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BWE Bücher - Handbuch Projektplanung

Eines ist klar – ohne den Windenergie Ausbau im Binnenland wird die Energiewende in Deutschland nicht gelingen. Gerade im Binnenland stehen Planer und auch Kommunen jedoch vor vielen Heraus-forderungen, die es zu meistern gilt. Die neue BWE Marktübersicht spezial - Windenergie im Binnenland ist die Antwort auf viele offene Fragen beim Ausbau der dezentralen Energieversorgung. 30 experten aus der Windbranche beantworten im vorliegenden Handbuch darin die zentralen Frage-stellungen rund um Projektplanung an Binnenlandstandorten. Mit wertvollen Praxistipps und handlichen Checklisten ist das 400 Seiten starke Fachbuch auch ein Ratgeber für die tägliche Arbeit. Verschiedene Themen von A wie Akzeptanz beim Bürger bis z wie zielsetzungen im Binnenland werden darin praxisnah behandelt. Herausgeber: Bundesverband WindEnergie Erschienen: 2013

Eines ist klar – ohne den Windenergie Ausbau im Binnenland wird die Energiewende in Deutschland nicht gelingen. Gerade im Binnenland stehen Planer und auch Kommunen jedoch vor vielen Heraus-forderungen, die es zu meistern gilt.
Die neue BWE Marktübersicht spezial - Windenergie im Binnenland ist die Antwort auf viele offene Fragen beim Ausbau der dezentralen Energieversorgung.
30 experten aus der Windbranche beantworten im vorliegenden Handbuch darin die zentralen Frage-stellungen rund um Projektplanung an Binnenlandstandorten. Mit wertvollen Praxistipps und handlichen Checklisten ist das 400 Seiten starke Fachbuch auch ein Ratgeber für die tägliche Arbeit.
Verschiedene Themen von A wie Akzeptanz beim Bürger bis z wie zielsetzungen im Binnenland werden darin praxisnah behandelt.
Herausgeber: Bundesverband WindEnergie
Erschienen: 2013

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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial<br />

Windenergie im Binnenland<br />

<strong>Handbuch</strong> der Wirtschaftlichkeit und <strong>Projektplanung</strong> an Binnenlandstandorten<br />

Flächensicherung: Vom Pachtvertrag bis zum Grundbucheintrag<br />

Wind im Wald: Anlagentechnologie, Wirtschaftlichkeit und Logistik<br />

Akzeptanz: Kommunikationsinstrumente und Beteiligungsmodelle<br />

1<br />

+ CD-Rom<br />

Mit<br />

Windpotenzialkarten


Windenergie im Binnenland<br />

<strong>Handbuch</strong> der Wirtschaftlichkeit und <strong>Projektplanung</strong><br />

an Binnenlandstandorten


Impressum<br />

Herausgeber: Bundesverband WindEnergie e.V., Berlin<br />

Chef vom Dienst: Hildegard Thüring<br />

Redaktion: Ferdinand Eggert, eco-media Kommunikation, Andrea Bittelmeyer<br />

Redaktionelle Mitarbeit: Lea Nielsen, Berna Gülmez, Sonja Hemke<br />

Autoren: Dr. Martin Grundmann, Dr. Hartmut Brösamle, Tom Lange, Peter Spengemann,<br />

Herbert Schwartz, Roman Wagner vom Berg, Axel Albers, Sylvia Schubert,<br />

Hartmut Kluge/Sabrina Cordes, Alexandra Pohl, Sabine Taudt, Prof. Dr. Martin Maslaton,<br />

Carlo Reeker, Franz-Josef Tigges, Martin Dornblut, Jann Berghaus/Katharina Sommerfeldt,<br />

Philipp von Tettau, Andreas Lahme, Andreas Kunte, Helga Jakobi,<br />

Sylvia Pilarsky-Grosch, Evelyn Villing, Peter Glasstetter, Dieter Fries, Rebekka Klöcker,<br />

Anne Lepinski, Oliver Bieber, Jörg Ecker, Andreas Schäfermeier, Dr. Stephanie Ropenus.<br />

Lektorat: Lars Jansen, lektorat-jansen.de<br />

Gestaltung: Mike Müller, muellerstudio.de<br />

Buchkonzept: Hildegard Thüring, Kristina Herrman, Thorsten Paulsen<br />

Anzeigenverkauf: sunbeam GmbH<br />

Anzeigenleitung: Martina Metsch<br />

Bestelladresse:<br />

Bundesverband WindEnergie e.V.<br />

Neustädtische Kirchstraße 6<br />

10117 Berlin<br />

Tel.: +49 (0)30 212341-210<br />

Fax: +49 (0)30 212341-410<br />

E-Mail: bestellung@wind-energie.de<br />

www.wind-energie.de<br />

ISBN: 9 783942 579186<br />

2.000 Exemplare<br />

1. Auflage, Oktober 2013 Titelfoto: Herbert Grabe/Ostwind


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial<br />

Windenergie<br />

im Binnenland<br />

<strong>Handbuch</strong> der Wirtschaftlichkeit und <strong>Projektplanung</strong><br />

an Binnenlandstandorten


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

8


Inhalt<br />

Inhalt<br />

Editorial 12<br />

Einstieg<br />

Ausbau der Wind energie im Binnenland 17<br />

Planungen und Ziele der Bundesländer 20<br />

Interview: „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“ 27<br />

<strong>Projektplanung</strong><br />

<strong>Projektplanung</strong> von Windparks 37<br />

Projektierer und Planer 47<br />

Sonstige Dienstleistungen 53<br />

Windmessung<br />

Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast 57<br />

Was leistet ein Windatlas? 65<br />

Interview: „LiDAR wird sich als zentrales Werkzeug etablieren“ 73<br />

Windgutachter 78<br />

Ertragsberechnung<br />

Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks 83<br />

Energieertragsgutachten – was braucht die Bank? 93<br />

Interview: „Starkes Nord-Süd-Gefälle“ 97<br />

Finanzdienstleister 102<br />

Aspekte der Projektierung<br />

Lärm und Schatten: Windenergie immissionen 107<br />

Auf Kollisionskurs? Windenergie und Luftverkehr 117<br />

Kennzeichnung von Windenergieanlagen 123<br />

9


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Planungsrecht<br />

Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung 131<br />

Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument 141<br />

Bessere Erträge durch optimales Windparklayout 151<br />

Grundbuchrechte und Pachtverträge<br />

Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung 161<br />

Grundbuchrecht schafft Sicherheit 171<br />

Das Genehmigungs verfahren<br />

Ablauf eines Genehmigungsverfahrens 185<br />

Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren 193<br />

UVP-Pflicht im Einzelfall, Screening nach § 3 c i.V.m. Anlage 2 UVPG 200<br />

Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt 205<br />

Rechtsanwälte 214<br />

Akzeptanz und Beteiligungs modelle<br />

Gute Argumente für die Windenergie 219<br />

AIFM-Umsetzungsgesetz und Kapitalanlagegesetzbuch 230<br />

Im Dialog mit den Bürgern 235<br />

Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder- Interessen 243<br />

Anlagen für Binnenland standorte<br />

Interview: Höhere Ausbeute bei geringerer spezifischer Leistung 255<br />

Datenblätter: Anlagen für Binnenland standorte 261<br />

10


Inhalt<br />

Wind im Wald<br />

Forstrechtliche Rahmen bedingungen 327<br />

Wind im Wald – einige Grundlagen 336<br />

Planung und Errichtung von Windenergieanlagen an Waldstandorten 339<br />

Interview: „Der Wald ist ein Wirtschaftsraum“ 345<br />

Netze<br />

Der Netzausbau in Deutschland 351<br />

Der beste Weg ins Netz 359<br />

Anhang<br />

Glossar* 366<br />

Fachgremien – Netzwerk der Branche 374<br />

Relevante Gesetze und Paragrafen im Überblick 376<br />

Musterantrag nach BimSchG 380<br />

*Glossareinträge sind im Text mit ↗ gekennzeichnet.<br />

11


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die Windenergie an Land ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Immer<br />

mehr Menschen beteiligen sich an ihrem Ausbau. Die Erschließung ihrer enormen Potenziale<br />

gerade im Binnenland wird auch in den kommenden Jahren die Transformation der<br />

deutschen Energiewirtschaft hin zu dezentralen und regenerativen Strukturen, zu einer<br />

bürgernahen und sauberen Energieerzeugung entscheidend vorantreiben.<br />

Der Bundesverband WindEnergie e. V. ist Wissensträger für alle Fragen rund um die<br />

Windenergie. Die bei uns organisierten Experten tauschen sich in verschiedenen Fachgremien<br />

zu sämtlichen relevanten Themen der Windenergienutzung aus. Wir geben<br />

dieses Wissen gerne weiter – verbandsintern in den <strong>BWE</strong>-Gremien sowie an die breite<br />

Öffentlichkeit mithilfe unserer Seminare und Fachpublikationen.<br />

Der vorliegende Praxisratgeber wurde von über 30 Experten der Branche verfasst.<br />

In ihrem jeweiligen Spezialgebiet erleben sie Tag für Tag, welche Fragen gerade aktuell<br />

diskutiert und welche Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden. Mit der beiliegenden<br />

CD mit Windpotenzialkarten und den vielfältigen Checklisten und Mustern wollen wir<br />

den Einstieg in das Thema erleichtern und Anregungen zur Vertiefung geben. Gerade bei<br />

den zunehmenden Bürgerbeteiligungsmodellen ist es sinnvoll, wenn sich viele Beteiligte<br />

näher mit der Planung und dem Betrieb von Windenergieanlagen auseinandersetzen.<br />

Allerdings kann dieser Ratgeber hier nur eine – wenn auch wertvolle – Hilfestellung bieten.<br />

Sobald es um die konkrete Projektverwirklichung geht, ist das Hinzuziehen von Fachleuten<br />

unabdingbar. Dies sollte angesichts der anstehenden Investitionsentscheidungen<br />

aber eine Selbstverständlichkeit sein.<br />

12


Editorial<br />

Von der Windmessung über Akzeptanzfragen bis hin zu Themen wie Planungsrecht,<br />

Netze und Kennzeichnung wollen wir bestehende Lösungsmöglichkeiten bei der Realisierung<br />

von Windparkprojekten aufzeigen. Aber nicht nur für Einsteiger in die Energiewende,<br />

auch für die Profis der Branche gibt das Buch Anregungen und einen guten Überblick.<br />

Vielen Menschen hält die Windenergiebranche zudem große berufliche Perspektiven<br />

bereit. Ihnen wollen wir gleichfalls ein erstes Handwerkszeug mit auf den Weg geben.<br />

Windenergie „onshore“ hat eine lange Tradition in Deutschland. Sowohl bei der<br />

Windenergieanlagen-Technik als auch der Standortermittlung konnte in den letzten Jahren<br />

viel Erfahrung gesammelt und genutzt werden. Der Aufbruch, der gerade im Binnenland<br />

von den Landesregierungen, den Kommunen, Stadtwerken und Bürgern ausgeht,<br />

weist in die richtige Richtung. Wir möchten mit diesem Buch einen Beitrag zur Festigung<br />

dieses gesellschaftlichen Aufbruchs leisten.<br />

Ihre<br />

Sylvia Pilarsky-Grosch<br />

Präsidentin des Bundesverband WindEnergie e.V.<br />

13


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

14


Windenergie im Binnenland<br />

Einstieg<br />

15


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windpark Bietikow bei Prenzlau. Foto: Paul-Langrock.de<br />

16


EINSTIEG | Ausbau der Wind energie im Binnenland<br />

Ausbau der Windenergie<br />

im Binnenland<br />

Der Ausbau der Windenergie in Deutschland hat in den letzten Jahren eine dynamische<br />

Entwicklung erfahren. Insbesondere der Onshore-Bereich war dabei treibende<br />

Kraft und maßgeblich daran beteiligt, dass sich die Windenergie aus der Nische heraus<br />

zur heute führenden Erneuerbare-Energien-Technologie entwickelt hat. Mit einem<br />

Strommixanteil von knapp 10 Prozent macht sie momentan fast die Hälfte des gesamten<br />

erneuerbaren Stroms in Deutschland aus. In der Bundesrepublik produzierten im Jahr<br />

2012 über 23.000 Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von rund 31.000<br />

Megawatt (MW) sauberen Strom für Unternehmen und Haushalte. Dabei sind die Entwicklungen<br />

in den jeweiligen Bundesländern, bestehende Hemmnisse und zentrale Anliegen<br />

bezüglich des Ausbaus zumeist sehr unterschiedlich.<br />

Ausbauzahlen werden weiterhin dominiert von den Nordländern<br />

Die regionale Verteilung des Windenergieausbaus wurde auch in 2012 weiterhin<br />

dominiert von den hohen Ausbauzahlen der norddeutschen Bundesländer. Die windreichen<br />

Küstenländer Niedersachen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern<br />

lagen auf den Plätzen 1 – 3 beim bundesweiten Vergleich der größten Zubauleistungen.<br />

Gemeinsam zeichnen sie damit für über 40 Prozent der neu installierten Leistung in<br />

Deutschland verantwortlich. Aber auch Rheinland-Pfalz und Brandenburg konnten zweistellige<br />

Zubauwerte verbuchen und stehen damit stellvertretend für einen verstärken<br />

Ausbautrend in den deutschen Binnenländern.<br />

Positive Entwicklungen als Treiber der Windenergie<br />

Unterschiedliche Faktoren haben in den letzten Jahren besonderen Einfluss auf die<br />

dynamische Ausbauentwicklung genommen. Insbesondere neueste technologische<br />

Standards haben Bau und Betrieb von Windenergieanlagen auch im Binnenland wirtschaftlich<br />

lukrativ gemacht und zu einer forcierten Ausbaugeschwindigkeit geführt. Größere<br />

Turmhöhen und Rotordurchmesser bei gleichzeitig verkleinerten Getrieben führen<br />

zu deutlich höheren Volllaststunden an Standorten fern der windreichen Küstenlinie. Ein<br />

weiterer Multiplikator ist das gestiegene Niveau von Windgutachten. Die verbesserte<br />

17


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Vorhersage spezifischer Charakteristika eines Windstandortes ist eine essenzielle Voraussetzung<br />

für die wirtschaftliche Erschließung einer Windfläche. Als besonderer Treiber<br />

für die positive Entwicklung im Binnenland gilt jedoch das gestiegene Interesse einzelner<br />

Bundesländer, den Ausbau der Erneuerbaren Energien vor Ort voranzutreiben. Unter<br />

den politischen Entscheidungsträgern besteht grundlegender Konsens über die Notwendigkeit<br />

einer Energiewende und den außerordentlichen Nutzen der Windenergie für<br />

Deutschland. Darüber hinaus bieten sich Landkreisen und Kommunen, insbesondere in<br />

strukturschwachen Regionen, große Chancen, wirtschaftlich von den vielfältigen Vorteilen<br />

der Windenergie zu profitieren.<br />

Neben den steigenden Gewerbesteuereinnahmen ist auch die lokale Wertschöpfungskette<br />

der Erneuerbaren Energien ein wichtiges Kriterium für die Akzeptanz vor Ort.<br />

Erweiterte Beteiligungsmodelle für Bürgerinnen und Bürger sowie umfassende Partizipationsmöglichkeiten<br />

bei Planung und Bau von Anlagen verstärken den bereits vorhandenen<br />

Zuspruch. Dennoch sind deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern<br />

hinsichtlich der Ausbaugeschwindigkeit und des Förderungsgrades zu erkennen. Insbesondere<br />

Sachsen stemmt sich gegen einen Ausbau der Windenergie im eigenen Land.<br />

Bund und Länder in der Pflicht – Potentiale müssen gehoben werde<br />

Die ambitionierten Ziele der Bundesländer führen vermehrt zu Spannungen zwischen<br />

Bund und Ländern. Fehlende Abstimmungsverfahren und divergierende Interessen der<br />

unterschiedlichen Akteursgruppen erschweren eine Steuerung des gesamtgesellschaftlichen<br />

Transformationsprozesses. Dabei ist der Austausch unter den Beteiligten unabdingbar<br />

für das Gelingen der Energiewende – um das bestehende Energieversorgungssystem<br />

basierend auf konventionellen Energieträgern schrittweise auf 100 Prozent Erneuerbare<br />

umzustellen. Hierzu bedarf es umfassender Kooperationen zwischen politischen Entscheidungsträgern<br />

von Bund und Ländern sowie den Schulterschluss mit der Branche.<br />

Die meisten Bundesländer haben die wichtige Aufgabe der Koordinierung erkannt<br />

und landeseigene Behörden eingeführt, die sich um die spezifischen Belange der Windenergie<br />

kümmern. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Förderung gemeinsamer Abstimmungsprozesse<br />

zwischen dem Ausbau von Windenergieanlagen und den entsprechenden<br />

Netzkapazitäten, um den Ausbau der Netze entsprechend dem Ausbau der<br />

Windenergie voranzubringen. Darüber hinaus haben viele Bundesländer die Regionalplanung<br />

als richtungsweisendes Ordnungsinstrument identifiziert und in den letzten<br />

Jahren viele Vorrangflächen für Windenergie ausgewiesen, um den Ausbau zu beschleunigen.<br />

Exemplarisch sei an dieser Stelle Rheinland-Pfalz erwähnt, das das Subsidiaritätsprinzip<br />

bei Genehmigungsverfahren gewinnbringend etabliert hat. Gleichwohl gilt es<br />

in den meisten Bundesländern, die bestehenden Reserven bei der Regionalplanung zu<br />

heben und die Behörden insbesondere personell besser auszustatten.<br />

18


EINSTIEG | Ausbau der Wind energie im Binnenland<br />

Fazit<br />

Zusammenfassend ist zu konstatieren: Der Ausbau der Windenergie im deutschen<br />

Binnenland ist erfolgreich angelaufen! Viele Bundesländer verzeichnen dynamische<br />

Ausbauzahlen und die Planungen für die kommenden Jahre sagen weiter verlässliche<br />

Zubauzahlen voraus. Dabei liegt es in den Händen der Länder, das Ausbautempo<br />

selbst zu bestimmen. Der technologische Fortschritt ermöglicht einen Ausbau<br />

der Windenergie im gesamten Bundesgebiet, wodurch weiterhin ausreichend<br />

Flächen zum Betrieb von Windenergieanlagen zur Verfügung stehen. Dennoch sind<br />

die Ansätze der einzelnen Länder bei der Planung des Ausbaus sehr unterschiedlich,<br />

was sich in den entsprechenden Zubauleistungen widerspiegelt.<br />

Weiterhin ist es für den Erhalt einer dynamischen Ausbaugeschwindigkeit von<br />

essenzieller Bedeutung, welche Anforderungen eine zu erwartende Novellierung des<br />

Erneuerbaren-Energien-Gesetzes an die Windbranche stellt. Ohne eine Vergütung,<br />

die auch das Auskommen von Windenergieprojekten im Binnenland sichert, wären<br />

viele Windprojekte wirtschaftlich gefährdet und der bisher erfolgreiche Ausbau<br />

würde abrupt gestoppt. Ein solcher Schritt scheint jedoch kaum vorstellbar, liegen<br />

die Vorteile der Windenergie für Deutschland doch auf der Hand.<br />

Autor<br />

Tom Lange (Jg. 1986) ist seit August 2012 als politischer Referent beim Bundesverband<br />

WindEnergie e.V. in der Hauptgeschäftsstelle in Berlin tätig. In seiner Funktion<br />

als Referent betreut der studierte Politik- und Literaturwissenschaftler neben den<br />

bundespolitischen Entscheidungen die jeweiligen politischen Entwicklungen in den<br />

Bundesländern. Dabei richtet sich sein Fokus auf Gesetzesvorlagen, insbesondere<br />

Novellierungsvorschläge zum EEG, Landesentwicklungspläne, der Ansprache von<br />

Politikern sowie der inhaltlichen Betreuung der <strong>BWE</strong>-Landesverbände.<br />

19


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Planungen und Ziele<br />

der Bundesländer<br />

Bundesland Landesplanung Windenergieerlasse (o. Ä.)<br />

Baden-Württemberg „Landesentwicklungsplan 2002<br />

Baden-Württemberg<br />

- LEP 2002 -“ (23.07.2002)<br />

„Windenergieerlass Baden-<br />

Württemberg“ (09.05.2012)<br />

Bayern<br />

„Entwurf einer Verordnung über<br />

das Landesentwicklungsprogramm<br />

Bayern (LEP)“ (05.02.2013)*<br />

„Hinweise zur Planung und<br />

Genehmigung von Windkraftanlagen<br />

(WKA)“ (20.12.2011)<br />

Berlin<br />

„Landesentwicklungsplan Berlin-<br />

Brandenburg (LEP B-B)“ (31.03.2009)<br />

Brandenburg<br />

„Landesentwicklungsplan Berlin-<br />

Brandenburg (LEP B-B)“ (31.03.2009)<br />

„Beachtung naturschutzfachlicher<br />

Belange bei der Ausweisung<br />

von Windeignungsgebieten und<br />

bei der Genehmigung von Windenergieanlagen“<br />

(01.01.2011)<br />

Bremen „Flächennutzungsplan 2001“<br />

(15.11.2012)*<br />

Hamburg<br />

1) „Änderung des Flächennutzungsplans<br />

– Beschluss und Begründung“<br />

(08.2012)*<br />

2) „Änderung des Landschaftsprogramms<br />

– Beschluss und Erläuterungsbericht“<br />

(08.2012)*<br />

20


EINSTIEG | Planungen und Ziele der Bundesländer<br />

Ergänzende Programme<br />

1) „Klimaschutzkonzept 2020 Plus“<br />

(17.02.2011)<br />

2) „Energiekonzept Baden-Württemberg<br />

2020“ (28.07.2009)<br />

„Bayerisches Energiekonzept‚ Energie<br />

innovativ‘“(24.05.2011)<br />

1) „Gemeinsames Raumordnungskonzept<br />

(GRK) Energie und Klima für Berlin<br />

und Brandenburg“ (15.06.2012)<br />

2) „Energiekonzept 2020“ (05.04.2011)<br />

1) „Gemeinsames Raumordnungskonzept<br />

(GRK) Energie und Klima für Berlin<br />

und Brandenburg“ (15.06.2012)<br />

2) „Energiestrategie 2030 des Landes<br />

Brandenburg“ (21.02.2012)<br />

3) „Energiestrategie 2030 des Landes<br />

Brandenburg - Katalog der strategischen<br />

Maßnahmen“ (21.02.2012)<br />

1) „Klimaschutz- und Energieprogramm<br />

2020 - Zugleich Vierte Fortschreibung<br />

des Landesenergieprogramms“<br />

(15.12.2009)<br />

2) „Rahmenkonzept - Vorranggebiete<br />

für die Windenergienutzung in der Stadt<br />

Bremen“ (1995)<br />

„Hamburger Klimaschutzkonzept<br />

2007-2012 - Fortschreibung 2011/12“<br />

(20.12.2011)<br />

Ziel<br />

Mindestens 10 % des Stroms im Land aus heimischer<br />

Windenergie.<br />

Anteil erneuerbarer Energieträger am Strommix bis 2020<br />

auf 20 % erhöhen. Energieverbrauch 2050 soll zu 100 %<br />

aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. 2 % der<br />

Landesfläche sollen als Windvorrangflächen festgelegt<br />

werden.<br />

50 % Erneuerbare-Energien-Anteil am Strombedarf bis<br />

2021. 6–10 % am gesamten Strombedarf sollen hierbei<br />

durch Windenergie abgedeckt werden. Erforderlich sind<br />

dafür rund 1.000-1.500 zusätzliche Windenergieanlagen.<br />

Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien an Gesamtstromerzeugung<br />

auf ca. 15 % bis 2020. Anteil der Windenergie<br />

am Endenergieverbrauch von 0,73 % (Referenzszenario)<br />

bis ca. 3 % (Zielszenario) im Jahre 2020.<br />

Anteil der Erneuerbaren Energien am Energieverbrauch<br />

auf 32 % erhöhen. Installierte Windenergieleistung von<br />

10.500 MW im Jahre 2030. Hierfür sollen 2 % Landesfläche<br />

zur Verfügung gestellt werden.<br />

Es wird jährlich eine zusätzliche Windstromerzeugung<br />

von etwa 86 Mio. kWh angestrebt. Im Rahmen des<br />

Energieprogramms von 2009 hat sich der Senat das Ziel<br />

gesetzt, in naher Zukunft Windenergieanlagen mit einer<br />

zusätzlichen Leistung von rund 40 MW zu erreichen.<br />

Hierzu sollen 20 Anlagen neu errichtet werden.<br />

Erhöhung der ↗ Nennleistung vom Gesamtangebot der<br />

Windenergie auf 100 MW durch neue Flächenausweisungen<br />

innerhalb des Flächennutzungsplanes und Landschaftsprogrammes.<br />

21


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Bundesland Landesplanung Windenergieerlasse (o. Ä.)<br />

Hessen<br />

„Entwurf - Änderung des Landesentwicklungsplans<br />

Hessen 2000 nach § 8<br />

Abs. 7 HLPG - Vorgaben zur Nutzung<br />

der Windenergie -" (18.06.2012)*<br />

„Leitfaden Berücksichtigung<br />

der Naturschutzbelange bei<br />

der Planung und Genehmigung<br />

von Windkraftanlagen (WKA) in<br />

Hessen“ (29.11.2012)<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

„Landesraumentwicklungsprogramm<br />

Mecklenburg-Vorpommern“<br />

(08.2005)<br />

„Hinweise zur Festlegung von<br />

Eignungsgebieten für Windenergieanlagen“<br />

(22.05.2012)<br />

Niedersachsen<br />

„Verordnung zur Änderung der<br />

Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm<br />

Niedersachsen<br />

(LROP)“ (24.09.2012)<br />

„Empfehlungen zur Festlegung<br />

von Vorrang- oder Eignungsgebieten<br />

für die Windenergienutzung“<br />

(26.01.2004)<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Rheinland-Pfalz<br />

„Landesentwicklungsplan Nordrhein-<br />

Westfalen (LEP NRW)“ (1995)<br />

„Landesentwicklungsprogramm<br />

(LEP IV) - Teilfortschreibung des<br />

Landesentwicklungsprogramms (LEP<br />

IV) Kap. 5.2.1 Erneuerbare Energien“<br />

(16.04.2013)<br />

„Erlass für die Planung und<br />

Genehmigung von Windenergieanlagen<br />

und Hinweise für<br />

die Zielsetzung und Anwendung<br />

(Windenergie-Erlass)“<br />

(11.07.2011)<br />

„Entwurf - Hinweise für die<br />

Beurteilung der Zulässigkeit<br />

der Errichtung von Windenergieanlagen<br />

in Rheinland-Pfalz“<br />

(12.03.2013)*<br />

22


EINSTIEG | Planungen und Ziele der Bundesländer<br />

Ergänzende Programme<br />

1) „Hessisches Energiezukunftsgesetz“<br />

(21.11.2012)<br />

2) „Handlungsempfehlungen des Ministeriums<br />

für Wirtschaft, Verkehr und<br />

Landesentwicklung und des Ministeriums<br />

für Umwelt, Energie, Landwirtschaft<br />

und Verbraucherschutz zu Abständen<br />

von raumbedeutsamen Windenergieanlagen<br />

zu schutzwürdigen Räumen und<br />

Einrichtungen“ (17.05.2010)<br />

3) „Klimaschutzkonzept Hessen 2012“<br />

(03.2007)<br />

„Landesatlas Erneuerbare Energien<br />

Mecklenburg-Vorpommern 2011“<br />

(04.2011)<br />

1) „Das Energiekonzept des Landes<br />

Niedersachsen“ (02.2012)<br />

2) „Niedersächsische Position zur beschleunigten<br />

Umsetzung des Energiekonzepts<br />

der Bundesregierung“ (31.05.2011)<br />

„Potenzialstudie Erneuerbare Energien<br />

NRW - Teil 1 - Windenergie“ (01.2013)<br />

Ziel<br />

Energieverbrauch 2050 soll zu 100 % aus Erneuerbaren<br />

Energien gedeckt werden. 2 % der Landesfläche als Windvorrangflächen<br />

einplanen. Erreichen einer Windenergieproduktion<br />

von 7 TWh bis 2020.<br />

Es wird von einem Potenzial von etwa 3.300 GWh<br />

onshore und 6.900 GWh offshore bis 2020 ausgegangen.<br />

Besonders Offshore- und ↗ Repowering-Vorhaben gewinnen<br />

an Bedeutung.<br />

Bis 2020 sollen 25 % des Endenergieverbrauchs durch<br />

Erneuerbare Energien gedeckt werden. Der Anteil am<br />

gesamten Stromverbrauch soll sogar auf 90 % ansteigen.<br />

Für die Windenergie sind bis 2020 ein Ausbau auf rund<br />

14.300 MW onshore (auch durch Repowering) und 8.100<br />

MW offshore geplant. Ca. 0,5 % der Landesfläche dienen<br />

hierfür als Vorranggebiete für Windenergie.<br />

Bis zum Jahr 2025 sollen Erneuerbare Energien 30 % der<br />

Stromversorgung ausmachen. Der Anteil der Windenergie<br />

an der Stromerzeugung bis 2020 wird hierbei auf 15 %<br />

erhöht.<br />

Bis 2030 soll der Strom bilanziell zu 100 % aus Erneuerbaren<br />

Energien stammen. Die Anlagenanzahl wird sich bis<br />

dahin mindestens auf ca. 2650 Anlagen verdoppeln, die<br />

Stromerzeugung aus Windkraft bis 2020 wird sich verfünffachen.<br />

Die Summe aller Vorrang- und Vorbehaltsflächen<br />

soll hierzu auf mindestens 2 % der Landesfläche erhöht<br />

werden - auch Waldflächen sollen genutzt werden.<br />

23


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Bundesland Landesplanung Windenergieerlasse (o. Ä.)<br />

Saarland<br />

„Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt<br />

Umwelt (Vorsorge für<br />

Flächennutzung, Umweltschutz und<br />

Infrastruktur)“ (13.06.2004)<br />

„Neue Energien und Klimaschutz.<br />

Das Saarland handelt! - Leitfaden<br />

zur Windenergienutzung im<br />

Saarland“ (16.06.2012)<br />

Sachsen-Anhalt<br />

„Verordnung über den Landesentwicklungsplan<br />

2010 des Landes<br />

Sachsen-Anhalt“ (16.02.2011)<br />

Sachsen „Landesentwicklungsplan 2012 -<br />

Geänderter Entwurf für das Beteiligungsverfahren“<br />

(25.09.2012)*<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thüringen<br />

„Landesentwicklungsplan Schleswig-<br />

Holstein 2010“ (10.2010)<br />

„1. Entwurf - Landesentwicklungsprogramm<br />

LEP Thüringen 2025“<br />

(12.07.2011)*<br />

1) „Hinweise zur Umsetzung<br />

bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher<br />

Anforderungen zur<br />

Rückbauverpflichtung und Sicherheitsleistung<br />

an Windenergieanlagen<br />

(WEA)“ (21.06.2005)<br />

2) „Genehmigung von Windenergieanlagen“<br />

(07.10.2004)<br />

„Gemeinsame Handlungsempfehlung<br />

des Sächsischen Staatsministeriums<br />

des Innern und des<br />

Sächsischen Staatsministeriums<br />

für Umwelt und Landwirtschaft<br />

zur Zulassung von Windenergieanlagen“<br />

(08.08.2007)<br />

„Grundsätze zur Planung von und<br />

zur Anwendung der naturschutzrechtlichen<br />

Eingriffsregelung bei<br />

Windkraftanlagen“ (26.11.2012)<br />

„Handlungsempfehlung für die<br />

Fortschreibung der Regionalpläne<br />

zur Ausweisung von Vorranggebieten<br />

‚Windenergie‘, die zugleich<br />

die Wirkung von Eignungsgebieten<br />

haben“ (2005)<br />

* befindet sich aktuell in der Fortschreibung<br />

24


EINSTIEG | Planungen und Ziele der Bundesländer<br />

Ergänzende Programme<br />

1) „Neue Energie für den Zukunftsstandort<br />

Saarland - Masterplan für eine nachhaltige<br />

Energieversorgung im Saarland“<br />

(12.07.2011)<br />

2) „Kurzfassung des überarbeiteten<br />

Endberichtes zur Windpotenzialstudie<br />

Saarland“ (08.04.2011)<br />

Ziel<br />

Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch<br />

bis 2020 auf 20 % erhöhen. Ihr Anteil an der<br />

Stromerzeugung soll bis 2020 auf mindestens 35 % und<br />

auf mindestens 80 % im Jahr 2050 erhöht werden. (Theoretische)<br />

Erhöhung der Windenergieleistung auf 727 MW.<br />

„Klimaschutzprogramm 2020 des Landes<br />

Sachsen-Anhalt“ (10.08.2010)<br />

Ausbau der regenerativen Stromerzeugung auf einen<br />

Anteil von 20 % im Jahr 2020. Stromproduktion aus<br />

Windkraft bis 2020 auf 54 % der Gesamtproduktion der<br />

Erneuerbaren Energien erhöhen. Ausbau der Windenergie:<br />

6.000 MW, 10.080 GWh bis 2020.<br />

1) „Energie- und Klimaprogramm<br />

Sachsen 2012“ (12.03.2013)<br />

2) „Maßnahmenplan zum Energieund<br />

Klimaprogramm Sachsen 2012“<br />

(12.03.2013)<br />

„Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept“<br />

(10.2011)<br />

„Neue Energie für Thüringen - Ergebnisse<br />

der Potenzialanalyse“ (01.2012)<br />

Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch<br />

auf 28 % steigern. Stromerzeugung aus Windenergie<br />

innerhalb der nächsten 10 Jahre von 1.700 GWh/a<br />

auf 2.200 GWh/a. Sicherung der entsprechend nötigen<br />

Flächen durch Raumordnungsplanung (bevorzugt sind<br />

hier Repowering und bereits vorbelastete Standorte,<br />

beispielsweise durch Industrie).<br />

Ausweitung von Windeignungsflächen auf ca. 1,5 Prozent<br />

der Landesfläche. 9.000 MW Windenergie onshore, 3.000<br />

MW offshore bis 2015. 100 % Stromerzeugung durch<br />

Erneuerbare Energien bis 2020.<br />

Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren Energien auf<br />

30 % am gesamten Endenergieverbrauch und 45 % am<br />

gesamten Stromverbrauch bis 2020.<br />

Schaffung von weiteren Vorrangflächen für Windenergieanlagen.<br />

25


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Rotormontage an einer Enercon E-126 im Windpark Schneebergerhof, Rheinland-Pfalz. Foto: juwi<br />

26


EINSTIEG | „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“<br />

„Eine Ver doppelung der<br />

Windenergie leistung ist<br />

ohne Weiteres möglich“<br />

Interview mit Dr. Hartmut Brösamle und Dr. Martin<br />

Grundmann über die vielversprechende Entwicklung<br />

der Windenergie im Binnenland und darüber, was diese<br />

verzögern könnte.<br />

Der Ausbau der Windenergie im Binnenland<br />

ist ein wesentlicher Bestandteil der<br />

Energiewende. Wie schätzen Sie die<br />

aktuelle Entwicklung ein?<br />

Dr. Hartmut Brösamle: Die Ausbauzahlen<br />

liegen im Rahmen des Erwarteten, man<br />

hätte aber durchaus mehr erreichen<br />

können. Es gibt einige Bundesländer, die<br />

bei der Flächenausweisung nach wie vor<br />

hinterherhinken, aber wir sehen auch<br />

sehr positive Entwicklungen: zum Beispiel<br />

in Baden-Württemberg, Nordrhein-<br />

Westfalen oder Rheinland-Pfalz, wo jetzt<br />

mit Nachdruck daran gearbeitet wird,<br />

mehr Flächen auszuweisen. Und das wird<br />

sich in ein paar Jahren dann auch in den<br />

Errichtungszahlen niederschlagen.<br />

Dr. Martin Grundmann: Da stimme ich<br />

Herrn Brösamle zu, die Ausbauzahlen<br />

sind etwa so, wie wir es erwartet haben.<br />

Allerdings mussten wir im letzten Jahr<br />

durch die Äußerungen von Herrn Altmaier<br />

und die darauf folgenden Diskussionen<br />

auch einige Rückschläge hinnehmen.<br />

Gerade an Binnenlandstandorten haben<br />

diese auch zu Investitionsunsicherheiten<br />

geführt. Aber wir haben durch die starken<br />

Ausweisungen neuer Windeignungsflächen<br />

in ganz Deutschland erheblich an<br />

Potenzial hinzugewonnen.<br />

27


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Dann stehen wir also vor einem Boom<br />

im Binnenland?<br />

Brösamle: Ich wäre da eher vorsichtig!<br />

Die Erfahrung der vergangenen Jahre<br />

zeigt ja, dass es mit der Realisierung von<br />

Projekten meist länger dauert als gedacht.<br />

In den südlichen Bundesländern ist<br />

trotz allem noch viel Luft nach oben. Eine<br />

Verdoppelung der Windenergieleistung<br />

in den nächsten 10 bis 15 Jahren wird<br />

in Deutschland ohne Weiteres möglich<br />

sein – und dazu wird das Binnenland den<br />

größten Anteil beitragen.<br />

Woran liegt es, dass das Binnenland für<br />

die Windenergie immer stärker in den<br />

Fokus rückt: Sind die Top-Standorte,<br />

z. B. in Küstennähe, bereits vollständig<br />

bebaut?<br />

Grundmann: Auch die küstennahen<br />

Standorte sind noch längst nicht alle<br />

erschlossen, aber es geht jetzt vor dem<br />

Hintergrund der Energiewende stärker in<br />

Richtung Binnenland. Allerdings sollten<br />

wir dabei nach Effizienzkriterien vorgehen,<br />

also erst die Standorte bebauen, die<br />

einen hohen Output erwarten lassen, und<br />

danach die windschwachen Standorte.<br />

Schließlich befinden wir uns auch in der<br />

Windenergie in einem Industrialisierungsprozess,<br />

bei dem die Kostenbetrachtung<br />

eine wichtige Rolle spielt.<br />

Brösamle: Da bin ich etwas anderer<br />

Meinung. Es wäre nicht gut, sich zunächst<br />

nur auf die windstärksten Standorte<br />

zu konzentrieren. Wenn wir es mit der<br />

Energiewende wirklich ernst meinen,<br />

sollten wir möglichst flächendeckend<br />

nach geeigneten Standorten suchen.<br />

Denn gerade in den südlichen Bundesländern,<br />

wo wir auch Standorte mit weniger<br />

Windaufkommen haben, wird der Strom<br />

gebraucht. Daher sollten wir wirklich bundesweit<br />

alle Potenziale nutzen, zumal wir<br />

heute auch über Anlagentypen für Standorte<br />

mit schwächerem Wind verfügen.<br />

Was sind die entscheidenden Unterschiede<br />

für Projekte im Binnenland im<br />

Vergleich zu denen an küstennahen<br />

Standorten?<br />

Brösamle: Was die grundsätzliche<br />

Planung und Belange wie Artenschutz,<br />

Naturschutz oder Lärmimmissionen betrifft,<br />

hat jeder Standort seine speziellen<br />

Herausforderungen, egal ob an der Küste<br />

oder im Binnenland. Wirklich binnenlandspezifisch<br />

ist das Thema Ertragsabschätzung:<br />

Diese ist schwieriger, da die<br />

↗ Topografie in der Regel sehr viel komplexer<br />

ist. Hier haben wir auch weit weniger<br />

Erfahrungswerte, auf die sich eine<br />

jeweils neue Ertragsabschätzung stützen<br />

kann. Das heißt, wir müssen uns hier wieder<br />

stärker mit Windmessungen befassen<br />

– ob mit klassischen Windmessmasten<br />

oder auch mit ↗ SoDAR oder ↗ LiDAR.<br />

An den traditionellen Standorten können<br />

wir in der Regel auf die Referenzanlagen<br />

in der Umgebung zurückgreifen. Darüber<br />

hinaus gibt es noch Spezialthemen, wie<br />

zum Beispiel Vereisung in den Hochlagen<br />

von Mittelgebirgen, die wir so an der<br />

Küste natürlich nicht haben.<br />

28


EINSTIEG | „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“<br />

Grundmann: Ich denke, dass sich auch<br />

die Anlagentechnologie noch besser auf<br />

die Binnenlandstandorte einstellen muss,<br />

auch was die Kosten angeht. Es hat sich<br />

hier in der letzten Zeit viel getan, die<br />

Hersteller können ihre Anlagen für die<br />

differenzierten Binnenlandstandorte aber<br />

noch weiter optimieren.<br />

„Die Hersteller können<br />

ihre Anlagen für die<br />

differenzierten Binnenlandstandorte<br />

aber noch<br />

weiter optimieren.“<br />

Grundmann: Das Allerwichtigste sind<br />

natürlich verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen,<br />

um Planungs- und<br />

Investitionssicherheit zu erlangen. Das ist<br />

seit vielen Monaten nicht mehr der Fall,<br />

die aktuelle Diskussion geht in die falsche<br />

Richtung. Deswegen haben die Branche<br />

und ihre Interessenvertreter eine klare<br />

Aufgabe: erstens die guten Argumente<br />

für das EEG und den zügigen Ausbau der<br />

Brösamle: Mittlerweile haben ja alle<br />

großen Hersteller typische Binnenlandanlagen<br />

entwickelt – mit hohen Türmen<br />

und großen Rotordurchmessern bei vergleichsweise<br />

kleinerer Generatorleistung.<br />

Jetzt geht es eher darum, die Investitionskosten<br />

pro erzeugter Kilowattstunde<br />

weiter zu senken, zum Beispiel indem<br />

weitere Gewichtseinsparungen realisiert<br />

werden. Aber große technische Sprünge<br />

sind wohl nicht mehr zu erwarten, da die<br />

aktuellen Anlagen mit 140 Meter hohen<br />

Türmen und 120 Metern Rotordurchmesser<br />

schon nah an dem sind, was auch aus<br />

Akzeptanzgründen realisierbar ist.<br />

Wie wirkt sich nach Ihrer Erfahrung die<br />

aktuelle politische Debatte um das EEG<br />

und den Ausbau der Erneuerbaren insgesamt<br />

auf die Investitionsbereitschaft für<br />

WEA im Binnenland aus?<br />

Rotormontage an einer Enercon E-126 im Windpark<br />

Schneebergerhof, Rheinland-Pfalz. Foto: juwi<br />

29


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windenergie bekannt zu machen – daher<br />

unterstützen wir auch die Kampagne des<br />

<strong>BWE</strong> für die Energiewende. Und zweitens<br />

zu zeigen, welche Leistungen die Erneuerbaren<br />

für das Energiesystem erbringen<br />

können, um dieses versorgungssicher,<br />

nachhaltig und kostenoptimiert zu gestalten.<br />

Letztlich brauchen wir die Investitionssicherheit,<br />

wie sie durch das EEG<br />

gewährleistet wird. Dass sich die Energiewende<br />

durch Ausschreibungs- oder<br />

↗ Quotenmodelle realisieren lässt, wage<br />

ich zu bezweifeln, hier wäre dann erstmal<br />

ein paar Jahre Pause.<br />

Brösamle: Wir haben für Windprojekte in<br />

Deutschland Planungszeiträume von drei<br />

bis fünf Jahren. Wenn hier Gesetzesänderungen<br />

kommen sollen, muss die Branche<br />

auch Zeit haben, sich darauf einzustellen.<br />

Kurzschlussaktionen wie spontane<br />

Gesetzesänderungen oder auch nur<br />

öffentliche Diskussionen darüber sorgen<br />

für Unsicherheit und sind für die Branche<br />

gefährlich. Planungssicherheit ist gerade<br />

für eine nach wie vor mittelständisch<br />

dominierte Branche elementar wichtig.<br />

Eine Anpassung des EEG muss im<br />

Rahmen einer Gesamtbetrachtung des<br />

Energiemarktes erfolgen. Die aktuelle<br />

Kostendebatte ist keine Fragestellung der<br />

Erneuerbaren Energien allein. Deshalb<br />

brauchen wir ein Gesamtkonzept und<br />

keinen Aktionismus, der auf einzelne<br />

Punkte abzielt, aber das Gesamtsystem<br />

außer Acht lässt. Die Auswirkungen des<br />

↗ Merit-Order-Effekts oder die Befreiung<br />

energieintensiver Unternehmen treiben<br />

„Wir brauchen eine sinnvolle<br />

Anpassung des EEG,<br />

aber wir brauchen vor allem<br />

langfristige Sicherheit<br />

und Vergütungsmodelle,<br />

mit denen auch Standorte<br />

im Binnenland wirtschaftlich<br />

sind.“<br />

die EEG-Umlage immer weiter in die<br />

Höhe, ohne dass der weitere Ausbau der<br />

Windenergie hierfür ursächlich ist. Wir<br />

brauchen eine sinnvolle Anpassung des<br />

EEG, aber wir brauchen vor allem langfristige<br />

Sicherheit und Vergütungsmodelle,<br />

mit denen auch Standorte im Binnenland<br />

wirtschaftlich sind.<br />

Grundmann: Die politische Debatte wird<br />

ja teilweise immer noch so geführt, als<br />

handle es sich bei der Windindustrie<br />

hauptsächlich um Einzelanlagenbetreiber<br />

und Kleinstunternehmer. Dabei haben<br />

wir in Deutschland einen Markt, der<br />

etwa 380.000 Menschen beschäftigt, das<br />

entspricht der Größenordnung der chemischen<br />

Industrie. Wir haben industrialisierte<br />

Unternehmen in allen Bereichen<br />

der Windenergie und wir haben es mit<br />

internationalen Investoren zu tun, die<br />

die politische Debatte in Deutschland mit<br />

großem Interesse verfolgen. Mir scheint,<br />

dass das Bewusstsein dafür in der Politik<br />

noch nicht ausreichend ausgeprägt ist.<br />

30


EINSTIEG | „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“<br />

Marienstatue vor dem Windpark Harenzhofen, Bayern. Foto: argum / Falk Heller<br />

31


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Die durch die politische Debatte ausgelöste<br />

Verunsicherung schadet dem Investitionsklima<br />

und damit dem Klimaschutz<br />

ganz erheblich.<br />

Welche Auswirkungen hat ein stärkerer<br />

Zubau im Binnenland auf die Belastung<br />

der Netze?<br />

Grundmann: Nach allem was wir wissen,<br />

werden wir die jetzt geplanten Übertragungsnetze<br />

auf jeden Fall benötigen<br />

– unabhängig davon, wo in Zukunft mehr<br />

Windkraftanlagen gebaut werden. Tatsache<br />

ist, dass wir in einem europaweiten<br />

Energieverbund agieren, in dem immer<br />

größere Mengen an Strom zwischen den<br />

Staaten transportiert werden. Das wird in<br />

Zukunft noch zunehmen.<br />

Brösamle: Der derzeit verlangsamte<br />

Netzausbau darf nicht dazu führen, dass<br />

wir das Ausbautempo der Windenergie<br />

daran orientieren. Denn wir sind noch<br />

weit davon entfernt, dass die Netze der<br />

begrenzende Faktor für den Ausbau der<br />

Windkraft wären. Das zeigt auch eine<br />

gerade veröffentlichte Studie von Agora<br />

Energiewende, die vom Fraunhofer IWES<br />

unterstützt wurde. Insofern greift auch<br />

die aktuelle Diskussion um den Zusammenhang<br />

zwischen dem Ausbau der<br />

Windenergie und dem Netzausbau nicht.<br />

Trotzdem ist es natürlich wichtig, dass der<br />

Netzausbau auf mittlere Sicht vorankommt.<br />

Warum gibt es im Süden allem Anschein<br />

nach größere Akzeptanzprobleme als<br />

im Norden? Was muss hier in Zukunft<br />

getan werden, um mehr Akzeptanz zu<br />

schaffen?<br />

Grundmann: In Schleswig-Holstein<br />

machen wir mit dem Gedanken der<br />

↗ Bürger windparks sehr gute Erfahrungen,<br />

weil die Akzeptanz dann schon in der<br />

Vorbereitung der Investitionsphase eine<br />

sehr wichtige Rolle spielt. Die Menschen<br />

vor Ort von Anfang an mitzunehmen und<br />

ihnen die Möglichkeit zu geben, auch<br />

finanziell am Ausbau der Erneuerbaren<br />

teilzuhaben, ist sicher mit entscheidend<br />

für mehr Akzeptanz vor Ort. Das sollte<br />

auch in Zukunft einen gewichtigen Faktor<br />

darstellen.<br />

„Wir haben sehr viele<br />

Projekte im Binnenland<br />

in Planung, und bei mehr<br />

als 90 Prozent davon<br />

haben wir keine<br />

Akzeptanz probleme.“<br />

Brösamle: Für mich gehört dazu vor allem<br />

eine professionelle Planung sowie eine<br />

fundierte und transparente Information<br />

aller Entscheidungsträger und aller<br />

Bürger. Ich sehe da allerdings kein großes<br />

Nord-Süd-Gefälle. Dies hängt wohl eher<br />

mit der Berichterstattung zusammen,<br />

da das Thema für die Medien im Norden<br />

nicht mehr ganz so aktuell ist wie<br />

im Süden. Insgesamt sind es wirklich<br />

sehr wenige Projekte, die auf größeren<br />

32


EINSTIEG | „Eine Ver doppelung der Windenergie leistung ist ohne Weiteres möglich“<br />

Widerstand stoßen. Wir haben sehr viele<br />

Projekte im Binnenland in Planung, und<br />

bei mehr als 90 Prozent davon haben wir<br />

keine Akzeptanzprobleme. Wenn man die<br />

Leute von Anfang an mitnimmt, ist das<br />

eigentlich der Normalfall.<br />

Wie gehen Sie dabei vor?<br />

Brösamle: Wir beziehen als allererstes<br />

die Gemeinden mit ein, gehen in den Gemeinderat,<br />

wir organisieren Informationsveranstaltungen<br />

für die Bürger und reden<br />

mit den Naturschutzverbänden vor Ort.<br />

Es ist absolut wichtig, alle Beteiligten von<br />

Anfang an mit ins Boot zu holen, denn<br />

damit schafft man eine hohe Akzeptanz.<br />

Grundmann: Transparenz ist hier ein<br />

entscheidendes Stichwort: Je besser und<br />

umfassender alle über die Projektzusammenhänge<br />

informiert sind, desto mehr<br />

Unterstützung ist in der Regel zu erwarten.<br />

Mehr Transparenz ist allerdings auch<br />

in der politischen Debatte wünschenswert,<br />

wenn wir die Energiewende wirklich<br />

wollen.<br />

Interviewpartner<br />

Dr. Hartmut Brösamle<br />

ist Vorstand der wpd AG. Der<br />

promovierte Informatiker<br />

und Systemwissenschaftler<br />

(Jg. 1965) ist im Unternehmen<br />

schwerpunktmäßig<br />

verantwortlich für die nationale und internationale<br />

Projektentwicklung onshore, die Entwicklung<br />

neuer Märkte und den Bereich Projektbau.<br />

Dr. Martin Grundmann<br />

(Jg. 1961) ist Geschäftsführer<br />

der ARGE Netz GmbH & Co.<br />

KG und Vorstandsmitglied im<br />

Bundesverband WindEnergie.<br />

Seine Arbeitsschwerpunkte<br />

liegen bei Netzausbau, Vermarktung, Speichertechnologien<br />

und erneuerbaren Kraftwerken.<br />

Brösamle: Meiner Ansicht nach müssen<br />

wir dafür die Politik noch stärker in die<br />

Pflicht nehmen. Für die Energiewende<br />

brauchen wir die Windenergie im Binnenland<br />

genauso wie an der Küste oder auf<br />

See. Wenn die Rahmenbedingungen auf<br />

lange Sicht verlässlich sind, dann mache<br />

ich mir keine Sorgen über den weiteren<br />

Ausbau der Windenergie.<br />

33


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

34


<strong>Projektplanung</strong><br />

35


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

mit der kraft des windes<br />

Projektentwicklung und Repowering von Windparks<br />

Technische und Kaufmännische Betriebsführung<br />

regional in der Windenergie seit Jahren verankert<br />

persönliche Beratung und passgerechte Bearbeitung<br />

schnellste Problemlösungen vor Ort<br />

zuverlässig, unkompliziert und unbürokratisch<br />

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36


PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />

<strong>Projektplanung</strong><br />

von Windparks<br />

In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl von Windenergieprojekten<br />

in Betrieb genommen, eine vermutlich mindestens<br />

ebenso große Anzahl an Projekten ist in Planung und<br />

wird in absehbarer Zeit umgesetzt. Damit einher geht die<br />

zunehmende Professionalisierung im Bereich der Windparkplanung.<br />

37


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Die Windparkplanung läuft aktuell in vielen Bereichen nicht nur strukturierter ab als<br />

noch vor wenigen Jahren, sie hat auch spürbar an inhaltlicher Komplexität zugenommen.<br />

Dies bezieht sich auf technische Fragestellungen ebenso wie auf die zivilrechtliche<br />

Sicherung, die Finanzierung und die Anforderungen an den späteren Windparkbetrieb.<br />

Folgende Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart nehmen unmittelbaren<br />

Einfluss auf die heutige Windparkplanung:<br />

• Der politische Wille zum Ausbau der Windenergie ist mit der Energiewende deutlich<br />

angewachsen. Vielerorts werden Landesplanungsgesetze angepasst, Windenergie-<br />

Leitfäden entwickelt sowie Regional- und Flächennutzungspläne für die Windenergie<br />

fortgeschrieben.<br />

• Die bisherigen Höhenbeschränkungen sind weggefallen, damit ist eine wirtschaftlich<br />

sinnvolle Nutzung der Windenergie nun auch im Binnenland möglich.<br />

• Aktuelle WEA-Typen ermöglichen eine dezidiert effizientere Standortnutzung und<br />

Windernte, als es noch vor wenigen Jahren der Fall war.<br />

• Lokale Widerstände sind zwar immer noch vorhanden, dennoch nimmt die Akzeptanz<br />

in der lokalen Politik und der Gesellschaft insgesamt tendenziell weiter zu.<br />

• Durch die Erschließung von häufig bewaldeten, topografisch komplexen Mittelgebirgsregionen<br />

sind die Anforderungen an das ↗ Micrositing mit dem Ziel einer<br />

eingriffsminimierenden Planung, aber auch die logistischen Herausforderungen<br />

deutlich gestiegen.<br />

• Die Planung in für die Windenergie noch wenig erschlossenen Bundesländern erfordert<br />

häufig weit umfassendere Planungs- und Untersuchungsumfänge für Landschafts-,<br />

Natur- und Artenschutz, insbesondere in den Mittelgebirgsregionen.<br />

• Neu erschlossene Standorte mit komplexer Orografie stellen neue Herausforderungen<br />

bezüglich der Ermittlung der Windressource. Oft ist die Durchführung von<br />

Windmessungen unumgänglich.<br />

• Der Aufwand für Genehmigungen ist erheblich gestiegen und damit auch die Auswirkung<br />

potenzieller Genehmigungsauflagen.<br />

• Das Investitionsvolumen hat sich bei den derzeit geplanten WEA-Typen im Vergleich<br />

zu früheren Anlagen vervielfacht. Dies gilt für den Kaufpreis, aber auch für die<br />

Baukosten der Windparkinfrastruktur. Entsprechend anspruchsvoller ist auch die<br />

Finanzierung geworden.<br />

• Die Ansprüche an die Flächensicherung sind teilweise erheblich gestiegen. Aktuelle<br />

Pachthöhen, immer umfangreicher werdende Nutzungsverträge und teils schon<br />

sehr früh im Projekt aufgesetzte Modelle zur Bürgerbeteiligung spiegeln dies wider.<br />

In diesem Spannungsfeld ergeben sich zahlreiche Herausforderungen, aber auch neue<br />

Möglichkeiten für die heutige Windpark-Projektentwicklung.<br />

38


PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />

Ablauf und Erfolgsfaktoren der Windparkplanung<br />

Unabhängig vom Standort vollzieht sich eine Windparkplanung grundsätzlich<br />

entlang einheitlicher Projektmeilensteine:<br />

1) Flächenidentifizierung<br />

2) Schaffung der rechtlichen Projektgrundlagen (Flächensicherung, Planungsrecht)<br />

3) Genehmigung und Netzanschlussplanung<br />

4) Finanzierung<br />

5) Bau und Inbetriebnahme<br />

6) Windparkbetrieb<br />

Dieser Ablauf ist bei allen Windparkplanungen gleich. In den sich stellenden Herausforderungen,<br />

der entsprechenden Ausgestaltung und der damit verbundenen<br />

Dauer der einzelnen Schritte gleicht jedoch kein Projekt dem anderen.<br />

Erster Spatenstich für den Windpark Braunersgrün. Foto: Herbert Grabe, Ostwind<br />

39


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Ablauf einer Windparkplanung<br />

Quelle: wpd = Meilenstein<br />

❶ Flächenidentifikation<br />

Windatlanten,<br />

Raumordnung,<br />

Eigene Auswertungen<br />

❷ Flächensicherung ❸ Planungsrecht ❹ Planung<br />

Pachtmodell und<br />

Pachthöhen,<br />

Vollständigkeit<br />

Abstimmung mit<br />

Gemeinde und<br />

Regionalplanung,<br />

rechtskräftige<br />

Ausweisung<br />

• Beauftragung externer<br />

Gutachten<br />

• Entwicklung einer<br />

genehmigungsfähigen<br />

Windparkkonfiguration<br />

• ggf. standortspezifische<br />

Erfassung des Windpotenzials<br />

(Messungen)<br />

• Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />

und Auswahl der Planungsvariante<br />

• Kontaktaufnahme<br />

mit dem WEA-Hersteller<br />

❶ + ❷ Flächen identifizieren, analysieren und sichern<br />

Ausgangspunkt eines Projektes ist die Flächenidentifizierung. Es gilt, möglichst windhöffige<br />

Flächen zu ermitteln, in denen eine Genehmigung des geplanten Windparks erreichbar<br />

ist. Da solche Flächen ein knappes und stark umkämpftes Gut sind, setzt dieser<br />

Schritt bereits deutlich vor der rechtskräftigen Ausweisung in einem Flächennutzungsoder<br />

Regionalplan an.<br />

Den nächsten Schritt stellt die zivil- und planungsrechtliche Sicherung dar. Bevor<br />

der Kontakt mit Gemeinden und Grundstückseigentümern aufgenommen wird, erfolgt<br />

basierend auf Standortbegehungen und weiteren Recherchen eine Flächenanalyse, die<br />

folgende Aspekte umfasst:<br />

• Grobplanung eines Windparklayouts unter Berücksichtigung lokaler Besonderheiten<br />

(Hochpunkte, Beschränkungen wie Stromtrassen, Naturdenkmäler etc.) und ggf.<br />

erste Analysen zu Schall- und Schattenimmissionen,<br />

• Bestimmung der Eigentumsverhältnisse,<br />

• Abschätzung des Windpotenzials mittels vorhandener Referenzen und Berechnungen,<br />

• Ermittlung der möglichen Pacht pro Anlage,<br />

• Wahl des Vertragsmodells: Standort- vs. Flächenpoolmodell.<br />

40


PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />

❺<br />

Genehmigungsverfahren<br />

und<br />

Erhalt der<br />

Baugenehmigung<br />

❻ Finanzierung ❼ Bau ❽ Inbetrieb nahme ❾ Betrieb<br />

• Beauftragung<br />

von Wind- und<br />

Ertragsgutachten<br />

• Absprache mit<br />

den finanzierenden<br />

Banken<br />

• Definition<br />

Auszahlungsvoraussetzungen<br />

und Zeitplan<br />

• Erstellung<br />

Bauzeitenplan<br />

• Auschreibungen<br />

Bau & Infrastruktur<br />

• Beginn des Baus der<br />

Wegeinfrastruktur<br />

• Beginn des<br />

Fundamentbaus<br />

• Errichtung der WEA,<br />

Verkabelung<br />

• Ausgleichs- und<br />

Ersatzmaßnahmen<br />

Probebetrieb,<br />

Inspektion und<br />

Abnahme der WEA<br />

Die Flächensicherung folgt dann je nach Eigentümerstruktur ihrer eigenen Dynamik.<br />

Teils werden Eigentümer einzeln angesprochen, teils findet eine Organisation in Eigentümergemeinschaften<br />

statt. In einigen Projekten gelingt die Flächensicherung innerhalb<br />

weniger Wochen, in anderen Projekten zieht sie sich über Monate bzw. Jahre hin.<br />

❸ Planungsrecht: Gemeinde als erster Ansprechpartner<br />

Die Sicherstellung der planungsrechtlichen Grundlage wird zeitlich parallel zur Flächensicherung<br />

angegangen. Auf welcher Ebene die Windenergie planerisch gesteuert wird, ist<br />

in Deutschland unterschiedlich geregelt: Teils gibt der Regionalplan den entscheidenden<br />

Rahmen vor, teils haben die Gemeinden Gestaltungsfreiheit.<br />

Erster und wichtigster Anlaufpunkt ist immer die Gemeinde. Im Gespräch mit Verwaltung<br />

und Gemeinderat wird um eine Ausweisung der Windparkfläche in der kommunalen<br />

Bauleitplanung oder um eine Unterstützung zur Ausweisung der Fläche im<br />

Regionalplan geworben. Planerisches Instrument zur Umsetzung ist ein städtebaulicher<br />

Vertrag zwischen Planer und Gemeinde, in dem Themen wie die beiderseitigen Pflichten<br />

bei der Erstellung des Flächennutzungsplanes, oft auch bereits die Erschließung der Anlagen<br />

über Gemeindewege und -grundstücke, definiert werden.<br />

41


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Herausforderung „neue“ Windregionen<br />

Eine Herausforderung stellt sich in Regionen, in denen Windenergie lange Zeit keine Rolle<br />

gespielt hat. Da grundlegende artenschutzfachliche Daten hier häufig nicht vorhanden<br />

sind und die Politik weitreichende Vorgaben zur Aufstellung von Flächennutzungsplänen<br />

erlassen hat, sind im Rahmen des Ausweisungsverfahrens häufig kosten- und zeitaufwendige<br />

Erhebungen durchzuführen.<br />

Mehr und mehr tritt bereits zu dieser frühen Projektphase eine weitgehende Einbeziehung<br />

der Öffentlichkeit in den Fokus der Planer, um eine breitere Akzeptanz für<br />

das Projekt zu erreichen. Wie eine breite öffentliche Akzeptanz für den ausgewählten<br />

Standort erreicht werden kann, ist ab Seite 217 in dieser Veröffentlichung beschrieben.<br />

Wenn die Flächen privatrechtlich gesichert sind, die Akzeptanz für ein Projekt vorhanden<br />

und eine Ausweisung im Flächen- oder Regionalplan absehbar ist, beginnt die<br />

planerische Vorbereitung für das Genehmigungsverfahren.<br />

❹ Gutachter frühzeitig beauftragen!<br />

Oft schon während der vorangegangenen Planungsphase wurden hierzu artenschutzfachliche<br />

Gutachten zur Beurteilung der Situation hinsichtlich geschützter Vogel- und<br />

Fledermausarten vergeben. Verglichen mit Offenlandflächen ist in den heute zunehmend<br />

erschlossenen Waldgebieten an dieser Stelle mit einem erhöhten Aufwand zu<br />

rechnen. Zu erheben ist jeweils mindestens ein vollständiger Jahreszyklus. Als Einstiegspunkte<br />

bieten sich eine Horstkartierung während der unbelaubten Zeit im Frühjahr mit<br />

anschließender Brutvogelbesatzkontrolle oder der Herbstzug an.<br />

In Bundesländern, in denen der Windenergieausbau nach einiger Zeit des Stillstands<br />

nun wieder neue Fahrt aufnimmt, werden derzeit die Gutachterkapazitäten knapp, da<br />

sehr viele Projekte auf einmal geplant werden. Dies kann zu weiteren Verzögerungen<br />

führen.<br />

Feinplanung und Parklayout<br />

Zeitgleich mit den Vorbereitungen für die Genehmigung erfolgt die technische Feinplanung<br />

des Projekts. Die Windparkkonfiguration wird innerhalb der zur Verfügung stehenden<br />

Fläche unter Berücksichtigung der Faktoren Schall/Schatten, ↗ Parkwirkungsgrad<br />

und Turbulenz sowie auf Grundlage der naturräumlichen und topografischen Bedingungen<br />

am Standort optimiert. Letztere haben im komplexen, bewaldeten Gelände zwangsläufig<br />

eine größere Bedeutung als bei vergleichbaren Planungen im einfachen Gelände.<br />

Die Frage nach der maximalen Anlagenanzahl ergibt sich insbesondere im Binnenland<br />

aus den am besten geeigneten Standorten innerhalb der anvisierten nutzbaren Fläche.<br />

Die Windparkinfrastruktur<br />

Die Planung der Windparkinfrastruktur nimmt in dieser Phase konkrete Züge an.<br />

42


PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />

Häufig wird schon in den ersten Projektphasen mit der Planung und Sicherung der Zuwegung<br />

begonnen. Nun werden diese Planungen konkretisiert, Kurvenradien festgelegt<br />

und ggf. entsprechende Flächen nachgesichert. Besondere Herausforderungen stellen<br />

sich wieder bei Planungen in bewaldeten Mittelgebirgsregionen: Große Steigungen und<br />

anspruchsvolle Waldweg-Serpentinen müssen für den Transport der WEA zum Standort<br />

entsprechend ausgelegt werden. Insbesondere enge Kurvenradien, aber auch Ortsdurchfahrten<br />

sind hier häufig das Nadelöhr.<br />

Teils noch vor Beginn des ❺ Genehmigungsverfahrens findet die ↗ dingliche Sicherung<br />

der bislang nur zivilrechtlich gesicherten Flächen statt. Außerdem erfolgen ggf. erforderliche<br />

Eintragungen ins Baulastverzeichnis.<br />

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wird das Projekt insbesondere hinsichtlich<br />

der Schallemissionen und Auswirkungen auf Natur und Landschaft bewertet. Weiterhin<br />

werden die Träger öffentlicher Belange im Verfahren integriert, darunter auch die Luftfahrtbehörde,<br />

die Bundeswehr etc.<br />

Bereits im Vorfeld wird das Projekt in natur- und landschaftsschutzbezogener Hinsicht<br />

vorbereitet. Unter anderem entsteht ein landschaftspflegerischer Begleitplan, mit<br />

dem der Eingriff in Natur und Landschaft, z. B. die Rodung oder Versiegelung von Flächen,<br />

dargestellt und eine entsprechende Kompensation definiert wird.<br />

Netzanschlussplanung<br />

Parallel zum Genehmigungsverfahren findet die Netzanschlussplanung statt. Nach der<br />

Nennung eines verbindlichen Netzanschlusspunktes durch den Netzbetreiber erfolgt die<br />

Planung des konkreten Netzanschlusses sowie die Trassenplanung. Hierfür sind nochmals<br />

Grundstücke zivilrechtlich und dinglich zu sichern. Für die Trasse ist eine naturschutzfachliche<br />

Genehmigung einzuholen. Je nach Größe des Windparks erfolgt der<br />

Anschluss an das Stromnetz über eine Übergabestation bzw. ein nicht selten eigens zu<br />

bauendes Umspannwerk.<br />

❻ Finanzierungsgrundlage: realistisches Wirtschaftlichkeitsmodell<br />

Erreicht ein Windparkprojekt eine Genehmigung und eine Netzanschlusszusage, sind<br />

wesentliche Meilensteine erreicht. Der Weg zur Finanzierung, zum Anlageneinkauf und<br />

zur Umsetzung des Projektes ist frei. Während dieser Schritte werden weitere Anforderungen<br />

an die Planung durch die finanzierende Bank, den Anlagenhersteller und insbesondere<br />

auch hinsichtlich Infrastruktur und Bau des Windparks definiert.<br />

Eine gute Windparkplanung zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die wesentlichen<br />

Kosten und standortspezifischen Charakteristika zuvor bereits korrekt erfasst oder<br />

realistisch abgeschätzt wurden. Bei Planungen in komplexen Mittelgebirgsregionen ist<br />

oft mit einem deutlich höheren Kostenaufwand für die Windparkinfrastruktur zu rech-<br />

43


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windpark Vierschau. Foto: wpd AG<br />

nen. Sowohl der aufwendige Ausbau von Waldwegen in komplexem, bergigem Gelände<br />

mit entsprechend notwendigen Rodungsarbeiten als auch teils sehr lange Trassen zur<br />

Herstellung des Netzanschlusses sind im Wirtschaftlichkeitsmodell realistisch abzubilden.<br />

Stellt sich während der Projektentwicklung heraus, dass eine Wirtschaftlichkeit oder<br />

eine Genehmigungsfähigkeit nicht mehr gegeben ist, dann ist von einer weiteren Planung<br />

umgehend Abstand zu nehmen. Die Prüfung der Finanzierbarkeit stellt in dieser<br />

Hinsicht die Reifeprüfung für ein Projekt dar. Hierbei werden die Ansprüche der Bank<br />

an die Projektentwicklung adressiert: Vertragsgestaltung und -risiken, Anforderungen<br />

an die Windgutachten und deren Unsicherheiten, WEA-Typ und Flächensicherung sind<br />

Punkte, die hierbei untersucht werden. Ferner muss eine Sicherstellung des Windparkbetriebes<br />

über einen Zeitraum von 20 Jahren und länger rechtlich belastbar und auch<br />

technisch umsetzbar erfolgen. Letzteres beinhaltet insbesondere die Auswahl des geeigneten<br />

WEA-Typs für den Standort.<br />

❼ + ❽ Die Umsetzung<br />

Der Bau des Windparks selbst wird in Kooperation mit dem Hersteller durchgeführt. Der<br />

Planer, der häufig in dieser Phase als Generalübernehmer fungiert, definiert einen Bauzeitenplan<br />

und stimmt diesen mit dem Hersteller ab. Zeitabläufe werden bestimmt und<br />

Zeitpunkte für die jeweiligen Bauabschnitte festgelegt. Diese umfassen die Errichtung<br />

der Parkinfrastruktur, den Transport der WEA zum Standort sowie die Errichtung und<br />

auch die geplante Inbetriebnahme der WEA. Eine regelmäßige Überprüfung der Baufortschritte<br />

vor Ort ist eine elementare Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung.<br />

44


PROJEKTPLANUNG | <strong>Projektplanung</strong> von Windparks<br />

Fazit<br />

Es gibt keinen allgemeinen Leitfaden für eine Windparkplanung. Sie orientiert<br />

sich an dem Standort, den regionalen Gegebenheiten und Voraussetzungen. Die<br />

Planung unterscheidet sich im zeitlichen Ablauf und auch in den auftretenden<br />

Problemen zwischen den Projekten zum Teil signifikant. Eine erfolgreiche Windparkplanung<br />

beinhaltet aber immer die fachmännische Beurteilung der folgenden vier<br />

Punkte:<br />

1. Genehmigungsfähigkeit<br />

2. Finanzierbarkeit<br />

3. Wirtschaftlichkeit<br />

4. Nachhaltiger Betrieb über 20 Jahre und mehr<br />

Angesichts der aktuellen EEG-Debatte fällt ein weiterer Ausblick auf die Anzahl der<br />

umsetzbaren Windparkplanungen in der Zukunft schwer. Fakt ist, dass viele der Planungen<br />

im Binnenland bereits jetzt an der Schwelle zur Unwirtschaftlichkeit stehen<br />

– auch ohne die Berücksichtigung der zu erwartenden höheren Kosten für Standortbewertung,<br />

Entwicklung und Bau. Umso wichtiger ist somit die genaue Bewertung<br />

der Standortgüte sowie die exakte Erfassung und Beobachtung der Kostenseite<br />

während der Planung. Daran müssen sich ehrgeizige Planungsziele im Binnenland<br />

und in windschwächeren Regionen messen lassen.<br />

Autoren<br />

Sebastian Grosch (Jg. 1981)<br />

war nach seinem Studium der<br />

Wirtschaftswissenschaften an<br />

der Universität Hohenheim<br />

zunächst bei einer Unternehmensberatung<br />

tätig und<br />

wechselte danach zur wpd onshore GmbH & Co.<br />

KG als Leiter Projektentwicklung. Seine Aufgaben<br />

umfassen die Koordination der Projektentwicklung<br />

in Deutschland in allen Planungsphasen.<br />

Peter Spengemann (Jg. 1972)<br />

ist Director Repowering bei<br />

wpd windmanager GmbH &<br />

Co. KG.<br />

45


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Studio GOOD, Berlin<br />

≈<br />

Kompetenz<br />

in Windkraft<br />

Seit über 12 Jahren initiiert, plant,<br />

realisiert und betreibt NOTUS Windparkprojekte.<br />

Schwerpunkt ist die<br />

Initiierung und Entwicklung eigener<br />

Projekte.<br />

Mit seinem Hauptsitz in Potsdam<br />

sowie Niederlassungen in Anklam,<br />

Feldberg, Cottbus, Bautzen und<br />

Oldenburg ist NOTUS energy in<br />

Deutschland vertreten. Seit der<br />

Gründung im Jahre 2001 sind der<br />

Raum Brandenburg und Mecklenburg-<br />

Vorpommern Schwerpunkte<br />

der Unternehmenstätigkeit.<br />

Notus energy<br />

Gregor-Mendel-Straße 24a<br />

14469 Potsdam<br />

Tel. +49 (0)331 6204340<br />

E-Mail: windkraft@notus.de<br />

www.notus.de<br />

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46


PROJEKTPLANUNG | Projektierer und Planer<br />

Projektierer und Planer<br />

common sense<br />

ENERGY<br />

Abo Wind<br />

Unter den Eichen 7<br />

65195 Wiesbaden<br />

Tel.: 0611 26765-0<br />

Fax: 0611 26765-599<br />

global@abo-wind.de<br />

www.abo-wind.de<br />

In enger Kooperation mit<br />

Partnern vor Ort initiiert ABO<br />

Wind Windparkprojekte,<br />

akquiriert Standorte, führt<br />

alle technischen und kaufmännischen<br />

Planungen durch,<br />

schließt Bankfinanzierungen<br />

ab und errichtet die Anlagen<br />

schlüsselfertig.<br />

ALTUS AG<br />

Kleinoberfeld 5<br />

76135 Karlsruhe<br />

Tel.: 0721 626906-0<br />

Fax: 0721 626906-108<br />

info@altus-ag.de<br />

www.altus-ag.de<br />

Machbarkeitsstudien,<br />

technische Planung, Projektentwicklung<br />

als Dienstleister,<br />

Projektfinanzierung und -realisierung,<br />

kaufmännischer und<br />

technischer Anlagenbetrieb.<br />

BMR energy solutions GmbH<br />

Weserstraße 9<br />

41836 Hückelhoven<br />

Tel.: 02454 9369-11<br />

Fax: 02454 9369-29<br />

g.rulands@bmr-energy.com<br />

www.bmr-energy.com<br />

Die BMR-Unternehmensgruppe<br />

steht für Expertise im Bereich<br />

der Erneuerbaren Energien.<br />

Sie bietet Lösungen in den<br />

Energiesegmenten Wind-,<br />

Solar- und Bioenergie.<br />

Das Leistungsspektrum beinhaltet<br />

unter anderem die Bereiche<br />

Beratung - Planung- Finanzierung<br />

- Realisierung - Vertrieb<br />

BOREAS Energie GmbH<br />

Moritzburger Weg 67<br />

01109 Dresden<br />

Tel.: 0351 8850-70<br />

Fax: 0351 8850-7499<br />

info@boreas.de<br />

www.boreas.de<br />

Moderner Kraftwerksbetreiber<br />

und Energiedienstleister<br />

im Bereich der Erneuerbaren<br />

Energien mit über 22 Jahren<br />

Windkrafterfahrung.<br />

common sense energy<br />

GmbH & Co. KG<br />

Karl-Weber-Ring 27<br />

37154 Northeim<br />

Tel.: 05551 40936-63<br />

Fax: 05551 54260-26<br />

energy@abitz.info<br />

www.energy.abitz.info<br />

Bürgerwindparks,Kommunalwindparks,<br />

Flächeneigentümer-<br />

Windparks, Windenergieanlagen<br />

mit Holzturm<br />

D.I.E. - Erneuerbare Energien<br />

(Dr. Ingo Ewald – Ing.-Büro für<br />

Erneuerbare Energien)<br />

Zuckerberg 16<br />

55276 Oppenheim<br />

Tel.: 06133 578082-0<br />

Fax: 06133 578082-9<br />

info@die-ee.de<br />

www.die-ee.de<br />

Umfassende und kompetente<br />

Beratung bei der Umsetzung<br />

Ihrer Projekte, insbesondere an<br />

Waldstandorten: Standortwahl,<br />

Machbarkeit, Genehmigungsverfahren,<br />

Due Diligence oder<br />

vollständige Projektabwicklung<br />

und -steuerung in Ihrem Auftrag<br />

47


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Projektierer und Planer (Fortsetzung)<br />

EcofinConcept GmbH<br />

Erneuerbare Energien<br />

EcofinConcept GmbH<br />

Rheinstr. 7<br />

41836 Hückelhoven<br />

Tel.: 02433 970-471<br />

Fax: 02433 970-107<br />

info@ecofinconcept.de<br />

info@ecofinconcept.de<br />

Energiekontor AG<br />

Mary-Somerville-Straße 5<br />

28359 Bremen<br />

Tel.: 0421 3304-104<br />

Fax: 0421 3304-444<br />

info@energiekontor.de<br />

www.energiekontor.de<br />

Die Energiekontor AG plant,<br />

finanziert und betreibt seit<br />

1990 Windkraftanlagen in<br />

Deutschland, Portugal und<br />

Großbritannien und bietet<br />

diese als Investment an oder<br />

betreibt sie im Eigenbestand.<br />

Weitere Schwerpunkte sind die<br />

Projektierung von Offshore-<br />

Windparks und solaren Freiflächenanlagen.<br />

ENOVA Energiesysteme GmbH<br />

& Co. KG<br />

Steinhausstrasse 112<br />

26831 Bunderhee<br />

Tel.: 04953 9290-0<br />

Fax: 04953 9290-29<br />

info@enova.de<br />

www.enova.de<br />

ENOVA ist Spezialist für<br />

Projektentwicklung im Bereich<br />

erneuerbarer Energien, schwerpunktmäßig<br />

On- und Offshore-<br />

Windenergie. Das Leistungspaket<br />

umfasst die Planung,<br />

Projektierung und Koordinierung<br />

bis zur schlüsselfertigen<br />

Übergabe.<br />

Fichtner GmbH & Co. KG<br />

Gasstraße 18, Haus 4<br />

22761 Hamburg<br />

Tel.: 040 800803-420<br />

Fax: 040 800803-111<br />

info@fwe.fichtner.de<br />

fwe.fichtner.de<br />

Engineering und Consulting für<br />

Onshore- und Offshore-Projekte:<br />

Due Diligence, Ertragsgutachten,<br />

Planung inkl. Netzanbindung<br />

und Infrastruktur, Projektsteuerung,<br />

Risikomanagement, Ausschreibungen<br />

und Bauleitung.<br />

GP JOULE GmbH<br />

Cecilienkoog 16<br />

25821 Reußenköge<br />

Tel.: 04671 602411-0<br />

Fax: 04671 602411-19<br />

info@gp-joule.de<br />

www.gp-joule.de<br />

GP JOULE hat sich auf Windprojekte<br />

der MW-Klasse spezialisiert.<br />

Mit der Projektierung,<br />

Realisierung und kaufmännischen<br />

sowie technischen<br />

Betriebsführung inklusive Monitoring<br />

bieten wir ein starkes<br />

Gesamtpaket mit umfangreichen<br />

Service-Leistungen an.<br />

Green Wind Energy GmbH<br />

Schiffbauerdamm 12<br />

10117 Berlin<br />

Tel.: 030 3512886-30<br />

Fax: 030 3512886-33<br />

berlin@greenwind-energy.de<br />

www.greenwindenergy.de<br />

Mit der Kraft des Windes. Wir<br />

wissen, wie Windenergie-Anlagen<br />

projektiert werden müssen,<br />

damit sie ihren Eigentümern<br />

optimale Erträge bringen und<br />

nachhaltig grüner Strom. Projektentw./Repowering/Techn.<br />

und Kaufm. Betriebsführung.<br />

48


PROJEKTPLANUNG | Projektierer und Planer (Fortsetzung)<br />

JAHN, MACK & PARTNER<br />

architektur und stadtplanung<br />

Alt-Moabit 73<br />

10555 Berlin<br />

Tel.: 030 857577-0<br />

Fax: 030 857577-29<br />

Info@jahn-mack.de<br />

www.jahn-mack.de<br />

Jetstream Bosse Ing.-Büro<br />

für Windenergienutzung<br />

Hoeppnerstr. 32a<br />

12101 Berlin<br />

Tel.: 030 789915-25<br />

Fax: 030 789915-26<br />

peter.bosse@windplan.de<br />

www.windplan.de<br />

Projektierung von Windenergieprojekten,<br />

Repowering, Genehmigungsverfahren<br />

BImSchG,<br />

Bau- und Projektleitung, Gutachten<br />

Schall, Schattenwurf<br />

und Visualisierung, Due Diligence,<br />

Wertgutachten.<br />

juwi Energieprojekte GmbH<br />

Energie-Allee 1<br />

55286 Wörrstadt<br />

Tel.: 06732 9657-0<br />

Fax: 06732 9657-7001<br />

info@juwi.de<br />

www.juwi.de<br />

juwi bietet bundesweit partnerschaftliche<br />

Projektentwicklung<br />

sowie Produkte für die<br />

Energiewende an. Bislang hat<br />

juwi rund 660 Windenergie-<br />

Anlagen mit einer Leistung von<br />

etwa 1.280 Megawatt an über<br />

100 Standorten – viele davon<br />

im Wald – realisiert.<br />

Notus energy Plan<br />

GmbH & Co. KG<br />

Gregor-Mendel-Str. 24a<br />

14469 Potsdam<br />

Tel.: 0331 620436116<br />

Fax: 0331 6204344<br />

windkraft@notus.de<br />

www.notus.de<br />

NOTUS energy initiiert und<br />

realisiert Windenergieprojekte.<br />

Wir bieten die komplette<br />

Leistungkette und stehen mit<br />

unserem Expertenteam für zertifizierten<br />

Service und kreative<br />

Lösungen.<br />

OSTWIND-Gruppe<br />

Gesandtenstraße 3<br />

93047 Regensburg<br />

Tel.: 0941 55516<br />

Fax: 0941 55526<br />

info@ostwind.de<br />

www.ostwind.de<br />

OSTWIND entwickelt, plant und<br />

baut europaweit Windparks<br />

zur Nutzung erneuerbarer<br />

Energien. Seit 1994 hat sie 465<br />

Windkraftanlagen mit einer<br />

Leistung von 725 MW geplant,<br />

gebaut und ans Netz gebracht.<br />

Weitere 1000 MW stehen zur<br />

Realisierung an.<br />

ORBIS Energie- und Umwelttechnik<br />

GmbH<br />

Nagelschmiedsweg 15-19<br />

27356 Rotenburg<br />

Tel.: 04261 93830<br />

Fax: 04261 960011<br />

info@orbis-umwelt.de<br />

www.orbis-umwelt.de<br />

Die ORBIS Energie- und<br />

Umwelttechnik GmbH ist seit<br />

dem Jahr 2000 im Bereich der<br />

regenerativen Energien tätig<br />

und entwickelt, finanziert,<br />

baut und betreibt Projekte der<br />

Windenergie.“<br />

49


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Projektierer und Planer (Fortsetzung)<br />

zur Projektumsetzung und dem<br />

Betrieb der Anlagen. Lokale<br />

Bürgerbeteiligung und Turn-<br />

Key-Projekte.<br />

PLANkon Ing.-Büro für Windenergieprojekte<br />

Blumenstraße 15<br />

26121 Oldenburg<br />

Tel.: 0441 39034-0<br />

Fax: 0441 39034-22<br />

mail@plankon.de<br />

www.plankon.de<br />

Gutachten/Beratung zu<br />

Windertrag, Schall, Schatten,<br />

Turbulenz, Windmessung,<br />

Planung, akkr. Prüflabor DIN<br />

17025, Genehmigungsanträge<br />

und -verfahren, Ausschreibung,<br />

Bauüberwachung, Due<br />

Dilligence<br />

PROMETHEUS® GmbH<br />

Berliner Straße 97<br />

03046 Cottbus<br />

Tel.: 0355 7015-24<br />

Fax: 0355 7015-45<br />

mail@prometheus-cottbus.de<br />

www.prometheus-cottbus.de<br />

Standortakquise, Planung und<br />

Betrieb von Windkraftanlagen,<br />

Erstellung von Ertrags-, Schallimmissions-<br />

und Schattenwurfprognosen,<br />

Genehmigungsplanung,<br />

Naturschutzfachliche<br />

Planung, Schlüsselfertige Errichtung<br />

der Infrastruktur, technische<br />

Betriebsführung.<br />

Rübsamen Windenergie GmbH<br />

Brödermannsallee 11<br />

25469 Halstenbek<br />

Tel.: 04101 4040-58<br />

Fax: 04101 4040-59<br />

info@ruebsamen-windenergie.de<br />

www.ruebsamen-windenergie.de<br />

Entwicklung, schlüsselfertige<br />

Errichtung, technische und<br />

kaufmännische Betriebsführung<br />

von Windparks im In- und<br />

Ausland, Windmessungen mit<br />

Mast und Sodar.<br />

Planungsbüro Petrick<br />

GmbH & Co. KG<br />

Voltaireweg 4 A<br />

14469 Potsdam<br />

Tel.: 0331 62054-10<br />

Fax: 0331 62054-11<br />

info@planungsbuero-petrick.de<br />

www.planungsbuero-petrick.de<br />

Standortplanung und Entwicklung,<br />

Naturschutzfachliche<br />

Planung, Ornothologische<br />

Begutachtung<br />

REA GmbH – Regenerative<br />

Energie Anlagen Management<br />

Kreuzherrenstr. 8<br />

52355 Dürren<br />

Tel.: 02421 20849-77<br />

Fax: 02421 20849-78<br />

info@rea-umweltinvest.de<br />

www.rea-umweltinvest.de<br />

Ingenieurbüro für die Planung<br />

von Windenergie und Photovoltaikanlagen.<br />

Die Dienstleistung<br />

umfasst die Koordination des<br />

Genehmigungsverfahrens bis<br />

SOWITEC group<br />

Löherstraße 24<br />

72820 Sonnenbühl<br />

Tel.: 07128 3808-0<br />

Fax: 07128 3808-38<br />

info@sowitec.com<br />

www.sowitec.com<br />

Beratung, Planung und<br />

Entwicklung von Windenergieund<br />

Solarprojekten weltweit,<br />

Entwicklung, Genehmigungsverfahren,<br />

Baubetreuung,<br />

50


PROJEKTPLANUNG | Projektierer und Planer (Fortsetzung)<br />

Finanzierungsberatung,<br />

Realisierung, Betriebsführung,<br />

Kommerzialisierung von<br />

Projekten, Vermarktung von<br />

CO 2<br />

-Zertifikaten.<br />

Vortex Energy Deutschland<br />

GmbH<br />

Obere Königsstr. 30<br />

34117 Kassel<br />

Tel.: 0561 4507980<br />

Fax: 0561 45079815<br />

info@vortex-energy.de<br />

www.vortex-energy.de<br />

Unsere Kompetenzen liegen<br />

in der Planung, Realisierung<br />

und Begleitung von Windenergieprojekten.<br />

Gemeinsam<br />

mit Partnern konnten wir<br />

bereits entscheidend an der<br />

Realisierung von über 200MW<br />

Windleistung in Deutschland<br />

und Polen mitwirken.<br />

Wind reich<br />

Seit 1999<br />

Windreich AG<br />

Esslingerstrasse 11-15<br />

72649 Wolfschlugen<br />

Tel.: 07022 953060<br />

Fax: 07022 54820<br />

info@windreich.ag<br />

www.windreich.ag<br />

AG<br />

Die Windreich AG steht für die<br />

effiziente und kommerzielle<br />

Nutzung von Windenergie. Sie<br />

deckt die gesamte Wertschöpfungskette<br />

von der Projektierung<br />

über den Vertrieb bis zur<br />

Betriebsführung ab.<br />

WindStrom Erneuerbare<br />

Energien GmbH & Co. KG<br />

Am Torfstich 11<br />

31234 Edemissen<br />

Tel.: 05176 92040<br />

Fax: 05176 920410<br />

info@windstrom.de<br />

www.windstrom.de<br />

Die WindStrom Unternehmensgruppe<br />

wurde 1992 gegründet.<br />

Sie plant, errichtet und betreibt<br />

Windparks in Deutschland<br />

und im europäischen Ausland.<br />

In den letzten 20 Jahren hat<br />

WindStrom mehr als 300<br />

Windenergieanlagen mit einer<br />

Gesamtleistung von fast 600<br />

MW (Megawatt) realisiert.<br />

wpd onshore GmbH & Co. KG<br />

Kurfürstenallee 23a<br />

28211 Bremen<br />

Tel.: 0421 168 66 10<br />

Fax: 0421 168 66 66<br />

info@wpd.de<br />

www.wpd.de<br />

wpd ist Deutschlands Marktführer<br />

unter den Planern und<br />

Betreibern von Windenergieprojekten<br />

und bietet sämtliche<br />

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der Gründung 1996 hat wpd<br />

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51


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

54


Windmessung<br />

55


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

56


WINDMESSUNG | Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast<br />

Aufwendiger<br />

und exakter –<br />

Windmessungen<br />

mit Mast<br />

Während sich der Ausbau der Windenergie in Deutschland<br />

bislang zu großen Teilen ohne Windmessungen entwickelt<br />

hat, scheint sich dies derzeit radikal zu ändern.<br />

Die „klassische“ Messmethode mit Mast und Schalenkreuzanemometer<br />

spielt dabei eine maßgebliche Rolle.<br />

57


̵<br />

̵<br />

̵<br />

̵<br />

<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Vor etwa vier Jahren begann die Entwicklung von Nabenhöhen mit deutlich über<br />

100 Metern an Standorten in Waldgebieten und im komplexen Binnenland. Da in vielen<br />

Fällen so gut wie keine Kenntnisse über die Windverhältnisse in diesen Bereichen vorhanden<br />

sind, kann diese Lücke nur über Windmessungen geschlossen werden.<br />

Warum muss gemessen werden?<br />

Das Hauptaugenmerk der Projektentwickler, die federführend über den Einsatz von<br />

Messungen entscheiden, liegt auf dem erzielbaren Energieertrag eines Projektes. Windmessungen<br />

werden in Deutschland in den kommenden Jahren aber auch aus anderen<br />

Gründen eine zunehmende Bedeutung erlangen:<br />

Für Standsicherheitsnachweise werden dringend belastbare Angaben zur Turbulenzintensität,<br />

zur Windrichtungsverteilung und zum Höhenprofil benötigt.<br />

Eine belastbare Entscheidung zur wirtschaftlichsten Wahl von Anlagentyp und<br />

Nabenhöhe kann nur bei genauer Kenntnis der Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit<br />

und des Höhenprofils erfolgen.<br />

Die Anlagenhersteller benötigen zunehmend genauere Angaben zum Windfeld<br />

in allen vier Dimensionen für die Entwicklung geeigneter Anlagentypen, für die<br />

Abstimmung der Steuerung und Regelung sowie für die Bestätigung der Anlageneignung.<br />

Nur über Windmessungen können Windgutachter ein vertieftes Verständnis des<br />

Windfeldes erlangen und so die Qualität ihrer Arbeit und ihrer Strömungsmodelle<br />

verbessern.<br />

Die richtige Messstrategie<br />

Die Entscheidung zur Messstrategie wird vor allem von der Interessenlage des Projektentwicklers<br />

gesteuert. Sie sollte aber in Abstimmung mit dem Windgutachter getroffen<br />

werden, denn Ziel einer Messung ist in der Regel, die Unsicherheit des Wind- und<br />

Ertragsgutachtens weitestgehend zu minimieren. Eine Messstrategie sollte deshalb so<br />

gewählt werden, dass die Auswertung, Interpretation und Verwendung der Messdaten<br />

einschließlich der nachfolgenden Strömungsmodellierung zu einer minimalen Unsicherheit<br />

führt.<br />

Bereits an dieser Stelle ist – zumindest bei Projekten im Ausland – der häufigste strategische<br />

Fehler von Windmessungen zu beobachten. Das trivialste Beispiel ist dabei die<br />

Wahl des Messstandortes. Sie hat in der Regel keine oder nur geringe Auswirkungen auf<br />

die Kosten der Messung, aber große Auswirkungen auf die Qualität des Windgutachtens.<br />

Idealerweise wird entweder eine für das Projekt typische Stelle gewählt, die auch<br />

58


WINDMESSUNG | Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast<br />

mit geringer Unsicherheit im verwendeten Strömungsmodell behandelt wird, oder es<br />

werden bei sehr variabler Standortcharakteristik mehrere Messpunkte geschickt miteinander<br />

kombiniert.<br />

Die weiteren wichtigsten Diskussionspunkte<br />

im Vorfeld einer Windmessung sind:<br />

• die Messdauer und der Zeitplan,<br />

• die eingesetzte Technik,<br />

• die Kosten,<br />

• die Logistik,<br />

• die Akzeptanz der Ergebnisse.<br />

Diese Punkte können nicht getrennt voneinander behandelt werden, weshalb hier<br />

grundsätzlich von einer Messstrategie die Rede ist. Sie werden im Folgenden anhand<br />

der Frage nach Vor- und Nachteilen der „klassischen Windmessung“ mit Messmast<br />

beleuchtet.<br />

Mastmessungen sind kompatibler<br />

Die Windmessung mittels ↗ Schalenkreuzanemometern an einem Messmast gilt historisch<br />

betrachtet als Standard in der Windenergienutzung. Sie hat in Bezug auf die Unsicherheit<br />

des Ergebnisses bisher einen eindeutigen Vorteil: Auch die Leistungskennlinien<br />

von Windkraftanlagen werden auf diese Weise bestimmt. Damit sind beim Übergang von<br />

der Größe „Windgeschwindigkeit“ auf die Größe „Leistung“ bzw. „Ertrag“ die geringsten<br />

systematischen Brüche zu erwarten. Insbesondere unter diesem Blickwinkel wird derzeit<br />

allgemein angenommen, dass Schalenkreuzanemometer die größte Genauigkeit bei<br />

Windmessungen liefern.<br />

Dies setzt voraus, dass die Messungen des Windpotenzials und der Leistungskennlinie<br />

auch im Detail kompatibel sind. Da für Messungen des Windpotenzials keine anerkannten<br />

eigenen Richtlinien vorhanden sind, werden ersatzweise die für die Messung<br />

von Leistungskennlinien erstellten Richtlinien angewandt. In vielerlei Hinsicht sind diese<br />

hilfreich – betrachtet man jedoch die Aussagegenauigkeit des Wind- und Ertragsgutachtens<br />

insgesamt, so können davon abweichende technische Lösungen sinnvoller sein.<br />

Dies ist im Rahmen der Entwicklung der Messstrategie zu beachten.<br />

59


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Fehlerquellen vermeiden<br />

Häufig wird die Genauigkeit der Mastmessung<br />

überbewertet. Etwa seit dem<br />

Jahr 2000 wurden Konstruktion und Kalibration<br />

von Schalenkreuzanemometern<br />

bis in kleinste Details beleuchtet und optimiert.<br />

Zu wenig beachtet werden aber<br />

nach wie vor Fragen der Installation dieser<br />

Sensoren und die Verwendung der erhobenen<br />

Daten. Hier sind derzeit häufig<br />

signifikante, aber vollkommen unnötige<br />

Fehler zu finden.<br />

Ein wichtiger Aspekt ist der Abstand<br />

des obersten Anemometers von der Mastspitze.<br />

Nach der derzeit gültigen Norm<br />

DIN ↗ IEC 61400-12-1 muss dieses Anemometer<br />

vollkommen frei von Störungen<br />

bzw. unabhängig von anderen Geräten<br />

sein und sich mindestens fünf Mastdurchmesser<br />

entfernt mittig oberhalb der Mastspitze<br />

befinden. Der Grund ist, dass durch<br />

die Umströmung der Mastspitze eine Beschleunigung<br />

entsteht. Ein zu niedrig angebrachtes<br />

Anemometer misst daher zu<br />

Entwicklungsingenieur prüft Windgeschwindigkeit<br />

im Windpark am Kaiser-Wilhelm-Koog. hohe Windgeschwindigkeiten, die zu systematischen<br />

Messfehlern bis etwa 0,1 m/s<br />

Foto: Markus Dlouhy/Das Fotoarchiv<br />

führen können.<br />

Die Analyse von Messdaten hat jedoch gezeigt, dass auch der zuvor angegebene<br />

Mindestabstand nicht immer ausreicht, was bei der Messdatenauswertung unbedingt zu<br />

beachten ist. Wenn genügend Anemometer seitlich am Mast über die Höhe verteilt angebracht<br />

sind, kann dies aber kontrolliert und bei Bedarf eine Korrektur ermittelt werden.<br />

Bestimmung des Höhenprofils<br />

Zu empfehlen ist ohnehin der Einsatz von deutlich mehr Anemometern am Mast<br />

als üblich. Werden bei den derzeit verbreiteten Masthöhen fünf bis sechs Anemometer<br />

verwendet, kann nicht nur das Höhenprofil deutlich sicherer und genauer bestimmt werden,<br />

es ergeben sich auch gute Möglichkeiten zur Kontrolle der Messgenauigkeit.<br />

60


WINDMESSUNG | Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast<br />

In vielen Windgutachten wird nicht beachtet, dass Mastmessungen auch Informationen<br />

zum Höhenprofil liefern. Häufig wird nur die Windinformation vom obersten Anemometer<br />

verwendet und dann über Modellrechnungen auf die geplante Nabenhöhe<br />

übertragen. In der Praxis hat dies schon häufig zu Fehlern von 5 – 10 Prozent bei der<br />

Berechnung des Energieertrags geführt. Stattdessen sollte das Höhenprofil aus der Messung<br />

abgeleitet und die Modellierung ggf. entsprechend angepasst werden.<br />

Windgeschwindigkeit und Häufigkeitsverteilung<br />

Der berechnete Energieertrag einer Windkraftanlage hängt nicht nur von der mittleren<br />

Windgeschwindigkeit, sondern auch von der Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit<br />

ab. Die gemessene Häufigkeitsverteilung muss also sorgfältig und möglichst<br />

ohne Verzerrungen auf langfristige Verhältnisse und in das Strömungsmodell<br />

übertragen werden.<br />

Die Verwendung von ↗ Weibull-Näherungen kann alleine schon zu deutlichen<br />

Fehlern von 1 – 4 Prozent im Energieertrag führen. Noch gravierender ist es, wenn die<br />

gemessene Verteilung überhaupt nicht berücksichtigt wird und sich die Modellierung<br />

nur an der mittleren Windgeschwindigkeit orientiert. In extremen Fällen führt dies in<br />

Gutachten zu Fehlern im berechneten Energieertrag von bis zu 10 Prozent. Dies zeigt<br />

deutlich, dass für eine Minimierung von Unsicherheiten nicht einzelne Aspekte einer<br />

Windmessung, sondern die gesamte Kette der Messung, Auswertung und Verwendung<br />

der Daten betrachtet werden muss.<br />

Der Faktor Zeit<br />

Ein strategisch bedeutender Aspekt für eine Windmessung ist die Zeitschiene. Die<br />

allgemein anerkannte Forderung nach einer mindestens einjährigen Messdauer gründet<br />

sich darauf, dass die Messdaten auf langfristige Verhältnisse skaliert werden müssen und<br />

sich das Verhältnis von Vergleichsdaten (z. B. Wetterstationsdaten oder Reanalysedaten)<br />

zu Standortmessdaten je nach Wetterlage, Tages- oder Jahreszeit ändert. Diese Veränderung<br />

ist aufgrund der variablen atmosphärischen Schichtung umso größer, je höher<br />

gemessen wird.<br />

Allgemein wird angenommen, dass das Verhältnis zwischen den Messorten nach<br />

Ablauf von zwölf Monaten etwa dem langjährigen Verhältnis entspricht und daher ein<br />

Langfristbezug mit erträglicher Unsicherheit möglich ist. Es ist allerdings denkbar, dass<br />

bei den inzwischen erreichten Naben- und Messhöhen auch ein zwölfmonatiger Messzeitraum<br />

nicht ausreicht.<br />

61


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Belastbare Aussagen in kürzeren Zeiträumen<br />

Diese Argumentation wird dann hinfällig, wenn Vergleichsdaten aus ähnlicher Landschaft<br />

und ähnlicher Höhe über Grund verwendet werden können. Existieren in der Umgebung<br />

hoch reichende und länger dauernde Windmessungen oder Windkraftanlagen<br />

mit entsprechenden Nabenhöhen und Ertrags- oder Steuerungsdaten in mindestens<br />

täglicher Auflösung, so kann über mehrstufige Vergleiche auch mit einer relativ kurzen<br />

Windmessung eine gut belastbare Aussage zum Windpotenzial am geplanten Standort<br />

erzielt werden. Solche Vorgehensweisen benötigen äußerste Vorsicht, kritische Betrachtung<br />

und Sorgfalt, sie können aber sehr effizient sein.<br />

Vor diesem Hintergrund ist auch zu bedenken, dass in Deutschland Windmessungen<br />

bis vor kurzem nicht üblich waren. Gemessen an den dabei in Kauf genommenen<br />

Unsicherheiten von Wind- und Ertragsgutachten sollte daher nicht jede Vorgehensweise<br />

außerhalb der gängigen Standards kategorisch abgelehnt werden. Auch wenn eine<br />

einjährige Messung stets vorzuziehen ist: Viel Prognosesicherheit kann bei geschickter<br />

Mess- und Auswertungsstrategie bereits in den ersten Messmonaten erzielt werden. Dabei<br />

sollte aber der Mehraufwand hinsichtlich einer Absicherung bei der Verwendung von<br />

kürzeren Messungen nicht unterschätzt werden.<br />

Entscheidend ist zunächst, dass überhaupt Windmessungen stattfinden. Viele Windmessungen<br />

in Deutschland, die in den letzten Jahren vorgenommen wurden, haben unabhängig<br />

von ihrer Art und Dauer überraschende Erkenntnisse erbracht.<br />

Ein Blick auf die Kosten<br />

Die meisten Kosten einer Messung mit Messmast fallen beim Auf- und Abbau an.<br />

Messmasten sind daher nur von Interesse, wenn längere Messzeiträume vorgesehen<br />

sind. Die Errichtung eines Messmastes benötigt zudem oft mehrere Monate Vorlaufzeit<br />

für Planung und Genehmigung. Das ist unproblematisch, wenn die Projektentwicklung<br />

auf eine lange Zeitschiene ausgelegt ist. Sollen aber möglichst rasch Ergebnisse vorliegen,<br />

kann eine ↗ Sodar- oder ↗ Lidarmessung trotz einer angenommenen geringeren<br />

Messgenauigkeit letztlich zu einer höheren Qualität des Gutachtens führen. Solche<br />

Messungen können innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen begonnen werden. Dies<br />

ermöglicht dann im Zweifelsfall, mehr Messdaten bis zur Erstellung des Gutachtens zu<br />

sammeln und auf diese Weise die Unsicherheit zu verringern.<br />

Den größten Vorteil entfalten die bodengestützten Fernerkundungssysteme, wenn<br />

unklar ist, ob am Standort überhaupt ein ausreichendes Windpotenzial besteht. Da der<br />

Aufwand für Auf- und Abbau gering ist, kann das Windpotenzial mit relativ niedrigen<br />

Kosten vorgeprüft und die Messung bei enttäuschenden Ergebnissen jederzeit abgebrochen<br />

werden.<br />

62


WINDMESSUNG | Aufwendiger und exakter – Windmessungen mit Mast<br />

Die Kosten der Mastmessung steigen<br />

erheblich mit der Höhe des Mastes, auch<br />

wenn hier in den vergangenen Jahren einige<br />

Verbesserungen erreicht wurden. Die<br />

geplante Nabenhöhe spielt daher ebenso<br />

eine große Rolle bei der Wahl des Messsystems.<br />

Allgemein wird gefordert, dass<br />

die oberste Messhöhe mindestens zwei<br />

Drittel der geplanten Nabenhöhe erreicht.<br />

In Waldgebieten und bei Nabenhöhen von<br />

deutlich über 100 Metern reicht dieses<br />

Kriterium aber oft nicht aus, da sich das<br />

Höhenprofil noch im Bereich um und über<br />

100 Meter stark ändern kann.<br />

Bezüglich der Anforderungen an den<br />

Standort werden in der Diskussion die<br />

Messmasten für<br />

komplexes Gelände<br />

Den größten Vorteil hinsichtlich der<br />

Genauigkeit haben Messmasten<br />

derzeit in komplexem Gelände, wenn<br />

die kleinräumige Veränderlichkeit der<br />

Geländestruktur bei Sodar- und Lidargeräten<br />

aufgrund ihrer Messung über<br />

einen größeren Konus zu teilweise<br />

erheblichen Messfehlern führt.<br />

Unterschiede zwischen Mast- und Fernmessgeräten oft falsch bewertet. Beispielsweise<br />

benötigen Messmasten ebenso wie Sodar- und Lidargeräte Lichtungen in Wäldern, hinzu<br />

kommen deutlich anspruchsvollere Anfahrtswege. Sodar- und Lidargeräte hingegen sind<br />

von einer ausreichenden Stromversorgung abhängig. Die in der Werbung oft zu sehenden<br />

tragbaren Komponenten suggerieren daher eine Leichtigkeit, die in der Praxis nicht gegeben<br />

ist.<br />

Fazit<br />

Wenn der Faktor Zeit keine besonderen<br />

Bedingungen erfordert, dürfte<br />

auch zukünftig bei geringen und<br />

mäßigen Nabenhöhen der Messmast<br />

mit Schalenkreuzanemometern das<br />

System der Wahl bleiben. Das liegt vor<br />

allem an der langjährigen Erfahrung<br />

in der Branche und der erreichbaren<br />

Genauigkeit. Diese kommt aber nur<br />

dann zustande, wenn ein korrekter<br />

Aufbau vorhanden ist, um fehlerfreie<br />

Messungen zu gewährleisten.<br />

Autor<br />

Herbert Schwartz (Jg. 1961)<br />

befasst sich seit 1984 mit der<br />

Windenergienutzung. Über<br />

16 Jahre lag sein Arbeitsschwerpunkt<br />

abwechselnd<br />

bei der Prototypvermessung<br />

und der Modellierung von Windkraftanlagen an<br />

der Universität Stuttgart und später bei der Beratungsgesellschaft<br />

Garrad Hassan and Partners<br />

Ltd. Seit 1997 ist der Diplom-Ingenieur der Luftund<br />

Raumfahrttechnik im Bereich Windgutachten<br />

für anemos-jacob GmbH tätig, seit 2003 als Geschäftsführer<br />

gemeinsam mit Dr. Daniela Jacob.<br />

63


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

64


WINDMESSUNG | Was leistet ein Windatlas?<br />

Was leistet ein<br />

Windatlas?<br />

In den südlichen Bundesländern mit (noch) geringer<br />

Nutzung der Windenergie werden verstärkt sogenannte<br />

Windatlanten als Planungshilfen verwendet. Die großflächigen<br />

Windpotenzialkarten dienen in erster Linie regionalplanerischen<br />

Ausweisungen von Windeignungsgebieten.<br />

Bei der konkreten Planung von Standorten können sie<br />

jedoch lediglich zur groben Orientierung beitragen.<br />

Windkarte Europa von Februar 2005 in 100 m Höhe.<br />

Grafik: anemos GmbH<br />

65


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

In den letzten drei Jahren wurden Windpotenzialkarten für die Bundesländer Bayern,<br />

Baden-Württemberg und Hessen erstellt. Ihr Nutzen besteht in der Darstellung und<br />

Identifizierung ausreichend windhöffiger Bereiche. Die Windkarten sollen den Regionalplanern<br />

helfen, geeignete Gebiete in Bundesländern mit eher unterdurchschnittlichem<br />

Windaufkommen zu finden und diese für die zukünftige Ausweisung vorzuschlagen,<br />

wenn keine anderen Belange entgegenstehen.<br />

Herausforderung Genauigkeit<br />

Ein Grundproblem der großflächig ermittelten Karten ist die Genauigkeit des ermittelten<br />

Windregimes bei oft dürftigen Referenzdaten. In sehr begrenztem Rahmen lassen<br />

sich aus den Karten gewisse qualitative Aussagen der Veränderungen des Windes mit<br />

Änderung des Geländes oder auch des Bewuchses ableiten. Damit sind oft auch qualitative<br />

Unterschiede des Windpotenzials in kleinräumigen Zusammenhängen wie dem<br />

Gebiet einer Gemeinde nachvollziehbar.<br />

Über größere Gebiete ist dies jedoch nur sehr bedingt möglich, da das langjährige<br />

Windangebot in Mittelgebirgslandschaften räumlich stark variiert. Der Grund für diese<br />

regionalen Unterschiede ist die Geländestruktur und die Landnutzung: So weisen exponierte<br />

Geländeflächen oft ein deutlich höheres Windenergiepotenzial auf als Tallagen<br />

oder die Leeseite von Höhenzügen. Die genauen meteorologischen und strömungsmechanischen<br />

Zusammenhänge sind physikalisch hochkomplex. Da sie mit den zurzeit verfügbaren<br />

Simulationsmethoden nur bedingt wiedergegeben werden können, sind sie je<br />

nach Geländebeschaffenheit, Berechnungsmodell und -auflösung vielfach zu ungenau.<br />

Datendichte und -qualität<br />

Gerade in Gebieten mit wenigen oder fehlenden Erfahrungswerten durch bereits bestehende<br />

Anlagen kommt es auf die quantitative Genauigkeit der Karten an. Diese ist<br />

oft nicht gegeben und hängt vor allem von der Dichte und Qualität der Eingangsdaten<br />

zum Windregime, ihrem Langzeitbezug sowie von der Modellsimulation ab. Eine wie beispielsweise<br />

in Hessen vielerorts vorhandene kleinhügelige Geländebeschaffenheit kann<br />

mit einer geringeren räumlichen Auflösung nicht gut wiedergegeben werden, da viele<br />

kleinere Erhebungen nicht mit erfasst werden. Hier sind Auflösungen von max. 100 Metern<br />

wünschenswert. Diese wurden mittlerweile in den aktuellen regionalen Windpotenzialkarten<br />

Hessens auch umgesetzt.<br />

66


WINDMESSUNG | Was leistet ein Windatlas?<br />

Windressourcenkarte Hessen<br />

Modellierte Windgeschwindigkeit auf einer Höhe von 140 m über Grund.<br />

Quelle: TÜV Süd<br />

67


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Kleinere Abweichungen – größere Ertragsschwankungen<br />

Wenn in großräumigen Gebieten weder ausreichende Betriebsdaten noch hochwertige<br />

Windmessungen zur Verfügung stehen, sind quantitative Aussagen zum Windaufkommen<br />

wenig belastbar. Dies gilt insbesondere auch für gebirgiges Gelände. Die Übertragungs-<br />

und Abbildungsfähigkeiten der Berechnungsmodelle sind dann überfordert,<br />

was zu Abweichungen bei den Angaben der Windgeschwindigkeiten von bis zu 1 m/s<br />

führen kann. Auf den möglichen Windertrag einer Anlage bezogen kann dies Differenzen<br />

von 60 Prozent und mehr bedeuten. Für die Ausweisung von Flächen und für Planungen<br />

sind solche Unsicherheiten inakzeptabel.<br />

Um genauere Werte zu ermitteln, sind in diesen Fällen standortspezifische Gutachten<br />

notwendig, die bei Absenz belastbarer Vergleichsdaten auch auf Windmessungen<br />

basieren sollten. Bei inzwischen in Hessen erstellten Einzelgutachten wurden schon Abweichungen<br />

von 0,25 – 1,0 m/s zu den Potenzialkarten festgestellt.<br />

Abhängigkeit des vertikalen Windprofils<br />

von der Temperaturschichtung<br />

200<br />

180<br />

labil<br />

160<br />

Höhe über Grund in m<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

neutral<br />

stabil<br />

40<br />

20<br />

0<br />

2,0 5,8 7,1 8,0 8,8 9,5 10,1<br />

Windgeschwindigkeit in m/s<br />

68


WINDMESSUNG | Was leistet ein Windatlas?<br />

Windatlanten:<br />

Stärken, Schwächen, mögliche Verbesserungen<br />

Stärken<br />

• Großflächige Darstellung des Windpotenzials<br />

• Teils treffende qualitative Darstellung lokaler Unterschiede<br />

• Grobe Anhaltswerte zur Unterstützung bei Flächenausweisung<br />

Schwächen<br />

• Sehr große Gebiete werden untersucht<br />

• Je nach Region hohe bis sehr hohe quantitative Ungenauigkeiten<br />

• Je nach Region wenig belastbare Referenzdaten in größeren Gebieten<br />

• Oft nur Angaben von Windgeschwindigkeiten<br />

Verbesserungsmöglichkeiten<br />

• Kartografische Angaben von Windenergiepotenzialen<br />

(z. B. Windenergiedichte in W/m²)<br />

• Möglichst hohe Auflösung des Berechnungsgitters (mind. 100 x 100 m)<br />

• Angaben von Fehlerabschätzungen als kartografische Darstellungen<br />

• Kartografische Darstellung aller Referenzdaten und deren Güte<br />

• Berücksichtigung der Luftschichtungseffekte<br />

• Ggf. Kombination des Berechnungsmodells mit ↗ mesoskaligen Modellen<br />

• Angaben zur Bewertung der ↗ Rauigkeit verschiedener Landnutzungen<br />

Windgeschwindigkeit ist nicht gleich Energiegehalt<br />

Problematisch ist es, wenn in den Karten als Maß zur Bewertung der Windhöffigkeit<br />

nicht der Energiegehalt des Windes, sondern die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten<br />

dargestellt werden. Letztere sind je nach Häufigkeitsverteilung des Windes für<br />

den Ertrag eine recht variable Größe. Der Energiegehalt des Windes und damit der Ertrag<br />

einer Windenergieanlage sind stark von der Verteilung der einzelnen Windgeschwindigkeiten<br />

abhängig: Sie können bei der selben mittleren Windgeschwindigkeit um bis zu 15<br />

Prozent schwanken.<br />

69


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Selbstbau-Anemometer in St. Moritz. Foto: Jens Meier<br />

70


WINDMESSUNG | Was leistet ein Windatlas?<br />

So kann eine mittlere Jahreswindgeschwindigkeit<br />

von 6 m/s bedeuten, dass<br />

der Wind das ganze Jahr konstant mit 6<br />

m/s weht. Oder er weht in der einen Jahreshälfte<br />

mit 12 m/s, während im anderen<br />

Halbjahr Windstille herrscht. In diesem<br />

Fall würde eine Windenergieanlage bei<br />

der gleichen mittleren Windgeschwindigkeit<br />

etwa das Vierfache an Energie produzieren.<br />

Vor diesem Hintergrund sollte<br />

bei der Ausweisung von Potenzialflächen<br />

neben der mittleren Windgeschwindigkeit<br />

grundsätzlich auch die mittlere Windleistungsdichte<br />

als Beurteilungsgröße dargestellt<br />

sein.<br />

Ein bedeutsamer Faktor kann auch die<br />

Berücksichtigung der thermischen Schichtung<br />

in der Atmosphäre sein. Aufgrund<br />

unterschiedlicher thermischer Schichtungsverhältnisse<br />

kann die Windzunahme bei<br />

steigender Höhe an einem Standort deutlich<br />

von der des Referenz standortes abweichen.<br />

Da die Daten hierzu großflächig<br />

oft schwer zu erheben bzw. zu ermitteln<br />

sind, erfolgt meist keine Berücksichtigung<br />

der thermischen Schichtung, im besten<br />

Fall werden durchschnittliche Annahmen<br />

getroffen.<br />

Fazit<br />

Windpotenzialkarten sind in der<br />

Gesamtbetrachtung grobe Orientierungshilfen,<br />

die je nach Untersuchungsbereich<br />

aber große quantitative<br />

Unsicherheiten mit sich bringen können.<br />

Zur Unterstützung der Einschätzungen<br />

in den Karten ist eine kartografische<br />

Fehleranalyse daher dringend<br />

zu empfehlen. Aufgrund ihrer Aussagekraft<br />

für den potenziellen Windertrag<br />

eines Standortes ist die Angabe<br />

der Windenergiedichte gegenüber der<br />

Angabe der mittleren Windgeschwindigkeit<br />

immer zu präferieren.<br />

Zudem sollten vor der Ausweisung von<br />

Potenzialgebieten ergänzend auch genauere<br />

standortbezogene Gutachten<br />

mit einfließen und von den Planungsbehörden<br />

zugelassen werden. Dies gilt<br />

vor allem dann, wenn ein Mindestpotenzial<br />

an Wind zu den Kriterien für<br />

die Flächenausweisung gehört.<br />

Autor<br />

Roman Wagner vom Berg (Jg. 1965) ist Gründer und Inhaber des Ingenieurbüros<br />

PLANkon. Der Dipl.-Ing. (FH) für Bauingenieurswesen erstellt seit 1997 Windgutachten<br />

für Onshore-Parks und arbeitet in der Planung und Betreuung von Windenergieprojekten<br />

im In- und Ausland. Er ist zudem Gründungsmitglied und Sprecher des<br />

<strong>BWE</strong>-Windgutachterbeirates, Stellvertretender Vorsitzender des <strong>BWE</strong>-Planerbeirates<br />

und Mitglied im Fachausschuss Windpotenzial der FGW.<br />

71


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Messmast und Lidars. Foto: Deutsche Windguard<br />

72


WINDMESSUNG | „LiDAR wird sich als zentrales Werkzeug etablieren“<br />

„LiDAR wird sich als<br />

zentrales Werkzeug<br />

etablieren“<br />

Interview mit Axel Albers über Unterschiede und<br />

Einsatzmöglichkeiten von LiDAR und SoDAR für die<br />

Windmessung.<br />

Herr Albers, Sie verfügen über langjährige<br />

Erfahrungen mit bodengestützten<br />

Messsystemen. Wie funktionieren<br />

↗ SoDAR und ↗ LiDAR?<br />

Axel Albers: Beide Systeme nutzen meistens<br />

den sogenannten Dopplereffekt:<br />

Beim SoDAR (= Sound Detecting And<br />

Ranging) wird ein kurzer Schallimpuls in<br />

drei Raumrichtungen ausgesendet, in der<br />

Atmosphäre reflektiert und wieder empfangen.<br />

Aus der Frequenzverschiebung<br />

des zurückgestreuten Schallsignals wird<br />

jeweils die Windgeschwindigkeitskomponente<br />

entlang des Sendestrahls ermittelt.<br />

Durch Verwendung von mindestens<br />

drei Schallstrahlen können schließlich<br />

Windgeschwindigkeit und Windrichtung<br />

bestimmt werden. Die Messhöhe wird<br />

durch die Messung der Laufzeit zwischen<br />

dem Senden des Schallimpulses und<br />

dem Empfang des rückgestreuten Signals<br />

ermittelt. Durch Vorgabe von verschiedenen<br />

Zeitfenstern für den Empfang kann<br />

das Windfeld in verschiedenen Höhen<br />

gemessen werden.<br />

Beim LiDAR (= Light Detection And Ranging)<br />

wird auf ähnliche Weise vorgegangen,<br />

allerdings werden hier Lichtimpulse<br />

als Trägersignal genutzt: Ein Teil der<br />

ausgesendeten Lichtimpulse wird an<br />

Partikeln in der Luft, den sogenannten<br />

Aerosolen, reflektiert. Beim Empfang der<br />

Signale wird die durch den Dopplereffekt<br />

verursachte Frequenzverschiebung ausge-<br />

73


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

wertet, um daraus die Windgeschwindigkeit<br />

und -richtung in den entsprechenden<br />

Messhöhen zu errechnen.<br />

Was sind die zentralen Unterschiede<br />

der beiden Verfahren?<br />

Der entscheidende Unterschied ergibt<br />

sich im Grunde aus der Geschwindigkeit<br />

der Signale: Da sich Licht um ein Vielfaches<br />

schneller durch den Raum bewegt<br />

als Schall, erreichen LiDARs eine weit<br />

höhere Abtastrate als SoDARs, was die<br />

Qualität der Messergebnisse deutlich<br />

erhöht. Hinzu kommt, dass das Signalrauschen<br />

etwa 50 Mal niedriger ist als bei einem<br />

SoDAR, da Licht gegenüber äußeren<br />

Einflüssen unempfindlicher ist als Schall.<br />

Außerdem ist die Richtcharakteristik von<br />

Laserlicht wesentlich besser als die von<br />

Schall. All dies wirkt sich nicht nur auf die<br />

Genauigkeit der Messungen aus, sondern<br />

auch in Bezug auf die Signalverfügbarkeit<br />

ist der Einsatz der optischen Messung klar<br />

im Vorteil.<br />

Auch bei den Wetterbedingungen ist die<br />

LiDAR-Technik im Vorteil, da die schallgestützte<br />

Messung bei Regen keine brauchbaren<br />

Daten liefern kann – diese müssen<br />

dann herausgefiltert werden. Aber auch<br />

LiDAR stößt an seine Grenzen, wenn beispielsweise<br />

dichter Nebel herrscht oder<br />

die Aerosoldichte, z. B. im Hochgebirge,<br />

nicht ausreichend ist.<br />

Das heißt, der Einsatz einer LiDAR-Messung<br />

ist in den meisten Fällen der schallgestützten<br />

Messung vorzuziehen. Gilt<br />

das auch im Vergleich zur klassischen<br />

Methode mit Messmast und ↗ Schalenanemometern?<br />

Letztere hat sich in den letzten Jahren<br />

stark weiterentwickelt, eine Mastmessung<br />

verspricht zum jetzigen Stand mit<br />

Standardunsicherheiten von 1 bis 2<br />

Messmast.<br />

Foto: Deutsche Windguard<br />

74


WINDMESSUNG | „LiDAR wird sich als zentrales Werkzeug etablieren“<br />

Prozent nach wie vor die genauesten<br />

Messergebnisse. Bei einem guten LiDAR<br />

liegt sie im flachen Gelände zwischen<br />

2 und 3 Prozent, beim SoDAR kann sie<br />

leicht 5 Prozent betragen. Das ist eine<br />

ganze Menge, wenn man bedenkt, dass<br />

der Ertrag bei einer Abweichung des<br />

Windaufkommens von 5 Prozent um bis<br />

zu 15 Prozent schwanken kann.<br />

Der Knackpunkt ist aber letztlich, dass<br />

für die bodengestützten Messmethoden<br />

keine Baugenehmigung nötig ist. Und das<br />

kann bei einem Messmast schon bis zu<br />

sechs Monate dauern. Zudem brauchen<br />

die bodengestützten Systeme weder Fundamente<br />

noch Platz für die Abspannung.<br />

LiDAR. Foto: Deutsche Windguard<br />

Ist die alleinige Messung mit einem Li-<br />

DAR nach dem derzeitigen Stand ausreichend<br />

oder sollten die Messmethoden<br />

besser miteinander kombiniert werden?<br />

Bis vor ein paar Jahren waren für So-<br />

DARs wie LiDARs noch keine konkreten<br />

Anforderungen in den entsprechenden<br />

↗ IEC-Richtlinien definiert. Das hat sich<br />

zwischen 2009 und 2011 geändert, sie<br />

wurden in einen Entwurf des maßgebenden<br />

Standards für die Leistungskurvenmessungen<br />

von Windenergieanlagen<br />

eingearbeitet. Seitdem stößt insbesondere<br />

LiDAR auf immer mehr Zustimmung in<br />

der Branche und kann durchaus auch als<br />

Stand-alone-Lösung eingesetzt werden.<br />

Auch die Banken akzeptieren das mittlerweile,<br />

wenn die aus der Messung resultierende<br />

Genauigkeit hoch genug ist. Das<br />

lässt sich mit einem guten LiDAR an relativ<br />

flachen Standorten leicht erreichen.<br />

Im komplexeren Gelände ist das allerdings<br />

nur möglich, wenn prinzipbedingte<br />

Messfehler durch geeignete Maßnahmen<br />

in einem akzeptablen Rahmen gehalten<br />

werden können.<br />

Welche Messdauer ist nach Ihrer Erfahrung<br />

notwendig?<br />

In den entsprechenden Richtlinien wird<br />

eine Messdauer von einem Jahr als ausreichend<br />

empfohlen. Nach diversen wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen kommen<br />

aber auch schon nach acht oder neun<br />

Monaten akzeptable und realistische<br />

Ergebnisse zustande, weswegen meine<br />

persönliche Empfehlung eher in diese<br />

Richtung geht. Denn je länger gemessen<br />

wird, desto höher sind letztlich auch die<br />

Kosten dafür.<br />

75


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Stichwort Kosten: Ist eine LiDAR-Messung<br />

deutlich günstiger als eine klassische<br />

Messung mit Mast?<br />

Das kann man so nicht unbedingt sagen,<br />

da es bei der klassischen Methode stark<br />

auf die Messhöhe ankommt: Liegt diese<br />

bei 100 Metern, muss man mit etwa<br />

100.000 Euro im Jahr rechnen, bei 140<br />

Metern sind es knapp 150.000 Euro.<br />

Wobei das noch stark variieren kann, je<br />

nachdem wie die Bodenbeschaffenheit<br />

ist und damit auch der Aufwand für die<br />

Fundamente.<br />

Im Vergleich dazu kostet eine einjährige<br />

Messung mit einem guten LiDAR etwa<br />

150.000 Euro, wobei die Messhöhe und<br />

der Untergrund bei seinem Einsatz so gut<br />

wie keine Rolle spielen.<br />

Kauf der Geräte, da die Miete auf Dauer<br />

natürlich teurer ist, als die Geräte selbst<br />

zur Verfügung zu haben.<br />

Wie schätzen Sie die Zukunft der Windmessung<br />

ein? Wird sich die LiDAR-Messung<br />

stärker am Markt durchsetzen?<br />

Bei LiDAR hat die Entwicklung ja gerade<br />

erst angefangen. Ich rechne fest damit,<br />

dass wir in einigen Jahren Geräte haben<br />

werden, die noch weitaus exakter messen<br />

als die heutigen. Sicher wird es immer<br />

Bedingungen geben, bei denen eine<br />

Messung mit Schalensternanemometern<br />

unumgänglich ist. Aber abgesehen davon<br />

bin ich überzeugt, dass sich die LiDAR-<br />

Technologie als zentrales Werkzeug für<br />

Windmessungen etablieren wird.<br />

Lohnt sich der Kauf eines LiDAR, wenn<br />

ein größeres Projekt ansteht, oder ist es<br />

günstiger, ein Gerät mit entsprechendem<br />

Service zu mieten?<br />

Ein Service ist immer empfehlenswert,<br />

denn es gehört schon allein eine Menge<br />

Know-how dazu, das Messgerät optimal<br />

zu platzieren und die Daten korrekt<br />

auszuwerten. Zudem muss ja auch eine<br />

Unsicherheitsanalyse erstellt werden, was<br />

eine recht aufwendige Angelegenheit ist.<br />

Der Messvorgang gehört auf jeden Fall in<br />

professionelle Hände. Aber das hängt ja<br />

nicht unbedingt davon ab, ob ein Gerät<br />

gekauft oder gemietet wird.<br />

Wenn Windparkplaner mehrere Projekte<br />

planen, lohnt sich in der Regel auch der<br />

Interviewpartner<br />

Axel Albers (Jg. 1965) ist als<br />

Geschäftsführer der Deutsche<br />

WindGuard Consulting<br />

GmbH verantwortlich für<br />

die Dienstleistungsbereiche<br />

Windmessungen, Standortuntersuchungen,<br />

Technische Due Diligence,<br />

Leistungskennlinienmessungen, Schallmessungen<br />

und -prognosen sowie Windparkanalysen. Ferner<br />

ist er Leiter des akkreditierten Prüflaboratoriums<br />

Deutsche WindGuard und Mitglied zahlreicher<br />

Standardisierungsgremien.<br />

76


WINDMESSUNG | „LiDAR wird sich als zentrales Werkzeug etablieren“<br />

Auch bei SODAR geht die Entwicklung weiter!<br />

Und deshalb erreichen Sie nach wie vor mit dem AQ500 WindFinder für große<br />

Nabenhöhen das beste Verhältnis von Aussagesicherheit zu Kosten der<br />

Windmessung.<br />

Aktuelle Preisbeispiele:<br />

1 Jahr Messung: 42.000 €<br />

Parallele Messung an zweiter Position über 2 Monate: ca. 9.000 €<br />

3 Monate Sondierungsmessung mit Grobabschätzung: ca. 16.000 €<br />

jeweils zzgl. MwSt.<br />

Besondere Kennzeichen:<br />

Datenverfügbarkeit typisch 97 %<br />

in 100 m über Grund –<br />

einschließlich Geräteverfügbarkeit!<br />

minimaler Wartungsbedarf<br />

Dieselgenerator und Solarpanels<br />

integriert<br />

Strahlneigung nur 15° für<br />

minimale systematische Fehler in<br />

gegliedertem Gelände<br />

Neu: Auslieferungstest aller Geräte<br />

an einem von GL Garrad Hassan<br />

verifizierten Messmast<br />

Über 300 Geräte international im<br />

Einsatz<br />

Hersteller mit 40 Jahren Erfahrung<br />

in Entwicklung und Betrieb von<br />

Sodar- und Lidargeräten<br />

Beratung, Vermietung und Vertrieb in Deutschland durch:<br />

anemos-jacob GmbH Oldershausener Hauptstraße 22a 21436 Oldershausen<br />

Tel. 04133 210696 E-Mail: wind@anemos-jacob.de www.anemos-jacob.de<br />

77


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windgutachter<br />

anemos Gesellschaft für<br />

Umweltmeteorologie mbH<br />

Böhmsholzer Weg 3<br />

21391 Reppenstedt<br />

Tel.: 04131 8308-0<br />

Fax: 04131 8308-199<br />

kontakt@anemos.de<br />

www.anemos.de<br />

Mit unserer Erfahrung aus<br />

über 20 Jahren unterstützen<br />

wir Ihr Projekt umfassend:<br />

Ertragsanalysen, Risikoanalysen,<br />

Tubulenzanalysen, Schallund<br />

Schattenanalysen, CFD<br />

Simulationen, Windmessungen,<br />

Windatlanten, Due Dilligence,<br />

Wind- und Ertragsindex.<br />

anemos-jacob GmbH<br />

Oldershausener Hauptstraße 22<br />

21436 Oldershausen<br />

Tel.: 04133 210696<br />

Fax: 04133 210695<br />

wind@anemos-jacob.de<br />

www.anemos-jacob.de<br />

Unabhängiges Büro für Windgutachten,<br />

in vielen Ländern<br />

aktiv, Beratung, Ausbildung<br />

und Messung.<br />

Dr. S. Theunert Meteorologisches<br />

Beratungsbüro<br />

Kolberger Straße 21<br />

54516 Wittlich<br />

Tel.: 06571 5912<br />

Fax: 06571 28849<br />

theunert@metconsult-online.de<br />

www.metconsult-online.de<br />

Wind-, Ertrags- und Turbulenzgutachten,<br />

Stellungnahmen<br />

zum Ertragsverlust, Potenzialanalysen,<br />

Schallimmissionsprognose,<br />

Messdatenauswertung.<br />

GEO-NET Umweltconsulting<br />

GmbH<br />

Große Pfahlstraße 5a<br />

301651 Hannover<br />

Tel.: 0511 38872-00<br />

Fax: 0511 38872-01<br />

info@geo-net.de<br />

www.geo-net.de<br />

Über 2100 Windenergieprojekte<br />

in über 40 Ländern, Wind-/<br />

Ertrags- u. Turbulenzgutachten,<br />

Windpotenzialstudien,<br />

Windmessungen: Konzeption,<br />

Organisation und Ausführung<br />

im In- und Ausland (Mast bis<br />

140 m und höher, LiDAR), bankfähige<br />

Abschlussberichte.<br />

JH Wind GmbH<br />

Lindenbergstraße 12<br />

79199 Kirchzarten<br />

Tel.: 07661 9895304<br />

Fax: 03212 2894671<br />

jh-wind@email.de<br />

www.jh-wind.de<br />

Windgutachten: für geplante<br />

Standorte, Windpotentialstudien:<br />

Windpotentialkarten<br />

und Ertragsabschätzungen für<br />

mögliche Standorte, Schall- und<br />

Schattenwurfberechnungen,<br />

Visualisierungen.<br />

KRIWAN Industrie-Elektronik<br />

GmbH<br />

Allmand 11<br />

74670 Forchtenberg<br />

Tel.: 07947 822-0<br />

Fax: 07947 71-22<br />

info@kriwan.com<br />

www.kriwan.com<br />

Anemometer, Windgeschwindigkeit,<br />

Windrichtung, Windmesssysteme,<br />

Meteorologische<br />

Windmessung, Windüberwachung,<br />

Windmesstechnik,<br />

Wettermesstechnik.<br />

78


WINDMESSUNG | Windgutachter<br />

Power of Nature - Windenergie<br />

Aulendorf 40<br />

48727 Billerbeck<br />

Tel.: 02543 93046-74<br />

Fax: 02543 93046-73<br />

joerg.fuertges@powernature.de<br />

www.powernature.de<br />

Wind- und Ertragsprognose,<br />

Schallimmissionsprognose und<br />

Schattenwurfanalyse, Visualisierung<br />

von Windprojekten,<br />

Turbulenzermittlung, Auswertung/Analyse<br />

Winddaten.<br />

SOLvent GmbH<br />

Lünener Straße 211<br />

59174 Kamen<br />

Tel.: 02307 2400-63<br />

Fax: 02307 2400-64<br />

jw@solvent.de<br />

www.solvent.de<br />

Bestimmung von Windpotenzial<br />

und Energieerträgen<br />

von Windenergieanlagen<br />

einschließlich Prüfung windklimatologischer<br />

Eingangsdaten<br />

auf der Basis anerkannter<br />

Prüf- und Bestimmungsverfahren<br />

(z. B. Technische Richtlinie<br />

für Windenergieanlagen der<br />

Fördergesellschaft Windenergie<br />

e. V. (FGW), Teil 6).<br />

reko Windenergie-Analysen<br />

Sander Bruch Str. 10<br />

33106 Paderborn<br />

Tel.: 05254 9528129<br />

Fax: 05254 952729<br />

r.korfmacher@rekowind.de<br />

Schallimmissionsprognosen,<br />

Schattenwurfanalysen, Windund<br />

Ertraggutachten, animierte<br />

Visualisierungen, Beratungen,<br />

Langzeitbewertung von laufenden<br />

Windparks.<br />

79


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

80


Ertragsberechnung<br />

81


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Klaus Bergmann mit zwei Geräten für laserbasierte Windmessungen. Foto: BBB<br />

82


ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />

Grundlagen der<br />

Ertragsberechnung<br />

für Windparks<br />

Eine realistische Ertragsberechnung ist das maßgebliche<br />

Kriterium für die Entscheidung zum Bau eines Windparks.<br />

Aber auf welchen Grundlagen fußen tatsächlich belastbare<br />

Ertragsberechnungen? Wie sollte man vorgehen und welche<br />

Qualitätskriterien sind dabei zu beachten?<br />

83


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Wind – eine Definition<br />

Wind ist die gerichtete Strömung von Luftmassen von einem Hochdruck- zu einem<br />

Tiefdruckgebiet. Diese Randbedingungen bilden den Rahmen einer Strömungsdynamik<br />

im Gelände, welche sich abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit und der ↗ Topografie<br />

ausbildet. Dabei begünstigen niedrige ↗ Rauigkeiten und wenige Wechsel der<br />

Landbedeckung den Energiegehalt einer Strömung. Auch thermische Eigenschaften der<br />

Erdoberfläche beeinflussen lokale Windsysteme hinsichtlich der Richtungsverteilung<br />

und des Energiegehalts. Die Topografie prägt die oberflächennahe Strömung aufgrund<br />

von Verdrängungseffekten: So hat die Strömung in Tälern generell einen geringeren<br />

Energiegehalt als auf umliegenden Erhöhungen, in Einzelfällen kann sich die Talstruktur<br />

aber auch begünstigend auswirken.<br />

Die Erfassung der Windverhältnisse<br />

Das Zusammenspiel vieler Faktoren beeinflusst die spezifischen Windverhältnisse an<br />

einem Standort. Im Rahmen einer Ertragsberechnung müssen diese bekannt sein, um<br />

sie mithilfe einer Leistungskennlinie auf die Stromproduktion einer Windenergieanlage<br />

(WEA) umzurechnen. Da in der Praxis am Standort oft keine langfristige Windmessung in<br />

Nabenhöhe und in weiteren Messhöhen vorliegt, werden messtechnisch erfasste Strömungsverhältnisse<br />

an einem oder mehreren Referenzpunkten in einen sogenannten<br />

Langzeitbezug gesetzt. Die langfristig erwarteten Verhältnisse an den Referenzpunkten<br />

können dann mithilfe von Modellen an jeden WEA-Standort und in die entsprechende<br />

Höhe übertragen werden. Die Windverhältnisse werden in der Regel lediglich vereinfacht<br />

und als Durchschnittsverhältnisse wiedergegeben.<br />

Dabei werden die langfristigen<br />

Verhältnisse der Vergangenheit analysiert,<br />

und es wird angenommen, dass sie sich in<br />

der Zukunft ähnlich darstellen. Die Qualität<br />

einer Ertragsberechnung ergibt sich<br />

aus der Qualität der Datengrundlage und<br />

dem Anwendungsrahmen der verwendeten<br />

Modelle.<br />

Qualität einer Ertragsberechnung<br />

Je schlechter die Qualität der<br />

Datengrundlage ist und je näher die<br />

Grenzen eines Modells rücken, desto<br />

höher sind die Unsicherheiten einer<br />

Ertragsberechnung.<br />

Um eine möglichst hohe Qualität von Ertragsberechnungen sicherstellen, bewerten<br />

und weiterentwickeln zu können, wurden in der Windenergiebranche verschiedene<br />

Standards und Richtlinien entwickelt.<br />

84


ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />

Aufbau eines 100-Meter-Messmastes an einem Standort bei Marburg. Foto: BBB<br />

In Deutschland können sich erfahrene Fachbüros von der Deutschen Akkreditierungsstelle<br />

als Prüflabor gemäß DIN EN ISO/IEC 17025:2005 für Ertragsberechnungen<br />

und Windmessungen akkreditieren lassen. Üblich ist die Anerkennung der Technischen<br />

Richtlinie für Windenergieanlagen – Teil 6 (↗TR6): „Bestimmung von Windpotenzial und<br />

Energieerträgen“ der Fördergesellschaft für Windenergie e.V. (FGW), die in ihrer mittlerweile<br />

achten Revision seit 2004 besteht und stetig weiterentwickelt wird. In der TR6<br />

wurden Mindestanforderungen an die Datengrundlage, die verwendeten Modelle, die<br />

Ertragsberechnung und die Unsicherheitenanalyse zusammengetragen.<br />

Auf europäischer Ebene existiert zudem seit 2009 die Publikation des Measuring<br />

Network of Wind Energy Institute (↗ MEASNET) „Evaluation of site-specific wind condition“,<br />

in der eine Methodik zur Erfassung und Beschreibung der Windverhältnisse dargestellt<br />

ist. Auf internationaler Ebene beschäftigt sich die International Electrotechnical<br />

Commission (↗ IEC) mit der Erstellung von Standards, über die Methoden der Ertragsberechnung<br />

harmonisiert werden sollen.<br />

85


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Praktisches Vorgehen des Gutachters<br />

Bei der Ertragsberechnung für einen Windpark wird grundsätzlich wie folgt vorgegangen:<br />

Im Anschluss an die Auftragsklärung und die Datenbeschaffung wird ein Terrainmodell<br />

des Standorts und seiner Umgebung durch eine Standortbesichtigung und<br />

mithilfe digitaler Höhenlinien sowie flächenhafter Rauigkeitswerte erstellt. Parallel wird<br />

die Datengrundlage analysiert. Hierbei werden standortnahe Kurzzeitdaten und die<br />

Langzeitreferenz hinsichtlich ihrer Qualität und Konsistenz geprüft.<br />

Standortspezifische Daten liegen in der Regel nur für einen Zeitraum von einem oder<br />

wenigen Jahren vor. Kurzzeitdaten sind allerdings in der Regel nicht repräsentativ für die<br />

langfristig zu erwartenden Verhältnisse. Jährliche Schwankungen können bis zu 25 Prozent<br />

vom mittleren Energieniveau abweichen, monatliche Schwankungen liegen oft<br />

weit höher. Durch geeignete Verfahren können die Kurzzeitdaten mit den Langzeitdaten<br />

korreliert werden, um anschließend das erstellte Terrainmodell anhand der langfristig<br />

gültigen Werte zu validieren. Hierfür werden die Windcharakteristika an den standortnahen<br />

Referenzpunkten mithilfe des verwendeten Modells berechnet. Mit dem validierten<br />

Modell kann dann die Windcharakteristik und über die Leistungskennlinie einer WEA der<br />

Ertrag am geplanten Standort berechnet werden. Abschließend wird ein Bericht erstellt,<br />

der die Arbeitsschritte und Ergebnisse transparent zusammenfasst sowie Angaben über<br />

entsprechende Unsicherheiten enthält.<br />

Ablauf einer Ertragsberechnung<br />

Windressourcenkarte<br />

Land X (öffentlich)<br />

Windressourcenkarte<br />

Gemeinde Y<br />

Ertragsabschätzung<br />

Standort Z<br />

Bankfähiges<br />

Windgutachten<br />

Quelle: BBB Umweltservice GmbH<br />

86


ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />

Neben dem firmeninternen Verfahrensablauf sollten auch die Schnittstellen zwischen<br />

Auftraggeber und -nehmer geklärt werden. Eine klar definierte Aufgabenstellung<br />

und der Austausch bereits bestehender Daten können unnötige nachträgliche Arbeitsschritte<br />

vermeiden helfen. Je nach Datengrundlage kann ein bankfähiges Windgutachten<br />

oder eine Ertragsabschätzung der Windverhältnisse erstellt werden. Darüber hinaus ist<br />

neben einer punktuellen Ertragsberechnung für unterschiedliche Anlagentypen auch<br />

die Berechnung einer flächenhaften Ressourcenkarte möglich, die z. B. im Rahmen von<br />

Machbarkeitsstudien auch für andere Planungsbelange genutzt werden kann.<br />

Anforderungen an die Datengrundlage<br />

Standortnahe Kurz- und Langzeitdaten müssen eine möglichst hohe Qualität haben,<br />

damit die Unsicherheiten des damit errechneten Ertragswertes möglichst gering bleiben.<br />

Indikatoren für eine hohe Datenqualität sind neben der Datenquelle und der Dokumentation<br />

zudem die Auflösung, Verfügbarkeit und Konsistenz der Daten.<br />

Standortnahe Kurzzeitdaten können aus Windmessungen stammen oder in Form von<br />

Betriebsdaten benachbarter Anlagen vorliegen. Für eine standardkonforme Berechnung<br />

müssen die Zeitreihen mindestens ein Jahr umfassen und in einer Mindesthöhe von zwei<br />

Dritteln der geplanten Nabenhöhe gemessen worden sein. Messungen in kürzeren Zeiträumen<br />

können aufgrund nicht repräsentativer thermischer Schichtung der Atmosphäre<br />

zu falschen Annahmen über das Windprofil führen. Sie bieten in den meisten Fällen keine<br />

ausreichende Datenbasis für die Erstellung eines Langzeitbezugs.<br />

Windmessungen<br />

Windmessungen werden mit ↗ Schalenkreuzanemometern und Windfahnen an<br />

Messmasten oder mithilfe von Fernerkundungsgeräten durchgeführt. Letztere sind derzeit<br />

noch nicht als alleinige Kurzzeit-Datengrundlage in den Standards aufgenommen.<br />

Dies wird sich voraussichtlich aber auf mittlere Sicht ändern, da die Technologien einiger<br />

Hersteller ausgereift sind und zahlreiche valide Messergebnisse vorliegen.<br />

Betriebsdaten von bestehenden Anlagen<br />

Während Messdaten von Masten oder Fernerkundungsgeräten meistens in privatwirtschaftlicher<br />

Hand sind, besteht in Deutschland für Betriebsdaten bestehender Anlagen,<br />

die eine EEG-Vergütung erhalten, eine Veröffentlichungspflicht. Üblicherweise werden<br />

in Deutschland Ertragsberechnungen auf der Basis von Ertragsdaten bestehender<br />

Anlagen durchgeführt. Um diese für eine standardkonforme Ertragsberechnung nutzen<br />

zu können, müssen sie anlagenscharf, mindestens in monatlicher Auflösung und unter<br />

87


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

140 Meter hoher Messmast bei Beratzhausen, Bayern. Foto: Herbert Grabe/OSTWIND<br />

88


ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />

Angabe technischer sowie ggf. parkinterner Netzverluste vorliegen. Um ein realistisches<br />

Windpotenzial ermitteln zu können, müssen die Leistungskennlinien der Anlagen zudem<br />

den theoretischen Angaben entsprechen.<br />

In der Regel liegen die Betriebsdaten bei den Anlagenbetreibern, veröffentlicht werden<br />

sie von den Netzbetreibern. Die so veröffentlichten Daten sind für die Ertragsberechnung<br />

allerdings kaum praktikabel. Werden sie nicht zusätzlich von den Betreibern<br />

veröffentlicht, kann die Datenbeschaffung einen erheblichen Aufwand bedeuten. Hier<br />

sollten Projektentwickler, Betreiber und Gutachter noch enger zusammenarbeiten, um<br />

bessere Datengrundlagen für Ertragsberechnungen zu schaffen und damit die Planungsrisiken<br />

zu verringern.<br />

Mit der Erschließung der südlichen Bundesländer und weiterer komplexer Regionen<br />

sowie mit dem Bau großer Nabenhöhen werden Windmessungen immer häufiger direkt<br />

am Standort durchgeführt.<br />

Indizes und Reanalysedaten<br />

Kurzzeitdaten müssen in jedem Fall auf ihre Repräsentativität im Langzeitniveau<br />

überprüft werden. Dazu sollten mindestens zwei unterschiedliche Langzeitdatensätze<br />

vorliegen. Als Langzeitreferenzen werden in Deutschland aktuell größtenteils ein Ertragsindex<br />

der Betreiberdatenbasis (↗ BDB-Index) und auf ↗ Reanalysedaten basierende Indizes<br />

verwendet. Der BDB-Index weist methodenbedingt eine hohe Trendhaltigkeit auf,<br />

die bei jeder Ertragsberechnung berücksichtigt werden muss.<br />

Die Reanalysedaten beinhalten Windgeschwindigkeit und -richtung. Sie werden über<br />

Klimamodelle generiert, die über gemessene meteorologische Größen validiert sind (Reanalyse).<br />

Obwohl die absoluten Werte der Reanalysedaten bisher in keiner Form belastbar<br />

sind, entspricht ihr Verlauf sehr gut gemessenen Zeitreihen. In den letzten Jahren<br />

haben sich Reanalysedaten zudem erheblich weiterentwickelt, die räumliche und zeitliche<br />

Auflösung hat sich verbessert. Die Verwendung der oft frei verfügbaren Daten als<br />

Langzeitreferenz senkt die Berechnungsunsicherheit erheblich.<br />

Anforderungen an die Modelle<br />

In der Windenergiebranche haben sich nur wenige Modelle durchgesetzt, die für<br />

Ertragsberechnungen im Binnenland genutzt werden. Sie beziehen sich auf die Beschreibung<br />

der reibungsbeeinflussten ↗ Prantl-Schicht. In den letzten zwei Jahrzehnten haben<br />

sich ↗ WAsP (Wind Atlas Analysis and Application Program) und das sogenannte<br />

Windatlas-Verfahren zum Standard entwickelt, deren Anwendung allerdings auf flaches<br />

bis leicht hügeliges Terrain beschränkt ist.<br />

In beiden Modelltypen wird ein Terrainmodell eingespeist, das über Referenzpunkte<br />

89


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

mit langzeitkorrelierten Daten validiert wird. Damit kann über meteorologische Rechenalgorithmen<br />

von den Windverhältnissen an den Referenzpunkten auf die Verhältnisse an<br />

beliebigen Koordinaten innerhalb des Modells geschlossen werden. Die Berechnungsansätze<br />

der Modelle unterscheiden sich allerdings stark.<br />

Modell im einfacheren Gelände: WAsP<br />

Das empirische, lineare Modell WAsP berechnet generelle Windstatistiken, indem<br />

die Einflüsse der ↗ Orographie und der Rauigkeit an Referenzpunkten herausgerechnet<br />

werden. In einem zweiten Schritt können die Einflüsse an gewünschten Positionen wieder<br />

berücksichtigt werden, um damit an allen Positionen innerhalb des Modells Erträge<br />

zu berechnen. Allerdings kann der Einfluss der Orographie spätestens ab einer Geländesteigung<br />

von 30 Prozent nicht mehr realitätsnah berechnet werden, was zu massiven<br />

Fehleinschätzungen der Windverhältnisse führt.<br />

CFD-Modelle im komplexeren Gelände<br />

Energieautarker LiDAR-Trailer: beinhaltet Messgerät,<br />

Brennstoffzelle und Solarmodule zum un -<br />

abhängigen Betrieb an jedem Standort. Foto: BBB<br />

↗ CFD-Modelle sind physikalische Modelle. Sie berechnen für alle Zellen innerhalb<br />

des Modells die relative Änderung von Strömungsverhältnissen in horizontaler und vertikaler<br />

Ausdehnung. In einem weiteren Berechnungsschritt wird das Modell über die<br />

langzeitkorrelierten Daten der Referenzpunkte angetrieben. Daraus lassen sich dann<br />

absolute Werte für jede Zelle ableiten. CFD-Modelle können mit großen Steigungen wesentlich<br />

besser umgehen, obwohl auch hier die Unsicherheit mit der Komplexität ansteigt.<br />

Zudem kann mit ihnen die thermische Schichtung berücksichtigt werden. In der<br />

Praxis geschieht dies bisher selten, da in Deutschland in der Regel eine neutrale Schichtung<br />

angenommen werden kann und eine<br />

Berücksichtigung aufgrund mangelnder<br />

Datengrundlage meist nicht möglich ist.<br />

Neben diesen mikroskaligen kommen<br />

in der Windenergiebranche auch ↗ mesoskalige<br />

Modelle zur Anwendung. Über<br />

sie können Reanalysedaten verfeinert<br />

sowie relative räumliche Unterschiede<br />

der Windverhältnisse, aber auch die Bedingungen<br />

in höheren atmosphärischen<br />

Schichten berechnet werden. Für die Berechnung<br />

absoluter Windverhältnisse und<br />

Ertragsberechnungen sind diese Modelle<br />

aktuell allerdings nicht geeignet.<br />

90


ERTRAGSBERECHNUNG | Grundlagen der Ertragsberechnung für Windparks<br />

Fazit<br />

Belastbare Ertragsberechnungen sind gegenwärtig innerhalb der Berechnungsunsicherheit<br />

gut möglich. Letztere liegt im flachen Gelände bei etwa 10 – 15 Prozent,<br />

im komplexen Gelände zwischen 15 und 25 Prozent. Die Möglichkeiten zur Durchführung<br />

von Ertragsberechnungen haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten<br />

erheblich verbessert und die vorhandenen Modelle werden sich auch in Zukunft<br />

weiterentwickeln. Allerdings werden die Unsicherheiten ebenso bestehen bleiben<br />

und nur wenig unter 10 Prozent gedrückt werden können. Für Projektplaner und<br />

Finanzierende bleibt die Ertragsberechnung somit eine Herausforderung. Dies ist<br />

ihrer Komplexität sowie den Teilunsicherheiten der Berechnungsgrundlagen und<br />

-methoden geschuldet.<br />

In einigen Bereichen ist für die Ertragsberechnung jedoch noch viel Potenzial<br />

vorhanden: Möglicherweise werden in Zukunft standortspezifische Leistungskennlinien<br />

der WEA zur Verfügung stehen. Auch die Fernerkundung bietet noch viele<br />

Möglichkeiten, da mit ihr kostengünstig große Höhen und künftig eventuell auch die<br />

Windverhältnisse im Raum vermessen werden können. Ebenso werden sich Reanalyse-<br />

und andere Modelldaten sowie Teilmodelle für die Simulation – beispielsweise<br />

von Abschattungseffekten der Anlagen untereinander oder von Waldeinfluss – beständig<br />

weiterentwickeln. Außerdem wird aktuell die Möglichkeit der Kopplung von<br />

mikro- und mesoskaligen Modellen diskutiert. Im besten Fall können damit künftig<br />

die Erträge von Anlagen in großer Nabenhöhe und über die gesamte Rotorfläche<br />

verlässlicher modelliert werden.<br />

Autorin<br />

Sylvia Schubert (Jg. 1981) hat Physische Geografie und Klimatologie an der<br />

Universität Göttingen studiert und ist seit 2008 bei der BBB Umwelttechnik GmbH<br />

als Windgutachterin tätig. 2011 hat sie den weiterbildenden Studiengang<br />

„Windenergietechnik und -management“ abgeschlossen und wurde im selben<br />

Jahr zur stellvertretenden Vorsitzenden des Windgutachterbeirats im <strong>BWE</strong><br />

gewählt.<br />

91


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

92


ERTRAGSBERECHNUNG | Energieertragsgutachten – was braucht die Bank?<br />

Energieertragsgutachten<br />

– was<br />

braucht die Bank?<br />

In der Regel ist eine gute Energieertragsprognose im<br />

orographisch stark strukturierten Binnenland mit höherem<br />

Aufwand und größeren Unsicherheiten verbunden als<br />

beispielsweise im norddeutschen Flachland. Das hat nicht<br />

nur Auswirkungen auf die Projektfinanzierung, sondern<br />

auch auf die Anforderungen an die Ertragsgutachten.<br />

Aufbau einer Nordex N100 gamma im Windpark<br />

Germinon in der Champagne, Frankreich.<br />

Foto: Jan Oelker<br />

93


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Der künftige Energieertrag ist in der ↗ Cashflow-Berechnung einer Windparkprojektfinanzierung<br />

von allen mit Unsicherheit behafteten Kennzahlen die wichtigste Variable<br />

zur Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit und der Höhe der möglichen Fremdfinanzierung<br />

des Projektes. Dies legt den Schluss nahe, dass die Bank die notwendigen Gutachten<br />

selbst bei Gutachtern ihrer Wahl beauftragen sollte. In der Praxis ist dies jedoch nur<br />

in Ausnahmen der Fall, weil die Energieertragsgutachten bereits lange vor einer Vereinbarung<br />

zur ↗ Projektfinanzierung benötigt werden. Dennoch sollten die Anforderungen<br />

seitens der Banken von vornherein beachtet werden.<br />

Anforderungen an den Gutachter<br />

Die Bank wird mit einigen Gutachterbüros einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch<br />

betreiben und so auf eine Zusammenarbeitshistorie zurückblicken können. Sie wird<br />

daher Gutachten dieser Gutachterbüros bevorzugt akzeptieren. Damit ist ausdrücklich<br />

keine Aussage über die Qualität der Gutachten verbunden. Die Akkreditierung eines<br />

Windgutachterbüros (siehe www.fgw-wind.de) gilt als weiteres Akzeptanz förderndes<br />

Kriterium, eine Nichtakkreditierung ist jedoch kein Ausschlusskriterium.<br />

Konstruktiver Austausch<br />

Wichtig ist die Bereitschaft des Gutachters, der Bank – selbstverständlich nach entsprechender<br />

Freigabe des Auftraggebers – bei Bedarf Erläuterungen zum Gutachten zu<br />

geben. Zu erwähnen sei hier, dass einige Banken im Rahmen ihres Kreditentscheidungsprozesses<br />

grundsätzlich eine Überprüfung der vorliegenden Gutachten bei einem Gutachterbüro<br />

ihrer Wahl beauftragen. Hierfür ist nicht nur die Freigabe des Auftraggebers,<br />

sondern auch ein Einverständnis des Erstgutachters empfehlenswert, um einen konstruktiven<br />

Austausch zu ermöglichen.<br />

Transparenz und Datenqualität<br />

Gelegentlich wird die Bank von einem potenziellen Kunden nach dem Erfordernis<br />

einer Windmessung am Standort gefragt. Hier erfolgt regelmäßig der Verweis an den<br />

Gutachter: Der Gutachter ist der Experte und legt standortabhängig die Erfordernisse für<br />

eine qualitativ hochwertige Energieertragsprognose fest.<br />

Allerdings wird seitens der Bank eine möglichst transparente Darstellung der Referenzdatenqualität<br />

bzw. Reproduktionsgüte inklusive einer ggf. notwendigen Messung am<br />

Standort, der Berechnungsmethoden und der Langzeitnormierung erwartet. Die Bank<br />

kann damit die Energieertragsprognose unabhängig von der im Gutachten angegebenen<br />

94


ERTRAGSBERECHNUNG | Energieertragsgutachten – was braucht die Bank?<br />

Prognoseunsicherheit bewerten. Dabei wird insbesondere bei Binnenlandstandorten<br />

erwartet, dass die Energieertragsberechnung möglichst mit zwei unabhängigen Berechnungsmethoden<br />

(z. B. ↗ WAsP und ↗ CFD) erfolgt. Auch für die Langzeitnormierung<br />

sollten zwei unabhängige Datenquellen verwendet werden.<br />

Prognoseunsicherheit und Fremdkapitalhöhe<br />

Die Kapitaldienstfähigkeit (↗ DSCR) der Projektfinanzierung wird in den Cashflow-<br />

Berechnungen der Banken diversen Sensitivitätsszenarien unterworfen – zum Beispiel<br />

unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit der Energieerträge.<br />

Im Basisszenario wird in der Regel ein Energieertrag mit 75-prozentiger Überschreitungswahrscheinlichkeit,<br />

der sogenannte ↗ P 75-Wert, zugrunde gelegt.<br />

Zusätzlich besteht häufig die Anforderung, dass die Kapitaldienstfähigkeit für jedes<br />

einzelne Jahr auch im P 90-Szenario gegeben sein muss. Die folgende Tabelle zeigt die<br />

von der Bank vorzunehmenden Abschläge vom errechneten Energieertrag in Abhängigkeit<br />

von der Gesamtunsicherheit der Prognose (auch aus den Gutachten ablesbar):<br />

Gesamtunsicherheit P 75-Abschlag P 90-Abschlag<br />

12% 8,1% 15,4%<br />

15% 10,1% 19,2%<br />

20% 13,5% 25,6%<br />

25% 16,8% 32,0%<br />

Sofern für den Kreditnehmer ein hohes Fremdkapitalvolumen wichtig ist,<br />

sollte er die vom Windgutachter empfohlenen Untersuchungen unbedingt vornehmen<br />

lassen, um die Gesamtunsicherheit zu reduzieren. Im strukturierten Binnenland<br />

bedeutet das oft, dass eine Windmessung am Standort notwendig wird, denn<br />

Gesamtunsicherheiten über 20 Prozent stellen eine bankübliche ↗ Non-recourse-<br />

Projektfinanzierung des geplanten Windparks grundsätzlich infrage.<br />

Aspekte und Empfehlungen aus der Projektfinanzierungspraxis<br />

Der Kreditnehmer sollte sich mit seiner (potenziellen) Bank zumindest hinsichtlich eines<br />

beauftragten Gutachtens über das Gutachterbüro abstimmen. Fragen bezüglich der<br />

Messerfordernisse sollten hingegen mit dem Energieertragsgutachter geklärt werden.<br />

95


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Ergebnisdifferenzen von bis zu 5 Prozent werden in der Finanzierungspraxis als üblich<br />

angesehen und führen nicht automatisch zum Ansatz des geringsten Gutachtenwertes,<br />

die Mittelwertbildung ist nicht grundsätzlich das geeignete Vorgehen. Um die Faktoren<br />

zu identifizieren, die zu Ergebnisdifferenzen führen, sollte die Bank direkt mit dem Gutachter<br />

in Kontakt treten dürfen.<br />

Eine große Gesamtunsicherheit kann zur Ablehnung einer Finanzierung führen. Die<br />

Akzeptanz eines geringen Unsicherheitswertes setzt voraus, dass für den Leser dessen<br />

Zustandekommen transparent aus dem Gutachten erkennbar ist.<br />

Zur zeitlichen Straffung des Projekt- und Finanzierungsablaufs kann eine Finanzierungszusage<br />

unter die vor Auszahlung zu erfüllende Bedingung einer Bestätigung der<br />

zugrunde gelegten Energieertragsbasis, z. B. auf Grundlage einer Messung am Standort,<br />

gestellt werden.<br />

Autoren<br />

Hartmut Kluge (Jg. 1958)<br />

arbeitet seit 1996 in verantwortlicher<br />

Position im Bereich<br />

„Erneuerbare Energien“ der<br />

Bremer Landesbank, Kreditanstalt<br />

Oldenburg Girozentrale.<br />

Die ↗Projektfinanzierung von Windparks gehört<br />

zu seiner Kernaufgabe und ist ein wesentliches<br />

Geschäftsfeld der Bremer Landesbank im überregionalen<br />

Kreditgeschäft. Darüber hinaus ist er<br />

Vorsitzender des Finanziererbeirats im Bundesverband<br />

WindEnergie.<br />

Sabrina Cordes (Jg. 1980) ist<br />

bei der Bremer Landesbank seit<br />

2007 als Kundenbetreuerin im<br />

Bereich „Projektfinanzierungen<br />

Erneuerbare Energien“ für die<br />

Strukturierung von Finanzierungen<br />

zuständig – und hier insbesondere im Bereich<br />

„Wind Onshore Deutschland“. In 2009/2010 absolvierte<br />

die Dipl.-Wirtschaftsjuristin (FH) zudem das<br />

berufsbegleitende Studium „Windenergietechnik<br />

und -management“ von ForWind.<br />

96


ERTRAGSBERECHNUNG | „Starkes Nord-Süd-Gefälle“<br />

„Starkes<br />

Nord-Süd-Gefälle“<br />

Interview | Welche Anforderungen bei der Finanzierung<br />

von Windenergie im Binnenland gestellt werden und wie<br />

sich die Unterschiede in Nord- und Süddeutschland<br />

auswirken, erklärt Alexandra Pohl, Gruppenleiterin Agrar,<br />

Natur und Erneuerbare Energien im Bereich Mittelstandsfinanzierung<br />

bei der DZ BANK AG.<br />

Wie interessant ist derzeit die Finanzierung<br />

von Windenergieanlagen im<br />

Binnenland aus Bankensicht?<br />

Alexandra Pohl: Grundsätzlich ist die Finanzierung<br />

von Binnen-Windkraftanlagen<br />

sehr interessant für uns. Aktuell leidet die<br />

Attraktivität jedoch unter den Diskussionen<br />

um die EEG-Novelle, bei der von der<br />

Bundesregierung eine pauschale und kurzfristige<br />

Absenkung der Einspeisevergütung<br />

ins Spiel gebracht wurde. Das bedeutet<br />

eine sehr hohe politische Unsicherheit,<br />

die wir als Bank nicht tragen können. Sollte<br />

es zu einer drastischen Absenkung der<br />

Vergütungssätze kommen, müssen unsere<br />

Kunden im Zweifel schnell mehr Eigenkapital<br />

aufbringen. Im Moment schauen<br />

wir deshalb sehr genau hin: Wo würde<br />

der Kunde in diesem Fall das zusätzliche<br />

Eigenkapital hernehmen?<br />

Welche Anforderungen stellt die DZ Bank<br />

grundsätzlich an die Projekte, die sie<br />

finanziert?<br />

Die drei wichtigsten Kriterien bei der<br />

↗ Projektfinanzierung von Windkraftanlagen,<br />

bei der wir ausschließlich auf<br />

den ↗ Cashflow abzielen, sind: Wir finan-<br />

97


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

zieren maximal 15 Jahre. Der Eigenkapitalanteil<br />

beträgt mindestens 10 Prozent.<br />

Und der ↗ Kapitaldienstdeckungsgrad<br />

– das ist eigentlich die wichtigste Größe –<br />

soll in jedem Jahr 110 Prozent betragen.<br />

Diese drei Kennziffern bilden so etwas<br />

wie ein magisches Dreieck. Das heißt:<br />

Wenn der Deckungsgrad nicht erreicht<br />

wird, lässt sich das unter Umständen über<br />

die Laufzeit und das eingebrachte Eigenkapital<br />

ausgleichen.<br />

Diese finanziellen Kennziffern sind aber<br />

nicht alles. Wir legen zudem sehr großen<br />

Wert auf Professionalität auf allen Seiten:<br />

Auf der Herstellerseite arbeiten wir im<br />

Wesentlichen mit den führenden fünf bis<br />

sechs großen Unternehmen zusammen.<br />

Bei den Projektierern achten wir darauf,<br />

dass sie eine möglichst langjährige Erfahrung<br />

mit vergleichbaren Projekten haben.<br />

Erst die Kombination aus diesen harten<br />

und weichen Faktoren gibt uns eine sichere<br />

Basis für die Kreditentscheidung.<br />

Wo liegen die Unterschiede zwischen<br />

Nord- und Süddeutschland und wie<br />

schlagen sich diese in den Anforderungen<br />

nieder?<br />

Es gibt ganz klar ein Nord-Süd-Gefälle: Im<br />

Norden sind wir schon länger aktiv, haben<br />

mehr Erfahrung und auch mehr Kontakte.<br />

Der Wind weht beständig und auch<br />

stärker als im Rest der Republik.<br />

Der Süden – Bayern und Baden-Württemberg<br />

– zieht nach, allerdings mit teilweise<br />

schwächerem Wind und gleichzeitig unsicheren<br />

Windvorhersagen, u. a. wegen<br />

mangelnder Vergleichsanlagen und starker<br />

Rauigkeiten der Landschaft mit vielen<br />

Wäldern, Bergen und Tälern. Dadurch<br />

entsteht ein höheres Risiko, welches sich<br />

110 %<br />

Debt Service Coverage Ratio<br />

10 %<br />

Eigenkapital<br />

Zentrale<br />

Finanzierungsparameter<br />

15 Jahre<br />

Laufzeit<br />

Abb.: DZ BANK AG<br />

98


ERTRAGSBERECHNUNG | „Starkes Nord-Süd-Gefälle“<br />

unmittelbar in einer höheren Eigenkapitalquote<br />

widerspiegelt. Während wir bei<br />

dem derzeit sehr niedrigen Zinsniveau im<br />

Norden bei einem Mindest-Eigenkapital<br />

von den bereits genannten 10 Prozent<br />

liegen, sind im Süden mindestens 25 Prozent,<br />

wenn nicht sogar 30 Prozent eine<br />

realistische Größe.<br />

Auch der Kapitaldienstdeckungsgrad ist<br />

höher. Anstatt der 110 Prozent im Norden<br />

fordern wir im Süden 115 Prozent.<br />

Alternativ kann der Kunde aber auch ein<br />

Jahr lang eine Windmessung vornehmen<br />

lassen, um die Unsicherheit des Windangebotes<br />

durch Unterlegung mit Echtdaten<br />

zu minimieren.<br />

In welcher Größenordnung bewegen sich<br />

die Projekte, die die DZ Bank finanziert?<br />

Im Bereich Mittelstand betreuen wir Projekte<br />

bis zu einem Investitionsvolumen<br />

von 25 Mio. Euro. Wir kümmern uns um<br />

eine Anlage für den einzelnen Landwirt<br />

bis hin zu Parks mit vier, fünf oder sechs<br />

Anlagen. Projekte, die darüber liegen,<br />

betreuen die Kollegen aus dem Bereich<br />

Strukturierte Finanzierung. Hier sind dann<br />

regelmäßig auch andere Banken beteiligt.<br />

Welche Rolle spielen Fördermittel bei<br />

der Finanzierung?<br />

Wir finanzieren etwa 90 Prozent der<br />

Mittel über die ↗ KfW oder die Landwirtschaftliche<br />

Rentenbank. Letzteres ist<br />

möglich, wenn Landwirte zu mindestens<br />

50 Prozent Eigentümer der Windanlage<br />

sind. Im Bankenbereich sind die Liquiditätsaufschläge,<br />

die wir bei eigenen<br />

Mitteln zahlen müssen, höher, so dass wir<br />

an die Konditionen der Fördermittelinstitute<br />

nicht herankommen. Den Anteil von<br />

90 Prozent habe ich genannt, weil in die<br />

Finanzierung unter Umständen eine Komponente<br />

eingebaut wird, welche nur zwei<br />

Jahre läuft. Dieser Kredit wird dann in der<br />

bei der KfW tilgungsfreien Zeit getilgt und<br />

glättet somit den Kapitaldienstdeckungsgrad.<br />

Zudem bieten wir bei hohen Sondertilgungsansprüchen<br />

auch eigene Bankkredite<br />

in Kombination mit Zinsderivaten<br />

an. Wichtig ist, dass wir möglichst alle<br />

Kundenwünsche berücksichtigen und die<br />

Struktur der Finanzierung mit unserer<br />

Kreditrisikostrategie konform ist.<br />

Wie agiert die DZ Bank innerhalb der<br />

Finanzgruppe?<br />

Als Zentralbankinstitut der Volksbanken<br />

und Raiffeisenbanken übernehmen wir<br />

primär die Funktion des Know-how-Trägers,<br />

da nur wenige Institute ein eigenes<br />

Expertenteam vor Ort haben. Zudem<br />

agieren wir häufig als Konsortialführer,<br />

die Volks- und Raiffeisenbanken beteiligen<br />

sich bei uns unter. Der Vorteil der Finanzgruppe:<br />

Die Volksbanken Raiffeisenbanken<br />

verfügen durch ihre Filialstrukturen über<br />

die Kontakte vor Ort – insbesondere zu<br />

den Landwirten als Flächeneigentümern.<br />

Wir haben ein deutschlandweit aufgestelltes<br />

Spezialistenteam. So können wir<br />

gemeinsam sehr früh in Kontakt mit den<br />

Initiatoren der Windprojekte treten.<br />

99


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Checkliste:<br />

Was fordert die Bank?<br />

✓<br />

Professionalität:<br />

✓<br />

Sicheres<br />

✓<br />

Windgutachten:<br />

✓<br />

Eigenkapitalquote:<br />

✓<br />

Kapitaldienstdeckungsgrad:<br />

✓<br />

Liquiditätsreserve:<br />

Projektierer, Investor und Hersteller müssen<br />

über einschlägige Erfahrungen verfügen.<br />

Vertragswerk: Pacht- und Wartungsverträge sowie Nutzungsverträge<br />

für Wege und Kabel müssen hieb- und stichfest gestaltet sein.<br />

Grundsätzlich wird die Vorlage von zwei unabhängigen<br />

Windgutachten gefordert.<br />

Im Norden wird eine Eigenkapitalquote von mindestens<br />

10 Prozent gefordert, im Süden sind 25 bis 30 Prozent realistisch.<br />

Der Kapitaldienstdeckungsgrad<br />

(↗ Debt Service Coverage Ratio – DSCR) sollte im Norden 110 Prozent,<br />

im Süden mindestens 115 Prozent betragen.<br />

Verpfändung einer Liquiditätsreserve in Höhe<br />

von grundsätzlich 50 Prozent des Folgejahres.<br />

Haben Sie größere Sympathien für<br />

Energiegenossenschaften, weil die Volksbanken<br />

und Raiffeisenbanken selbst<br />

genossenschaftlich organisiert sind?<br />

Prinzipiell ist das so. Aber gerade im Bereich<br />

Windenergie sehen wir die Genossenschaft<br />

aufgrund der hohen Komplexität<br />

der Projekte weniger als klassische<br />

Betreibergesellschaft, sondern eher als<br />

Kommanditist, der in eine klassische<br />

GmbH & Co KG einsteigt. Dieses Konzept<br />

ist spannend, weil man mit Kleinstbeträgen<br />

Bürger beteiligen kann. Das wird man<br />

in Zukunft sicher häufiger sehen – nicht<br />

zuletzt, weil das Bürgerengagement die<br />

Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht.<br />

100


ERTRAGSBERECHNUNG | „Starkes Nord-Süd-Gefälle“<br />

Wie schätzen Sie insgesamt die künftige<br />

Entwicklung bei der Finanzierung von<br />

Windenergieprojekten ein?<br />

Ich bin überzeugt davon, dass Onshore-<br />

Windenergie weiterhin eine wichtige<br />

Säule der Energiewende bleiben wird.<br />

Darüber hinaus schauen wir als Bank aber<br />

auch stärker in Richtung Speichertechnologien<br />

und Energieeffizienz. Wichtige Fragen<br />

lauten hier: Müssen wir uns breiter<br />

aufstellen? Und müssen wir dann unter<br />

Umständen auch weg von der reinen<br />

Projektfinanzierung?<br />

Offshore ist für uns bisher kein Thema.<br />

Zum einen handelt es sich dabei nicht um<br />

klassisches lokales Geschäft der Volksbanken<br />

Raiffeisenbanken und zum anderen<br />

sehen wir hier noch sehr hohe Risiken in<br />

der Finanzierung.<br />

Eigenkapitalanforderungen wirksam –<br />

Stichwort „Basel III“. Insgesamt kann<br />

dies dazu führen, dass die Kreditmargen<br />

steigen.<br />

Auf jeden Fall ist es für die Zukunft der<br />

Windenergie sehr wichtig, dass das EEG<br />

„vernünftig“ reformiert wird. Hierbei geht<br />

es nicht darum, an aktuellen Modellen<br />

oder Sätzen festzuhalten. Aber die Windbranche<br />

mit ihren langen Planungszeiträumen<br />

von zwei bis vier Jahren braucht<br />

Investitionssicherheit. Es darf nicht jedes<br />

Jahr wieder neue Unsicherheiten und<br />

politische Diskussionen geben, sonst werden<br />

sich die Banken bei der Finanzierung<br />

deutlich restriktiver verhalten.<br />

Kann es in naher Zukunft zu einem<br />

Finanzierungsengpass bei Binnen-Windenergieanlagen<br />

kommen?<br />

Das hängt sehr stark davon ab, wie sich<br />

die EEG-Novelle, die nach der Bundestagswahl<br />

angegangen werden dürfte,<br />

entwickeln wird. Je nach neuer Vergütungsstruktur<br />

könnte die Finanzierung für<br />

Projektierer in den Jahren von 2014 bis<br />

2016 in der Tat schwieriger werden.<br />

Denn allein in Schleswig-Holstein, Niedersachsen<br />

und Mecklenburg-Vorpommern<br />

sind aktuell viele neue Vorrangflächen<br />

ausgewiesen worden. Hinzu kommen die<br />

süddeutschen Länder, die verstärkt auf<br />

Windenergie setzen. Ebenfalls werden<br />

zum Jahr 2014 für alle Banken erhöhte<br />

Interviewpartnerin<br />

Alexandra Pohl (Jg. 1972)<br />

absolvierte eine Bankausbildung<br />

mit anschließendem<br />

Studium zur Bankbetriebswirtin.<br />

Seit Oktober 2000<br />

ist sie in der DZ BANK tätig.<br />

Von 2007 an arbeitete sie im Vertrieb im Bereich<br />

Strukturierung und Finanzierung von Windkraftanlagen.<br />

Seit Januar 2012 leitet sie ein bundesweit<br />

aufgestelltes Team zu den Geschäftsfeldern<br />

Agrar und Erneuerbare Energien innerhalb der<br />

DZ BANK.<br />

101


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Finanzdienstleister<br />

NIBC Bank N.V. Zweigniederlassung<br />

Frankfurt am Main<br />

Neue Mainzer Straße 52<br />

60311 Frankfurt am Main<br />

Tel.: 069 5050-6550<br />

Fax: 069 5050-2184<br />

matthias.meyer@nibc.com<br />

www.nibc.com<br />

Wir verfügen über spezialisierte<br />

Teams, deren Experten ihre<br />

Ideen und Marktkenntnisse<br />

unseren Kunden zur Verfügung<br />

stellen.<br />

NORD/LB Norddeutsche<br />

Landesbank<br />

Friedrichswall 10<br />

30151 Hannover<br />

Tel.: 0511 361-6696<br />

Fax: 0511 361-4443<br />

olaf.beyme@nordlb.de<br />

www.nordlb.de<br />

Projektfinanzierung für Windparks<br />

und große Freiflächen-<br />

Solaranlagen.<br />

ORBIS Energie- und Umwelttechnik<br />

GmbH<br />

Nagelschmiedsweg 15-19<br />

27356 Rotenburg<br />

Tel.: 04261 93830<br />

Fax: 04261 960011<br />

info@orbis-umwelt.de<br />

www.orbis-umwelt.de<br />

Die ORBIS Energie- und<br />

Umwelttechnik GmbH ist seit<br />

dem Jahr 2000 im Bereich der<br />

regenerativen Energien tätig<br />

und entwickelt, finanziert,<br />

baut und betreibt Projekte der<br />

Windenergie.<br />

ProCredit Bank AG<br />

Rohmerplatz 33–37<br />

60486 Frankfurt am Main<br />

Tel.: 069 719129-150<br />

Fax: 069 719129-299<br />

green-financing@<br />

procreditbank.de<br />

www.procreditbank.de<br />

Finanzierung von kleinen<br />

Solar- Parks, Biomasse-, Windund<br />

Wasserkraftanlagen (im<br />

einstelligen MW Bereich).<br />

Finanzierungsvolumen bis zu<br />

EUR 5 Mio. bei Laufzeiten bis zu<br />

20 Jahren.<br />

UmweltBank AG<br />

Laufertorgraben 6<br />

90489 Nürnberg<br />

Tel.: 0911 5308-175<br />

Fax: 0911 5308-179<br />

projektfinanzierung@<br />

umweltbank.de<br />

www.umweltbank.de<br />

Finanzierung von ökologischen<br />

Projekten im Bereich Erneuerbare<br />

Energien.<br />

Deutsche Gesellschaft<br />

für Qualität (DGQ) -<br />

DGQ Beratung GmbH<br />

August-Schanz-Str. 21A<br />

60433 Frankfurt am Main<br />

Tel.: 069 95424-110<br />

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Mit langjähriger Erfahrung in<br />

der Off-Shore-Windindustrie<br />

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richtige Ansprechpartner, wenn<br />

es darum geht, Prozesse zu<br />

optimieren sowie Projekt- und<br />

Produktqualität zu steigern.<br />

102


ERTRAGSBERECHNUNG | Finanzdienstleister<br />

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10997 Berlin<br />

Tel.: 030 695175-0<br />

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Windprojekten, Due Diligence;<br />

Businesskonzepte Windparks;<br />

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nachhaltigen Wirtschaftens.<br />

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103


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

104


Aspekte der<br />

Projektierung<br />

105


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

106


ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />

Lärm und Schatten:<br />

Windenergieimmissionen<br />

Windenergieanlagen, die raumbedeutsam sind, unter liegen<br />

dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Sie bedürfen eines<br />

Genehmigungsverfahrens, in dessen Rahmen die verschiedenen<br />

Einflüsse geprüft werden. Lärm und Schattenwurf<br />

gehören hier zu den entscheidenden Kriterien.<br />

Schattenspiel im Windpark Germinon, Frankreich<br />

Foto: Jan Oelker<br />

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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Flächenidentifikation<br />

Wesentliche Bestandteile des Genehmigungsverfahrens sind die Prüfung des Natur-<br />

und des Denkmalschutzes sowie des Baurechtes (z. B. der Nachbarschutz) und des<br />

Immissionsschutzes, hier unter anderem die Prüfung von Schallimmissionen und Schattenwurf.<br />

Neben den wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird der Standort auch danach<br />

ausgesucht, inwieweit nachbarschaftliche Interessen berührt und störende Einflüsse auf<br />

die Umgebung ausgeübt werden. Die Vermeidung einer stärkeren Umgebungsbeeinflussung<br />

bildet somit eine wichtige Grundlage bei der Suche nach einem geeigneten Windstandort.<br />

Das Abstandsflächenrecht<br />

Da im Rahmen des Verfahrens zum Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) auch<br />

das Baurecht überprüft wird, beinhaltet die Genehmigung nach diesem Verfahren eine<br />

Baugenehmigung. Bei der Überprüfung baurechtlicher Vorgaben werden unter anderem<br />

die nachbarschützenden Abstandsflächen überprüft. Die Abstandsflächenregelung entstammt<br />

der Planung des Innenbereiches von Kommunen und dient den Schutzzielen Belichtung,<br />

Belüftung und Besonnung, dem Brandschutz und dem sozialen Wohnfrieden.<br />

Um die nachbarschützenden Interessen zu sichern, findet sie auch in der Windparkplanung<br />

Anwendung, die in der Regel im Außenbereich stattfindet.<br />

Unterschiede in den Bundesländern<br />

Die Abstandsflächenregelung ist in den Bauordnungen der Länder festgelegt. In einigen<br />

Bundesländern finden jedoch spezielle Regelungen zur Planung von Windkraftanlagen<br />

Anwendung, in anderen ist deren Geltungsbereich umstritten. Im Folgenden werden<br />

einige Unterschiede exemplarisch vorgestellt.<br />

Beispielsweise wendet das Bundesland Niedersachsen in diesem Kontext seine seit<br />

dem 13. April 2012 geltende Bauordnung (NBauO) an. Diese regelt, dass der Abstand 0,5<br />

H (= Wandhöhe – Schnittlinie Dachhaut und Außenkante Außenwand), mindestens jedoch<br />

3 Meter betragen muss. In Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Gebieten, die<br />

nach ihrer Bebauung diesen Baugebieten entsprechen, beträgt der Abstand 0,25 H bzw.<br />

ebenfalls mindestens 3 Meter. Diese Regelung gilt für den Innenbereich von Kommunen,<br />

sie findet aber ebenso bei der Windparkplanung Anwendung. Das bedeutet, dass auch<br />

hier die Hälfte bzw. ein Viertel der Gesamthöhe der Windenergieanlagen für die Bemessung<br />

der Abstandsflächen angesetzt wird.<br />

In Brandenburg gilt die recht gefestigte Praxis, dass auf Antrag im Genehmigungsverfahren<br />

die Abstandsfläche auf die rotorüberstrichene Fläche reduziert werden kann.<br />

108


ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />

Die hier vorherrschende Sichtweise: Abstandsflächen im landwirtschaftlichen Außenbereich,<br />

in dem eine Wohnbebauung grundsätzlich nicht zulässig ist, sei weniger Gewicht<br />

beizumessen als im bebauten Innenbereich. Diese Praxis wird auch in Mecklenburg-<br />

Vorpommern gepflegt.<br />

In Sachsen-Anhalt sollte jüngst ein entsprechendes Gesetzesvorhaben auf den Weg<br />

gebracht werden, um die Reduzierung der Abstandsflächen festzuschreiben. Allerdings<br />

droht dieses Vorhaben bereits wieder zu scheitern: Es liegt noch kein abschließendes<br />

Ergebnis vor, so dass hier weiterhin die Abstandsregelung in Höhe der Gesamthöhe (1 H)<br />

der Anlage gilt.<br />

Das Bundesland Bayern sieht bei Windenergieanlagen die Notwendigkeit der Einhaltung<br />

von Abstandsflächen, weil von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden zu erwarten<br />

seien. Bei der Berechnung der Abstandsfläche ist von der Gesamthöhe der Anlage auszugehen.<br />

Sie wird durch einen Kreis um die Mittelachse der Anlage gebildet. Der Radius<br />

dieses Kreises wird durch den Abstand des senkrecht stehenden Rotors vom Mastmittelpunkt<br />

bestimmt. Aber auch hier besteht die Möglichkeit, von dieser Regelung abzuweichen.<br />

Bei Windenergieanlagen wird dies oft der Fall sein, weil sie in verschiedener<br />

Hinsicht keine typischen baulichen Anlagen darstellen und nur selten Grundstücke existieren,<br />

auf denen die volle Abstandsfläche eingehalten werden kann.<br />

Aufgrund der unterschiedlichen Beurteilungskriterien der Bundesländer<br />

ist eine Recherche der aktuell gültigen Abstandsregelungen im jeweiligen Bundesland<br />

vor der Planung eines Windparks dringend zu empfehlen.<br />

Die Sicherung der Abstandsflächen erfolgt über beschränkt persönliche ↗ Dienstbarkeiten<br />

zugunsten des Betreibers. Diese werden ins Grundbuch eingetragen. Die öffentlich-rechtliche<br />

Sicherung erfolgt in der Regel über Baulasten, die in das Baulastregister<br />

eingetragen werden. In einigen Bundesländern wie z. B. in Brandenburg geschieht dies<br />

jedoch mittels einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des Landkreises,<br />

die ebenfalls ins Grundbuch eingetragen wird.<br />

Schallimmissionen<br />

Die Überprüfung der Schallimmissionen ist fester Bestandteil des Genehmigungsverfahrens<br />

für einen Windpark. Festgelegt ist sie im Bundes-Immissionsschutzgesetz in den<br />

Paragrafen 26 bis 28. Dabei sind Immissionswerte auf die Immissionsbelastung eines<br />

konkreten Einwirkungsortes bezogen (vgl. § 3 Abs. 2 BImschG). Die Schallimmissionen<br />

lassen sich durch Messungen prognostizieren. Hier erfolgt eine Analyse der Schallaus-<br />

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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Dorf Marzahna vor energieautarkem Dorf Feldheim mit Enercon Windkraftanlagen im Hintergrund.<br />

Foto: Paul-Langrock.de<br />

breitung an bestimmten Geländepunkten in verschiedenen Entfernungen. Dabei müssen<br />

auch die Ton- und Impulshaltigkeit einer WEA berücksichtigt werden. Diese sind abhängig<br />

vom jeweiligen Anlagentyp und können vor allem vom Getriebe, dem Generator oder<br />

dem Umrichter ausgehen.<br />

Wie wird Schall gemessen?<br />

Jeder Schall, den wir als störend empfinden, wird als Lärm bezeichnet. Zu seinen<br />

Einflussfaktoren gehören die Lautstärke, die Einwirkungsdauer, die Frequenzzusammensetzung,<br />

der Abstand zum Messpunkt, die Windgeschwindigkeit, die Windrichtung, die<br />

Tageszeit und die subjektive Einstellung der betroffenen Person. Die Schallmessungen<br />

ergeben den Schallleistungspegel. Dieser beschreibt die Stärke des Schallvorganges.<br />

Der Schallleistungspegel wird logarithmisch angegeben, d. h., eine Zunahme um<br />

3,01 dB(A) wirkt sich als Verdopplung der wahrgenommenen Lautstärke aus. Nimmt die<br />

110


ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />

Windgeschwindigkeit um 1 m/s zu, so nimmt auch der Schallpegel um ca. 1dB(A) zu.<br />

Auch ist die Schallabstrahlung nicht gleich für alle Richtungen, ihre Intensität unterscheidet<br />

sich vor, seitlich und hinter dem Rotor. Dies wird bei der Berechnung beachtet. Die<br />

Schallleistungspegel von Windenergieanlagen liegen heute im Bereich bis 106 dB(A).<br />

Um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wird der immissionsrelevante Schallleistungspegel<br />

bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s und in einer Höhe von 10 Metern<br />

bzw. bei einem Erreichen von 95 Prozent der ↗ Nennleistung angegeben. Die Berechnung<br />

des Schallpegels in Deutschland erfolgt nach der DIN ISO 9613-2 mithilfe der Software<br />

WINDpro des dänischen Herstellers EMD.<br />

Die „TA Lärm“<br />

Die zulässigen Schallleistungspegel werden nach § 48 BImSchG in der Verwaltungsvorschrift<br />

„Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

(Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm)“ vom 26.08.1998 beschrieben.<br />

Dabei wird zwischen Tages- und Nachtwerten unterschieden. Folgende Tabelle gibt eine<br />

Auflistung der Tages- und Nachtimmissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von<br />

Gebäuden gem. TA-Lärm, Abs. 6.2:<br />

Richtwerte für Schallimmissionen<br />

Immissionsorte Tageswerte in dB(A) Nachtwerte in dB(A)<br />

Industriegebiet 70 70<br />

Gewerbegebiete 65 50<br />

Kern-, Dorf- und Mischgebiete 60 45<br />

Allgemeine Wohngebiete und 55 40<br />

Kleinsiedlungsgebiete<br />

Reine Wohngebiete 50 35<br />

Kurgebiete, Krankenhäuser und<br />

Pflegeanstalten<br />

45 35<br />

Die Schallprognose muss die Einhaltung der Immissionsrichtwerte an allen relevanten<br />

Immissionspunkten zu allen Zeiten nachweisen. In der TA Lärm ist auch der Einwirkungsbereich<br />

einer Anlage beschrieben sowie der maßgebliche Immissionsort. Um den<br />

Einwirkbereich einer WEA festzustellen, wird die WEA ohne Vorbelastung untersucht. Als<br />

111


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

maßgeblicher Immissionswert ist derjenige Ort zu wählen, der dem Immissionspunkt am<br />

nächsten liegt bzw. an dem die Überschreitung am ehesten zu erwarten ist. Im Anschluss<br />

werden vorhandene Vorbelastungen betrachtet. Aus diesen Angaben wird die Gesamtbelastung<br />

ermittelt, die dann mit den Richtwerten der TA Lärm verglichen wird. Dabei<br />

werden auch die Unsicherheiten der Prognose berücksichtigt.<br />

Die Schallwerte werden tagsüber in der Regel eingehalten. Hingegen kann es nachts<br />

zu Drosselungen an den Anlagen und damit zu erheblichen Ertragseinbußen kommen,<br />

wenn der Grenzwert am Immissionsort überschritten wird.<br />

Die Genehmigungsbehörde kann durch Nebenbestimmungen absichern, dass die<br />

Anlage entsprechend den in den Antragsunterlagen benannten technischen Parametern<br />

betrieben wird. Eine Versagung der Genehmigung aus diesen Gründen erfolgt jedoch<br />

selten.<br />

In einigen Bundesländern sind zusätzlich zur TA Lärm weitere Sicherheitsabschläge<br />

sowie spezielle Regelungen zu beachten. So ist beispielsweise in Brandenburg zusätzlich<br />

der WEA-Geräuschimmissionserlass vom 31. Juli 2003 zu berücksichtigen.<br />

Rechtsprechung<br />

Zum Thema Schallimmissionen gibt es zahlreiche Rechtsprechungen. Ein aktuelles<br />

Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Februar 2013 soll hier kurz vorgestellt<br />

werden:<br />

Viele Genehmigungen enthalten Nebenbestimmungen, die Immissionsrichtwerte<br />

unterhalb der TA Lärm festlegen – wie zum Beispiel die „anlagenbezogenen Immissionsrichtwerte“<br />

im Land Brandenburg. Die Rechtmäßigkeit dieser Richtwerte wurde von<br />

mehreren Gerichten bestätigt, bis das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) letztlich entschied,<br />

dass diese Festsetzungen nicht geeignet sind, die Funktion eines Kontrollwertes<br />

zu erfüllen.<br />

So ist nicht erwiesen, dass Windenergieanlagen im Dauerbetrieb ihr Lärmverhalten<br />

ändern. Vielmehr weisen sie über die gesamte Betriebsdauer ein gleichbleibendes<br />

akustisches Verhalten auf. Eine Überschreitung von Immissionswerten lässt jedoch keine<br />

Rückschlüsse auf Mängel der Anlage zu. Da Immissionsbelastungen von vielen Faktoren<br />

abhängen, wurde diese Festsetzung vom Gericht als rechtswidrig eingestuft.<br />

Schattenwurf<br />

Durch den drehenden Rotor der Windenergieanlage kann es zu störendem Schattenwurf<br />

kommen. Auch dieser ist als wichtiger Genehmigungsaspekt während des BIm-<br />

SchG-Verfahrens zu untersuchen.<br />

Die Berechnung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens bezieht sich auf den<br />

112


ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />

Die Darstellung der Schattenwerte erfolgt<br />

an maßgeblichen Immissionsorten:<br />

a) schutzwürdige Räume<br />

• Wohnräume, einschließlich Wohndielen<br />

• Schlafräume, einschließlich Übernachtungsräume<br />

in Beherbergungsstätten<br />

und Bettenräume in Krankenhäusern<br />

und Sanatorien<br />

• Unterrichtsräume in Schulen, Hochschulen<br />

und ähnlichen Einrichtungen<br />

• Büroräume, Praxisräume, Arbeitsräume,<br />

Schulungsräume und ähnliche<br />

Arbeitsräume<br />

b) unbebaute Flächen<br />

in einer Bezugshöhe von 2 Metern<br />

über Grund an dem am stärksten<br />

betroffenen Rand der Flächen, auf<br />

denen nach Bau- oder Planungsrecht<br />

Gebäude mit schutzwürdigen Räumen<br />

zulässig sind.<br />

Direkt an Gebäuden beginnende Außenflächen<br />

(z. B. Terrassen und Balkone) sind schutzwürdigen<br />

Räumen tagsüber zwischen 6:00 – 22:00 Uhr<br />

gleichgestellt.<br />

„worst case“ an maßgeblichen Immissionsorten:<br />

Das bedeutet eine Berechnung<br />

bei durchgehender Sonne von Sonnenaufgang<br />

bis Sonnenuntergang, wobei der<br />

Rotor senkrecht zwischen Sonne und Immissionspunkt<br />

steht und die Anlage sich<br />

permanent in Betrieb befindet. Dies entspricht<br />

der astronomisch maximal möglichen<br />

Beschattungsdauer. Die Berechnung<br />

erfolgt mittels Schattenprognosen und<br />

beinhaltet auch die tatsächliche und die<br />

meteorologisch wahrscheinliche Beschattungsdauer.<br />

Für den astronomisch maximal möglichen<br />

Fall hat die ↗ Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft<br />

Immissionsschutz (LAI)<br />

Windpark Prenzlau aus der Vogelperspektive.<br />

Foto: Paul-Langrock.de<br />

113


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

folgende Empfehlung gegeben: Die astronomisch maximal zulässige Beschattungsdauer<br />

darf 30 Stunden pro Jahr oder 30 Minuten pro Tag den jeweiligen Aufpunkt nicht überschreiten.<br />

Die Beschattungsdauer kann in Abhängigkeit von Nabenhöhe und Rotordurchmesser<br />

für eine oder mehrere Windenergieanlagen ermittelt werden.<br />

Technische Maßnahmen zur<br />

Reduktion des Schattenwurfs<br />

Sollten die Werte überschritten werden,<br />

lassen sich durch technische Maßnahmen<br />

an den Windenergieanlagen zumeist<br />

Schatteneinwirkungen minimieren<br />

und die Grenzwerte wieder einhalten. Die<br />

Anlagen werden dann mit einer bestimmten<br />

Sensorik ausgestattet, die zu einer automatischen<br />

Abschaltung führt, sobald die<br />

Grenzwerte überschritten werden. Damit<br />

verbundene Ertragseinbußen sind unerheblich.<br />

Die Versagung einer Genehmigung aus<br />

den genannten Gründen wird kaum erfolgen.<br />

Allerdings können dem Betreiber der<br />

WEA durch Auflagen und Nebenbestimmungen<br />

entsprechende Verpflichtungen<br />

im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens<br />

auferlegt werden.<br />

Fazit<br />

Lärmimmissionen und Schattenwurf<br />

können die Anwohner von Windenergieanlagen<br />

erheblich beeinträchtigen<br />

und sind daher zu Recht genehmigungsrelevante<br />

Kriterien. Wie sehr<br />

diese Auswirkungen tatsächlich als<br />

störend empfunden werden, hängt<br />

in erster Linie von den Abständen zu<br />

benachbarten Wohngebieten oder<br />

Grundstücken ab. Um Leistungsdrosselungen<br />

oder Abschaltungen von<br />

Anlagen und damit einhergehende<br />

Ertragsverluste zu vermeiden, sollte<br />

daher schon im Vorfeld von Planungen<br />

auf ausreichende Abstände<br />

zu eventuell betroffenen Gebieten<br />

geachtet werden.<br />

Autorin<br />

Sabine Taudt (Jg. 1971) ist Diplom-Ingenieurin für Landschaftsplanung und arbeitet<br />

seit 2001 im Bereich Windenergie. Nach beruflichen Stationen als Projektleiterin<br />

und später Bereichsleiterin Deutschland bei der Ventotec GmbH wechselte sie 2011<br />

zur juwi Energieprojekte GmbH als Regionalleiterin Berlin/Brandenburg. Darüber<br />

hinaus engagiert sich Sabine Taudt als Beisitzerin des Betreiberbeirats im Bundesverband<br />

WindEnergie.<br />

114


ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Lärm und Schatten: Windenergie immissionen<br />

Windpark Märkisch Linden. Foto: Paul-Langrock.de<br />

115


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

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ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Auf Kollisionskurs? Windenergie und Luftverkehr<br />

Auf Kollisionskurs?<br />

Windenergie<br />

und Luftverkehr<br />

Bei der Planung von Windparks kollidieren die Interessen<br />

der Windenergie wiederholt mit denen des Luftverkehrs.<br />

Wie ist dieses Konfliktfeld aus rechtlicher Sicht einzuschätzen?<br />

Militärjet über Wharrels Hill Wind Farm, Cumbria,<br />

England. Foto: Jan Oelker<br />

117


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Der Luftverkehr nimmt innerhalb des<br />

immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens<br />

für Windenergieanlagen<br />

einen immer bedeutenderen Teil ein.<br />

Das zeigen die in letzter Zeit vermehrt<br />

auftretenden verwaltungsgerichtlichen<br />

Auseinandersetzungen potenzieller Windenergieanlagenbetreiber<br />

aufgrund entgegengehaltener<br />

luftverkehrsrechtlicher<br />

Belange. Dabei geht es zumeist um die<br />

Beeinträchtigung von Radar- oder Funknavigationsanlagen,<br />

die Sicherheit an<br />

Helikopter überfliegt Windenergieanlagen.<br />

Foto: Enercon<br />

Flugplatzrunden, ihrer An- und Abflugbereiche,<br />

um militärische Tiefflugstrecken<br />

sowie um die Einhaltung von ↗ Radarführungsmindesthöhen (MRVA).<br />

Diese Entwicklung belegt auch eine Pressemeldung vom Juni 2013, nach der die<br />

Deutsche Flugsicherung GmbH bestrebt ist, mithilfe von – vermeintlich international<br />

vorgegebenen – Sicherheitszonen den Neubau und das ↗ Repowering bestehender Anlagen<br />

im Umkreis von 15 Kilometern um zwei Flugnavigationseinrichtungen in Schleswig-<br />

Holstein auszuschließen. Die Energiewende läuft damit in Deutschland Gefahr, ein Opfer<br />

gegenläufiger, oft ungerechtfertigter Interessen und fehlender politischer Unterstützung<br />

zu werden.<br />

Gerade deshalb ist es immer wieder notwendig, die vorgetragenen Einwände unter<br />

die „Rechtslupe“ zu nehmen und auf ihren inneren Gehalt zu untersuchen. Denn oft stellen<br />

sich vermeintlich zwingende luftverkehrsrechtliche Belange (und die oft beschworene<br />

Gefahr für Leib und Leben) unter dem unemotionalen Blick des Gesetzes weniger<br />

zwingend dar, als es nach den Ausführungen der zuständigen zivilen und militärischen<br />

Luftfahrtbehörden scheint.<br />

Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

Im Rahmen der Genehmigung von Flughäfen wird bei der Planfeststellung gemäß<br />

§ 12 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) immer ein sogenannter Bauschutzbereich festgelegt.<br />

In diesem gelten Baubeschränkungen, die eine Zustimmung der Luftfahrtbehörden<br />

bei der Genehmigung zur Errichtung von Bauwerken erfordern. Zudem bietet § 17<br />

LuftVG die Möglichkeit der Bestimmung eines beschränkten Bauschutzbereichs. Darin<br />

kann von der Luftfahrtbehörde auch im Umkreis von Landeplätzen und Segelfluggeländen<br />

ein Zustimmungserfordernis zur Genehmigung von Bauwerken bestimmt werden.<br />

118


ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Auf Kollisionskurs? Windenergie und Luftverkehr<br />

Windenergieanlagen außerhalb<br />

der Bauschutzbereiche<br />

Für die Errichtung von Windenergieanlagen<br />

außerhalb der Bauschutzbereiche<br />

ist § 14 LuftVG entscheidend. Auch<br />

danach darf die zuständige Behörde die<br />

Errichtung von Bauwerken, die höher als<br />

100 Meter über Grund sind, nur mit Zustimmung<br />

der Luftfahrtbehörde genehmigen.<br />

Denn zu den grundsätzlichen Aufgaben<br />

der Luftfahrtbehörden gehört die<br />

Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs.<br />

Schließlich ist auch die Errichtung von Windenergieanlagen in der Nähe von Flugsicherungseinrichtungen<br />

wie Radar oder Funknavigationsanlagen gesetzlich geregelt.<br />

Nach § 18a Abs.1 LuftVG dürfen Bauwerke nicht errichtet werden, wenn dadurch Flugsicherungseinrichtungen<br />

gestört werden können. Auch hier ist entsprechend der grundsätzlichen<br />

luftverkehrsgesetzlichen Zweckbestimmung in § 29 LuftVG eine konkrete Gefahr<br />

für die Funktionssicherheit der Anlagen und damit verbunden für die Sicherheit des<br />

Luftverkehrs ausschlaggebend.<br />

Einschätzungsprärogative?<br />

Der Prüfungsmaßstab für das<br />

luftverkehrsrechtliche Zustimmungserfordernis<br />

ist im Luftverkehrsgesetz<br />

normiert. Danach darf die Zustimmung<br />

zur Errichtung eines Bauwerks<br />

nur verweigert werden, wenn eine<br />

konkrete Gefahr für die Sicherheit<br />

des Luftverkehrs durch das Bauvorhaben<br />

hervorgerufen wird.<br />

Luftfahrtbehörden neigen im Rahmen von Genehmigungsverfahren immer mehr<br />

dazu, für sich selbst eine ↗ Einschätzungsprärogative anzunehmen. Das heißt, dass ihnen<br />

nach eigener Auffassung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Entscheidungsspielraum<br />

hinsichtlich der Annahme einer konkreten Gefahr für die Sicherheit des<br />

Luftverkehrs einzuräumen sei. Damit könnten beispielsweise Radargutachten aufgrund<br />

der eingeschränkten Überprüfbarkeit der behördlichen Entscheidung ihre Bedeutung<br />

verlieren. Diese irrige Ansicht wurde gleichwohl nun erstmals gerichtlich bestätigt:<br />

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Schleswig ist dem Bundesaufsichtsamt für<br />

Flugsicherung (BAF) ein Risikobewertungsspielraum mit einer Einschätzungsprärogative<br />

einzuräumen, was die gerichtliche Überprüfbarkeit auf eine Vertretbarkeitskontrolle<br />

beschränkt. Für diese Entscheidung findet sich allerdings keine Grundlage im Gesetz.<br />

Entscheidend für das Vorliegen eines Beurteilungsspielraums und einer Einschätzungsprärogative<br />

für die Behörde ist der Inhalt der normativen Ermächtigung. Dabei<br />

genügt es nicht, dass die behördliche Entscheidung nach der gesetzlichen Regelung prognostische<br />

Elemente enthält. Schließlich handelt es sich bei der Nutzung einer Einschätzungsprärogative<br />

faktisch um eine behördliche Letztentscheidung.<br />

119


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Ihrem Wortlaut zufolge räumen die maßgeblichen Normen den zuständigen Luftfahrtbehörden<br />

keinen Beurteilungsspielraum mit Einschätzungsprärogative ein. Ohne<br />

eine solche normative Ermächtigung besteht aber keine grundsätzliche Begrenzung der<br />

umfassenden gerichtlichen Kontrolle.<br />

Effektiver Rechtsschutz in Gefahr<br />

Mit der Annahme eines eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraumes würden<br />

zudem im Ergebnis standortbezogene Gutachten (etwa zur Frage der Störung von<br />

Flugsicherungsanlagen) nahezu bedeutungslos und fachliche Fragen zu Flugsicherheit<br />

einem „gerichtlichen“ Sachverständigenbeweis unzugänglich. Für potenzielle Betreiber<br />

von Windenergievorhaben wäre somit kein effektiver Rechtsschutz im Sinne des Grundgesetzes<br />

mehr gewährleistet, die Realisierung von Windenergieprojekten würde faktisch<br />

in das Belieben der Luftfahrtbehörde gestellt.<br />

Die Frage einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Luftverkehrs ist jedoch naturwissenschaftlich<br />

voll überprüfbar. Das betrifft die qualitative Betroffenheit des Luftverkehrs<br />

ebenso wie die naturwissenschaftlich-technische Betroffenheit von Flugsicherungseinrichtungen.<br />

Somit bleibt für die Frage der Betroffenheit derart überprüfbarer Einrichtungen<br />

kein Raum für die Annahme einer Einschätzungsprärogative.<br />

Mindestflughöhen: Minimum Radar Vectoring Altitude (MRVA)<br />

Auch die flugbetrieblichen Einwände aus dem Bereich des militärischen Luftverkehrs<br />

und speziell zum Umgang mit Höhenbeschränkungen wie der Minimum Radar Vectoring<br />

Altitude (MRVA) nehmen zu. Diese legt Mindesthöhen in den Instrumentenflug-Karten<br />

(IFR-Karten) fest, die durch die Bundeswehr in Zusammenarbeit mit zivilen Luftfahrtbehörden<br />

entstehen. Letztere sind jedoch keine<br />

klassischen Flughöhen, sondern dienen<br />

vielmehr der kontrollierten Abweichung<br />

von den verbindlichen IFR-Flugverfahren<br />

(„Vectoring“).<br />

MRVA als Service für die Luftfahrt<br />

Eurofighter in Nörvenich.<br />

Foto: Luftwaffe/Toni Dahmen<br />

Die Bundeswehr wendet gegen Windenergieanlagen<br />

nicht nur die Durchstoßung<br />

dieser „Höhenangaben“ ein, sondern<br />

will auch – neben den in den Karten<br />

ausgewiesenen Mindesthöhen – „Über-<br />

120


ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Auf Kollisionskurs? Windenergie und Luftverkehr<br />

gangshöhen“ zwischen den einzelnen<br />

Vektoren kreieren, die die Karten nicht<br />

ausweisen. Hierzu ist bislang noch keine<br />

Rechtsprechung ergangen. Allerdings existiert<br />

für die MRVA-Festlegungen weder<br />

eine nationale noch internationale Rechtsgrundlage,<br />

so dass die ausgewiesenen Höhenwerte<br />

nicht ohne Weiteres rechtsverbindlich<br />

sind.<br />

Die MRVA-Festlegungen können bei<br />

Änderungen der Hindernissituation angepasst<br />

werden, was vielfach auch ohne<br />

Probleme durchgeführt wird. Deshalb<br />

spricht vieles dafür, die MRVA-Angaben<br />

in den Flugkarten lediglich als Service für<br />

Luftfahrzeugführer zu erachten, denen<br />

keinerlei Rechtsverbindlichkeit zukommt.<br />

Daraus folgt, dass eine Änderung der Hindernissituation<br />

durch die Errichtung von<br />

Windenergieanlagen lediglich die entsprechende<br />

Anpassung der MRVA-Festlegungen<br />

nach sich ziehen würde, ohne<br />

dass hiervon das Genehmigungsverfahren<br />

für das Windenergievorhaben betroffen<br />

wäre.<br />

Fazit<br />

Es bleibt festzuhalten, dass das<br />

gesamte Thema „Windenergie und<br />

Luftverkehr“ aus rechtlicher und vor<br />

allem aus fliegerischer Sicht wenig<br />

Belastbares zum Vorschein bringt.<br />

Wie in anderen Bereichen wird aber<br />

auch hier deutlich, dass Deutschland<br />

noch weit davon entfernt ist, die<br />

Energiewende und den Bau von Kraftwerken<br />

der Erneuerbaren Energien<br />

als ressortübergreifende Aufgabe zu<br />

betrachten. Der Arbeitskreis „Windenergie<br />

und Luftverkehr“ im <strong>BWE</strong><br />

zeigt durch die Zusammenstellung<br />

von Karten des gesamten Bundesgebiets,<br />

dass der rein verfügbare Platz<br />

für Windenergieanlagen faktisch nicht<br />

vorhanden wäre, würden die Ziele<br />

der Luftfahrtbehörden konsequent<br />

umgesetzt. Um die negativen Dimensionen<br />

dieses Themas zu bewältigen,<br />

ist deshalb weiterer politischer Druck<br />

notwendig.<br />

Autor<br />

Prof. Dr. Martin Maslaton (Jg. 1961) ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht sowie<br />

geschäftsführender Gesellschafter der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,<br />

die sich mit sämtlichen Fragen des Rechts der Erneuerbaren Energien befasst. Als<br />

Hochschullehrer unterrichtet er unter anderem Umweltrecht. Er ist zudem Direktor<br />

der Forschungsstelle „Neue Energien und Recht“. Seit 2000 fliegt Maslaton als Pilot<br />

mehrmotorige Geschäftsreiseflugzeuge im Instrumenten- und Sichtflugbetrieb.<br />

121


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

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ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Kennzeichnung von Windenergieanlagen<br />

Kennzeichnung von<br />

Windenergieanlagen<br />

Windenergieanlagen (WEA) können unter bestimmten<br />

Bedingungen Hindernisse für den Luft-/Seeverkehr darstellen.<br />

Als solche müssen sie zur Aufrechterhaltung der<br />

Sicherheit und Leichtigkeit des Luft- und Schiffsverkehrs<br />

gekennzeichnet werden. In Deutschland gilt die Kennzeichnungspflicht<br />

als Luftfahrthindernis in der Regel ab einer<br />

Gesamthöhe von mehr als 100 Metern. In der Bevölkerung<br />

werden dabei insbesondere die blinkenden Feuer auf den<br />

Maschinenhäusern als störend empfunden.<br />

Weißes Gefahrenfeuer auf einer Enercon E-82,<br />

nahe der A7 bei Kirchheim.<br />

Foto: Ulrich Mertens<br />

123


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Lichtermeer: Windparks im Hunsrück bei Nacht. Foto: Jan Oelker<br />

Die politische Forderung zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit der WEA sieht eine<br />

bessere Ausnutzung der Windressourcen vor. Dieses bedingt die Nutzung der Windgeschwindigkeiten<br />

in immer größeren Höhen. Als Faustformel gilt, dass ein 1 Meter höherer<br />

Turm einen Mehrertrag von 1 Prozent erbringt. Bereits jetzt ist die Hälfte der über<br />

23.000 in Deutschland errichteten WEA mit einer Tages- und/oder Nachtkennzeichnung<br />

ausgestattet. Nahezu jede neue WEA muss mit einer Gesamthöhe von über 100 Metern<br />

errichtet werden, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. Knapp die Hälfte<br />

der neuen WEA überschreitet mittlerweile eine Höhe von über 150 Metern. Ab dieser<br />

Höhe müssen erweiterte Vorgaben eingehalten werden.<br />

Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg kam 2009 bei einer Umfrage zu dem<br />

Ergebnis, dass erhebliche Belästigungen durch die WEA-Kennzeichnung nicht vorliegen.<br />

Befragt wurden vom Institut für Psychologie der Universität 420 Anwohner von 13 Windparks<br />

mit direkter Sicht auf die WEA. Und dennoch zeigt die Praxis, dass die WEA-Kennzeichnung<br />

von der Bevölkerung als kritisch empfunden wird.<br />

Durch die vom <strong>BWE</strong> in 2008 initiierte HiWUS-Studie (Entwicklung eines Hindernis-<br />

124


ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Kennzeichnung von Windenergieanlagen<br />

Um die Akzeptanz für höhere<br />

WEA zu fördern, ist ein Interessenausgleich<br />

zwischen der Flugsicherung,<br />

der Seefahrt, dem Naturschutz<br />

und der Windbranche notwendig.<br />

befeuerungskonzeptes zur Minimierung<br />

der Lichtemission an On- und Offshore-<br />

Windenergieparks und -anlagen unter<br />

besonderer Berücksichtigung der Vereinbarkeit<br />

der Aspekte Umweltverträglichkeit<br />

sowie Sicherheit des Luft- und Seeverkehrs)<br />

konnte aufgezeigt werden, dass<br />

es mit Einsatz neuer Techniken möglich<br />

ist, die Wirkungen von Markierungen und Befeuerungen an WEA zu minimieren, ohne<br />

die Sicherheit des Flugverkehrs und der Seefahrt zu gefährden. Insbesondere bei der im<br />

Rahmen der HiWUS-Studie untersuchten Reduzierung der Lichtstärke durch Sichtweitenmessung<br />

und bei der bedarfsgerechten Befeuerung konnten in den letzten Jahren große<br />

Fortschritte erzielt werden.<br />

In Schweden, Norwegen, Kanada und den USA werden mittlerweile Gefahren- und<br />

Hindernisfeuer an WEA über ein vom Weltmarktführer Vestas übernommenes Radarsystem<br />

betrieben. Damit können die Feuer zu 99,9 Prozent der Zeit ausgeschaltet bleiben<br />

und tragen so erheblich zur Akzeptanzsteigerung bei. In Deutschland wird ein entsprechendes<br />

Primärradarsystem zurzeit von der ENERTRAG Systemtechnik GmbH an einem<br />

Windpark in Schleswig-Holstein getestet.<br />

Weitere Untersuchungen finden mit<br />

Transponder- (Enercon GmbH) und Passivradarsystemen<br />

(Dirkshof-Group) statt.<br />

Regeln für die<br />

WEA-Kennzeichnung<br />

Die Standards und Empfehlungen für<br />

den Anwendungsfall „Kennzeichnung von<br />

allgemeinen Hindernissen“ sind in der<br />

↗ International Civil Aviation Organisation<br />

(ICAO) Aerodromes Annex 14, Kapitel<br />

6 niedergelegt. Aufgrund der globalen Bedeutung<br />

von WEA wurde eine Erweiterung<br />

der Standards und der Empfehlung der<br />

ICAO um das Kapitel 6.4 „Wind Turbines“<br />

vorgenommen. Für die Kennzeichnung<br />

von WEA im europäischen Ausland werden<br />

überwiegend Mittelleistungsfeuer als<br />

Doppelfeuer mit 2.000 ↗ Candela (cd) in<br />

Rotes Gefahrenfeuer im Windpark Wundersleben.<br />

Foto: Ulrich Mertens<br />

125


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

rot für die Nachtkennzeichnung verwendet. In Deutschland, Belgien und Österreich hat<br />

sich demgegenüber das speziell für WEA entwickelte Feuer W, rot durchgesetzt (100 cd).<br />

In Deutschland besteht zudem die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Kennzeichnung<br />

von Luftfahrthindernissen (AVV), die folgende Regeln enthält:<br />

Wie werden Anlagen über 100 Meter Gesamthöhe mit einer Nachtkennzeichnung<br />

versehen?<br />

WEA über 100 Meter Gesamthöhe werden in der Nacht durch rot blinkende Gefahrenfeuer<br />

(2.000 cd) oder Feuer W, rot (100 cd) gekennzeichnet.<br />

Wie werden Anlagen über 150 Meter Gesamthöhe im Nachtbetrieb gekennzeichnet?<br />

Wie zuvor, jedoch zusätzlich für die Nachtkennzeichnung werden Hindernisfeuer am<br />

Turm gefordert. Aus jeder Richtung müssen zwei Hindernisfeuer jeder Befeuerungsebene<br />

sichtbar sein. Die Befeuerungsebene darf durch stehende Rotorblätter nicht<br />

verdeckt werden.<br />

Wie werden Anlagen über 100 Meter Gesamthöhe am Tage gekennzeichnet?<br />

Farbliche Kennzeichnung der Flügelspitzen durch drei Streifen von je 6 Metern Länge<br />

(rot/weiß/rot) oder weiß blitzendes Gefahrenfeuer mittlerer Lichtstärke (20.000 cd). Bei<br />

Einsatz von weiß blitzenden Feuern kann auf die Streifen ganz verzichtet werden, wenn<br />

ein Farbring am Mast angebracht ist.<br />

Wie werden Anlagen über 150 Meter<br />

Gesamthöhe am Tage gekennzeichnet?<br />

Wie zuvor, jedoch ist auf dem Maschinenhaus<br />

ein orange/roter Streifen anzubringen.<br />

Es kann bei einer Genehmigung weiß<br />

blitzender Feuer die Anbringung eines<br />

zweiten orange/roten Streifens und die<br />

Kennzeichnung des Maschinenhauses<br />

entfallen.<br />

Installation eines Gefahrenfeuers auf einer<br />

Repower-WEA in Hamburg Georgswerder.<br />

Foto: Ulrich Mertens<br />

Sichtweitenregelung<br />

Der Sachverhalt zur Anwendung der<br />

Sichtweitenregelung ist ebenfalls in der<br />

AVV geregelt. Danach kann die Nennlichtstärke<br />

weiß blitzender Feuer am Tag<br />

bei Sichtweiten über 5.000 Meter auf<br />

30 Prozent und bei Sichtweiten über 10<br />

126


ASPEKTE DER PROJEKTIERUNG | Kennzeichnung von Windenergieanlagen<br />

Kilometer auf 10 Prozent reduziert werden. Gleiches gilt bei Nacht für die Regelung<br />

der Nennlichtstärke der Gefahrenfeuer und der Feuer W, rot. Die Sichtweitenmessung<br />

erfolgt nach den Vorgaben, die in Anhang 4 der AVV geregelt sind.<br />

Parksynchronisation<br />

Da die Befeuerungen ein intermittierendes Licht aussenden, hat es sich bewährt, die<br />

Feuer eines Windparks zu synchronisieren. Durch diese Synchronisation wird über alle<br />

Feuer ein gleichmäßiges Blinken erreicht, das heißt, dass alle Feuer im gleichen Takt<br />

ein- und ausgeschaltet werden. Für das menschliche Auge ergibt sich so ein ruhigeres<br />

Betrachtungsbild.<br />

AK-Kennzeichnung<br />

Um die Akzeptanz für hohe WEA zu steigern, wurde 2004 unter dem Dach des <strong>BWE</strong><br />

der Arbeitskreis zur Kennzeichnung von Windenergieanlagen (AK-Kennzeichnung)<br />

gegründet. Der AK-Kennzeichnung hat sich das Ziel gesetzt, gemeinsam mit den zuständigen<br />

Ministerien, der Flugsicherung sowie Fachleuten nach Lösungen für neue,<br />

effizientere Kennzeichnungssysteme zu suchen.<br />

Sprecher des AK ist Dr. Oliver Frank. Weitere Infos unter<br />

www.wind-energie.de/verband/fachgremien/arbeitskreise/kennzeichnung<br />

Autor<br />

Carlo Reeker (Jg. 1965) arbeitete nach seinem Studium als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an der Universität Oldenburg und von 1994 bis 1998 als Chefredakteur<br />

beim Magazin „neue energie“. Von 1998 bis 2000 war er für die Öffentlichkeitsarbeit<br />

beim Anlagenhersteller Enercon zuständig. Seit 2000 ist der Diplom-<br />

Ökonom beim Bundesverband WindEnergie e.V. (<strong>BWE</strong>) und leitet dort als<br />

Mitglied der Geschäftsleitung die Abteilung „Mitglieder/Technik/Fachgremien“.<br />

127


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

128


Planungsrecht<br />

129


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windpark Bietikow bei Prenzlau. Foto: Paul-Langrock.de<br />

130


PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />

Das Planungsrecht<br />

in der<br />

Windenergie –<br />

eine Einführung<br />

Welche allgemeinen und besonderen Regelungen des<br />

Planungsrechts gelten für Vorhaben der Windenergie?<br />

Welche planungsrechtlichen Möglichkeiten stehen zur<br />

Verfügung, hier Einfluss zu nehmen, und worauf sollte<br />

dabei besonders geachtet werden? – Das Planungsrecht<br />

als wichtiger Faktor bei der Realisierung des Ausbaus der<br />

Windenergie.<br />

131


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Überblick und allgemeine Grundsätze<br />

Raumplanung<br />

Das Bedürfnis nach öffentlicher Planung formuliert das Raumordnungsgesetz des Bundes<br />

(ROG 2008) so, dass unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen,<br />

auf der jeweiligen Planungsebene auftretende Konflikte auszugleichen und<br />

Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raumes zu treffen sind (§ 1 Abs.<br />

1 S. 2 ROG). Bis auf vereinzelte Fachplanungen (z. B. Bundesautobahnen, Übertragungsnetze)<br />

existiert bis heute keine alle Raumnutzungsaspekte erfassende Bundesrahmenplanung.<br />

Die Länder verfügen jedoch über Landesplanungen sehr unterschiedlicher Tragweite<br />

und Regelungstiefe.<br />

Verantwortlich ist hier in<br />

Ausübung der kommunalen<br />

Planungs hoheit grundsätzlich allein<br />

die Gemeinde – intern hier die jeweilige<br />

Vertretungskörperschaft, also das<br />

Gemeindeparlament oder der Rat.<br />

Möglich ist der Zusammenschluss<br />

mehrerer Gemeinden über einen gemeinsamen<br />

FNP nach § 204 BauGB.<br />

Auch die Bildung von sachlichen (und<br />

örtlichen) Teilflächennutzungsplänen<br />

speziell zum Thema „Windenergienutzung“<br />

ist auf der Gemeindeebene<br />

weit verbreitet.<br />

Verbindlichkeiten und Größe der Einheiten<br />

Bisweilen sind bezüglich des Windenergiesektors nur wenige und sehr allgemein gehaltene<br />

Ausbauziele vorgesehen (z. B. 2 %-Ziel in NRW). In kleineren Bundesländern wie z. B.<br />

Schleswig-Holstein wird die Windenergienutzung indes schon auf der Landesebene<br />

sehr detailliert in Form von Regionalplänen geregelt. Die Regionalplanung ist aber üblicherweise<br />

auf kleinere Verwaltungseinheiten delegiert, Größe und Verbindlichkeitsgrad<br />

variieren in den Ländern zum Teil sehr stark. Geplant wird auf der Ebene von mehrere<br />

Landkreise umfassenden Regierungsbezirken (Hessen), Planungsgemeinschaften<br />

(Rheinland-Pfalz) bis hinunter zu den Landkreisen (Niedersachsen). Generell sollen ein<br />

landesweiter Raumordnungsplan sowie<br />

Regionalpläne für die Teilräume der Länder<br />

aufgestellt werden (§ 8 Abs. 1 ROG).<br />

Die Regionalpläne sind aus dem Raumordnungsplan<br />

für das Landesgebiet zu entwickeln,<br />

Näheres regeln dabei die Planungsgesetze<br />

der Länder.<br />

Speziell für die Windenergienutzung<br />

wird häufig auf die Möglichkeit der Bildung<br />

von sachlichen Teilplänen, also Plänen<br />

zurückgegriffen, die im Wesentlichen<br />

nur die Regelung dieser bestimmten Nutzungsart<br />

nebst ihrer Abgrenzung zu anderen<br />

Nutzungen betreffen.<br />

Gemeindliche Bauleitplanung<br />

Für die gemeindliche Planungsebene ist<br />

der Flächennutzungsplan (FNP) relevant:<br />

132


PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />

„Im Flächennutzungsplan ist für das Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten<br />

städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren<br />

Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen“ (§ 5 Abs. 1 S. 1 Baugesetzbuch).<br />

Bebauungsplan und Flächennutzungsplan<br />

Schließlich steht am Ende dieser Planungskaskade der gemeindliche Bebauungsplan (B-<br />

Plan). Der B-Plan ist aus den Vorgaben des FNP zu entwickeln. Während letzterer ähnlich<br />

den Regionalplänen meist nur flächige Darstellungen betrifft (Fläche für die Windenergienutzung,<br />

für Siedlungsflächen etc. – wichtige Ausnahme: Höhenbegrenzung), regelt<br />

der B-Plan die einzelnen Zulassungsvoraussetzungen für bestimmte bauliche Anlagen<br />

meist sehr detailliert. Mit ihm können z. B. konkrete Standorte für einzelne WEA festgelegt<br />

werden. Grundsätzlich ist hier die Zuweisung maximaler Schallwerte ebenso möglich<br />

wie die Festlegung von Anforderungen an die nähere Gestaltung und deren Höhe.<br />

Als Form des privat initiierten B-Plans kennt das Gesetz noch den sogenannten vorhabenbezogenen<br />

B-Plan. Er wirkt wie ein B-Plan und wird wie er von der Gemeinde verabschiedet,<br />

beruht im Einzelnen aber auf der privaten Initiative eines einzelnen Bauherren<br />

zur Durchsetzung eines bestimmten Bauprojekts.<br />

Planungshierarchie, Außen- und Innenverbindlichkeit<br />

Die vorgelagerte, höhere Planungsebene bindet die nachfolgende in unterschiedlicher<br />

Weise. Änderungen der Regionalplanung haben aber umgekehrt in gewissem<br />

Umfang die bestehenden Darstellungen der gemeindlichen Flächennutzungsplanung<br />

(den Bestand) zu berücksichtigen. Hier sind umfassende Beteiligungsmöglichkeiten der<br />

Gemeinden vorgesehen, die das sogenannte „Gegenstromprinzip“ realisieren. Zudem<br />

hängt der Grad der Beachtenspflicht vom Inhalt der jeweiligen Planung ab. Die Raumplanung<br />

kennt sogenannte „Ziele der Raumordnung“. Diese sind als solche zu bezeichnen<br />

und von der gemeindlichen Bauleitplanung (FNP, B-Plan) zwingend zu berücksichtigen (§<br />

1 Abs. 4 BauGB). Insoweit wird die grundsätzlich garantierte kommunale Planungshoheit<br />

verfassungsrechtlich zulässig eingeschränkt.<br />

Die Raumplanung kennt allerdings auch „sonstige Erfordernisse“ und „Grundsätze“.<br />

Derartige Vorgaben sind von der nachfolgenden gemeindlichen Planung in die Abwägung<br />

der widerstreitenden Belange einzubeziehen, sodass es bei entsprechendem Gewicht<br />

der gegenteiligen Belange auch möglich ist, sie nur eingeschränkt oder gar nicht<br />

nachzuvollziehen.<br />

Konzentrationsflächenplanung und Vorranggebiete<br />

Neben der bereits beschriebenen Innenverbindlichkeit (Bindung der öffentlichen Pla-<br />

133


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Gemeindliche Bauleitpläne<br />

Gemeindliche Bauleitpläne, die den Zielen der Raumordnung nicht angepasst sind,<br />

sind unwirksam. Das gilt allerdings nur dann uneingeschränkt, wenn sie der Raumplanung<br />

zeitlich nachfolgen. Im umgekehrten Fall werden sie nicht automatisch<br />

mit Inkrafttreten des vorgelagerten Regionalplans unwirksam, sondern müssen<br />

„demnächst“ geändert werden. In den Einzelheiten ist vieles strittig.<br />

nungsträger untereinander) kann eine Planung aber auch eine sogenannte Außenverbindlichkeit<br />

gegenüber dem planbetroffenen Bürger bewirken, indem sie direkt auf die<br />

Zulässigkeit des zur Genehmigung gestellten Windenergieprojektes durchschlägt. Das<br />

ist der Fall bei der sogenannten Windkonzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3<br />

S. 3 BauGB: Die Ausweisung einer (oder mehrerer) Windeignungsflächen sperrt in der<br />

Regel die Zulässigkeit der Windenergienutzung im übrigen Planungsraum (sogenannter<br />

Planvorbehalt). Konzentrationsflächenplanungen kommen auch auf der Ebene der<br />

Raumplanung vor. Die Konzentrationswirkung kann allerdings nur über die Ausweisung<br />

von „Vorranggebieten“ mit ausdrücklicher Anordnung der Ausschlusswirkung erreicht<br />

werden, nicht über sogenannte „Vorbehaltsgebiete“. Nur erstere sind als „Ziele der<br />

Raumordnung“ zu identifizieren. Ob Gleiches bei der Kategorie der sogenannten „Eignungsgebiete“<br />

gilt, ist umstritten.<br />

Das formale Verfahren<br />

Die Aufstellung, Änderung und Aufhebung der Pläne folgt im Wesentlichen einem<br />

einheitlichen Muster. Die Aufstellung ist förmlich zu beschließen und öffentlich bekannt<br />

zu machen. Dafür legt die Verwaltung – bei der gemeindlichen Planung regelmäßig unterstützt<br />

durch ein privates Planungsbüro – einen ersten Entwurf vor. Dann werden die<br />

Träger öffentlicher Belange beteiligt. Gegebenenfalls parallel dazu oder danach erfolgt<br />

die erste oder vorzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit. Es wird öffentlich bekannt gemacht,<br />

dass die Planentwürfe nebst den Unterlagen (Gutachten etc.) für eine bestimmte<br />

Zeit (mindestens einen Monat) zur Einsicht offenliegen und dass in dieser Zeit jedermann<br />

Einwendungen bei der Gemeinde erheben kann.<br />

Die Einwendungen werden gesammelt und mit einer entsprechenden Empfehlung<br />

der Verwaltung dem jeweiligen Beschlussorgan (Regionalrat, Gemeinderat) vorgelegt,<br />

der sie entweder zurückweist oder in der Planung berücksichtigt. Sodann erfolgt regel-<br />

134


PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />

mäßig die zweite (endgültige) Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

nach dem Muster der ersten<br />

Beteiligung. Nach deren Durchführung<br />

wird der Plan endgültig beschlossen. Regionalpläne<br />

und FNPs müssen daraufhin<br />

noch von der übergeordneten Behörde<br />

genehmigt werden. Hier findet nur eine<br />

Rechtsprüfung statt. Die dem jeweiligen<br />

Planungsträger eröffneten Planungsspielräume<br />

bleiben unangetastet. Wenn die<br />

Genehmigung öffentlich bekannt gemacht<br />

wird, tritt der Plan in Kraft.<br />

Positiv- und Negativplanung,<br />

materieller Planinhalt,<br />

keine Planungspflicht<br />

WEA sind nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB<br />

im Außenbereich privilegiert zulässig. Das<br />

entspricht nach Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts<br />

einer generellen Planungsentscheidung<br />

des Gesetzgebers. Die<br />

Verpflichtung, eine gesonderte Windenergieplanung<br />

durchzuführen, besteht also<br />

nicht. Besteht keine Planung oder ist eine<br />

Planung unwirksam, greift die Zulassungsvorschrift<br />

des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB<br />

unmittelbar. Dem Vorhaben können nur<br />

noch die sonstigen öffentlichen Belange,<br />

beispielhaft aufgezählt in § 35 Abs. 3 S. 1<br />

BauGB, entgegengehalten werden.<br />

Einfluss auf den<br />

Planungsprozess<br />

Wer den Planungsprozess maßgeblich<br />

beeinflussen will, sollte sich möglichst<br />

frühzeitig, spätestens aber mit der<br />

ersten Planveröffentlichung bemerkbar<br />

machen. Die Erfahrung zeigt, dass<br />

Einwendungen, die erst im Zuge der<br />

letzten Bürgerbeteiligung vorgebracht<br />

werden, regelmäßig nicht mehr<br />

beachtet werden. Wer allerdings den<br />

Plan später als unwirksam angreifen<br />

will, muss seine Einwendungen in<br />

der endgültigen (letzten) Bürgerbeteiligung<br />

benennen, da diese sonst in<br />

einem späteren Rechtsstreit ausgeschlossen<br />

werden können.<br />

Zusätzlich und gesondert müssen die<br />

Einwendungen noch einmal binnen<br />

Jahresfrist ab Inkrafttreten des Plans<br />

gegenüber dem Planungsträger<br />

vorgebracht werden. Erst dann ist hinreichend<br />

gesichert, dass der Rechtsschutz<br />

umfassend erhalten bleibt.<br />

Positivplanung<br />

Auf der Planungsebene kann zugunsten der Windenergienutzung zunächst eine reine<br />

Positivplanung erfolgen, ohne dass damit das restliche Plangebiet unter den Planvorbehalt<br />

(die Ausschlusswirkung) des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB gestellt wird. Ein Beispiel dafür sind<br />

die Vorrangflächen in der Regionalplanung, die lediglich die dargestellten Flächen für die<br />

Windenergienutzung vorhalten und gegen konkurrierende Nutzungen zu sichern beabsichtigen.<br />

135


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Konzentrationsplanung<br />

Will der Planungsträger aber von der Planvorbehaltsregelung Gebrauch machen, muss<br />

er eindeutig festlegen, dass er neben der positiven Standortzuweisung das restliche<br />

Plangebiet sperren möchte (Negativflächen). Insbesondere die Negativwirkung hat<br />

unmittelbare Außenwirkung, indem sie direkt auf das private Baurecht des einzelnen<br />

Grundstückseigentümers durchschlägt.<br />

Um Missbrauchsmöglichkeiten wie eine Verhinderungsplanung zu vermeiden und<br />

der Windenergienutzung den ihr gebührenden Stellenwert zuzuordnen, hat das Bundesverwaltungsgericht<br />

dafür eine Reihe von Regeln aufgestellt. So muss der Planungsträger<br />

insbesondere ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept vorlegen. Dieses muss<br />

nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung<br />

getragen wird, sondern auch die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums<br />

von WEA begründen.<br />

Die Ausarbeitung des Planungskonzepts vollzieht sich abschnittsweise:<br />

1. In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln,<br />

die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen<br />

lassen sich in „harte“ und „weiche“ untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen<br />

dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung<br />

schlechthin nicht in Betracht kommen. Weiche Tabuzonen sind Gebietsbereiche,<br />

in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die<br />

Errichtung von WEA „von vornherein“ ausgeschlossen werden „soll“.<br />

2. Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig<br />

bleiben, sind im nächsten Schritt zu den konkurrierenden Nutzungen in Beziehung<br />

zu setzen und mit den Belangen der Windenergie abzuwägen. Am Ende ist der<br />

Windenergienutzung eine „substanzielle Chance“ einzuräumen. Ist dies nicht der<br />

Fall, muss der Planungsträger entweder den Planungsprozess neu aufrollen und<br />

seine Abwägungsdirektiven ändern oder auf die Anwendung der Planvorbehaltsregelung<br />

gänzlich verzichten.<br />

Bei der Frage, ob der Windenergienutzung eine hinreichende substanzielle Chance<br />

eingeräumt wird, kann ein Vergleich der tatsächlich ausgewiesenen Fläche mit der Planfläche<br />

nach Abzug der harten Tabuzonen hilfreich sein. Je weniger ausgewiesen wird,<br />

umso höher ist der Rechtfertigungsbedarf. Andererseits hat sich das Bundesverwaltungsgericht<br />

bis heute geweigert, verbindliche Mindestflächenvorgaben aufzustellen.<br />

136


PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />

Tabuzonen<br />

Die Unterscheidung zwischen „harten“ und „weichen“ Tabuzonen ist nach der<br />

Rechtsprechung zwingend. Sie muss im Planungsprozess dokumentiert werden.<br />

„Harte“ Tabuzonen sind restriktiv zu handhaben. Vorsorgeabstände zu Siedlungsflächen,<br />

aber auch pauschale Abstände zu Brutrevieren geschützter Vogelarten<br />

sind regelmäßig „weiche“ Tabuzonen.<br />

Bebauungsplan<br />

Eine Feindifferenzierung der im FNP (dem Regionalplan) ausgewiesenen Windnutzungsflächen<br />

mit einem B-Plan ist nicht zwingend und in der Regel auch nicht erforderlich.<br />

Interessant werden kann der B-Plan allerdings im Zuge des ↗ Repowering. Die Bebauungsplanung<br />

kann im Sinne eines Einsammelns ungewollter, verstreut liegender WEA<br />

(„Aufräumen der Landschaft“) konkrete Standortzuweisungen mit der Auflage verbinden,<br />

dass mit dem Bau der neuen Anlage eine oder mehrere Altanlagen zurückgebaut<br />

werden müssen. Diese können sich auch außerhalb des B-Plangebiets befinden (§ 9 Abs.<br />

2 Nr. 2 BauGB).<br />

Festsetzungen zugunsten der Windenergienutzung im B-Plan bieten sich darüber hinaus<br />

immer dann an, wenn das betreffende Gebiet nicht mehr im Außenbereich liegt<br />

und die allein für diesen Fall bestimmte Privilegierungsvorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 5<br />

BauGB nicht greift. Das betrifft unter anderem Windenergie in Gewerbe- und Industriegebieten.<br />

Instrumente zur Plansicherung<br />

Zumindest im Außenbereich kann eine (Konzentrationsflächen-)Planung dem WEA-<br />

Projekt nur dann entgegengehalten werden, wenn sie in Kraft getreten ist. Ausnahmsweise<br />

und mit Einschränkungen kann dies schon dann der Fall sein, wenn die Planung<br />

das Stadium der sogenannten „Planreife“ erlangt hat. Sie ist damit endgültig beschlossen,<br />

aber noch nicht veröffentlicht. Dem Planungsträger stehen zur Absicherung seiner<br />

künftigen Planung aber die nachfolgend genannten Plansicherungsinstrumente zur Verfügung.<br />

In der Regionalplanung kann er der zuständigen Behörde mit einer regionalplanerischen<br />

Untersagungsverfügung für typischerweise nicht mehr als zwei Jahre (Einzelheiten<br />

im Landesplanungsrecht) die Genehmigung von Windenergievorhaben untersagen. Der<br />

137


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Gemeinde bietet § 15 Abs. 3 BauGB die Möglichkeit, das Bauvorhaben für längstens zwei<br />

Jahre zurückstellen zu lassen. Darüber hinausgehende Möglichkeiten durch Erlass einer<br />

sogenannten Veränderungssperre sind nur möglich, wenn die Gemeinde neben dem<br />

FNP zusätzlich einen B-Plan aufstellt. Dieser muss allerdings der Windenergienutzung<br />

dienen und darf nicht nur negativ deren Verhinderung zum Zweck haben.<br />

Die Voraussetzung dafür ist, dass das jeweilige Planvorhaben bereits förmlich eingeleitet<br />

worden ist und die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich<br />

gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Dazu müssen die Vorstellungen des<br />

Planungsträgers hinreichend konkretisiert sein. Zudem darf nicht bereits zu diesem Zeitpunkt<br />

absehbar sein, dass die Planung an schwerwiegenden Mängeln leidet, die zur Unwirksamkeit<br />

des späteren Plans führen würden.<br />

Rechtsschutz<br />

Unwirksame Pläne sind unbeachtlich. Die Planung fällt auf den vormaligen Planungsstand<br />

zurück und kann der beabsichtigten Windenergienutzung ggf. nicht mehr entgegengehalten<br />

werden.<br />

Im Streitfall kann dies im Rahmen des sogenannten Inzident-Verfahrens durchgesetzt<br />

werden: Der Windmüller klagt auf Erteilung der Genehmigung. Im Erfolgsfall spricht das<br />

Gericht die entsprechende Verpflichtung der Behörde aus und stellt „inzident“ – im<br />

Zuge der Urteilsbegründung – fest, dass<br />

die dem Vorhaben entgegenstehende<br />

Planung unwirksam ist. Der Vorteil dieses<br />

Verfahrens ist, dass die Genehmigung am<br />

Ende aufgrund einer vollstreckbaren Anordnung<br />

des Gerichts grundsätzlich erteilt<br />

werden muss.<br />

Darüber hinaus hat die Rechtsprechung<br />

für Windkonzentrationsflächenplanungen<br />

(und zwar nur für diese) die<br />

Möglichkeit der sogenannten abstrakten<br />

Normenkontrolle eröffnet. Hier wird im<br />

Erfolgsfalle festgestellt, dass die jeweilige<br />

Planung unwirksam ist. Der Vorteil ist,<br />

dass das Verfahren im Gegensatz zur Inzident-Kontrolle<br />

beim jeweiligen Verwaltungsobergericht<br />

(OVG, VGH) beginnt und<br />

damit eine Instanz überspringt. Dies spart<br />

Zeit und Kosten, zumal der Streitwert, aus<br />

Tipp<br />

Im Zweifelsfalle nicht kleckern, sondern<br />

klotzen. Inzident- und Normenkontrollverfahren<br />

parallel betreiben!<br />

Achtung: Für den Normenkontrollantrag<br />

gilt eine kurze Ausschlussfrist von<br />

einem Jahr ab Inkrafttreten des Plans.<br />

Wer den Plan mit Erfolg anfechten<br />

will, muss sicherstellen, dass er mit<br />

seinen Einwendungen nicht ausgeschlossen<br />

ist.<br />

138


PLANUNGSRECHT | Das Planungsrecht in der Windenergie – eine Einführung<br />

dem die Gerichts- und Anwaltsgebühren<br />

berechnet werden, in aller Regel deutlich<br />

unter dem des Verpflichtungsklageverfahrens<br />

liegt. Nachteilig ist aber, dass in<br />

dem Verfahren nicht über die konkrete<br />

Verpflichtung zur Erteilung der begehrten<br />

Genehmigung entschieden wird. Wird<br />

das konkrete Genehmigungsverfahren<br />

also erst nach dem Normenkontrollurteil<br />

begonnen oder fortgesetzt, besteht die<br />

Gefahr, dass der Planungsträger seinen<br />

Plan zwischenzeitlich nachbessert und am<br />

Ende erneut dem konkreten Windenergievorhaben<br />

entgegenhält.<br />

Fazit<br />

Wenn bestimmte Voraussetzungen<br />

erfüllt sind, bietet das Planungsrecht<br />

insgesamt gute Möglichkeiten, die<br />

Flächennutzung im Sinne der Windenergie<br />

mitzugestalten. Die entscheidenden<br />

Kriterien dafür sind neben der<br />

Beachtung von Planungshierarchien<br />

vor allem die Einhaltung vorgegebener<br />

Fristen und nicht zuletzt ein<br />

möglichst frühzeitiges Eingreifen in<br />

den Planungsprozess.<br />

Autor<br />

Franz-Josef Tigges (Jg. 1955) ist Rechtsanwalt und Notar sowie seit 1993 Fachanwalt<br />

für Verwaltungsrecht. Seit 1988 ist er Partner der auf das Recht der Erneuerbaren<br />

Energien spezialisierten Sozietät Engemann & Partner in Lippstadt. Als Rechtsanwalt<br />

ist er ausschließlich auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien tätig, insbesondere<br />

im Planungsrecht, im öffentlichen Baurecht, im Immissionsschutz- und Naturschutzrecht.<br />

Seit dem Jahr 2000 ist Franz-Josef Tigges geschäftsführender Mitherausgeber der rechtswissenschaftlichen<br />

Zeitschrift für neues Energierecht (ZNER). Der langjährige Vorsitzende des Juristischen Beirats im<br />

<strong>BWE</strong> ist gleichzeitig Mitglied im Vorstand des Verbands.<br />

139


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

140


PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />

Der Flächennutzungsplan<br />

als Steuerinstrument<br />

Gemeinden können steuern, wo Windenergieanlagen<br />

gebaut werden dürfen und wo nicht. Dazu bestimmen sie<br />

Konzentrationszonen, die die Errichtung an anderer Stelle<br />

unzulässig machen. Wichtig: die korrekte Vorgehensweise<br />

bei der Erstellung des Flächennutzungsplans.<br />

Windpark Wundersleben.<br />

Foto: Ulrich Mertens<br />

141


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Seit dem 1. Januar 1997 sind Windenergieanlagen im Außenbereich als sogenannte<br />

privilegierte Anlagen zulässig. Die Privilegierung ist in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB geregelt.<br />

Windenergieanlagen sind damit grundsätzlich planungsrechtlich im Außenbereich zulässig,<br />

wenn dem Vorhaben kein öffentlicher Belang entgegensteht und eine ausreichende<br />

Erschließung gesichert ist. Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass Windenergieanlagen<br />

in dem eigentlich von Bebauung freizuhaltenden Außenbereich errichtet werden<br />

sollen.<br />

Steuerungsinstrument Konzentrationszone<br />

Damit die Anlagen aber nicht ungesteuert im Gemeindegebiet realisiert werden,<br />

steht den Gemeinden ein Steuerungsinstrument zur Verfügung: Durch § 35 Abs. 3 Satz<br />

3 BauGB sind sie dazu ermächtigt, die möglichen Standorte von Windenergieanlagen zu<br />

steuern, indem sie Teile des Gemeindegebiets für die Windenergienutzung vorsehen.<br />

Solche Konzentrationszonen für Windenergieanlagen stellen dann einen öffentlichen<br />

Belang dar, der der Errichtung von Windenergieanlagen an anderer Stelle entgegensteht<br />

und diese unzulässig macht. Ausgewiesen werden die Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan<br />

(FNP) als dem vorbereitenden Bauleitplan. Mit der Festlegung der Konzentrationszonen<br />

entfaltet der FNP unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Dritten.<br />

Unzulässig: die Verhinderungsplanung<br />

Gerade weil die Festlegung von Konzentrationszonen eine Ausschlusswirkung an anderer<br />

Stelle zur Folge hat, werden an die Darstellung und Abwägung hohe gerichtliche<br />

Anforderungen gestellt. Denn die Abgrenzung zwischen zulässiger gemeindlicher Steuerung<br />

und einer reinen Verhinderungsplanung ist in der Praxis eine der schwierigsten Fragen<br />

und nicht ohne Grund Bestandteil zahlreicher gerichtlicher Auseinandersetzungen.<br />

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Gemeinden inzwischen deutlich gemacht, dass<br />

eine gezielte Verhinderungsplanung oder der vollständige Ausschluss von Windenergieanlagen<br />

im Gemeindegebiet unzulässig sind.<br />

Kernanforderung bei der Planung von Konzentrationszonen ist, dass es sich<br />

insgesamt um ein schlüssiges planerisches Gesamtkonzept handelt, in dem der privilegierten<br />

Windenergie ausreichend Raum gegeben wird (Substanzialitätskriterium).<br />

Das bedeutet, dass Auswahl und Kriterienwahl, die zum Planungsergebnis geführt<br />

haben, nachvollziehbar, transparent und objektiv sein müssen. Der damit verbundene<br />

Dokumentationsaufwand ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen.<br />

142


PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />

Wie jede andere Planung wird die Planungskonzeption zur Steuerung der Windenergie<br />

abschnittsweise erarbeitet. Die Besonderheit liegt bei der Windenergieplanung darin,<br />

dass inzwischen das methodische Vorgehen weitestgehend gerichtlich vorgegeben<br />

ist. Das OVG Berlin-Brandenburg hat deutlich gemacht, dass es sich bei dem vom Bundesverwaltungsgericht<br />

entwickelten Verfahren zur Festlegung von Konzentrationszonen<br />

mit Ausschlusswirkung um eine von der Gemeinde zwingend zu beachtende Prüfungsreihenfolge<br />

handelt.<br />

Harte und weiche Tabuzonen<br />

Untersuchungsraum ist in der Regel das gesamte Gemeindegebiet. Im ersten Arbeitsschritt<br />

müssen die Teile des Gemeindegebietes festgelegt werden, die tatsächlich oder<br />

aus rechtlicher Sicht für die Windenergienutzung ausgeschlossen sind – sogenannte harte<br />

Tabuzonen. Im zweiten Schritt werden die Bereiche festgelegt, die zwar tatsächlich und<br />

rechtlich für eine Windenergienutzung in Betracht kommen, aber aus Sicht der Gemeinde<br />

für eine Windenergienutzung ausgeschlossen werden sollen – die sogenannten weichen<br />

Tabuzonen.<br />

Einfachstes Beispiel für eine harte Tabuzone sind Gebiete, die aufgrund zu geringen<br />

Windaufkommens tatsächlich für die Windenergienutzung ungeeignet sind. Weitere<br />

Beispiele sind: militärische Schutzbereiche, Naturschutzgebiete, Nationalparks, Biosphärenreservate,<br />

gesetzlich geschützte Biotope, Verkehrswege oder Splittersiedlungen im<br />

Außenbereich. Nicht eindeutig ist die Lage aber z. B. bei Landschaftsschutzgebieten. Hier<br />

muss im Einzelfall geprüft werden, ob Schutzzweck und Erhaltungsziele mit der Windenergienutzung<br />

vereinbar sind. Bei den Siedlungsabständen sind lediglich die Abstände<br />

als harte Tabuzonen anzusehen, die sich aus immissionsschutzrechtlicher Sicht zwingend<br />

ergeben. Wünscht die Gemeinde größere Abstände, handelt es sich um weiche Tabuzonen.<br />

Abwägungsfehler vermeiden<br />

Zur Vermeidung eines sogenannten Abwägungsfehlers muss sich die Gemeinde den<br />

Unterschied zwischen den beiden Arten von Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren.<br />

Dazu muss sie aufzeigen, wie sie die eigenen Ausschlussgründe für weiche<br />

Tabuzonen bewertet. Harte Tabuzonen gelten im Gegensatz dazu als „Faktum“. Wird<br />

diese Differenzierung nicht vorgenommen oder werden weiche Tabuzonen fälschlicherweise<br />

als harte Tabuzonen bewertet, fehlt die im Baugesetzbuch vorgeschriebene Abwägung<br />

der öffentlichen und privaten Belange. Dieser sogenannte Abwägungsausfall kann<br />

dazu führen, dass der Flächennutzungsplan nicht genehmigungsfähig ist oder im Falle<br />

einer gerichtlichen Auseinandersetzung insgesamt als unwirksam erklärt wird. Ein weiterer<br />

Abwägungsfehler ist zum Beispiel ein Abwägungsdefizit – d. h., die Gemeinde hat<br />

143


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Ausschnitt aus<br />

einem Flächennutzungsplan<br />

mit<br />

einem Sondergebiet<br />

für die Windenergienutzung<br />

SO<br />

„Wind“<br />

Abb.: M. Dornblut, Jahn, Mack und Partner<br />

nicht alle abwägungsrelevanten Belange ermittelt und berücksichtigt. Oder es besteht<br />

eine Abwägungsfehleinschätzung – die Gewichtigkeit der Belange wurde falsch beurteilt.<br />

Substanzialitätskriterium erfüllt?<br />

Nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen bleiben schließlich die sogenannten<br />

Potenzialflächen übrig, die für die Windenergienutzung infrage kommen. In einem letzten<br />

Arbeitsschritt muss geprüft werden, ob mit diesen Konzentrationszonen der Windenergienutzung<br />

ausreichend substanzieller Raum zur Verfügung gestellt wird, der der<br />

bundesrechtlichen Privilegierung und den örtlichen Gegebenheiten gerecht wird. Allgemeine<br />

Aussagen, dass bei x Prozent des Gemeindegebiets der Windenergienutzung<br />

substanziell Raum gegeben wird, sind nicht möglich. Dies ist immer von den konkreten<br />

örtlichen Gegebenheiten abhängig. Angewendet werden kann eine Kombination aus<br />

verschiedenen Prüfmethoden, an deren Ende ein transparentes, nachvollziehbares und<br />

dokumentiertes Ergebnis stehen muss.<br />

144


̵<br />

̵<br />

̵<br />

̵<br />

̵<br />

PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />

Prüfmaßstäbe können sein:<br />

Verhältnis der festgelegten Konzentrationsflächen zu potenziell geeigneten Flächen<br />

Verhältnis zwischen Planungsregion abzüglich der „harten Tabuzonen“ und den<br />

Eignungsgebieten<br />

Vergleich der festgelegten Konzentrationsflächen zu festgelegten landes- und<br />

bundesdurchschnittlichen Flächen<br />

Vergleich der festgelegten Konzentrationsflächen im Hinblick auf die mögliche<br />

Energiemenge zu landes- und bundesdurchschnittlich installierter Leistung<br />

Vergleich der festgelegten Konzentrationsflächen zu energiepolitischen landesund<br />

bundespolitischen Zielen<br />

Wird festgestellt, dass der Windenergie nicht substanziell Raum geschaffen werden<br />

kann, kann die Gemeinde von dem Steuerungsinstrument der Konzentrationsflächenplanung<br />

keinen Gebrauch machen. Die planungsrechtliche Zulässigkeit von Windenergieanlagen<br />

richtet sich dann nach § 35 BauGB, in dem die planungsrechtlichen Zulässigkeiten<br />

für das Bauen im Außenbereich allgemein geregelt sind.<br />

Wie lese ich einen Bauleitplan für die Windenergienutzung?<br />

Der Bebauungsplan informiert über die im Geltungsbereich zulässigen Nutzungen<br />

und baurechtlichen Vorschriften. Im Gegensatz zu anderen Nutzungen gilt dies bei der<br />

Windenergie gleichermaßen für den FNP, wenn die Gemeinde Konzentrationszonen mit<br />

Ausschlusswirkung festgelegt hat. Insbesondere wenn Bebauungspläne aus dem Internet<br />

eingesehen werden, muss geprüft werden, ob der vorliegende Plan wirksam ist oder<br />

ob es sich lediglich um einen Verfahrensstand (Vorentwurf oder Entwurf) handelt. Neben<br />

den zeichnerischen sind auch die textlichen Festsetzungen zu berücksichtigen.<br />

Art der baulichen Nutzung<br />

§ 11 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) regelt eindeutig, dass als „sonstiges<br />

Sondergebiet“ insbesondere Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung<br />

oder Nutzung Erneuerbarer Energien wie Wind- und Sonnenergie dienen, in Betracht<br />

kommen. Festzusetzen ist somit ein sonstiges Sondergebiet gem. § 11 Abs. 2 BauNVO.<br />

Im Gegensatz zu den übrigen Baugebieten der BauNVO müssen bei der Festsetzung<br />

eines Sondergebietes die zulässigen und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen textlich<br />

definiert werden. Das bedeutet, dass sich die Zulässigkeit von Windenergieanlagen<br />

aus der zeichnerischen Festsetzung des Sondergebietes mit einer Zweckbestimmung<br />

(z. B. „Windkraft“) in Kombination mit einer textlichen Festsetzung ergibt.<br />

145


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Beispielhafte Festsetzungsmöglichkeiten<br />

in einem Bebauungsplan<br />

I. Die WKA sind innerhalb<br />

der Baugrenze im<br />

Sondergebiet „Wind“<br />

zulässig – die Positionierung<br />

und Anzahl der<br />

Anlagen innerhalb der<br />

Baugrenzen wird nicht<br />

vorgegeben. Weiter<br />

werden die zulässige<br />

Bauhöhe und die überbaubare<br />

Grundfläche je<br />

WKA festgesetzt.<br />

II. Die Positionierung<br />

und Anzahl der Anlagen<br />

sind mit Baugrenzen<br />

festgesetzt. Weiter<br />

werden für jede Anlage<br />

die zulässige Bauhöhe,<br />

die überbaubare<br />

Grundfläche je WKA<br />

und die notwendigen<br />

Erschließungsflächen<br />

festgesetzt.<br />

Abb.: M. Dornblut,<br />

Jahn, Mack und Partner<br />

146


PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />

Bestandteile eines Flächennutzungs- und eines Bebauungsplans<br />

Jeder Bauleitplan – also jeglicher Flächennutzungsplan und Bebauungsplan –<br />

besteht aus:<br />

a) der Planzeichnung mit:<br />

✓ dem Bebauungsplantitel<br />

✓ einer Übersichtskarte<br />

✓ dem Geltungsbereich<br />

✓ den textlichen Festsetzungen<br />

✓ einer Legende<br />

✓ einem Katastervermerk<br />

✓ dem Verfahrensstand (Vorentwurf, Entwurf oder Satzungsbeschluss)<br />

Der wirksame Plan enthält zudem einen Ausfertigungsvermerk mit dem Datum<br />

des Satzungsbeschlusses (beim FNP ist dies der Feststellungsbeschluss) und einen<br />

Vermerk über die Tatsache und den Zeitpunkt der ortsüblichen öffentlichen<br />

Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses/der Genehmigung.<br />

b) der Begründung mit (entsprechend dem Stand des Verfahrens):<br />

✓ den Zielen, Zwecken und wesentlichen Auswirkungen des Bauleitplans sowie<br />

✓ einem Umweltbericht als gesondertem Teil<br />

In der Begründung muss das inhaltliche und konzeptionelle „Gerüst“ der<br />

Planung zum Ausdruck kommen. Die Abwägung der durch den Plan berührten<br />

öffentlichen und privaten Belange muss deutlich werden.<br />

Maß der baulichen Nutzung<br />

Meist wird eine zulässige überbaubare Grundstücksfläche (GR) in m² festgesetzt, die<br />

innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche durch das Fundament, erforderliche Nebenanlagen<br />

und Kranaufstellflächen überbaut/vollversiegelt werden darf. Die maximal<br />

zulässige Anlagenhöhe wird i. d. R. zeichnerisch mit einer maximalen Bauhöhe festgesetzt.<br />

Mit einer textlichen Festsetzung wird darüber hinaus definiert, von welchem Bezugspunkt<br />

aus gemessen wird und welcher Punkt der Anlage (meist der höchste Punkt,<br />

der vom Rotor überstrichen wird) maßgeblich ist.<br />

147


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Das Bauleitplanverfahren nach BauGB<br />

Planungsanlass / Planerfordernis<br />

Aufstellungsbeschluss<br />

ortsübliche<br />

Bekanntmachung<br />

Abfrage der Ziele der Raumordnung<br />

Erarbeitung des Vorentwurfs<br />

Frühzeitige Beteiligung der<br />

Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 1 BauGB<br />

Frühzeitige Beteiligung der<br />

Behörden gem. § 4 Abs. 1 BauGB<br />

Auswertung und Würdigung der<br />

vorgebrachten Anregungen<br />

Beteiligung der Behörden<br />

gem. § 4 Abs. 2 BauGB<br />

Auswertung und Würdigung der vorgebrachten Anregungen<br />

und Erarbeitung des Entwurfs<br />

erneute Auslegung,<br />

wenn Änderungen am<br />

Entwurf notwendig<br />

werden<br />

Zustimmung zur Planung und Beschluss zur öffentlichen<br />

Auslegung gem. § 3 Abs. 2 BauGB und zur<br />

Einholung von Stellungnahmen der Behörden und<br />

sonstigen Träger öffentlicher Belange<br />

gem. § 4 Abs. 2 BauGB<br />

ortsübliche<br />

Bekanntmachung<br />

Öffentliche Auslegung<br />

gem. § 3 Abs. 2 BauGB<br />

Abwägung der vorgebrachten Anregungen<br />

Satzungsbeschluss / Feststellungsbeschluss<br />

beim FNP<br />

Genehmigung beim FNP und in Einzelfällen<br />

beim B-Plan<br />

Abb.:<br />

Jahn, Mack und Partner<br />

Rechtskraft durch ortsübliche Bekanntmachung<br />

148


PLANUNGSRECHT | Der Flächen nutzungsplan als Steuer instrument<br />

Überbaubare Grundstücksfläche<br />

Die überbaubare Grundstücksfläche<br />

wird in den meisten Fällen mithilfe von<br />

Baugrenzen (blaue Linien) festgesetzt, die<br />

ein Baufenster bilden, innerhalb dessen<br />

die Anlagen zulässig sind. Die zulässige<br />

überbaubare Grundstücksfläche darf nur<br />

innerhalb der Baufenster realisiert werden.<br />

Neben den genannten Festsetzungen<br />

ist in einem Bebauungsplan eine Vielzahl<br />

weiterer Festsetzungen möglich. Der Umfang<br />

der Festsetzungen ist immer abhängig<br />

von der Regelungserfordernis des Einzelfalls<br />

und den örtlichen Gegebenheiten.<br />

Hierbei ist zu beachten, dass im Gegensatz<br />

zum FNP nur solche Festsetzungen in den<br />

Bebauungsplan aufgenommen werden<br />

können, die in § 9 BauGB („Inhalt des Bebauungsplans“)<br />

enthalten sind.<br />

Fazit<br />

Durch die Bestimmung sogenannter<br />

Konzentrationszonen können<br />

Gemeinden steuern, wo in ihrem<br />

Gemeindegebiet Windenergieanlagen<br />

errichtet werden dürfen und wo nicht.<br />

An das Verfahren zur Bestimmung<br />

der Konzentrationszonen werden<br />

deshalb hohe gerichtliche Anforderungen<br />

gestellt: Zu unterscheiden<br />

gilt es zwischen harten und weichen<br />

Tabuzonen. Zudem müssen Fehler<br />

bei der Abwägung der öffentlichen<br />

und privaten Interessen vermieden<br />

werden. Ausgewiesen werden die<br />

Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan,<br />

der als vorbereitender<br />

Bauleitplan gilt.<br />

Autor<br />

Martin Dornblut (Jg. 1981) arbeitete nach dem Studium der Stadt- und<br />

Regionalplanung in verschiedenen Planungsbüros. Es folgte eine Beschäftigung<br />

in der öffentlichen Verwaltung mit dem Schwerpunkt Projektmanagement<br />

und -koordination. Seit 2010 ist Martin Dornblut für Jahn, Mack und Partner<br />

im Bereich der vorbereitenden und verbindlichen Bauleitplanung tätig.<br />

149


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windpark auf der Nauener Platte, westlich von Berlin. Foto: Jan Oelker<br />

150


PLANUNGSRECHT | Bessere Erträge durch optimales Windparklayout<br />

Bessere Erträge<br />

durch optimales<br />

Windparklayout<br />

Die Entwicklung einer sinnvollen und auf den Standort abgestimmten Windparkkonfiguration<br />

ist ein entscheidendes Element für eine erfolgreiche Windparkplanung. Dabei<br />

sind verschiedenste Ansprüche an den geplanten Standort zu berücksichtigen und miteinander<br />

in Einklang zu bringen.<br />

Die vom Planer entwickelte Windparkkonfiguration wird im Rahmen des Planungsablaufes<br />

mehrmals konkretisiert, angepasst und optimiert. Die wichtigsten Bezugsgrößen<br />

zur Bestimmung der optimalen Konfiguration ergeben sich aus folgenden Eigenschaften:<br />

• zur Verfügung stehende Fläche und ihr Zuschnitt<br />

• Typ, Durchmesser und Anzahl der Anlagen<br />

• Schallbelastungen für umliegende Bereiche<br />

• Umgebungsturbulenz, Windparkturbulenz und Standfestigkeit<br />

• Ertragspotenzial am Standort<br />

• Energieertrag und ↗ Parkwirkungsgrad der geplanten WEA<br />

• Mindestabstände und Flurstücksicherung<br />

• ggf. bereits bestehende oder benachbart geplante Anlagen<br />

Für die Durchführung einer Windparkoptimierung und die Festlegung der Anlagenkonfiguration<br />

werden aussagekräftige ↗ GIS- oder ↗ CAD-Systeme benötigt. Die<br />

notwendigen Berechnungen für Schall-, Schattenwurf-, Ertrags- und Turbulenzbetrachtungen<br />

werden mit Spezialsoftware durchgeführt. Das Ergebnis ist eine Liste mit exakt<br />

definierten Koordinaten der Anlagen sowie ein genauer Lageplan der Parkkonfiguration.<br />

151


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Fester Bestandteil für die Baugenehmigung<br />

In der zeichnerischen Darstellung sind zudem Durchmesser und Exzentrizität des Rotors<br />

zu beachten, was insbesondere für die Berücksichtigung der Mindestabstände und<br />

die korrekte Platzierung der WEA innerhalb der vorgesehenen Fläche wichtig ist. Im Rahmen<br />

der Genehmigung ist ein fest definiertes Windparklayout anzugeben. Die Windparkkonfiguration<br />

ist somit fester Bestandteil der jeweiligen Baugenehmigung und auch der<br />

damit verbundenen Gutachten für Schall, Schattenwurf und Turbulenz. Verschiebungen<br />

an den Positionen der Anlagen erfordern eine entsprechende Nachtragsgenehmigung.<br />

Mitentscheidend für die Ertragsberechnung<br />

Auch im Rahmen der durchzuführenden Ertragsgutachten wird das definierte Layout<br />

für die Berechnung angewendet. Hier wird neben dem freien Energieertrag der WEA am<br />

Standort auch der berechnete ↗ Parkwirkungsgrad der einzelnen Anlagen sowie des gesamten<br />

Parks angegeben – also die Verluste durch gegenseitige Abschattung am Standort.<br />

Der Parkwirkungsgrad für die betrachtete Konfiguration berücksichtigt im Ergebnis<br />

zudem immer die Auswirkung benachbart bestehender oder geplanter Anlagen.<br />

Neben der durch die Planung vorgegebenen Windparkkonfiguration sind für seine<br />

Berechnung auch die vom Hersteller definierte Schubbeiwertkurve, der Rotordurchmesser<br />

und insbesondere die Verteilung der Windrichtung relevant.<br />

Windpotenzial und Windrichtung<br />

In Deutschland kann allgemein von einer Hauptwindrichtung West/Südwest ausgegangen<br />

werden. Vor der Planung des Layouts empfiehlt es sich jedoch, die Hauptwindrichtung<br />

grob zu verifizieren. Aufschluss hierüber können die veröffentlichten<br />

Daten meteorologischer Messstationen in der Umgebung des geplanten Standortes<br />

geben. Die Verteilung der Windrichtung in Deutschland ist relativ ausgeprägt und<br />

identisch, daher unterscheiden sich die in Ertragsgutachten berechneten Parkverluste<br />

nur selten signifikant. Bei einer engen Windparkkonfiguration und unterschiedlichen<br />

Einschätzungen des Windpotenzials und der Windrichtungsverteilung<br />

am Standort kann es aber durchaus vereinzelt zu größeren Diskrepanzen kommen.<br />

152


PLANUNGSRECHT | Bessere Erträge durch optimales Windparklayout<br />

Herangehensweise<br />

Für die Anforderungen an das Windparklayout existieren keine fest definierten Richtlinien.<br />

Faktisch begrenzen aber die Genehmigungsfähigkeit und der hiermit verbundene<br />

Standsicherheitsnachweis nach ↗ DIBT das Windparklayout hinsichtlich der Abstände<br />

der Anlagen zueinander. In Deutschland orientiert sich dieses üblicherweise am fünffachen<br />

Wert des Rotordurchmessers (D5) für die Hauptwindrichtung und am dreifachen<br />

(D3) für die Nebenwindrichtung. Bei einer besonders ausgeprägten Hauptwindrichtung<br />

kann sich dieses Verhältnis entsprechend verschieben.<br />

Parkwirkungsgrad<br />

Ein wichtiger Indikator für die Qualität des Windparklayouts ist der Parkwirkungsgrad<br />

der Anlagen. Bei größeren Windparks sollte der berechnete Parkwirkungsgrad im<br />

Allgemeinen nicht unter 80 Prozent fallen. Für die Planung können aus wirtschaftlichen<br />

Gründen aber durchaus auch höhere Werte zugrunde gelegt werden. Dabei ist zu beachten,<br />

dass ein Windpark an einem windstarken Standort einen vergleichsweise höheren<br />

Parkwirkungsgrad aufweist als an Standorten mit weniger Windaufkommen. Die optimale<br />

geometrische Anordnung der Anlagen im Windpark, wie sie in Offshore-Projekten<br />

Darstellung einer Windpark-Konfiguration mit Hauptwindrichtung Südwest (3D- und 5D-<br />

Abstände – Ellipsen entsprechend halb so groß). Quelle: wpd<br />

153


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windenergieanlagen im Wald. Foto: juwi<br />

154


PLANUNGSRECHT | Bessere Erträge durch optimales Windparklayout<br />

umgesetzt wird, spielt für die Planung im deutschen Binnenland eine geringere Rolle: Die<br />

Flächen der meisten Parks an Land haben nicht die entsprechende Größe dafür. Es sind<br />

vielmehr die weiteren Standortfaktoren, die das Windparklayout konkretisieren. Zudem<br />

sind im Rahmen der Planung gegebenenfalls bereits bestehende WEA zu berücksichtigen<br />

und ist die Windparkkonfiguration entsprechend hierauf abzustimmen.<br />

Schallbelastungen verringern<br />

Bei einem genaueren Blick auf die verschiedenen Standortkategorien im Binnenland<br />

(flaches/komplexes Gelände, dicht besiedelte und bebaute Bereiche, bewaldete<br />

Standorte) ergeben sich neben dem energetischen Aspekt weitere Anforderungen an<br />

die Windparkplanung. Einen wichtigen Punkt stellt das Thema Schallemissionen dar.<br />

Kleinere Verschiebungen der Anlagen haben in der Regel nur geringe Auswirkungen auf<br />

die rechnerische Schallbelastung, da sich letztere vor allem aus der Anzahl der Anlagen<br />

in der näheren Distanz zum Immissionsort ergibt. Dennoch ist es in einigen Fällen<br />

möglich, einzelne WEA aus schallkritischen Bereichen zu einer neuen Konfiguration zu<br />

verschieben und den Park damit auch schalltechnisch zu optimieren. Möglichst niedrige<br />

Schallimmissionen und einen optimalen Energieertrag wirtschaftlich sinnvoll in Einklang<br />

zu bringen, ist ein iterativer Prozess. Dabei werden einzelne Anlagen verschoben und<br />

immer wieder erneute Berechnungen durchgeführt, bis im Ergebnis die optimale Windparkkonfiguration<br />

steht. Aber auch diese muss erfahrungsgemäß im weiteren Planungsverlauf<br />

immer wieder angepasst werden.<br />

Nicht definierte Restriktionen beachten<br />

Ebenso wichtig sind die in der Flächenausweisung nicht definierten Restriktionen,<br />

wie notwendige Mindestabstände zu Hochspannungsleitungen oder Richtfunkstrecken,<br />

nicht gesicherte Flurstücke, topografische Eigenschaften und andere. Für die Planung im<br />

Wald betrifft dies zum Teil auch Bereiche, die aufgrund der ökologischen und wirtschaftlichen<br />

Wertigkeit des Baumbestandes nicht genutzt werden können.<br />

Windangebot und Turbulenzen<br />

In komplexen Geländesituationen sind die maßgeblichen Kriterien für die Parkoptimierung<br />

das unterschiedliche Windangebot und die Turbulenzintensität innerhalb<br />

der zur Verfügung stehenden Fläche. Dabei ist zu beachten, dass die Turbinen an den<br />

windhöffigen Standorten platziert, also an exponierter Lage in Hauptwindrichtung frei<br />

angeströmt werden. Hanglagen sowie Positionen mit einer hohen Umgebungsturbulenzintensität<br />

gilt es zu vermeiden.<br />

155


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Bestehen große Unterschiede in der Geländehöhe zwischen den einzelnen Positionen,<br />

so spielt das am jeweiligen Standort vorhandene Windangebot eine größere Rolle<br />

als der berechnete Parkwirkungsgrad. Für im Gelände sehr komplexe und strukturierte<br />

Standorte ist daher die Durchführung von ↗ CFD-Berechnungen zu empfehlen, mithilfe<br />

derer sich auch flächenhafte Aussagen zur Turbulenzintensität herleiten lassen.<br />

Abschattungsverluste bei bestehenden Standorten<br />

Ein Blick auf bestehende Windparks, ihre Performance und die Betriebsergebnisse<br />

zeigt, wie wichtig eine optimale und standortgerechte Windparkkonfiguration ist. Bisherige<br />

Fehler resultieren oft daher, dass bestehende Windparks in den letzten Jahren<br />

weiter zugebaut wurden, wodurch sich daraus entstehende Abschattungsverluste zum<br />

Teil drastisch erhöht haben. Größere Windparkstandorte mit einer engeren Windparkkonfiguration<br />

reagieren zudem sensibler auf ein schwankendes Windangebot als kleinere<br />

Windparks. Dies trifft auch für Windparkplanungen im Binnenland zu, wenn bereits<br />

ausgewiesene Standorte erweitert werden. Sofern also Windparkerweiterungen in der<br />

Umgebung (insbesondere in der Hauptwindrichtung) bekannt sind oder erwartet werden<br />

können, sollten diese auch bei der Planung und der Berechnung des Parkwirkungsgrades<br />

berücksichtigt werden.<br />

Strenge Geometrie eher kontraproduktiv<br />

Die Erfahrung zeigt, dass Windparks, die eher unstrukturiert geplant wurden, gegenüber<br />

Parks mit einer fest vordefinierten Geometrie oftmals im Vorteil sind. Tritt der Wind<br />

aus einer Richtung auf, in der einzelne Turbinen durch direkt vorgelagerte Anlagen in erster<br />

und zweiter Reihe hintereinander abgeschattet werden, können sich Abschattungsgrad<br />

und damit Ertragseinbußen deutlich erhöhen. Letztere resultieren nicht nur aus der<br />

Symmetrisches Layout (links) und im Parkwirkungsgrad optimiertes Layout (rechts).<br />

Quelle: wpd<br />

156


PLANUNGSRECHT | Bessere Erträge durch optimales Windparklayout<br />

Windkraftanlagen auf der Fuchskaute im Hohen Westerwald. Foto: Paul-Langrock.de<br />

direkten Abschattung der jeweils vorgelagerten<br />

Anlage, sondern auch aus den sich<br />

überlagernden Nachlaufturbulenzen mehrerer<br />

in Hauptwindrichtung vorgelagerter<br />

Anlagen. Derartige Symmetrien sollten,<br />

wenn möglich, im Windparklayout daher<br />

vermieden werden.<br />

Autor<br />

Peter Spengemann (Jg. 1972)<br />

ist Director ↗ Repowering bei<br />

wpd windmanager GmbH &<br />

Co. KG. Der Diplom-Geograf<br />

startete nach seinem Studium<br />

2002 bei der DEWI GmbH, wo<br />

er als Abteilungsleiter unter anderem für ↗ Micrositing<br />

und später für Due Diligence verantwortlich<br />

war. Seit 2011 ist Peter Spengemann bei wpd<br />

windmanager verantwortlich für die Bewertung,<br />

Koordination und Umsetzung von Repowering-<br />

Vorhaben.<br />

Fazit<br />

Das Windparklayout ist im Rahmen<br />

der Planung und späteren Genehmigung<br />

eine feste Größe, die es jedoch<br />

zu entwickeln gilt. Während der<br />

Planung werden hierbei verschiedene<br />

Ansprüche an den Standort in<br />

Einklang gebracht und eine optimale<br />

Windparkkonfiguration entwickelt.<br />

Diese zunächst vorläufig entwickelte<br />

Konfiguration wird im Rahmen des<br />

Planungsprozesses immer weiter konkretisiert<br />

und angepasst. Die genaue<br />

und sachgerechte Entwicklung des<br />

Windparklayouts stellt somit eine die<br />

Planung stetig begleitende Aufgabe<br />

dar, die sich bis zur Festlegung und<br />

Genehmigung einer endgültigen Konfiguration<br />

hinzieht.<br />

157


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

158


Grundbuchrechte<br />

und Pachtverträge<br />

159


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

160


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />

Auf gutem Grund:<br />

Pachtverträge<br />

und -modelle zur<br />

Flächensicherung<br />

Für die erfolgreiche Realisierung eines Windenergie-<br />

Projektes auf dem Festland ist die Flächensicherung durch<br />

möglichst langfristige Pachtverträge eine grundlegende<br />

Voraussetzung. Die Fragen nach dem richtigen Pachtmodell<br />

und angemessenen Pachthöhen sind dabei ebenso<br />

entscheidend wie eine sinnvolle Einigung mit den<br />

Eigentümern der Flächen.<br />

Foto: Jens Meier<br />

161


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Die zivilrechtliche Sicherung sämtlicher benötigter Flächen ist für Windparkprojekte<br />

und für Einzelstandorte grundsätzlich erforderlich. Hierbei ist zu bedenken, dass<br />

aufgrund von bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften auch für die Errichtung<br />

von Einzelanlagen oft mehrere Grundstücke gesichert werden müssen: Die wenigsten<br />

Grundstücke sind groß genug, um hierauf eine oder mehrere Windenergieanlagen unter<br />

Einhaltung sämtlicher bauordnungsrechtlicher Abstandsflächen vollständig errichten zu<br />

können.<br />

Mindestvoraussetzungen eines wirksamen Pachtvertrages<br />

Die Grundstücksnutzungsverträge stellen rechtlich unabhängig von ihrer Bezeichnung<br />

(z. B. als „Nutzungsvertrag“ oder „Grundstücksnutzungsvertrag“) stets Pachtverträge<br />

im Sinne des § 581 BGB dar. In den letzten Jahren sind die rechtlichen Anforderungen<br />

hinsichtlich der Wirksamkeit solcher Pachtverträge gestiegen, was einen erheblichen<br />

Beratungsbedarf für Anlagenbetreiber und Grundstückseigentümer bei ihrem Abschluss<br />

mit sich bringt.<br />

Aus der Vogelperspektive. Foto: Jörg Böthling<br />

162


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />

Die zwingende Mindestvoraussetzung eines wirksamen Pachtvertrages ist eine Einigung<br />

darüber, wer die Parteien des Vertrages sind, welche Grundstücke zum Zweck<br />

der windenergetischen Nutzung verpachtet werden und wie hoch der Pachtzins ist. Der<br />

Windenergieanlagenbetreiber muss darüber hinaus aber noch auf weitere Vertragsinhalte<br />

achten:<br />

Checkliste<br />

Was muss der Pachtvertrag im Interesse des<br />

späteren WEA-Betreibers enthalten?<br />

✓✓<br />

Konkrete Beschreibung des Nutzungsrechts,<br />

✓✓<br />

Recht des Anlagenbetreibers zur optimalen Konfiguration des Windparks,<br />

also zur freien Standortwahl auf den angepachteten Grundstücken,<br />

✓✓<br />

langfristige Bindung beider Vertragsparteien unter Ausschluss ordentlicher<br />

Kündigungsrechte,<br />

✓✓<br />

Vereinbarung einer sogenannten „Reservierungsphase“ bis zum Beginn der<br />

Grundstücksinanspruchnahme und der Pachtzahlungen,<br />

✓✓<br />

Konkurrenzschutzklausel,<br />

✓✓<br />

Verpflichtung zur Bestellung eventuell erforderlicher Baulasten (Abstands-,<br />

Wege- und/oder Vereinigungsbaulasten) und benötigter Wege-Grunddienstbarkeiten,<br />

✓✓<br />

Verpflichtung zur Bestellung der für die grundbuchliche Sicherung des<br />

Windenergieanlagenbetriebs, der Nebenanlagen und der Kabel benötigten<br />

beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten des Anlagenbetreibers<br />

und ggfs. der finanzierenden Bank,<br />

✓✓<br />

bei Abschluss des Nutzungsvertrages in einer sogenannten Haustürsituation:<br />

Widerrufsbelehrung,<br />

✓✓<br />

Verpflichtung des Eigentümers, die Zustimmungserklärung des landwirtschaftlichen<br />

Pächters beizubringen,<br />

✓✓<br />

sog. ↗ „Salvatorische Klausel“.<br />

163


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Bezüglich der Angabe des Verpächters im Vertrag (meistens als „Grundstückseigentümer“<br />

bezeichnet) empfiehlt sich eine Klausel, mit der der Grundstückseigentümer<br />

versichert, (ggf. Allein-)Eigentümer der im Vertrag nachbenannten Grundstücke zu sein.<br />

Häufig liegt kein aktueller Grundbuchauszug vor und die Verhandlungen werden von<br />

Ehepartnern oder Kindern der Grundstückseigentümer geführt. Die Klausel „Der/die<br />

Grundstückseigentümer versichert/versichern, Eigentümer des nachstehend aufgeführten<br />

Grundbesitzes zu sein:“ führt in der Regel dazu, dass dieser Umstand angesprochen<br />

wird und für die Unterzeichnung durch den/die tatsächlichen Grundstückseigentümer<br />

noch gesorgt werden kann.<br />

Wichtig: das Recht zur optimalen Konfiguration des Windparks<br />

Der Abschluss der Grundstücksnutzungsverträge erfolgt in der Regel in einer sehr<br />

frühen Phase der Projektierung von Windenergieanlagen. Von besonderer Bedeutung<br />

ist hierbei das vertragliche Recht des Anlagenbetreibers, den Windpark optimal konfigurieren<br />

zu können. Nur so ist die bestmögliche Ausnutzung der zur Verfügung stehenden<br />

Windvorrangfläche unter windenergetischen Gesichtspunkten möglich.<br />

Eine zu frühe Festlegung auf Windenergieanlagenstandorte kann für die Wirtschaftlichkeit<br />

des Windparks erhebliche Nachteile mit sich bringen. Deshalb sind auch sämtliche<br />

potenziell benötigten Flächen unter Vertrag zu nehmen, um später auf eventuell<br />

notwendige Standortverschiebungen flexibel reagieren zu können.<br />

Die Träger der Konzentrationsplanungen, also die Träger der Regionalplanung oder<br />

die Städte und Gemeinden als Träger der vorbereitenden Bauleitplanung (Flächennutzungsplanung)<br />

stellen üblicherweise Konzentrationszonen in Form von Vorrang- und<br />

Eignungsgebieten bzw. Sonderbauflächen dar. Außerhalb dieser Flächen sind Windenergieanlagen<br />

gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der Regel unzulässig, deshalb muss der<br />

Anlagenbetreiber häufig mit einer Vielzahl von Flächeneigentümern in der ausgewiesenen<br />

Konzentrationsfläche verhandeln. Vor diesem Hintergrund sollte bereits frühzeitig<br />

ein Pachtmodell gewählt werden, mit dem eine Zustimmung möglichst aller Flächeneigentümer<br />

erreicht werden kann.<br />

Einzelpacht- versus Flächenpachtmodelle<br />

Verändert hat sich mit der Erfahrung der letzten 20 Jahre im Bereich der Windenergie<br />

auch die Ausgestaltung der Vergütungsregelungen in den Nutzungsverträgen. Waren zu<br />

Beginn noch sogenannte Einzelpachten bei Einzelanlagen sowie Windparks üblich, werden<br />

heute in der Regel sogenannte Flächenpachten vereinbart. Dies hat erhebliche Vorteile<br />

sowohl für den Anlagenbetreiber als auch für den Grundstückseigentümer. Im Folgenden<br />

werden die Vor- und Nachteile der beiden Modelle einander gegenübergestellt:<br />

164


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />

Herausforderungen bei Einzelpachtmodellen<br />

Wie bereits dargestellt, ist in der Regel für den Betrieb einer oder mehrerer Windenergieanlagen<br />

die Anpachtung mehrerer Grundstücke erforderlich. Vergütungen erhalten<br />

im Rahmen des Einzelpachtmodells jedoch nur die Eigentümer der Grundstücke, auf<br />

denen Windenergieanlagen errichtet werden, sowie die Eigentümer von Kabel- und Wegeflächen.<br />

Eine flächenbezogene Aufteilung des Nutzungsentgeltes erfolgt nicht, wenn<br />

eine Pachtzahlung nur für das Grundstück des Anlagenstandorts (Einzelpacht) vereinbart<br />

wurde. Es wird dann ausschließlich an dessen Verpächter gezahlt.<br />

Dies zeitigt zwar einerseits eine hohe Akzeptanz bei den Eigentümern der Standortgrundstücke,<br />

ist andererseits jedoch mit erheblichen Nachteilen bezüglich der optimalen<br />

Konfiguration des Windparks verbunden. Die Vereinbarung von Einzelpachten mit den<br />

Grundstückseigentümern setzt oftmals eine vertragliche Vereinbarung voraus, mit der<br />

Letzteren bereits zu diesem Zeitpunkt ein Standort zugesichert werden muss. Dies ist<br />

aber zumeist problematisch, weil die spätere Realisierbarkeit des jeweiligen Standortes<br />

in dieser frühen Projektphase noch nicht feststehen kann. Eine optimale Ausnutzung der<br />

bauplanungsrechtlich zur Verfügung stehenden (Vorrang-)Fläche kann dadurch später<br />

verhindert werden.<br />

Deshalb ist auch bei der Vereinbarung von Einzelpachten darauf zu achten, dass dem<br />

Anlagenbetreiber vertraglich das Recht zur optimalen Konfiguration des Windparks eingeräumt<br />

wird. Damit wird sichergestellt, dass er bei Bedarf Standorte verschieben oder<br />

das Grundstück auch nur für Infrastruktureinrichtungen bzw. als Windan- oder -abstromfläche<br />

(gegen ein sehr geringes Entgelt) nutzen kann.<br />

Akzeptanzfragen<br />

Je eindeutiger und rechtssicherer die genannten Regelungen in einem Pachtvertrag<br />

mit einem Einzelpachtmodell ausgestaltet werden, desto geringer ist allerdings die Bereitschaft<br />

des Grundstückseigentümers, diese zu akzeptieren. Wenig Akzeptanz findet<br />

das Einzelpachtmodell verständlicherweise bei den Grundstückseigentümern, deren Flächen<br />

nur für Infrastruktureinrichtungen als Grenzabstandsflächen oder Windanstromflächen<br />

benötigt werden. Häufig wird gerade in diesen Fällen die Zusicherung mindestens<br />

eines Windenergieanlagenstandortes gefordert.<br />

Wird hingegen auf solche Flächen verzichtet, weil diese vermeintlich nicht benötigt<br />

werden oder die Eigentümer unter diesen Bedingungen nicht verpachten wollen, besteht<br />

das erhebliche Risiko einer Anpachtung durch Wettbewerber. Dies kann zur „Verdichtung“<br />

des Windparks führen und die optimale Ausnutzung der verfügbaren Fläche<br />

verhindern. Ebenfalls problematisch kann die Nichtanpachtung im Falle der Änderung<br />

des Grenzabstandsrechts des jeweiligen Bundeslandes, der Rechtsprechung z. B. zum<br />

gebotenen Nachbarschutz durch Immissionsschutzauflagen oder zu den Abstandserfordernissen<br />

aus Turbulenzintensitätsgesichtspunkten sein.<br />

165


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Getreideernte im Windpark. Foto: Jörg Böthling<br />

Aktueller Standard: Flächenpachtmodell<br />

Üblicherweise wird in aktuellen Nutzungsverträgen deshalb das sogenannte Flächenpachtmodell<br />

vereinbart. Hierbei erfolgt eine Aufteilung in einen kleineren Teil des<br />

Nutzungsentgelts auf Anlagenstandorte und einen größeren Teil auf alle übrigen Flächen<br />

innerhalb der Windparkfläche. Früher wurden auf die Verpächter der Anlagenstandorte<br />

häufig 20 oder 30 Prozent des Nutzungsentgelts vorab verteilt, heute sind es in der Regel<br />

nur noch 10 Prozent. Selbst diese Beträge übersteigen die Anlagenstandortnachteile wie<br />

die Erschwernisse der Bewirtschaftung und den Flächenverlust für die landwirtschaftliche<br />

Nutzung deutlich. Üblich ist auch die Vereinbarung von Vergütungen für Kabel und Zuwegungen<br />

als Vorabentgelt aus dem Gesamtnutzungsentgelt oder als zusätzliche Vergütung.<br />

Eindeutige Definition des Windparkgebietes ist unerlässlich<br />

Bei der Vertragsgestaltung ist zwingend darauf zu achten, dass das Windparkgebiet,<br />

auf das die Flächenpacht verteilt wird, eindeutig und zweifelsfrei definiert wird. Eine<br />

Definition des Windparkgebietes kann unter Bezugnahme auf die im Flächennutzungsplan<br />

der jeweiligen Gemeinde dargestellte Sonderbaufläche oder – sofern eine solche<br />

166


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />

Planung noch nicht existiert – unter Bezugnahme auf die im Regionalplan dargestellte<br />

Vorrang- oder Eignungsgebietsfläche erfolgen. Möglich ist auch die Definition des Windparkgebietes<br />

anhand eines beigefügten Lageplans, aus dem sich Größe und Umfang des<br />

Windparkgebietes zweifelsfrei ergeben müssen.<br />

Win-win-Situation<br />

Insgesamt betrachtet ist die Vereinbarung eines Flächenpachtmodells sowohl für<br />

den Grundstückseigentümer als auch für den Anlagenbetreiber vorteilhaft. Die gleichmäßigere<br />

Verteilung des Nutzungsentgelts auf alle Flächen im Windparkgebiet führt zu<br />

einer höheren Akzeptanz bei den Grundstückseigentümern. Dieses Modell wird vielfach<br />

als gerechter empfunden, weil die bauleitplanerisch dargestellte Fläche nun einmal das<br />

zur Verfügung stehende Bauland vorgibt und die Standortwahl für die Anlagen bei Vertragsabschluss<br />

in der Regel noch nicht endgültig feststeht. Nicht zuletzt werden auch<br />

im Flächenpachtmodell die mit dem Standort selbst verbundenen Nachteile mehr als<br />

ausgeglichen.<br />

Dem Anlagenbetreiber ermöglicht dieses Modell, auf alle Erfordernisse verschiedener<br />

Anlagentypen und ggf. notwendiger Standortverschiebungen problemlos zu reagieren:<br />

Die eigentliche Höhe des Nutzungsentgelts bleibt gleich, es erfolgt dann lediglich<br />

eine andere Aufteilung als beim Einzelpachtmodell.<br />

Wege zur Einigung mit Landeigentümern<br />

Wie bereits ausgeführt, sieht sich der Anlagenbetreiber bei den Verhandlungen<br />

zum Abschluss von Nutzungsverträgen oftmals einer Vielzahl von Flächeneigentümern<br />

gegenüber. Diese bilden in vielen Fällen Eigentümergemeinschaften und wollen selbst<br />

Windenergieanlagen betreiben. Der Abschluss von Nutzungsverträgen ist in solchen Fällen<br />

oftmals recht schwierig.<br />

Ist eine Einigung mit den Landeigentümern nicht durch eine Anhebung der Pachthöhe<br />

möglich, kann sie häufig durch Einräumung von Beteiligungsmöglichkeiten zugunsten<br />

der Grundstückseigentümer erreicht werden. Möglich ist beispielsweise die Gründung<br />

einer Betreibergesellschaft der Grundstückseigentümer für Einzelanlagen oder Anlagengruppen<br />

innerhalb des Windparks. Ebenso können für die Flächeneigentümer besondere<br />

Zeichnungsoptionen an der Windparkbetreibergesellschaft vorgesehen werden.<br />

Solche Vereinbarungen können bereits im Nutzungsvertrag geregelt werden, wobei<br />

auf eine ausreichende Bestimmtheit der Regelungen zu achten ist. Die Regelungen müssen<br />

zudem mit den Gesellschaftsverträgen korrespondieren. Wenn die Grundstückseigentümer<br />

selbstständig Windenergieanlagen im Windpark betreiben wollen und sollen,<br />

sollte bereits frühzeitig eine Vereinbarung über die Projektkosten getroffen werden.<br />

167


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windfest im Windpark Ballstaedt-Westhausen.<br />

Foto: Jan Oelker<br />

Dazu gehören unter anderem externe und<br />

interne Planungskosten, Kosten für die<br />

Windenergieanlagen und die Errichtung<br />

der Infrastruktur sowie die Beteiligung an<br />

den Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.<br />

In Norddeutschland ist die Aufteilung<br />

in Bürgerwindparkprojekte mit Beteiligungsmöglichkeiten<br />

der Grundstückseigentümer<br />

und der Gemeindebürger eine<br />

häufige Praxis. Auf die Gestaltung der<br />

Gesellschaftsverträge ist dabei besondere<br />

Sorgfalt zu verwenden, denn die Grundlagen<br />

einer späteren Beteiligung können<br />

und sollten bereits in den Nutzungsverträgen<br />

geregelt werden.<br />

Häufig werden niedrigere<br />

Anfangspachten vereinbart, die in<br />

der Regel zwischen 4 und 7 Prozent<br />

der Einspeisevergütung betragen.<br />

Diese steigen nach Ablauf der Finanzierung<br />

häufig auf 7 bis 9 Prozent.<br />

Im Fall einer Beteiligung des oder<br />

der Grundstückseigentümer werden<br />

in der Regel die jeweils niedrigeren<br />

vorgenannten Pachten vereinbart.<br />

Aktuelle Entwicklungen<br />

bei den Pachthöhen<br />

Die Pachthöhen sind mittlerweile vor<br />

allem davon abhängig, ob und in welcher<br />

Form sich die Grundstückseigentümer am<br />

Betrieb der Windenergieanlagen beteiligen<br />

können. Werden den Grundstückseigentümern<br />

keine Beteiligungsmöglichkeiten<br />

angeboten, kommen in der Praxis<br />

auch höhere als die genannten Pachtzahlungen<br />

vor. Leider erleben Grundstückseigentümer<br />

in diesen Fällen aber oft auch<br />

die Forderung nach Nachverhandlungen über die Pachthöhen, die kurz vor dem Beginn<br />

der Projektumsetzung mit Rücksicht auf unerwartet hohe Kosten oder geänderte Rahmenbedingungen<br />

gestellt werden. Begründet wird dies dann meist mit einer vorgerechneten<br />

Unwirtschaftlichkeit des Projekts bei einem Festhalten am vereinbarten Pachtzins.<br />

Garantierte Mindestpachten<br />

Üblich ist nach wie vor auch die Vereinbarung garantierter Mindestpachten. Ausgangspunkt<br />

für deren Berechnung sollte die Jahresstromvergütung der geplanten Windenergieanlagen<br />

auf Grundlage vorliegender Ertragsgutachten sein. Hiervon sind Abschlä-<br />

168


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Auf gutem Grund: Pachtverträge und -modelle zur Flächensicherung<br />

ge für Unsicherheiten der Ertragsprognose (10 Prozent), für Kabelverluste (2 Prozent),<br />

für übliche windschwache Jahre (15 Prozent) und ein Verfügbarkeitsabschlag (2 Prozent)<br />

sinnvoll, die in der Regel auch vorgenommen werden. Insgesamt ergibt sich daraus zur<br />

Berechnung einer sinnvollen Mindestpachthöhe ein Abschlag von ca. 29 Prozent auf den<br />

prognostizierten durchschnittlichen Ertrag.<br />

Fazit<br />

Abschließend lässt sich festhalten, dass bereits die Sicherung der Flächen für ein<br />

Windparkprojekt eine wichtige Weichenstellung für sein Gelingen ist. Die Anforderungen<br />

an die Wirksamkeit langfristiger Pachtverträge sind hoch. Um eine möglichst<br />

hohe Akzeptanz bei Grundstückseigentümern zu erreichen, ist es erforderlich, sich<br />

frühzeitig für das richtige Pachtmodell zu entscheiden.<br />

Die Einräumung von Beteiligungsoptionen für Grundstückseigentümer setzt bereits<br />

zu einem frühen Zeitpunkt der Projektierung eine umfassende gesellschaftsrechtliche<br />

<strong>Projektplanung</strong> voraus, sie erhöht in der Regel aber die Bereitschaft der Grundstückseigentümer<br />

zur vertraglichen Bindung.<br />

Autoren<br />

Jann Berghaus (Jg. 1958) ist<br />

Partner in der auf das Recht<br />

der Erneuerbaren Energien<br />

spezialisierten Kanzlei<br />

Berghaus, Duin und Kollegen<br />

in Aurich und Gründungsmitglied<br />

des Sprecherrats im Juristischen Beirat des<br />

Bundesverband WindEnergie. Seine anwaltliche<br />

Tätigkeit umfasst das Verwaltungsrecht, insbesondere<br />

das öffentliche Bau- und Planungsrecht,<br />

das Immissionsschutzrecht, das Naturschutzrecht<br />

und sonstige Umweltrecht sowie das Recht der<br />

Erneuerbaren Energien. Darüber hinaus ist Jann<br />

Berghaus Mitherausgeber der Zeitschrift für neues<br />

Energierecht (ZNER).<br />

Katharina Sommerfeldt<br />

(Jg. 1975) studierte<br />

Rechtswissenschaft an der<br />

Universität Jena. Nach ihrem<br />

Referendariat am Landgericht<br />

Chemnitz mit Stationen u. a.<br />

bei der Deutschen Botschaft Tiflis in Georgien<br />

und der Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

in Speyer war sie wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin an der Forschungsstelle für Europäisches<br />

Umweltrecht der Universität Bremen.<br />

Ab September 2006 war Katharina Sommerfeldt<br />

als Rechtsanwältin in einer auf Verwaltungs-,<br />

Umwelt- und Energierecht spezialisierten Kanzlei<br />

in Bremen tätig, im April 2009 wechselte sie zur<br />

Kanzlei Berghaus, Duin & Kollegen.<br />

169


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

170


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />

Grundbuchrecht<br />

schafft Sicherheit<br />

Als wäre die Projektentwicklung nicht schon kompliziert<br />

genug, muss sich der Planer auch noch mit dem Grundbuchrecht<br />

beschäftigen. Viel Zeit und Kosten hat er nun<br />

schon in einen hoffentlich „wasserdichten“ Nutzungsvertrag<br />

investiert. Und doch lautet der einhellige Rat –<br />

oder eher die Forderung – seiner Berater, seiner Bank<br />

und eventueller Investoren: Ohne dingliche Sicherung<br />

der wichtigsten Rechte im Grundbuch geht nichts!<br />

Dafür gibt es gute Gründe.<br />

Windpark Plauerhagen bei Plau am See.<br />

Foto: Paul-Langrock.de<br />

171


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Weshalb dingliche Sicherung?<br />

Das Grundbuchrecht übt eine umfassende Schutzfunktion aus:<br />

• Schutz vor nachträglichen Nutzungsverträgen: Es kommt vereinzelt vor, dass bereits<br />

anderweitig vertraglich gebundene Grundeigentümer zum Abschluss weiterer<br />

Nutzungsverträge überredet werden sollen. Denn ein später geschlossener Nutzungsvertrag<br />

bietet kein schlechteres Nutzungsrecht als der bereits vorhandene.<br />

Ganz anders das ↗ dingliche Recht: Wer im Grundbuch eingetragen ist, hat ein<br />

besseres Recht als der nachrangig Eingetragene. Das Grundbuchrecht schützt also vor<br />

solchen Geschäftspraktiken und hindert ihre Protagonisten daran, sich durchzusetzen.<br />

• Schutz vor Grundstücksveräußerung: Eine weitere Spielart ist der Kauf von bereits<br />

nutzungsvertraglich gebundenen Grundstücken. Die Käufer erhoffen sich, damit den<br />

Nutzungsvertrag „abschütteln“ oder ein bereits geplantes Projekt zumindest mit<br />

zusätzlichen Unsicherheiten belasten zu können. Mitunter verkaufen Grundeigentümer<br />

aber auch aus ganz anderen Gründen ihren Grundbesitz.<br />

Eine grundbuchlich eingetragene Sicherung geht ohne weiteres auf den Grundstückserwerber<br />

über, wenn sie sachgerecht begründet und gestaltet wurde. Er muss<br />

sie übernehmen. Auch hier sind ↗ Dienstbarkeiten sinnvoll: Der arglistige Grundstückskäufer<br />

ärgert sich – und der redliche wird hinreichend gewarnt.<br />

• Schutz vor einem Verlust der Scheinbestandteilseigenschaft: Seit die Branchenpraxis<br />

grundlos die Sicherstellung der Scheinbestandteilseigenschaft durch einen<br />

Nutzungsvertrag gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 BGB „kaltgestellt“ hat, kommt der Dienstbarkeit<br />

hierfür zentrale Bedeutung zu. Nur dingliche Rechte verhelfen zur Scheinbestandteilseigenschaft<br />

gemäß § 95 Abs. 1 S. 2 BGB.<br />

Was bedeutet das? Würde eine Windenergieanlage ohne Scheinbestandteilseigenschaft<br />

errichtet, ginge sie mit ihrer Errichtung wohl in das Eigentum des Grundeigentümers<br />

über. Mit einer sachgerecht gestalteten und rechtzeitig begründeten<br />

Dienstbarkeit zur Herbeiführung der Scheinbestandteilseigenschaft lässt sich dies<br />

vermeiden. „Scheinbestandteil“ bedeutet also: Die WEA bleibt im Eigentum des<br />

Projektierers und kann z. B. zum Sicherungseigentum der Bank werden.<br />

• Schutz bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung: Gerät der Grundeigentümer in<br />

die Insolvenz oder wird sein Grundstück zwangsversteigert, kann der Erwerber<br />

172


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />

den Nutzungsvertrag kündigen. Eine<br />

sachgerecht begründete und gestaltete<br />

Dienstbarkeit hingegen bleibt<br />

bestehen. Der Betreiber ist also gegen<br />

die Unbill des Grundstücksverkehrs<br />

besser abgesichert.<br />

Einige Fachbegriffe<br />

Wer sich dingliche Rechte vom Grundeigentümer<br />

bewilligen lassen will, sucht<br />

die Eintragung in das Grundbuch. Es ist<br />

das systematisch gegliederte Verzeichnis<br />

der Grundstücke, der Belastungen, ihrer<br />

Veränderungen etc. Das Grundbuch benennt<br />

die eingetragenen Rechte aber oft<br />

nur schlagwortartig. Es bezieht sich dabei<br />

auf Bewilligungen. Dies sind die vom<br />

Grundeigentümer unterzeichneten Erklärungen<br />

zur Begründung eines grundbuchlichen<br />

Rechts, z. B. für einen Projektierer.<br />

Der Interessierte findet sie in den Grundakten.<br />

Dort sind sämtliche Schriftstücke<br />

enthalten, auf denen die Eintragungen in<br />

das Grundbuch beruhen.<br />

Die Bewilligungen und damit die<br />

Grundakten sind von zentraler Bedeutung<br />

zur Auslegung des Grundbuchs. Aus den<br />

Bewilligungen können sich u. a. bedeutende<br />

Einschränkungen der grundbuchlich<br />

eingetragenen Rechte ergeben. Deshalb<br />

erfordert jede sorgfältige Prüfung des<br />

Grundbuchinhalts eine Durchsicht der<br />

Bewilligungen der maßgeblichen Rechte.<br />

Jeder Projektierer sollte sich schon in der<br />

Projektierungsphase eine Vollmacht des<br />

Grundeigentümers zur Einsichtnahme in<br />

das Grundbuch und die Grundakten geben<br />

lassen.<br />

Nur eines von vielen weiteren<br />

Argumenten für eine Beschäftigung<br />

mit dem Grundbuch:<br />

Ein dingliches Recht lässt sich auf<br />

eine deutlich längere Zeit befristen<br />

(oder sogar unbefristet erwerben),<br />

als es bei einem Nutzungsvertrag der<br />

Fall ist. Gerade für Kabeltrassen ist<br />

dies interessant.<br />

Baustelle im Wald mit Fundament. Foto: juwi<br />

173


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Praxisbeispiel: Bedeutung der Bewilligungen<br />

Betreiber A bot einen seit Längerem in Betrieb befindlichen Windpark an. Käufer B<br />

prüfte die dinglichen Sicherungen der Projektrechte. Er fand u. a. folgende Eintragung:<br />

„Beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Rotorüberflugsrecht) für die … KG. Unter<br />

Bezugnahme auf die Bewilligung vom …, UR-Nr. …, Notar …, eingetragen am …“<br />

Die Bewilligung war damit Bestandteil des eingetragenen Rechts. Dort stand:<br />

„Zu Lasten der vorstehenden Flurstücke wird der … KG für einen Zeitraum von 25<br />

Jahren das Recht eingeräumt, auf diesen Flurstücken die Rotoren der Windenergieanlagen<br />

im Luftraum kreisen zu lassen.“<br />

Die 25-jährige Befristung war aus dem Grundbuch selbst nicht erkennbar. Sie war<br />

trotzdem wirksamer Bestandteil des grundbuchlichen Rechts. Ohne Einsicht in die<br />

Grundakten wäre dies dem Interessenten nicht bekannt geworden.<br />

Das Grundbuch besteht aus einem Bestandsverzeichnis sowie drei sog. Abteilungen.<br />

Im Bestandsverzeichnis findet sich die Beschreibung des Grundstücks, seiner Lage, Größe<br />

und Katasterbezeichnung. Die dort auch zu findende Wirtschaftsart ist leider ohne<br />

rechtliche Funktion. Auch wenn z. B. dort ein Grundstück als „Weg“ bezeichnet ist, muss<br />

es der Grundeigentümer nicht als Zuwegung bereitstellen.<br />

Den Eigentümer findet man in Abteilung I. Die Abteilung II enthält alle Grundstücksbelastungen<br />

– mit Ausnahme der in Abteilung III erfassten. Dort findet man die Grundpfandrechte<br />

(u. a. Hypothek und Grundschuld). Aus ihnen ist eine Zwangsvollstreckung<br />

in das Grundstück zulässig.<br />

Und was ist nun das Grundstück? Grundbuchlich sind dies alle Flurstücke, die unter<br />

einer einheitlichen laufenden Nummer in das Bestandsverzeichnis eingetragen sind.<br />

Mehrere Flurstücke können also grundbuchlich ein Grundstück bilden. Erweist sich dies<br />

als lästig – z. B. weil eine Belastung eigentlich nur ein Flurstück betrifft, aber auf dem<br />

gesamten Grundstück ruht – kann eine Trennung erfolgen.<br />

174


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />

Das wichtigste Recht: die beschränkte persönliche Dienstbarkeit<br />

Die Windenergiebranche nutzt die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (bpD) als<br />

häufigstes grundbuchliches Recht. Andere Dienstbarkeiten – die Grunddienstbarkeit und<br />

der ↗ Nießbrauch – fristen dagegen teils zu Unrecht ein Schattendasein.<br />

Die bpD kann zur Nutzung des Grundstückes „in einzelnen Beziehungen“ (§ 1090<br />

Abs. 1 BGB) berechtigen. Sie kann auch zum Inhalt haben, dass der Grundeigentümer<br />

bestimmte Nutzungen zu unterlassen hat (Freihaltung des Grundstücks von Bewuchs<br />

etc.). Sie ist beschränkt persönlich, weil sie nur einem Berechtigten zusteht. Das kann<br />

eine natürliche Person oder auch eine Gesellschaft sein.<br />

Von wenigen Ausnahmen abgesehen ist die bpD nicht übertragbar (§ 1092 Abs. 1 S. 1<br />

BGB). Eine wichtige Ausnahme bilden Leitungsdienstbarkeiten (§ 1092 Abs. 3 S. 1 BGB).<br />

Auch in der Veräußerung oder Ausgliederung aus bestehenden Gesellschaften können<br />

Sonderregelungen eingreifen.<br />

Praxisbeispiel: Veräußerung eines Windparks<br />

Eine Publikums-KG wollte ihren Windpark verkaufen. Da hierfür eine Mehrheit,<br />

aber keine Einstimmigkeit bestand, kam ein Verkauf aller Anteile nicht in Betracht.<br />

Gleichzeitig wollte die Gesellschaft aber auch keinen sog. Asset-Deal (Einzelverkauf<br />

aller Vermögensgegenstände und Rechte), weil dann mehr als 80 Nutzungsverträge<br />

hätten übertragen und mehr als 60 Dienstbarkeiten und ebenso viele Vormerkungen<br />

neu bestellt werden müssen. Die Lösung war eine gesellschaftsrechtliche<br />

Ausgliederung aller maßgeblichen Vermögensgegenstände. Hierdurch gingen auch<br />

die Dienstbarkeiten und Vormerkungen im Wege der Rechtsnachfolge auf die ausgegliederte<br />

und dann verkaufte Gesellschaft über.<br />

Weil die allermeisten Dienstbarkeiten nicht übertragbar sind, ist auch der schuldrechtliche<br />

Anspruch auf solche Dienstbarkeiten nicht übertragbar. Die Nutzungsverträge<br />

und Dienstbarkeitsbewilligungen müssen deshalb einen Anspruch des Nutzers gegenüber<br />

dem Grundeigentümer vorsehen, auf Verlangen des Nutzers einem Dritten neue<br />

Dienstbarkeiten zu bewilligen. Dies ist einer von mehreren Bausteinen zur Sicherung eines<br />

sachgerechten Übergangs von Nutzungsverträgen und dinglichen Ansprüchen z. B.<br />

175


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Was steht im Grundbuchauszug?<br />

Einige Hinweise zur richtigen Interpretation der Einträge im Grundbuch.<br />

Spalte 1:<br />

lfd. Nummerierung – alle unter einer<br />

lfd. Nr. gebuchten Flurstücke bilden<br />

ein Grundstück<br />

Spalte 2:<br />

ggf. frühere lfd. Nr.<br />

des Grundstücks<br />

Spalte 3:<br />

Katasterbezeichnung etc. – Gemarkung, Flur,<br />

Flurstück, Wirtschaftsart und Lage (die letzten<br />

beiden ohne rechtliche Bedeutung)<br />

Spalte 4:<br />

Größe<br />

Spalten 5–8:<br />

weitere Angaben<br />

zu Bestand, Zuschreibungen<br />

und<br />

Abschreibungen<br />

(nicht abgedruckt)<br />

Spalte 4:<br />

Rechtsgrundlage<br />

der Eintragung , z. B.<br />

Auflassung, Erbfall,<br />

Berichtigung<br />

Spalte 1:<br />

lfd. Nr. der Eintragung<br />

in dieser Abteilung<br />

Spalte 2:<br />

Eigentümer mit Name, Geburtsdatum und<br />

Wohnort bzw. genauer Firmierung, Sitz,<br />

ggf. Angabe des Beteiligungsverhältnisses<br />

Spalte 3:<br />

lfd. Nr. im Bestandsverzeichnis der<br />

dem Eigentümer zugeordneten<br />

Grundstücke<br />

176


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />

Spalte 1:<br />

lfd. Nr. der Eintragung<br />

in dieser Abteilung<br />

Spalte 2:<br />

lfd. Nr. im Bestandsverzeichnis<br />

der in<br />

Abt. II belasteten<br />

Grundstücke<br />

Spalte 3:<br />

Angabe der Art der Belastung, i. d. R. durch schlagwort artige<br />

Beschreibung, zumeist unter Bezugnahme auf Eintragungsbewilligung;<br />

Angabe des Berechtigten (Person/Gesellschaft<br />

bei bpD/Grundstück bei Grunddienstbarkeiten)<br />

Spalten 4–7:<br />

Veränderungen und<br />

Löschungen der<br />

Rechte in Abt. II<br />

(nicht abgedruckt)<br />

Spalte 1:<br />

lfd. Nr. der Eintragung<br />

in dieser Abteilung<br />

Spalte 2:<br />

Spalte 3:<br />

Spalte 4:<br />

Spalten 5–10:<br />

lfd. Nr. im Bestands-<br />

Betrag der Belastung<br />

Angabe der Art der Belastung<br />

Veränderungen und<br />

verzeichnis der in<br />

und der Nebenbedingungen,<br />

Löschungen der Rechte<br />

Abt. III belasteten<br />

Angabe des Berechtigten<br />

in Abt. III (nicht abge-<br />

Grundstücke<br />

druckt)<br />

177


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

von einer Projektentwicklungs- auf eine Betreibergesellschaft.<br />

Ist die bpD auf Basis eines Nutzungsvertrages erteilt, muss sie die gleichen Rechte<br />

vorsehen. Abweichungen (z. B. zur vorgesehenen WEA-Größe) führen zu teils unlösbaren<br />

Auslegungsschwierigkeiten.<br />

Praxisbeispiel: Kabeldienstbarkeit<br />

Ein Grundstücksnutzungsvertrag zum Netzanschluss eines Offshore-Windparks sah<br />

die Verlegung eines „Kabels“ vor. In der Dienstbarkeit war ein „Kabelsystem“ vorgesehen.<br />

Ein Kabel reichte nicht aus. Was durfte nun der Nutzer/Berechtigte? Durch<br />

Auslegung war nicht zu ermitteln, ob der Nutzungsvertrag oder die Dienstbarkeit<br />

vorrangig sein sollte. Deshalb bedurfte es letztlich einer – nicht ganz preiswerten –<br />

Korrektur des Nutzungsvertrages.<br />

Der grundbuchliche Rang<br />

Von größter Bedeutung für die Finanzierbarkeit eines Vorhabens kann der grundbuchliche<br />

Rang verschiedener Rechte sein:<br />

• Sind Grundpfandrechte aus Abteilung III vorrangig vor Rechten aus Abteilung II, fallen<br />

letztere bei Zwangsversteigerung aus dem Grundpfandrecht weg. Die Betreiber-<br />

Dienstbarkeit für eine WEA ist dann also in der Zwangsversteigerung gefährdet.<br />

Deshalb verlangen Banken bei der Finanzierung von WEA Rangrücktrittserklärungen<br />

bezüglich vorrangiger Grundpfandrechte.<br />

• Vorrangige Rechte in derselben Abteilung können die Berechtigten zulasten der<br />

nachrangig gesicherten nutzen. Voraussetzung ist aber eine tatsächliche Ausübungskollision.<br />

Wollen zwei durch Dienstbarkeit gesicherte Projektierer jeweils<br />

eine WEA auf einem Grundstück errichten, kann der vorrangig gesicherte den nachrangig<br />

gesicherten hiervon ausschließen.<br />

Über den Grundbuchrang entscheidet in der Regel die zeitliche Reihenfolge der<br />

Eintragungsanträge. Dies ist ein wichtiger Unterschied zum Nutzungsvertragsrecht:<br />

Während ein zeitlich vorrangig eingetragener Dienstbarkeitenberechtigter den zeitlich<br />

178


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />

nachrangigen ausschließen kann, spielt die zeitliche Reihenfolge des Abschlusses von<br />

Nutzungsverträgen keine Rolle. Auch der zweite, dritte und vierte Nutzungsvertrag sind<br />

noch wirksam und geben kein schlechteres Recht als der erste Nutzungsvertrag.<br />

Rangwahrung durch Vormerkung<br />

Zur Rangwahrung kann der Projektierer eine Vormerkung einsetzen. Damit kann er<br />

sich frühzeitig gegen nachteilige Grundbuchveränderungen sichern. Das ist besonders<br />

wichtig in unsicheren Projektierungsphasen. Stehen weder die konkrete Grundstücksnutzung<br />

und der zu verwendende Anlagentyp noch der zukünftige Betreiber fest, bietet<br />

sich eine Dienstbarkeit häufig noch nicht an. Die Vormerkung hingegen beweist erstens<br />

die hinreichende Flexibilität, verursacht zweitens in der Regel weniger Grundbuchgebühren<br />

und ermöglicht drittens bei sachgerechter Gestaltung die spätere Eintragung einer<br />

Dienstbarkeit zugunsten eines bei Projektierung noch unbekannten Betreibers.<br />

Unbedingt ratsam ist, die Vormerkung auch schon in den Anfängen der Projektierung<br />

einzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn der Projektierer wegen erheblicher Unsicherheiten<br />

im Projekt (unklares Regionalplanverfahren etc.) zunächst nur Optionsverträge auf<br />

den Abschluss späterer Nutzungsverträge verwendet. Die Absicherung seines späteren<br />

Anspruchs auf eine Dienstbarkeit sollte durch eine Vormerkung erfolgen. Nur so besteht<br />

eine Mindestsicherheit vor risikofreudigen Konkurrenten.<br />

Praxisbeispiel:<br />

Relevanz einer vorrangigen Dienstbarkeit<br />

Ein Investor verlangte von einem Projektierer die Einholung eines Rangrücktritts.<br />

Nachrangig eingetragen war das WEA-Betreiberrecht, vorrangig ein Geh-, Fahr- und<br />

Leitungsrecht von 1910. Der Berechtigte war unklar. Die für dieses vorrangige Recht<br />

erteilte Bewilligung enthielt allerdings einen Lageplan. Dieser beschränkte das<br />

Geh-, Fahr- und Leitungsrecht klar auf einen bestimmten Grundstücksbereich.<br />

Weil der Projektierer diesen Grundstücksbereich für die Errichtung der WEA nicht<br />

benötigte, war die vorrangige Dienstbarkeit irrelevant.<br />

179


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windpark Cottbus Nord. Foto: Ulrich Mertens<br />

180


GRUNDBUCHRECHTE UND PACHTVERTRÄGE | Grundbuchrecht schafft Sicherheit<br />

Nicht jedes vorrangige Recht ist aber<br />

schädlich. Von größter Bedeutung ist auch<br />

hier eine Prüfung der Bewilligungen. Aus<br />

ihnen können sich Beschränkungen der<br />

vorrangigen Rechte ergeben, die letztlich<br />

zu einer Unschädlichkeit bezüglich der<br />

nachrangigen Rechte führen. Eine solche<br />

Analyse kann in ganz erheblichem Umfang<br />

Rangrücktritte entbehrlich machen.<br />

Schwierigkeiten bereiten mitunter<br />

vorrangige Auflassungsvormerkungen. Im<br />

Falle einer Ausübung des Auflassungsanspruchs<br />

sind alle nachrangigen Eintragungen<br />

dem Auflassungsberechtigten gegenüber<br />

unwirksam. Gleichzeitig sieht sich<br />

z. B. die bundeseigene Bodenverwertungsund<br />

-verwaltungs GmbH (BVVG) in den<br />

ostdeutschen Bundesländern häufig nicht<br />

in der Lage, Rang rücktrittserklärungen abzugeben.<br />

Eine mög liche Lösung sind hier vertragliche<br />

Vereinbarungen mit der BVVG,<br />

wonach sie bei Ausübung ihres (Rück-)<br />

Auflassungsanspruches die Vormerkungswirkungen<br />

nicht gegenüber den WEA-<br />

Dienstbarkeiten geltend machen würde.<br />

Fazit<br />

Grundbuchliche Sicherheiten für<br />

WEA-Projekte dürften noch weiter an<br />

Bedeutung gewinnen. Sie sind flexibel<br />

und – je nach Gestaltung – unter<br />

Umständen wichtigen Restriktionen<br />

des Nutzungsvertragsrechts nicht unterworfen<br />

(Beispiel: Laufzeit). Zudem<br />

lassen sich bei einem Verzicht auf<br />

einen Nutzungsvertrag und Aufnahme<br />

aller wesentlichen Regelungen in eine<br />

Vereinbarung über Dienstbarkeiten<br />

und Vormerkungen die häufigen<br />

Fehler durch Abweichungen zwischen<br />

Dienstbarkeiten und Nutzungsverträgen<br />

vermeiden. Ganz unabhängig<br />

vom verwendeten Modell sollte sich<br />

der Projektierer aber sehr frühzeitig<br />

um die Grundbuchinhalte, seine<br />

Sicherung und etwaige Vorrechte<br />

kümmern. Damit kann er viel Zeit und<br />

Geld in der weiteren Projektierungsund<br />

Realisierungsphase sparen.<br />

Autor<br />

Philipp v. Tettau (Jg. 1968) ist seit 1998 Rechtsanwalt. Er ist Mitbegründer des Unternehmens<br />

Müller-Wrede & Partner Rechtsanwälte, Berlin. Sein Dezernat ist seit<br />

über 15 Jahren auf Rechtsfragen der Erneuerbaren Energien spezialisiert. Schwerpunktmäßig<br />

beschäftigt er sich mit dem Planungs-, Bau-, Umwelt- und Energierecht<br />

sowie mit Teilgebieten des EE-bezogenen Spezialvertragsrechts. Darüber hinaus ist<br />

Philipp v. Tettau Mitglied des Sprecherkreises des Juristischen Beirats im Bundesverband<br />

WindEnergie sowie Referent bei Fachveranstaltungen des Verbands.<br />

181


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

182


Das<br />

Genehmigungsverfahren<br />

183


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

184


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Ablauf eines Genehmigungsverfahrens<br />

Ablauf eines<br />

Genehmigungsverfahrens<br />

Die Genehmigung von Windkraftanlagen ist in weiten<br />

Teilen durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)<br />

geregelt, das auch den Ablauf des Verfahrens detailliert<br />

vorgibt. Nachfolgend werden die wichtigsten Schritte und<br />

Bestimmungen im Überblick dargestellt.<br />

Kenersys Testfeld Grevesmühle.<br />

Foto: Ulrich Mertens<br />

185


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Seit dem 01.07.2005 sind alle Windenergieanlagen (WEA) einzeln genehmigungspflichtig.<br />

Eine (einheitliche) Genehmigung für „Windfarmen“ gibt es seither nicht mehr.<br />

Das schließt jedoch nicht aus, die Genehmigungen für mehrere WEA in einem Bescheid<br />

zusammenzufassen. Baugenehmigungspflichtig sind WEA bis zu 50 Metern Gesamthöhe.<br />

Eine Ausnahme gilt in manchen Bundesländern allerdings für Klein-WEA, die dort unter<br />

bestimmten Voraussetzungen genehmigungsfrei gestellt sind.<br />

WEA mit einer Gesamthöhe von über 50 Metern bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen<br />

Genehmigung. Sollen 20 oder mehr WEA errichtet werden, findet das förmliche<br />

Genehmigungsverfahren Anwendung, bei bis zu 19 Anlagen das vereinfachte Verfahren.<br />

Im Ausnahmefall ist auch dann das förmliche Verfahren durchzuführen, wenn der<br />

Antragsteller dies beantragt oder eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich ist.<br />

Die Umweltverträglichkeits(vor-)prüfung<br />

Laut dem „Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung“ (UVPG) ist für Windfarmen,<br />

die aus 20 oder mehr WEA bestehen, eine UVP durchzuführen. Bei der Frage der<br />

UVP-Pflicht ist also der Begriff der „Windfarm“ von Bedeutung. Bei einer Windfarm handelt<br />

es sich nach der Definition des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 30.06.2004,<br />

4 C 9.03) um mehrere WEA, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche<br />

überschneiden oder wenigstens berühren. Die praktischen Schwierigkeiten<br />

dieser Definition wurden schnell offenbar. Im Ergebnis kommt es im Wesentlichen<br />

darauf an, ob die WEA einander so zugeordnet sind, dass sich für den unbefangenen<br />

Beobachter optisch der Eindruck einer Einheit ergibt – unabhängig von der Anzahl der<br />

Betreiber.<br />

Wird der Schwellenwert von 20 WEA nicht erreicht, so wird im Rahmen einer allgemeinen<br />

(6 bis 19 Anlagen) oder standortbezogenen Vorprüfung (3 bis 5 Anlagen) des Einzelfalles<br />

ermittelt, ob das Vorhaben nach Einschätzung der Genehmigungsbehörde aufgrund<br />

überschlägiger Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.<br />

Wenn diese Prüfung – wie regelmäßig – negativ ausfällt, ist eine UVP nicht erforderlich.<br />

Da bei einer UVP die Pflicht zur Beteiligung der Öffentlichkeit besteht, zieht diese<br />

zwingend ein förmliches immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

nach sich.<br />

Der Ablauf des Verfahrens<br />

Der Ablauf des Genehmigungsverfahrens ergibt sich grundsätzlich aus dem BImSchG.<br />

Für bis zu 19 WEA sieht das Gesetz das sogenannte vereinfachte Verfahren mit gewissen<br />

Erleichterungen vor. Im Wesentlichen unterscheiden sich förmliches und vereinfachtes<br />

Verfahren hinsichtlich der im vereinfachten Verfahren ausbleibenden Öffentlichkeitsbe-<br />

186


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Ablauf eines Genehmigungsverfahrens<br />

teiligung und der sich daraus ergebenden Konsequenzen.<br />

Gemäß BImSchG beginnt das Genehmigungsverfahren mit einem schriftlichen Antrag.<br />

Bereits zuvor empfiehlt sich jedoch häufig die Durchführung einer Antragsberatung.<br />

Dabei berät die Genehmigungsbehörde den Antragsteller – gegebenenfalls unter<br />

Hinzuziehung anderer Behörden – hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs des Genehmigungsverfahrens<br />

und sonstiger erheblicher Fragen, beispielweise im Hinblick auf die Erfordernis<br />

und den Umfang bestimmter Gutachten, zu beteiligende Behörden, etwaige<br />

Konfliktfelder und denkbare Lösungsansätze. Insbesondere bezüglich des Inhalts und<br />

Umfangs der durchzuführenden Artenschutzprüfung ist eine Antragsberatung dringend<br />

zu empfehlen. Darüber hinaus können so auch spätere Auseinandersetzungen über die<br />

Vollständigkeit der Antragsunterlagen weitgehend vermieden werden.<br />

Der Antrag ist schriftlich mit den erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und<br />

sonstigen Unterlagen bei der Genehmigungsbehörde einzureichen.<br />

Die Genehmigungsbehörde hat den Eingang des Antrags und der Unterlagen<br />

unverzüglich zu bestätigen und die Unterlagen auf Vollständigkeit zu prüfen.<br />

Sind Antrag oder Unterlagen nicht vollständig, so hat die Genehmigungsbehörde<br />

den Antragsteller unverzüglich aufzufordern, den Antrag oder die Unterlagen innerhalb<br />

einer angemessenen Frist zu ergänzen.<br />

Teilprüfungen, die bereits ohne Einsicht in die vollständigen Unterlagen möglich sind,<br />

hat die Behörde dennoch vorzunehmen. Bei Vollständigkeit der Unterlagen muss die<br />

Genehmigungsbehörde den Antragsteller über die voraussichtlich zu beteiligenden Behörden<br />

und den geplanten zeitlichen Ablauf des Genehmigungsverfahrens unterrichten.<br />

Bezieht sich der Genehmigungsantrag auf die Errichtung und den Betrieb von drei<br />

oder mehr Anlagen (max. 19) oder sind im räumlichen Zusammenhang bereits mehrere<br />

WEA vorhanden, führt die Behörde die allgemeine oder standortbezogene UVP-Vorprüfung<br />

durch. Führt diese zu dem Ergebnis, dass eine UVP nicht erforderlich ist, ist dieses<br />

Ergebnis öffentlich bekannt zu machen. Das Genehmigungsverfahren wird sodann als<br />

vereinfachtes Verfahren fortgesetzt.<br />

Das förmliche Verfahren<br />

Führt die Vorprüfung hingegen zu dem Ergebnis, dass eine UVP erforderlich ist<br />

oder wird der Schwellenwert von 20 WEA im räumlichen Zusammenhang erreicht oder<br />

überschritten, ist das Genehmigungsverfahren als förmliches Genehmigungsverfahren<br />

durchzuführen. In diesem Fall ist das Vorhaben öffentlich bekannt zu machen, Antrag<br />

187


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Übersicht:<br />

Inhalt eines vollständigen Genehmigungsantrags<br />

Ein vollständiger Genehmigungsantrag muss grundsätzlich die Anforderungen von<br />

§ 10 Abs. 1 S. 2 BImSchG, §§ 3 bis 5 der 9. BImSchV erfüllen. Ein Antrag auf<br />

Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von WEA muss<br />

deshalb in der Regel mindestens folgende Bestandteile aufweisen:<br />

1. Ausgefülltes Formular für<br />

immissionsschutzrechtliche<br />

Genehmigungsverfahren<br />

2. Vorhabenbeschreibung<br />

a) Kurzdarstellung des Umfangs der<br />

beantragten Genehmigung<br />

b) Anlagenbeschreibung mit Angaben<br />

zu Anlagentyp, Nennleistung,<br />

Nabenhöhe, Rotordurchmesser<br />

c) Standortbeschreibung mit Standortkoordinaten<br />

und Angaben zur<br />

Höhe der höchsten Rotorblattspitze<br />

in Metern über Grund und über NN<br />

3. Technische Unterlagen mit Angaben<br />

zu den wesentlichen technischen Daten<br />

der Anlage, wie z. B. eine allgemeine<br />

Beschreibung der WEA und ihrer<br />

Bauteile, Angaben zur Anlagen- und<br />

Steuerungstechnik, zur Fernüberwachung,<br />

zu Wartung, Blitzschutz und<br />

möglichen Betriebsstörungen.<br />

4. Karten<br />

a) Deutsche Grundkarte im Maßstab<br />

1:5.000 mit eingezeichnetem Standort<br />

der WEA und ggf. einer Angabe der<br />

Abstände mehrerer WEA zueinander<br />

b) Topographische Karte im Maßstab<br />

1:10.000 oder 1:25.000 mit Angaben<br />

zu den Standorten der WEA, eingezeichneten<br />

Natur- und Landschaftsschutzgebieten,<br />

Wasserschutzgebieten<br />

und ggf. Grenzen ausgewiesener<br />

Vorranggebiete oder Konzentrationszonen<br />

für die Windenergienutzung<br />

c) Detailkarte für einen Umkreis von<br />

rund 1,5 km mit Kennzeichnung von<br />

Anlagenstandorten, anderen baulichen<br />

Anlagen und deren Nutzung,<br />

vorhandenen Gas- und Freileitungen,<br />

Richtfunkstrecken und Ähnlichem<br />

5. Bauvorlagen<br />

Hierzu gehören alle Unterlagen, die für die<br />

Beantragung der Baugenehmigung erforderlich<br />

sind. Diese ergeben sich regelmäßig<br />

aus den Bauprüfverordnungen der Länder.<br />

188


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Ablauf eines Genehmigungsverfahrens<br />

Hierzu gehören:<br />

a) Baubeschreibung<br />

b) Katasterplan<br />

c) Lageplan im Maßstab 1:500<br />

d) Bauzeichnungen zur Gründung<br />

(Fundament) und Schnittzeichnungen<br />

e) Standsicherheitsnachweis<br />

f) Schutz vor Eiswurf<br />

g) Brandschutz<br />

h) Rückbauverpflichtungserklärung<br />

mit entsprechendem Sicherungsmittel<br />

(Baulast, Bankbürgschaft)<br />

6. Erklärung über Art, voraussichtliche<br />

Menge, Verwertung bzw. Beseitigung<br />

der anfallenden Abfälle<br />

7. Bezeichnung der wassergefährdenden<br />

Stoffe nach Art und Menge,<br />

vorgesehene Schutzmaßnahmen<br />

8. Gutachten<br />

a) Schallimmissionsprognose<br />

b) Schattenwurfprognose<br />

c) Landschaftspflegerischer Begleitplan/Artenschutzgutachten<br />

d) In bestimmten Fällen außerdem<br />

Bodengutachten, Turbulenzgutachten<br />

Der für das konkrete Vorhaben erforderliche<br />

Inhalt des Genehmigungsantrags<br />

wird zweckmäßigerweise vor<br />

Antragstellung in der Antragsberatung<br />

mit der Genehmigungsbehörde abgestimmt.<br />

und Unterlagen sind für einen Monat zur<br />

Einsicht öffentlich auszulegen. Während<br />

des Auslegungszeitraums und zwei Wochen<br />

darüber hinaus kann die Öffentlichkeit<br />

gegenüber der Genehmigungsbehörde<br />

schriftliche Einwendungen vorbringen.<br />

Spätestens gleichzeitig mit der öffentlichen<br />

Bekanntmachung des Vorhabens<br />

fordert die Genehmigungsbehörde die anderen<br />

Behörden, deren Aufgabenbereich<br />

durch das Vorhaben berührt wird, auf,<br />

binnen eines Monats eine Stellungnahme<br />

für ihren Zuständigkeitsbereich abzugeben.<br />

Dazu gehört insbesondere auch das<br />

nach § 36 BauGB erforderliche Einvernehmen<br />

der Standortgemeinde.<br />

Nach Ablauf der Einwendungsfrist<br />

entscheidet die Genehmigungsbehörde<br />

gemäß § 10 Abs. 6 BImSchG nach pflichtgemäßem<br />

Ermessen, ob ein Erörterungstermin<br />

anberaumt wird. Bei einem solchen<br />

Termin sollen die erhobenen Einwendungen<br />

erörtert werden, soweit sie für die<br />

Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen<br />

bedeutsam sein können. Insbesondere<br />

soll den Bedenkenträgern Gelegenheit<br />

gegeben werden, ihre Einwendungen zu<br />

erläutern. Auf Grundlage der eingegangenen<br />

Stellungnahmen der Öffentlichkeit<br />

und der beteiligten Behörden entscheidet<br />

die Genehmigungsbehörde sodann über<br />

die Erteilung der Genehmigung. Sofern<br />

die Genehmigungsvoraussetzungen des<br />

§ 6 Abs. 1 BImSchG erfüllt werden, hat der<br />

Antragsteller einen gebundenen Anspruch<br />

auf Erteilung der Genehmigung. Können<br />

diese Voraussetzungen hingegen nicht<br />

erfüllt werden, gegebenenfalls auch nicht<br />

durch geeignete Nebenbestimmungen, ist<br />

189


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

der Antrag abzulehnen. Im Falle eines förmlichen Genehmigungsverfahrens ist die Erteilung<br />

der Genehmigung öffentlich bekannt zu machen.<br />

Gemäß BImSchG und 9. BImSchV hat die Genehmigungsbehörde über Erteilung<br />

oder Versagung der Genehmigung im Falle eines förmlichen Verfahrens grundsätzlich<br />

innerhalb von sieben Monaten, im Falle eines vereinfachten Verfahrens grundsätzlich<br />

innerhalb von drei Monaten, jeweils nach Vollständigkeit des Antrags, zu entscheiden.<br />

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass die Genehmigungsbehörde die Bearbeitungsfrist<br />

in bestimmten Fällen um drei Monate verlängert, sie soll dies aber gegenüber dem<br />

Antragsteller begründen.<br />

Die Konzentrationswirkung des BImSchG<br />

Wichtig für Anlagenbetreiber ist zudem die Regelung des § 13 BImSchG, die für sämtliche<br />

immissionsschutzrechtliche Genehmigungen gilt – also auch für die im vereinfachten<br />

Verfahren erteilten. Danach umfasst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung alle<br />

für das Vorhaben sonst noch benötigten öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Zulassungen,<br />

Erlaubnisse und Bewilligungen mit wenigen, Windenergievorhaben regelmäßig<br />

nicht betreffenden Ausnahmen. Das bedeutet, dass in der immissionsschutzrechtlichen<br />

Genehmigung gleichzeitig auch die nach der jeweiligen Landesbauordnung erforderliche<br />

Baugenehmigung sowie Waldumwandlungsgenehmigungen, aber auch etwa erforderliche<br />

Ausnahmen oder Befreiungen von Bauverboten in Landschaftsschutzgebieten, Ausnahmen<br />

vom straßenrechtlichen Anbauverbot oder Ähnliches enthalten sind.<br />

Über den eigentlichen Wortlaut des Gesetzes hinaus ist in der Rechtsprechung allgemein<br />

anerkannt, dass diese sogenannte Konzentrationswirkung auch in verfahrensrechtlicher<br />

Hinsicht gilt. Demzufolge trifft die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde<br />

die Entscheidung über die Genehmigung insgesamt, also auch hinsichtlich<br />

der weiteren Genehmigungs-, Erlaubnis-, Befreiungs- oder Ausnahmeerfordernisse, in<br />

eigener Zuständigkeit. Die entsprechenden Fachbehörden sind zwar anzuhören, die in<br />

den einschlägigen Fachgesetzen möglicherweise vorgesehenen besonderen Verfahren<br />

(z. B. Beteiligung eines Landschaftsbeirats für eine Befreiung vom Bauverbot im Landschaftsschutzgebiet)<br />

sind jedoch nicht durchzuführen und die Stellungnahme der Fachbehörde<br />

ist für die Genehmigungsbehörde nicht verbindlich (vgl. z. B. OVG NRW, Urteil<br />

v. 12.04.2013 – 11 A 2301/09).<br />

Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der Genehmigungsvoraussetzungen<br />

Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG kann die Genehmigung unter Bedingungen erteilt<br />

und mit Auflagen verbunden werden – soweit dies erforderlich ist –, um die Erfüllung der<br />

190


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Ablauf eines Genehmigungsverfahrens<br />

Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Wichtig ist, dass der in Genehmigungsbescheiden<br />

für WEA häufig sehr umfangreiche Katalog an Nebenbestimmungen nur gerechtfertigt<br />

ist, wenn und soweit diese tatsächlich erforderlich sind, um die Einhaltung<br />

der Genehmigungsvoraussetzungen zu gewährleisten. Nebenbestimmungen, die die<br />

Genehmigungsbehörde lediglich für sinnvoll hält oder die über das erforderliche Maß<br />

hinausgehen, sind rechtswidrig.<br />

Häufige Nebenbestimmungen sind<br />

z. B. Auflagen zur Tages- und Nachtkennzeichnung<br />

von WEA mit einer Gesamthöhe<br />

von über 100 Metern als Luftfahrthindernis,<br />

Bauzeitenbeschränkungen<br />

während der Brutperiode zur Vermeidung<br />

artenschutzrechtlicher Verbote sowie Betriebsbeschränkungen<br />

zum Schutz betroffener<br />

Anwohner in Bezug auf Schall- und<br />

Schatteneinwirkungen.<br />

Nach aktueller Rechtsprechung sind<br />

grundsätzlich alle Nebenbestimmungen<br />

isoliert anfechtbar. Das bedeutet, dass ein<br />

Genehmigungsinhaber bestimmte Nebenbestimmungen,<br />

die ihn über das erforderliche<br />

Maß hinaus belasten, im Widerspruchsverfahren<br />

oder im Wege der Klage<br />

überprüfen lassen kann, ohne die Genehmigung<br />

insgesamt infrage zu stellen.<br />

Fazit<br />

Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe<br />

von über 50 Metern benötigen<br />

eine immissionsschutzrechtliche<br />

Genehmigung. Diese umfasst auch<br />

alle weiteren für das Vorhaben benötigten<br />

öffentlich-rechtlichen Genehmigungen,<br />

Zulassungen, Erlaubnisse<br />

und Bewilligungen. Zudem schreibt<br />

das Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

den Verfahrensablauf detailliert vor.<br />

Bei Windfarmen ab 20 Anlagen ist<br />

generell eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

nötig. In diesem Fall ist<br />

das Vorhaben öffentlich bekannt zu<br />

machen.<br />

Autor<br />

Andreas Lahme (Jg. 1966) war nach dem zweiten juristischen Staatsexamen als<br />

Rechtsanwalt in einer großen deutschen (später internationalen) Anwaltssozietät<br />

vornehmlich auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts tätig. Seit April 2001 übt<br />

Andreas Lahme seine Tätigkeit in der Kanzlei Engemann und Partner in Lippstadt<br />

insbesondere auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts aus.<br />

191


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

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DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />

Praxistipps zur<br />

Beschleunigung<br />

von Genehmigungsverfahren<br />

Jede Art der Energiegewinnung oder -umwandlung hat<br />

Auswirkungen auf die Umwelt. Diese können bei der<br />

Gewinnung der Rohstoffe, der Umwandlung in elektrische<br />

Energie, beim Anlagenrückbau oder auch durch einzulagernde<br />

Reststoffe auftreten. Die Windenergie ist hiervon nicht<br />

ausgenommen, auch wenn ihre Umweltauswirkungen im<br />

Vergleich zu anderen Energieträgern relativ gering sind.<br />

193


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Störfaktor Windenergie?<br />

Wie wissenschaftliche Untersuchungen ergeben haben, fühlen sich die Anwohner<br />

im näheren Umfeld von Windenergieanlagen unter anderem durch das Bewegungssignal<br />

(64 %), durch Lärm (54 %) und Schattenwurf (48 %) sowie durch die Hinderniskennzeichnung<br />

(16 %) der Anlagen gestört (siehe Studien der Universität Halle, 2010 und<br />

Universität Kiel, 2000). Die Gesellschaft und einzelne Bürger reagieren also zunehmend<br />

sensibel auf Umweltbelastungen durch WEA, auch wenn Minderungsmaßnahmen gegen<br />

einwirkende Immissionen erst bei erheblichen Belästigungen notwendig sind. Daher unterliegen<br />

Windenergieanlagen ab 50 Metern Gesamthöhe dem umfangreichen Genehmigungs-<br />

und Eingriffsinstrumentarium des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.<br />

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)<br />

Sinn und Zweck des Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das<br />

Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umweltauswirkungen<br />

zu schützen und ihrem Entstehen vorzubeugen (§1 BImSchG). Um zügig<br />

die immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer<br />

Windenergieanlage erteilt zu bekommen, sollten in den Antragsunterlagen alle folgenden<br />

Belange hinreichend geklärt werden. Dabei muss zwischen Emissionen/Immissionen<br />

und sonstigen Einwirkungen unterschieden werden, da sich die betroffenen Bürger<br />

nur gegen unzulässig hohe Immissionen wehren können.<br />

Für Windenergieanlagen sind folgende<br />

Immissionen und Einwirkungen relevant:<br />

✓✓Lärm,<br />

✓✓Periodischer Schattenwurf,<br />

✓✓ggf. Diskoeffekte durch Reflexionen des Sonnenlichts an<br />

Rotorblatt-Oberflächen,<br />

✓✓Turbulenzen für benachbarte Anlagen sowie Freileitungen der Bahn<br />

und der Netzbetreiber,<br />

✓✓Hinderniskennzeichnungen der WEA als Luftfahrthindernisse.<br />

194


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />

Windkraftanlagen auf dem Gelände des Dradenauklärwerks in Hamburg. Foto: Ulrich Mertens<br />

Für die Bearbeitung des Genehmigungsantrages durch die zu beteiligenden Träger<br />

öffentlicher Belange sind darüber hinaus Angaben u. a. zu folgenden sonstigen Einwirkungen<br />

zu machen:<br />

• das Bewegungssignal der Rotorblätter,<br />

• die Veränderung des Landschaftsbildes,<br />

• Eiswurf und Blitzschlag,<br />

• die mögliche Entwertung benachbarter Kulturgüter,<br />

• die Störung von Richtfunk- und Radaranlagen,<br />

• Netzschwankungen (heute kaum noch ein Thema),<br />

• die Auswirkungen auf die Tierwelt,<br />

• die Bodenerwärmung bzw. Bodenaustrocknung (begrenzt um das Erdkabel herum)<br />

• und die Bodenversiegelung durch das Fundament und die Verdichtung im<br />

Zuwegungsbereich.<br />

Ein Großteil der hier genannten Immissionen und Einwirkungen wird bereits durch<br />

die Beachtung landesspezifischer Mindestabstände auf ein verträgliches Maß minimiert.<br />

Zur Verringerung möglicher Einwände oder Klagen gegen die WEA sollten alle Anwohner,<br />

die von Lärm, periodischem Schattenwurf und anderen Immissionen betroffen<br />

sein könnten, in die Planungen durch frühzeitige Information mit einbezogen werden.<br />

Mögliche Nachteile für die Bürger lassen sich gegebenenfalls auch mit finanziellen Vorteilen<br />

(z. B. durch Beteiligungen an der WEA) kompensieren.<br />

195


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

Die ↗ Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist ein gesetzlich vorgesehenes und<br />

systematisches Prüfverfahren, mit dem die Auswirkungen von Vorhaben bestimmten<br />

Ausmaßes auf die Umwelt, vor einer behördlichen Entscheidung über deren Zulässigkeit<br />

festgestellt, beschrieben und bewertet werden. Sie kann im Vorfeld des Genehmigungsantrages<br />

erstellt werden und ist diesem als weitere Unterlage beizufügen.<br />

Durch eine systematische Abarbeitung betroffener Schutzgüter kann eine UVP frühzeitig<br />

offene Fragen im förmlichen Genehmigungsverfahren beantworten. Dazu klärt die<br />

Genehmigungsbehörde vor Abgabe der Antragsunterlagen durch eine standort- oder<br />

einzelfallbezogene überschlägige Vorprüfung (Screening), ob eine UVP erforderlich ist.<br />

Der Länderausschuss für Immissionsschutz hat dazu einen Fragebogen entwickelt, mit<br />

dessen Hilfe sich diese Prüfung beschleunigen lässt (siehe Screening-Checkliste). Zur<br />

schnellen Beantwortung der hier aufgeführten Fragen kann es hilfreich sein, den Antragsteller,<br />

den Bürgermeister oder einen Gemeindevertreter sowie Vertreter der Denkmalspflege<br />

und der Naturschutzbehörde hinzuzuziehen.<br />

Der Scoping-Termin<br />

Stellt die Genehmigungsbehörde fest, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

erforderlich ist, wird der Untersuchungsrahmen dieser Prüfung in einem sogenannten<br />

Scoping-Termin mit den Trägern öffentlicher Belange festgelegt.<br />

Dieser umfasst in der Regel folgende Punkte:<br />

1. vorhabensrelevante Planungsvorgaben u. Rahmenbedingungen,<br />

2. eine Beschreibung der vorhandenen und geplanten Nutzungen am<br />

Standort und im Einwirkungsbereich,<br />

3. eine Beschreibung und Bewertung der Umweltsituation,<br />

4. eine Entwicklungsprognose des Zustandes der Umwelt ohne Verwirklichung<br />

des Vorhabens,<br />

5. eine Beschreibung und Charakterisierung des Vorhabens,<br />

6. die Ermittlung und Beschreibung der Raum- und Umweltauswirkungen,<br />

7. Vorschläge und Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung<br />

bzw. zur Kompensation von Umweltauswirkungen,<br />

8. Hinweise auf aufgetretene Schwierigkeiten bei der<br />

Zusammenstellung der Angaben und<br />

9. eine allgemeine Zusammenfassung.<br />

196


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />

Nach Fertigstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung ist diese den sonstigen Antragsunterlagen<br />

beizufügen. Ist eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung mit Untersuchungen<br />

des Vogel-Frühjahrs- und -Herbstzuges erforderlich, kann sich ihre Erstellung<br />

leicht um ein weiteres Jahr verzögern.<br />

Der vollständige Antrag<br />

Zur Vervollständigung des BImSchG-Genehmigungsantrages sind darüber<br />

hinaus folgende Unterlagen notwendig:<br />

✓✓<br />

Immissionsschutzrechtliches Antragsformular mit Unterschrift des Antragstellers<br />

✓✓<br />

Karten (Amtl.-Topogr. Karte 1:25000; Übersichtsplan 1:5000, Lageplan 1:2000)<br />

✓✓<br />

Baubeschreibung, Bauzeichnungen, Bodengutachten, Statik, ggf. Bauartzulassung<br />

✓✓<br />

Bedarf an Grund und Boden (Pachtverträge u. Überfahrrechte)<br />

✓✓<br />

Standortkoordinaten (GK und WGS 84)<br />

✓✓<br />

Anlagen- und Betriebsbeschreibungen<br />

✓✓<br />

Gehandhabte Stoffe und deren Sicherheitsdatenblätter<br />

✓✓<br />

Emissionsquellenplan – auch für den Störungsfall<br />

✓✓<br />

Immissionsprognosen zu Lärm, periodischem Schattenwurf und Turbulenzgutachten<br />

(nur bei WEA-Abständen, die geringer sind als der fünffache Rotordurchmesser)<br />

✓✓<br />

Angaben über Glanz- und Reflexionswerte der Rotorblätter<br />

✓✓<br />

Angaben zum Arbeitsschutz<br />

✓✓<br />

Angaben zum Abfallaufkommen und zu dessen Verbleib<br />

✓✓<br />

Beschreibung der be- und entlastenden Auswirkungen der WEA auf die Umwelt<br />

✓✓<br />

Landschaftspflegerischer Begleitplan bzw. Umweltverträglichkeitsuntersuchung<br />

✓✓<br />

Rückbauverpflichtung nach Betriebsaufgabe der WEA<br />

Sind alle Unterlagen zusammengefügt, kann der Antrag auf Genehmigung einer<br />

Windenergieanlage gemäß § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz bei der zuständigen Genehmigungsbehörde<br />

eingereicht werden. Wenn keine UVP-Verpflichtung vorliegt, kann<br />

der Antrag im vereinfachten Verfahren gestellt werden.<br />

197


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Die Genehmigungsdauer<br />

Um Verzögerungen zu verhindern, sollten die vollständigen Antragsunterlagen in<br />

vierfacher Ausfertigung eingereicht werden: je eine Ausfertigung für den Antragsteller,<br />

für das Kreis- bzw. Stadtbauamt, für die Genehmigungsbehörde und ein Exemplar für die<br />

öffentliche Auslage bzw. Einsichtnahme. Zehn weitere, „abgemagerte“ Exemplare sollten<br />

darüber hinaus für das Straßenbauamt, die zivile und militärische Flugsicherheitsbehörde,<br />

die Gemeinde, die Denkmalpflegebehörde, das Eisenbahnamt, das Bergamt, die<br />

Schifffahrtsdirektion und andere bereitgestellt werden. Betreiber von nicht hoheitlich<br />

betriebenen Richtfunktrassen werden nur informiert!<br />

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sollte für eine WEA im vereinfachten<br />

Verfahren nach drei Monaten bzw. mit UVP im förmlichen Verfahren nach sieben Monaten<br />

erteilt werden, sofern die Antragsunterlagen vollständig waren, die bauplanungsrechtlichen<br />

Voraussetzungen stimmen, das gemeindliche Einvernehmen erteilt wurde<br />

und die beteiligten Träger öffentlicher Belange zugestimmt haben. Mitgeteilte Bedingungen,<br />

Auflagen und Hinweise werden in den Genehmigungsbescheid übernommen und<br />

sind zu begründen.<br />

Achtung! Durch folgende Umstände kann ein Genehmigungsverfahren<br />

erschwert und verzögert werden:<br />

✗✗Antragsunterlagen sind unvollständig und müssen nachgefordert werden<br />

(Unterschriften, Pachtverträge, Gutachten, Ausgleichszahlungen usw.),<br />

✗✗die planungsrechtliche Zulässigkeit ist noch nicht gegeben,<br />

✗✗das gemeindliche Einvernehmen fehlt, wird verweigert bzw. es wird eine Höhenbegrenzung<br />

von 100 Metern vorgegeben,<br />

✗✗die Luftfahrtbehörden stimmen dem WEA-Vorhaben nicht zu<br />

(hier hilft manchmal ein signaturtechnisches Gutachten),<br />

✗✗<br />

unvorhersehbare Nachforderungen müssen erhoben werden (Gutachten zur<br />

Feststellung der Auswirkungen auf den Menschen, die Tiere oder Natur und<br />

Landschaft),<br />

✗✗zeitnahes zweites WEA-Genehmigungsverfahren zwingt das erste Verfahren in<br />

die UVP und damit ins förmliche Genehmigungsverfahren,<br />

✗✗<br />

unzureichende Einbindung von Bürgern oder bei grenznahen Projekten ggf. grenzüberschreitende<br />

Behördenbeteiligung unter Berücksichtigung dortiger Regelwerke.<br />

198


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />

Kriterien zur Verfahrensbeschleunigung<br />

Wenn keine UVP erforderlich ist, kann der vorbereitete Genehmigungsantrag unmittelbar<br />

nach dem Screening-Termin abgegeben werden. Noch am selben Tag sollte die<br />

Genehmigungsbehörde die Vollständigkeit der Antragsunterlagen überprüfen. Üblicherweise<br />

fehlen ein paar Unterlagen/Unterschriften, welche kurzfristig nachzuliefern sind.<br />

Für eventuelle Rückfragen oder Nachforderungen durch die Genehmigungsbehörde<br />

ist auch die Angabe von Telefonnummern und E-Mail-Adressen des Antragstellers sowie<br />

des Planers wichtig. Die drei- bzw. siebenmonatige Frist für die Genehmigungserteilung<br />

oder -ablehnung beginnt erst nach behördlicher Feststellung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen.<br />

Mehrtägige postalische oder verwaltungsinterne Verzögerungen lassen<br />

sich vermeiden, wenn die Unterlagen persönlich abgegeben werden.<br />

Nicht zu empfehlen ist ein unvollständiger Antrag: Erklärt der Antragsteller bei der<br />

Einreichung, dass noch Unterlagen nachgereicht werden, so weist die Behörde diesen<br />

unvollständigen Genehmigungsantrag üblicherweise bis zur Vervollständigung zurück<br />

oder legt ihn zur Seite, um stattdessen vollständige Anträge zu bearbeiten. Wichtig für<br />

den Beginn und die Dauer des Genehmigungsverfahrens einer WEA ist immer die Vollständigkeit<br />

der Antragsunterlagen. Eine sorgfältige Zusammenstellung der Unterlagen<br />

mit allen geforderten Unterschriften ist daher das entscheidende Kriterium, um die gewünschte<br />

immissionsschutzrechtliche Genehmigung<br />

zeitnah zu erhalten.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. Andreas Kunte<br />

(Jg. 1946) war bis 2011 im<br />

Landesamt für Landwirtschaft,<br />

Umwelt und ländliche<br />

Räume d. L. Schleswig-Holstein<br />

für die Genehmigung<br />

und Überwachung von Windenergieanlagen tätig.<br />

1998 – 2001 initiierte und begleitete Andreas Kunte<br />

die bundesweite Einführung der Schattenwurf-<br />

Hinweise. Seit 2004 war Herr Kunte Mitglied des<br />

Zertifizierungsbeirats der DEWI-OCC Offshore and<br />

Certification Centre GmbH und seit 2005 Gastmitglied<br />

des Arbeitskreis Hinderniskennzeichnung<br />

von WKA im Bundesverband WindEnergie.<br />

Fazit<br />

Die immissionsschutzrechtlichen<br />

Genehmigungen für Bau und Betrieb<br />

von Windenergieanlagen müssen unterschiedlichsten<br />

Anforderungen von<br />

Mensch und Umwelt gerecht werden.<br />

Bei ihrer Vorbereitung empfiehlt es<br />

sich, systematisch vorzugehen und<br />

zeitkritische Faktoren wie eine mögliche<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

frühzeitig einzuplanen. Je gründlicher<br />

und vollständiger der Antrag auf Genehmigung<br />

vorliegt, desto größer sind<br />

die Chancen auf ein zügiges Verfahren<br />

und eine behördliche Entscheidung<br />

binnen drei bis sieben Monaten.<br />

199


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

UVP-Pflicht im Einzelfall, Screening<br />

nach § 3 c i.V.m. Anlage 2 UVPG<br />

Checkliste für Screening (Windfarmen)<br />

1. Der Fragebogen sollte mit JA oder NEIN beantwortet werden und hat Platz für zusätzliche<br />

Anmerkungen und Hinweise (z.B.: zu vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen,<br />

Vermeidungs- und Verhinderungsmaßnahmen), die immer dann gegeben<br />

werden sollten, wenn eine Frage mit JA beantwortet wurde.<br />

2. Der Fragebogen sollte auf der Basis von vorhandenen Informationen ausgefüllt werden;<br />

es sollten keine zusätzlichen Studien oder Informationen durchgeführt werden<br />

3. Die Anzahl der mit „Ja“ beantworteten Fragen ist nicht entscheidend für die Frage,<br />

ob eine UVP durchgeführt werden soll; dies kann neben der inhaltlichen Bewertung<br />

lediglich als ein Indiz für die Abwägung zu werten sein.<br />

A. Angaben zum Vorhaben<br />

1. Allgemeine Angaben<br />

1.1 Kommt es durch das Vorhaben zu mehr als<br />

• 1 ha Bodenversiegelungen, Aufschüttungen oder Abgrabungen oder<br />

• 2 ha Bodenverdichtungen<br />

und damit zu Verlusten oder starken Veränderungen der natürlichen Bodenfunktion?<br />

1.2 Sind mit dem Vorhaben bedeutende Änderungen der natürlichen Funktionen, der Funktionen<br />

als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte (Burgwälle, Hügelgräber etc.) oder der Nutzungsfunktionen<br />

des Bodens gemäß § 2 Abs. 2 BBodSchG verbunden?<br />

1.3 Erfordert das Vorhaben das Lagern, den Umgang, die Nutzung oder die Produktion von<br />

gefährlichen Stoffen i. S. des Chemikaliengesetzes bzw. der Gefahrstoffverordnung, wassergefährdender<br />

Stoffe i. S. des Wasserhaushaltsgesetzes, Gefahrgütern i. S. des Gesetzes über die<br />

Beförderung gefährlicher Güter oder radioaktiver Stoffe?<br />

Wenn JA: Sind die Mengenschwellen des Abschnittes 9 der 4. BImSchV oder der VAwS überschritten?<br />

1.4 Erfordert das Vorhaben den Bau zusätzlicher Anlagen zur Energieversorgung, Wasser,<br />

Abwasser oder zur Beseitigung von Abfall (Anlagen zur Verbrennung oder Deponierung von<br />

Abfällen) oder die wesentliche Änderung einer derartigen Anlage?<br />

1.5 Erfordert das Vorhaben den Bau zusätzlicher Verkehrswege oder einer Zuwegung?<br />

1.6 Führt der Bau oder der Betrieb des Vorhabens zu einer Erhöhung des Verkehrs auf der<br />

nächstgelegenen öffentlichen Straßen um 50 %?<br />

200


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />

2. Luft<br />

2.1 Werden die Mengenschwellen nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft 2001(Anlage 1) überschritten?<br />

Wenn JA: welche?<br />

Ist eine Vorbelastungsmessung oder Ausbreitungsrechnung notwendig?<br />

2.2 Werden andere als nach Nr. 2.1 zu berücksichtigenden Stoffe in erheblichem Umfang emittiert?<br />

3. Wasser<br />

3.1 Erfordert das Vorhaben die Erteilung oder Änderung einer Erlaubnis für das Benutzen<br />

(z.B. Entnehmen oder Einleiten) eines Gewässers (Grundwasser, Oberflächengewässer)?<br />

3.2 Ist für die Indirekteinleitung eine Vorbehandlungsanlage notwendig, die nicht nur bauartzugelassen<br />

ist?<br />

3.3 Erfordert das Vorhaben einen genehmigungspflichtigen Ausbau eines Gewässers<br />

(z.B. Ufer befestigung, Bau von Kaianlagen oder Dämmen)?<br />

3.4 Werden im Zuge des Vorhabens Anlagen in oder an oberirdischen Gewässern errichtet oder<br />

verändert?<br />

4. Abfall / Boden<br />

4.1 Führt die Umsetzung des Vorhabens zur Entstehung von jährlich mehr als 2.000 t von überwachungsbedürftigen<br />

oder mehr als 20 t besonders überwachungsbedürftigen Abfällen, die<br />

beseitigt werden müssen?<br />

5. Lärm, optische Emissionen etc.<br />

5.1 Bringt das Vorhaben erhebliche zusätzliche Belastung der Umgebung durch Geräusche, Erschütterungen,<br />

Wärme, Lichtblitze, periodischen Schattenwurf, Turbulenzen oder ähnliches?<br />

Wenn JA: Angaben zu Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit etc.<br />

6. Unfälle etc.<br />

6.1 Ist mit dem Verfahren ein Unfallrisiko, (Blitzschlag, herumfliegende Teile) insbesondere mit<br />

Blick auf verwendete Stoffe und Technologien, verbunden?<br />

7. Andere anlagenbezogene Faktoren<br />

(z.B. Könnte das Vorhaben eine besondere Betroffenheit der Bevölkerung auslösen?)<br />

B. Angaben zum Standort<br />

1. Befindet sich im Einwirkungsbereich des Vorhabens (bei Einhaltung eines Mindestabstandes<br />

von 500 m bzw. bei den im Anhang - Anlage 3 - aufgeführten Anlagen der dort festgelegten<br />

Mindestabstände wird davon ausgegangen, daß keine erheblichen Beeinträchtigungen zu<br />

erwarten sind):<br />

1.1 • ein Europäisches Vogelschutzgebiet oder<br />

• ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (Natura 2000) oder<br />

• ein FFH-Gebiet?<br />

1.2 • ein Naturschutzgebiet?<br />

201


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

1.3 • ein Nationalpark?<br />

1.4 • ein Biosphärenreservat?<br />

1.5 • ein Landschaftsschutzgebiet?<br />

1.6 • ein Naturpark<br />

1.7 • ein gesetzlich geschütztes Biotop mit einer Fläche von mehr als 1.000 m²?<br />

1.8 • eine geschützte Waldfläche?<br />

1.9 • ein Wasserschutzgebiet?<br />

1.10 • ein Gebiet, in dem die in nationalen Vorschriften festgelegten Umweltqualitätsnormen<br />

bereits überschritten sind?<br />

1.11 • ein schutzwürdiges Geotop, das in das Landschaftsprogramm der Landesregierung aufgenommen<br />

wurde?<br />

1.12 • ein allgemeines oder reines Wohngebiet?<br />

1.13 • ein geplantes Wohngebiet?<br />

1.14 • ein in amtlichen Listen oder Karten verzeichnetes Denkmal, Denkmalensemble, Bodendenkmal<br />

oder ein als archäologisch bedeutsam eingestuftes Gebiet?<br />

2. Ist die Umgebung des Vorhabens aus anderen Gründen besonders ökologisch empfindlich?<br />

3. Sind in der Umgebung der Anlage andere Anlagen mit Auswirkungen auf die o.a. Gebiete<br />

vorhanden (Vorbelastung, evtl. Windkraftanlagen nach dem 14.03.1999 errichtet)?<br />

4. Soll das Vorhaben in einem Bereich errichtet werden, der bereits durch frühere oder jetzige<br />

Nutzungen belastet ist? (Boden, Wasser etc.)<br />

5. Soll das Vorhaben in einem Bereich errichtet werden, der landschaftlich besonders reizvoll<br />

oder empfindlich ist?<br />

6. Liegt das Vorhaben in einem Bereich, wo es für eine große Anzahl von Personen weit sichtbar<br />

ist?<br />

7. Ist zu erwarten, daß das Vorhaben mit der benachbarten (vorhandenen oder geplanten)<br />

Nutzung in Konflikt geraten könnte wegen<br />

• land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzungen (Geflügelfarm, Fischgewässer),<br />

• Verkehr, Ver- oder Entsorgung,<br />

• Erholungsnutzung (Pferdehaltung)<br />

• Wohnungsnutzung oder<br />

• sonstiger wirtschaftlicher oder öffentlicher Nutzungen?<br />

8. Ist zu erwarten, daß durch das Vorhaben beeinträchtigt werden kann<br />

• der Reichtum oder die Qualität von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes?<br />

• die Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden , Natur und Landschaft des Gebietes?<br />

9. Steht das Projekt im Konflikt mit Belangen des Nachbarstaates?<br />

202


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Praxistipps zur Beschleunigung von Genehmigungs verfahren<br />

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<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

204


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />

Natur- und<br />

Artenschutzrecht:<br />

Nicht immer<br />

eindeutig geregelt<br />

Der Gesetzgeber hält zahlreiche Instrumente des Naturund<br />

Artenschutzes bereit. Bei der Planung und Genehmigung<br />

von Windenergieanlagen sind die Unterschutzstellung von<br />

Natur und Landschaft sowie die besonderen artenschutzrechtlichen<br />

Verbotstatbestände zu prüfen.<br />

Foto: Torsten Rauhut - Fotolia<br />

205


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Natur- und Artenschutz spielt an allen Standorten eine wichtige Rolle. Foto: Herbert Grabe<br />

Ein zentrales Instrument des Natur- und Artenschutzrechts ist die Unterschutzstellung<br />

von Teilen von Natur und Landschaft im Wege eines förmlichen, allgemein verbindlichen<br />

Rechtsaktes, üblicherweise einer Rechtsverordnung oder einer Satzung. Der<br />

Gesetzgeber hat für diese Unterschutzstellung im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)<br />

bestimmte „Schutzgebietskategorien“ vorgesehen.<br />

Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete<br />

Die traditionellen und wohl auch bekanntesten Schutzgebietskategorien sind die<br />

„Naturschutzgebiete“ und die „Landschaftsschutzgebiete“. Erstere dienen in erster Linie<br />

der „Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder<br />

Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten“.<br />

Zu „Landschaftsschutzgebieten“ werden Gebiete erklärt, wenn dies „zur Erhaltung,<br />

Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts<br />

oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der<br />

Naturgüter (…) wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen<br />

Bedeutung der Landschaft oder wegen ihrer besonderen Bedeutung für die<br />

Erholung“ erforderlich ist.<br />

206


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />

Biosphärenreservate<br />

und FFH-Gebiete<br />

Eine neuere, seit 1998 im BNatSchG<br />

geregelte Schutzgebietskategorie ist das<br />

„Biosphärenreservat“. Dies sind „Gebiete,<br />

die großräumig und für bestimmte<br />

Landschaftstypen charakteristisch sind“.<br />

Sie dienen „der Erhaltung, Entwicklung<br />

oder Wiederherstellung einer durch hergebrachte<br />

vielfältige Nutzung geprägten<br />

Landschaft und der darin historisch gewachsenen<br />

Arten- und Biotopvielfalt“.<br />

Ebenso lange existiert auch die Kategorie<br />

der ↗ „FFH-Gebiete“, wobei diese im BNatSchG nicht ausdrücklich als solche bezeichnet<br />

werden: Dort spricht das Gesetz vom Netz „Natura 2000“. Dieses basiert auf der<br />

europäischen Fauna-Flora-Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie. Diese Richtlinien<br />

verpflichten die Mitgliedsstaaten der EU zum Aufbau des zusammenhängenden europäischen<br />

Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“. Die Mitgliedsstaaten – in Deutschland<br />

die Bundesländer – wählen für das Schutzgebietssystem „Natura 2000“ die schutzwürdigen<br />

Gebiete (die sogenannten FFH-Gebiete) aus und nehmen diese in Listen auf.<br />

Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände<br />

Ob Windenergieanlagen innerhalb<br />

solcher Schutzgebiete zulässig sind,<br />

hängt maßgeblich vom jeweiligen<br />

Schutzgegenstand ab. Dennoch<br />

schließen die zuständigen Behörden<br />

Windenergienutzung innerhalb von<br />

Schutzgebieten regelmäßig pauschal<br />

und ohne nähere Prüfung des Schutzgegenstandes<br />

aus.<br />

Das zweite wichtige Instrument des Natur- und Artenschutzes sind die besonderen<br />

„artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände“. Diese regeln die zentrale Schutznorm des<br />

BNatSchG mittels sogenannter „Zugriffsverbote“, d. h. mittels „Tötungs- und Störungsverbote“.<br />

Demnach ist es insbesondere<br />

verboten, „wild lebenden Tieren der besonders<br />

geschützten Arten nachzustellen,<br />

sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten<br />

oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur<br />

zu entnehmen, zu beschädigen oder zu<br />

zerstören.“<br />

Für die Planung von Windenergieanlagen<br />

ist vor allem dieses „Tötungsverbot“<br />

mit Blick auf Greifvögel und Fledermäuse<br />

von Bedeutung. Nach der Rechtsprechung<br />

Wanderfalke. Foto: Jens Klingebiel, Fotolia ist dieses „Tötungsverbot“ verletzt, wenn<br />

207


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

nach naturschutzfachlicher Einschätzung ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter<br />

Verluste von Einzelexemplaren verursacht wird und die Auswirkungen der Windenergienutzung<br />

oberhalb der Gefahrenschwelle liegen, die den Risiken aufgrund des Naturgeschehens<br />

(„sozialadäquates Risiko“) entspricht. Dabei sind von vornherein mögliche<br />

Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen zu berücksichtigen, auf die später noch näher<br />

eingegangen wird. Nach oberverwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung soll den Naturschutzbehörden<br />

bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben das Kollisionsrisiko signifikant<br />

erhöht, angeblich eine „naturschutzfachliche ↗ Einschätzungsprärogative“ zukommen.<br />

Im Falle einer solchen Einschätzungsprärogative wäre die gerichtliche Prüfung auf eine<br />

bloße „Vertretbarkeitskontrolle“ beschränkt.<br />

Noch nicht geklärt: Bedeutung der „lokalen Population“<br />

Daneben ist bei der Planung von Windenergieanlagen auch das „Störungsverbot“<br />

zu beachten, wonach es verboten ist, „wild lebende Tiere der streng geschützten Arten<br />

und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-,<br />

Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören“. Dies betrifft insbesondere<br />

Vogelschwarm im Windpark. Foto: Sisse Brimberg & Cotton Coulson / Windpower Works<br />

208


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />

Vergrämungseffekte z. B. durch den Entzug von Nahrungshabitaten. Dabei liegt eine erhebliche<br />

Störung vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der „lokalen<br />

Population“ einer Art verschlechtert. Was unter einer „lokalen Population“ zu verstehen<br />

ist, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt.<br />

Schwierig zu prognostizieren: das Kollisionsrisiko<br />

Im Rahmen der Planung von Windenergieanlagen ist regelmäßig zu prüfen, ob gegen<br />

die besonderen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des BNatSchG verstoßen<br />

bzw. das Kollisionsrisiko „signifikant erhöht“ wird. Zum Zeitpunkt der Genehmigung ist<br />

dies jedoch schwierig zu prognostizieren.<br />

Um einen solchen Verstoß zu vermeiden, stehen diverse Maßnahmen zur Minimierung<br />

des Kollisionsrisikos zur Verfügung, welche als Nebenbestimmung im Genehmigungsbescheid<br />

aufgenommen werden können. Diese betreffen in erster Linie Beschränkungen<br />

bei Bauzeit und Betrieb der Windenergieanlagen. Neben den von den<br />

Genehmigungsbehörden regelmäßig geforderten Bauzeitbeschränkungen kann im Einzelfall<br />

auch ein „baubegleitendes Monitoring“ in Betracht kommen, um die Bauzeitbeschränkungen<br />

soweit wie möglich zu reduzieren.<br />

Weiterhin ist sowohl bei Vögeln wie<br />

auch bei Fledermäusen an Vorsorgeabschaltungen<br />

bzw. Betriebszeitenbeschränkungen<br />

zu bestimmten Zeiten mit hohem<br />

Konfliktpotenzial zu denken. Im Einzelfall<br />

kann aber auch ein betriebsbegleitendes<br />

Monitoring ausreichen. Dieses darf allerdings<br />

(insbesondere bei Fledermäusen)<br />

nicht die naturschutzfachliche Einschätzung<br />

ersetzen.<br />

Fledermaus. Foto: Artem Sevostyanov - Fotolia<br />

Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen<br />

Grundsätzlich stellen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen auch<br />

einen Eingriff in Natur und Landschaft gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG dar. Dies gilt insbesondere<br />

für die Überbauung des Bodens durch die Fundamente der Anlagen. Soweit<br />

derartige Eingriffe nicht vermieden werden können, bestimmt das BNatSchG, dass diese<br />

vom Verursacher durch Ausgleichsmaßnahmen „ausgeglichen“ oder durch Ersatzmaßnahmen<br />

„ersetzt“ werden müssen.<br />

Ein solcher „Ausgleich“ eines Eingriffs muss vollständig erfolgen, d. h., es dürfen keine<br />

Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes zurückbleiben. Dabei müssen gerade die<br />

209


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Greenpeace-Protest zum Schutz der Buchenwälder. Foto: Paul-Langrock.de<br />

Funktionen wiederhergestellt werden, die durch den Eingriff beeinträchtigt werden. Beispielsweise<br />

wird der Ausgleich der mit der Errichtung einer Windenergieanlage unvermeidlich<br />

einhergehenden Versiegelung durch eine Entsiegelung an anderer Stelle, die<br />

Rodung von Bäumen durch Anpflanzung von Bäumen, herbeigeführt.<br />

Pflicht zum vollständigen Ausgleich<br />

Der Ersatz des Eingriffs muss (zumindest) gleichwertig sein, d. h., es muss eine möglichst<br />

ähnliche, wenngleich keine mit der beeinträchtigten Funktion identische Funktion<br />

wiederhergestellt werden. So kann für die Rodung von Bäumen z. B. die Anpflanzung von<br />

Hecken als gleichwertiger Ersatz genügen. Dabei geht das BNatSchG von einem strikten<br />

„Primat der Naturalrestitution“ aus: Die Pflicht zum vollständigen Ausgleich oder Ersatz<br />

endet erst dann, wenn deren Erfüllung tatsächlich unmöglich oder im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes<br />

unzumutbar ist. In diesem Falle – erst dann – ist ein „Ersatz-<br />

210


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />

geld“ zu zahlen, welches sich nach der Dauer und Schwere des Eingriffs in Natur oder<br />

Landschaft bemisst. Das Ersatzgeld wird im Genehmigungsbescheid festgesetzt und ist<br />

grundsätzlich vor Durchführung des Eingriffs zu zahlen.<br />

Derzeit liegt ein Entwurf des Bundesumweltministeriums für eine „Bundeskompensationsverordnung“<br />

vor – hierfür wurde im Jahr 2010 die Ermächtigungsgrundlage geschaffen<br />

–, mit welcher insbesondere einheitliche Standards und Vorgehensweisen bei<br />

der Feststellung des Eingriffs und der Eingriffsbewältigung eingeführt werden sollen.<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung nicht immer erforderlich<br />

Die ↗ Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist hauptsächlich im „Gesetz über die<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung“ (UVPG) geregelt. Demnach ist die UVP ein unselbstständiger<br />

Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über Zulassung<br />

von Vorhaben dienen. Der Zweck dieses unselbstständigen Teilverfahrens liegt in einer<br />

wirksamen Umweltvorsorge, die sowohl vom Vorsorgegedanken als auch von der Gefahrenabwehr<br />

geprägt ist. Die UVP umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung<br />

der mittelbaren und unmittelbaren umweltbezogenen Auswirkungen eines Vorhabens<br />

auf die im UVPG genannten Schutzgüter (z. B. Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Klima,<br />

Kulturgüter).<br />

Voraussetzung für die grundsätzliche<br />

Geltung des UVPG ist zunächst, dass das<br />

konkrete Vorhaben in den sachlichen Geltungsbereich<br />

des Gesetzes fällt. Das UVPG<br />

kennt dabei verschiedene Prüfungskategorien<br />

mit gestuften Prüfungsintensitäten:<br />

die UVP-Pflicht, die „allgemeine Vorprüfung<br />

des Einzelfalles“ und die „standortbezogene<br />

Vorprüfung des Einzelfalles“. Die<br />

Kategorien der „standortbezogenen“ und<br />

der „allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles“<br />

stellen dabei eine Art vorgeschaltetes<br />

Prüfungsvorverfahren dar. Nur wenn<br />

die zuständige Behörde im Rahmen der<br />

„standortbezogenen“ oder der „allgemeinen<br />

Vorprüfung des Einzelfalles“ zu dem<br />

Ergebnis gelangt, dass erhebliche nachteilige<br />

Umweltauswirkungen zu erwarten<br />

sind, schließt sich eine UVP an.<br />

Grundsätzlich besteht die Notwendigkeit<br />

einer Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

für Windenergieanlagen in<br />

Abhängigkeit der zu errichtenden<br />

Anlagenzahl.<br />

Sind weniger als 3 Windenergieanlagen<br />

geplant, so ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

nicht erforderlich.<br />

3 bis 6 Anlagen müssen einer<br />

„standortbezogenen Vorprüfung“<br />

unterzogen werden. Bei 6 bis 19 Anlagen<br />

ist zumindest eine „allgemeine<br />

Vorprüfung“ und ab mindestens 20<br />

Anlagen eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

zwingend erforderlich.<br />

211


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Hamburg Georgswerder. Foto: Ulrich Mertens<br />

212


DAS GENEHMIGUNGS VERFAHREN | Natur- und Artenschutzrecht: Nicht immer eindeutig geregelt<br />

Diskussion um die „naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative“<br />

Immer wieder haben die Gerichte zu entscheiden, welche Maßnahmen inwieweit<br />

geeignet sind, das Kollisionsrisiko von Vögeln und Fledermäusen zu verringern. Im Moment<br />

wird aber wohl am intensivsten diskutiert, ob den Naturschutzbehörden eine „naturschutzfachliche<br />

Einschätzungsprärogative“ zusteht oder nicht. Bundesverwaltungsgerichtlich<br />

ist hierüber noch nicht entschieden, ein entsprechendes Revisionsverfahren ist<br />

jedoch bereits beim BVerwG anhängig. Insbesondere das OVG Magdeburg hat mehrfach<br />

eine solche naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zugunsten der Naturschutzbehörden<br />

angenommen.<br />

Demgegenüber hat das OVG Koblenz zuletzt Bedenken geäußert, ob die Genehmigungsbehörden<br />

befugt sind, zur Beurteilung des Tötungsrisikos nach eigenem Ermessen<br />

eine der existierenden Abstandsempfehlungen zugrunde zu legen, andere aber zu ignorieren.<br />

Das Gericht erachtet jedenfalls Empfehlungen, die im Auftrag eines Ministeriums<br />

von Fachbehörden abgegeben werden, quasi als eine Art antizipierte Ermessensentscheidung<br />

mit Bindungswirkung für die nachgeordneten Behörden.<br />

Fazit<br />

Das Bundesnaturschutzgesetz spielt<br />

eine wichtige Rolle bei der Genehmigung<br />

von Windenergieanlagen nach<br />

dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.<br />

Bei der Errichtung von Windkraftanlagen<br />

sind vor allem die Unterschutzstellung<br />

von Natur und Landschaft<br />

sowie die besonderen artenschutzrechtlichen<br />

Verbotstatbestände zu<br />

prüfen. Einige Bestimmungen lassen<br />

Deutungsspielräume offen. Diskutiert<br />

wird derzeit insbesondere über eine<br />

„naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative“<br />

der Naturschutzbehörden,<br />

die die gerichtliche Prüfung auf<br />

eine bloße „Vertretbarkeitskontrolle“<br />

beschränkt.<br />

Autorin<br />

Helga Jakobi (Jg. 1982)<br />

betreut als Rechtsanwältin<br />

bei der MASLATON<br />

Rechtsanwaltsgesellschaft<br />

mbH zahlreiche Projekte<br />

zur Errichtung von Windenergie-,<br />

Photovoltaik- und<br />

Biogasanlagen. Sie befasst sich mit Fragen des<br />

Raumordnungsrechts, des Baurechts sowie<br />

des Immissionsschutzrechts. Weitere Bereiche:<br />

Kommunalrecht sowie öffentliches Straßen- und<br />

Wegerecht.<br />

213


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

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214


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215


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

216


Akzeptanz und<br />

Beteiligungsmodelle<br />

217


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

218


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />

Gute Argumente<br />

für die<br />

Windenergie<br />

Die Frage nach der Akzeptanz von Windenergieprojekten<br />

begleitet die Projektierer und den <strong>BWE</strong> von Beginn an.<br />

Dabei gilt es nicht nur, möglichst umsichtig und transparent<br />

vorzugehen, sondern auch allen berechtigten und vor allem<br />

unberechtigten Einwänden adäquat zu begegnen.<br />

Das Forum Netzintegration Erneuerbare Energien<br />

Foto: Anne-Katrin Wehrmann<br />

219


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windenergie – Argumente für und wider<br />

Es gibt eine Vielzahl von Initiativen und Studien, die sich mit der Akzeptanz der Windenergie<br />

beschäftigen. Dabei bescheinigen zahlreiche Umfragen und Untersuchungen sowohl<br />

den Erneuerbaren Energien insgesamt als auch der Windenergie im Besonderen ein<br />

gutes Image. Ein Beispiel hierfür ist die unter www.unendlich-viel-energie.de veröffentlichte<br />

Umfrage aus dem Jahr 2012, bei der 94 Prozent der befragten Personen die Nutzung<br />

und den Ausbau der Erneuerbaren Energien für sehr wichtig oder wichtig erachten. Die<br />

Zustimmung zu Windenergieanlagen in der Umgebung des eigenen Wohnorts liegt demzufolge<br />

bei 61 % bzw. bei Personen mit Vorerfahrung sogar bei 73 Prozent. Insofern könnte<br />

man das Thema Akzeptanz für vernachlässigbar halten. Bei einer konkreten Windparkplanung<br />

vor Ort werden jedoch die übrigen ca. 40 Prozent Nicht-Befürworter sehr aktiv.<br />

Heimatliebe versus Windenergie? – Aus der Sicht der Bürgerinitiativen<br />

Eine Sammlung der Windenergiegegner findet sich unter www.windkraftgegner.de.<br />

Hier werden zunächst allgemeine Argumente gegen den Ausbau der Windenergie vorgebracht:<br />

So wird beispielsweise die Erderwärmung geleugnet und Klimaschutz deshalb als<br />

überflüssig angesehen. Zudem wird für eine Abschaffung des EEG geworben, um nicht<br />

subventionierte Arbeitsplätze zu erhalten. Da in dem genannten Internetportal viele lokale<br />

Bürgerinitiativen gegen Windenergieanlagen auftreten, erhalten auch lokale Fragen<br />

einen breiten Diskussionsraum. Die vorgebrachten Argumente beziehen sich oft auf eine<br />

vermeintliche Unrentabilität des Standorts oder auf etwaige betrügerische Absichten<br />

des jeweiligen Planungsbüros.<br />

Die sich in derartigen Initiativen engagierenden Bürger haben nicht selten Bedenken<br />

hinsichtlich der Lärmbelästigung und sind sich zudem sicher, dass durch ↗ Infraschall Gesundheitsschäden<br />

hervorgerufen werden. Aber auch Sorgen um das Landschaftsbild, die<br />

Natur, Vögel und Fledermäuse sind zentrale Themen der Windenergiegegner.<br />

In der Außendarstellung treten die Bürgerinitiativen als heimatverbundene Menschen<br />

auf, die den Tourismus in der jeweiligen Region schützen wollen. Sie nehmen für<br />

sich in Anspruch, die sachliche Diskussion zu fördern und gleichzeitig unterstellte Unwahrheiten<br />

der Projektierer zu entlarven. Häufig ist jedoch festzustellen, dass diese Argumente<br />

vorgeschoben sind, da „weiche“ Argumente schwerer zu hinterfragen sind als konkrete<br />

Sachverhalte.<br />

Positive Stimmung vor Ort erzeugen<br />

Nun stellt sich für den <strong>BWE</strong> sowie jeden einzelnen Projektierer die Frage, wie diesem<br />

bunten Strauß an empfundenen Argumenten begegnet werden kann und wie die Bür-<br />

220


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />

Energieautarkes Dorf Feldheim. Foto: Paul-Langrock.de<br />

ger und Politiker vor Ort von einem konkreten Windenergieprojekt überzeugt werden<br />

können.<br />

Für sämtliche Argumente gilt, dass eine sachliche Auseinandersetzung nicht ausreicht.<br />

Der Planer muss darüber hinaus eine positive Stimmung für das Projekt erzeugen<br />

und gleichfalls um persönliches Vertrauen werben. Es geht dabei immer auch um die<br />

Befriedigung moralischer Bedürfnisse und darum, Betroffenen ihre tatsächlich empfundenen<br />

Ängste zu nehmen.<br />

Als Argumentationshilfe hat der Bundesverband WindEnergie e.V. unter anderem die<br />

„A–Z Fakten zur Windenergie“ herausgegeben. Diese Broschüre erläutert die wichtigsten<br />

Schlagwörter und Themenkomplexe der Windenergienutzung und verweist bei den<br />

einzelnen Punkten jeweils auch auf unabhängige Quellen, um die Glaubwürdigkeit der<br />

Argumentation zu untermauern.<br />

Für Schall und Schattenwurf existieren Grenzwerte, deren Einhaltung durch Gutachten<br />

und teilweise Nachmessungen nachgewiesen werden muss. Ängste werden daher<br />

häufig mit Infraschallprophezeiungen geschürt. Das Thema Infraschall kann dabei als gu-<br />

221


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

tes Beispiel dienen, wie Windenergiegegner ihre Argumente vortragen. Behauptete Beeinträchtigungen,<br />

die der Mensch selbst nicht wahrnehmen und somit nicht beurteilen<br />

kann, werden generell als besonders bedrohlich empfunden. Während ein Projektierer<br />

beispielsweise zum Thema Schall Fahrten zu in Betrieb befindlichen Windenergieanlagen<br />

unternehmen kann, um deren geräuscharme Energieproduktion zu veranschaulichen, ist<br />

dies bei Infraschall nicht möglich.<br />

Die Angst vor Infraschall<br />

Windenergieanlagen erzeugen Infraschall, der nach Meinung der Gegner zu Beeinträchtigungen<br />

der Leistungsfähigkeit führen, Effekte auf das Herz-Kreislauf-System zeitigen<br />

oder auch Benommenheit auslösen könne. Als besonders kritisch wird dargestellt,<br />

dass man Infraschall nicht hören könne – er somit eine stille Bedrohung sei. Eine aktuelle<br />

Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg<br />

zu „WIndenergie und Infraschall“ hat allerdings ergeben, dass Auswirkungen erst ab<br />

der Wahrnehmbarkeitsstufe auftreten, es aber keine Hinweise darauf gibt, dass schon<br />

unterhalb der Wahrnehmbarkeit negative Effekte zu befürchten sind. 1<br />

Gefahr für Vögel und Fledermäuse?<br />

Ein anderes immer wieder auf regionaler und überregionaler Ebene vorgetragenes<br />

Bild ist das der Windenergieanlagen als tödliche Gefahr für Vögel und Fledermäuse. Dieses<br />

Bild erzeugt eine sofortige Abwehrhaltung – auch bei denen, die sich während der<br />

Fahrt im Auto oder Zug sowie beim Fliegen keine großen Gedanken über die Opfer machen.<br />

Untersuchungen zur Wirkung von Windenergieanlagen auf Vögel und Fledermäuse<br />

ergeben je nach Landschaft und untersuchter Art durchaus unterschiedliche Ergebnisse.<br />

Unbestritten ist, dass Vögel und Fledermäuse von den sich drehenden Rotorblättern<br />

getötet werden können.<br />

Um gefährdete Vogel- und Fledermausarten zu schützen, werden jedoch die potenziellen<br />

Standorte für Windenergieanlagen in der Planungsphase genauestens überprüft.<br />

Unter anderem werden spezielle artenschutzrechtliche Prüfungen durchgeführt, mit denen<br />

das Vorkommen der Tiere analysiert wird. Die größeren Nabenhöhen von modernen<br />

Windkraftanlagen tragen dazu bei, die Gefahr für Vögel und Fledermäuse weiter zu<br />

minimieren.<br />

Die artenschutzrechtlichen Argumente der Windenergiegegner können Windenergieanlagen-Projektierer<br />

nutzen, um die Gegner mit deren eigenen Waffen zu schlagen:<br />

Die Erzeugung von Strom durch Windenergieanlagen ist umweltfreundlich, da hier die<br />

Produktion von CO 2<br />

sowie sonstige schädliche Wirkungen fossiler oder atomarer Energien<br />

vermieden werden.<br />

222


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />

Insgesamt stehen wir bei der lokalen<br />

Argumentation vor dem Problem, dass<br />

eine globale Aufgabe wie der Klimaschutz<br />

lokal durch den Umbau der Energieversorgung<br />

umgesetzt werden muss. Ohne<br />

ein halbwegs stabiles Klima werden alle<br />

Naturschutzbemühungen vergeblich sein.<br />

Um große Gefahren abzuwenden, müssen<br />

kleine Beeinträchtigungen akzeptiert werden,<br />

denn ohne den massiven Ausbau der<br />

Erneuerbaren Energien ist ein langfristiger<br />

Klimaschutz nicht möglich.<br />

Die fortschreitende Klimaveränderung<br />

gefährdet vor allem Arten, die<br />

aufgrund enger ökologischer Nischen<br />

ein geringes Anpassungsvermögen<br />

besitzen, deren Vorkommen geografisch<br />

isoliert ist und die nur ein<br />

geringes Ausbreitungspotenzial haben.<br />

Dies gilt insbesondere für polare<br />

und montane Arten, die bereits am<br />

Limit ihrer potenziellen Verbreitung<br />

stehen. Somit ist Klimaschutz direkter<br />

Artenschutz.<br />

Foto: EWEA<br />

223


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Die „Verspargelung“ der Landschaft<br />

Ähnlich verhält es sich mit dem Vorwurf, durch Windenergieanlagen werde das Landschaftsbild<br />

verunstaltet. Die behauptete Attraktivitätsminderung beeinträchtige den<br />

Tourismus und mindere den Wert umliegender Grundstücke. Diese Vorwürfe verkennen<br />

jedoch, dass die potenziellen Standorte für Windkraftanlagen bereits im Planungsverfahren<br />

auch unter dem Gesichtspunkt der Landschaftsbildwirkung geprüft werden. Dabei<br />

wird eine Analyse des Landschaftsraumes über das gesamte Plangebiet vorgenommen.<br />

Besonders hochwertige Landschaftsteile werden von einer Überplanung mit Windenergieanlagen<br />

ausgenommen.<br />

Allerdings ist das Landschaftsbild-Empfinden subjektiv und damit einer Objektivierung<br />

nur in begrenztem Maße zugänglich. Um der Diskussion um das Landschaftsbild<br />

begegnen zu können, muss der Ausweisungsprozess für Windenergieanlagen-Standorte<br />

möglichst transparent gestaltet und müssen die Belange des Tourismus sowie der An-<br />

Windpark Büchenbach. Foto: Herbert Grabe, Ostwind<br />

224


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />

Best Practice: Beispiel Münstertal<br />

Die Gemeinde Münstertal im Südschwarzwald hat gezeigt, wie man mit Bürgerbedenken<br />

und Bürgerinitiativen gegen Windenergieanlagen umgehen kann. Dort<br />

hatte sich aus der Lokalen Agendagruppe heraus eine Initiative für die Errichtung<br />

von Windenergieanlagen auf der Gemarkung der Gemeinde gebildet. Die Gemeinde<br />

Münstertal liegt sehr idyllisch inmitten des Schwarzwaldes und bezieht ihre<br />

Haupteinnahmen aus dem Tourismus. Da es gleichfalls eine Bürgerinitiative gegen<br />

Windenergie gab, führte der Gemeinderat am Tag der Landtagswahl in Baden-<br />

Württemberg eine Bürgerbefragung zur Windenergie durch, bei der auch über<br />

einen konkreten Standort abgestimmt werden konnte.<br />

Die Befragung ergab, dass sich 80 Prozent der Bürger für die Errichtung von Windenergieanlagen<br />

auf der Gemarkung und 74 Prozent für den konkreten Standort<br />

aussprachen. Das deutliche Ergebnis der Abstimmung schmälerte hiernach die Einflussmöglichkeiten<br />

der Bürgerinitiative gegen Windenergie. Da die Wahrnehmung<br />

von Windenergieanlagen subjektiv geprägt ist, sollten die Verantwortlichen das<br />

Thema für Einheimische und Touristen unbedingt positiv besetzen. Das kann z. B.<br />

über Informationsveranstaltungen, Wanderungen oder andere Freizeitaktivitäten<br />

rund um die Windenergieanlagen erfolgen.<br />

wohner mit einbezogen werden. Aus Umfragen kann man entnehmen, dass eine Landschaftsbildbeeinträchtigung<br />

vor allem von den Personen befürchtet wird, die noch keine<br />

Vorerfahrung mit Windenergieanlagen haben.<br />

Lichtemissionen<br />

Neben Eisabwurfbedenken und Sorgen vor einem Brand der Windenergieanlagen<br />

stellen die blinkenden Flugsicherheitsleuchten eine große Herausforderung für die Akzeptanz<br />

dar. Hier ist zu betonen, dass wir als Windbranche in Diskussionen mit dem Bundesverkehrsministerium<br />

stehen, um die unserer Meinung nach zu rigiden Vorschriften<br />

aufzulockern. Wir halten die Anforderungen für übertrieben, da bei Nacht ohnehin nur<br />

Flugzeuge mit entsprechenden Einrichtungen im Luftraum unterwegs sein dürfen, die zu<br />

ihrer eigenen Sicherheit keine Flugsicherungsbeleuchtung benötigen.<br />

225


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Unser Vorschlag ist deshalb, Windenergieanlagen mit Sensoren auszustatten, die<br />

anfliegende Flugzeuge orten können. Die Flugsicherheitsleuchten müssten damit nur<br />

noch im Bedarfsfall eingeschaltet werden. Dadurch könnten die Lichtemissionen deutlich<br />

reduziert werden. In der Diskussion sollte demzufolge der Fokus auf unser Problembewusstsein<br />

und unsere Lösungsansätze gelegt werden. Zudem sollte der eigentliche<br />

Verursacher benannt werden.<br />

Teil der Energiewende werden<br />

Auf lokaler Ebene wird wiederholt die<br />

Vermutung geäußert, dass nur ein kleiner<br />

Personenkreis vom Betrieb einer Windenergieanlage<br />

profitiere. Leider gibt es<br />

immer wieder Presseveröffentlichungen,<br />

die den Eindruck erwecken, als sei die<br />

Beteiligung an einer Windenergieanlage<br />

mit einer Art Lottogewinn gleichzusetzen.<br />

Dass in den letzten Jahren gerade im<br />

Eröffnung des Windparks Zieger. Foto: Ostwind schwierigen Gelände viele Anleger die erwarteten<br />

Gewinne nicht erzielen konnten<br />

und es demzufolge jeweils gute Gründe für enttäuschende Betriebsergebnisse gab und<br />

gibt, wird dabei oft übersehen.<br />

Im Umgang mit solchen Befürchtungen ist zunächst die Gewerbesteuerverteilung zu<br />

nennen. Die Kommune, in der die Windenergieanlage steht, erhält mindestens 70 Prozent<br />

des Gewerbesteueraufkommens. Daneben gibt es im Einklang mit den bestehenden<br />

Korruptionsregeln noch immer die Möglichkeit, über Fördervereine, die aus den Einspeiseerlösen<br />

jährlich einen Anteil erhalten, örtliche Vereine und Einrichtungen zu unterstützen.<br />

Viele Projektierer bieten an, Fördervereine oder Stiftungen zu gründen, die zugunsten<br />

örtlicher Einrichtungen oder Vereine tätig werden. Gespeist werden diese aus den Pachtzahlungen<br />

für die Windenergieanlagen-Standorte. Wichtig ist, dass in den Kontrollorganen<br />

die gesellschaftlichen Gruppen der Gemeinde angemessen vertreten sind. Wenn hierüber<br />

von der Feuerwehr über den Kindergarten bis zu den Sportvereinen eine bessere finanzielle<br />

Ausstattung ermöglicht wird, entsteht in der gesamten Gemeinde das Gefühl, an der<br />

Energiewende direkt beteiligt zu sein. Obwohl durch dezentrale Strukturen und Bürgerbeteiligung<br />

erheblich mehr Personen Anteil an den Erträgen haben als im Bereich der zentralen<br />

Großkraftwerke, können die Erneuerbaren Energien soziale Ungerechtigkeiten nicht<br />

ausgleichen. Es ist nicht Aufgabe des EEG, soziales Unrecht zu beseitigen – hierfür muss<br />

die Sozialgesetzgebung verbessert werden. Windenergiebetreiber und Initiatoren können<br />

nur in ihrem Bereich dafür sorgen, dass soziale Fragen angemessen berücksichtigt werden.<br />

226


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />

Die Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen<br />

Darüber hinaus versuchen Windenergiegegner gerne, den Sinn des Betriebs von<br />

Windenergieanlagen anzuzweifeln. Oftmals behaupten sie, die Anlagen seien an geplanter<br />

Stelle nicht wirtschaftlich zu betreiben.<br />

Da die fossilen Energieträger jedoch endlich sind und die Atomenergie zu große Gefahren<br />

birgt – wofür es in Deutschland einen breiten gesellschaftlichen Konsens gibt –,<br />

bleiben als Zukunftsenergien nur die Erneuerbaren Energien. Die Windenergie ist dabei<br />

das Rückgrat der Energiewende, da sie schon heute in der Lage ist, große Mengen Strom<br />

zu produzieren.<br />

Diese Tatsachen müssen beständig in Erinnerung gerufen werden. Hinsichtlich der<br />

Wirtschaftlichkeit kann deutlich gemacht werden, dass aus den Fehlern bei der Einschätzung<br />

des Windaufkommens gelernt wurde, inzwischen mehr Vergleichsanlagen vorhanden<br />

sind und in Zweifelsfällen Fehleinschätzungen durch Windmessungen vermieden<br />

werden können. Und dennoch sind Beteiligungen an Windenergieprojekten eine unternehmerische<br />

Betätigung, die jeder gut prüfen muss. Dies gilt aber für alle Investitionen.<br />

Strom für Greenpeace Energy: Vestas V90 im Windpark Wundersleben. Foto: Ulrich Mertens<br />

227


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Das Forum Netzintegration Erneuerbare Energien. Foto: Anne-Katrin Wehrmann<br />

228


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />

In der vorliegenden Veröffentlichung<br />

werden auch die Möglichkeiten einer lokalen<br />

Beteiligung erörtert. Die finanzielle<br />

und organisatorische Einbindung der örtlichen<br />

Bevölkerung ist der Schlüssel zur Akzeptanz.<br />

In diesem Kontext ist es sinnvoll,<br />

Gruppen anzusprechen, die üblicherweise<br />

↗ Stakeholder auf dem jeweiligen Gebiet<br />

sind. Zum einen eignen sich Verbände und<br />

Vereine für eine Ansprache, zum anderen<br />

dürfen die Möglichkeiten der Bürgermeisterinnen<br />

und Bürgermeister sowie der<br />

örtlichen Verwaltung nicht unterschätzt<br />

werden.<br />

Die hier dargestellten Argumente der<br />

Windkraftgegner sollten immer ernst genommen<br />

werden, aber auch adäquate<br />

Antworten erhalten. Das Engagement,<br />

welches lokale Gruppen bei der Umsetzung<br />

von Windenergieprojekten entfalten<br />

können, ist bewundernswert und sollte<br />

nach Kräften unterstützt werden. Es stärkt<br />

nicht nur die örtliche Gemeinschaft, die<br />

aktiven Menschen entwickeln auch ein<br />

besseres Bewusstsein für technische und<br />

politische Zusammenhänge im Energiebereich.<br />

Nur wenn das gelingt, kann die<br />

Energiewende langfristig in Deutschland<br />

umgesetzt werden.<br />

Bei unserem Einsatz um Akzeptanz<br />

muss berücksichtigt werden, dass<br />

die meisten Entscheidungen auf<br />

Grundlage bisheriger Erfahrungen<br />

und moralischer Vorstellungen<br />

getroffen werden. 2 Es gilt also herauszuarbeiten,<br />

welche moralischen<br />

Werte eine möglichst hohe Anerkennung<br />

genießen. Ein allgemein positiv<br />

besetzter Wert ist Gerechtigkeit. Bei<br />

der Planung von Windenergieanlagen<br />

ist es daher unabdingbar, für Verfahrens-<br />

und Verteilungsgerechtigkeit zu<br />

sorgen. So kann Vertrauen erworben<br />

und das Gerechtigkeitsempfinden<br />

befriedigt werden.<br />

2—Siehe hierzu George Lakoff und<br />

Elisabeth Wehling: Auf leisen Sohlen ins<br />

Gehirn, Heidelberg 2009.<br />

Autorin<br />

Sylvia Pilarsky-Grosch, seit April 2013 Präsidentin des Bundes verband WindEnergie<br />

e.V. Aus dem Landesverband Baden-Württemberg ist sie über die anwaltliche<br />

Beratung eines der ersten als Publikumsfonds ausgestatteten Windparks zur<br />

Windenergie gekommen. Sie ist Geschäftsführerin eines Bürgerwindparks und<br />

langjähriges <strong>BWE</strong>-Mitglied.<br />

229


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

AIFM-Umsetzungsgesetz und<br />

Kapitalanlagegesetzbuch<br />

Im Sommer 2013 wurde von Bundestag und Bundesrat das Kapitalanlagegesetzbuch<br />

(KAGB) in Zusammenhang mit dem AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-UmsG) beschlossen.<br />

Das AIFM-UmsG überführt die europäische Richtlinie über alternative Investmentfondsmanager<br />

(AIFM-RL) in deutsches Recht. Ziel des AIFM-UmsG – und damit auch des<br />

KAGB – ist es, ein in sich geschlossenes Regelwerk für Investmentfonds und ihre Manager<br />

zu schaffen und dabei den Anlegerschutz zu stärken; daher werden durch das KAGB<br />

zugleich auch Regelungen für das Produkt selbst getroffen. Von den Regelungen speziell<br />

des KAGB sind auch Bürgerenergieprojekte nicht unerheblich betroffen, es könnte die<br />

Bürgerbeteiligung in der Windenergie grundlegend verändern.<br />

Ob und in welchem Maße die Regelungen des KAGB für Bürgerbeteiligungsmodelle<br />

gelten, hängt unter anderem von der Wahl der Finanzierung und Gesellschaftsform ab.<br />

230


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />

Regelungen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB)<br />

Erlaubnispflicht: Der Manager eines Alternativen Investmentfonds oder auch die so genannte<br />

„AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ (KVG) bedarf grundsätzlich einer Erlaubnis<br />

der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Hierbei bestehen für die<br />

KVG bestimmte Rechtsform- und Mindestkapitalanforderungen an die Höhe des Anfangskapitals<br />

sowie an die fachliche Eignung der Geschäftsleiter. Bis zu einem Wert von<br />

100 Millionen Euro besteht keine Erlaubnis-, sondern lediglich eine Registrierungspflicht.<br />

Sowohl Erlaubnis- als auch Registrierungspflichtverfahren gestalten sich jedoch umfangreich.<br />

Rechtsformzwang: Externe KVG dürfen ausschließlich als AG, GmbH oder GmbH & Co.<br />

KG betrieben werden. Zulässige Rechtsformen für die von der KVG zu unterscheidende<br />

Investmentfondsgesellschaft sind die Investmentaktiengesellschaft (Inv-AG) oder die geschlossene<br />

Investmentkommanditgesellschaft (Inv-KG).<br />

Grundsatz der Risikomischung: Die KVG für die Fondsgesellschaft muss in mindestens<br />

drei Sachwerte investieren (Problem: Investition in drei Windenergieanlagen oder in drei<br />

Windparks?) oder aber eine Streuung des Ausfallrisikos gewährleisten. Eine Ausnahmemöglichkeit<br />

besteht, wenn die Mindesteinlage 20.000 Euro beträgt.<br />

Beschränkung von Leverage & Belastung: Es dürfen nur Kredite bis zu einer Höhe von<br />

60 % des Wertes aufgenommen werden. Außerdem darf die Belastung der Anlageobjekte<br />

maximal dem Prozentsatz des aufgenommenen Fremdkapitals entsprechen und ist<br />

auf 60 % gedeckelt.<br />

231


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Bürgerwindparks und das KAGB<br />

Für Energiegesellschaften allgemein und damit auch für Bürgerwindparks konnten<br />

im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur Neuregelung des KAGB einige Erleichterungen<br />

erreicht werden. So knüpft das KAGB an das so genannte Investmentvermögen an. Ein<br />

„operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors“ stellt gemäß Neuregelung<br />

jedoch kein „Investmentvermögen“ dar.<br />

Zu der Frage, ob es sich bei einem Projekt oder einem Unternehmen um ein Investmentvermögen<br />

oder ein operativ tätiges Unternehmen handelt, hat die Bundesanstalt<br />

für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nunmehr ein Auslegungsschreiben veröffentlicht.<br />

Zu Bürgerenergieprojekten heißt es in dem Auslegungsschreiben:<br />

„Unter sog. Bürgerenergieprojekten sind in der Regel Projekte zur Finanzierung und<br />

zum Betrieb von dezentralen Erzeugungsanlagen, integrierten Versorgungssystemen und<br />

Energieeinsparprojekten auf kommunaler und regionaler Ebene zu verstehen. Für Bürgerenergieprojekte<br />

wird häufig die Rechtsform der GmbH & Co KG oder der Genossenschaft<br />

gewählt. Bürgerenergieprojekte oder sonstige Unternehmen, die Anlagen (z.B. Biogas-,<br />

Solar- oder Windkraftanlagen) im Rahmen eines laufenden Geschäftsbetriebs selbst betreiben,<br />

sind als operativ tätige Unternehmen anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn sich<br />

diese Bürgerenergieprojekte oder Unternehmen im Rahmen ihrer operativen Tätigkeiten<br />

fremder Dienstleister oder gruppeninterner Gesellschaften bedienen, solange die unternehmerischen<br />

Entscheidungen im laufenden Geschäftsbetrieb bei dem Unternehmen<br />

selbst verbleiben.“<br />

(Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“,<br />

Abschnitt II Fragenkatalog, Punkt 7)<br />

Handelt es sich bei dem (Bürger-) Energieprojekt nach dieser Auslegung um ein operativ<br />

tätiges Unternehmen, ist das KAGB nicht anwendbar. Sowohl die Regulierungen zur<br />

KVG wie auch zum Produkt selbst greifen dann nicht ein.<br />

232


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Gute Argumente für die Windenergie<br />

Voraussetzungen und Vorschriften für Bürgerenergieprojekte<br />

Ist das Bürgerenergieprojekt nicht operativ tätig, greift das KAGB jedoch regulierend<br />

ein. Als Folge wäre das Projekt (eigentlich) zwingend als Inv-AG oder Inv-KG aufzulegen<br />

und die weiteren Produktregelungen zu beachten.<br />

Im Gesetzgebungsverfahren wurde jedoch in letzter Sekunde im KAGB eine Ausnahmeregelung<br />

für Bürgerenergieprojekte geschaffen und die Rechtsform der eG für<br />

zulässig erklärt; darüber hinaus wurde eine explizite Privilegierung der Bürgerenergiegenossenschaft<br />

in das KAGB aufgenommen Voraussetzung ist, dass das Bürgerenergieprojekt<br />

in der Rechtsform einer eG organisiert ist, für die die §§ 53 bis 64<br />

c GenG gelten und in deren Satzung eine Nachschusspflicht ausgeschlossen ist. Die<br />

verwalteten Vermögensgegenstände dürfen 100 Millionen Euro nicht überschreiten.<br />

Eine wesentliche weitere Voraussetzung ist eine langfristige Sicherung der Mindesterträge<br />

aufgrund staatlich garantierter Preise. Dies ist nach dem EEG der Fall.<br />

Sind alle genannten Voraussetzungen für eine eG erfüllt, werden dem Energiebeteiligungsprojekt<br />

einige Erleichterungen gewährt: Der Verwalter muss sich nur noch<br />

bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in einem vereinfachten<br />

Verfahren registrieren lassen statt ein aufwendiges Zulassungsverfahren oder Registrierungsverfahren<br />

zu durchlaufen. Ebenfalls entfällt für die Energiegenossenschaften die<br />

Verpflichtung, in mindestens drei Anlagen zu investieren oder nur Anleger aufzunehmen,<br />

die mehr als 20.000 Euro investieren. Zudem können sie mehr als 60 % Fremdkapital aufnehmen,<br />

auch die damit korrespondierende Belastungsgrenze gilt nicht.Das KAGB sieht<br />

zudem Erleichterungen für kleine alternative Investmentfonds (AIF’s) vor. Überschreitet<br />

der Wert der verwalteten Vermögensgegenstände, einschließlich der durch Leverage erworbenen,<br />

einen Wert von 5.000.000 Euro nicht und werden deren Anteile von nicht<br />

mehr als fünf natürlichen Personen gehalten, so gelten für diese AIF’s dieselben erleichterten<br />

Bedingungen, wie für die eben genannten Bürgerenergiegenossenschaften.<br />

233


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

234


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Im Dialog mit den Bürgern<br />

Im Dialog mit<br />

den Bürgern<br />

Die Energiewende ist nur gemeinsam mit den Bürgerinnen<br />

und Bürgern zu schaffen, denn sie sind die entscheidenden<br />

Akteure für ihre erfolgreiche Verwirklichung. Deshalb ist<br />

es wichtig, alle Interessen von Beginn an einzubeziehen –<br />

mit Aktivitäten, die nicht nur umfassend informieren,<br />

sondern auch einen fairen und transparenten Austausch<br />

sicherstellen.<br />

Anleger des Bürgerwindparks in Lorup.<br />

Foto: Stefan Schoening Fotodesign<br />

235


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Der dezentrale Umbau der Energieversorgung stellt uns vor große Herausforderungen:<br />

Es bedarf mutiger, konsequenter Konzepte und verantwortungsvoller Entscheidungen,<br />

zügiger Planung und schneller Umsetzung. Aber: Wo bleiben dabei die Bürgerinnen<br />

und Bürger? Die „eigentliche“ Zielgruppe wird oft mit Energie-Projekten konfrontiert,<br />

wenn sich diese bereits in einem fortgeschrittenen Planungsstadium befinden. Vielen<br />

Menschen entgeht im Alltag, was direkt vor Ort geschieht. Zumindest so lange, bis entweder<br />

Informationen aus dem Gemeinderat kolportiert oder vielleicht „Fremde“ gesichtet<br />

werden, die „irgendwelche Untersuchungen“ im Gelände durchführen. Dann brodelt<br />

die Gerüchteküche und die Emotionen kochen hoch: Was ist hier los? Warum wurden<br />

wir nicht eher informiert?<br />

Zentrale Ziele: Akzeptanz und „Sinnstiftung“<br />

Die Energiewende ist auch Bürgersache. Vielen Bürgern ist allerdings nicht bewusst,<br />

was sie bedeutet. Ziele einer Kommunikation sind daher „Sinnstiftung“ und Verbesserung<br />

von Entscheidungen. Vor allem geht es aber um Akzeptanz für die notwendigen<br />

Veränderungen. Diese Akzeptanz kann nur erreicht werden, wenn möglichst viele Bürger<br />

Das Forum Netzintegration Erneuerbare Energien. Foto: Anne-Katrin Wehrmann<br />

236


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Im Dialog mit den Bürgern<br />

informiert sind, was vor ihrer Haustür geschieht und warum dies geschieht. Die Bereitstellung<br />

von Informationen und eine größtmögliche Transparenz sind wesentliche Aufgaben<br />

der Gemeinden und der Projektentwickler.<br />

Zusammenhänge vor Ort analysieren<br />

Statt mit wildem Aktionismus, spektakulären Angeboten oder leeren Versprechungen<br />

die Bürger „einfangen“ zu wollen, ist zunächst eine ordentliche Strategie notwendig.<br />

Voraussetzung hierfür ist die Betrachtung der gesellschaftspolitischen Zusammenhänge<br />

vor Ort. Mittels Akteurs- und Netzwerkanalyse können die Zielgruppen und relevanten<br />

Akteure sowie deren Einflussbereiche bewertet werden. Ziel ist zudem, die für das Verfahren<br />

(potenziell) wichtigen ↗„Stakeholder“ zu identifizieren, also die Menschen, die<br />

berechtigte Interessen am Verlauf oder dem Ergebnis des Projekts haben.<br />

Eine solche Untersuchung erleichtert nicht nur den Projektmanagern die Arbeit auf<br />

kommunaler Ebene, sondern auch die Vorbereitung einer differenzierten und zielgruppengerechten<br />

Kommunikation. Die Analysen sollten von entsprechend ausgebildeten<br />

Experten durchgeführt werden, die Erfahrung mit Windkraft-Projekten haben oder zumindest<br />

über ein entsprechendes Windenergie-Fachwissen verfügen.<br />

Konfliktpotenzial erkennen – Kritiker aktiv einbinden<br />

Eine positive Aktivierung hinsichtlich des Windenergieprojektes kann meist nur im<br />

Rahmen von Information und Konsultation vonstattengehen. Ein Standard-Rezept für die<br />

richtige Kommunikation gibt es aber nicht. Unabdingbar sind Empathie, das Schaffen von<br />

Verbindlichkeit, Offenheit und engmaschige Abstimmung zwischen Projektierer, Bürgermeister<br />

und Verwaltung.<br />

Die Einbindung von „Stakeholdern“ ist ansonsten abhängig von der Projektphase.<br />

Steht zum Beispiel die artenschutzrechtliche Prüfung an, sollten die örtlichen Umweltund<br />

Naturschutzverbände vorab eingeladen werden, um gemeinsam den Untersuchungsrahmen<br />

und Kriterien für das Fachbüro festzulegen. Ergibt die Akteursanalyse Konfliktpotenzial,<br />

sollten die entsprechenden Personen aktiv eingebunden werden. Wenn der<br />

geplante Windpark an der Gemeindegrenze liegt, sind auch die Bürger der Nachbargemeinde<br />

Betroffene und daher Adressaten der Kommunikation.<br />

Informationen aus erster Hand sind hierbei von herausragender Bedeutung. Deshalb<br />

gilt es, diese möglichst vielen Bürgern anzubieten. Folgende Instrumente eignen sich:<br />

Webseite mit Blog, Basis-Informationsbroschüre, Dialog- und Informationsveranstaltungen,<br />

Exkursionen, Ausstellungen und kontinuierliche Pressearbeit. Geeignete Informationen<br />

sollten frühzeitig und aktiv zur Verfügung gestellt werden, damit erst gar keine<br />

Spekulationen aufkommen.<br />

237


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Digitale Möglichkeiten nutzen<br />

Eine Webseite eignet sich ideal zur schnellen Orientierung. Wer mehr wissen möchte,<br />

erhält dort vertiefende Informationen. Hier können Pläne, Bilder und Dokumente<br />

angeboten werden. Je nach Interesse können sich die Nutzer also unterschiedlich stark<br />

in das Projekt einarbeiten. Als Dialoginstrument dient der Blog. Von der aktuellen Nachricht<br />

bis zur Darstellung einer Bauleitplanung kann dort vieles eingestellt und diskutiert<br />

werden. Der Vorteil: „Frust“ und „Wut“ können über das Portal kanalisiert abgeladen<br />

werden, Konfliktpotenzial wird rasch erkannt und es kann deeskalierend eingegriffen<br />

werden. Die Inhalte sind schnell aktualisierbar.<br />

Allerdings muss der Dialog regelmäßig und engmaschig betreut werden. Wenn möglich,<br />

können einschlägig bekannte regionale Blogs und Facebook-Einträge von Bürgerinitiativen<br />

beobachtet werden, um bei Bedarf darauf zu reagieren. Darüber hinaus ist<br />

auf einer Webseite die Dokumentation des Windenergieprojekts sehr gut darstellbar, sie<br />

kann eine Identifikation von interessierten Bürgern erzeugen bzw. forcieren. Mit dieser<br />

Form der Wissensvermittlung werden ca. 70 Prozent der Betroffenen erreicht, für die<br />

verbleibenden 30 Prozent gibt es andere geeignete Maßnahmen.<br />

Basis-Informationen für alle!<br />

Zum Start eines Beteiligungsprozesses sollte eine Art schlanke Basis-Information zur<br />

Windenergie erstellt werden, die an alle Bürger eines Landkreises oder einer Region<br />

rund um die Anlagenstandorte verteilt wird. Damit werden auch Menschen erreicht, die<br />

kein Internet nutzen. Diese kleine Broschüre greift die wichtigsten Fragen und Antworten<br />

auf – z. B. zu Verschattung, Geräuschen, ↗ Infraschall, Abstandsregelung, Planung sowie<br />

Landschafts- und Naturschutz. Die Antworten sollten kurz und präzise sein. Ehrlichkeit,<br />

Sachlichkeit und Allgemeinverständlichkeit sind oberstes Gebot: Also nichts beschönigen<br />

und nichts übertreiben. Zugleich wäre es wünschenswert, wenn die Behörden und<br />

die verantwortliche Politik Geschlossenheit zeigen und sich zu dem Vorhaben bekennen.<br />

Projektierer und Gemeinde sollten möglichst als Team auftreten.<br />

Die Unentschlossenen erreichen<br />

Befürworter müssen nicht, notorische Windkraftgegner können nicht überzeugt werden.<br />

Die Unentschlossenen oder Verunsicherten sind es, die es zu gewinnen gilt. Bei Veranstaltungen<br />

wie Vorträgen oder Diskussionen gilt dann: Mut zur Kontroverse! Neutrale<br />

Ausrichter sollten Befürworter und Kritiker der Windenergie zusammenbringen. Wichtig<br />

ist ein ausreichender Vorlauf mit guter Werbung und eine gute Moderation – sowie fachlich<br />

kompetente, mitreißende Referenten. Erfahrungsgemäß kann mangelnde Fairness<br />

238


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Im Dialog mit den Bürgern<br />

im Publikum zur Disziplinierung aus den Reihen der Zuhörer selbst führen, nämlich von<br />

den Leuten, die etwas erfahren und „lernen“ wollen. Das ist die entscheidende Zielgruppe!<br />

Akteure müssen gleichberechtigt sein<br />

Veranstaltungen für Anwohner sind unbedingt erforderlich – und zwar mit passenden<br />

Dialogmethoden, damit auch weniger wortgewandte und zurückhaltende Menschen zu<br />

Wort kommen. Sowohl Windenergie-Projektmanagern als auch Verwaltung und Politik<br />

ist oft nicht klar, wie sie von den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen werden: Sie<br />

sind Interessenvertreter, denen folglich eine Rolle zugeschrieben wird.<br />

Eine Informationsveranstaltung sollte daher von einem neutralen Moderator geleitet<br />

werden, der dafür sorgt, dass alle Akteure eine möglichst gleichberechtigte Position<br />

einnehmen. Mit kurzen Impulsvorträgen, dezentralen Fragerunden und eindeutigen<br />

Spielregeln kann dafür gesorgt werden, dass niemand Monologe führen und die Veranstaltung<br />

an sich reißen kann.<br />

Beteiligungsformen<br />

dialogorientiert<br />

nicht oder bedingt<br />

dialogorientiert<br />

Punktuelle Beteiligung<br />

• Klimaschutzwerkstätten<br />

• Bürger-Experten<br />

(z. B. Projektgruppe)<br />

• Bürgerforen (Planungszelle)<br />

• Runde Tische<br />

• Planungskonferenzen und<br />

-tagungen<br />

• Katakause („Wissensmarkt“)<br />

• Bürgerbefragungen<br />

• Exkursionen<br />

• Bürgerversammlungen<br />

• Podiumsdiskussionen<br />

• Vorträge<br />

• Onlinebefragung<br />

Dauerhafte Beteiligung<br />

• Agenda-Gruppen<br />

• Verein Energiewende<br />

• andere Energie-Initiativen<br />

• Zukunftswerkstatt<br />

• Fachgruppen im Energiewende-<br />

Verein<br />

• (Online-)Befragungen mit<br />

Darstellung der Ergebnisse<br />

und deren Umsetzung<br />

• (Online-)Befragungen vor der<br />

politischen Entscheidung für ein<br />

Projekt, jedoch ohne Evaluation<br />

• moderierte netzgestütze<br />

Beteiligung (Blog)<br />

Tabelle: Evelyn Villing<br />

239


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Bürgerinitiative Erdkabel, Forum Netzintegration Erneuerbare Energien. Foto: Anne-Katrin Wehrmann<br />

Ehrlich und verständlich informieren<br />

Stets gilt: die Bürger ernst nehmen. Deshalb sollten Informationen grundsätzlich<br />

möglichst verständlich sein. Nicht jeder Normalbürger versteht z. B. die Verwaltungssprache.<br />

Zuweilen verwechseln Windkraft-Projektierer auch Transparenz und Offenheit<br />

mit Informationsüberflutung, und das kann das Gegenteil von dem bewirken, was gewollt<br />

ist. Die Bürger können eine massive Informationsoffensive in „Expertensprache“ als<br />

Affront empfinden und sich in die Rolle der „unwissenden Laien“ gedrängt sehen. Also:<br />

Ehrlich informieren, aber nicht wahllos und vor allem nicht mit Informationen erschlagen.<br />

Weniger ist oft mehr, und jeder der fragt, bekommt gerne zusätzliche Auskunft. Und<br />

noch etwas: Nicht überheblich und stets so authentisch wie möglich auftreten.<br />

Sehr sinnvoll ist eine Anlaufstelle für die Bürger. In kleineren Orten übernimmt dies<br />

meist der Bürgermeister, der eine offene Tür für alle Bürger haben sollte. Falls eine<br />

Bürgerinitiative gegründet wurde, lässt sich meist schnell feststellen, ob diese lösungs-<br />

240


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Im Dialog mit den Bürgern<br />

orientiert oder einfach nur dagegen ist.<br />

„NIMBYs“ (= „Not in my backyard“) sind<br />

definitiv keine primäre Zielgruppe für<br />

Kommunikation und Beteiligung.<br />

Eine Awareness-Kampagne – ansprechende<br />

Plakate, Image-Anzeigen, Werbung<br />

für die positiven Aspekte der Windenergie<br />

– kann vor allem in Städten eine<br />

„sinnvolle“ Begleitung für ein Projekt sein.<br />

Wichtiger sind jedoch kontinuierliche Information<br />

und Angebote zum Dialog. Zum<br />

erfolgreichen Abschluss des Projekts darf<br />

dann die feierliche Einweihung mit einem<br />

Bürgerfest – und ggf. einer Namensgebung<br />

für die Windräder – nicht fehlen.<br />

Autorin<br />

Evelyn Villing (Jg. 1961) hat<br />

Volkswirtschaft, Politikwissenschaft,<br />

Soziologie u. Biologie<br />

studiert. Die geprüfte<br />

PR-Beraterin (DAPR) und<br />

geprüfte Projektmanagerin<br />

für Alternative und Erneuerbare Energien hat<br />

von 1998 – 2008 in Agenturen und Unternehmen<br />

gearbeitet. 2009 gründete sie die Agentur für<br />

Umweltkommunikation „brainding“. Evelyn Villing<br />

ist Sprecherin für Öffentlichkeitsarbeit im Verein<br />

Energiewende Landkreis Starnberg e.V. und unter<br />

anderem auch als Referentin und Moderatorin für<br />

den <strong>BWE</strong> tätig.<br />

Fazit<br />

Wird eine Bürgerbeteiligung angekündigt, sind die Erwartungen der Bürger erfahrungsgemäß<br />

hoch. Diese müssen gemeinsam geklärt und den Beteiligten müssen<br />

zudem die Rahmenbedingungen eindeutig kommuniziert werden, damit keine<br />

Missverständnisse resultieren, die letztlich zu Vertrauensverlust, Abwehrhaltung<br />

und Konflikten führen können. Wichtig ist eine zielgruppengerechte Kommunikation<br />

bezogen auf unterschiedliche Beteiligte sowie ggf. die Einbindung von Meinungsführern<br />

vor Ort, die ihren (positiven) Einfluss geltend machen können. Ein<br />

Beteiligungsverfahren bei Windenergie-Projekten ist ein Informations- und Dialog-<br />

Angebot, in dem die Teilnehmer Standpunkte und Perspektiven anderer Beteiligter<br />

kennenlernen und eigene Sichtweisen entwickeln können.<br />

Informelle Beteiligung soll letztlich allen Seiten nützen: Bürgern, Projektierern,<br />

Verwaltung und Politik. Sie kann die Akzeptanz für ähnliche Projekte in der Zukunft<br />

erhöhen. Stichworte sind Bürgernähe, Kommunikation auf Augenhöhe, Transparenz<br />

und Offenheit, Informationstransfer und Wissensvermittlung. Ein professionelles<br />

Kommunikationskonzept zeigt sinnvolle Möglichkeiten hierfür auf.<br />

241


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Greenpeace-Protest zum Schutz der Buchenwälder. Foto: Paul-Langrock.de<br />

242


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder­ Interessen<br />

Möglichkeiten zur<br />

Berücksichtigung<br />

von Stakeholder­<br />

Interessen<br />

Immer wieder kommt es im Zuge der Planung von Windenergieanlagen<br />

zu Protesten und zur Gründung von<br />

Bürgerinitiativen, die sich gegen Projektvorhaben wenden.<br />

Auch wenn nicht grundsätzlich von einem NIMBY-Syndrom<br />

(„Not In My Backyard“) auszugehen ist: Vehemente Kritik<br />

und sozialer Unfriede in Standortgemeinden können die<br />

Akzeptanz eines Projektes im Ganzen gefährden und dieses<br />

letztlich verhindern. Doch es bieten sich viele Möglichkeiten<br />

zur Einbindung der Betroffenen an.<br />

243


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Die Stakeholder<br />

In den Sozialwissenschaften hat sich der Begriff ↗„Stakeholder“ für alle Individuen<br />

oder Gruppen durchgesetzt, die ein berechtigtes Interesse an einer Unternehmung,<br />

einem Projekt, einer Stadt oder Region usw. haben. Dies gilt unabhängig davon, ob die<br />

bestehende Rechtsordnung Rechte für die Wahrnehmung der jeweiligen Interessen<br />

zubilligt. Es wird daher auch von Betroffenen, Interessensträgern, Beteiligten oder Anspruchsgruppen<br />

gesprochen. Medial wurde in jüngster Zeit der Begriff des „Wutbürgers“<br />

geprägt. Er suggeriert allerdings, dass Opposition allein durch irrationale Ängste oder<br />

Wut motiviert ist.<br />

Konfliktpotenziale auf verschiedenen Ebenen<br />

Tatsächlich finden sich Konfliktpotenziale nicht nur auf einer emotionalen, sondern<br />

auch auf einer rationalen und normativen Ebene:<br />

• Auf der emotionalen Ebene ist die Verärgerung verständlich, wenn Anwohner sich<br />

vor vollendete Tatsachen gestellt fühlen. Schließlich ist es ihre Heimat, die in aller<br />

Regel von Ortsfremden verplant wird. Unsicherheit über zukünftige Veränderungen<br />

lassen zudem Ängste entstehen.<br />

• Auf der rationalen Ebene entstehen Konflikte, wenn Ziele unterschiedlicher<br />

Stakeholder miteinander kollidieren. Ebenso führt eine ungleiche Kosten-Nutzen-<br />

Verteilung zu rational nachvollziehbarer Opposition. Das ist der Fall, wenn der<br />

Nutzen eines Projektes nur wenigen privaten Akteuren (z. B. Projektentwicklern,<br />

Anlagenbetreibern, Verpächtern) bzw. einer abstrakten Allgemeinheit (u. a. durch<br />

Klimaschutz, inländische Wertschöpfung) zugutekommt, während die Lasten in<br />

Form einer wahrgenommenen Einbuße an Lebensqualität einseitig von Anwohnern<br />

getragen werden.<br />

• Auf der normativen Ebene ist die Förderung von Akzeptanz für die Energiewende<br />

als gesamtgesellschaftliches Projekt geboten. Die Akzeptanz der Menschen, die<br />

in Nähe der Anlagenstandorte leben, ist dabei von besonderer Bedeutung. Es ist<br />

zudem eine Grundprämisse demokratischer Gesellschaften, dass die von einer Entscheidung<br />

betroffenen Bürger mindestens ein Mitspracherecht genießen.<br />

Akzeptanz und Beteiligung<br />

Akzeptanzprobleme sind im Zuge von Großprojekten nicht ungewöhnlich. Oftmals<br />

aber regt sich der Widerstand erst dann, wenn praktisch schon alles zu spät ist. Die Planung<br />

ist abgeschlossen, der Bauantrag eingereicht, die Genehmigung eventuell schon<br />

244


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder­ Interessen<br />

erteilt. Jede weitere Änderung am Projekt ist nun mit hohem zeitlichen und finanziellen<br />

Aufwand verbunden. Dieses Phänomen wird als „Beteiligungsparadoxon“ bezeichnet: Je<br />

näher die Realisierung rückt, umso höher wird meist das öffentliche Interesse. Die Möglichkeit<br />

der Einflussnahme von Betroffenen nimmt hingegen im Projektverlauf stetig ab<br />

(vgl. Abb. 1).<br />

1/Das Beteiligungsparadoxon<br />

Entwicklung des öffentlichen Interesses und von Möglichkeiten der Einflussnahme im Projektverlauf<br />

hoch<br />

Möglichkeiten der Einflussnahme<br />

Engagement und Interesse<br />

niedrig<br />

Problemerkennung Planung Beschluss Umsetzung Zeitachse<br />

Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)<br />

Während die Zahl der informellen Beteiligungsprozesse und -methoden generell zunimmt,<br />

ist dieser Trend bislang erst in geringem Umfang bei der Planung von Windenergieanlagen<br />

zu beobachten. Mit dem weiteren Ausbau der Windenergie ist die Branche<br />

gut beraten, ihr Know-how rund um informelle Beteiligungsformen zu verstärken.<br />

Auch wenn einige mediale Darstellungen zum Widerstand gegen Windenergie stark<br />

tendenziös sind, wie unter anderem ein Beitrag des „Spiegel“ vom Juli 2013 („Aufstand<br />

in der Rotorsteppe“, in: Der Spiegel 27/2013), so zeigt sich: Die Akzeptanz für das „Gemeinschaftswerk“<br />

Energiewende wird sich im Kleinen wie im Großen am Handeln zentraler<br />

Akteure entscheiden, zu denen auch die Projektplaner gehören. Neben der rechtlichen,<br />

technischen und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit konkreter Projekte sollte daher<br />

245


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

unbedingt auch ihre kommunikative und politische Machbarkeit stärker in den Fokus<br />

rücken. Es spricht vieles dafür, Beteiligungsstrategien gezielt und professionell im Planungsprozess<br />

einzubinden.<br />

Beteiligung schafft höhere Zufriedenheit und Legitimation<br />

Eine Untersuchung des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen (UfU) von 2012<br />

zeigt, dass Art und Umfang der Informationsweitergabe, Transparenz und Beteiligung<br />

einen erheblichen Einfluss auf die individuelle Zufriedenheit der Stakeholder mit dem<br />

Prozessverlauf und -ergebnis besitzen. Darüber hinaus kann der Projektplaner durch den<br />

Austausch mit den lokalen Stakeholdern zusätzliche Informationsquellen erschließen,<br />

frühzeitig Konflikte erkennen und nach Lösungen suchen, bevor es zu langwierigen gerichtlichen<br />

Auseinandersetzungen kommt. Beteiligung kann demnach nicht nur Legitimation<br />

schaffen, sondern die Effizienz des Verfahrens insgesamt erhöhen.<br />

Trotz des Plädoyers für mehr Beteiligung bleibt anzumerken, dass auch sie kein Garant<br />

für Akzeptanz sein kann. Ebenso stellen die Zusatzinvestitionen, die Beteiligungsstrategien<br />

erfordern, letztlich keine Renditegarantie dar.<br />

Der erste Schritt: Unsicherheit und Konfliktpotenzial bestimmen<br />

Um die Lage und Bedürfnisse vor Ort einschätzen zu können, sollte der Vorhabenträger<br />

das Projektumfeld eingehend analysieren. Vor der Entscheidung zu Beteiligungstiefe<br />

und -form steht immer die Prüfung des Projektes auf potenzielle Konflikte, Unsicherheiten<br />

und unterstützende wie opponierende Akteure. Erst auf Grundlage dieser Analyse<br />

fällt die (methodisch gestützte) Entscheidung über die Form der Beteiligung.<br />

Zur Bestimmung des Konfliktpotenzials und der Unsicherheiten sind standardisierte<br />

Verfahren zu empfehlen, wie sie beispielsweise im EU-geförderten ESTEEM-Projekt<br />

entwickelt wurden. Generell geht es bei der Bestimmung der Unsicherheit darum, soziale,<br />

wirtschaftliche oder politische Kontextfaktoren, wichtige Ereignisse während der<br />

<strong>Projektplanung</strong> (z. B. Kommunalwahlen) sowie Akteure und Anspruchsgruppen zu identifizieren,<br />

ihre Bedeutung, ihren Einfluss oder ihre Haltung bezüglich des Projektes zu<br />

bewerten und dadurch den Unsicherheitsgrad systematisch zu ermitteln.<br />

Im Rahmen der Konfliktanalyse werden die Einschätzungen des Projektplaners bezüglich<br />

der Auswirkungen des Projektes auf verschiedene Bereiche mit den Einschätzungen<br />

einer Auswahl wichtiger Stakeholder systematisch abgeglichen.<br />

Unsicherheit liegt vor, wenn zukünftige Ereignisse (z. B. Entwicklungen im Planungsund<br />

Genehmigungsprozess, Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt) bzw. Haltung<br />

und Handeln der Stakeholder nicht oder nur ungenau vorhergesagt werden können. Das<br />

Konfliktpotenzial steigt, je mehr Interessen bestehen, die mit dem Windprojekt in Kon-<br />

246


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder­ Interessen<br />

flikt stehen, und je unversöhnlicher sich diese Interessen darstellen. Aus der Perspektive<br />

des Projektierers ist zudem das Machtpotenzial opponierender Stakeholder relevant.<br />

Auswahl und Typologie der Beteiligungsformen<br />

Nach der Auswertung der Unsicherheits- und Konfliktanalyse kann die geeignete Beteiligungsform<br />

gewählt werden. Grundsätzlich gilt: Je niedriger das Konfliktpotenzial und<br />

je sicherer Ereignisse bzw. die Position der Akteure prognostiziert werden können, desto<br />

weniger direkte Beteiligung ist notwendig (vgl. Abb. 2).<br />

2/Auswahlschema der Beteiligungsformen<br />

hohes<br />

Konfliktpotential<br />

Verhandlung<br />

(mittlere Beteiligung &<br />

Gestaltungskompetenz)<br />

Kooperative Planung<br />

(starke Beteiligung/geringe<br />

Gestaltungskompetenz)<br />

geringes<br />

Konfliktpotential<br />

Antizipation<br />

(keine direkte Beteiligung/<br />

hohe Gestaltungskompetenz)<br />

Konsultation<br />

(mittlere Beteiligung &<br />

Gestaltungskompetenz)<br />

geringe<br />

Unsicherheit<br />

hohe<br />

Unsicherheit<br />

Quelle: NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.<br />

Die Beteiligungsformen lassen sich anhand der Art der Einbindung (direkt oder indirekt)<br />

bzw. durch den Grad der Mitbestimmung unterscheiden. Bei der Antizipation werden<br />

die Interessen und Bedürfnisse der Stakeholder durch den Projektplaner lediglich<br />

näherungsweise bestimmt (z. B. mittels Desktop-Recherche), während bei Formen der<br />

bedingten Beteiligung (Konsultation und Verhandlung) bis hin zur kooperativen Planung<br />

die Stakeholder in zunehmendem Maße direkt in den Planungsprozess involviert sind.<br />

Die Gestaltungshoheit des Projektplaners nimmt dabei sukzessive ab.<br />

Nicht immer ist die unmittelbare Einbindung von Anwohnern oder anderen Anspruchsgruppen<br />

notwendig oder gar von diesen überhaupt erwünscht. Ist zudem das<br />

Projekt nur mit geringen Unsicherheiten und niedrigem Konfliktpotenzial behaftet, rei-<br />

247


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Übersicht zu Beteiligungsformen, ­maßnahmen und deren<br />

Beteiligungsform Beteiligungsmaßnahme Planung Genehmigung Bau & Betrieb<br />

Konsultation Erstinformation beim Bürgermeister<br />

und/oder Gemeinderat<br />

•<br />

Informations veranstaltungen • •<br />

Workshops • •<br />

Online-Panel & -Forum • • •<br />

Desktop-Konsultation • •<br />

Planungswerkstatt<br />

•<br />

Bürgerversammlung<br />

•<br />

Verhandlung Mediation • • •<br />

Workshop • •<br />

Kooperative ESTEEM<br />

•<br />

Planung<br />

Energietisch<br />

•<br />

Planungswerkstatt<br />

•<br />

Zukunftswerkstatt<br />

•<br />

Materielle Finanzielle Beteiligung • •<br />

Beteiligung Pacht<br />

•<br />

Sponsoring<br />

•<br />

Strombezug aus den Anlagen für<br />

Anwohner<br />

• • •<br />

Quelle: 100 prozent erneuerbar stiftung<br />

chen die Antizipation der Stakeholder-Interessen, deren Berücksichtigung innerhalb der<br />

<strong>Projektplanung</strong> und die Weitergabe von Informationen in der Regel aus.<br />

Ergibt die Vorfeldanalyse, dass das Konfliktpotenzial niedrig, die Unsicherheit über<br />

Ereignisse oder Haltung zentraler Stakeholder jedoch hoch ist, bietet sich die Konsultation<br />

als Beteiligungsformat an. Der Projektplaner behält dabei weitgehend die Hoheit<br />

über die Planungsentscheidungen, aber relevante Stakeholder können zu dem Vorhaben<br />

Stellung nehmen. Auf diese Weise lassen sich externe Informationsquellen erschließen<br />

und Unsicherheit reduzieren.<br />

248


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder­ Interessen<br />

Eignung in den Projektphasen<br />

Beteiligungsform Beteiligungsmaßnahme Planung Genehmigung Bau & Betrieb<br />

Information Informations- und<br />

Kommunikationskonzept<br />

• • •<br />

Öffentl. Informations veranstaltung • •<br />

Besichtigungsfahrt • •<br />

Website • • •<br />

Visualisierung der Projektpläne • •<br />

eigenes Presseerzeugnis • •<br />

Pressegespräch • •<br />

Information betroffener Nachbarn<br />

•<br />

Dokumentation des Bau -<br />

fortschritts auf der Website<br />

•<br />

Tag der offenen Baustelle<br />

•<br />

Eröffnungsfest<br />

•<br />

Führungen<br />

•<br />

Energielehrpfad<br />

•<br />

Antizipation Akteursanalyse<br />

(entspricht Schritt 1<br />

• •<br />

des ESTEEM-Konzepts)<br />

Vergleich der Sichtweisen von<br />

Projektmanagement und Stakeholdern<br />

(entspricht den Schritten<br />

• •<br />

2 + 3 des ESTEEM-Konzepts)<br />

Desktop-Konsultation • •<br />

Ist umgekehrt das Konfliktpotenzial hoch, die Unsicherheit aber gering, reicht es nicht<br />

aus, nur die Meinungen der Betroffenen einzuholen. Konflikte bestehen in der Regel aus<br />

vermeintlichen oder realen Interessensgegensätzen. Hier bietet sich die Verhandlung<br />

mit ihren direkten Aushandlungs- und Kommunikationsprozessen als geeignetes Format<br />

an, um im Dialog gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Ein Ignorieren solcher Konflikte<br />

hingegen begünstigt in der Regel eine Eskalation.<br />

Die kooperative Planung, bei der die Stakeholder gemeinsam und gleichberechtigt mit<br />

dem Vorhabenträger die konkrete Planung des Projektes erarbeiten, eignet sich sowohl<br />

249


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Windfest im Windpark Ballstaedt-Westhausen. Foto: Jan Oelker<br />

250


AKZEPTANZ UND BETEILIGUNGS MODELLE | Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Stakeholder­ Interessen<br />

als Beteiligungsformat bei hohem Konfliktpotenzial<br />

als auch bei hoher Unsicherheit.<br />

Ein aktives Einbinden der Stakeholder fördert<br />

in der Regel die Lösungsorientierung,<br />

die Kompromissbereitschaft und letztlich<br />

die Zufriedenheit der Beteiligten mit dem<br />

Ergebnis.<br />

Der Vorhabenträger sollte sich aber<br />

immer vor Augen führen: Akzeptanz kann<br />

nur dort entstehen, wo informiert wird.<br />

Ausreichende Information ist wiederum<br />

Voraussetzung dafür, dass Bürger sich<br />

qualifiziert einbringen können. Information<br />

ist somit die Grundlage jedweder<br />

Beteiligung. Dies wird auch im hierarchischen<br />

Verhältnis der Beteiligungsformen<br />

deutlich.<br />

Für die unterschiedlichen Beteiligungsformen<br />

eignen sich wiederum jeweils<br />

besondere Beteiligungsmaßnahmen<br />

bzw. -instrumente, die hier nicht im Einzelnen<br />

vorgestellt werden können.<br />

Fazit<br />

Ein ernsthaftes Beteiligungsangebot<br />

sollte stets frühzeitig vor Abschluss<br />

der Planungsphase unterbreitet werden.<br />

Angesichts des Beteiligungsparadoxons<br />

ist es in der Regel notwendig,<br />

offensiv für öffentliche Informationsveranstaltungen<br />

zu werben und auf<br />

entsprechende Beteiligungsangebote<br />

hinzuweisen – was in diesem Sinne<br />

die „Bringschuld“ des Vorhabenträgers<br />

darstellt. Werden stärkere Beteiligungsformen<br />

angestrebt, muss die<br />

Planung zudem mehr oder weniger<br />

flexibel bzw. im Falle der kooperativen<br />

Planung vollkommen ergebnisoffen<br />

sein. Ein ernsthafter und objektiver<br />

Umgang mit den Anregungen der<br />

Stakeholder ist dabei für alle Beteiligungsformen<br />

das erfolgsentscheidende<br />

Kriterium.<br />

Autor<br />

Peter Glasstetter (Jg. 1975) studierte Geografie und Philosophie in Mainz und<br />

Lissabon. Nach seinem Referendariat arbeitete er in der Unternehmenskommunikation<br />

der juwi-Gruppe, wo er im Rahmen der Kampagne „100 prozent erneuerbar“<br />

unter anderem den Umweltbildungsbereich betreute. Seit 2011 ist er Referent für<br />

Wissenschaft und Bildung der 100 prozent erneuerbar stiftung.<br />

251


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

252


Anlagen für<br />

Binnenlandstandorte<br />

253


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Enercon E-126 in Schneebergerhof. Foto: Ulrich Mertens<br />

254


ANLAGEN FÜR BINNENLAND STANDORTE | Höhere Ausbeute bei geringerer spezifischer Leistung<br />

Höhere Ausbeute<br />

bei geringerer<br />

spezifischer Leistung<br />

Interview mit Dieter Fries, Vorsitzender des Betreiberbeirats<br />

im <strong>BWE</strong>, über die aktuelle Anlagentechnik für<br />

Standorte im Binnenland.<br />

Herr Fries, die Standorte für Windenergie<br />

im Binnenland gewinnen zunehmend<br />

an Bedeutung. Wie weit hat sich die<br />

Anlagentechnik dieser Entwicklung<br />

angepasst?<br />

Dieter Fries: Sie hat sich eigentlich schon<br />

seit geraumer Zeit dahin entwickelt, dass<br />

im Binnenland bessere Erträge generiert<br />

werden. Die aktuellen Anlagen arbeiten<br />

bei gleichbleibender Generatorleistung<br />

mit größeren Rotorflächen und sind weit<br />

höher als vorangegangene Generationen.<br />

Sie erzielen dadurch eine höhere Leistungsausbeute,<br />

denn diese hängt letztlich<br />

von der Nabenhöhe und der Rotorfläche<br />

ab, die die Anlage in den Wind bringt.<br />

In den letzten Jahren hat sich dieser<br />

Trend verstärkt, da die wichtigen Märkte<br />

in Europa oder den USA stärker zu einer<br />

Nutzung auch der windschwächeren<br />

Standorte tendieren, die in der Windklasse<br />

↗ IEC 2 oder 3 liegen. Das sind eben<br />

die Windstandorte im Binnenland, im<br />

Wald oder in der Nähe der großen Versorgungszentren.<br />

Die Entwicklung in der<br />

Anlagentechnik ist mittlerweile aber auch<br />

im Offshore-Bereich zu beobachten, auch<br />

hier sind die Rotorflächen stark gewachsen.<br />

255


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Welche Kriterien müssen Binnen-Windenergieanlagen<br />

erfüllen und worauf<br />

sollte man bei der Planung und Auswahl<br />

der Anlage achten?<br />

Es kommt natürlich vor allem darauf an,<br />

dass die Anlage wirtschaftlich arbeitet,<br />

dass sie also am entsprechenden<br />

Standort zu einem möglichst niedrigen<br />

Preis pro Kilowattstunde produziert. Dazu<br />

gehören zum Beispiel auch die Kosten<br />

für den Netzanschluss. Da die Anschlusskosten<br />

bislang pro Kilowatt installierter<br />

Leistung berechnet werden, sind hier<br />

Anlagen mit geringerer spezifischer Leistung<br />

klar im Vorteil, obwohl sie aufgrund<br />

größerer Nabenhöhen und Rotordurchmesser<br />

nicht weniger Strom produzieren.<br />

Wie hängt das zusammen?<br />

Die aktuellen Binnen-Windenergieanlagen<br />

erreichen eine höhere Leistungsdauerlinie,<br />

also mehr Stunden im Jahr, in denen<br />

Energie auf einem etwas niedrigeren,<br />

aber dafür konstanteren Niveau produziert<br />

wird. Das heißt auch, dass weniger<br />

Netzkapazität benötigt wird, um dieselbe<br />

Menge Strom zu transportieren.<br />

Je mehr Anlagen mit geringerer spezifischer<br />

Leistung aufgestellt werden und je<br />

dezentraler dies geschieht, desto geringer<br />

ist also die Netzbelastung?<br />

Das kann man uneingeschränkt so sagen,<br />

ja. Aktuelle Binnen-Windenergieanlagen<br />

haben eine Leistung von etwa 200 Watt<br />

pro m 2 Rotorfläche. Vor einigen Jahren<br />

lag diese noch weit höher, etwa bei 300<br />

– 400 Watt pro m 2 . Und das wirkt sich<br />

erheblich auf die Netzbelastung aus. Der<br />

Trend hin zu geringerer Generatorleistung<br />

bei besserer Auslastung ist übrigens auch<br />

ein Punkt, der meiner Ansicht nach in den<br />

Netzausbauplanungen zu wenig berücksichtigt<br />

wird.<br />

Ist an dieser Stelle noch viel Optimierungsbedarf<br />

seitens der Hersteller<br />

vorhanden?<br />

Optimierungsbedarf sehe ich insbesondere<br />

bei den Kosten, zum Beispiel für den<br />

Turm: Bei den derzeitigen Nabenhöhen<br />

von 120 Metern entfallen rund 30 Prozent<br />

des Gesamtpreises einer Anlage auf den<br />

Turm. Ein anderes Thema ist auch die<br />

spätere Demontage der Anlage, die über<br />

die Rückbaubürgschaften gut 5 Prozent<br />

des Anlagenpreises ausmacht. Eine<br />

bessere Berücksichtigung der Demontage<br />

im Anlagenkonzept wäre hier sicher von<br />

Vorteil. Neben dem Turm sind die Rotorblätter<br />

und nicht zuletzt das Montagekonzept<br />

große Kostenfaktoren einer Anlage.<br />

Auch hier ist meiner Meinung nach noch<br />

viel Potenzial vorhanden, die Kosten zu<br />

reduzieren.<br />

Sind die Kosten für Wartung und Service<br />

im Binnenland anders als an den Küstenstandorten?<br />

Der Wartungsaufwand kann im Binnenland<br />

schon etwas höher liegen, weil ein<br />

gewisser Mindestaufwand auch unabhängig<br />

von der tatsächlichen Energiepro-<br />

256


ANLAGEN FÜR BINNENLAND STANDORTE | Höhere Ausbeute bei geringerer spezifischer Leistung<br />

duktion anfällt. Produziert eine Anlage<br />

also insgesamt weniger Strom, steigt der<br />

Wartungsaufwand pro Kilowattstunde.<br />

Das heißt, sie muss an weniger windhöffigen<br />

Standorten entsprechend konzipiert<br />

sein, um nicht in die Kostenfalle zu laufen.<br />

Wie schätzen Sie das Marktpotenzial für<br />

Binnen-Windenergieanlagen in nächster<br />

Zukunft ein?<br />

Wir haben viel Potenzial in Deutschland,<br />

wenn die Energiewende umgesetzt<br />

werden soll. Im internationalen Vergleich<br />

ist Deutschland zwar ein wichtiger Leitmarkt,<br />

aber auch ein eher kleiner Markt.<br />

Für die Hersteller ist natürlich die weltweite<br />

Entwicklung interessanter. Auch<br />

hier sehen wir eine gesteigerte Nachfrage<br />

nach Anlagen für windschwächere Standorte.<br />

Einige Hersteller konzentrieren sich<br />

inzwischen konsequent auf die Standorte<br />

mit weniger Windaufkommen. Sie haben<br />

dabei den weltweiten Markt im Visier,<br />

Deutschland ist vor diesem Hintergrund<br />

eher als Testmarkt zu betrachten.<br />

Enercon Windkraftanlagen im Morgennebel.<br />

Foto: Paul-Langrock.de<br />

Gesprächspartner<br />

Dieter Fries (Jg. 1945) ist als Schiffbauingenieur ausgebildet und hat von 1989 bis<br />

1999 die deutsche Vertretung für den dänischen Windkraftanlagen hersteller Micon<br />

aufgebaut. Seit 1999 ist er Mitglied im Betreiberbeirat des Bundesverband Wind-<br />

Energie und seit 2006 dessen Vorsitzender.<br />

Herr Fries ist als unabhängiger Berater für internationale Windprojekte tätig.<br />

257


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

Enercon E-82 auf Bergehalde Oberscholven in Gelsenkirchen. Foto: Ulrich Mertens<br />

258


ANLAGEN FÜR BINNENLAND STANDORTE | Höhere Ausbeute bei geringerer spezifischer Leistung<br />

Aktuelle Windenergieanlagen onshore (2013)<br />

Typ<br />

Rotor<br />

Leistung/kW Durchm./m Fläche/ m 2 W/m 2<br />

Enercon<br />

E 82 - 2,3 2.300 82 5.281 436<br />

E 82 - 2 2.000 82 5.281 379<br />

E 92 - 2,3 2.350 92 6.648 353<br />

E 101 3.050 101 8.012 374<br />

E 115 2.500 115 10.387 241<br />

e.n.o.<br />

e.n.o. 82 2.050 82,4 5.333 384<br />

e.n.o. 114 3.500 114,9 10.369 338<br />

e.n.o. 126 3.500 126 12.469 281<br />

Gamesa<br />

G90 2 MW 2.000 90 6.361 314<br />

G114 2 MW 2.000 114 10.205 196<br />

Kenersys<br />

K 120-2,3 MW 2.300 120 11.310 203<br />

Leitwind<br />

LTW77 1 MW 1.000 77 4.656 215<br />

LTW 2-104 2.000 104 8.495 235<br />

Nordex<br />

N100/2500 2.500 100 7.854 318<br />

N117/2400 2.400 117 10.157 236<br />

Repower<br />

RE 3M-122 3.000 122 11.690 257<br />

RE 3,2M-114 3.200 114 10.207 314<br />

MM100 1.800 100 7.854 229<br />

Siemens<br />

SWT-2,3-93 2.300 93 6.800 338<br />

SWT-2,3-101 2.300 101 8.012 287<br />

SWT-2,3-113 2.300 113 10.015 230<br />

Vestas<br />

V 90-2 MW 2.000 90 6.361 314<br />

V 100-1.8 MW 1.800 100 7.854 229<br />

V 112-3 MW 3.000 112 9.852 305<br />

V 126-3 MW 3.000 126 12.469 241<br />

Quelle: Ingenieurbüro Fries (Stand Juli 2013)<br />

259


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

260


Datenblätter<br />

Anlagen für Binnenland standorte<br />

261


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

LEITWIND LTW86<br />

LEITWIND AG / Sterzing, Italien<br />

Leistung<br />

Nennleistung 1.500 kW Einschaltwindgeschw. 3,0 m/s<br />

Nennwindgeschw. 11,0 m/s Ausschaltwindgeschw. 20,0 m/s<br />

Rotor<br />

Durchmesser 86,3 m Überstrichene 5.849,40 m 2<br />

Rotorfläche<br />

Blattzahl 3 Drehzahl 6 – 15,8 U/min (variabel)<br />

Typenbezeichnung<br />

Material<br />

Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK)<br />

Hersteller<br />

Gondel<br />

Aufbau<br />

integriert<br />

Getriebe / Bauart getriebelos<br />

– Stufen – Übersetzung 1:1<br />

– Hersteller LEITWIND<br />

Generator<br />

synchron, Permanentmagnet<br />

– Anzahl 1 – Netzaufschaltung Umrichter<br />

– Drehzahl 6 – 15,8 U/min – Netzfrequenz 50 / 60 Hz<br />

(variabel)<br />

– Spannung 660 V – Hersteller LEITWIND<br />

262


Datenblätter | Windenergieanlagen 1.500 kW<br />

Regel- und Sicherheitssystem<br />

Leistungsbegrenzung Pitch<br />

Drehzahlbegrenzung variabel über Mikroprozessor, aktive Blattwinkelverstellung<br />

Hauptbremse<br />

Einzelblattwinkelverstellung<br />

2. Bremssystem Scheibenbremse, Einzelblattwinkelverstellung<br />

Windrichtungsnachführung 4 elektrische Getriebemotoren<br />

Hersteller der Steuerung LEITWIND<br />

SCADA-System<br />

LEITWIND SCADA<br />

Leistungskennlinie Schallleistungspegel Elektrische Eigenschaften<br />

ja ja ja<br />

Turm / Nabenhöhe 80,0 m 100,0 m<br />

Bauart / Form<br />

Stahlrohrturm/<br />

konisch<br />

Stahlrohrturm/<br />

konisch<br />

Korrosionsschutz<br />

mehrschichtiger<br />

Farbaufbau<br />

mehrschichtiger<br />

Farbaufbau<br />

Massen / Gewichte<br />

Einzelblattgewicht<br />

Nabengewicht (inkl. Einbauten)<br />

Rotor (inkl. Nabe)<br />

Gondel (ohne Rotor & Nabe)<br />

Turm<br />

Gesamtgewicht<br />

Typenprüfung<br />

Richtlinie, Klasse IEC IIIa/GL IEC IIIa/GL<br />

Überlebenswindgeschw.<br />

Geprüft (Monat/Jahr)<br />

Referenzerträge (kWh/a)<br />

Lieferumfang<br />

Garantie<br />

Referenzen 31/12/2012 Anlagen weltweit: 1 Erstaufbau: 2011<br />

Sonderausstattungen Blitzschutzsystem, Eissensor, Zustandsüberwachungssystem<br />

sonstiges<br />

263


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

VENSYS 82<br />

VENSYS Energy AG / Deutschland<br />

Leistung<br />

Nennleistung 1.500 kW Einschaltwindgeschw. 3,0 m/s<br />

Nennwindgeschw. 12,5 m/s Ausschaltwindgeschw. 22,0 m/s<br />

Rotor<br />

Durchmesser 82,3 m Überstrichene 5.324,90 m 2<br />

Rotorfläche<br />

Blattzahl 3 Drehzahl 9 – 17,3 U/min<br />

Typenbezeichnung LM 40.3<br />

Material<br />

Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK)<br />

Hersteller<br />

LM Glasfiber A/S<br />

Gondel<br />

Aufbau<br />

integriert<br />

Getriebe / Bauart getriebelos<br />

– Stufen – Übersetzung<br />

– Hersteller<br />

Generator<br />

synchron, Ringgenerator, Permanentmagnet<br />

– Anzahl 1 – Netzaufschaltung Umrichter<br />

– Drehzahl 9 – 17,3 U/min – Netzfrequenz 50 / 60 Hz<br />

– Spannung 690 V – Hersteller VENSYS Energy AG<br />

264


Datenblätter | Windenergieanlagen 1.500 kW<br />

Regel- und Sicherheitssystem<br />

Leistungsbegrenzung Pitch<br />

Drehzahlbegrenzung variabel über Mikroprozessor<br />

Hauptbremse<br />

Einzelblattwinkelverstellung<br />

2. Bremssystem Einzelblattwinkelverstellung<br />

Windrichtungsnachführung 3 elektrische Getriebemotoren<br />

Hersteller der Steuerung VENSYS Energy AG<br />

SCADA-System<br />

VENSYS SCADA<br />

Leistungskennlinie Schallleistungspegel Elektrische Eigenschaften<br />

auf Anfrage auf Anfrage auf Anfrage<br />

Turm / Nabenhöhe 85,0 m 100,0 m<br />

Bauart / Form<br />

Stahlrohrturm/<br />

konisch<br />

Stahlrohrturm/<br />

konisch<br />

Korrosionsschutz<br />

mehrschichtiger<br />

Farbaufbau<br />

mehrschichtiger<br />

Farbaufbau<br />

Massen / Gewichte<br />

Einzelblattgewicht<br />

Nabengewicht (inkl. Einbauten)<br />

Rotor (inkl. Nabe)<br />

Gondel (ohne Rotor & Nabe)<br />

Turm<br />

Gesamtgewicht<br />

Typenprüfung<br />

Richtlinie, Klasse IEC IIIa/DIBt 2 IEC IIIa/DIBt 2<br />

Überlebenswindgeschw.<br />

Geprüft (Monat/Jahr)<br />

Referenzerträge (kWh/a) 4.713.000<br />

(Herstellerinformation)<br />

Lieferumfang<br />

4.840.000<br />

(Herstellerinformation)<br />

Garantie 2 Jahre 2 Jahre<br />

Referenzen 31/12/2012 Anlagen weltweit: 218 Erstaufbau: 2008<br />

Sonderausstattungen optional Eissensor<br />

sonstiges<br />

265


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

LEITWIND LTW80<br />

LEITWIND AG / Sterzing, Italien<br />

Leistung<br />

Nennleistung 1.500 – 1.800 kW Einschaltwindgeschw. 3,0 m/s<br />

Nennwindgeschw. 10,4 – 11,6 m/s Ausschaltwindgeschw. 25,0 m/s<br />

Rotor<br />

Durchmesser 80,3 m Überstrichene 5.064,32 m 2<br />

Rotorfläche<br />

Blattzahl 3 Drehzahl 6 – 17,8 U/min (variabel)<br />

Typenbezeichnung<br />

Material<br />

Epoxydharz<br />

Hersteller<br />

Gondel<br />

Aufbau<br />

integriert<br />

Getriebe / Bauart getriebelos<br />

– Stufen – Übersetzung 1:1<br />

– Hersteller LEITWIND<br />

Generator<br />

synchron, Permanentmagnet<br />

– Anzahl 1 – Netzaufschaltung Umrichter<br />

– Drehzahl 6 – 17,8 U/min – Netzfrequenz 50 / 60 Hz<br />

(variabel)<br />

– Spannung 630 – 675 V – Hersteller LEITWIND<br />

266


Datenblätter | Windenergieanlagen 1.500 – 1.800 kW<br />

Regel- und Sicherheitssystem<br />

Leistungsbegrenzung Pitch<br />

Drehzahlbegrenzung variabel über Mikroprozessor, aktive Blattwinkelverstellung<br />

Hauptbremse<br />

Einzelblattwinkelverstellung<br />

2. Bremssystem Scheibenbremse, Einzelblattwinkelverstellung<br />

Windrichtungsnachführung 4 elektrische Getriebemotoren<br />

Hersteller der Steuerung LEITWIND<br />

SCADA-System<br />

LEITWIND SCADA<br />

Leistungskennlinie Schallleistungspegel Elektrische Eigenschaften<br />

ja ja ja<br />

Turm / Nabenhöhe 65,0 m 80,0 m 100,0 m<br />

Bauart / Form<br />

Stahlrohrturm/<br />

konisch<br />

Stahlrohrturm/<br />

konisch<br />

Stahlrohrturm/<br />

konisch<br />

Korrosionsschutz<br />

mehrschichtiger<br />

Farbaufbau<br />

mehrschichtiger<br />

Farbaufbau<br />

mehrschichtiger<br />

Farbaufbau<br />

Massen / Gewichte<br />

Einzelblattgewicht<br />

Nabengewicht (inkl. Einbauten)<br />

Rotor (inkl. Nabe)<br />

Gondel (ohne Rotor & Nabe)<br />

Turm<br />

Gesamtgewicht<br />

Typenprüfung<br />

Richtlinie, Klasse IEC IIa/GL IEC IIa/GL IEC IIa/GL<br />

Überlebenswindgeschw.<br />

Geprüft (Monat/Jahr) 07.12.2010 07.12.2010<br />

Referenzerträge (kWh/a)<br />

Lieferumfang<br />

Garantie<br />

Referenzen 31/12/2012 Anlagen weltweit: 46 Erstaufbau: 2009<br />

Sonderausstattungen Blitzschutzsystem, Eissensor, Zustandsüberwachungssystem<br />

sonstiges<br />

267


<strong>BWE</strong> Marktübersicht spezial | Windenergie im Binnenland<br />

GE 1.6-82.5<br />

GE Energy / Deutschland<br />

Leistung<br />

Nennleistung 1.600 kW Einschaltwindgeschw. 3,5 m/s<br />

Nennwindgeschw. 11,5 /s Ausschaltwindgeschw. 25,0 m/s<br />

Rotor<br />

Durchmesser 82,5 m Überstrichene 5.345,62 m 2<br />

Rotorfläche<br />

Blattzahl 3 Drehzahl 16,8 U/min<br />

Typenbezeichnung<br />

Material<br />

Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK)<br />

Hersteller<br />

Gondel<br />

Aufbau<br />

aufgelöst<br />

Getriebe / Bauart kombiniertes Stirnrad-/Planetengetriebe<br />

– Stufen 3 – Übersetzung 1:107 (50 Hz) 1:86 (60 Hz)<br />

– Hersteller<br />

Generator<br />

asynchron, doppeltgespeist<br />

– Anzahl 1 – Netzaufschaltung Umrichter<br />

– Drehzahl U/min – Netzfrequenz 50 / 60 Hz<br />

– Spannung 690 V – Hersteller<br />

268


Datenblätter | Windenergieanlagen 1.600 kW<br />

Regel- und Sicherheitssystem<br />

Leistungsbegrenzung Pitch<br />

Drehzahlbegrenzung variabel über Mikroprozessor, aktive Blattwinkelverstellung<br />

Hauptbremse<br />

Einzelblattwinkelverst