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Guédelon – Bau einer Burg im 21. Jahrhundert - Webmuseum.ch

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Thomas Bitterli-Waldvogel<br />

4 5<br />

6<br />

160° unter Bes<strong>ch</strong>uss nehmen können.<br />

Dieser Kampfraum (<strong>ch</strong>ambre<br />

de tir) wird mit einem Kreuzgratgewölbe<br />

überspannt (erbaut 2002). Das<br />

Oberges<strong>ch</strong>oss des Kapellenturmes ist<br />

dur<strong>ch</strong> eine Wendeltreppe (l’escalier<br />

en vis) ers<strong>ch</strong>lossen. Diese s<strong>ch</strong>male<br />

Treppe dreht si<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>ts herum <strong>–</strong> ein<br />

Chrakteristikum aller untersu<strong>ch</strong>ten<br />

<strong>Burg</strong>en des 12/13. <strong>Jahrhundert</strong>s 6 . Der<br />

Zugang zur Treppe ist mit <strong>einer</strong> S<strong>ch</strong>ikane<br />

versehen, die verhindern soll,<br />

dass ein Angreifer mit großen Waffen<br />

eindringen kann. Alle Holztüren bestehen<br />

aus massiven Ei<strong>ch</strong>enbohlen,<br />

sind re<strong>ch</strong>ts anges<strong>ch</strong>lagen <strong>–</strong> werden<br />

also von außen na<strong>ch</strong> innen gestoßen<br />

<strong>–</strong>, der Türsturz ist abgesenkt, die<br />

S<strong>ch</strong>welle erhöht und mit einem Sperrbalken<br />

vers<strong>ch</strong>lossen 7 .<br />

Der Wohnbau (logis)<br />

Der Wohnbau ist 18 m lang, 6,8 m<br />

breit und weist zwei Ges<strong>ch</strong>osse auf.<br />

Im Erdges<strong>ch</strong>oss befinden si<strong>ch</strong> die Kü<strong>ch</strong>e<br />

mit offenem Feuer und der Vorratskeller<br />

(cellier). Das Oberges<strong>ch</strong>oss<br />

wird über eine einläufige Außentreppe<br />

(grand degré) ers<strong>ch</strong>lossen und enthält<br />

den großen Saal, die ‚aula‘, für Feste<br />

oder Amtshandlungen (Geri<strong>ch</strong>tssit-<br />

zungen etc.). Als Repräsentationsbau<br />

wird die Fassade si<strong>ch</strong>er mit dekorativen<br />

Elementen versehen; die Bes<strong>ch</strong>reibung<br />

der <strong>Bau</strong>ausführung dazu<br />

steht aber ebenso wie diejenige für<br />

den Innenausbau no<strong>ch</strong> aus.<br />

Die südli<strong>ch</strong>en Ecktürme<br />

In der Südwest- und Südostecke wird<br />

je ein Rundturm von 6,28 m Außendur<strong>ch</strong>messer<br />

und <strong>einer</strong> Höhe von 12<br />

m gebaut. Beide werden dur<strong>ch</strong> eine<br />

einfa<strong>ch</strong>e Tür vom Hof her ers<strong>ch</strong>lossen<br />

und pro Ges<strong>ch</strong>oss drei S<strong>ch</strong>litzs<strong>ch</strong>arten<br />

aufweisen; gedeckt werden sie mit einem<br />

Kegelda<strong>ch</strong>. Mit dem <strong>Bau</strong> dieser<br />

Türme wird aber erst in etwa zehn<br />

Jahren begonnen; auf dem Sockel des<br />

Südwestturmes steht aktuell nämli<strong>ch</strong><br />

ein Hebekran mit Trettrommel zum<br />

Anheben von großen Werkstücken.<br />

Die Mauerkronen der Türme und der<br />

Wehrmauern (courtines) dazwis<strong>ch</strong>en<br />

werden mit einem Zinnenkranz (crénelage)<br />

abs<strong>ch</strong>ließen.<br />

Der Brunnen <strong>im</strong> Hof<br />

Der S<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>tbrunnen hat eine Tiefe<br />

von rund 6 m. Der Brunnenkranz<br />

(margelle) besteht aus einem Block;<br />

zwei Steinmetze waren rund se<strong>ch</strong>s<br />

Abb. 4. Überblick über die <strong>Bau</strong>stelle, April 2003 (Foto:<br />

Degen, Basel).<br />

Abb. 5. Kapellenturm und Poterne (Foto: Degen, Basel).<br />

Abb. 6. Die vom Bergfried abgehende Wehrmauer (courtine)<br />

wird erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgebaut. Damit<br />

be<strong>im</strong> Ans<strong>ch</strong>liessen keine horizontale Fuge entsteht, läuft<br />

die abgehende Mauer treppenartig aus. Bei <strong>einer</strong> künftigen<br />

<strong>Bau</strong>untersu<strong>ch</strong>ung wird diese Fuge als diagonale Linie<br />

(viellei<strong>ch</strong>t) erkannt.<br />

Wo<strong>ch</strong>en damit bes<strong>ch</strong>äftigt, dieses monolithis<strong>ch</strong>e<br />

Stück von 1,6 t Gewi<strong>ch</strong>t<br />

zu bearbeiten. Der Brunnen liefert das<br />

gesamte für den <strong>Bau</strong> benötigte Wasser<br />

(vor allem zum Anma<strong>ch</strong>en des Kalkmörtels).<br />

Die Brücke<br />

Für den <strong>Bau</strong> der festen Brücke (pont<br />

dormant) waren drei Z<strong>im</strong>merleute fast<br />

ein Jahr lang bes<strong>ch</strong>äftigt. 56 Ei<strong>ch</strong>enhölzer<br />

und 667 ges<strong>ch</strong>miedete Nägel<br />

waren für diese Konstruktion nötig.<br />

Die Brücke ruht auf einem st<strong>einer</strong>nen<br />

Widerlager (culée) und einem Holzpfeiler<br />

(pile). Bei Bedarf kann na<strong>ch</strong><br />

Abs<strong>ch</strong>luss der <strong>Bau</strong>arbeiten der burgnähere<br />

Teil der Brücke dur<strong>ch</strong> eine<br />

bewegli<strong>ch</strong>e Zugbrücke (pont levis)<br />

ersetzt werden.<br />

Das <strong>Burg</strong>tor (le <strong>ch</strong>âtelet)<br />

Das <strong>Burg</strong>tor wird beidseits von je einem<br />

hufeisenförmigen Wehrturm von<br />

15 m Höhe flankiert werden; diese<br />

wu<strong>ch</strong>tige <strong>Bau</strong>weise hat symbolis<strong>ch</strong>e<br />

wie wehrhafte Funktion. Die Innenräume<br />

sind so d<strong>im</strong>ensioniert, dass sie<br />

der Besatzung sowohl als Wohn- wie<br />

au<strong>ch</strong> als Wa<strong>ch</strong>raum dienen können.<br />

Die Hufeisenform, d.h. das Hineinzie-<br />

16 <strong>Burg</strong>en und S<strong>ch</strong>lösser 4/2006

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