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COMPACT-Spezial "Asyl unsere Toten"

Asyl, Unsere Toten Unsere Toten, Unsere Trauer

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<strong>COMPACT</strong> <strong>Spezial</strong><br />

_ Ein mörderischer Sommer<br />

44<br />

Das <strong>Asyl</strong>recht im<br />

Grundgesetz<br />

In Artikel 16a heißt es:<br />

(1) Politisch Verfolgte genießen<br />

<strong>Asyl</strong>recht.<br />

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht<br />

berufen, wer aus einem Mitgliedstaat<br />

der Europäischen Gemeinschaften<br />

oder aus einem<br />

anderen Drittstaat einreist, in<br />

dem die Anwendung des Abkommens<br />

über die Rechtsstellung<br />

der Flüchtlinge und der<br />

Konvention zum Schutze der<br />

Menschenrechte und Grundfreiheiten<br />

sichergestellt ist. Die<br />

Staaten außerhalb der Europäischen<br />

Gemeinschaften, auf die<br />

die Voraussetzungen des Satzes<br />

1 zutreffen, werden durch<br />

Gesetz, das der Zustimmung<br />

des Bundesrates bedarf, bestimmt.<br />

In den Fällen des Satzes<br />

1 können aufenthaltsbeendende<br />

Maßnahmen unabhängig von<br />

einem hiergegen eingelegten<br />

Rechtsbehelf vollzogen werden.<br />

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung<br />

des Bundesrates bedarf,<br />

können Staaten bestimmt<br />

werden, bei denen auf Grund<br />

der Rechtslage, der Rechtsanwendung<br />

und der allgemeinen<br />

politischen Verhältnisse gewährleistet<br />

erscheint, dass dort<br />

weder politische Verfolgung<br />

noch unmenschliche oder erniedrigende<br />

Bestrafung oder Behandlung<br />

stattfindet. (…)<br />

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender<br />

Maßnahmen wird<br />

in den Fällen des Absatzes 3<br />

und in anderen Fällen, die offensichtlich<br />

unbegründet sind oder<br />

als offensichtlich unbegründet<br />

gelten, durch das Gericht<br />

nur ausgesetzt, wenn ernstliche<br />

Zweifel an der Rechtmäßigkeit<br />

der Maßnahme bestehen (…).<br />

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen<br />

völkerrechtlichen Verträgen von<br />

Mitgliedstaaten der Europäischen<br />

Gemeinschaften untereinander<br />

und mit dritten Staaten<br />

nicht entgegen (…).<br />

Geld gibt es in Germoney auch,<br />

wenn die Fahne falsch herum hängt.<br />

Foto: picture alliance / AP Photo<br />

dokument der Einreisenden überprüfen lassen, hätten<br />

durch SIS-Abgleich alle verdächtigen Personen<br />

sofort festgenommen und eingesperrt werden können.<br />

Nur weil das nicht geschah, konnten die Gotteskrieger<br />

durchschlüpfen und auf ihre Stunde warten.<br />

Merkel contra Sicherheit<br />

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen<br />

gab Mitte April 2016 zu, dass man die Situation<br />

«zunächst falsch eingeschätzt» habe: Man habe<br />

es «für unwahrscheinlich gehalten, dass der IS den<br />

Flüchtlingsstrom nutzen» werde. Maaßen weiter:<br />

«Wir dachten, das Risiko sei schlichtweg viel zu<br />

hoch. Mittlerweile wissen wir: Was den IS angeht,<br />

müssen wir eben auch dazulernen.» Das «islamistisch-terroristische<br />

Potential» in der Bundesrepublik<br />

beziffert er auf 1.100 Personen, hinzu kämen<br />

8.650 Salafisten.<br />

Maaßen warnte schon damals vor Anschlägen<br />

auch bei uns: «Deutsche Städte werden in einem<br />

Zusammenhang mit anderen Metropolen wie Paris,<br />

London oder Brüssel genannt.» Der Axtschlächter<br />

von Würzburg und der Bombenleger von Ansbach<br />

zeigen, wie Recht er mit dieser Warnung hatte.<br />

Mittlerweile ist auch klar, «dass beide Männer<br />

mehrfach Kontakte zu Personen hatten, die mutmaßlich<br />

dem Islamischen Staat (IS) angehören, und<br />

dass sie bei der Ausführung ihrer Anschläge bis in<br />

deren Einzelheiten hinein gesteuert wurden» (FAZ,<br />

6. August 2016).<br />

Die Chefs von Bundespolizei und BND, Dieter Romann<br />

und Gerhard Schindler, hatten, zusammen mit<br />

Maaßen, schon im Herbst 2015 ein Ende der naiven<br />

Refugees-welcome-Politik gefordert. «Aufstand<br />

gegen Merkel?» fragte Die Welt Ende Oktober. «Sicherheitsbehörden<br />

warnen wegen der Flüchtlingskrise<br />

vor totalem Kontrollverlust. Sie halten den<br />

Kurs der Kanzlerin für brandgefährlich – und fordern<br />

die Schließung der Grenzen.» Jan Fleischhauer,<br />

einer der wenigen Realisten bei Spiegel-Online,<br />

erzählt das Trauerspiel weiter: «Im Kanzleramt hörte<br />

man sich ihre Sorgen an, aber man hatte immer<br />

neue Gründe, warum eine Abriegelung nicht möglich<br />

sei. Die Lage in Griechenland. Technisch nicht<br />

machbar. Zum Schluss hieß es, wenn Deutschland<br />

seine Grenze dichtmache, hätte das einen Krieg auf<br />

dem Balkan zur Folge. Wer einen der drei obersten<br />

Sicherheitsexperten in diesen Wintertagen traf,<br />

konnte ihre Verzweiflung mit Händen greifen.»<br />

Selbst nach dem blutigen Sommer 2016 will die<br />

Rautenfrau nicht auf ihre Sicherheitsexperten hören.<br />

«Nach <strong>unsere</strong>r Auffassung – nach meiner Auffassung,<br />

aber auch nach Auffassung der [EU-]Kommission<br />

– ist eine Zurückweisung eines <strong>Asyl</strong>suchenden<br />

nicht möglich», verkündete sie apodiktisch auf<br />

der Pressekonferenz am 28. Juli. «Damit ist eine<br />

Auffassung vom Tisch, die im Oktober vorigen Jahres<br />

auf vier dichtbeschriebenen Seiten von Fachleuten<br />

des Bundesinnenministeriums ausgearbeitet<br />

worden war, allerdings nicht als offizielle Position<br />

des Hauses. Die Autoren kamen ausdrücklich<br />

zu dem Schluss, dass auch die Dublin-Verordnung<br />

die Zurückweisung in einen sicheren Drittstaat zulasse»,<br />

kommentierte die FAZ. Das war gegenüber<br />

der Kanzlerin sehr höflich formuliert.<br />

Tatsächlich sind solche Zurückweisungen laut<br />

Dublin-Vertrag, vor allem aber gemäß Grundgesetz<br />

keineswegs nur zulässig, sondern zwingend vorgeschrieben,<br />

wenn ein Antragsteller aus einem sicheren<br />

Drittstaat – und das sind ausnahmslose alle<br />

an <strong>unsere</strong>n Grenzen – kommt. Nur wer auf dem Luftoder<br />

Seeweg deutsches Territorium erreicht, kann<br />

demnach <strong>Asyl</strong> beantragen. Deswegen gingen einige<br />

der damaligen Eingaben aus dem Innenministerium<br />

auch wesentlich weiter, als es die Merkel-Presse<br />

heute noch wahrhaben will. Wörtlich hieß es in<br />

einem der sogenannten Non-Papers, verfasst von<br />

einem «hochrangigen Sicherheitsmann aus dem<br />

Bundesapparat» (Die Welt), in Bezug auf Abweisungen<br />

an der Grenze: «Die Bundespolizei ist hierzu<br />

nach dem Aufenthaltsrecht verpflichtet; gegenteilige<br />

Weisungen der Bundesregierung sind rechtswidrig.»<br />

Ein weiterer «hochrangiger Beamter»,<br />

dessen Namen das Blatt ebenfalls nicht preisgab,<br />

argumentierte ähnlich: «Entgegenstehende Weisungen<br />

sind rechtswidrig und führen zur Strafbarkeit<br />

(…) wegen Anstiftung oder Beihilfe zur illegalen<br />

Einreise von Ausländern (…).» Damit wurden<br />

die Polizisten zur Meuterei aufgerufen; allerdings<br />

wäre das eine Meuterei im Sinne des Recht – gegen<br />

eine Regierungschefin, die den Rechtsbruch notorisch<br />

gemacht hat.

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