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Zoë 0717

Das Bedürfnis nach einem geborgenen Zuhause zählt neben Nahrung, Wasser oder Kleidung zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Die Innovationen sind letztlich immer Konzepte, die das Zusammenspiel von Mensch, Natur und Gesellschaft ermöglichen. Bei unserem Streifzug durch die Welt der neuen Möglichkeiten zeigen wir autonome Dörfer, Treescrapers, Upcycling-Häuser aus Müll, das Einbaumhaus oder den autarken Wohnwagon. Das Coverbild dieser Ausgabe stammt vom Fotografen und Architekten Federico Ruiz Sanesteban. Der Künstler entwickelt nachhaltig Fotos auf Blättern aus seinem Garten komplett ohne Chemie – er arbeitet nur mit der natürlichen Photosynthese sowie mit Pigmenten, der Sonneneinwirkung und Schatteneffekten. Wir freuen uns, wenn wir mit unseren Themen wieder ein paar sehr schöne Anregungen für ein positives Leben im Einklang mit der Natur vorstellen können und wünschen viel Freude beim Lesen und Videoschauen.

Das Bedürfnis nach einem geborgenen Zuhause zählt neben Nahrung, Wasser oder Kleidung zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Die Innovationen sind letztlich immer Konzepte, die das Zusammenspiel von Mensch, Natur und Gesellschaft ermöglichen. Bei unserem Streifzug durch die Welt der neuen Möglichkeiten zeigen wir autonome Dörfer, Treescrapers, Upcycling-Häuser aus Müll, das Einbaumhaus oder den autarken Wohnwagon. Das Coverbild dieser Ausgabe stammt vom Fotografen und Architekten Federico Ruiz Sanesteban. Der Künstler entwickelt nachhaltig Fotos auf Blättern aus seinem Garten komplett ohne Chemie – er arbeitet nur mit der natürlichen Photosynthese sowie mit Pigmenten, der Sonneneinwirkung und Schatteneffekten. Wir freuen uns, wenn wir mit unseren Themen wieder ein paar sehr schöne Anregungen für ein positives Leben im Einklang mit der Natur vorstellen können und wünschen viel Freude beim Lesen und Videoschauen.

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ZOË 07/17<br />

gesundheit • • freude & zeitgeist mitten im leben<br />

Lebensraum & Gestaltung<br />

Lebendig,<br />

nachhaltig & autark<br />

Nada-Akupunktur:<br />

Hilfe bei Sucht & Traumen<br />

Kinder im Umfeld von heute:<br />

„The New Epidemics“<br />

Bauwerksbegrünung:<br />

Es lebe der Großstadtdschungel!<br />

Sustainability Challenge:<br />

Nachwuchs checkt Nachhaltigkeit<br />

Fotoentwicklung auf Pflanzen:<br />

Magische Bilder & zauberhafte Blätter


print without limits<br />

FLYER/POSTKARTEN/BROSCHÜREN/POSTER/PRÄSENTATIONSMAPPEN/BRIEFPAPIER/<br />

VISITENKARTEN/EINLADUNGEN/VERPACKUNGEN/POST-ITS/DIPLOMARBEITEN/GETRÄNKE-<br />

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•• EDITORIAL<br />

ZOË 07/17<br />

Lebensart – mit der<br />

Natur im Einklang<br />

gesundheit • • freude & zeitgeist mitten im leben<br />

Lebensraum & Gestaltung<br />

Lebendig,<br />

nachhaltig & autark<br />

ZOË 07/17<br />

Das Bedürfnis nach Wohnung und Unterkunft zählt neben Nahrung, Wasser oder<br />

Kleidung zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Unser heutiger Begriff „Wohnen“<br />

geht auf das althochdeutsche „wonên“ zurück und bedeutet so viel wie „zufrieden<br />

sein“ oder „bleiben“. Überbevölkerung, Wohnungsnot und Mega-Städte verübeln es<br />

aber oft, dass sich Menschen in ihren eigenen vier Wänden auch wohl fühlen und<br />

zufrieden sind.<br />

Nada-Akupunktur:<br />

Hilfe bei Sucht & Traumen<br />

Kinder im Umfeld von heute:<br />

„The New Epidemics“<br />

Bauwerksbegrünung:<br />

Es lebe der Großstadtdschungel!<br />

Sustainability Challenge:<br />

Nachwuchs checkt Nachhaltigkeit<br />

Fotoentwicklung auf Pflanzen:<br />

Magische Bilder & zauberhafte Blätter<br />

Die wirklichen Innovationen sind letztlich immer Konzepte, die das Zusammenspiel von Mensch, Natur und<br />

Gesellschaft ermöglichen. Sie sind nachhaltig, energieautark und bieten dennoch gleichzeitig Komfort und<br />

Individualität. Nachhaltigkeit meint dabei, die Ressourcen und die Umwelt zu schonen – ohne den Wert des Wohnraums<br />

oder die Lebensqualität zu zerstören. Bei unserem Streifzug durch die Welt der neuen Möglichkeiten zeigen wir autonome<br />

Dörfer in über hundert Meter hohen Türmen, Treescrapers, die den Wald wieder in die Stadt bringen, Häuser aus Müll, das<br />

Einbaumhaus, das stark an die Welt der Hobbits erinnert, oder auch den autarken Wohnwagon eines Wiener Unternehmens,<br />

der je nach Lust und Laune einmal am See, im Wald oder am Fuße eines Berges aufgestellt werden kann.<br />

Dass es sich in der Großstadt wie Wien dennoch nicht schlecht leben lässt, zeigt der 1. Platz als lebenswerteste Stadt der<br />

Welt. 2017 wurde Wien von der Beratungsagentur Mercer wieder als Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität eingestuft.<br />

Damit steht Wien seit 2009 durchgehend an der Spitze dieses Rankings. Wir haben uns die Möglichkeiten, diese<br />

ohnehin sehr grüne Stadt noch grüner zu machen, angesehen: Bauwerksbegrünungen, Dachgärten, blühende Fassaden<br />

haben in Wien die besten Chancen, noch weiter aufzublühen - nicht nur im Vorzeigeobjekt Hundertwasserhaus.<br />

Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt auch die Manager von morgen. Studenten veranlassten vor sieben Jahren,<br />

dass nachhaltige Entwicklung als Grundlagenthema in universitäre Lehrpläne aufgenommen wird. Aufgrund ihrer<br />

Initiative schlossen sich die vier größten Wiener Universitäten zusammen, um gemeinsam den Masterstudierenden<br />

einen interdisziplinären Lehrgang für nachhaltige Entwicklung anzubieten.<br />

Mit der Natur im Einklang befindet sich auch Federico Ruiz Santesteban aus Uruguay. Er hat bei einer Fotoausstellung<br />

im Wiener WUK seine Entwicklungstechnik von Fotos auf Blättern vorgestellt. Der Fotograf und Architekt nimmt dazu<br />

Blätter aus seinem Garten und arbeitet nur mit der natürlichen Photosynthese sowie mit Pigmenten, der Sonneneinwirkung<br />

und Schatteneffekten – also ohne Chemie. Die Resultate sind magische Bilder auf zauberhaften Blättern.<br />

Wir freuen uns, wenn wir mit unseren Themen wieder ein paar sehr schöne Anregungen für ein positives Leben<br />

im Einklang mit der Natur vorstellen können und wünschen viel Freude beim Lesen und Videoschauen.<br />

Eliana Crisafulli & Thomas Stodulka<br />

unlimitedmedia.at<br />

<strong>Zoë</strong> 07/173


•• INHALT<br />

•• GESUNDHEIT<br />

6 NADA-Akupunktur: Stichfeste<br />

Hilfe bei Sucht oder Traumen<br />

8 Kinder im Umfeld von heute:<br />

„The New Epidemics“<br />

10 Schwindel: Wenn sich die Welt<br />

im Kreis dreht<br />

12 1. Wiener Verdauungstag:<br />

Magen, Leber, Darm & Co.<br />

•• MENSCH<br />

14 Lebensraum & Gestaltung<br />

Lebendig, nachhaltig & autark<br />

19 Bauwerksbegrünung:<br />

Es lebe der Großstadtdschungel!<br />

•• BERUFSWELT<br />

22 Sustainability Challenge:<br />

Nachwuchs checkt Nachhaltigkeit<br />

•• SCHÖNHEIT<br />

24 Wirkstoffe & Essenzen:<br />

Die Mistel: Parasit & Heilmittel<br />

27 Essstörungen:<br />

Muss Schönheit leiden?<br />

•• LEBENSART<br />

28 Fotoentwicklung auf Pflanzen:<br />

Magische Bilder & zauberhafte Blätter<br />

30 Buch-Tipps<br />

31 Film-Tipp, Kulturtipp & Gewinnspiel<br />

IMPRESSUM<br />

Medieneigentümer & Herausgeber:<br />

Unlimited media<br />

video • web • print & more<br />

Crisafulli & Stodulka Unlimited<br />

Media GmbH<br />

Verlag & Redaktion:<br />

Salierigasse 26/4, 1180 Wien<br />

Kontakt:<br />

office@unlimitedmedia.at,<br />

Thomas Stodulka: +43(0)699/11 08 92 73<br />

Eliana Crisafulli: +43(0)699/11 99 68 70<br />

Web & Social Media:<br />

unlimitedmedia.at, zoe.imwebtv.at<br />

zoe.youtube.imwebtv.at<br />

facebook.com/zoeunlimitedmedia<br />

Chefredaktion:<br />

Thomas Stodulka, Eliana Crisafulli<br />

Lektorat:<br />

Alexandra Lechner<br />

Art-Direktion & Layout:<br />

Unlimited Media<br />

Beratung & Verkauf:<br />

Karin Duderstadt<br />

karin.duderstadt@icloud.com<br />

0676/390 18 52<br />

<strong>Zoë</strong> kommt aus dem Altgriechischen und<br />

bedeutet „Leben“ – genau darum geht es<br />

in diesem neuartigen Lebens-Art-<br />

Magazin: um die bunte Vielfalt des heutigen<br />

Daseins, gemischt mit der bunten<br />

Vielfalt der heutigen Medien.<br />

Unser Fokus liegt auf Inspiration, Motivation,<br />

Begeisterung und Freude durch Vor-,<br />

Um- und Andersdenker – und vor allem<br />

Vormacher. So sollen bemerkenswerte<br />

Ideen, Menschen und Unternehmen dieser<br />

Lebens-Art hier ihren Platz finden.<br />

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit<br />

verzichten wir auf eine geschlechtsspezifische<br />

Differenzierung, wie z.B.<br />

Teilnehmer/innen.<br />

4 <strong>Zoë</strong> 07/17


IF YOU CAN’T CHANGE THE<br />

WORLD, CHANGE YOURSELF!<br />

SPIEGELGESETZMETHODE.AT<br />

SPIEGELGESETZMETHODE.AT


•• GESUNDHEIT<br />

NADA-AKUPUNKTUR<br />

Stichfeste Hilfe bei<br />

Sucht oder Traumen<br />

Ob Nikotin-, Alkohol- oder Drogensucht, psychischer Missbrauch oder andere<br />

tiefe traumatische Erlebnisse: Die NADA-Akupunktur hat sich in der westlichen<br />

Welt zu einer beliebten komplementären Therapie in diesen Bereichen entwickelt.<br />

Stationär oder ambulant wird sie in Psychiatrischen Kliniken, Psychosozialen<br />

Diensten sowie Einrichtungen der Drogenberatung und -therapie äußerst erfolgreich<br />

eingesetzt. Sogar bei Säuglingen, deren Mütter in der Schwangerschaft<br />

einen Drogenabusus betrieben oder unter Substitutionstherapie standen, zeigte<br />

diese Methode eine sehr hohe Wirkung. Im Gegensatz zur klassischen Akupunktur,<br />

die stets individuell auf die persönlichen Befindlichkeiten des jeweiligen Menschen<br />

abgestimmt ist, hat die NADA-Akupunktur eine bestimmte fixe Anwendungstechnik.<br />

Es werden immer die gleichen fünf Punkte am Ohr stimuliert – und dies<br />

in Form einer Gruppentherapie.<br />

6 <strong>Zoë</strong> 07/17


Die positive Wirkung einer<br />

speziellen Ohr-Akupunktur-<br />

Technik bei Abhängigkeitserkrankungen<br />

wurde erstmals 1973<br />

von Dr. Wen und Dr. Cheung in<br />

Hongkong beschrieben. Dabei stand<br />

die Suchtproblematik damals nicht<br />

vordergründig im Interesse der beiden<br />

Neurochirurgen. Sie wollten vor<br />

allem die Atemfunktion ihrer Patienten<br />

nach Operationen verbessern.<br />

Als erfreulichen Nebeneffekt der<br />

Akupunktierung an fünf bestimmten<br />

Ohrpunkten verringerte sich jedoch<br />

auch deutlich das Suchtverlangen<br />

(Craving) sowie die vegetative<br />

Entzugssymptomatik.<br />

In den 1980er-Jahren ging der Psychiater<br />

Dr. Michael Smith schließlich<br />

am Lincoln Recovery Center in<br />

New York dieser speziellen Methode<br />

nach entwickelte diese mit seinem<br />

Team weiter. Unter dem Namen<br />

NADA-Akupunktur – NADA steht für<br />

die 1985 gegründete National Acupuncture<br />

Detoxification Association<br />

– blickt man heute auf jahrzehntelange<br />

erfolgreiche Erfahrung zurück.<br />

DDr. Thomas Ots, Obmann NADA-<br />

Akupunktur Austria, und Wolfgang<br />

Raith erklärten beim Allgemeinmedizinkongress<br />

letzten Herbst in Graz,<br />

warum die NADA-Akupunktur ihrer<br />

Ansicht nach vor allem so erfolgreich<br />

bei Sucht- und psychischen Erkrankungen<br />

ist.<br />

Nur fünf Ohrpunkte<br />

Die NADA-Akupunktur unterscheidet<br />

sich zur klassischen Akupunktur<br />

in einigen wichtigen Punkten. Während<br />

die klassische Akupunktur eine<br />

individuelle Diagnostik erfordert, ist<br />

die NADA-Akupunktur Diagnoseund<br />

Suchtstoff-unspezifisch und<br />

wird ausschließlich in Gruppentherapie<br />

vorgenommen. Der Faktor, dass<br />

die NADA-Therapie eine Gruppentherapie<br />

ist, ist besonders wichtig für<br />

abhängige Patienten – die Gruppe<br />

unterstützt und hilft gegen vorzeitiges<br />

Aufgeben, da die vegetativen<br />

Symptome und das Suchtverlangen<br />

in der Regel durch NADA gemildert,<br />

aber nicht gänzlich aufgehoben werden.<br />

Ein weiteres Element der Therapiewirkung<br />

ist die Non-Verbalität<br />

und Niederschwelligkeit: Alle Menschen<br />

werden akzeptiert, niemand<br />

wird nach seiner Abhängigkeit oder<br />

nach seiner Diagnose befragt. Außerdem<br />

ist natürlich Freiwilligkeit<br />

immer die beste Voraussetzung für<br />

einen Therapieerfolg. Niemand wird<br />

zur Ohr-Akupunktur gezwungen und<br />

alle werden angenommen. Patienten<br />

können bei Wunsch erst einmal<br />

an Gruppensitzungen teilnehmen,<br />

ohne akupunktiert zu werden.<br />

Fünf bestimmte Punkte werden stimuliert.<br />

Die Akupunktursitzungen finden in<br />

der Gruppe statt.<br />

Ängstliche Personen können mit nur einer<br />

Nadel beidseits beginnen oder sich für die<br />

NADA-Akupressur entscheiden. Die Magnetpflaster<br />

bleiben eine Woche im Ohr.<br />

Fotos: Thomas Ots<br />

Akupunktur oder Akupressur<br />

Ängstliche Personen können mit nur<br />

einer Nadel beidseits beginnen oder<br />

sich für die NADA-Akupressur mit<br />

Magnetpflastern entscheiden. Auch<br />

können Patienten selber bestimmen,<br />

wie lange sie an der Therapiesitzung<br />

teilnehmen wollen. Zunehmend häufiger<br />

als in der Therapie von Abhängigkeitserkrankungen<br />

wird das NADA-<br />

Protokoll in den letzten Jahren in der<br />

Therapie allgemein-psychiatrischer<br />

und traumatisierter Patienten als<br />

komplementäre Therapieform eingesetzt.<br />

Über die direkte Beeinflussung<br />

der inneren Organe wie Leber, Lunge<br />

und Niere hinaus hilft das NADA-Protokoll<br />

Patienten darin, Selbstvertrauen<br />

und innere Festigkeit zu erlangen<br />

bzw. überhaupt fähig und willens zu<br />

sein, sich auf einen psychotherapeutischen<br />

Prozess einzulassen.<br />

Grundlage dieses Prozesses ist eine<br />

durch die Akupunktierung angestoßene<br />

eigenleibliche Selbsterfahrung des<br />

Sich-wieder-Spürens, der „Wiederbeleibung“.<br />

Die Patienten bzw. Klienten<br />

werden gebeten, während der<br />

Therapie-Gruppensitzung möglichst<br />

nicht zu sprechen und sich nicht<br />

durch andere Tätigkeiten ablenken,<br />

sondern die Nadeln und die Gesamtsituation<br />

auf sich wirken zu lassen.<br />

Viele Patienten beschreiben, dass sie<br />

sich während der Therapie angenehm<br />

entspannt gefühlt haben, gleichzeitig<br />

aber auch wacher als sonst.<br />

INFOS ZUR<br />

NADA-AKUPUNKTUR<br />

Nach den USA ist die NADA<br />

Deutschland die größte Organisation<br />

mit vielen tausend ausgebildeten<br />

NADA-Therapeuten.<br />

Die NADA-Akupunktur Austria<br />

wurde 2006 gegründet.<br />

Infos & Therapeuten<br />

im deutschsprachigen Raum:<br />

nada-akupunktur.at<br />

nada-akupunktur.de<br />

nada-acupuncture.ch<br />

acudetox.com<br />

<strong>Zoë</strong> 07/177


•• GESUNDHEIT<br />

KINDER IM UMFELD VON HEUTE<br />

„The New Epidemics“<br />

Ist es tatsächlich so, dass immer mehr Kinder mit AD(H)S, Teilleistungsstörungen,<br />

Intelligenzminderung und Autismus therapiebedürftig sind?“, fragt<br />

Dr. Ulrich Enzel, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde aus Deutschland/<br />

Schwaigern beim Allgemeinmedizinkongress in Graz. Die Antwort ist: ja, leider.<br />

Erfahrene Lehrer und Erzieher bestätigen es aus ihrem Alltag: Diese Krankheitsbilder<br />

hat es früher ebenso häufig gegeben, jedoch sind es heute<br />

auffällig mehr Kinder mit typischen „Störungen der seelischen Gesundheit“.<br />

Die Hauptursachen liegen nicht unbedingt bei den Genen. Was diese jungen<br />

Menschen wirklich bedroht, ist das unmittelbare belastende Umfeld, dem sie<br />

schutzlos ausgeliefert sind“, so Dr. Enzel. Kinder brauchen vor allem Liebe,<br />

Geborgenheit, Respekt und Kommunikation auf Augenhöhe.<br />

New Epidemics“ werden<br />

unter Experten Kinder<br />

und Jugendliche mit<br />

soziogenen Störungen, Verhaltensauffälligkeiten<br />

und Adipositas<br />

genannt – kurzum mit Störungen<br />

der seelischen Gesundheit. Die Ursachen<br />

dafür liegen in belastenden<br />

Interaktionen zwischen Kindern und<br />

ihren primären Bezugspersonen.<br />

Dafür kann es zahlreiche Gründe<br />

geben: zum Beispiel im Falle einer<br />

unerwünschten Schwangerschaft,<br />

bei sozialen Belastungen vor sowie<br />

während der Schwangerschaft bzw.<br />

nach der Geburt.<br />

Gründe gibt es viele<br />

Auch fehlende Feinfühligkeit der Eltern,<br />

deren mögliche psychische Erkrankungen,<br />

unbewältigte Paar- und<br />

Familienkonflikte, kritische Lebensereignisse<br />

wie Trennung, Krankheit,<br />

Tod Nahestehender oder ökonomische<br />

Probleme wie Arbeitslosigkeit<br />

bewirken einen starken Risikoanstieg<br />

zur Entwicklung einer dieser genannten<br />

soziogenen Störungen. Dr. Enzel:<br />

„Sind drei dieser Situationen gegeben,<br />

steigt das Risiko bereits auf<br />

30,7 Prozent – bei vier zutreffenden<br />

Risiken sogar auf 47,7 Prozent.“<br />

Existenzielle und<br />

emotionale Sicherheit<br />

Einen sicheren Hinweis auf eine<br />

Entwicklungsgefährdung liefert<br />

oft der Sozioökonomische Status<br />

(SES). Ein niedriger SES erhöht<br />

statistisch gesichert lebenslang<br />

das Risiko psychischer Problemlagen,<br />

auch reduzierter Stresstoleranz<br />

und Depressionen und von<br />

Lernschwierigkeiten mit Auswirkungen<br />

bis in das künftige eigene<br />

Erziehungsverhalten und Familienklima<br />

gefährdeter Kinder. Folgende<br />

Parameter des SES gelten<br />

als schwere Risikobelastung, wenn<br />

bereits auch nur zwei Faktoren<br />

zutreffen: niedriges Bildungsniveau<br />

der Bezugsperson(en); enger<br />

Wohnraum; psychische Störung<br />

der Bezugsperson(en); Kriminalität;<br />

zerrüttete Familienverhältnisse;<br />

Ehekrisen – Streit, Trennung, emotionale<br />

Kühle; frühe Elternschaft<br />

(unter 18 Jahren); Ein-Eltern-Familie<br />

bei der Geburt sowie eine<br />

unerwünschte Schwangerschaft,<br />

mangelnde soziale Integration und<br />

Unterstützung; ausgeprägte chronische<br />

Probleme, aber auch mangelnde<br />

Bewältigungsfähigkeiten im<br />

Umgang mit Lebenskrisen.<br />

Anregungsarmut kann sich mindestens<br />

genauso negativ auf das<br />

Werden und Wachsen von Kindern<br />

auswirken wie die materielle. Charakteristisch<br />

sind eine auf das Notwendigste<br />

beschränkte, spracharme<br />

Kommunikation mit geringer kog-<br />

8 <strong>Zoë</strong> 07/17


Kinder brauchen Liebe, Geborgenheit, Sicherheit und lebendige interagierende Kommunikation auf Augenhöhe auf ihrem Lebensweg.<br />

nitiver und sprachlicher Anregung,<br />

ein kaum strukturierter Tagesablauf<br />

mit „grasendem“ Konsumieren oft<br />

ungesunder Fertig-Lebensmittel unabhängig<br />

von fixen Mahlzeiten und<br />

schließlich stundenlanges Ruhigstellen<br />

mittels medialer Angebote, die<br />

mangels echter Interaktion nie wirklich<br />

anregen können.<br />

Annahme & Förderung<br />

Kinder brauchen, um ihr individuelles<br />

Potenzial ausschöpfen<br />

und ihre Entwicklungsaufgaben<br />

altersgerecht bewältigen zu können<br />

– selbst zur neurobiologischen<br />

Entwicklung des Gehirns –, in ihrer<br />

Explorations- und Lernbereitschaft<br />

zwingend Unterstützung. Eine basisbildende,<br />

stabile Beziehung<br />

kann sich am besten entwickeln,<br />

wenn ein Kind in Kombination mit<br />

bedingungsloser Liebe und Wertschätzung<br />

auf Augenhöhe lebendig<br />

reagierende, Aufmerksamkeit<br />

schenkende Interaktion erfährt;<br />

konstant eine zuverlässige Reaktion<br />

auf seine Bedürfnisse erhält; mit<br />

stimmend verlässlichen Mitteilungen<br />

und einem positiv bestärkenden<br />

Antwort-Reagieren auf seine<br />

Angebote zur Kontaktaufnahme.<br />

Zudem sind das Vertrauen in dieses<br />

einzigartige Kind, verlässliche<br />

Sicherheit und Geborgenheit sowie<br />

die Echtheit und das ehrliche Interesse<br />

der Bezugspersonen Balsam<br />

für die kindliche Seele.<br />

FÖRDERUNG EINES POSITIVEN SELBSTBILDES<br />

• Ungeschuldete, bedingungslose Liebe<br />

• Wertschätzung als gleichrangiger Partner<br />

• Echtheit und ehrliches Interesse der Bezugsperson<br />

• Autonomie versus ständige Kontrolle („Hubschrauber-Bezugsperson“)<br />

• Vertrauen in dieses einzigartige Kind<br />

• Anregung und Unterstützung geben, zur freien Entfaltung einer eigenen,<br />

originellen Persönlichkeit<br />

• Verlässlich Sicherheit und Geborgenheit spenden<br />

• Zulassen von Gefühlen (der eigenen wie der des Kindes)<br />

<strong>Zoë</strong> 07/179


•• GESUNDHEIT<br />

SCHWINDEL (VERTIGO)<br />

Wenn sich die Welt<br />

im Kreis dreht<br />

Wichtige und häufigste Schwindelerkrankungen können heute auch schon<br />

ohne langwierige und teure Spezialuntersuchungen abgeklärt und effizient<br />

behandelt werden. Die meisten davon schon bei der Erstanlaufstelle – beim<br />

Allgemeinmediziner. Denn 75 Prozent aller Schwindelfälle lassen sich auf nur<br />

sechs Diagnosen reduzieren und auch mit simplen Methoden klären. Eine<br />

Unterscheidung ist jedoch absolut notwendig, um unnötige Untersuchungen<br />

zu vermeiden: Schwindelattacken können nicht nur körperliche, sondern<br />

durchaus auch psychische Auslöser haben – meist wenn jemand buchstäblich<br />

plötzlich im Leben „den Boden unter den Füßen verliert“.<br />

10 <strong>Zoë</strong> 07/17


Wenn ich mich an<br />

meine neurologische<br />

Ausbildung vor mehr<br />

als 35 Jahren zurückerinnere, war<br />

alles, was die Diagnose „Schwindel“<br />

anbelangt, in der Tat sehr dürftig,“<br />

erinnert sich Dr. Bernd Pommer,<br />

Facharzt für Neurologie und Psychiatrie<br />

aus Zell am See. „Nur einige<br />

wenige Schwindelformen wurden<br />

beschrieben – aus heutiger Sicht<br />

fast alle falsch, mit entsprechend<br />

unzureichenden therapeutischen<br />

Ansätzen. Erst in den Jahren vor der<br />

Jahrtausendwende begann Prof. Dr.<br />

Dr.h.c. Thomas Brandt in München<br />

mit seinem Team ein wissenschaftlich<br />

und klinisch fundamentiertes<br />

System mit praktisch anwendbaren<br />

therapeutischen Grundlagen in die<br />

Diagnostik zu bringen.“<br />

Jeder kennt das Gefühl, denn<br />

schwindelig werden kann einem<br />

schon mal recht schnell passieren.<br />

Zum Beispiel wenn das Gleichgewichtsystem<br />

bei einer Karussellfahrt<br />

durcheinandergebracht wurde und<br />

Gleichgewichtsstörungen, Schwitzen<br />

oder Übelkeit bis zum Erbrechen die<br />

Folge sind.<br />

Körperliche Ursachen<br />

leicht feststellbar<br />

Schwindelanfälle können jedoch<br />

ein wichtiges Leitsymptom bei etlichen<br />

Erkrankungen sein, wie etwa<br />

Erkrankungen des Innenohrs, Herz-<br />

Kreislauf-Leiden oder neurologische<br />

Störungen wie die Multiple Sklerose<br />

oder auch ein Hirntumor. Verglichen<br />

mit anderen Krankheiten, die<br />

langwierig erst durch bildgebende<br />

Untersuchungen durch verschiedene<br />

Institutionen abgeklärt werden<br />

müssen, gibt es mittlerweile beim<br />

Schwindel eine breite Palette an klinischen<br />

Untersuchungen und Techniken,<br />

die auch beim Allgemeinmediziner<br />

durchführbar sind. „Dadurch<br />

sind eine sichere Diagnose sowie<br />

Behandlungsrichtlinien gegeben“, so<br />

Dr. Pommer.<br />

Arten der Dysbalancen<br />

Eine sehr häufige Art des Schwindels<br />

ist der „periphere Schwindel“. Dieser<br />

entsteht, wenn das Gleichgewichtsorgan<br />

im Innenohr ausfällt oder der<br />

Gleichgewichtsnerv geschädigt ist. Die<br />

individuelle Wahrnehmung des Betroffenen<br />

ist dann so, als würde sich<br />

die Umwelt oder sogar er selbst bewegen.<br />

Diese peripheren Schwindelformen<br />

setzen besonders akut und heftig<br />

ein, verlaufen aber in der Regel so<br />

typisch, dass in Kenntnis ihrer Symptome<br />

und neurologischen Zeichen<br />

eine rasche Diagnose und auch Behandlung<br />

möglich ist. Dr. Pommer: „In<br />

diesen Fällen lässt sich die Therapie,<br />

welche durch eine Art ,Befreiungsmanöver‘<br />

schon auf der Untersuchungsliege<br />

erfolgt, sofort durchführen.“<br />

Der durch die Halswirbelsäule verursachte<br />

cervikogene Schwindel<br />

gehört ebenfalls zu den nach wie<br />

vor am häufigsten auftretenden<br />

Schwindelarten. Bei dieser Art von<br />

Schwindel leiden die Betroffenen<br />

nicht unter einem Drehschwindel,<br />

sondern unter einem Schwankschwindel<br />

oder einer Gangunsicherheit.<br />

Die Beschwerden nehmen häufig<br />

bei Bewegung oder nach längerer<br />

Zwangshaltung zu und sind oft mit<br />

Nackenschmerzen verknüpft. Sie<br />

können Minuten oder bis zu mehreren<br />

Stunden andauern. Hier liefern<br />

Röntgenbilder der Halswirbelsäule<br />

meist die nötigen Beweise.<br />

Bei akuten, lebensbedrohlichen, mit<br />

Schwindel einhergehenden Hirnstammereignissen,<br />

wie zum Beispiel<br />

bei einem Schlaganfall, kann das rasche<br />

Erkennen und Handeln lebensrettend<br />

sein. In diesen Fällen sind<br />

klinische Abklärungen unbedingt<br />

erforderlich. Folgende Unterscheidungskriterien<br />

sollten daher gleich<br />

beobachtet und beim Arzt bzw. im<br />

Spital gleich angegeben werden:<br />

•• Art des Schwindels: Dreh- oder<br />

Schwankschwindel?<br />

•• Dauer: Sekunden, Stunden, Tage,<br />

Wochen, Dauerschwindel?<br />

•• Auslöser/Verstärkung: Wann tritt<br />

der Schwindel auf? Ruhezustand?<br />

Bewegung? Lagerung? Lageänderung?<br />

Oder in bestimmten<br />

Situationen?<br />

Psychische Ursachen<br />

nach wie vor unterschätzt<br />

„Unterschätzt werden nach wie vor<br />

die psychogenen Schwindelformen“,<br />

gibt Dr. Bernd Pommer zu Bedenken.<br />

„Dabei ist es gerade diese Form,<br />

die meistens eine Vielzahl an unnötigen<br />

Untersuchungen nach sich<br />

zieht und zu falschen medikamentösen<br />

Strategien führt.“ Die häufigste<br />

psychogene Form ist der phobische<br />

Schwankschwindel. Er entsteht<br />

meistens im Zusammenhang mit<br />

starken, außergewöhnlichen sowie<br />

plötzlich auftretenden psychischen<br />

Belastungen und äußert sich<br />

in Stand- und Gang-unsicherheiten<br />

bzw. einer starken Fallneigung.<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1711


•• GESUNDHEIT<br />

1. WIENER VERDAUUNGSTAG<br />

Magen, Leber,<br />

Darm & Co.<br />

Der 1. Wiener Verdauungstag findet<br />

am 5. Mai 2017 im Festsaal des Wiener<br />

Rathauses statt. In zahlreichen Vorträgen<br />

erklären Experten aus der Schul- und<br />

Komplementärmedizin ihre verschiedenen<br />

Zugänge und Erkenntnisse.<br />

Während in den letzten<br />

Jahren die Wichtigkeit<br />

des Darmes immer<br />

mehr in den Fokus der Medizin rückte,<br />

erkannte der österreichische Forscher<br />

und Naturheilarzt Dr. Franz Xaver<br />

Mayr schon zu seiner Zeit (1875– 1965)<br />

den Darm als zentrales „Wurzelsystem“<br />

des Menschen. Die berühmte<br />

Mayr-Semmelkur ist eine auf seinen<br />

Erkenntnissen basierende und nach<br />

ihm benannte Diagnostik- und Therapiemethode,<br />

die auf der Schonung,<br />

Säuberung und Schulung des Verdauungsapparates<br />

und der Substitution<br />

von notwendigen Vitalstoffen beruht.<br />

In den letzten Jahrzehnten hat sich<br />

die moderne Diagnostik und Therapie<br />

mittlerweile zu einem hervorragenden<br />

Mittel zur ursächlichen Behandlung<br />

der meisten Zivilisationserkrankungen<br />

und Beschwerden in deren Vorfeld<br />

weiterentwickelt und hat mit der<br />

ursprünglichen Milch-Semmel-Diät<br />

nichts mehr zu tun.<br />

Am 1. Wiener Verdauungstag findet<br />

nun eine umfassende Veranstaltung<br />

zu diesem Thema statt, die sämtliche<br />

Aspekte – schulmedizinisch, homöopathisch,<br />

chinesisch, tibetisch, ayurvedisch<br />

oder psychisch – beleuchtet.<br />

Von früh bis spät werden Experten<br />

Vorträge zu ihren speziellen Fachthemen<br />

halten.<br />

1. WIENER VERDAUUNGSTAG<br />

VORTRAGSTHEMEN<br />

•• Homöopathie bei Magen-, Darm- und Lebererkrankungen<br />

•• Reflux: wenn die Speiseröhre brennt<br />

•• Fettleibigkeit: Von den Ursachen bis zur chirurgischen<br />

und interdisziplinären Behandlung<br />

•• Die Wirkung von sekundären Pflanzenstoffen auf den Darm<br />

•• Häufige Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse<br />

•• Gallenblasenerkrankungen: Was tun?<br />

•• Traditionelle tibetische Medizin bei<br />

Nahrungsmittelunverträglichkeiten<br />

•• Die Psyche und der Verdauungstrakt<br />

•• Gastritis und Oberbauchschmerzen<br />

•• Gesunder Darm, gesunder Mensch: Einfluss des Darms<br />

auf Körper und Geist<br />

•• Ernährung: eine der fünf Säulen der Kneippmedizin<br />

•• Fettleber: eine Volkskrankheit?<br />

•• Was hat der Darm mit Fettleber und Übergewicht zu tun?<br />

•• Ursachen der Müdigkeit: auch eine Frage von Ernährung<br />

und Bewegung?<br />

•• Unbestimmte Bauchschmerzen<br />

•• Vom Reizmagen zur Gastritis<br />

•• Pankreaszyste: Was ist das?<br />

•• Ayurveda: 5.000 Jahre indische Heilkunst<br />

•• Die Low-FODMAP-Diät beim Reizdarmsyndrom<br />

•• Was tun bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten?<br />

•• Der Reizdarm in der Traditionellen Chinesischen Medizin<br />

Die Veranstaltung findet am 5. Mai 2017 von 10.00 bis 18.00 Uhr statt.<br />

Der Eintritt ist frei.<br />

12 <strong>Zoë</strong> 07/17


•• MENSCH<br />

Nicht zu schön, um wahr zu sein, die Zukunft ist jetzt! In Indien wird gerade diese faszinierende Stadt namens „Hyperions“ gebaut: fast komplett autark un<br />

LEBENSRAUM & GESTALTUNG<br />

Lebendig, nachhaltig & autark<br />

Derzeit leben 7,4 Milliarden Menschen auf der Erde, mehr als die Hälfte davon in Städten –<br />

Tendenz steigend. Neue Ideen und Formen des Zusammenlebens und Wohnens sind<br />

gefragt – von der Architektur, der Politik und letztlich der gesamten Bevölkerung. Vor allem<br />

geht es dabei schon längst nicht nur um Wohnen im eigentlichen Sinne, sondern um das<br />

Zusammenspiel von Mensch, Natur und Gesellschaft. Innovative Konzepte müssen heute<br />

nachhaltig sein, vor allem in Sachen Energie möglichst autark und gleichzeitig sozial verträglich,<br />

erschwinglich und dennoch Komfort, Individualität und Selbstbestimmtheit ermöglichen.<br />

Wir haben uns umgesehen und einige Trends wie die Vision einer Öko-Stadt in Indien, das<br />

Plusenergiehaus, die Treescrapers oder autarke Häuser und den Wohnwagon unter die Lupe<br />

genommen und festgestellt: Das sind ja wunderschöne Aussichten!<br />

14 <strong>Zoë</strong> 07/17


oder den Aufzug gegen Ende des 19.<br />

Jahrhunderts war man in der Lage,<br />

Häuser über zehn Stockwerke anzufertigen.<br />

Heute ist das höchste Haus<br />

der Burj Khalifa in Dubai mit über 160<br />

Stockwerken und einer Höhe von 828<br />

Metern. Dabei handelt es sich aber<br />

um Prestigeobjekte, die sich für das<br />

Wohnen der Zukunft kaum eignen.<br />

rk und mit vorwiegend natürlichen Materialien. Videoinfos dazu auf: zoe.imwebtv.at/videos/hyperions<br />

Bis vor rund 12.000 Jahren<br />

lebten die Menschen als<br />

Jäger und Sammler ohne<br />

festen Wohnsitz. Mit der einsetzenden<br />

landwirtschaftlichen Revolution<br />

begann der Wohnraum an Bedeutung<br />

zu gewinnen. Seither bevorzugen<br />

Menschen feste Behausungen zum<br />

Schutz vor Witterung, zur Sicherheit,<br />

für die Zubereitung und Lagerung von<br />

Nahrung, aber auch für Repräsentationszwecke.<br />

Das Bedürfnis nach Wohnung<br />

und Unterkunft zählt neben<br />

Nahrung, Wasser und Kleidung zu<br />

den wichtigsten Grundbedürfnissen<br />

der Menschen. Unser heutiger Begriff<br />

„Wohnen“ geht auf das althochdeutsche<br />

„wonên“ zurück und bedeutet<br />

so viel wie „zufrieden sein“ oder<br />

„bleiben“. Lebten früher vor allem<br />

Familien gemeinsam in Wohnungen,<br />

nimmt der Wohnungsengpass heute<br />

durch die Einpersonenhaushalte und<br />

alternative Wohngemeinschaften zu.<br />

Je mehr Menschen auf der Erde lebten,<br />

umso knapper wurde auch der<br />

Wohnraum. Mit dem Entstehen großer<br />

Ballungszentren und Städte kannte<br />

man schon im Mittelalter das Problem<br />

der Wohnungsnot. Architekten<br />

versuchten deshalb schon damals,<br />

das Problem zu lösen, indem sie in die<br />

Höhe bauten. Aber die Materialien begrenzten<br />

die Bemühungen. Erst durch<br />

Erfindungen wie den Stahlskelettbau<br />

Nützlicher Lebensraum<br />

Die wirklichen Innovationen sind<br />

Konzepte, die das Zusammenspiel<br />

von Mensch, Natur und Gesellschaft<br />

ermöglichen. Sie sind nachhaltig,<br />

energieautark und bieten dennoch<br />

gleichzeitig Komfort und Individualität.<br />

Nachhaltigkeit meint dabei, die<br />

Ressourcen und die Umwelt zu schonen<br />

– ohne den Wert des Wohnraums<br />

oder die Lebensqualität zu zerstören.<br />

Wichtig sind dabei auch die Aspekte<br />

Energieeffizienz, Raumaufteilung<br />

sowie Raumklima. Vor allem bei der<br />

Frage der Energie brauchen wir beim<br />

Thema Wohnen ein Umdenken. Nicht<br />

nur, weil fossile Brennstoffe irgendwann<br />

ausgehen, der CO 2<br />

-Ausstoß ist<br />

nach wie vor weltweit ein Problem<br />

und muss drastisch gesenkt werden.<br />

Irland nimmt hier als erstes Land im<br />

Kampf gegen den Klimawandel eine<br />

Vorreiterrolle ein und veranlasst den<br />

irischen Staatsfonds, alle Investitionen<br />

in fossile Brennstoffe zu stoppen.<br />

Das Bewusstsein im Wohnungsbau<br />

geht in den letzten Jahren somit immer<br />

mehr zu nachhaltigen Energiekonzepten<br />

und Umweltschutz. Häuser<br />

müssen ihren Energieverbrauch<br />

drastisch reduzieren, im besten Fall<br />

sogar Energie produzieren. Eine Lösung<br />

sind Niedrigenergiehäuser, die<br />

einen sehr geringen Energiebedarf<br />

an Heizwärme und Warmwasseraufbereitung<br />

haben. Das Sparpotenzial<br />

wird vor allem durch eine stark verbesserte<br />

Wärmedämmung erreicht.<br />

Das Passivhaus hingegen kommt<br />

durch ein optimiertes Zusammenspiel<br />

von Lüftung, Wärmedämmung<br />

und Sonneneinstrahlung auf den<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1715


Das nennt man Upcycling-Design! Die wunderschönen „Earthships“ sind aus „Müll“<br />

gemacht und können relativ schnell z.B. in Katastrophengebieten gebaut werden.<br />

Zum Video auf das Bild oder den Link klicken: zoe.imwebtv.at/videos/earthships<br />

Stadt und Natur im Einklang: Das Projekt „Treescrapers“ zeigt, wie es geht.<br />

Zum Video auf das Bild oder den Link klicken: zoe.imwebtv.at/videos/treescrapers<br />

Fenstern ganz ohne Heizung aus und<br />

gilt als konsequente Weiterentwicklung<br />

des Niedrigenergiehauses. Das<br />

Optimum ist aber das Plusenergiehaus.<br />

Es ist eine Weiterentwicklung<br />

des Passivhauses, aber es produziert<br />

mittels Sonnenkollektoren und<br />

Wärmespeichern mehr regenerative<br />

Energie, als gebraucht wird – und<br />

auch noch emissionsfrei.<br />

Das autarke Dorf der Türme<br />

Ein ähnliches Konzept, aber auf eine<br />

Kleinstadt umgelegt, entsteht gerade<br />

in Indien: Hyperions. Dabei handelt<br />

es sich um eine Art in die Höhe gebaute,<br />

autarke Siedlung in der Nähe<br />

von Neu-Dehli. In den sechs 128 Meter<br />

hohen Türmen wird es rund 1.000<br />

Wohnungen, Büros und Co-Working-<br />

Spaces geben. Spätestens 2022 soll<br />

das Projekt fertiggestellt sein. Den<br />

Name Hyperion hat man von einem<br />

Küstenmammutbaum in Kalifornien<br />

abgeleitet, der als der höchste der<br />

Welt gilt. Masterminds dieser Lösung<br />

sind der indische Agrarökologe<br />

Amlankusum und die Städteplanerin<br />

Kamalesh, seine Frau. Sie wollen<br />

die Stadt in eine Wildnis verwandeln,<br />

sie mit Leben füllen und zu einer<br />

Natur-Stadt machen. Die sechs<br />

Türme bestehen zu 75 Prozent aus<br />

natürlichem Material, hauptsächlich<br />

Holz aus einem nahe gelegenen und<br />

nachhaltig aufgeforsteten Wald. Nur<br />

für das Fundament und Grundgerüst<br />

sind Beton und Stahl nötig, auch<br />

um die Türme erdbebensicher zu<br />

machen. Zudem muss die Struktur<br />

brandresistent sein und einen guten<br />

Schallschutz sowie Wärmeisolation<br />

bieten. Hyperions soll fast komplett<br />

autark sein und sogar mehr Energie<br />

produzieren, als die Bewohner<br />

verbrauchen. Dafür sorgen Solarzellen<br />

an Turmfassaden, auf Balkons<br />

und Dächern. Zusätzliche Energie<br />

wird aus organischen Abfällen und<br />

aus Windlampen-Pfosten gewonnen.<br />

Letztere beleuchten die Wege<br />

mit Energie, die mithilfe von an den<br />

Pfosten angebrachten Windturbinen<br />

gewonnen wird. Der Wasserverbrauch<br />

in dem Quartier soll rund 90<br />

Prozent unter dem Durchschnitt liegen<br />

– trotz natürlichem Swimmingpool.<br />

Regenwasser wird aufgefangen<br />

und zu Speichern weitergeleitet.<br />

Ein Recycling-System lässt Wasser<br />

in Gärten und auf Balkons fließen,<br />

wo Obst und Gemüse wachsen.<br />

Für die Beheizung und die Klimatisierung<br />

wird Luft durch ein System<br />

von Windschloten in das Innere des<br />

Komplexes geleitet und unterwegs<br />

durch die Erdwärme je nach Jahreszeit<br />

und Lufttemperatur entweder<br />

abgekühlt oder aufgewärmt.<br />

Ein Wald aus Wolkenkratzern<br />

Wie die nachhaltigen Hochhäuser Architektur<br />

mit Natur vereinen und das<br />

Wohnen im Grünen auch auf kleinstem<br />

Raum ermöglichen, zeigt das<br />

Projekt der „Treescrapers“ (Baumkratzer<br />

in Anlehnung an den Begriff<br />

Wolkenkratzer). Durch sie können die<br />

Städte zu grünen Oasen verwandelt<br />

werden. Denn die modernen Baumhäuser<br />

ermöglichen das Leben mitten<br />

in der Millionenstadt und gleichzeitig<br />

im Wald. Erfunden wurden die<br />

„Treescrapers“ von der Architekturinitiative<br />

der Stiftung OAS1S. Sie sind<br />

den Entwürfen nach jeweils sechs<br />

Meter breit und lang sowie zwölf<br />

Meter hoch – also etwa so groß wie<br />

Bäume. Die vier Stockwerke werden<br />

komplett aus Recyclingholz gebaut,<br />

rundherum begrünt und dazu<br />

ausschließlich mit Naturmaterialien<br />

gedämmt. Zudem sammeln sie Regenwasser<br />

sowie Sonnenenergie und<br />

geben dank der Bepflanzung Sauerstoff<br />

an die Umgebung ab. Nachhaltiges<br />

Wohnen ist durch 100-prozentige<br />

Unabhängigkeit gewährleistet.<br />

Solaranlagen auf den Dächern sowie<br />

eine Warmwasserpumpe versorgen<br />

das Gebäude mit ausreichend Strom<br />

16 <strong>Zoë</strong> 07/17


und Wärme. Doch sie haben auch einen<br />

zusätzlichen Nutzen als Bäume:<br />

Sie reinigen die Luft, spenden Schutz<br />

und bieten Nahrung.<br />

Schwimmende Häuser<br />

und „Müll“ als Baustoff<br />

Globale Klimaerwärmung und auch<br />

die Armut in den Ländern der Dritten<br />

Welt zwingen zu neuen Formen<br />

des Bauens. Schwimmende Häuser<br />

sind besonders in Holland ein Thema,<br />

um der stetigen Hochwassergefahr<br />

zu begegnen. Die Häuser schwimmen<br />

quasi direkt auf dem Wasser und<br />

können mit dem Hochwasser aufsteigen.<br />

In ärmeren Ländern sind vor allem<br />

die Kosten ein zentrales Thema.<br />

Nach einem Fest in Honduras kam<br />

der deutsche Zimmermann Andreas<br />

Froese auf den Gedanken, die weggeworfenen<br />

PET-Flaschen, gefüllt mit<br />

Bauschutt und Erde, zum Hausbau<br />

zu verwenden. Vermauert mit Mörtel<br />

ergeben sie eine alternative, kostengünstige<br />

Upcycling-Variante. Auch<br />

Michael Reynolds hat ein alternatives<br />

Konzept entwickelt, um rasch Wohnraum<br />

aus Abfällen zu schaffen. Er ist<br />

der Erfinder des „Earthship“ – einem<br />

ausgeklügelten Haussystem, das nur<br />

aus Abfällen der Zivilisationsgesellschaft<br />

entsteht und völlig autark bezüglich<br />

Wärme, elektrischer Energie,<br />

Wasser und Abwasser ist. Die Wände<br />

sind aus mit Erde gefüllten Autoreifen,<br />

Glasflaschen und Blechdosen<br />

und dienen als thermischer Speicher,<br />

so dass keine Heizung benötigt wird.<br />

Er ist nicht mehr Architekt und nennt<br />

sich nun „Biotekt“ – und das zu Recht.<br />

Nachdem Michael Reynolds schon<br />

nach einigen Naturkatastrophen, wie<br />

z.B. nach dem Tsunami in Asien oder<br />

dem Erdbeben in Haiti, schnell zur<br />

Stelle war, um betroffenen Obdachlosen<br />

eine neue Wohngelegenheit<br />

zu ermöglichen, sieht er nun auch in<br />

Europa mit seinem „Earthship“ eine<br />

Methode, wie sich syrische Flüchtlinge<br />

ein neues Zuhause schaffen können.<br />

Die Freiheit ruft – autarke<br />

Wohnmodelle sind gefragt<br />

Immer me hr Menschen wollen möglichst<br />

unabhängig von Energieversorgern<br />

sein. Technisch möglich ist das<br />

bereits. Timo Leukefeld, ein deutscher<br />

Solartechnikunternehmer hat sein Eigenheim<br />

so konzipiert, dass es sich<br />

eigenständig mit Strom und Wärme<br />

versorgt. Rund 90.000 Euro entfielen<br />

dabei auf die Technologie für die<br />

Autarkie. Die Energie kommt von der<br />

Sonne und einer Solar thermieanlage<br />

auf seinem Dach. Das damit beheizte<br />

Wasser wird in einem Wassertank für<br />

die kalten Winter gespeichert. In Jahren<br />

mit guter Witterung reicht der Sonnenstrom,<br />

um auch das Elektroauto<br />

zu betanken. Für die sonnenarmen<br />

Wintermonate ist es aber sinnvoll,<br />

einen Stromanschluss zu haben, um<br />

Energie zukaufen zu können – auch<br />

Leukefeld musste es tun, wenn auch<br />

oft nur wenige Kilowattstunden. Eine<br />

komplett autarke Struktur wäre auch<br />

heute schon möglich – aber die letzten<br />

Prozent zur 100-Prozent-Autarkie<br />

wären überproportional teuer.<br />

Das Prinzip Autarkie steht auch beim<br />

Team von Wohnwagon im Mittelpunkt<br />

der Überlegungen. Seit fünf<br />

Jahren plant, baut und verfeinert<br />

Ideengeber Christian Frantal aus<br />

Wien mit seinem Team das Konzept<br />

eines Mikrohauses mit Energie-<br />

Autarkie-Philosophie. Der Startschuss<br />

gelang 2012 mit dem durch Crowdfunding<br />

finanzierten Prototyp „Oskar“.<br />

Zehn Stück wurden schon gebaut,<br />

weitere zehn sind in Planung und<br />

ständig kommen neue Anfragen<br />

nach autarken Einfamilienhäusern.<br />

Komfort & Design auf<br />

kleinstem Raum<br />

Wichtig ist, Wohnkomfort und den<br />

achtsamen Umgang mit der Natur<br />

ohne Anbindung an die notwendige<br />

technische Infrastruktur zu vereinen.<br />

Das Ziel ist, einen geschlossenen<br />

Wohnkreislauf zu kreieren – nachhaltig<br />

und mobil, aber auch top vom<br />

Design her. Die Außenwand des<br />

Die Idee der wandelbaren Kulisse ist aus Österreich: Mit dem „Wohnwagon“ wechselt nicht der Besitzer das Haus,<br />

sondern das Haus die Umgebung und hinterlässt dabei keine Spuren. Videoinfos: zoe.imwebtv.at/wohnwagon<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1717


Noch eine Idee aus Österreich – das Einbaumhaus. Biologische, möglichst unbearbeitete<br />

Materialien und nachwachsende Rohstoffe bringen ein Stück Natur ins Haus.<br />

Zum Video auf das Bild oder den Link klicken: zoe.imwebtv.at/videos/einbaumhaus<br />

Wohnwagons besteht aus Lärchenholz.<br />

Dieses ist besonders harzhaltig.<br />

Das macht das Holz auf natürliche<br />

Weise sehr widerstandsfähig. Die<br />

Harze und Öle wirken antibakteriell<br />

und schützen vor Motten und anderen<br />

Insekten. Eine Photovoltaik-<br />

Anlage versorgt das mobile Zuhause<br />

ganzjährig mit Strom, eine Solar-<br />

Zentralheizung verhilft zu Wohnkomfort<br />

und heißem Wasser.<br />

Das Flachdach übernimmt gleich<br />

mehrere Funktionen: Die Sumpfpflanzen<br />

dienen als Pflanzenkläranlage<br />

für das Brauchwasser, die Terrasse<br />

ist exklusive Wohnraumerweiterung<br />

und durch die Verdunstung am Dach<br />

kann ein zusätzlicher Kühleffekt im<br />

Sommer erzielt werden. Eine eigene<br />

Bio-Toilette garantiert unabhängiges,<br />

ökologisches Wohnen. Die Größe eines<br />

Wohnwagons beträgt – je nach<br />

Ausbaustufe – zwischen 15 und 33<br />

Quadratmetern, bietet aber auf jeden<br />

Fall einen vollwertigen, natürlichen<br />

Wohnraum. Ein weiterer Vorteil des<br />

autarken Wohnwagons ist der Ort, wo<br />

man ihn aufstellen möchte. „Denn ein<br />

Baugrund mit Strom-, Gas- und Kanalanschluss<br />

wird nicht benötigt“, erklärt<br />

Christoph Raz, Experte für Baurecht<br />

bei Wohnwagon. Letztlich muss<br />

man in der Praxis aber immer mit der<br />

Gemeinde oder dem Bürgermeister<br />

ein Einvernehmen treffen, denn einheitliche<br />

Regeln für das Aufstellen gibt<br />

es noch nicht. Möglich wären aber die<br />

grüne Wiese, der Waldrand oder das<br />

Seeufer. Entweder ist der Wohnwagon<br />

sowieso mobil oder er wird mit Traktor<br />

und Lastwagen einfach umgezogen –<br />

so oft und wohin man will. Selbstbestimmung<br />

wird aber bei Wohnwagon<br />

prinzipiell groß geschrieben. Auch ein<br />

Workshop zum Selberbauen wird angeboten.<br />

„Kooperation ist uns wichtiger<br />

als neoliberale Konkurrenz“, erklärt<br />

Christian Frantal.<br />

Einbaumhaus mit<br />

natürlichem Zugang<br />

Eine andere revolutionäre Art des<br />

Bauens hat der Kärntner Baukünstler<br />

Wolfgang Lackner vorgestellt. Die<br />

Natur selbst soll dabei zum Wohnraum<br />

werden. Das Einbaumbaus, so<br />

der Name dieses neuen Konzepts,<br />

besteht aus rein biologischen, möglichst<br />

unbearbeiteten Materialien und<br />

aus nachwachsenden Rohstoffen und<br />

bleibt so quasi selbst ein Stück Natur.<br />

Es richtet sich „gegen den klassischen<br />

Bauwahn mit all seinen Normen“ und<br />

leistet einen aktiven Beitrag zum Umwelt-<br />

und Klimaschutz. Bei diesem<br />

Low-Impact-Haus existieren keine geraden<br />

Mauern und auch keine Ecken.<br />

Das Interieur besteht im Wesentlichen<br />

aus einem Raum. Anstatt herkömmlicher<br />

Zimmer bieten Kokons Platz<br />

und Ruhe für einen gesunden Schlaf.<br />

Wie sich das Einbaumhaus ausformen<br />

wird, hänge vor allem von den<br />

Wünschen und Vorstellungen der zukünftigen<br />

Bewohner ab. Die spezielle<br />

Bauweise und die Materialien, die bei<br />

der Errichtung eines Einbaumhauses<br />

verarbeitet werden, schonen die Umwelt<br />

und fördern das Wohlbefinden<br />

und die Gesundheit seiner Bewohner.<br />

Denn die mit Lehm verputzten Strohwände<br />

bieten eine optimale Wärmedämmung<br />

und wirken sich auch positiv<br />

auf das gesamte Raumklima aus.<br />

Die Mindestlebensdauer soll trotzdem<br />

100 Jahre betragen und danach entfallen<br />

die Kosten für die Bauschuttentsorgung.<br />

Denn das Haus kompostiert<br />

vor Ort zu wertvollem Humus.<br />

Wunderbare Aussichten<br />

Eines zeigt sich bei allen Projekten:<br />

Egal, ob Wohnturm, Treescraper<br />

oder autarkes Wohnprojekt – die<br />

Menschen sind auf der Suche nach<br />

Selbstbestimmtheit, Freiheit und Natur.<br />

Schön, dass Wohnen auch ohne<br />

Eremitendasein im Einklang mit der<br />

Natur immer mehr möglich wird – und<br />

dabei selbstbestimmt, energieautark<br />

und nachhaltig sein kann.<br />

Infos, Links & Quellen:<br />

vincent.callebaut.org (Hyperions)<br />

oas1s.com (Treescrapers)<br />

earthship.com<br />

wohnwagon.at<br />

einbaumhaus.at<br />

planet-wissen.de<br />

photovoltaik.one<br />

Matthias Horx, Oona Horx-Strathern,<br />

Christiane Varga; Hg: Zukunftsinstitut;<br />

Trendstudie Zukunft des Wohnens,<br />

Frankfurt 2017<br />

18 <strong>Zoë</strong> 07/17


Foto: Vera Enzi/Verband für Bauwerksbegrünung Österreich<br />

BAUWERKSBEGRÜNUNG IN WIEN<br />

Es lebe der Großstadtdschungel!<br />

Die Bezeichnung Großstadtdschungel bekommt endlich eine neue Bedeutung.<br />

Denn das Bedürfnis der Städter nach Natur ist fundamental und stark im Wachsen.<br />

Es ist viel mehr als eine Modeerscheinung, eher eine grundlegende Notwendigkeit.<br />

Nun scheint die Zeit reif, Technik und Natur harmonisch zusammenwachsen zu<br />

lassen. Botaniker, Gärtner, Bauingenieure, Architekten, aber auch Privatpersonen<br />

sind gefragt, vorhandene Ressourcen so zu kombinieren, dass sie sich perfekt<br />

ergänzen. In Zeiten des Klimawandels ist der Zeitgeist geprägt von Urban<br />

Gardening, Nachbarschaftsgärten, grünen Innenhöfen, Dachterrassen und<br />

begrünten Haus fassaden – sie alle tragen zu einer besseren Lebensqualität in<br />

der Stadt bei. Sie sorgen nicht nur für das seelische Wohl des Menschen. Es liegt<br />

in der Natur der Sache, dass Pflanzen bei Hitze ein angenehmeres Klima sowie<br />

Schatten erzeugen. Im Winter kann eine Fassadenbegrünung Kälte dämmen<br />

und Feinstaub reduzieren, während Gründächer als natürlicher Hochwasser schutz<br />

dienen. Wer glaubt, dass ihn der öffentliche Raum nichts angeht oder man<br />

sowieso nichts verändern kann, täuscht sich. Möglichkeiten gibt es viele!<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1719


Ob Dächer in Dachgärten<br />

verwandelt werden oder<br />

tausende Quadratmeter<br />

Fassadenflächen erblühen – der dreidimensionale<br />

Raum ist es, der heutzutage<br />

neue Grünflächen in einer dicht<br />

besiedelten Stadt ermöglicht. Dabei<br />

ist die Idee von Bauwerksbegrünung<br />

uralt. Die berühmten „hängenden<br />

Gärten von Babylon“ wurden schon<br />

5000 vor Christus errichtet. Die ersten<br />

Aufzeichnungen über Bauwerksbegrünung<br />

in der Neuzeit beruhen<br />

auf einer Patentanmeldung 1938. Erst<br />

2003 griff der Botaniker Patrick Blanc<br />

das Konzept auf und modernisierte<br />

es. Seine „Pflanzenwände“ in Paris<br />

sind wildwuchernde Schönheiten mit<br />

weltweiter Bekanntheit geworden.<br />

Dieser globale Erfolg kommt nicht<br />

von ungefähr, zeigt er doch auf, wie<br />

groß das Bedürfnis der Städter nach<br />

grünen Stadtlandschaften ist.<br />

Wuchernde Idee: Baum & Haus<br />

Auch Österreich hat punkto Bauwerksbegrünung<br />

wichtige Beiträge<br />

geleistet. Ganz vorne dabei<br />

ist Friedensreich Hundertwasser<br />

(1928 – 2000). Der von ihm gestaltete,<br />

begrünte, bunte Gemeindebau<br />

sowie das Kunsthaus Wien im<br />

dritten Wiener Gemeindebezirk sind<br />

das Paradebeispiel schlechthin für<br />

gelebtes, harmonisches, individuelles<br />

Stadtleben. Der Künstler war<br />

schon zu seiner Zeit ein Verfechter<br />

einer natur- und menschengerechten<br />

Architektur mit Pflanzen und<br />

Bäumen im, am und um das Haus.<br />

Seine Vision, Menschen den Kontakt<br />

zur Natur im Wechsel der Jahreszeiten<br />

auch mitten in der Stadt<br />

zu ermöglichen, wird nach und<br />

nach immer mehr zu Realität. Obwohl<br />

Wien mit mehr als 50 Prozent<br />

Grünflächen zu den grünsten Millionenstädten<br />

der Welt gehört, hat sich<br />

auch punkto Bauwerksbegrünung in<br />

den letzten Jahren sehr viel getan.<br />

Ob innen oder außen – Hotels, Edelboutiquen,<br />

moderne Bürogebäude<br />

sowie Amtsgebäude der Stadt Wien,<br />

alle haben natürlich schöne Pflanzenwände<br />

für sich entdeckt.<br />

Videoclip: Patrick Blanc präsentiert sein Konzept. Zum Anschauen<br />

auf Bild oder Link klicken: zoe.imwebtv.at/patrick_blanc<br />

Informationsvideo „Grüne Wände“ mit DI Jürgen Preiss von der<br />

Wiener Umweltschutzabteilung MA 22. Zum Anschauen auf Bild<br />

oder Link klicken: zoe.imwebtv.at/gruene_waende<br />

Die Bauwerksbegrünung ist jedoch<br />

nicht nur etwas für große Unternehmen<br />

oder Bauprojekte. Jeder Stadtbewohner<br />

kann etwas für seinen<br />

„Großstadtdschungel“ tun. Die Wiener<br />

Umweltschutzabteilung MA 22<br />

bemüht sich bereits seit mehreren<br />

Jahren, das Thema verstärkt ins Bewusstsein<br />

der Bürger zu rücken und<br />

macht Budgets für Förderungen locker.<br />

Die Errichtung einer Bauwerksbegrünung<br />

wird für private Bereiche<br />

z.B. mit 2.200 Euro unterstützt. Für<br />

Unternehmen gibt es geförderte Beratungsleistungen<br />

im Rahmen von<br />

Ökobusiness Wien. „Die einfachste<br />

und günstigste Variante ist eine intakte<br />

Feuermauer in einem Innenhof<br />

und ein Efeu im Topf“, schildert<br />

DI Jürgen Preiss von der Wiener Umweltschutzabteilung.<br />

Jedoch so einfach<br />

ist es dann leider meist doch<br />

nicht. Wenn die Mauer zum Nachbargebäude<br />

gehört, ist eine Zustimmung<br />

aller Mieter des Hauses notwendig.<br />

Die Übereinstimmung aller ist sowieso<br />

bei jedem Unterfangen wichtig –<br />

was vielleicht auch eine neue soziale<br />

Komponente mit sich bringt, da die<br />

Menschen miteinander über ein gemeinsames<br />

Projekt reden müssen.<br />

Pflanzendesign am Werk<br />

Zudem ist natürlich auch botanisches<br />

Fachwissen gefragt. „Je nach Breiten-<br />

und Höhenverhältnis, Mauerlage,<br />

Innenhof, Außenwände oder Sonnenexposition<br />

können die klimatischen<br />

Verhältnisse sehr unterschiedlich sein<br />

und für bestimmte Kletterpflanzen<br />

nicht passen“, so Jürgen Preiss. Generell<br />

wird sowieso eine professionelle<br />

Beratung empfohlen, da die Pflanzen<br />

auch Schäden an der Mauer anrichten<br />

können. „Die gute alte Ziegelmauer<br />

eignet sich zum Beispiel am<br />

besten für eine Fassadenbegrünung,<br />

während die modernen Wärmeverbundsysteme<br />

mit selbstklimmenden<br />

Kletterpflanzen nicht begrünbar sind.<br />

Es ist auch wichtig zu wissen, welche<br />

Pflanze wo und mit welchem System<br />

am besten wächst. Außerdem<br />

erfährt man, welche Vorrichtungen<br />

20 <strong>Zoë</strong> 07/17


„Hundertwasser Naturverbunden“ – die Sendung von 3sat „Kulturzeit“ zum 20-jährigen Jubiläum des „Hundertwasserhauses“<br />

im Jahr 2011. Zum Anschauen auf Bild oder Link klicken: zoe.imwebtv.at/hundertwasser<br />

man einsetzen kann, damit z.B. der<br />

Efeu nicht zum Nachbarn wächst und<br />

vielleicht dessen Mauer beschädigt.“<br />

Daher Vorsicht: Alles, was den eigenen<br />

Grund verlässt, braucht die Zustimmung<br />

vom Nachbarn – am besten<br />

schriftlich. Die Erstinformation gibt<br />

es kostenlos bei der Umweltberatung<br />

bzw. bei der Stadtgebieterneuerung.<br />

Außerdem hat die Umweltschutzabteilung<br />

MA 22 einen äußerst umfangreichen<br />

Leitfaden-Katalog zusammengestellt,<br />

der sehr viele Fragen<br />

schon abdeckt. Eine neue Version ist<br />

gerade in Arbeit und erscheint im Mai<br />

dieses Jahres (PDF-Download: siehe<br />

Infokasten)<br />

mehr Klimaanlagen in Betrieb gehen,<br />

ist das nicht nur wegen des steigenden<br />

Stromverbrauchs kontraproduktiv,<br />

sondern weil die von der Klimaanlage<br />

ausgestoßene heiße Luft meist<br />

in einen kleinen Innenhof hinausgeht<br />

und dieser dann noch mehr erhitzt<br />

wird – im schlechtesten Fall um bis<br />

zu fünf Grad! Das ist eine Zumutung<br />

für alle anderen Nachbarn.“<br />

Neben den bekannten Vorzügen, wie<br />

Feinstaubfilterung, Kühlfunktion im<br />

Sommer, Wärmedämmung im Winter<br />

sowie CO 2<br />

-Bindung samt Sauerstoffproduktion<br />

und ihrem Beitrag<br />

zur Biodiversität, können Gründächer<br />

auch für den Hochwasserschutz in<br />

stark versiegelten Gebieten eingesetzt<br />

werden. Denn sie speichern das Wasser<br />

bei Starkregen und geben dieses<br />

in geringerer Menge und erst verzögert<br />

wieder an die Umwelt ab. Zudem lassen<br />

sich Dachbegrünungen mit Photovoltaik-Anlagen<br />

wunderbar kombinieren<br />

– auch dafür gibt es spezielle<br />

Förderungen seitens der Stadt. „Es<br />

gibt ca. 5.600 Hektar Dächer in Wien“,<br />

meint Jürgen Preiss abschließend.<br />

„Von denen ist mindestens die Hälfte<br />

begrünbar. Das ist ein gutes Achtel<br />

der gesamten Stadtfläche. Die Dächer<br />

sind nicht nur nützlich, es ist zudem<br />

widersinnig, das Sternenfirmament<br />

mit Dachziegeln zu verbauen.“<br />

Das weite Feld der 3. Dimension<br />

Sämtliche in Wien bestehende Dächer,<br />

allen voran Flach- und Kieseldächer,<br />

sind spätestens, wenn sie<br />

renoviert werden müssen, die besten<br />

Kandidaten für eine zukünftige<br />

Dachbegrünung. „Dachgärten sind<br />

ideal, weil dort Intensivbegrünung<br />

möglich und meist gute Bewässerungsmöglichkeiten<br />

gegeben sind.<br />

Allein diese Begrünungen bewirken<br />

schon, dass die gefühlten Temperaturen<br />

ein bisschen reduziert sind“,<br />

weist Jürgen Preiss auf den Klimawandel<br />

hin. „Wenn aufgrund der<br />

steigenden Hitze in der Stadt immer<br />

WEGE ZUM GROSSSTADTDSCHUNGEL<br />

•• Kostenlose Informationen und Erstberatung: umweltberatung.at<br />

•• Technische Beratung und Gebäudecheck Verband für<br />

Bauwerksbegrünung „Grün statt Grau“: gruendach.at<br />

•• Förderungen für Photovoltaik-Anlagen: MA 20 Energieplanung<br />

Info und Antrag: wien.gv.at/amtshelfer/bauen-wohnen/energie/<br />

•• Infokatalog: Ein umfangreicher Leitfaden bietet Architekten, Bauträgern,<br />

öffentlichen Institutionen und Privatpersonen ausführliche<br />

Fachinformationen und dient als Entscheidungshilfe bei der Auswahl<br />

der richtigen Begrünungsart von vertikalen Flächen. PDF-Download:<br />

wien.gv.at/umweltschutz/raum/fassadenbegruenung.html<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1721


•• BERUFSWELT<br />

Fotos: RCE/Daniel Schmelzer<br />

SUSTAINABILITY CHALLENGE<br />

Nachwuchs checkt<br />

Nachhaltigkeit<br />

Die Sustainability Challenge verfolgt bereits seit sieben Jahren das Ziel, nachhaltige<br />

Entwicklung als Grundlagenthema in universitäre Lehrpläne einzubringen.<br />

Das erste Samenkorn für diese Lehrveranstaltung setzten Studierende<br />

selbst, die dem Thema Nachhaltigkeit in ihrem Lehrplan Nachdruck verleihen<br />

wollten. Aufgrund ihrer Initiative schlossen sich dann die vier größten Wiener<br />

Universitäten – WU, TU, Boku und Uni Wien – zusammen, um gemeinsam<br />

diesen interdisziplinären Lehrgang anzubieten. Diese Lehrveranstaltung ist<br />

offen für alle Masterstudierenden, unabhängig vom Studium, denn Nachhaltigkeit<br />

lässt sich nicht auf ein Gebiet oder auf eine Branche beschränken,<br />

sondern ist übergreifend und ganzheitlich zu sehen.<br />

22 <strong>Zoë</strong> 07/17


Zum Touch-Down-Video auf<br />

foglenden Link oder Bild rechts klicken:<br />

zoe.imwebtv.at/videos/sustainability-challenge2016<br />

Eine nachhaltige Entwicklung<br />

berücksichtigt ökologische,<br />

wirtschaftliche, politische sowie<br />

auch gesellschaftliche Aspekte.<br />

Insofern ist die Lehrveranstaltung zu<br />

„nachhaltiger Entwicklung“ dementsprechend<br />

themen- und branchenübergreifend<br />

konzipiert. Naturgemäß<br />

fokussieren die vier teilnehmenden<br />

Wiener Universitäten jeweils ihr Spezialgebiet:<br />

die Universität für Bodenkultur<br />

das Thema Klimawandel, die<br />

technische Universität nachhaltige<br />

Bauweisen und Raumplanungen, die<br />

Wirtschaftsuniversität ökologische<br />

Ökonomie und die Universität Wien<br />

sozial-ökologische Aspekte. In Form<br />

von Lehrveranstaltungsblöcken<br />

finden Fachvorträge, Diskussionen,<br />

Gruppenarbeiten und Evaluierungen<br />

in Panelgesprächen statt. Als Vortragsort<br />

dienen jeweils die teilnehmenden<br />

Universitäten.<br />

Service-Learning oder Start-up<br />

Klingt zwar sehr theoretisch, ist jedoch<br />

das Gegenteil. Denn praktisch<br />

werden seit 2016 zwei interaktive<br />

Schienen angeboten: Service Learning<br />

und Start-Up. Das bedeutet, dass seit<br />

vorigem Jahr die Masterstudierenden<br />

wählen können, ob sie an konkreten<br />

Problemstellungen in Zusammenarbeit<br />

mit Partnern aus der Wirtschaft,<br />

NGOs oder staatlichen Organisationen<br />

arbeiten oder bereits ihr eigenes<br />

Start-Up-Unternehmen gründen. In<br />

beiden Fällen können sich die Nachwuchsmanager<br />

ihre (Geschäfts-)Ideen<br />

für eine nachhaltigere Wirtschaftswelt<br />

mit professioneller Unterstützung in<br />

der Praxis anschauen.<br />

Globale Herausforderungen,<br />

lokale Antworten<br />

Die letztjährige Lehrveranstaltung<br />

hatte als Themenschwerpunkt „Smart<br />

City – Globale Herausforderungen, lokale<br />

Antworten“. Insgesamt 60 Studierende<br />

aus der Lehrveranstaltung<br />

2016 stellten im Jänner ihre Lösungen<br />

und Ideen für Unternehmensgründungen<br />

zu diesem Themenschwerpunkt<br />

vor. Wir wollten wissen, was<br />

sich die zukünftigen Manager unter<br />

einer nachhaltigeren (Wirtschafts-)<br />

Welt vorstellen und haben uns die<br />

verschiedenen Projekte beim „Touch<br />

Down“ im Jänner angesehen. Kunterbunt<br />

durch alle Branchen waren<br />

die jungen Menschen sehr engagiert<br />

und von den Projekten begeistert, die<br />

dazu beitragen sollen, die Probleme<br />

dieser Welt zu lösen. Ob Glasrecycling<br />

als Klima- und Umweltschutz,<br />

Apfelsaft aus Streuobst alter Apfelsorten,<br />

ein nachhaltig umgestaltetes<br />

Jugendzentrum, die Begrünung einer<br />

Schulfassade, eine Viertelrevitalisierung<br />

oder eine App-Hilfe für Senioren<br />

– die Projekte waren quer durch den<br />

Gemüsegarten gestreut. „Es ist toll,<br />

dass die Sustainability Challenge als<br />

Paradebeispiel für interdisziplinäres,<br />

praxisangewandtes Lernen heuer bereits<br />

in die achte Runde geht!“, freut<br />

sich Projektleiterin Dipl.-Ing. Renata<br />

Krenn vom Institute for Ecological<br />

Economics und Regional Centre of<br />

Expertise on Education for Sustainable<br />

Development Vienna (RCE Vienna).<br />

„Dass es dieses Projekt jetzt schon<br />

so lange erfolgreich gibt, zeigt uns<br />

einerseits, dass innovative Lehr- und<br />

Lernkonzepte von Studierenden sehr<br />

gut und gerne angenommen werden<br />

und andererseits, dass in der jungen<br />

Generation großes Interesse besteht,<br />

Nachhaltigkeitsprobleme anzupacken<br />

und praktisch zu lösen. Das gibt doch<br />

Hoffnung für die Zukunft, oder?“<br />

Die Bewerbungsfrist für den nächsten<br />

Lehrgang startet im Mai dieses Jahres.<br />

Das Thema steht zu diesem Zeitpunkt<br />

noch nicht hundertprozentig fest, aber<br />

eines kann Renata Krenn jetzt schon<br />

verraten: „Wir werden uns heuer auf<br />

jeden Fall mit den Sustainable Development<br />

Goals der UN auseinandersetzen.<br />

Der urbane Kontext soll aber<br />

bleiben - eventuell erweitern wir hier<br />

das Smart-City-Thema um zusätzliche<br />

Aspekte.“<br />

Die Teilnahme ist kostenlos, da die<br />

Lehrveranstaltung von Bundesministerium<br />

für Wissenschaft, Forschung<br />

und Wirtschaft (BMWFW) und weiteren<br />

Partnern finanziert wird.<br />

Nähere Infos:<br />

rce-vienna.at/sustainabilitychallenge<br />

wu.ac.at/sustainabilitycenter/<br />

overview/teaching/sustainabilitychallenge<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1723


•• SCHÖNHEIT<br />

WIRKSTOFFE & ESSENZEN: DIE MISTEL<br />

Parasit & Heilmittel<br />

Die Geschichten der beiden Comic-Helden Asterix und Obelix und der<br />

wunders amen Zaubertränke des Druiden Miraculix sind allseits bekannt.<br />

Die Mistel spielt hier eine mystische Rolle, auch in vielen anderen magischen<br />

Gebräuchen und Ritualen. Zwar verleiht die parasitäre Pflanze, die<br />

sich hoch in den Ästen ihrer Wirtsbäume einnistet, keine übermenschlichen<br />

Kräfte, aber eine wundersame Heilpflanze ist sie allemal. Dank der<br />

modernen Wissenschaft steht heute fest, dass die heilende Kraft, die<br />

in der Mistel steckt, nicht dem Mythos und der Märchenwelt angehört,<br />

sondern tatsächlich ein heilbringendes Mittel bei Krebserkrankungen ist.<br />

Mittlerweile macht sich nicht nur die Medizinwelt, sondern auch die<br />

Kosmetikindustrie ihre vielseitigen Eigenschaften zunutze.<br />

Der Glaube an die Zauberkraft<br />

der Mistel reicht bis in<br />

die Antike zurück. Die Druiden,<br />

die Priester, Lehrer und Heiler<br />

in einer Person vereinten, verehrten<br />

vor allem die auf Eichen wachsende<br />

Mistel als „omnia sanans“ – als<br />

Allheilmittel. Auch im Mittelalter<br />

wurde die Mistel, auch Drudenfuß<br />

oder Hexenbesen genannt, zu magischen<br />

und medizinischen Zwecken<br />

eingesetzt. Heute noch hängen in<br />

Wohnungen um die Weihnachtszeit<br />

Misteln über den Türrahmen. Sie<br />

sollen Gesundheit, Wohlstand und<br />

Fruchtbarkeit im neuen Jahr sichern.<br />

Anders als die anderen<br />

Die Tatsache, dass die Mistel sich in<br />

Wachstum und Fruchtreife entgegengesetzt<br />

zu den meisten Pflanzen<br />

verhält, hat sicher zu ihrem Ruf<br />

als magische Pflanze beigetragen.<br />

Denn im Winter, wenn alle anderen<br />

Pflanzen ruhen, setzt bei ihr der<br />

Wachstumsschub ein. Sie blüht von<br />

Februar bis März und trägt ab November<br />

reife Früchte. Wie beim Menschen<br />

dauert es etwa neun Monate,<br />

bis die Frucht endgültig ausgereift ist.<br />

Die Mistel richtet sich nicht nach der<br />

Sonne, sie ist unabhängig von Licht<br />

und Schwerkraft. Der Grund, warum<br />

die Blätter der immergrünen Pflanze<br />

in alle Himmelsrichtungen wachsen<br />

und den typisch runden Mistelbusch<br />

bilden. Dieses Phänomen gibt es bei<br />

keiner anderen Pflanze.<br />

Die Mistel ist in ganz Europa verbreitet<br />

und gilt als Halbschmarotzer,<br />

da sie nicht in der Erde, sondern auf<br />

Bäumen wächst, einen großen Teil<br />

der Nährstoffe von ihrem Wirt bezieht,<br />

selbst aber Photosynthese betreibt<br />

und so ohne Wirt durchaus lebensfähig<br />

wäre. Von den rund 1.400<br />

Pflanzen, die im weitesten Sinne<br />

als Misteln bezeichnet werden, wird<br />

heutzutage nur eine, die weißbeerige<br />

Mistel (Viscum Alba), zur Herstellung<br />

von Medikamenten und kosmetischen<br />

Pflegemitteln verwendet.<br />

In Europa kann man drei Unterarten<br />

der weißbeerigen Mistel unterscheiden:<br />

die Laubbaum-, die Kiefernund<br />

die Tannenmistel.<br />

Mistel – die Pflanze bei Krebs<br />

Die Misteltherapie ist unter den unkonventionellen<br />

Verfahren in der Krebsmedizin<br />

das am besten erforschte.<br />

Vor allem die einzigartige Kombination<br />

ihrer Inhaltsstoffe macht die Mistel<br />

zu einer ganz besonderen Heilpflanze.<br />

Neben einer Vielzahl an Aminosäuren,<br />

Proteinen (Eiweiß), Triglyzeriden (Fetten),<br />

Flavonoiden (pflanzentypische<br />

Farbstoffe), Kalium und Phosphor<br />

enthält die Mistel auch stark toxische<br />

Substanzen, Viscotoxine und Lektine.<br />

Vor allem diese toxischen Substanzen<br />

haben einen großen Heileffekt bei<br />

Krebserkrankungen. Mistellektine sind<br />

zuckerhaltige Eiweißstoffe, die in dieser<br />

Form nur in der Mistel vorkommen<br />

und das Wachstum von Krebszellen<br />

hemmen. Sie gehören zu den am<br />

besten untersuchten Inhaltsstoffen<br />

der Mistel. Viscotoxine sind Eiweißverbindungen<br />

und ähneln in ihrer Struktur<br />

dem Gift der Kobra. Ihre Wirkung<br />

ist nicht so gut erforscht wie die der<br />

Lektine. Bekannt ist, dass Viscotoxine<br />

Krebszellen auflösen, indem sie ihre<br />

Zellwand zerstören.<br />

24 <strong>Zoë</strong> 07/17


Heute werden Mistelpräparate vor<br />

allem in Ergänzung zur Krebstherapie<br />

eingesetzt, um die Konstitution<br />

des Patienten zu verbessern und die<br />

Nebenwirkungen der Behandlung zu<br />

mildern. Eine begleitende Therapie<br />

mit Mistelextrakt verringert die Nebenwirkungen<br />

konventioneller onkoloischer<br />

Therapien wie etwa Chemooder<br />

Strahlentherapie. Mistelextrakte<br />

regen zudem die Vermehrung der Immunzellen<br />

an und aktivieren natürliche<br />

Killerzellen. Auch steigern sie die<br />

Bildung von Beta-Endorphinen, körpereigenen<br />

Glücksopiaten. Dadurch<br />

lassen Schmerzen nach und Depressionen<br />

werden gelindert. In der Volksmedizin<br />

gilt die Mistel als heilsam bei<br />

Menstruationsstörungen, Epilepsie,<br />

Arteriosklerose und Bluthochdruck<br />

und wird hier erfolgreich angewendet.<br />

Wachsende Halbschmarotzer<br />

Entdeckt wurde die Mistel als Heilpflanze<br />

in der Krebstherapie vom<br />

Begründer der anthroposophischen<br />

Geisteswissenschaft, Dr. Rudolf Steiner.<br />

Nach anthroposophischer Auffassung<br />

sind bösartige Tumoren Fehlbildungen,<br />

die zur falschen Zeit am<br />

falschen Ort im menschlichen Körper<br />

wachsen. Ebenso ist die Mistel eine<br />

Pflanze, die als Parasit am für Pflanzen<br />

„falschen Ort“ wächst – nämlich<br />

auf Bäumen und nicht in der Erde. Sie<br />

ernährt sich nicht selbst, sondern bezieht<br />

einen Großteil ihrer Nährstoffe<br />

von dem Baum, auf dem sie wächst.<br />

Auch ein Tumor ernährt sich von dem<br />

Körper, in dem er sich gebildet hat.<br />

Die Mistel spiegelt also das Krebsgeschehen<br />

im Pflanzenreich. Als Arzneimittel<br />

aufbereitet stellt die Mistel<br />

dem Organismus Kräfte zur Verfügung,<br />

die diesem verlorengegangen<br />

sind, was das Tumorwachstum über-<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1725


•• SCHÖNHEIT<br />

haupt erst ermöglichte. Die Ärztin<br />

Dr. Ita Wegman griff die Anregungen<br />

Rudolf Steiners auf und entwickelte<br />

1917 gemeinsam mit einem Züricher<br />

Apotheker das erste Mistelpräparat.<br />

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe<br />

von Krebstherapiepräparaten, die auf<br />

Mistelextrakt basieren.<br />

Die Mistel in der Kosmetik<br />

Für die Kosmetikindustrie bedeutsam<br />

sind insbesondere die Aminosäuren<br />

der Mistel. Vor allem das Arginin, das<br />

Haut und Gewebe bei Trockenheit,<br />

Juckreiz und Neurodermitis unterstützt.<br />

Aber auch bei der Behandlung<br />

und Prophylaxe von Cellulite ist<br />

die Mistel wirksam. Die in der Mistel<br />

enthaltenen Flavonoide sind als Antioxidantien<br />

wichtig. Sie neutralisieren<br />

freie Radikale, verhindern, dass sie<br />

Hautzellen angreifen oder irreversible<br />

DNA-Schäden verursachen, stärken<br />

das Immunsystem der Haut und bieten<br />

so einen optimalen Schutz gegen<br />

Zellalterung. Jüngste Forschungen<br />

haben ergeben, dass der Mistelextrakt<br />

noch eine ganz besondere Eigenschaft<br />

besitzt: Er lindert das Erscheinungsbild<br />

von Pigmentflecken und<br />

beugt der Bildung neuer Flecken vor.<br />

Im Gegensatz zu anderen Wirkstoffen,<br />

die Pigmentflecken oder Sommersprossen<br />

lediglich bleichen, oft<br />

agressiv sind und dadurch die Haut<br />

empfindlicher machen, hemmen<br />

die in der Mistel enthaltenen Stoffe<br />

die Tyrosinase, also die Bildung von<br />

Melanin, jenem Farbstoff, der das<br />

Entstehen der unbeliebten dunklen<br />

Flecken erst ermöglicht. Das Ergebnis<br />

ist eine schonende Aufhellung der<br />

Haut. Da Pigmentstörungen zumeist<br />

auf übermäßige Sonneneinstrahlung<br />

oder Schädigung durch freie Radikale<br />

zurückzuführen sind, bietet die<br />

Mistel durch ihre antioxidative Wirkung<br />

eine zusätzliche, vorbeugende<br />

Schutzfunktion. Die Tatsache, dass<br />

es sich dabei auch noch um ein rein<br />

natürliches Mittel handelt, macht die<br />

Mistel umso begehrter. Lotionen oder<br />

Cremes, die Mistelextrakt enthalten,<br />

DIE MISTEL AUS DER SICHT DER TCM<br />

stellen eine natürliche, unschädliche<br />

und wirksame Alternative zu Bleichen<br />

durch Fruchtsäuren, Läserbehandlungen<br />

und anderen agressiven Behandlungsmethoden<br />

dar.<br />

<br />

Martina Reitinger<br />

Quellen:<br />

„Plantas Medicinales“, Pío Font Quer,<br />

Península Verlag<br />

„Die Mistel – Heilpflanze in der Krebstherapie“,<br />

Annette Bopp, Verlag<br />

Rüffer&Rub<br />

„Westliche Kräuter aus der Sicht der<br />

Traditonellen Chinesischen Medizin“,<br />

Florian Ploberger, Bacopa Verlag<br />

Anwendungen bei<br />

•• Einschlafproblemen, Unruhe, Palpitationen (Herzklopfen)<br />

•• Hypertonie (hoher Blutdruck)<br />

•• Arteriosklerose<br />

•• Durch Hypertonie hervorgerufenem Vertigo (Drehschwindel)<br />

•• Lumboischialgie (Rückenschmerzen)<br />

•• Schwäche der Knie, Schwäche bzw. Atrophie der Sehnen<br />

und Knochen<br />

•• Trockener Haut<br />

•• Unruhigem Fetus und uterinen Blutungen während<br />

einer Schwangerschaft<br />

•• Epilepsie<br />

Verwendete Teile: Zweige und Blätter<br />

Geschmack: bitter<br />

Thermische Wirkung: neutral<br />

Organzuordnung: Nieren, Leber, Herz<br />

Dosierung: 3 – 12 g<br />

26 <strong>Zoë</strong> 07/17


ESSSTÖRUNGEN<br />

Muss Schönheit leiden?<br />

200.000 Österreicher waren laut Gesundheitsministerium zumindest<br />

einmal in ihrem Leben an einer Essstörung erkrankt. Betroffen sind vor<br />

allem 15- bis 20-jährige Mädchen. Die Zahl der Erkrankten hat sich in<br />

den vergangenen Jahren dramatisch erhöht – innerhalb von 20 Jahren<br />

verzehnfacht. Umso wichtiger ist es, eine Essstörung rasch zu erkennen<br />

und den Betroffenen im Umfeld zu helfen.<br />

1989 wurden 269 Personen mit<br />

Essstörungen registriert – schon<br />

damals waren 89 Prozent davon<br />

Frauen. Im Jahr 2000 waren es<br />

bereits 1.471 registrierte Spitalsaufenthalte<br />

und 2008 verzeichnete<br />

man 2.734 Spitalsaufenthalte aufgrund<br />

von Essstörungen. Von allen<br />

15- bis 20-jährigen Mädchen<br />

in Österreich leiden 2.500 an Magersucht<br />

und über 5.000 an einer<br />

subklinischen Essstörung, also an<br />

einer leichteren Verlaufsform. „Diese<br />

Zahlen stellen jedoch nur die Spitze<br />

des Eisberges dar, da sie nur die<br />

wirklich schwer Erkrankten widerspiegelt.<br />

Die Dunkelziffer dürfte noch viel<br />

höher sein“, erläutert Dr. med. Aida<br />

Kuljuh, Klin. Abt. für allgemeine Pädiatrie<br />

Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde<br />

Med. Universität Graz,<br />

beim Allgemeinmedizinkongress.<br />

Hilfe aus dem Umfeld<br />

Je früher eine Essstörung erkannt<br />

wird, desto erfolgreicher kann sie behandelt<br />

werden. Hier einige Merkmale,<br />

die Freunden und Familie helfen,<br />

auf eine Essstörung rechtzeitig aufmerksam<br />

zu werden:<br />

• Auffälliges Essverhalten: vor allem<br />

gekoppelt mit der Angst vor dem<br />

Essen und einer panikartigen Furcht<br />

vor Gewichtszunahme.<br />

• Asketischer Stolz: Menschen mit<br />

Essstörungen können von einem<br />

asketischen Stolz erfüllt sein,<br />

überlegen zu sein und „nicht so<br />

schwach wie die anderen“.<br />

• Überlegenheitsgefühl durch Disziplin:<br />

Oft entwickeln Betroffene<br />

einen starken Ehrgeiz und eine<br />

erstaunliche Leistungsfähigkeit in<br />

Schule, Beruf oder Sport. Dabei<br />

sind sie von einem ausgeprägten<br />

Willen getrieben, ihren Körper zu<br />

beherrschen.<br />

• Panik vor Gewichtszunahme: Es<br />

besteht übertriebene Angst, zu<br />

dick zu sein oder Angst zuzunehmen<br />

– auch wenn die Person untergewichtig<br />

ist.<br />

Maßstäbe für verschwindend<br />

dünne Tatsachen<br />

Zusätzlich helfen verschiedene Definitionen,<br />

Schweregrad und Art der<br />

Störung festzustellen. In erster Linie<br />

gilt, wenn das tatsächliche Körpergewicht<br />

mindestens 15 Prozent unter<br />

dem erwarteten Gewicht oder BMI<br />

(Body-Mass-Index) von 17,5 oder<br />

weniger liegt. Zudem, wenn der Gewichtsverlust<br />

durch selbstinduziertes<br />

Erbrechen bzw. Abführen oder<br />

auch durch übertriebene körperliche<br />

Aktivität herbeigeführt wurde.<br />

Zweitens stellt sich die Frage nach<br />

einer Körperschematastörung. Das<br />

heißt: Wird die eigene Gewichtsschwelle<br />

sehr niedrig angelegt? Besteht<br />

die überwertige Angst, dick zu<br />

werden? Empfindet sich die Betroffene<br />

trotz Untergewicht als „zu fett“?<br />

Neben der unbedingt notwendigen<br />

allgemeinmedizinischen bzw. pädiatrischen<br />

Diagnostik und den regelmäßigen<br />

fachärztlichen Kontrollen ist<br />

in allen Fällen eine begleitende Psychotherapie<br />

erforderlich.<br />

Jahrelange Therapie und Aufbau<br />

Da die Therapie oft über viele Jahre<br />

und im Rahmen verschiedener Settings<br />

stattfindet, ist der gute Kontakt<br />

zwischen Ärzten und Therapeuten<br />

besonders bei Magersucht und Bulimie<br />

sehr wichtig. Denn sonst kommt<br />

es im ungünstigsten Fall zum Abbruch<br />

der Behandlung an den Therapie-Übergängen.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die<br />

Körpergewichtsnormalisierung. Die<br />

Etablierung eines geregelten Essverhaltensplanes<br />

ist eine wichtige<br />

Voraussetzung, um das durch<br />

Mangelernährung funktionell beeinträchtigte<br />

Gehirn wieder ausreichend<br />

mit essenziellen Nahrungsmitteln<br />

zu versorgen.<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1727


•• LEBENSART<br />

Valentin auf Rucola<br />

„hoja de paraíso“ (Zedrachbaum)<br />

FOTOENTWICKLUNG AUF PFLANZEN<br />

Magische Bilder und<br />

zauberhafte Blätter<br />

Die Magie der Fotografie, das In-Erscheinung-Treten, die Offenbarung, die<br />

Poesie des Vergänglichen ist, was Federico Ruiz Santesteban am meisten<br />

am Fotografieren fasziniert. Für diesen alchemistischen Prozess benutzt der<br />

Fotograf und Architekt aus Uruguay Blätter und Blütenblätter aus seinem Garten.<br />

Für die Entwicklung seiner Bilder arbeitet er nur mit der natürlichen Photosynthese<br />

sowie mit Pigmenten, der Sonneneinwirkung und Schatteneffekten – also ohne<br />

Chemie. Auf der Suche nach günstigeren sowie alternativen Entwicklungs methoden<br />

war der Umstand, dass der Künstler zu dem Zeitpunkt Vater wurde, seine größte<br />

Inspiration. Somit war Valentins Geburt gleichzeitig auch für Federico die<br />

Geburtsstunde der Fotografie auf natürlichen Materialien.<br />

28 <strong>Zoë</strong> 07/17


Federico Ruiz Santesteban<br />

„baut mittlerweile sein eigenes<br />

Fotomaterial an“. Ob essbare Pflanzen<br />

oder sogenanntes „Unkraut“ – meist<br />

sind es die wilden Pflanzen,<br />

die am besten reagieren.<br />

Zum Video-Interview auf<br />

Bild rechts oder folgenden Link klicken:<br />

zoe.imwebtv.at/federuizsantesteban<br />

Auf der Suche nach günstigeren<br />

sowie alternativen Entwicklungsmethoden<br />

war der<br />

Umstand, dass der Künstler zu dem<br />

Zeitpunkt Vater wurde, seine größte<br />

Inspiration. Somit war Valentins<br />

Geburt gleichzeitig auch für Federico<br />

die Geburtsstunde der Fotografie<br />

auf natürlichen Materialien. Dem<br />

werdenden Vater war es wichtig, dass<br />

Vater und Sohn voneinander lernen<br />

und sich gegenseitig bereichern.<br />

Natürlich gewachsen<br />

Er beobachtete seinen Sprössling,<br />

wie sich dieser ganz natürlich und<br />

von allein im Garten um die Pflanzen<br />

kümmerte und mit ihnen spielte.<br />

Er begann, mit den Augen seines<br />

Kindes zu sehen und entdeckte dadurch<br />

auch wieder seine Fähigkeit,<br />

sich voller Erstaunen und Bewunderung<br />

für etwas zu begeistern, als<br />

würde er es zum ersten Mal sehen.<br />

Der Fotograf begann, ein phantasievolles<br />

Spiel mit seinem Sohn zu<br />

spielen. Er versteckte auf Blättern<br />

entwickelte Fotos unter den Pflanzen,<br />

sodass Valentin sich immer<br />

wieder auf wundersame Weise unter<br />

ihnen wiederfand – quasi als<br />

„Dankeschön vom Garten“ für seine<br />

Achtsamkeit. So entstand auch die<br />

Ausstellung „el extrano caso del jardineiro“<br />

– „Der sonderbare Fall des<br />

Gärtners“.<br />

Diese zauberhaften Werke von Federico<br />

Ruiz Sanesteban waren im<br />

Das Spiel mit dem Zufall und Formen.<br />

Der Fotograf stimmt die Motive<br />

und Blätter aufeinander ab.<br />

Zuge der Fotoausstellung „Eyes of<br />

Uruguay“ im Wiener WUK zu bewundern.<br />

Beim Interview erklärte Federico<br />

Ruiz Esteban: „Was ich an diesem<br />

Projekt liebe ist, dass es ein Ergebnis<br />

meines eigenen Lebensraumes<br />

ist. Es ist mein Garten und die Sonne,<br />

die dort scheint oder eben auch<br />

nicht. Denn die Sonnenintensität ist<br />

für den Entwicklungsprozess sehr<br />

wichtig. Das gleiche Blatt vom gleichen<br />

Baum reagiert im Frühling anders<br />

als im Sommer oder im Herbst.<br />

Manche Entwicklungsprozesse dauern<br />

Tage, manche Wochen, je nachdem,<br />

wie das Wetter ist.“<br />

Die Natur in der Natur<br />

Bei einem Workshop gab der Künstler<br />

seine geheimnisvolle Technik<br />

rund um die Entwicklung auf Blättern<br />

preis. Er möchte weltweit ein<br />

großes Netz aufbauen, bei dem die<br />

Leute sich einbringen und ihre eigenen<br />

Erfahrungen austauschen. Er<br />

selbst weiß nun nach über fünf Jahren<br />

Erfahrung, welche Blätter besser<br />

reagieren und legt sich nun sein eigenes<br />

„Fotomaterial“ im Garten an.<br />

Derzeit arbeitet er schon an seinem<br />

nächsten Projekt, das nicht minder<br />

fantastisch ist: „Die Natur in der Natur<br />

entwickelt“.<br />

Infos:<br />

federuizsantesteban.com<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1729


•• LEBENSART<br />

BUCH-TIPP: THRILLER<br />

Der Nostradamus -Coup<br />

Die Prophezeiungen des Nostradamus sind auch heute<br />

noch kryptisch. Kein Wunder – hatte Nostradamus sie<br />

damals doch selbst gestohlen und die Zeilen nie ganz<br />

verstanden. Als einem der Hauptdarsteller in diesem<br />

Krimi, der Pilot John Finch, ein Notizbuch mit verschlüsselten<br />

Texten in die Hände fällt, ahnt er nicht, dass es<br />

ihn auf die Spur genau dieser Prophezeiungen führt. Die<br />

folgende Geschichte rund um das Geheimnis dahinter<br />

ist kurzweilig, spannend, spektakulär und vor allem gut<br />

erzählt. Denn der Autor und Journalist aus Wien, Gerd<br />

Schilddorfer, ist ein Erzähler aus Leidenschaft. Seine Romane sind gut recherchiert,<br />

die spannungsgeladene Rhetorik ist immer mit einem Schuss<br />

Geschichtswissen und Tipps aus dem Reiseführer gewürzt. Quer durch Afrika,<br />

Europa und auch Österreich verläuft die Suche in diesem Buch. Der Autor<br />

scheint überall vor Ort gewesen zu sein, denn die lebendigen Schauplatzbeschreibungen<br />

laden beinahe zum Besuch ein. Die Vorkenntnisse aus den<br />

ersten beiden Bänden um John Finch sind für das Verständnis nicht wichtig,<br />

Neueinsteiger können gut mit dem vorliegenden dritten Band starten.<br />

Gerd Schilddorfer, Der Nostradamus-Coup; 798 Seiten; Bastei Lübbe 2016; Thriller;<br />

ISBN: 978-3-404-17425-6<br />

BUCH-TIPP: KRIMI<br />

Die erste Lüge<br />

Auf der Ferieninsel<br />

Gotland vergewaltigen<br />

drei junge Männer<br />

eine 16-Jährige<br />

auf einem Fest. Sie<br />

werden angeklagt,<br />

aber freigesprochen.<br />

Dreizehn Jahre verbringt<br />

einer der Vergewaltiger, Oscar,<br />

mit Frau und Kind seinen Urlaub in<br />

Thailand. Aber eigentlich treibt er sich<br />

lieber in zwielichtigen Bars herum.<br />

Dabei wird er schlimm misshandelt,<br />

seine Vergangenheit holt ihn ein.<br />

„Die erste Lüge“ ist Sara Larssons<br />

Debütroman, mit dem sie gleich in<br />

der Bestsellerliste in Schweden landet.<br />

Sara Larsson, Die erste Lüge; Kriminalroman,<br />

460 Seiten, Bastei Lübbe 2016;<br />

ISBN: 978-3-404-17430-0<br />

BUCH-TIPP: KRÄUTERBUCH MIT REZEPTEN<br />

Born to eat wild<br />

Wildkräuter sind heimisches Superfood. Denn viele Kräuter, die bei uns in<br />

Wäldern und auf Wiesen wachsen, schmecken nicht nur ausgezeichnet,<br />

sondern sind auch noch nährstoffreich und gesund. In diesem Kräuterbuch<br />

stellt Heilpflanzenkenner und Phytotherapeut Rudi Beiser 42 Rezepte mit<br />

Wildkräutern vor. Gänseblümchen, Sauerampfer und Co. lassen sich ohne<br />

viel Aufwand zu Smoothies, Suppen, Salaten, Pestos und Salzen verarbeiten.<br />

Wildkräuter enthalten durchschnittlich dreimal so viele Proteine, Vitamine,<br />

Mineralien und Spurenelemente wie aus der Züchtung hervorgegangene<br />

Gemüsesorten. So hat beispielsweise der Löwenzahn siebenmal mehr Pro-<br />

Vitamin A als die Endivie, das Gartenunkraut<br />

Giersch viermal mehr<br />

Proteine als der Feldsalat. Sekundäre<br />

Pflanzenstoffe wirken zudem antientzündlich<br />

sowie blutdruck- und<br />

cholesterinsenkend. Rudi Beiser gibt<br />

aber nicht nur Tipps für Rezepte,<br />

sondern auch wie und wo man mit<br />

dem Sammeln anfängt und welche<br />

Kräuter am besten geeignet sind:<br />

von Bärenklau über Gänseblümchen<br />

bis hin zu wilder Möhre und dem<br />

Spitzwegerich.<br />

Rudi Beiser, Wildkräuter; 42 Rezepte,<br />

160 Seiten, Trias-Verlag 2017,<br />

ISBN: 978-3-432-10265-8<br />

BUCH-TIPP: SACHBUCH<br />

Das trügerische<br />

Gedächtnis<br />

Erinnerungen bilden die Grundlage<br />

unseres Lebens und unserer Identität.<br />

Aber stimmen diese auch? Die Verhaltenspsychologin<br />

Julia Shaw zeigt,<br />

warum wir uns auf unser Gedächtnis<br />

nicht verlassen können. Wir erleben<br />

Wahrnehmung als fließenden Prozess,<br />

weil unser Gehirn laufend Vermutungen<br />

anstellt und damit die Informationslücken<br />

füllt. Dabei kommt<br />

es ständig zu Fehlern. Wir können uns<br />

auf unser Gedächtnis also nicht verlassen.<br />

Auf der Grundlage neuester<br />

wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie<br />

ihrer eigenen Forschung zeigt Shaw,<br />

welchen Erinnerungen wir trauen<br />

können und welchen nicht. Ein verblüffender<br />

Einblick<br />

in das menschliche<br />

Gehirn.<br />

Julia Shaw,<br />

Das trügerische<br />

Gedächtnis; Hanser<br />

Verlag 2016; ISBN:<br />

978-3-446-4487-3<br />

30 <strong>Zoë</strong> 07/17


Trailer „Der junge Karl Marx“.<br />

Zum Anschauen auf das Bild oder<br />

folgenden Link klicken:<br />

zoe.imwebtv.at/videos/<br />

film-tipp-der-junge-karl-marx<br />

FILM-TIPP<br />

Der junge Karl Marx<br />

Der Film beginnt mit einer Szene<br />

im Wald. Armselig gekleidete Menschen<br />

werden beim Holzsammeln<br />

von berittenen Ordnungs hütern<br />

gejagt und geschlagen, weil sie Holz<br />

sammelten. Karl Marx kritisierte<br />

in seiner damaligen Funktion als<br />

Redakteur in der „Rheinischen Zeitung“<br />

das Holzdiebstahls gesetz.<br />

Das blieb nicht ohne Folgen und so<br />

musste der 26-Jährige mit seinem<br />

Chefredakteur nach Paris auswandern.<br />

Im Pariser Exil lebte er, meist<br />

verschuldet und von Existenzängsten<br />

geplagt, mit seiner Frau Jenny.<br />

Friedrich Engels lernt er ebenfalls<br />

dort kennen, zuerst noch als belächelten<br />

Sohn eines Fabrikbesitzers,<br />

aber bald als besten Freund und<br />

Mitstreiter für den Kampf gegen<br />

den Kapitalismus. Wer sich zum<br />

ersten Mal intensiver mit Marx auseinandersetzt,<br />

wird sich nicht leicht<br />

zurechtfinden zwischen der Kritik<br />

der Hegelschen Rechtsphilosophie<br />

oder an Proudhons „Philosophie des<br />

Elends“. Aber als Marx und Engels<br />

nach einer durchzechten Nacht das<br />

„Kommunistische Manifest“ entwickeln,<br />

spürt man ihren Anspruch,<br />

die Welt nicht mehr nur zu interpretieren,<br />

sondern sie grundlegend zu<br />

verändern. Großes historisches Kino<br />

über die Begegnung zweier Geistesgrößen,<br />

die die Welt veränderten.<br />

Der junge Karl Marx, Regie: Raoul Peck,<br />

Biografie, Drama. Belgien, Deutschland,<br />

Frankreich 2017. 118 Minuten.<br />

Foto: Markus Hippmann<br />

KULTUR-TIPP<br />

Übern Zaun schau’n<br />

Grenzen und Zäune sind in unserer heutigen Zeit ein häufiger Diskussions-<br />

und Streitpunkt. Sind sie notwendig? Und wenn ja, unter welchen<br />

Voraussetzungen? Grenzen können uns schützen, Klarheit schaffen, aber<br />

verursachen auch Trennung, isolieren, sperren uns ein, (be)hindern uns.<br />

Die Bevölkerung ist gespalten – auch zwischen den verschiedenen Meinungslagern<br />

scheinen die Mauern hoch und schwer zu überwinden. Der<br />

Einfluss auf Kinder und Jugendliche ist unbestritten, doch wie lässt sich<br />

ein so schwieriges Thema auf spannende und gleichzeitig verständliche<br />

Weise einem jungen Publikum vermitteln? In der inklusiven Tanztheaterproduktion<br />

„Übern Zaun schau’n“ nehmen sich die Tänzer der Thematik<br />

der Grenzen und Völkerverständigung auf eine für Kinder und Jugendliche<br />

altersadäquate Weise an. „Übern Zaun schau’n“ ist eine märchenhafte<br />

Erzählung, die das Publikum auf eine Reise mitnimmt, die einen eigene<br />

Grenzen hinterfragen lässt und<br />

zu Toleranz und Verständnis aufruft.<br />

Hinter der Produktion steht<br />

der Verein „Ich bin o.k.”, eine Kultur-<br />

und Bildungsinitiative von<br />

über 110 Tänzern mit und ohne<br />

Behinderung. Resümee: aktuell,<br />

verbindend und sehenswert.<br />

Wer liked, gewinnt!<br />

Wir verlosen 2 x 2 Karten an jeweils 2 <strong>Zoë</strong>-Facebook-Freunde<br />

für die Vorstellung am Dienstag, 9.5.2017, 19.00 Uhr<br />

im Theater Akzent, Theresianumgasse 18, 1040 Wien<br />

•• <strong>Zoë</strong>-Facebookseite facebook.com/zoeunlimitedmedia „liken”<br />

•• sowie den Post mit dem Theaterkarten-Gewinnspiel „liken”<br />

•• E-Mail mit Kontaktadresse für den Gewinnfall schicken und,<br />

mit etwas Glück, gewinnen!<br />

<strong>Zoë</strong> 07/1731


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