicht: Der Manager eines Alternativen Investmentfonds oder auch die so genannte<br />
„AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ (KVG) bedarf grundsätzlich einer Erlaubnis<br />
der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Hierbei bestehen für die<br />
KVG bestimmte Rechtsform- und Mindestkapitalanforderungen an die Höhe des Anfangskapitals<br />
sowie an die fachliche Eignung der Geschäftsleiter. Bis zu einem Wert von<br />
100 Millionen Euro besteht keine Erlaubnis-, sondern lediglich eine Registrierungspflicht.<br />
Sowohl Erlaubnis- als auch Registrierungspflichtverfahren gestalten sich jedoch umfangreich.<br />
Rechtsformzwang: Externe KVG dürfen ausschließlich als AG, GmbH oder GmbH & Co.<br />
KG betrieben werden. Zulässige Rechtsformen für die von der KVG zu unterscheidende<br />
Investmentfondsgesellschaft sind die Investmentaktiengesellschaft (Inv-AG) oder die geschlossene<br />
Investmentkommanditgesellschaft (Inv-KG).<br />
Grundsatz der Risikomischung: Die KVG für die Fondsgesellschaft muss in mindestens<br />
drei Sachwerte investieren (Problem: Investition in drei Windenergieanlagen oder in drei<br />
Windparks?) oder aber eine Streuung des Ausfallrisikos gewährleisten. Eine Ausnahmemöglichkeit<br />
besteht, wenn die Mindesteinlage 20.000 Euro beträgt.<br />
Beschränkung von Leverage & Belastung: Es dürfen nur Kredite bis zu einer Höhe von<br />
60 % des Wertes aufgenommen werden. Außerdem darf die Belastung der Anlageobjekte<br />
maximal dem Prozentsatz des aufgenommenen Fremdkapitals entsprechen und ist<br />
auf 60 % gedeckelt.<br />
231
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Bürgerwindparks und das KAGB<br />
Für Energiegesellschaften allgemein und damit auch für Bürgerwindparks konnten<br />
im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur Neuregelung des KAGB einige Erleichterungen<br />
erreicht werden. So knüpft das KAGB an das so genannte Investmentvermögen an. Ein<br />
„operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors“ stellt gemäß Neuregelung<br />
jedoch kein „Investmentvermögen“ dar.<br />
Zu der Frage, ob es sich bei einem Projekt oder einem Unternehmen um ein Investmentvermögen<br />
oder ein operativ tätiges Unternehmen handelt, hat die Bundesanstalt<br />
für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nunmehr ein Auslegungsschreiben veröffentlicht.<br />
Zu Bürgerenergieprojekten heißt es in dem Auslegungsschreiben:<br />
„Unter sog. Bürgerenergieprojekten sind in der Regel Projekte zur Finanzierung und<br />
zum Betrieb von dezentralen Erzeugungsanlagen, integrierten Versorgungssystemen und<br />
Energieeinsparprojekten auf kommunaler und regionaler Ebene zu verstehen. Für Bürgerenergieprojekte<br />
wird häufig die Rechtsform der GmbH & Co KG oder der Genossenschaft<br />
gewählt. Bürgerenergieprojekte oder sonstige Unternehmen, die Anlagen (z.B. Biogas-,<br />
Solar- oder Windkraftanlagen) im Rahmen eines laufenden Geschäftsbetriebs selbst betreiben,<br />
sind als operativ tätige Unternehmen anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn sich<br />
diese Bürgerenergieprojekte oder Unternehmen im Rahmen ihrer operativen Tätigkeiten<br />
fremder Dienstleister oder gruppeninterner Gesellschaften bedienen, solange die unternehmerischen<br />
Entscheidungen im laufenden Geschäftsbetrieb bei dem Unternehmen<br />
selbst verbleiben.“<br />
(Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“,<br />
Abschnitt II Fragenkatalog, Punkt 7)<br />
Handelt es sich bei dem (Bürger-) Energieprojekt nach dieser Auslegung um ein operativ<br />
tätiges Unternehmen, ist das KAGB nicht anwendbar. Sowohl die Regulierungen zur<br />
KVG wie auch zum Produkt selbst greifen dann nicht ein.<br />
232
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />
Voraussetzungen und Vorschriften für Bürgerenergieprojekte<br />
Ist das Bürgerenergieprojekt nicht operativ tätig, greift das KAGB jedoch regulierend<br />
ein. Als Folge wäre das Projekt (eigentlich) zwingend als Inv-AG oder Inv-KG aufzulegen<br />
und die weiteren Produktregelungen zu beachten.<br />
Im Gesetzgebungsverfahren wurde jedoch in letzter Sekunde im KAGB eine Ausnahmeregelung<br />
für Bürgerenergieprojekte geschaffen und die Rechtsform der eG für<br />
zulässig erklärt; darüber hinaus wurde eine explizite Privilegierung der Bürgerenergiegenossenschaft<br />
in das KAGB aufgenommen Voraussetzung ist, dass das Bürgerenergieprojekt<br />
in der Rechtsform einer eG organisiert ist, für die die §§ 53 bis 64<br />
c GenG gelten und in deren Satzung eine Nachschusspflicht ausgeschlossen ist. Die<br />
verwalteten Vermögensgegenstände dürfen 100 Millionen Euro nicht überschreiten.<br />
Eine wesentliche weitere Voraussetzung ist eine langfristige Sicherung der Mindesterträge<br />
aufgrund staatlich garantierter Preise. Dies ist nach dem EEG der Fall.<br />
Sind alle genannten Voraussetzungen für eine eG erfüllt, werden dem Energiebeteiligungsprojekt<br />
einige Erleichterungen gewährt: Der Verwalter muss sich nur noch<br />
bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in einem vereinfachten<br />
Verfahren registrieren lassen statt ein aufwendiges Zulassungsverfahren oder Registrierungsverfahren<br />
zu durchlaufen. Ebenfalls entfällt für die Energiegenossenschaften die<br />
Verpflichtung, in mindestens drei Anlagen zu investieren oder nur Anleger aufzunehmen,<br />
die mehr als 20.000 Euro investieren. Zudem können sie mehr als 60 % Fremdkapital aufnehmen,<br />
auch die damit korrespondierende Belastungsgrenze gilt nicht.Das KAGB sieht<br />
zudem Erleichterungen für kleine alternative Investmentfonds (AIF’s) vor. Überschreitet<br />
der Wert der verwalteten Vermögensgegenstände, einschließlich der durch Leverage erworbenen,<br />
einen Wert von 5.000.000 Euro nicht und werden deren Anteile von nicht<br />
mehr als fünf natürlichen Personen gehalten, so gelten für diese AIF’s dieselben erleichterten<br />
Bedingungen, wie für die eben genannten Bürgerenergiegenossenschaften.<br />
233
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
234
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Im Dialog mit den Bürgern<br />
Im Dialog mit<br />
den Bürgern<br />
Die Energiewende ist nur gemeinsam mit den Bürgerinnen<br />
und Bürgern zu schaffen, denn sie sind die entscheidenden<br />
Akteure für ihre erfolgreiche Verwirklichung. Deshalb ist<br />
es wichtig, alle Interessen von Beginn an einzubeziehen –<br />
mit Aktivitäten, die nicht nur umfassend informieren,<br />
sondern auch einen fairen und transparenten Austausch<br />
sicherstellen.<br />
Anleger des Bürgerwindparks in Lorup.<br />
Foto: Stefan Schoening Fotodesign<br />
235
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Der dezentrale Umbau der Energieversorgung stellt uns vor große Herausforderungen:<br />
Es bedarf mutiger, konsequenter Konzepte und verantwortungsvoller Entscheidungen,<br />
zügiger Planung und schneller Umsetzung. Aber: Wo bleiben dabei die Bürgerinnen<br />
und Bürger? Die „eigentliche“ Zielgruppe wird oft mit Energie-Projekten konfrontiert,<br />
wenn sich diese bereits in einem fortgeschrittenen Planungsstadium befinden. Vielen<br />
Menschen entgeht im Alltag, was direkt vor Ort geschieht. Zumindest so lange, bis entweder<br />
Informationen aus dem Gemeinderat kolportiert oder vielleicht „Fremde“ gesichtet<br />
werden, die „irgendwelche Untersuchungen“ im Gelände durchführen. Dann brodelt<br />
die Gerüchteküche und die Emotionen kochen hoch: Was ist hier los? Warum wurden<br />
wir nicht eher informiert?<br />
Zentrale Ziele: Akzeptanz und „Sinnstiftung“<br />
Die Energiewende ist auch Bürgersache. Vielen Bürgern ist allerdings nicht bewusst,<br />
was sie bedeutet. Ziele einer Kommunikation sind daher „Sinnstiftung“ und Verbesserung<br />
von Entscheidungen. Vor allem geht es aber um Akzeptanz für die notwendigen<br />
Veränderungen. Diese Akzeptanz kann nur erreicht werden, wenn möglichst viele Bürger<br />
Das Forum Netzintegration Erneuerbare Energien. Foto: Anne-Katrin Wehrmann<br />
236
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Im Dialog mit den Bürgern<br />
informiert sind, was vor ihrer Haustür geschieht und warum dies geschieht. Die Bereitstellung<br />
von Informationen und eine größtmögliche Transparenz sind wesentliche Aufgaben<br />
der Gemeinden und der Projektentwickler.<br />
Zusammenhänge vor Ort analysieren<br />
Statt mit wildem Aktionismus, spektakulären Angeboten oder leeren Versprechungen<br />
die Bürger „einfangen“ zu wollen, ist zunächst eine ordentliche Strategie notwendig.<br />
Voraussetzung hierfür ist die Betrachtung der gesellschaftspolitischen Zusammenhänge<br />
vor Ort. Mittels Akteurs- und Netzwerkanalyse können die Zielgruppen und relevanten<br />
Akteure sowie deren Einflussbereiche bewertet werden. Ziel ist zudem, die für das Verfahren<br />
(potenziell) wichtigen ↗„Stakeholder“ zu identifizieren, also die Menschen, die<br />
berechtigte Interessen am Verlauf oder dem Ergebnis des Projekts haben.<br />
Eine solche Untersuchung erleichtert nicht nur den Projektmanagern die Arbeit auf<br />
kommunaler Ebene, sondern auch die Vorbereitung einer differenzierten und zielgruppengerechten<br />
Kommunikation. Die Analysen sollten von entsprechend ausgebildeten<br />
Experten durchgeführt werden, die Erfahrung mit Windkraft-Projekten haben oder zumindest<br />
über ein entsprechendes Windenergie-Fachwissen verfügen.<br />
Konfliktpotenzial erkennen – Kritiker aktiv einbinden<br />
Eine positive Aktivierung hinsichtlich des Windenergieprojektes kann meist nur im<br />
Rahmen von Information und Konsultation vonstattengehen. Ein Standard-Rezept für die<br />
richtige Kommunikation gibt es aber nicht. Unabdingbar sind Empathie, das Schaffen von<br />
Verbindlichkeit, Offenheit und engmaschige Abstimmung zwischen Projektierer, Bürgermeister<br />
und Verwaltung.<br />
Die Einbindung von „Stakeholdern“ ist ansonsten abhängig von der Projektphase.<br />
Steht zum Beispiel die artenschutzrechtliche Prüfung an, sollten die örtlichen Umweltund<br />
Naturschutzverbände vorab eingeladen werden, um gemeinsam den Untersuchungsrahmen<br />
und Kriterien für das Fachbüro festzulegen. Ergibt die Akteursanalyse Konfliktpotenzial,<br />
sollten die entsprechenden Personen aktiv eingebunden werden. Wenn der<br />
geplante Windpark an der Gemeindegrenze liegt, sind auch die Bürger der Nachbargemeinde<br />
Betroffene und daher Adressaten der Kommunikation.<br />
Informationen aus erster Hand sind hierbei von herausragender Bedeutung. Deshalb<br />
gilt es, diese möglichst vielen Bürgern anzubieten. Folgende Instrumente eignen sich:<br />
Webseite mit Blog, Basis-Informationsbroschüre, Dialog- und Informationsveranstaltungen,<br />
Exkursionen, Ausstellungen und kontinuierliche Pressearbeit. Geeignete Informationen<br />
sollten frühzeitig und aktiv zur Verfügung gestellt werden, damit erst gar keine<br />
Spekulationen aufkommen.<br />
237
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Digitale Möglichkeiten nutzen<br />
Eine Webseite eignet sich ideal zur schnellen Orientierung. Wer mehr wissen möchte,<br />
erhält dort vertiefende Informationen. Hier können Pläne, Bilder und Dokumente<br />
angeboten werden. Je nach Interesse können sich die Nutzer also unterschiedlich stark<br />
in das Projekt einarbeiten. Als Dialoginstrument dient der Blog. Von der aktuellen Nachricht<br />
bis zur Darstellung einer Bauleitplanung kann dort vieles eingestellt und diskutiert<br />
werden. Der Vorteil: „Frust“ und „Wut“ können über das Portal kanalisiert abgeladen<br />
werden, Konfliktpotenzial wird rasch erkannt und es kann deeskalierend eingegriffen<br />
werden. Die Inhalte sind schnell aktualisierbar.<br />
Allerdings muss der Dialog regelmäßig und engmaschig betreut werden. Wenn möglich,<br />
können einschlägig bekannte regionale Blogs und Facebook-Einträge von Bürgerinitiativen<br />
beobachtet werden, um bei Bedarf darauf zu reagieren. Darüber hinaus ist<br />
auf einer Webseite die Dokumentation des Windenergieprojekts sehr gut darstellbar, sie<br />
kann eine Identifikation von interessierten Bürgern erzeugen bzw. forcieren. Mit dieser<br />
Form der Wissensvermittlung werden ca. 70 Prozent der Betroffenen erreicht, für die<br />
verbleibenden 30 Prozent gibt es andere geeignete Maßnahmen.<br />
Basis-Informationen für alle!<br />
Zum Start eines Beteiligungsprozesses sollte eine Art schlanke Basis-Information zur<br />
Windenergie erstellt werden, die an alle Bürger eines Landkreises oder einer Region<br />
rund um die Anlagenstandorte verteilt wird. Damit werden auch Menschen erreicht, die<br />
kein Internet nutzen. Diese kleine Broschüre greift die wichtigsten Fragen und Antworten<br />
auf – z. B. zu Verschattung, Geräuschen, ↗ Infraschall, Abstandsregelung, Planung sowie<br />
Landschafts- und Naturschutz. Die Antworten sollten kurz und präzise sein. Ehrlichkeit,<br />
Sachlichkeit und Allgemeinverständlichkeit sind oberstes Gebot: Also nichts beschönigen<br />
und nichts übertreiben. Zugleich wäre es wünschenswert, wenn die Behörden und<br />
die verantwortliche Politik Geschlossenheit zeigen und sich zu dem Vorhaben bekennen.<br />
Projektierer und Gemeinde sollten möglichst als Team auftreten.<br />
Die Unentschlossenen erreichen<br />
Befürworter müssen nicht, notorische Windkraftgegner können nicht überzeugt werden.<br />
Die Unentschlossenen oder Verunsicherten sind es, die es zu gewinnen gilt. Bei Veranstaltungen<br />
wie Vorträgen oder Diskussionen gilt dann: Mut zur Kontroverse! Neutrale<br />
Ausrichter sollten Befürworter und Kritiker der Windenergie zusammenbringen. Wichtig<br />
ist ein ausreichender Vorlauf mit guter Werbung und eine gute Moderation – sowie fachlich<br />
kompetente, mitreißende Referenten. Erfahrungsgemäß kann mangelnde Fairness<br />
238
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Im Dialog mit den Bürgern<br />
im Publikum zur Disziplinierung aus den Reihen der Zuhörer selbst führen, nämlich von<br />
den Leuten, die etwas erfahren und „lernen“ wollen. Das ist die entscheidende Zielgruppe!<br />
Akteure müssen gleichberechtigt sein<br />
Veranstaltungen für Anwohner sind unbedingt erforderlich – und zwar mit passenden<br />
Dialogmethoden, damit auch weniger wortgewandte und zurückhaltende Menschen zu<br />
Wort kommen. Sowohl Windenergie-Projektmanagern als auch Verwaltung und Politik<br />
ist oft nicht klar, wie sie von den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen werden: Sie<br />
sind Interessenvertreter, denen folglich eine Rolle zugeschrieben wird.<br />
Eine Informationsveranstaltung sollte daher von einem neutralen Moderator geleitet<br />
werden, der dafür sorgt, dass alle Akteure eine möglichst gleichberechtigte Position<br />
einnehmen. Mit kurzen Impulsvorträgen, dezentralen Fragerunden und eindeutigen<br />
Spielregeln kann dafür gesorgt werden, dass niemand Monologe führen und die Veranstaltung<br />
an sich reißen kann.<br />
Beteiligungsformen<br />
dialogorientiert<br />
nicht oder bedingt<br />
dialogorientiert<br />
Punktuelle Beteiligung<br />
• Klimaschutzwerkstätten<br />
• Bürger-Experten<br />
(z. B. Projektgruppe)<br />
• Bürgerforen (Planungszelle)<br />
• Runde Tische<br />
• Planungskonferenzen und<br />
-tagungen<br />
• Katakause („Wissensmarkt“)<br />
• Bürgerbefragungen<br />
• Exkursionen<br />
• Bürgerversammlungen<br />
• Podiumsdiskussionen<br />
• Vorträge<br />
• Onlinebefragung<br />
Dauerhafte Beteiligung<br />
• Agenda-Gruppen<br />
• Verein Energiewende<br />
• andere Energie-Initiativen<br />
• Zukunftswerkstatt<br />
• Fachgruppen im Energiewende-<br />
Verein<br />
• (Online-)Befragungen mit<br />
Darstellung der Ergebnisse<br />
und deren Umsetzung<br />
• (Online-)Befragungen vor der<br />
politischen Entscheidung für ein<br />
Projekt, jedoch ohne Evaluation<br />
• moderierte netzgestütze<br />
Beteiligung (Blog)<br />
Tabelle: Evelyn Villing<br />
239
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Bürgerinitiative Erdkabel, Forum Netzintegration Erneuerbare Energien. Foto: Anne-Katrin Wehrmann<br />
Ehrlich und verständlich informieren<br />
Stets gilt: die Bürger ernst nehmen. Deshalb sollten Informationen grundsätzlich<br />
möglichst verständlich sein. Nicht jeder Normalbürger versteht z. B. die Verwaltungssprache.<br />
Zuweilen verwechseln Windkraft-Projektierer auch Transparenz und Offenheit<br />
mit Informationsüberflutung, und das kann das Gegenteil von dem bewirken, was gewollt<br />
ist. Die Bürger können eine massive Informationsoffensive in „Expertensprache“ als<br />
Affront empfinden und sich in die Rolle der „unwissenden Laien“ gedrängt sehen. Also:<br />
Ehrlich informieren, aber nicht wahllos und vor allem nicht mit Informationen erschlagen.<br />
Weniger ist oft mehr, und jeder der fragt, bekommt gerne zusätzliche Auskunft. Und<br />
noch etwas: Nicht überheblich und stets so authentisch wie möglich auftreten.<br />
Sehr sinnvoll ist eine Anlaufstelle für die Bürger. In kleineren Orten übernimmt dies<br />
meist der Bürgermeister, der eine offene Tür für alle Bürger haben sollte. Falls eine<br />
Bürgerinitiative gegründet wurde, lässt sich meist schnell feststellen, ob diese lösungs-<br />
240
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Im Dialog mit den Bürgern<br />
orientiert oder einfach nur dagegen ist.<br />
„NIMBYs“ (= „Not in my backyard“) sind<br />
definitiv keine primäre Zielgruppe für<br />
Kommunikation und Beteiligung.<br />
Eine Awareness-Kampagne – ansprechende<br />
Plakate, Image-Anzeigen, Werbung<br />
für die positiven Aspekte der Windenergie<br />
– kann vor allem in Städten eine<br />
„sinnvolle“ Begleitung für ein Projekt sein.<br />
Wichtiger sind jedoch kontinuierliche Information<br />
und Angebote zum Dialog. Zum<br />
erfolgreichen Abschluss des Projekts darf<br />
dann die feierliche Einweihung mit einem<br />
Bürgerfest – und ggf. einer Namensgebung<br />
für die Windräder – nicht fehlen.<br />
Autorin<br />
Evelyn Villing (Jg. 1961) hat<br />
Volkswirtschaft, Politikwissenschaft,<br />
Soziologie u. Biologie<br />
studiert. Die geprüfte<br />
PR-Beraterin (DAPR) und<br />
geprüfte Projektmanagerin<br />
für Alternative und Erneuerbare Energien hat<br />
von 1998 – 2008 in Agenturen und Unternehmen<br />
gearbeitet. 2009 gründete sie die Agentur für<br />
Umweltkommunikation „brainding“. Evelyn Villing<br />
ist Sprecherin für Öffentlichkeitsarbeit im Verein<br />
Energiewende Landkreis Starnberg e.V. und unter<br />
anderem auch als Referentin und Moderatorin für<br />
den <strong>BWE</strong> tätig.<br />
Fazit<br />
Wird eine Bürgerbeteiligung angekündigt, sind die Erwartungen der Bürger erfahrungsgemäß<br />
hoch. Diese müssen gemeinsam geklärt und den Beteiligten müssen<br />
zudem die Rahmenbedingungen eindeutig kommuniziert werden, damit keine<br />
Missverständnisse resultieren, die letztlich zu Vertrauensverlust, Abwehrhaltung<br />
und Konflikten führen können. Wichtig ist eine zielgruppengerechte Kommunikation<br />
bezogen auf unterschiedliche Beteiligte sowie ggf. die Einbindung von Meinungsführern<br />
vor Ort, die ihren (positiven) Einfluss geltend machen können. Ein<br />
Beteiligungsverfahren bei Windenergie-Projekten ist ein Informations- und Dialog-<br />
Angebot, in dem die Teilnehmer Standpunkte und Perspektiven anderer Beteiligter<br />
kennenlernen und eigene Sichtweisen entwickeln können.<br />
Informelle Beteiligung soll letztlich allen Seiten nützen: Bürgern, Projektierern,<br />
Verwaltung und Politik. Sie kann die Akzeptanz für ähnliche Projekte in der Zukunft<br />
erhöhen. Stichworte sind Bürgernähe, Kommunikation auf Augenhöhe, Transparenz<br />
und Offenheit, Informationstransfer und Wissensvermittlung. Ein professionelles<br />
Kommunikationskonzept zeigt sinnvolle Möglichkeiten hierfür auf.<br />
241
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Greenpeace-Protest zum Schutz der Buchenwälder. Foto: Paul-Langrock.de<br />
242
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder Interessen<br />
Möglichkeiten zur<br />
Berücksichtigung<br />
von Stakeholder<br />
Interessen<br />
Immer wieder kommt es im Zuge der Planung von Windenergieanlagen<br />
zu Protesten und zur Gründung von<br />
Bürgerinitiativen, die sich gegen Projektvorhaben wenden.<br />
Auch wenn nicht grundsätzlich von einem NIMBY-Syndrom<br />
(„Not In My Backyard“) auszugehen ist: Vehemente Kritik<br />
und sozialer Unfriede in Standortgemeinden können die<br />
Akzeptanz eines Projektes im Ganzen gefährden und dieses<br />
letztlich verhindern. Doch es bieten sich viele Möglichkeiten<br />
zur Einbindung der Betroffenen an.<br />
243
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Die Stakeholder<br />
In den Sozialwissenschaften hat sich der Begriff ↗„Stakeholder“ für alle Individuen<br />
oder Gruppen durchgesetzt, die ein berechtigtes Interesse an einer Unternehmung,<br />
einem Projekt, einer Stadt oder Region usw. haben. Dies gilt unabhängig davon, ob die<br />
bestehende Rechtsordnung Rechte für die Wahrnehmung der jeweiligen Interessen<br />
zubilligt. Es wird daher auch von Betroffenen, Interessensträgern, Beteiligten oder Anspruchsgruppen<br />
gesprochen. Medial wurde in jüngster Zeit der Begriff des „Wutbürgers“<br />
geprägt. Er suggeriert allerdings, dass Opposition allein durch irrationale Ängste oder<br />
Wut motiviert ist.<br />
Konfliktpotenziale auf verschiedenen Ebenen<br />
Tatsächlich finden sich Konfliktpotenziale nicht nur auf einer emotionalen, sondern<br />
auch auf einer rationalen und normativen Ebene:<br />
• Auf der emotionalen Ebene ist die Verärgerung verständlich, wenn Anwohner sich<br />
vor vollendete Tatsachen gestellt fühlen. Schließlich ist es ihre Heimat, die in aller<br />
Regel von Ortsfremden verplant wird. Unsicherheit über zukünftige Veränderungen<br />
lassen zudem Ängste entstehen.<br />
• Auf der rationalen Ebene entstehen Konflikte, wenn Ziele unterschiedlicher<br />
Stakeholder miteinander kollidieren. Ebenso führt eine ungleiche Kosten-Nutzen-<br />
Verteilung zu rational nachvollziehbarer Opposition. Das ist der Fall, wenn der<br />
Nutzen eines Projektes nur wenigen privaten Akteuren (z. B. Projektentwicklern,<br />
Anlagenbetreibern, Verpächtern) bzw. einer abstrakten Allgemeinheit (u. a. durch<br />
Klimaschutz, inländische Wertschöpfung) zugutekommt, während die Lasten in<br />
Form einer wahrgenommenen Einbuße an Lebensqualität einseitig von Anwohnern<br />
getragen werden.<br />
• Auf der normativen Ebene ist die Förderung von Akzeptanz für die Energiewende<br />
als gesamtgesellschaftliches Projekt geboten. Die Akzeptanz der Menschen, die<br />
in Nähe der Anlagenstandorte leben, ist dabei von besonderer Bedeutung. Es ist<br />
zudem eine Grundprämisse demokratischer Gesellschaften, dass die von einer Entscheidung<br />
betroffenen Bürger mindestens ein Mitspracherecht genießen.<br />
Akzeptanz und Beteiligung<br />
Akzeptanzprobleme sind im Zuge von Großprojekten nicht ungewöhnlich. Oftmals<br />
aber regt sich der Widerstand erst dann, wenn praktisch schon alles zu spät ist. Die Planung<br />
ist abgeschlossen, der Bauantrag eingereicht, die Genehmigung eventuell schon<br />
244
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder Interessen<br />
erteilt. Jede weitere Änderung am Projekt ist nun mit hohem zeitlichen und finanziellen<br />
Aufwand verbunden. Dieses Phänomen wird als „Beteiligungsparadoxon“ bezeichnet: Je<br />
näher die Realisierung rückt, umso höher wird meist das öffentliche Interesse. Die Möglichkeit<br />
der Einflussnahme von Betroffenen nimmt hingegen im Projektverlauf stetig ab<br />
(vgl. Abb. 1).<br />
1/Das Beteiligungsparadoxon<br />
Entwicklung des öffentlichen Interesses und von Möglichkeiten der Einflussnahme im Projektverlauf<br />
hoch<br />
Möglichkeiten der Einflussnahme<br />
Engagement und Interesse<br />
niedrig<br />
Problemerkennung Planung Beschluss Umsetzung Zeitachse<br />
Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)<br />
Während die Zahl der informellen Beteiligungsprozesse und -methoden generell zunimmt,<br />
ist dieser Trend bislang erst in geringem Umfang bei der Planung von Windenergieanlagen<br />
zu beobachten. Mit dem weiteren Ausbau der Windenergie ist die Branche<br />
gut beraten, ihr Know-how rund um informelle Beteiligungsformen zu verstärken.<br />
Auch wenn einige mediale Darstellungen zum Widerstand gegen Windenergie stark<br />
tendenziös sind, wie unter anderem ein Beitrag des „Spiegel“ vom Juli 2013 („Aufstand<br />
in der Rotorsteppe“, in: Der Spiegel 27/2013), so zeigt sich: Die Akzeptanz für das „Gemeinschaftswerk“<br />
Energiewende wird sich im Kleinen wie im Großen am Handeln zentraler<br />
Akteure entscheiden, zu denen auch die Projektplaner gehören. Neben der rechtlichen,<br />
technischen und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit konkreter Projekte sollte daher<br />
245
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
unbedingt auch ihre kommunikative und politische Machbarkeit stärker in den Fokus<br />
rücken. Es spricht vieles dafür, Beteiligungsstrategien gezielt und professionell im Planungsprozess<br />
einzubinden.<br />
Beteiligung schafft höhere Zufriedenheit und Legitimation<br />
Eine Untersuchung des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen (UfU) von 2012<br />
zeigt, dass Art und Umfang der Informationsweitergabe, Transparenz und Beteiligung<br />
einen erheblichen Einfluss auf die individuelle Zufriedenheit der Stakeholder mit dem<br />
Prozessverlauf und -ergebnis besitzen. Darüber hinaus kann der Projektplaner durch den<br />
Austausch mit den lokalen Stakeholdern zusätzliche Informationsquellen erschließen,<br />
frühzeitig Konflikte erkennen und nach Lösungen suchen, bevor es zu langwierigen gerichtlichen<br />
Auseinandersetzungen kommt. Beteiligung kann demnach nicht nur Legitimation<br />
schaffen, sondern die Effizienz des Verfahrens insgesamt erhöhen.<br />
Trotz des Plädoyers für mehr Beteiligung bleibt anzumerken, dass auch sie kein Garant<br />
für Akzeptanz sein kann. Ebenso stellen die Zusatzinvestitionen, die Beteiligungsstrategien<br />
erfordern, letztlich keine Renditegarantie dar.<br />
Der erste Schritt: Unsicherheit und Konfliktpotenzial bestimmen<br />
Um die Lage und Bedürfnisse vor Ort einschätzen zu können, sollte der Vorhabenträger<br />
das Projektumfeld eingehend analysieren. Vor der Entscheidung zu Beteiligungstiefe<br />
und -form steht immer die Prüfung des Projektes auf potenzielle Konflikte, Unsicherheiten<br />
und unterstützende wie opponierende Akteure. Erst auf Grundlage dieser Analyse<br />
fällt die (methodisch gestützte) Entscheidung über die Form der Beteiligung.<br />
Zur Bestimmung des Konfliktpotenzials und der Unsicherheiten sind standardisierte<br />
Verfahren zu empfehlen, wie sie beispielsweise im EU-geförderten ESTEEM-Projekt<br />
entwickelt wurden. Generell geht es bei der Bestimmung der Unsicherheit darum, soziale,<br />
wirtschaftliche oder politische Kontextfaktoren, wichtige Ereignisse während der<br />
<strong>Projektplanung</strong> (z. B. Kommunalwahlen) sowie Akteure und Anspruchsgruppen zu identifizieren,<br />
ihre Bedeutung, ihren Einfluss oder ihre Haltung bezüglich des Projektes zu<br />
bewerten und dadurch den Unsicherheitsgrad systematisch zu ermitteln.<br />
Im Rahmen der Konfliktanalyse werden die Einschätzungen des Projektplaners bezüglich<br />
der Auswirkungen des Projektes auf verschiedene Bereiche mit den Einschätzungen<br />
einer Auswahl wichtiger Stakeholder systematisch abgeglichen.<br />
Unsicherheit liegt vor, wenn zukünftige Ereignisse (z. B. Entwicklungen im Planungsund<br />
Genehmigungsprozess, Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt) bzw. Haltung<br />
und Handeln der Stakeholder nicht oder nur ungenau vorhergesagt werden können. Das<br />
Konfliktpotenzial steigt, je mehr Interessen bestehen, die mit dem Windprojekt in Kon-<br />
246
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder Interessen<br />
flikt stehen, und je unversöhnlicher sich diese Interessen darstellen. Aus der Perspektive<br />
des Projektierers ist zudem das Machtpotenzial opponierender Stakeholder relevant.<br />
Auswahl und Typologie der Beteiligungsformen<br />
Nach der Auswertung der Unsicherheits- und Konfliktanalyse kann die geeignete Beteiligungsform<br />
gewählt werden. Grundsätzlich gilt: Je niedriger das Konfliktpotenzial und<br />
je sicherer Ereignisse bzw. die Position der Akteure prognostiziert werden können, desto<br />
weniger direkte Beteiligung ist notwendig (vgl. Abb. 2).<br />
2/Auswahlschema der Beteiligungsformen<br />
hohes<br />
Konfliktpotential<br />
Verhandlung<br />
(mittlere Beteiligung &<br />
Gestaltungskompetenz)<br />
Kooperative Planung<br />
(starke Beteiligung/geringe<br />
Gestaltungskompetenz)<br />
geringes<br />
Konfliktpotential<br />
Antizipation<br />
(keine direkte Beteiligung/<br />
hohe Gestaltungskompetenz)<br />
Konsultation<br />
(mittlere Beteiligung &<br />
Gestaltungskompetenz)<br />
geringe<br />
Unsicherheit<br />
hohe<br />
Unsicherheit<br />
Quelle: NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.<br />
Die Beteiligungsformen lassen sich anhand der Art der Einbindung (direkt oder indirekt)<br />
bzw. durch den Grad der Mitbestimmung unterscheiden. Bei der Antizipation werden<br />
die Interessen und Bedürfnisse der Stakeholder durch den Projektplaner lediglich<br />
näherungsweise bestimmt (z. B. mittels Desktop-Recherche), während bei Formen der<br />
bedingten Beteiligung (Konsultation und Verhandlung) bis hin zur kooperativen Planung<br />
die Stakeholder in zunehmendem Maße direkt in den Planungsprozess involviert sind.<br />
Die Gestaltungshoheit des Projektplaners nimmt dabei sukzessive ab.<br />
Nicht immer ist die unmittelbare Einbindung von Anwohnern oder anderen Anspruchsgruppen<br />
notwendig oder gar von diesen überhaupt erwünscht. Ist zudem das<br />
Projekt nur mit geringen Unsicherheiten und niedrigem Konfliktpotenzial behaftet, rei-<br />
247
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Übersicht zu Beteiligungsformen, maßnahmen und deren<br />
Beteiligungsform Beteiligungsmaßnahme Planung Genehmigung Bau & Betrieb<br />
Konsultation Erstinformation beim Bürgermeister<br />
und/oder Gemeinderat<br />
•<br />
Informations veranstaltungen • •<br />
Workshops • •<br />
Online-Panel & -Forum • • •<br />
Desktop-Konsultation • •<br />
Planungswerkstatt<br />
•<br />
Bürgerversammlung<br />
•<br />
Verhandlung Mediation • • •<br />
Workshop • •<br />
Kooperative ESTEEM<br />
•<br />
Planung<br />
Energietisch<br />
•<br />
Planungswerkstatt<br />
•<br />
Zukunftswerkstatt<br />
•<br />
Materielle Finanzielle Beteiligung • •<br />
Beteiligung Pacht<br />
•<br />
Sponsoring<br />
•<br />
Strombezug aus den Anlagen für<br />
Anwohner<br />
• • •<br />
Quelle: 100 prozent erneuerbar stiftung<br />
chen die Antizipation der Stakeholder-Interessen, deren Berücksichtigung innerhalb der<br />
<strong>Projektplanung</strong> und die Weitergabe von Informationen in der Regel aus.<br />
Ergibt die Vorfeldanalyse, dass das Konfliktpotenzial niedrig, die Unsicherheit über<br />
Ereignisse oder Haltung zentraler Stakeholder jedoch hoch ist, bietet sich die Konsultation<br />
als Beteiligungsformat an. Der Projektplaner behält dabei weitgehend die Hoheit<br />
über die Planungsentscheidungen, aber relevante Stakeholder können zu dem Vorhaben<br />
Stellung nehmen. Auf diese Weise lassen sich externe Informationsquellen erschließen<br />
und Unsicherheit reduzieren.<br />
248
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder Interessen<br />
Eignung in den Projektphasen<br />
Beteiligungsform Beteiligungsmaßnahme Planung Genehmigung Bau & Betrieb<br />
Information Informations- und<br />
Kommunikationskonzept<br />
• • •<br />
Öffentl. Informations veranstaltung • •<br />
Besichtigungsfahrt • •<br />
Website • • •<br />
Visualisierung der Projektpläne • •<br />
eigenes Presseerzeugnis • •<br />
Pressegespräch • •<br />
Information betroffener Nachbarn<br />
•<br />
Dokumentation des Bau -<br />
fortschritts auf der Website<br />
•<br />
Tag der offenen Baustelle<br />
•<br />
Eröffnungsfest<br />
•<br />
Führungen<br />
•<br />
Energielehrpfad<br />
•<br />
Antizipation Akteursanalyse<br />
(entspricht Schritt 1<br />
• •<br />
des ESTEEM-Konzepts)<br />
Vergleich der Sichtweisen von<br />
Projektmanagement und Stakeholdern<br />
(entspricht den Schritten<br />
• •<br />
2 + 3 des ESTEEM-Konzepts)<br />
Desktop-Konsultation • •<br />
Ist umgekehrt das Konfliktpotenzial hoch, die Unsicherheit aber gering, reicht es nicht<br />
aus, nur die Meinungen der Betroffenen einzuholen. Konflikte bestehen in der Regel aus<br />
vermeintlichen oder realen Interessensgegensätzen. Hier bietet sich die Verhandlung<br />
mit ihren direkten Aushandlungs- und Kommunikationsprozessen als geeignetes Format<br />
an, um im Dialog gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Ein Ignorieren solcher Konflikte<br />
hingegen begünstigt in der Regel eine Eskalation.<br />
Die kooperative Planung, bei der die Stakeholder gemeinsam und gleichberechtigt mit<br />
dem Vorhabenträger die konkrete Planung des Projektes erarbeiten, eignet sich sowohl<br />
249
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Windfest im Windpark Ballstaedt-Westhausen. Foto: Jan Oelker<br />
250
AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder Interessen<br />
als Beteiligungsformat bei hohem Konfliktpotenzial<br />
als auch bei hoher Unsicherheit.<br />
Ein aktives Einbinden der Stakeholder fördert<br />
in der Regel die Lösungsorientierung,<br />
die Kompromissbereitschaft und letztlich<br />
die Zufriedenheit der Beteiligten mit dem<br />
Ergebnis.<br />
Der Vorhabenträger sollte sich aber<br />
immer vor Augen führen: Akzeptanz kann<br />
nur dort entstehen, wo informiert wird.<br />
Ausreichende Information ist wiederum<br />
Voraussetzung dafür, dass Bürger sich<br />
qualifiziert einbringen können. Information<br />
ist somit die Grundlage jedweder<br />
Beteiligung. Dies wird auch im hierarchischen<br />
Verhältnis der Beteiligungsformen<br />
deutlich.<br />
Für die unterschiedlichen Beteiligungsformen<br />
eignen sich wiederum jeweils<br />
besondere Beteiligungsmaßnahmen<br />
bzw. -instrumente, die hier nicht im Einzelnen<br />
vorgestellt werden können.<br />
Fazit<br />
Ein ernsthaftes Beteiligungsangebot<br />
sollte stets frühzeitig vor Abschluss<br />
der Planungsphase unterbreitet werden.<br />
Angesichts des Beteiligungsparadoxons<br />
ist es in der Regel notwendig,<br />
offensiv für öffentliche Informationsveranstaltungen<br />
zu werben und auf<br />
entsprechende Beteiligungsangebote<br />
hinzuweisen – was in diesem Sinne<br />
die „Bringschuld“ des Vorhabenträgers<br />
darstellt. Werden stärkere Beteiligungsformen<br />
angestrebt, muss die<br />
Planung zudem mehr oder weniger<br />
flexibel bzw. im Falle der kooperativen<br />
Planung vollkommen ergebnisoffen<br />
sein. Ein ernsthafter und objektiver<br />
Umgang mit den Anregungen der<br />
Stakeholder ist dabei für alle Beteiligungsformen<br />
das erfolgsentscheidende<br />
Kriterium.<br />
Autor<br />
Peter Glasstetter (Jg. 1975) studierte Geografie und Philosophie in Mainz und<br />
Lissabon. Nach seinem Referendariat arbeitete er in der Unternehmenskommunikation<br />
der juwi-Gruppe, wo er im Rahmen der Kampagne „100 prozent erneuerbar“<br />
unter anderem den Umweltbildungsbereich betreute. Seit 2011 ist er Referent für<br />
Wissenschaft und Bildung der 100 prozent erneuerbar stiftung.<br />
251
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
252
Anlagen für<br />
Binnenlandstandorte<br />
253
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Enercon E-126 in Schneebergerhof. Foto: Ulrich Mertens<br />
254
ANLAGEN FÜR BINNENLAND STANDORTE | Höhere Ausbeute bei geringerer spezifischer Leistung<br />
Höhere Ausbeute<br />
bei geringerer<br />
spezifischer Leistung<br />
Interview mit Dieter Fries, Vorsitzender des Betreiberbeirats<br />
im <strong>BWE</strong>, über die aktuelle Anlagentechnik für<br />
Standorte im Binnenland.<br />
Herr Fries, die Standorte für Windenergie<br />
im Binnenland gewinnen zunehmend<br />
an Bedeutung. Wie weit hat sich die<br />
Anlagentechnik dieser Entwicklung<br />
angepasst?<br />
Dieter Fries: Sie hat sich eigentlich schon<br />
seit geraumer Zeit dahin entwickelt, dass<br />
im Binnenland bessere Erträge generiert<br />
werden. Die aktuellen Anlagen arbeiten<br />
bei gleichbleibender Generatorleistung<br />
mit größeren Rotorflächen und sind weit<br />
höher als vorangegangene Generationen.<br />
Sie erzielen dadurch eine höhere Leistungsausbeute,<br />
denn diese hängt letztlich<br />
von der Nabenhöhe und der Rotorfläche<br />
ab, die die Anlage in den Wind bringt.<br />
In den letzten Jahren hat sich dieser<br />
Trend verstärkt, da die wichtigen Märkte<br />
in Europa oder den USA stärker zu einer<br />
Nutzung auch der windschwächeren<br />
Standorte tendieren, die in der Windklasse<br />
↗ IEC 2 oder 3 liegen. Das sind eben<br />
die Windstandorte im Binnenland, im<br />
Wald oder in der Nähe der großen Versorgungszentren.<br />
Die Entwicklung in der<br />
Anlagentechnik ist mittlerweile aber auch<br />
im Offshore-Bereich zu beobachten, auch<br />
hier sind die Rotorflächen stark gewachsen.<br />
255
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Welche Kriterien müssen Binnen-Windenergieanlagen<br />
erfüllen und worauf<br />
sollte man bei der Planung und Auswahl<br />
der Anlage achten?<br />
Es kommt natürlich vor allem darauf an,<br />
dass die Anlage wirtschaftlich arbeitet,<br />
dass sie also am entsprechenden<br />
Standort zu einem möglichst niedrigen<br />
Preis pro Kilowattstunde produziert. Dazu<br />
gehören zum Beispiel auch die Kosten<br />
für den Netzanschluss. Da die Anschlusskosten<br />
bislang pro Kilowatt installierter<br />
Leistung berechnet werden, sind hier<br />
Anlagen mit geringerer spezifischer Leistung<br />
klar im Vorteil, obwohl sie aufgrund<br />
größerer Nabenhöhen und Rotordurchmesser<br />
nicht weniger Strom produzieren.<br />
Wie hängt das zusammen?<br />
Die aktuellen Binnen-Windenergieanlagen<br />
erreichen eine höhere Leistungsdauerlinie,<br />
also mehr Stunden im Jahr, in denen<br />
Energie auf einem etwas niedrigeren,<br />
aber dafür konstanteren Niveau produziert<br />
wird. Das heißt auch, dass weniger<br />
Netzkapazität benötigt wird, um dieselbe<br />
Menge Strom zu transportieren.<br />
Je mehr Anlagen mit geringerer spezifischer<br />
Leistung aufgestellt werden und je<br />
dezentraler dies geschieht, desto geringer<br />
ist also die Netzbelastung?<br />
Das kann man uneingeschränkt so sagen,<br />
ja. Aktuelle Binnen-Windenergieanlagen<br />
haben eine Leistung von etwa 200 Watt<br />
pro m 2 Rotorfläche. Vor einigen Jahren<br />
lag diese noch weit höher, etwa bei 300<br />
– 400 Watt pro m 2 . Und das wirkt sich<br />
erheblich auf die Netzbelastung aus. Der<br />
Trend hin zu geringerer Generatorleistung<br />
bei besserer Auslastung ist übrigens auch<br />
ein Punkt, der meiner Ansicht nach in den<br />
Netzausbauplanungen zu wenig berücksichtigt<br />
wird.<br />
Ist an dieser Stelle noch viel Optimierungsbedarf<br />
seitens der Hersteller<br />
vorhanden?<br />
Optimierungsbedarf sehe ich insbesondere<br />
bei den Kosten, zum Beispiel für den<br />
Turm: Bei den derzeitigen Nabenhöhen<br />
von 120 Metern entfallen rund 30 Prozent<br />
des Gesamtpreises einer Anlage auf den<br />
Turm. Ein anderes Thema ist auch die<br />
spätere Demontage der Anlage, die über<br />
die Rückbaubürgschaften gut 5 Prozent<br />
des Anlagenpreises ausmacht. Eine<br />
bessere Berücksichtigung der Demontage<br />
im Anlagenkonzept wäre hier sicher von<br />
Vorteil. Neben dem Turm sind die Rotorblätter<br />
und nicht zuletzt das Montagekonzept<br />
große Kostenfaktoren einer Anlage.<br />
Auch hier ist meiner Meinung nach noch<br />
viel Potenzial vorhanden, die Kosten zu<br />
reduzieren.<br />
Sind die Kosten für Wartung und Service<br />
im Binnenland anders als an den Küstenstandorten?<br />
Der Wartungsaufwand kann im Binnenland<br />
schon etwas höher liegen, weil ein<br />
gewisser Mindestaufwand auch unabhängig<br />
von der tatsächlichen Energiepro-<br />
256
ANLAGEN FÜR BINNENLAND STANDORTE | Höhere Ausbeute bei geringerer spezifischer Leistung<br />
duktion anfällt. Produziert eine Anlage<br />
also insgesamt weniger Strom, steigt der<br />
Wartungsaufwand pro Kilowattstunde.<br />
Das heißt, sie muss an weniger windhöffigen<br />
Standorten entsprechend konzipiert<br />
sein, um nicht in die Kostenfalle zu laufen.<br />
Wie schätzen Sie das Marktpotenzial für<br />
Binnen-Windenergieanlagen in nächster<br />
Zukunft ein?<br />
Wir haben viel Potenzial in Deutschland,<br />
wenn die Energiewende umgesetzt<br />
werden soll. Im internationalen Vergleich<br />
ist Deutschland zwar ein wichtiger Leitmarkt,<br />
aber auch ein eher kleiner Markt.<br />
Für die Hersteller ist natürlich die weltweite<br />
Entwicklung interessanter. Auch<br />
hier sehen wir eine gesteigerte Nachfrage<br />
nach Anlagen für windschwächere Standorte.<br />
Einige Hersteller konzentrieren sich<br />
inzwischen konsequent auf die Standorte<br />
mit weniger Windaufkommen. Sie haben<br />
dabei den weltweiten Markt im Visier,<br />
Deutschland ist vor diesem Hintergrund<br />
eher als Testmarkt zu betrachten.<br />
Enercon Windkraftanlagen im Morgennebel.<br />
Foto: Paul-Langrock.de<br />
Gesprächspartner<br />
Dieter Fries (Jg. 1945) ist als Schiffbauingenieur ausgebildet und hat von 1989 bis<br />
1999 die deutsche Vertretung für den dänischen Windkraftanlagen hersteller Micon<br />
aufgebaut. Seit 1999 ist er Mitglied im Betreiberbeirat des Bundesverband Wind-<br />
Energie und seit 2006 dessen Vorsitzender.<br />
Herr Fries ist als unabhängiger Berater für internationale Windprojekte tätig.<br />
257
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
Enercon E-82 auf Bergehalde Oberscholven in Gelsenkirchen. Foto: Ulrich Mertens<br />
258
ANLAGEN FÜR BINNENLAND STANDORTE | Höhere Ausbeute bei geringerer spezifischer Leistung<br />
Aktuelle Windenergieanlagen onshore (2013)<br />
Typ<br />
Rotor<br />
Leistung/kW Durchm./m Fläche/ m 2 W/m 2<br />
Enercon<br />
E 82 - 2,3 2.300 82 5.281 436<br />
E 82 - 2 2.000 82 5.281 379<br />
E 92 - 2,3 2.350 92 6.648 353<br />
E 101 3.050 101 8.012 374<br />
E 115 2.500 115 10.387 241<br />
e.n.o.<br />
e.n.o. 82 2.050 82,4 5.333 384<br />
e.n.o. 114 3.500 114,9 10.369 338<br />
e.n.o. 126 3.500 126 12.469 281<br />
Gamesa<br />
G90 2 MW 2.000 90 6.361 314<br />
G114 2 MW 2.000 114 10.205 196<br />
Kenersys<br />
K 120-2,3 MW 2.300 120 11.310 203<br />
Leitwind<br />
LTW77 1 MW 1.000 77 4.656 215<br />
LTW 2-104 2.000 104 8.495 235<br />
Nordex<br />
N100/2500 2.500 100 7.854 318<br />
N117/2400 2.400 117 10.157 236<br />
Repower<br />
RE 3M-122 3.000 122 11.690 257<br />
RE 3,2M-114 3.200 114 10.207 314<br />
MM100 1.800 100 7.854 229<br />
Siemens<br />
SWT-2,3-93 2.300 93 6.800 338<br />
SWT-2,3-101 2.300 101 8.012 287<br />
SWT-2,3-113 2.300 113 10.015 230<br />
Vestas<br />
V 90-2 MW 2.000 90 6.361 314<br />
V 100-1.8 MW 1.800 100 7.854 229<br />
V 112-3 MW 3.000 112 9.852 305<br />
V 126-3 MW 3.000 126 12.469 241<br />
Quelle: Ingenieurbüro Fries (Stand Juli 2013)<br />
259
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
260
Datenblätter<br />
Anlagen für Binnenland standorte<br />
261
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
LEITWIND LTW86<br />
LEITWIND AG / Sterzing, Italien<br />
Leistung<br />
Nennleistung 1.500 kW Einschaltwindgeschw. 3,0 m/s<br />
Nennwindgeschw. 11,0 m/s Ausschaltwindgeschw. 20,0 m/s<br />
Rotor<br />
Durchmesser 86,3 m Überstrichene 5.849,40 m 2<br />
Rotorfläche<br />
Blattzahl 3 Drehzahl 6 – 15,8 U/min (variabel)<br />
Typenbezeichnung<br />
Material<br />
Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK)<br />
Hersteller<br />
Gondel<br />
Aufbau<br />
integriert<br />
Getriebe / Bauart getriebelos<br />
– Stufen – Übersetzung 1:1<br />
– Hersteller LEITWIND<br />
Generator<br />
synchron, Permanentmagnet<br />
– Anzahl 1 – Netzaufschaltung Umrichter<br />
– Drehzahl 6 – 15,8 U/min – Netzfrequenz 50 / 60 Hz<br />
(variabel)<br />
– Spannung 660 V – Hersteller LEITWIND<br />
262
Datenblätter | Windenergieanlagen 1.500 kW<br />
Regel- und Sicherheitssystem<br />
Leistungsbegrenzung Pitch<br />
Drehzahlbegrenzung variabel über Mikroprozessor, aktive Blattwinkelverstellung<br />
Hauptbremse<br />
Einzelblattwinkelverstellung<br />
2. Bremssystem Scheibenbremse, Einzelblattwinkelverstellung<br />
Windrichtungsnachführung 4 elektrische Getriebemotoren<br />
Hersteller der Steuerung LEITWIND<br />
SCADA-System<br />
LEITWIND SCADA<br />
Leistungskennlinie Schallleistungspegel Elektrische Eigenschaften<br />
ja ja ja<br />
Turm / Nabenhöhe 80,0 m 100,0 m<br />
Bauart / Form<br />
Stahlrohrturm/<br />
konisch<br />
Stahlrohrturm/<br />
konisch<br />
Korrosionsschutz<br />
mehrschichtiger<br />
Farbaufbau<br />
mehrschichtiger<br />
Farbaufbau<br />
Massen / Gewichte<br />
Einzelblattgewicht<br />
Nabengewicht (inkl. Einbauten)<br />
Rotor (inkl. Nabe)<br />
Gondel (ohne Rotor & Nabe)<br />
Turm<br />
Gesamtgewicht<br />
Typenprüfung<br />
Richtlinie, Klasse IEC IIIa/GL IEC IIIa/GL<br />
Überlebenswindgeschw.<br />
Geprüft (Monat/Jahr)<br />
Referenzerträge (kWh/a)<br />
Lieferumfang<br />
Garantie<br />
Referenzen 31/12/2012 Anlagen weltweit: 1 Erstaufbau: 2011<br />
Sonderausstattungen Blitzschutzsystem, Eissensor, Zustandsüberwachungssystem<br />
sonstiges<br />
263
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
VENSYS 82<br />
VENSYS Energy AG / Deutschland<br />
Leistung<br />
Nennleistung 1.500 kW Einschaltwindgeschw. 3,0 m/s<br />
Nennwindgeschw. 12,5 m/s Ausschaltwindgeschw. 22,0 m/s<br />
Rotor<br />
Durchmesser 82,3 m Überstrichene 5.324,90 m 2<br />
Rotorfläche<br />
Blattzahl 3 Drehzahl 9 – 17,3 U/min<br />
Typenbezeichnung LM 40.3<br />
Material<br />
Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK)<br />
Hersteller<br />
LM Glasfiber A/S<br />
Gondel<br />
Aufbau<br />
integriert<br />
Getriebe / Bauart getriebelos<br />
– Stufen – Übersetzung<br />
– Hersteller<br />
Generator<br />
synchron, Ringgenerator, Permanentmagnet<br />
– Anzahl 1 – Netzaufschaltung Umrichter<br />
– Drehzahl 9 – 17,3 U/min – Netzfrequenz 50 / 60 Hz<br />
– Spannung 690 V – Hersteller VENSYS Energy AG<br />
264
Datenblätter | Windenergieanlagen 1.500 kW<br />
Regel- und Sicherheitssystem<br />
Leistungsbegrenzung Pitch<br />
Drehzahlbegrenzung variabel über Mikroprozessor<br />
Hauptbremse<br />
Einzelblattwinkelverstellung<br />
2. Bremssystem Einzelblattwinkelverstellung<br />
Windrichtungsnachführung 3 elektrische Getriebemotoren<br />
Hersteller der Steuerung VENSYS Energy AG<br />
SCADA-System<br />
VENSYS SCADA<br />
Leistungskennlinie Schallleistungspegel Elektrische Eigenschaften<br />
auf Anfrage auf Anfrage auf Anfrage<br />
Turm / Nabenhöhe 85,0 m 100,0 m<br />
Bauart / Form<br />
Stahlrohrturm/<br />
konisch<br />
Stahlrohrturm/<br />
konisch<br />
Korrosionsschutz<br />
mehrschichtiger<br />
Farbaufbau<br />
mehrschichtiger<br />
Farbaufbau<br />
Massen / Gewichte<br />
Einzelblattgewicht<br />
Nabengewicht (inkl. Einbauten)<br />
Rotor (inkl. Nabe)<br />
Gondel (ohne Rotor & Nabe)<br />
Turm<br />
Gesamtgewicht<br />
Typenprüfung<br />
Richtlinie, Klasse IEC IIIa/DIBt 2 IEC IIIa/DIBt 2<br />
Überlebenswindgeschw.<br />
Geprüft (Monat/Jahr)<br />
Referenzerträge (kWh/a) 4.713.000<br />
(Herstellerinformation)<br />
Lieferumfang<br />
4.840.000<br />
(Herstellerinformation)<br />
Garantie 2 Jahre 2 Jahre<br />
Referenzen 31/12/2012 Anlagen weltweit: 218 Erstaufbau: 2008<br />
Sonderausstattungen optional Eissensor<br />
sonstiges<br />
265
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
LEITWIND LTW80<br />
LEITWIND AG / Sterzing, Italien<br />
Leistung<br />
Nennleistung 1.500 – 1.800 kW Einschaltwindgeschw. 3,0 m/s<br />
Nennwindgeschw. 10,4 – 11,6 m/s Ausschaltwindgeschw. 25,0 m/s<br />
Rotor<br />
Durchmesser 80,3 m Überstrichene 5.064,32 m 2<br />
Rotorfläche<br />
Blattzahl 3 Drehzahl 6 – 17,8 U/min (variabel)<br />
Typenbezeichnung<br />
Material<br />
Epoxydharz<br />
Hersteller<br />
Gondel<br />
Aufbau<br />
integriert<br />
Getriebe / Bauart getriebelos<br />
– Stufen – Übersetzung 1:1<br />
– Hersteller LEITWIND<br />
Generator<br />
synchron, Permanentmagnet<br />
– Anzahl 1 – Netzaufschaltung Umrichter<br />
– Drehzahl 6 – 17,8 U/min – Netzfrequenz 50 / 60 Hz<br />
(variabel)<br />
– Spannung 630 – 675 V – Hersteller LEITWIND<br />
266
Datenblätter | Windenergieanlagen 1.500 – 1.800 kW<br />
Regel- und Sicherheitssystem<br />
Leistungsbegrenzung Pitch<br />
Drehzahlbegrenzung variabel über Mikroprozessor, aktive Blattwinkelverstellung<br />
Hauptbremse<br />
Einzelblattwinkelverstellung<br />
2. Bremssystem Scheibenbremse, Einzelblattwinkelverstellung<br />
Windrichtungsnachführung 4 elektrische Getriebemotoren<br />
Hersteller der Steuerung LEITWIND<br />
SCADA-System<br />
LEITWIND SCADA<br />
Leistungskennlinie Schallleistungspegel Elektrische Eigenschaften<br />
ja ja ja<br />
Turm / Nabenhöhe 65,0 m 80,0 m 100,0 m<br />
Bauart / Form<br />
Stahlrohrturm/<br />
konisch<br />
Stahlrohrturm/<br />
konisch<br />
Stahlrohrturm/<br />
konisch<br />
Korrosionsschutz<br />
mehrschichtiger<br />
Farbaufbau<br />
mehrschichtiger<br />
Farbaufbau<br />
mehrschichtiger<br />
Farbaufbau<br />
Massen / Gewichte<br />
Einzelblattgewicht<br />
Nabengewicht (inkl. Einbauten)<br />
Rotor (inkl. Nabe)<br />
Gondel (ohne Rotor & Nabe)<br />
Turm<br />
Gesamtgewicht<br />
Typenprüfung<br />
Richtlinie, Klasse IEC IIa/GL IEC IIa/GL IEC IIa/GL<br />
Überlebenswindgeschw.<br />
Geprüft (Monat/Jahr) 07.12.2010 07.12.2010<br />
Referenzerträge (kWh/a)<br />
Lieferumfang<br />
Garantie<br />
Referenzen 31/12/2012 Anlagen weltweit: 46 Erstaufbau: 2009<br />
Sonderausstattungen Blitzschutzsystem, Eissensor, Zustandsüberwachungssystem<br />
sonstiges<br />
267
<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />
GE 1.6-82.5<br />
GE Energy / Deutschland<br />
Leistung<br />
Nennleistung 1.600 kW Einschaltwindgeschw. 3,5 m/s<br />
Nennwindgeschw. 11,5 /s Ausschaltwindgeschw. 25,0 m/s<br />
Rotor<br />
Durchmesser 82,5 m Überstrichene 5.345,62 m 2<br />
Rotorfläche<br />
Blattzahl 3 Drehzahl 16,8 U/min<br />
Typenbezeichnung<br />
Material<br />
Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK)<br />
Hersteller<br />
Gondel<br />
Aufbau<br />
aufgelöst<br />
Getriebe / Bauart kombiniertes Stirnrad-/Planetengetriebe<br />
– Stufen 3 – Übersetzung 1:107 (50 Hz) 1:86 (60 Hz)<br />
– Hersteller<br />
Generator<br />
asynchron, doppeltgespeist<br />
– Anzahl 1 – Netzaufschaltung Umrichter<br />
– Drehzahl U/min – Netzfrequenz 50 / 60 Hz<br />
– Spannung 690 V – Hersteller<br />
268
Datenblätter | Windenergieanlagen 1.600 kW<br />
Regel- und Sicherheitssystem<br />
Leistungsbegrenzung Pitch<br />
Drehzahlbegrenzung variabel über Mikroprozessor, aktive Blattwinkelverstellung<br />
Hauptbremse<br />
Einzelblattwinkelverst