CARE affair No.10 Intim
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Miss me?<br />
Oh yes, miss you very<br />
much. Looking forward<br />
to Friday :)<br />
Me too. I packed<br />
all my stuff, it is not<br />
too much :)<br />
What did I forget<br />
now? Are you OK?<br />
You have just become<br />
a father a few minutes<br />
ago. Everything ok<br />
OMG! LOVE YOU!<br />
LOVE YOU!<br />
Im April 2011 zogen wir in unsere<br />
erste gemeinsame Wohnung<br />
in Belgrad und wurden wieder<br />
Kollegen. Allerdings berichtete er<br />
nicht an mich und wir hatten wenige<br />
Überschneidungen in unseren<br />
Tätigkeiten. Wir arbeiteten sogar in<br />
verschiedenen Büros. Es war perfekt,<br />
denn das Zuhause und das Büro zu<br />
teilen, das ist dann doch etwas viel.<br />
Seit 2012 sind wir verheiratet<br />
und keine Kollegen mehr. Er, der<br />
Bosnier, hat sich in Serbien selbstständig<br />
gemacht. Er vertreibt „Bosnian<br />
Delights“, eine traditionelle Süßigkeit<br />
aus seiner Heimat. Mittlerweile hat er<br />
eine eigene Firma und Geschäfte in<br />
ganz Serbien. Ich hatte große Sorge<br />
zu Beginn, schließlich ist es nicht<br />
einfach für einen Moslem, in Belgrad<br />
ein eigenes Geschäft aufzumachen.<br />
Ich wusste nicht, wie die Menschen<br />
reagieren würden. Der Krieg ist noch<br />
nicht lange her und die Erinnerungen<br />
sind teils noch sehr frisch. Adnan<br />
war immer optimistisch und lebt das,<br />
was er bei unseren <strong>CARE</strong>-Projekten<br />
zu Frieden und Versöhnung weitergegeben<br />
hat, auch selbst. Heute, nach<br />
drei Jahren harter Arbeit, hat Adnan<br />
den Sprung in die Selbstständigkeit<br />
gut geschafft. Dass er Bosnier und ich<br />
Serbin bin hat für uns nie eine Rolle<br />
gespielt. Und seine Mutter ist die beste<br />
Schwiegermutter, die ich mir hätte<br />
erträumen können. Unsere Herausforderungen<br />
gleichen denen anderer<br />
Paare: Arbeit, Geld, die Erziehung unserer<br />
heute dreijährigen Tochter Lana.<br />
Lana ist ein internationaler<br />
Name. Niemand kann daran erkennen,<br />
welcher Gruppe sie angehört. Sie<br />
soll irgendwann selbst entscheiden,<br />
ob sie muslimisch, orthodox, oder<br />
vielleicht auch buddhistisch oder<br />
jüdisch sein möchte. Wir feiern die<br />
islamischen Feiertage wie Fastenbrechen<br />
und das Opferfest, aber auch<br />
Weihnachten und Ostern. Lana lernt<br />
so viel über Toleranz und verschiedene<br />
Kulturen. Wir lehren sie, was wir<br />
leben. Sie bekommt ihre Unterrichtseinheiten<br />
zu Frieden und Völkerverständigung<br />
in die Wiege gelegt, hat<br />
sie mit der Muttermilch aufgesogen.<br />
Wir erzählen unsere Geschichte<br />
gerne, vor allem teilen wir sie auch<br />
mit den Teilnehmern der „Young Men<br />
Initiative“. Wir gehen damit sehr offen<br />
um, und die jungen Männer haben<br />
viele Fragen. Wir wollen ihnen zeigen,<br />
dass Menschen friedlich miteinander<br />
leben können und Versöhnung<br />
zwischen den Volksgruppen das A<br />
und O ist. Wir scherzen manchmal,<br />
dass wir eine Fallstudie für das<br />
<strong>CARE</strong>-Projekt sind, und Lana das<br />
bestmögliche Ergebnis daraus. Wir<br />
hoffen, dass Freundschaften und Ehen<br />
zwischen den verschiedenen Ethnien<br />
auf dem Balkan Normalität werden,<br />
dass es Geschichten wie die unsere<br />
immer häufiger geben wird. Und dass<br />
Lana weiterhin unbeschwert verschiedene<br />
religiöse Feiertage feiern kann<br />
und ihr niemals auf schmerzhafte<br />
Weise bewusst werden muss, dass ihre<br />
bosnisch-serbische und zugleich<br />
muslimisch-orthodoxe Identität<br />
außergewöhnlich ist. Auch dafür stehe<br />
ich ein mit meiner Arbeit für Toleranz<br />
und Frieden bei <strong>CARE</strong>.<br />
Da geht doch was!<br />
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