Schule in Deutschland verstehen, 3. überarbeitete Auflage
Im Buch »Schule in Deutschland verstehen. Grundwissen für Eltern« geht es um zwei Themen, die alle Familien mit Kindern früher oder später betreffen: Schule und Berufswahl. Diese Fragen kommen den meisten Eltern bekannt vor: Wie kann ich mein Kind vor Beginn der Schule und während der Schulzeit unterstützen? Welche Rolle spielen wir als Eltern bei der Berufswahl unseres Kindes? Welche Rechte und Pflichten haben wir als Eltern? Was passiert nach der Schule? 100 kurze und verständliche Texte enthalten Antworten auf diese und viele andere Fragen. Dieses Buch zeigt viele Möglichkeiten auf, wie Eltern mit der Schule zusammenarbeiten können. Es ist einfach zu lesen und enthält 20 kurze Kapitel. Jedes Kapitel enthält 5 wichtige Informationen zu einem Thema. Außerdem gibt es konkrete Tipps und zusätzliche Informationsquellen. Das Buch kann bei Elternveranstaltungen, Elternabenden an Schulen sowie in der außerschulischen Elternbildung eingesetzt werden.
Im Buch »Schule in Deutschland verstehen. Grundwissen für Eltern« geht es um zwei Themen, die alle Familien mit Kindern früher oder später betreffen: Schule und Berufswahl. Diese Fragen kommen den meisten Eltern bekannt vor: Wie kann ich mein Kind vor Beginn der Schule und während der Schulzeit unterstützen? Welche Rolle spielen wir als Eltern bei der Berufswahl unseres Kindes? Welche Rechte und Pflichten haben wir als Eltern? Was passiert nach der Schule? 100 kurze und verständliche Texte enthalten Antworten auf diese und viele andere Fragen. Dieses Buch zeigt viele Möglichkeiten auf, wie Eltern mit der Schule zusammenarbeiten können. Es ist einfach zu lesen und enthält 20 kurze Kapitel. Jedes Kapitel enthält 5 wichtige Informationen zu einem Thema. Außerdem gibt es konkrete Tipps und zusätzliche Informationsquellen. Das Buch kann bei Elternveranstaltungen, Elternabenden an Schulen sowie in der außerschulischen Elternbildung eingesetzt werden.
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Beratung Qualifizierung Migration
Schule in Deutschland
verstehen
Grundwissen für Eltern
3., überarbeitete Auflage
Auch als E-Paper!
Dr. Alexei Medvedev unter Mitarbeit von Elisabeth Wazinski
Die Projekte werden aus dem Europäischen Sozialfonds ESF und von der Freien und Hansestadt Hamburg finanziert.
… 2 …
Vorwort
Liebe Eltern!
Die KWB Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung e. V. berät seit vielen Jahren
Eltern – insbesondere mit Migrationshintergrund – zu verschiedenen Themen und Fragen
aus dem Bereich Schule. Dies fand in erster Linie im Rahmen der Hamburger ESF-Projekte
„Eltern vor Ort“ und „BQM Beratung Qualifizierung Migration“ statt. Aufgrund dieser
Erfahrungen ist die Idee entstanden, ein leicht verständliches Buch über das komplizierte
deutsche Schulsystem herauszubringen.
Auch außerhalb Hamburgs fand diese Idee engagierte Unterstützerinnen und Unterstützer.
So ging „Eltern vor Ort“ als Gewinner des Sonderpreises „Sprachförderung“ der Kutscheit
Stiftung hervor, ein Preis, der Teil des Hidden Movers Awards der Deloitte Stiftung ist. Mit
dem gewonnenen Preisgeld konnten wir schließlich die erste Auflage von „Schule in Deutschland
verstehen“ realisieren. Im Projekt „Schulmentoren – Hand in Hand für starke Schulen“
(Projektstart: 1. April 2014), das die KWB gemeinsam mit der Behörde für Schule und
Berufsbildung durchführt, entstanden außerdem eine ara bische, englische, russische und
türkische Version. Alle Publikationen gibt es auch als kostenfreies E-Paper unter www.kwb.de.
Nun halten Sie die 3., überarbeitete Auflage in den Händen.
Worum geht es in diesem Buch?
Diese Fragen kommen Ihnen bestimmt bekannt vor:
Wie können Sie Ihr Kind vor Beginn der Schule und während der Schulzeit unterstützen?
Welche Rolle spielen Sie bei der Berufswahl Ihres Kindes?
Welche Rechte und Pflichten haben Sie in schulischen Fragen?
Was passiert nach der Schule?
Oft sind es ganz einfache Dinge, die Ihrem Kind helfen, erfolgreich in der Schule zu sein und
danach einen Beruf zu finden: zum Beispiel regelmäßig Hausaufgaben kontrollieren, zum
Elternabend kommen, Nachhilfe organisieren. Dieses Buch zeigt viele Möglichkeiten, wie Sie
als Eltern mit der Schule zusammenarbeiten können.
Das Buch ist einfach zu lesen. Es gibt 20 kurze Kapitel. Jedes Kapitel enthält 5 wichtige
Informationen zu einem Thema. Außerdem gibt es konkrete Tipps. Am Ende jedes Kapitels
finden Sie zusätzliche Informationsquellen, die wir Ihnen empfehlen.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Dr. Alexei Medvedev und Elisabeth Wazinski
Hamburg, im März 2017
… 3 …
Über den Autor/die Autorin
Dr. Alexei Medvedev
Dr. Alexei Medvedev arbeitet seit 2007 als Referent bei der KWB e. V.,
sein Schwerpunkt ist die interkulturelle Elternarbeit am Übergang von
der Schule in den Beruf. Er leitet Projekte zur interkulturellen Elternkooperation
und Schulentwicklung. Er ist Autor mehrerer Publikationen
und war Referent auf zahlreichen nationalen sowie inter nationalen Konferenzen
zu den Themen Integration, Bildung und Familie. Dr. Alexei
Medvedev studierte Germanistik sowie Tourismus- und Bildungsmanagement
in Perm, Münster und Zagreb. Er promovierte mit einem literaturwissenschaftlichen
Thema in N. Nowgorod (Russland).
Elisabeth Wazinski
Elisabeth Wazinski ist seit 2008 Referentin bei der KWB e. V., ihre Arbeitsschwerpunkte
sind u. a. interkulturelle Einstellungsverfahren, interkulturelle
Elternarbeit und Vermittlung von Jugendlichen mit Migrations hintergrund
in Ausbildung. Sie betätigt sich intensiv als Trainerin im Bereich interkulturelle
Sensibilisierung und arbeitet mit dem Anti-Bias-Ansatz. Zudem ist sie
seit 2007 als Therapeutin sowie Supervisorin für Einzelne und Teams tätig.
Seit 2015 ist sie in der KWB e. V. als Bereichsleitung für den Bereich „Frau
und Karriere“ zuständig.
… 4 …
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ..............................................................3
Über den Autor/die Autorin. ............................................4
1 Schulpflicht bedeutet: ALLE Kinder müssen in Deutschland zur Schule. . ...6
2 ALLE Eltern können ihr Kind vor Beginn der Schule und
während der Schulzeit unterstützen. .....................................10
3 Eine gute Schule zu finden, reicht nicht aus.
Die Bildung der Kinder ist auch Elternsache. ..........................14
4 Selbst Fachleute können unser Schulsystem nicht immer erklären. . ......18
5 Kinder mit und ohne Behinderung können gemeinsam lernen. ...........22
6 Jede Sprache, die Ihr Kind spricht, ist ein Schatz! .......................26
7 Zwischen Schweigen und Schimpfen gibt es einen Mittelweg:
So können Sie mit den Lehrerinnen und Lehrern Ihres Kindes
ins Gespräch kommen. .............................................30
8 Eltern dürfen nicht nur Kuchen verkaufen! ............................34
9 Eltern haben viele Rechte. ..........................................38
10 Eltern haben auch Pflichten. ........................................42
11 Zeugnisse und Schulnoten sind wie eine Ampel:
Ihre Signale soll man ernst nehmen. ..................................46
12 Es kommt nicht nur auf die Schulnoten an. ............................50
13 Ausbildung, Studium oder duales Studium? Alles ist gut!
Lassen Sie Ihr Kind entscheiden. .....................................54
14 Made in Germany: Die ganze Welt beneidet uns um die duale Ausbildung. . 58
15 Mein Kind wird studieren! ..........................................62
16 Nach der Schule gibt es mehr Möglichkeiten, als manche Eltern denken. ..66
17 Jedes Kind hat Stärken und Schwächen. . .............................70
18 Eltern sind auf dieser Welt einfach unersetzlich. Auch bei der Berufswahl. . 74
19 ALLE Eltern können ihr Kind bei der Bewerbung unterstützen. ..........78
20 Heute ist das Bewerbungsverfahren fast wie ein Casting! ...............82
Impressum ...........................................................87
… 5 …
Schulpflicht bedeutet: ALLE Kinder
müssen in Deutschland zur Schule.
1.1
Deutschland hat die Schulpflicht, andere Länder haben
die Bildungspflicht.
Viele Länder haben die Bildungspflicht (auch Unterrichtspflicht genannt).
Das bedeutet: Alle Kinder müssen Bildung (Unterricht) bekommen. Ob
das zu Hause oder in der Schule geschieht, entscheiden die Familien selbst.
Das ist zum Beispiel in Österreich so. Die meisten Familien entscheiden
sich für die Schule.
In Deutschland haben wir die Schulpflicht. Jedes Kind muss
also die Schule besuchen. Die Schulpflicht dauert je nach
Bundesland 12 oder 13 Jahre.
Viele Kinder machen aber schon nach der 9. oder
10. Klasse ihren Abschluss. Auch diese Kinder sind weiterhin
schulpflichtig. Sie besuchen während der beruflichen
Aus bildung die Berufsschule. Die anderen machen
nach 12 oder 13 Jahren ihr Abitur oder Fachabitur.
Das Lernen zu Hause (Hausunterricht oder auch Homeschool
ing genannt) ist in Deutschland nur in wenigen
Ausnahmen möglich, zum Beispiel für Kinder, die wegen
Behinderung oder Krankheit zu Hause bleiben müssen
(Krankenunterricht).
… 6 …
1.2
Alle Kinder werden in Deutschland vor der Schule untersucht.
Vor der Schule finden 2 wichtige Gespräche mit Ihnen und Ihrem Kind
statt: die Sprachstandserhebung und die Schuleingangsuntersuchung
(auch Einschulungsuntersuchung genannt). Die Einladung zu diesen wichtigen
Terminen bekommen Sie mit der Post.
Sprachstandserhebung
Der Schulerfolg Ihres Kindes hängt stark davon ab, wie gut Ihr Kind
Deutsch kann. Deswegen wird das geprüft. Das nennt man Sprachstandserhebung.
Sie findet in fast allen Bundesländern ca. 1 bis 2 Jahre vor der
Einschulung Ihres Kindes statt. Wenn Ihr Kind in Deutsch Hilfe braucht,
bekommt es Sprachfördermaßnahmen – entweder in der Kita (Kindertages
stätte) oder in der Vorschule.
Schuleingangsuntersuchung/Einschulungsuntersuchung
Eine Kinderärztin oder ein Kinderarzt untersucht Ihr Kind kurz vor
dem Schulbeginn. Das macht je nach Bundesland das Gesundheitsamt,
die zuständige Schule oder die Kita.
In dieser Untersuchung wird festgestellt, ob Ihr Kind für sein Alter normal
entwickelt ist und die Schule schaffen kann. Sie sollten bei dem
Termin dabei sein, damit die Ärztin oder der Arzt Ihnen Fragen stellen
und die Ergebnisse der Untersuchung gleich mit Ihnen besprechen kann.
Wenn Ihr Kind in irgendeinem Bereich besondere Unterstützung braucht,
kennt die Ärztin oder der Arzt die speziellen Fördermöglichkeiten.
1.3
Die Regel lautet:
Wenn Ihr Kind 6 Jahre alt wird, beginnt die Schule.
Die Schulpflicht gilt für alle Kinder in Deutschland, egal welchen Pass und
Aufenthaltsstatus sie haben. Als erste Orientierung kann man sich
merken: Mein Kind wird vor dem Beginn des Schuljahres 6 Jahre
alt und muss in diesem Jahr in die Schule.
Es gibt auch Grenzfälle. Dann kann die Familie selbst entscheiden:
Das Kind geht 1 Jahr früher (mit 5 Jahren) oder 1 Jahr
später (mit 7 Jahren) in die Schule. Diese Grenzfälle haben mit
dem Geburtsdatum des Kindes und dem Stand seiner Entwicklung
zu tun.
… 7 …
1.4
Es gibt immer eine Grundschule in Ihrer Nähe,
die Ihr Kind aufnimmt.
In Deutschland darf kein Kind ohne Schule bleiben. Deswegen ist die Einschulung
so organisiert, dass alle Familien mit schulpflichtigen Kindern kontaktiert
werden. Es gibt eine Grundschule bei Ihnen in der Nähe, die für Ihre
Straße zuständig ist. Diese Schule nimmt Ihr Kind auf.
Manchmal kann es sein, dass Ihnen diese Schule aus irgendwelchen
Gründen nicht gefällt. Dann können Sie eine andere
Schule für Ihr Kind aussuchen. Manchmal kann das kompliziert
sein. Eine andere Schule nimmt Ihr Kind nur dann auf,
wenn es dort einen freien Platz gibt.
1.5
Schulbildung ist in Deutschland kostenfrei.
Es gibt aber Ausnahmen.
Es gibt öffentliche (staatliche) Schulen und Schulen in freier Trägerschaft,
zum Beispiel Waldorfschulen (auch Rudolf-Steiner-Schulen genannt), Monte
ssori-Schulen, kirchliche und private Schulen.
Die öffentlichen Schulen sind kostenfrei. Gewöhnlich stellt die Schule
viele Sachen für den Unterricht zur Verfügung, zum Beispiel Schulbücher.
Es gibt aber Sachen, die Sie für Ihr Kind kaufen müssen (zum Beispiel
Hefte, Mappen, Mal- und Schreibstifte, einige Bücher, Kugelschreiber,
Lineal, Radiergummi, Winkeldreieck, Taschenrechner, Sportkleidung,
Sportschuhe).
Bei Schulen in freier Trägerschaft müssen Sie Schulgeld bezahlen.
Diese Schulen entscheiden selbst, wie hoch das Schulgeld
ist. Bei der Schulwahl sollte die Familie gut über legen, ob
sie das Schulgeld mehrere Jahre lang bezahlen kann.
… 8 …
Was können Sie machen?
1. Die Ergebnisse und Empfehlungen der Sprachstandserhebung und
Schul eingangsuntersuchung beachten. Wenn Ihr Kind vor der Schule
noch Unterstützung braucht, Angebote zur Förderung wahrnehmen.
2. Rechtzeitig wissen, in welche Schule Ihr Kind gehen soll und Ihr Kind an
dieser Schule anmelden. Die Schule sagt Bescheid, wann das passiert
und welche Unterlagen Sie mitbringen müssen. Gewöhnlich brauchen
Sie für die Anmeldung an der Schule den Personalausweis oder Reisepass
von sich selbst und Ihrem Kind sowie die Geburtsurkunde Ihres
Kindes.
3. Wenn Sie Ihr Kind nicht in die zuständige Schule geben möchten, überlegen
Sie sich zeitnah Antworten auf folgende Fragen: Was spricht
da gegen und was dafür? Welche andere Schule passt für mein Kind
besonders gut und warum? Wie wird mein Kind diese Schule jeden Tag
erreichen? Ist der Schulweg sicher?
4. Von mehreren Schulen den „Tag der offenen Tür“ besuchen und die
Schulen kennenlernen. Rechtzeitig aktiv werden und nach freien Plätzen
fragen. Schulen geben Termine häufig in regionalen Zeitungen
bekannt.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Schule und Erziehung:
Zahlreiche Materialien für Eltern hat der
Arbeitskreis Neue Erzie hung e. V. (ANE)
in mehreren Sprachen veröffentlicht.
Unter www.ane.de können Sie die
Materialen bestellen.
Orientierung: Elternmedien > Elternbriefe
… 9 …
ALLE Eltern können ihr Kind vor
Beginn der Schule und während
der Schulzeit unterstützen.
2.1
Die ersten Lebensjahre sind die wichtigsten für die
Entwicklung Ihres Kindes.
Aus wissenschaftlichen Studien ist bekannt: In den ersten Jahren nach der
Geburt lernt das Kind besonders intensiv und für sein ganzes Leben. Je
besser sich Ihr Kind vor der Schule entwickelt, desto leichter wird Ihrem
Kind das Lernen fallen. Vor der Schule können Kinder meistens erzählen,
mit Formen spielen, zählen, malen, basteln, spielen, laufen, klettern, springen
und vieles mehr. Dabei lernt Ihr Kind viele wichtige Sachen.
2.2
Die Kita (Kindertagesstätte) kann Sie bei der Entwicklung
Ihres Kindes unterstützen.
Der Besuch einer Kita ist in Deutschland freiwillig. Sie können selbst entscheiden,
ob Sie Ihr Kind in die Kita geben. Seit August 2013 haben alle
Eltern in Deutschland das Recht auf einen Kitaplatz für ihr Kind ab dem
1. Lebensjahr.
Für die soziale Entwicklung Ihres Kindes ist der Kitabesuch sehr hilfreich.
Wenn ein Kind zu Hause kein Deutsch spricht, ist der Kitabesuch besonders
wichtig. Denn in der Kita lernt Ihr Kind schnell Deutsch und hat viel
weniger Probleme mit der deutschen Sprache, wenn es in die Schule
kommt.
… 10 …
2.3
Eltern und der Schulerfolg der Kinder sind
stark miteinander verbunden.
Aus der wissenschaftlichen Studie PISA ist bekannt:
Eltern sind zu mehr als 50 Prozent am Schulerfolg ihrer
Kinder beteiligt. Ihr Einfluss auf die Lernentwicklung
des Kindes ist größer als der von Lehrkräften und
Unterricht. Dieser Einfluss kann positiv und negativ
sein.
Wenn Sie die Schule wichtig nehmen und Ihr Kind
unterstützen, kann es erfolgreicher lernen. Wenn Sie
die Schule unwichtig finden und Ihr Kind nicht unterstützen,
wird es sehr wahrscheinlich weniger erfolgreich
in der Schule sein. Das heißt: Ob Ihr Kind sich in
der Schule gut entwickelt, hängt mehr von Ihnen ab als
von der Schule und der Lehrerin oder dem Lehrer.
2.4
1 Jahr vor der Schule:
In der Kita bleiben oder in die Vorschule wechseln?
Im letzten Jahr vor der Schule haben Sie die Möglichkeit, Ihr
5-jähriges Kind in die Vorschule zu geben. Vorschulen sind unterschiedlich
organisiert. Viele Vorschulen sind Teil der Kitas. Es gibt
auch Vorschulen, die in den Grundschulen arbeiten. Die Vorschulen
sind in Deutschland freiwillig.
Für den Besuch einer Vorschule spricht:
Ihr Kind ist noch nicht ganz fit für die Schule und braucht etwas
mehr Förderung. Oder: Ihr Kind ist ein Überflieger und möchte
mehr und schneller lernen. Oder: Ihr Kind braucht einen sanfteren
Übergang von der Kita in die Schule.
Gegen den Besuch einer Vorschule spricht:
Manchen Kindern tut es gut, 1 Jahr länger zu spielen und sich außerhalb
einer festen Schulstruktur zu entwickeln.
In jedem Fall ist es eine persönliche Entscheidung, die Sie am besten zusammen
mit dem Personal Ihrer Kita und der Vorschule besprechen.
… 11 …
2.5
Bei finanzieller Not gibt es Unterstützung.
Das Bildungspaket und andere Hilfen.
Familien, die staatliche Leistungen erhalten (Arbeitslosengeld II, Sozialgeld,
Sozialhilfe, Kinderzuschlag, Wohngeld), können das Bildungspaket beantragen.
Das Bildungspaket stellt Ihnen Extrageld zur Verfügung, damit Ihr Kind
bei Kultur- und Sportaktivitäten, Lernförderung, Tagesausflügen und
Klassen fahrten mitmachen kann. Auch für das Mittagessen in Kita und
Schule, für den Schulbedarf und für Fahr ten mit Bus und
Bahn können Sie Geld durch das Bildungs paket bekommen.
Manches kann auch der Schulverein übernehmen, zum
Beispiel Zuschüsse zu Klassenfahrten. Darüber kann man
sich direkt in der Schule informieren, zum Beispiel bei der
Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer.
Was können Sie machen?
Vor Beginn der Schulzeit:
1. Darauf achten, dass Ihr Kind vor der Schule genug Kontakt mit anderen
Kindern hat und Deutsch lernt. Am besten gelingt es in der Kita.
2. Alle notwendigen Sachen vor Schulbeginn kaufen. Ihre Schule sagt
Ihnen Bescheid, welche Sachen Ihr Kind für die erste Zeit in der Schule
braucht. Wenn notwendig: das Bildungspaket beantragen.
3. Gemeinsam mit Ihrem Kind seinen Schulweg abgehen und mit ihm
richtiges Verhalten an allen kritischen Stellen üben (Ausfahrten, Kreuzungen,
Ampeln, Fahrradwege, Zebrastreifen).
Während der Schulzeit:
1. Dafür sorgen, dass Ihr Kind jeden Tag pünktlich zur Schule kommt,
etwas zu essen für die Pause dabeihat und ausgeschlafen ist. Am besten
begleiten Sie Ihr Kind in der ersten Zeit zur Schule und holen es, wenn
möglich, auch wieder ab. Es kommt natürlich darauf an, wie weit und
wie schwierig der Schulweg ist.
… 12 …
2. Die Telefonnummer der Schule (des Schulbüros oder des Schulsekretariats)
immer dabeihaben und die Schule so früh wie möglich anrufen,
wenn Ihr Kind aus einem wichtigen Grund, zum Beispiel Krankheit, nicht
zur Schule kommen kann.
3. Regelmäßig mit Ihrem Kind über seine Erfolge und Schwierigkeiten in
der Schule sprechen.
4. Ihr Kind nach den Hausaufgaben fragen und darauf achten, dass Ihr Kind
die Hausaufgaben auch wirklich erledigt. Nachhilfe organisieren, wenn
Ihr Kind dauerhaft Schwierigkeiten mit den Hausaufgaben hat.
5. Ermutigen Sie Ihr Kind, wenn es mit einer Aufgabe Schwierigkeiten hat,
und loben Sie Ihr Kind, wenn es die Schwierigkeiten gemeistert hat.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema gemeinsame Lernzeit:
Auf der Internetseite www.eltern-bildung.net
finden Sie den kostenfreien Elterninformationsordner
„Lernzeit gemeinsam gestalten“ in den
Sprachen Deutsch, Arabisch, Kurdisch und Türkisch
mit Infor ma tio nen darüber, wie Sie Ihr Kind von
der Kita an beim erfolgreichen Lernen unterstützen.
Sie finden hier Übungen und Tipps für sich und Ihr
Kind, die die gemeinsame Lernarbeit fördern sollen.
… zum Thema sicherer Schulweg:
Die Website www.mk.niedersachsen.de
des Niedersächsischen Kultusministeriums
enthält Informationen in arabischer,
deutscher, polnischer, rus sischer
und türkischer Sprache.
Orientierung: Schule > Schüle rin nen und Schüler/
Eltern > Mobilität > Schulanfangs aktion
… zum Thema Bildungspaket:
Die Website www.bildungspaket.bmas.de informiert
umfassend über Angebote und die Beantragung
des Bildungspakets.
… 13 …
Eine gute Schule zu finden, reicht nicht aus.
Die Bildung der Kinder ist auch Elternsache.
3.1
Laut Studien verbringen viele Eltern mit ihren
Kindern zu wenig Zeit.
Eltern sind für die Entwicklung des Kindes besonders in den ersten Jahren
außerordentlich wichtig. Trotzdem zeigen uns Studien, dass Eltern im
Durchschnitt viel zu wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen. Es geht
dabei nicht um gemeinsames Fernsehen oder Essen, sondern zum Bei spiel
um gemeinsames Spielen und Gespräche.
Eine UNICEF- Umfrage ergab 2007: Jede/-r 3. Jugendliche wünscht sich
mehr Zeit mit den Eltern. Mütter von 12- bis 16-Jährigen begleiten etwa
4 Minuten am Tag das Lernen von ihrem Kind. Bei Vätern sind es nur noch
2 Minuten pro Tag. 1)
3.2
Die Hausaufgaben macht Ihr Kind und nicht Sie!
Sie müssen nicht perfekt Deutsch sprechen oder sich gut in
Mathematik auskennen. Aber Sie müssen dafür sorgen, dass Ihr
Kind die Hausaufgaben erledigt. Es ist wichtig, dass Sie Ihr Kind nach seinen
Hausaufgaben fragen oder dabeibleiben, solange Ihr Kind seine Hausaufgaben
macht. Wenn es dauerhaft Schwierigkeiten gibt, sollten Sie Nachhilfe
organisieren.
3.3
In einigen Ländern sind die Schulen allein für die Bildung
der Kinder zuständig. In Deutschland sitzen Kinder, Eltern,
Lehrerinnen und Lehrer in einem Boot.
Es gibt Länder, in denen Eltern die Bildung und Erziehung des Kindes allein
der Schule anvertrauen. In vielen asiatischen Ländern, wie zum Beispiel in
Indien oder China, werden die Lehrerinnen und Lehrer hoch geschätzt
und verehrt. Sie sind Vorbilder und Respektspersonen, die in schulischen
Fragen alleine entscheiden.
In Deutschland liegt die Verantwortung für eine erfolgreiche
Schulbildung bei allen 3 Seiten: den Lehrerinnen und Lehrern, den
Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern!
1)
Zitiert in Anlehnung an: Adolf Timm: Die Gesetze des Schulerfolgs. Das Fortbildungsbuch für Eltern. Seelze-Velber, 2009. Vgl. S. 21.
… 14 …
3.4
Regelmäßiger Kontakt zwischen Ihnen und der
Schule Ihres Kindes ist sehr wichtig.
Die Schule erwartet von Ihnen, dass Sie mit ihr in Kontakt bleiben. Sie
sollen als Eltern die Lehrerinnen und Lehrer bei der schulischen Bildung
und Erziehung Ihres Kindes unterstützen. Wenn Sie Interesse zeigen, wird
Ihr Kind es in der Schule einfacher haben. Auch wenn Sie wenig Deutsch
sprechen, können Sie mit den Lehrerinnen und Lehrern in Kontakt sein.
Besonders wichtig sind Elternabende. Wenn die Eltern regelmäßig zum
Elternabend gehen und in der Schule über die Leistung des eigenen Kindes
sprechen, erhalten Kinder bessere Noten. Das zeigen Untersuchungen.
Wichtiger Hinweis: Wenn Ihre Familie neu in Deutschland ist: Kinder
lernen eine neue Sprache schneller als Erwachsene. Deswegen setzen
Eltern ihr Kind manchmal als Dolmetscherin/Dolmetscher bei Terminen
mit der Schule oder Behörden ein. Mehrere Gründe sprechen dagegen:
Der Beruf der Dolmetscherin/des Dolmetschers ist sehr anstrengend. Ihr
Kind wird dadurch „zum Erwachsenen“ und muss auch bei erwachsenen
oder persönlichen Themen dolmetschen. Besonders in der Schule, wenn
es um seine eigenen Leistungen geht, ist dies problematisch. Darunter kann
die Beziehung zu den Eltern leiden.
3.5
Wenn Sie als Eltern an Ihre Grenzen stoßen:
Hausaufgabenhilfe, Mentoring & Co.
Manchmal haben Sie das Gefühl, dass Sie Ihrem Kind
bei schulischen Themen nicht helfen können, besonders
wenn Sie noch wenig oder kein Deutsch sprechen.
Zum Beispiel bei den Hausaufgaben oder beim
Lernen für Klassenarbeiten. Es kann auch sein, dass Sie
bei Themen wie Pubertät, Sexualerziehung, Drogen,
Alkohol oder Gewalt nicht weiterwissen.
Manchmal fällt es einem zuerst schwer – aber es kann
sehr hilfreich sein, eine professionelle Unterstützung in
Anspruch zu nehmen. Es gibt genug Möglichkeiten, wie
Sie Ihrem Kind helfen können. In jeder Region arbeiten
entsprechende Beratungsstellen. Weitere Ideen finden
Sie auf Seite 17.
… 15 …
Was können Sie machen?
1. Die Klassenlehrerin oder den Klassenlehrer von Ihrem Kind kennenlernen.
Wichtig: Einen Termin vereinbaren, wenn Sie mit der Lehrerin
oder dem Lehrer ausführlicher sprechen möchten.
2. Keine Angst vor der Schule haben, wenn Sie wenig Deutsch sprechen. Bei
der Schule fragen, ob diese eine Dolmetscherin oder einen Dolmet scher
organisieren kann. In einigen Bundesländern, zum Beispiel in Hamburg, ist
dies möglich. Wenn es nicht geht, fragen, ob es in der Schule Lehrerinnen
und Lehrer gibt, die Ihre Sprache sprechen. Sonst Freundinnen und
Freunde oder Verwandte ansprechen, die gut Deutsch sprechen.
3. Nicht nur in die Schule gehen, wenn es Probleme gibt. Es gibt auch viele
positive Anlässe, zum Beispiel Schulfeste, Aufführungen und Infoabende.
Besuchen Sie regelmäßig Elternabende, Elternsprechtage und andere
Veranstaltungen in der Schule Ihres Kindes.
Wichtiger Hinweis: Bedenken Sie, dass einige Hilfsangebote (z. B. Nachhilfeunterricht)
etwas kosten können. Das hängt davon ab, ob Ihr Kind in
einer Gruppe ist oder Einzelhilfe bekommt, zu Hause oder in einer anderen
Institution ist. Es gibt aber auch Angebote, die kostenfrei sind.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Grundschule:
Unter ki-koeln.de/languages bietet das Kommunale
Integrationszentrum Köln Informationen
in 20 Sprachen.
… zum Thema Probleme beim Lesen,
Rechnen und Schreiben:
www.legakids.net
… zum Thema Prüfungsangst:
www.pruefungsangst.de
… 16 …
Ihr Kind …
… kann seine
Hausaufgaben nicht
selbst ständig machen.
… hat schlechte
Noten, zum Beispiel
in Mathematik oder
Biologie.
… hat Probleme mit
Fremdsprachen, zum
Beispiel Englisch.
… hat insgesamt
Probleme mit dem
Lernen.
… braucht Motivation
zum Lernen.
Was kann
helfen?
Hausaufgabenhilfe
Nachhilfe unterricht
Tandem
Lernthera peutin
oder
Lerntherapeut
Mentorin oder
Mentor
Was ist das genau?
Kinder werden von Erwachsenen dabei unterstützt,
ihre Hausaufgaben zu erledigen. Hausaufgabenhilfe
wird an verschiedenen Orten angeboten: in der
Schule, bei Vereinen, in Stadtteilzentren.
Nachhilfeunterricht kann helfen, wenn Ihr Kind in
einem oder mehreren Fächern etwas „verpasst“
hat (z. B. durch Krankheit, eine „faule“ Phase oder
einen Klassen-/Schulwechsel) und keine neuen Lern -
inhalte verstehen kann. In der Nachhilfe werden
diese Wissenslücken gezielt aufgearbeitet.
Tandem kann beim Sprachenlernen helfen: 2 Personen
mit unterschiedlicher Muttersprache brin gen
sich gegenseitig die Sprache bei. Zum Bespiel:
Ein englischsprachiges Kind bringt Ihrem Kind Englisch
bei. Ihr Kind bringt dem anderen Kind seine Muttersprache
bei. Das Lernen der Sprache kann im
lockeren Gespräch passieren.
Eine Lerntherapie kann helfen, wenn Ihr Kind grundsätzliche
Schwierigkeiten beim Lernen hat. Kindern,
die Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS), Rechenschwäche
(Dyskalkulie), Wahrnehmungsstörungen,
Konzentrationsschwierigkeiten, Angst vor Schule und
Prüfungen oder andere Probleme haben, kann damit
geholfen werden.
Beim Mentoring gibt eine erfahrene Person (Mentorin
oder Mentor) ihre Erfahrung und ihr Wissen an
eine weniger erfahrene Person (Mentee) weiter.
Die Mentorin/der Mentor kann eine erwachsene
oder eine etwas ältere Person sein als Ihr Kind.
Beide treffen sich über einen längeren Zeitraum in
der Schule oder bei Ihnen zu Hause. Eine Mentorin/
ein Mentor gibt Ratschläge und unterstützt die
persönliche Entwicklung Ihres Kindes.
… 17 …
Selbst Fachleute können unser
Schulsystem nicht immer erklären.
4.1
Jedes Land hat sein eigenes Schulsystem.
In vielen Ländern spielt es keine Rolle, in welchem Teil des Landes ein Kind
zur Schule geht. Das Schulsystem ist überall im Land gleich. Es gibt nur eine
Schule für alle Kinder. Dies ist zum Beispiel in Afghanistan, Brasilien, Finnland,
Ghana oder Russland der Fall.
In anderen Ländern gibt es zwar mehrere Schultypen, aber sie sind im
ganzen Land gleich und die Familien müssen später als in Deutschland entscheiden,
in welche Schule sie ihr Kind nach der gemeinsamen Grundschule
geben möchten. Dies ist zum Beispiel in der Türkei, in Belgien oder
in Mexiko der Fall.
Deutschland und Österreich sind die einzigen Länder weltweit, in denen
viele Schulkinder nach Klasse 4 auf unterschiedliche weiterführende
Schulen gehen.
… 18 …
4.2
Deutschland:
1 Land – 16 Bundesländer – 16 Schulsysteme!
In Deutschland ist die Schule anders als in Finnland oder Frankreich aufgebaut.
Für die Schule sind Regionen, also Bundesländer, zuständig. Jedes der
16 Bundesländer hat sein eigenes Schulsystem. Nach dem Grundgesetz ist
Bildung in Deutschland eine Sache der Bundesländer. Das bedeutet: Jedes
Bundesland macht seine eigene Schulpolitik. Ihr Kind besucht die
Schule in dem Bundesland, in dem Sie wohnen. Dieses Bundesland
ist also zuständig für die Schulpolitik in Ihrem Fall. Trotzdem
arbeiten die Bundesländer auch zusammen: Dazu treffen sich
Ministerinnen und Minister in der Kultusministerkonferenz.
Dort kommen alle 16 Ministerinnen und Minister zusammen, die
in ihrem Bundesland für das Thema Schule zuständig sind.
4.3
Das Schulsystem in Deutschland ist eines der
kompliziertesten auf der ganzen Welt.
Schon die Dauer der Grundschule unterscheidet sich innerhalb Deutschlands:
In einigen Bundesländern dauert die Grundschule 4 Jahre, in anderen
6 Jahre. Wie es nach der Grundschule weitergeht, ist auch verschieden.
Manche Bundesländer haben 2 weiterführende Schulformen nach
der Grundschule, andere Bundesländer 3. Die Abschlüsse und
Schulnoten unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland.
Die Schul ferien finden auch zu unterschiedlichen Zeiten statt.
Das macht die Schule in Deutschland zu einem Labyrinth.
Ohne Begleitung kann man sich schnell verlaufen.
… 19 …
4.4
Hauptschule, Realschule, Gymnasium … Das ist nicht alles!
Noch vor 20 Jahren gab es fast überall in Deutschland die Hauptschule mit
9 Schuljahren, die Realschule mit 10 Schuljahren und das Gymnasium mit
13 Schuljahren. Wenn alle 3 Schultypen unter einem Dach waren, hieß das
Gesamtschule. Im Laufe der Zeit aber haben die meisten Bundesländer ihr
Schulsystem verändert.
Schultypen haben neue Namen bekommen. Neben Hauptschule,
Realschule, Gymnasium und Gesamtschule gibt es heute in verschiedenen
Bundesländern unterschiedliche Namen für die
Schulformen nach der Grundschule: Mittelschule, Werkrealschule,
Oberschule, Sekundarschule, Stadtteilschule,
Re gionalschule, Gemeinschaftsschule, Regelschule und viele
mehr.
4.5
Umzug, weiterführende Schulen und andere Fragen zur
Schule: Hier können Sie Fachleute mit ins Boot nehmen.
Wenn Sie manchmal nicht durchblicken, ist das also ganz normal. Besonders
schwierig kann es für Familien sein, die aus dem Ausland nach
Deutschland kommen. Es betrifft auch Familien, die aus einem Bundes land
in ein anderes Bundesland umziehen. Auch Familien, die im selben Bundesland
bleiben, haben Fragen, weil sich vieles verändert.
In jeder Region gibt es aber Beratungsstellen, die Ihre Fragen zum Thema
Schule beantworten können. In den meisten Fällen ist diese Beratung
kostenfrei.
… 20 …
Was können Sie machen?
Informationen zum Schulsystem in Ihrem Bundesland
anfordern, zum Beispiel bei Ihrem Kultusministerium
oder Ihrer Schulbehörde.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Schulsystem in Deutschland:
Unter ki-koeln.de/languages bietet das Kölner
Bildungs portal Informationen in 20 Sprachen.
Auf der Homepage der Kultusministerkonferenz
(KMK), www.kmk.org, finden Sie auch weitere
Informationen zum Schulsystem.
… 21 …
Kinder mit und ohne Behinderung
können gemeinsam lernen.
5.1
Die Behindertenrechtskonvention der
UNO regelt die Rechte der Personen mit Behinderung.
2006 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen
(UN) die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung.
Eine Konvention ist eine Vereinbarung, die von allen Ländern und
Menschen beachtet werden soll. In der Konvention geht es
darum, dass Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft keine
Ausgrenzung mehr erfahren und voll akzeptiert werden.
5.2
Deutschland setzt die Behindertenrechtskonvention
um.
Die meisten Länder der Welt unterstützen diese Konvention.
Viele Länder haben die Konvention unterzeichnet
und sich dazu verpflichtet, sie umzusetzen.
Auch Deutschland ist seit 2009 dabei.
… 22 …
5.3
Die Behindertenrechtskonvention fordert Inklusion.
Aber was ist Inklusion?
Das Wort Inklusion kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Einschluss.
Inklusion ist also die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen
Leben. Inklusion ist ein Menschenrecht.
5.4
Inklusion bedeutet in unserem Alltag:
Alle Hindernisse werden abgeschafft.
In Städten, Gebäuden oder bei Transportmitteln müssen alle Hindernisse
für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer abgeschafft werden. Das
betrifft auch Hindernisse im Internet und in der Sprache für hör- oder
sehbehinderte Menschen sowie Menschen mit körperlicher oder geistiger
Behinderung.
Menschen mit Behinderung dürfen selbst entscheiden, ob sie in spezialisierten
Unterkünften oder mit Menschen ohne Behinderung wohnen
möchten. Niemand darf in der Bildung, im Beruf oder in der Freizeit
wegen seiner Behinderung ausgeschlossen werden.
… 23 …
5.5
Auch in der Schule findet Inklusion statt.
Früher ging ein Kind mit Behinderung meistens in einen Sonderkindergarten
und in eine Sonderschule (auch Förderschule genannt). Dort
wurde das Kind gefördert.
Heute können Kinder mit und ohne Behinderung eine gemeinsame Schule
besuchen. Familien, die Kinder mit einer Behinderung haben, können selbst
entscheiden: Das Kind geht auf eine spezialisierte Schule (Sonderschule)
oder besucht eine allgemeinbildende Schule.
In jeder Schule muss dieses Kind eine professionelle Betreuung durch
Sonderpädagoginnen und Sonder pädagogen erhalten.
… 24 …
Was können Sie machen?
1. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Kind eine Behinderung hat: Lassen Sie
Ihr Kind von Kinderärztinnen/Kinderärzten oder Psychologinnen/
Psychologen untersuchen. Sie können feststellen, ob Ihr Kind tatsächlich
eine Behinderung hat und spezielle Hilfe braucht. In der Fachsprache
heißt das sonderpädagogischer Förderbedarf. In schwierigen Fällen
nicht nur zu einer Beratungsstelle oder Arztpraxis gehen, sondern sich
eine zweite und vielleicht sogar eine dritte Meinung anhören.
2. Bei dem Ergebnis „Das Kind hat eine Behinderung und braucht spezielle
Unterstützung“ genau überprüfen, wo Ihr Kind in Ihrer Region die
nötige sonderpädagogische Förderung bekommt – auf einer allgemeinbildenden
Schule oder einer Sonderschule.
3. Die Schulen in Ihrer Region ansprechen, am besten gemeinsam mit
Ihrem Kind besuchen, mit den Lehrerinnen und Lehrern sprechen und
erst danach eine Entscheidung treffen.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Inklusion:
www.aktion-mensch.de
Ein Kurzfilm erklärt in 80 Sekunden,
was Inklusion ist.
Orientierung: Informieren & diskutieren >
Was ist Inklusion?
… 25 …
Jede Sprache, die Ihr Kind spricht,
ist ein Schatz!
6.1
Spätestens mit der Geburt beginnt ein Kind,
Sprache zu lernen.
Die Erstsprache (auch Familiensprache, Herkunftssprache oder
Muttersprache genannt) ist für Ihr Kind und seine Entwicklung
sehr wichtig. Das haben wissenschaftliche Studien bewiesen.
Es ist gut, wenn Sie von Anfang an mit Ihrem Kind in Ihrer eigenen
Sprache sprechen. Es ist für Ihr Kind eher schädlich, wenn
Sie fehlerhaftes Deutsch mit ihm sprechen.
6.2
Mehrsprachigkeit ist keine Überforderung für ein Kind.
Es gibt aber klare Spielregeln.
Jedes Kind kann in der multikulturellen Umgebung 2 oder sogar
3 Sprachen gleichzeitig lernen.
Zum Beispiel sprechen in Deutschland viele Familien zu Hause eine
andere Sprache oder sogar 2 andere Sprachen als Deutsch. In der
Kita und später in der Schule spricht das Kind Deutsch.
Mehrsprachigkeit ist also ganz normal. Damit können Sie Ihr Kind nicht
überfordern (was viele denken!). Sie müssen dabei nur einige einfache
Regeln beachten (Seite 28 und 29).
… 26 …
6.3
Kinder mischen Sprachen. Kein Grund zur Panik!
Kinder mischen Sprachen, wenn sie mit 2 oder 3 Sprachen aufwachsen.
Das ist normal.
Zum Beispiel: Ein 2-jähriges Kind wächst deutsch- und englischsprachig
auf. Es sagt manchmal: „Das ist ein big Haus.“ Oder ein Kind
wächst türkisch- und deutschsprachig auf. Es kann sagen: „Das ist ein
büyük Haus.“
Kein Grund zur Panik: Das Kind lernt mit der Zeit von selbst,
beide Sprachen zu trennen.
6.4
Kein Mensch auf dieser Welt kann eine Sprache
perfekt beherrschen.
Fehler zu machen, ist normal. Nehmen Sie Ihrem Kind nicht die Chance,
mehrsprachig aufzuwachsen! Das wäre viel zu schade.
Auch Muttersprachlerinnen und Muttersprachler, die
„nur“ eine Sprache sprechen, machen ab und zu Fehler.
6.5
Deutsch und Englisch sind ein Muss.
Eine weitere Sprache ist ein Plus!
Für die Zukunft Ihres Kindes ist es von großer Bedeutung, wenn
es neben Deutsch und Englisch auch in seiner Erstsprache sprechen,
lesen und schreiben kann. Oft kann man diese Sprachkenntnisse
später im Beruf sehr gut gebrauchen.
Es ist ein großer Vorteil, wenn Ihr Kind neben Deutsch und Schulenglisch
außerdem zum Beispiel noch Polnisch, Portugiesisch oder Vietnamesisch
sprechen kann. Ob Ihr Kind diese Chance wahrnehmen kann, hängt von
Ihnen ab.
… 27 …
Was können Sie machen?
1. Zuerst die Frage beantworten: In welcher Sprache fühlen Sie sich wohl
und sicher? In der Sprache sollten Sie mit Ihrem Kind sprechen.
2. Die Sprachen nicht vermischen, auch wenn es schwerfällt.
3. Lassen Sie Ihr Kind gleich nach der Geburt so oft wie möglich mit anderen
Kindern zusammen sein. Das hilft Ihrem Kind dabei, schneller
Deutsch zu lernen.
Was ist besonders gut?
Sprechen Sie mit Ihrem Kind von Geburt an nur in der Sprache, in der
Sie sich wohlfühlen und in der Sie fehlerfrei sprechen können. Wenn
das nicht Deutsch ist, wird Ihr Kind in der Kita gut Deutsch lernen.
Das Kind in die Kita geben und regelmäßig mit dem Kind zu Hause oder
draußen etwas unternehmen: spielen, Besuche machen, ins Theater
oder Museum gehen.
Jedes Familienmitglied spricht mit dem Kind eine Sprache.
Zum Beispiel: Mama spricht mit dem Kind nur Deutsch, Papa spricht
mit dem Kind nur Russisch. Oder: Die Eltern sprechen mit dem Kind
nur Deutsch, die Großeltern sprechen mit dem Kind nur Türkisch.
Oder: Wenn beide Eltern zum Beispiel aus Spanien kommen, kann es
auch so funktionieren: Draußen (z. B. in der Kita, in der Schule, auf dem
Spielplatz) sprechen alle Deutsch, zu Hause sprechen alle Spanisch.
Jeden Satz in der Sprache zu Ende sprechen, in der Sie den Satz begonnen
haben.
Über verschiedene Themen sprechen, Geschichten erzählen, Lieder
vorsingen, Märchen und Reime vorlesen, zusammen Bilderbücher
anschauen.
Das Kind durch offene Fragen verbessern. Zum Beispiel: Ihr Kind sagt:
„Ich bin geschwimmt.“ Sie fragen nach: „Wohin bist du geschwommen?“
Dadurch hört Ihr Kind, wie es richtig heißt.
… 28 …
Was ist eher schlecht?
Mit dem Kind Deutsch sprechen, wenn Sie Deutsch mit vielen Fehlern
sprechen.
Mit dem Kind wenig oder in der Babysprache sprechen.
Den Satz in einer Sprache beginnen und in einer anderen Sprache
beenden.
Mit dem Kind mal die eine, mal die andere Sprache sprechen.
Das Kind direkt verbessern.
Zum Beispiel: Ihr Kind sagt: „Ich bin geschwimmt.“ Sie sagen: „Das heißt
geschwommen, nicht geschwimmt.“ Oder das Kind zum Nachsprechen
auffordern: „Sag mal geschwommen.“
Das Kind mehrere Stunden am Tag alleine vor dem Fernseher sitzen
lassen in der Hoffnung, dass es so die Sprache lernt. Vor dem Fernseher
lernt ein Kind keine Sprache! Etwas anderes ist es, wenn Sie sich
gemeinsam mit Ihrem Kind eine Kindersendung ansehen und an -
schließend darüber sprechen.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Kinder und Sprachen:
Die Elternbriefe des Staatsinstituts für Frühpädagogik
(IFP) München unter www.ifp.bayern.de
enthalten gute Tipps in über 20 verschiedenen
Sprachen.
Orientierung: Veröffentlichungen > Elternbriefe
Unter www.hamburg.de/vorschule
finden Eltern in der Broschüre
„Sprach förderung für Vorschulkinder.
Ein Ratgeber für Eltern“ der
Freien und Hansestadt Hamburg
gute Tipps.
Orientierung: Sprachförderung in der Vorschule
… 29 …
Zwischen Schweigen und Schimpfen
gibt es einen Mittelweg: So können Sie mit
den Lehrerinnen und Lehrern Ihres Kindes
ins Gespräch kommen.
7.1
Es gibt vielleicht kein Kind ohne Schulprobleme.
Manchmal läuft in der Schule nicht alles so gut, wie Sie es sich für Ihr Kind
wünschen. Es kann sein, dass die Lehrkräfte Ihr Kind anders erleben als Sie
zu Hause. Oder Ihr Kind erzählt Ihnen nicht alles. Jedenfalls besteht das
Schulleben nicht nur aus schönen Momenten. Auseinandersetzungen,
schwierige Schulsituationen sowie andere Probleme gehören auch dazu.
Wenn Schwierigkeiten in der Schule auftreten, sollten Lehrerinnen und
Lehrer, Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern zusammen daran
arbeiten, eine Lösung zu finden. Konflikte sind normal. Wichtig ist,
bei Konflikten bestimmte Regeln zu beachten – wie bei einem
Sportkampf oder im Gericht. Aggressivität und Beleidigungen
werden die Probleme nicht lösen.
… 30 …
7.2
Die Schule zu meiden, ist kein guter Weg –
besonders bei Konflikten.
Familien irren sich, wenn sie denken: „Die Lehrkräfte schaffen das schon,
unserem Kind das Lernen und gutes Benehmen beizubringen.“ Es
tut Ihrem Kind nicht gut, wenn Sie mit der Schule möglichst wenig
zu tun haben wollen.
Bei Problemen mit anderen Schülerinnen und Schülern oder
Lehrerinnen und Lehrern oder schlechten Schulleistungen
kann es besonders negative Folgen haben, wenn Sie nicht
rechtzeitig bei der Lösung dieser Probleme helfen.
Andererseits gibt es auch Eltern, die sich zu viel einmischen und bei allen
schulischen Fragen ihren Willen durchsetzen wollen. Solche Eltern nennt
man Helikopter-Eltern. Mit diesem Verhalten schaden Eltern vor allem
ihrem Kind.
7.3
Sachlich bleiben, auch wenn Emotionen hochkochen!
Probleme und Missverständnisse sollen angesprochen und gelöst
werden. Es kommt darauf an, wie dies geschieht: respektvoll oder beleidigend.
Je früher ein Problem angesprochen wird, desto schneller und
einfacher kann eine Lösung gefunden werden.
Es kann auch sein, dass die Meinung der Eltern und die Meinung der
Schule unterschiedlich bleiben. In solchen Situationen soll versucht
werden, eine Kompromisslösung zu finden.
… 31 …
7.4
Sie sind mit Ihren Sorgen nicht allein.
Viele Eltern wollen über besonders schwierige Themen nicht sprechen.
Diese Themen sind zum Beispiel Gewalt, Mobbing, Diskriminierung, Spielsucht,
Drogen, Extremismus, Schulden, frühe Schwangerschaft. Sie haben
Angst, dass andere etwas davon erfahren. Das ist verständlich. So entsteht
ein Gefühl, dass die Familie die einzige ist, die dieses Problem betrifft. Das
stimmt aber nicht. Es gibt in der Nähe ganz sicher auch andere Familien,
die ein ähnliches Problem haben.
7.5
Lehrerinnen und Lehrer haben wenig Zeit.
Also immer einen Termin vereinbaren!
Jedes Gespräch braucht Zeit, besonders ein Gespräch über Probleme. Es
ist nicht gut, 5 Minuten vor dem Unterricht oder gleich nach dem Unterricht
im Lehrerzimmer zu erscheinen. Solche Gespräche sind selten willkommen.
Der beste Weg: per Telefon oder persönlich einen Termin
vereinbaren. Dann kann die Lehrerin oder der Lehrer sich genügend Zeit
für Sie nehmen.
… 32 …
Was können Sie machen?
1. Ihrem Kind zeigen, dass Sie seine Probleme in der Schule ernst nehmen.
Regelmäßig nachfragen, ob Ihr Kind Ihre Unterstützung braucht. Es ist
wichtig, früh davon zu erfahren, wenn bei Ihrem Kind etwas in der
Schule nicht gut läuft. Wenn Sie Probleme rechtzeitig erkennen, können
Sie etwas unternehmen.
2. Bei Problemen sachlich und ruhig bleiben. Keine persönlichen Bemerkungen
machen, nicht aggressiv werden, nicht schreien.
3. Die Klassenlehrerin oder den Klassenlehrer ansprechen, wenn Sie das
Gefühl haben oder wissen: Mein Kind hat ein Problem in der Schule.
Nicht zu lange warten – lieber einmal zu früh mit der Lehrerin oder
dem Lehrer sprechen als einmal zu spät!
4. Eine Person in der Schule ansprechen, der Sie vertrauen, wenn Ihr Kind
ein Problem mit seiner Lehrerin oder seinem Lehrer hat. Diese Person
kann zum Beispiel jemand aus dem Elternrat, eine Beratungslehrerin/
ein Beratungslehrer, eine Schulsozialpädagogin/ein Schulsozialpädagoge
oder eine Schulpsychologin/ein Schulpsychologe sein.
5. Bereiten Sie sich auf Gespräche in der Schule vor. Schreiben Sie sich
vorher alle wichtigen Punkte und Fragen auf. Sie vergessen dann nichts
Wichtiges, falls Sie während des Gesprächs aufgeregt sind.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Gespräche in der Schule:
Unter www.elternwissen.com finden Eltern
einige Tipps, wie sie sich auf ein Gespräch mit
den Lehrerinnen und Lehrern am besten vorbereiten
und dieses Gespräch führen können.
Orientierung: Schule und Eltern > Elternabend
und Lehrergespräch
… 33 …
Eltern dürfen nicht nur Kuchen verkaufen!
8.1
Die Schule muss Eltern einbeziehen. Das steht im Gesetz.
Manche Eltern verbringen viel Zeit in der Schule ihrer Kinder. Andere
Eltern gehen nur dann in die Schule, wenn ihr Kind Probleme hat. Genauso
ist es bei den Lehrerinnen und Lehrern: Manche machen Hausbesuche
und kennen alle Eltern persönlich. Andere Lehrerinnen und Lehrer sagen:
„Ohne Eltern würde die Schule sogar besser
laufen.“ Wie auch immer: Jede Schule muss
nach dem Schulgesetz mit den Eltern
zusammenarbeiten.
8.2
Es ist nicht normal, wenn Sie von der Schule noch nie
Post bekommen haben.
Jede Schule organisiert jedes Schuljahr bestimmte Termine für alle Eltern.
Zum Beispiel Anmeldetermine, Elternabende, Elternsprechtage, Schulfeste
oder Informationen über Ausflüge. Die Einladungen zu diesen Terminen
kommen gewöhnlich mit der „Ranzenpost“ – das heißt, sie liegen
in der Schultasche Ihres Kindes. Jede Einladung muss auf dem Weg von der
Schule zu Ihnen nach Hause mehrere Hürden nehmen.
Hürde Nummer 1: Das Kind lässt die Einladung verschwinden.
(„Meine Eltern werden nie von dem Elternabend erfahren!“)
Hürde Nummer 2: Manche Eltern lesen die Briefe gar nicht.
(„Schon wieder so ein Behördenbrief. Weg damit!“)
Hürde Nummer 3: Der Brief ist total langweilig oder schwer verständlich.
(„Was wollen die von mir? Ich verstehe kein Wort!“)
Wenn Sie also keine Briefe aus der Schule erhalten
oder diese nicht verstehen, sollten Sie bei
der Lehrerin oder dem Lehrer Ihres Kindes
nachfragen.
… 34 …
8.3
Es gibt 2 Wege, wie Sie in der Schule
mitmachen können.
Weg 1: Es gibt offizielle Formen der Zusammenarbeit nach dem Schulgesetz,
die für alle Schulen und alle Klassen Ihres Bundeslandes gleich sind.
Nicht alle Eltern können oder wollen diesen offiziellen Weg gehen.
Deswegen gibt es Weg 2: Inoffizielle Formen der Zusammenarbeit, die
von Schule zu Schule, von Klasse zu Klasse unterschiedlich sein können.
8.4
Weg 1:
offizielle Formen der Zusammenarbeit.
Jede Klasse wählt Elternvertreterinnen und Elternvertreter. Sie informieren
andere Eltern gemeinsam mit der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer
über Aktuelles aus dem Schulleben. Sie nehmen an Zeugnis- und
Schulkonferenzen teil und vermitteln auch manchmal bei Konflikten.
Außerdem wählen sie den Elternrat, der bei allen wichtigen Fragen des
Schullebens mitentscheidet.
Solche Elterngremien gibt es in jeder Schule, jedem Kreis, jedem Bundesland,
im Bund und sogar auf der EU-Ebene. Sie tragen unterschiedliche
Namen wie Elternausschuss, -beirat, -kammer, -konferenz, -verband oder
-vertretung.
Die Idee ist gleich: Sie vertreten die Interessen der Eltern wie im Parlament,
also auch Ihre Interessen. Sie als Eltern können überall mitmachen.
Sie können sich wählen lassen oder auch an Sitzungen als Gast teilnehmen.
… 35 …
In Europa
European Parents Association
In Deutschland
Bundeselternrat
In Ihrem Bundesland
zum Beispiel Landeselternausschuss,
Landeselternbeirat, Elternkammer, Landeselternrat,
Landeselternvereinigung
In Ihrer Stadt oder in Ihrem Kreis
zum Beispiel Kreiselternbeirat, Kreiselternrat,
Kreiselternvertretung, Stadtelternbeirat, Stadtelternrat,
Stadtelternvertretung
In Ihrer Schule
Elternrat
In Ihrer Klasse
Elternvertretung
8.5
Weg 2:
inoffizielle Formen der Zusammenarbeit.
Die Eltern können zusammen mit der Schule viele Sachen organisieren.
Hier einige Ideen: Nachhilfeunterricht oder Kurse geben, Klassen zum
Schwimmunterricht begleiten, in der Schulbibliothek mitmachen oder
Geschichten vorlesen, Klassen bei Ausflügen begleiten, Schiedsrichterin/
Schiedsrichter bei Fußballturnieren sein, ein Elterncafé in der Schule gründen
und/oder betreuen, Schulfeste mit organisieren oder andere Eltern
über bestimmte Themen aufklären, zum Beispiel bei einer Tasse Tee oder
Kaffee in den Räumlichkeiten der Schule.
… 36 …
Was können Sie machen?
1. Regelmäßig Ihr Kind fragen: Was gibt es Neues in der Schule? Hast du
Post aus der Schule?
2. Andere Eltern aus der Klasse Ihres Kindes kennenlernen und sich mit
ihnen austauschen.
3. Elternabende, Elternsprechtage und andere Schulveranstaltungen
besuchen.
4. Nach Möglichkeit in der Schule mitmachen oder sogar etwas selbst
organisieren.
5. Sich zur Elternvertreterin/zum Elternvertreter in der Klasse Ihres Kindes
wählen lassen, im Elternrat mitmachen.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema offizielle Formen der
Zusammenarbeit:
Auf der Internetseite des Bundeselternrates (BER),
www.bundeselternrat.de, finden Sie nähere
Informationen und auch Kontaktadressen der
Eltern gremien in Ihrem Bundesland.
… zum Thema inoffizielle
Formen der Zusammenarbeit:
17 Familien berichten in 17 Sprachen über ihre
Erfahrungen mit der Schule in der Broschüre
„Eltern in die Schule. Väter und Mütter mit
Zu wanderungsgeschichte berichten“. Sie können
die Broschüre unter www.bqm-hamburg.de
herunterladen.
Orientierung: Angebote für Ratsuchende >
Publikationen
… 37 …
Eltern haben viele Rechte.
9.1
Die Rechte der Eltern stehen im Schulgesetz.
Das Schulsystem regelt in jedem Bundesland das Schulgesetz. Dort steht
auch, wie die Schulen bei der Bildung und Erziehung der Schülerinnen und
Schüler mit den Eltern zusammenarbeiten sollen. Das Gesetz beschreibt,
welche Rechte die Eltern haben. Solche Gesetze sind in einer komplizierten
Fachsprache geschrieben.
Eltern dürfen zum Beispiel …
die Schülerakte des Kindes einsehen, zum Beispiel die Unterlagen
des Schulberatungsdienstes und des Schulärztlichen Dienstes. Die
Schülerakte darf nur in der Schule eingesehen werden, in Absprache
mit der Lehrerin oder dem Lehrer.
an einzelnen Unterrichtsstunden teilnehmen und den Unterricht beobachten.
ihr Kind vom Religionsunterricht abmelden.
sich die Klassenarbeiten, die Noten und das Zeugnis ihres Kindes von
den Lehrkräften zeigen und erklären lassen.
Fragen zum Unterricht, zur Klasse oder zur Schule stellen, zum Beispiel
mit welchen Methoden und Materialien das Kind unterrichtet wird.
bei den Elternversammlungen, der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer
gegenüber Wünsche oder Beschwerden zum Unterricht äußern.
9.2
Eltern dürfen nicht alles. Und das ist gut so.
Eltern dürfen zum Beispiel nicht …
für ihr Kind eine bestimmte Lehrerin/einen bestimmten
Lehrer oder eine Klasse aussuchen.
den Lehrerinnen und Lehrern vorschreiben, was und
wie sie unterrichten sollen.
entscheiden, ob ihr Kind Hausaufgaben bekommt oder
nicht.
… 38 …
ihr Kind einige Tage vor oder nach den Ferien in den Urlaub mitnehmen.
ihr Kind von der Sexualerziehung oder dem Sportunterricht abmelden.
den Stundenplan bestimmen oder vergebene Zensuren (Noten) ändern
lassen.
Wenn Sie aus persönlichen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen
bestimmte Inhalte und Aktivitäten der Schule nicht gut finden, sollten Sie
ein Gespräch mit der Schule führen. Die Schule muss für verschiedene
Wertvorstellungen offen sein, die es in der Gesellschaft gibt. Die Eltern
können von der Schule Neutralität und Toleranz verlangen.
9.3
Nach der Grundschule:
Schullaufbahnempfehlung und Elternwahlrecht.
Die Schullaufbahnempfehlung ist eine Empfehlung der Grundschule für
die weiterführende Schule. In der letzten Klasse der Grundschule (je nach
Bundesland ist das Klasse 4 oder Klasse 6) informiert Ihre Grundschule Sie
über die Leistungen Ihres Kindes und die Anforderungen an weiterführenden
Schulen.
Um eine Empfehlung für das Gymnasium (auch Gymnasialempfehlung
genannt) zu bekommen, muss Ihr Kind sehr gute bis gute Noten in Deutsch,
Mathematik und Naturwissenschaft haben (dieses Fach hat in jedem Bundesland
einen anderen Namen).
Falls die Grundschule 6 Jahre dauert, müssen auch die Leistungen Ihres
Kindes in der ersten Fremdsprache gut sein. In einigen Bundesländern
können Eltern trotz der Schullaufbahnempfehlung ihr Kind auf die Schulform
schicken, die sie möchten. Das nennt man Elternwahlrecht.
In anderen Bundesländern steht die Schullaufbahnempfehlung
über dem Elternwahlrecht.
Aber trotzdem: Wenn Sie mit der Schullaufbahnempfeh
lung nicht einverstanden sind, gibt es fast
immer die Mög lichkeit, die Empfehlung noch einmal
über prüfen zu lassen. Wenden Sie sich am besten an
den Elternrat.
… 39 …
9.4
Nicht nur Eltern haben Rechte. Kinder auch.
Bei Problemen zwischen Erwachsenen wird oft vergessen, dass die Kinder
auch Rechte haben. Diese Rechte stehen in der UNO-Kinderrechtskonvention,
die die meisten Länder der Welt (auch Deutschland) umgesetzt
haben.
Zu den wichtigsten Rechten gehören das Recht auf
Leben, das Recht auf Bildung und das Recht auf Schutz
vor Gewalt. Es gibt noch viele andere Rechte, zum Beispiel:
Mädchen und Jungen werden gleich behandelt, ein
Kind hat das Recht auf seine Privatsphäre, seine Sprache,
Religion und vieles mehr.
9.5
Manchmal muss man für seine Rechte kämpfen.
Es kann vorkommen, dass Sie als Eltern der Meinung sind: „Mein Kind wird
von den Lehrerinnen und Lehrern nicht objektiv beurteilt.“ Oder:
„Die Lehrerin oder der Lehrer meines Kindes verstößt gegen die
Schulordnung.“
Wenn Sie mit einer Entscheidung nicht einverstanden sind, weil Sie
an deren Richtigkeit zweifeln, können Sie eine Überprüfung fordern.
Hier gibt es einige Wege, zum Beispiel die Sachbeschwerde, die Dienstaufsichtsbeschwerde
oder der Widerspruch. Ihr Elternrat kann Sie darüber
informieren.
Was können Sie machen?
1. Bei Fragen zu Ihren Rechten: den Elternrat Ihrer Schule ansprechen.
2. Anregen, dass Ihre Schule durch den Elternrat einen Informationsabend
für Eltern zum Thema Elternrechte in der Schule organisiert.
3. Broschüren für Eltern, zum Beispiel Elternratgeber oder Ähnliches für
Ihr Bundesland besorgen. Solche Broschüren gibt es in der Regel in der
Schule, in der Schulbehörde, im Schulamt, beim Landeselternrat.
4. Ab der 3. Klasse die Schullaufbahnempfehlung im Blick haben. Be -
sprechen Sie bereits vor der Schullaufbahnempfehlung mit Ihrem Kind
sowie den Lehrerinnen und Lehrern: Wo steht Ihr Kind jetzt? Wo
möchte Ihr Kind hin und was ist dafür notwendig?
… 40 …
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Rechte der Eltern:
In dem „Handbuch für die interkulturelle
Eltern arbeit“ der BQM Beratung Qualifizierung
Migration finden Sie einfache Informationen zu
Eltern rechten in den Sprachen Deutsch, Farsi,
Polnisch, Russisch und Türkisch (gelbes Modul,
S. 3-5):
www.bqm-hamburg.de
Orientierung: Angebote für Ratsuchende >
Publikationen
… zum Thema Rechte der Kinder:
Das Buch „Die Rechte der Kinder von logo!
einfach erklärt“ ist für Kinder geschrieben.
Auch Erwachsene können viel aus diesem Buch
lernen. Kostenfrei kann es auf der Internetseite
des Bundesministeriums für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (BMFSFJ), www.bmfsfj.de,
heruntergeladen und bestellt werden.
Orientierung: Ins Suchfeld „Die Rechte der
Kinder“ eingeben
… zum Thema Schullaufbahnempfehlung
und Elternwahlrecht:
Auf der Webseite der Kultusministerkonferenz
(KMK), www.kmk.org, können Sie erfahren,
wie das Elternwahlrecht und die Schullaufbahnem
pfehlung in Ihrem Bundesland geregelt sind.
… 41 …
Eltern haben auch Pflichten.
10.1
Eltern müssen Wecker und Ernährer sein.
Eltern schicken ihr Kind regelmäßig, pünktlich und ausgeschlafen zur Schule.
Sie passen auf, dass ihr Kind ausreichend gesundes Essen und Trinken für
die Schule dabeihat.
10.2
Eltern müssen Ausstatter sein.
Eltern besorgen ihrem Kind alle für die Schule wichtigen Sachen, zum Beispiel:
Schultasche
Federmappe
Hefte
Turnschuhe
Sportkleidung
10.3
Eltern müssen An- und Abmelder sein.
Eltern sagen der Schule sofort Bescheid, wenn ihr Kind
krank ist oder aus anderen Gründen fehlt.
… 42 …
10.4
Eltern müssen Urlaubs- und Feiertagsplaner sein.
Eltern beantragen frühzeitig eine Beurlaubung ihres Kindes schriftlich,
wenn die Familie während der Schulzeit aus einem sehr wichtigen Grund
wegfahren muss.
10.5
Eltern müssen Krankmelder und Vorsorger sein.
Eltern behalten ihr Kind zu Hause, wenn es eine ansteckende Krankheit hat
(Keuchhusten, Masern, Mumps, Röteln, Windpocken, Scharlach, Kopfläuse
und andere). Sie legen nach einer ansteckenden Erkrankung des
Kindes eine Gesundmeldung von der Ärztin/dem Arzt vor,
wenn das Kind wieder in die Schule gehen kann.
Ganz wichtig:
Wenn Ihr Kind ohne Entschuldigung in der Schule
fehlt, entstehen daraus sogenannte unentschuldigte
Fehlzeiten. Das steht im Zeugnis und wirkt sich
negativ aus, zum Beispiel bei der Bewerbung um
einen Ausbildungsplatz. Sie müssen darauf achten,
dass Ihr Kind immer eine schriftliche Entschuldigung
hat, wenn es nicht zur Schule kann.
… 43 …
Was können Sie machen?
1. Darauf achten, dass Ihr Kind vor der Schule alle wichtigen Schulsachen
hat. Wenn notwendig: Bildungspaket beantragen.
2. Dafür sorgen, dass Ihr Kind jeden Tag pünktlich zur Schule kommt,
etwas zu essen für die Pause dabeihat und ausgeschlafen ist.
3. Die Telefonnummer der Schule (des Schulbüros oder des Schulsekretariats)
immer dabeihaben und die Schule so früh wie möglich anrufen,
wenn Ihr Kind aus einem wichtigen Grund (zum Beispiel Krankheit)
nicht kommen kann. Eine schriftliche Entschuldigung abgeben. Die kann
zum Beispiel so aussehen:
… 44 …
4. Die Klassenlehrerin oder den Klassenlehrer von Ihrem Kind kennenlernen.
Nicht nur in die Schule gehen, wenn es Probleme gibt. Möglichst
regelmäßig Elternabende, Elternsprechtage und andere Veranstaltungen
in der Schule Ihres Kindes besuchen.
5. Keine Angst haben, in die Schule zu kommen, wenn Sie kein Deutsch
oder wenig Deutsch sprechen. Nachfragen, ob die Schule eine Dolmetscherin
oder einen Dolmetscher organisieren kann (in einigen Bundesländern
ist das möglich). Wenn es nicht geht, fragen, ob es in der Schule
Lehrerinnen und Lehrer gibt, die Ihre Sprache sprechen. Sonst Freundinnen
und Freunde oder Verwandte, die gut Deutsch sprechen, um
Hilfe bitten.
Wichtiger Hinweis: Vereinbaren Sie einen Termin, wenn Sie mit der
Lehrerin oder dem Lehrer ausführlicher sprechen möchten.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Pflichten der Eltern:
Im „Handbuch für die interkulturelle Elternarbeit“
der BQM Beratung Qualifizierung Migration finden
Sie einfache Informationen zu Pflichten der Eltern
in der Schule in den Sprachen Deutsch, Farsi, Polnisch,
Russisch und Türkisch (gelbes Modul, S. 3-5):
www.bqm-hamburg.de
Orientierung: Angebote für Ratsuchende >
Publikationen
… 45 …
Zeugnisse und Schulnoten sind wie eine
Ampel: Ihre Signale soll man ernst nehmen.
11.1
Besonders wichtig sind die Noten in Deutsch,
Mathematik und Englisch.
Diese Fächer nennt man Kernfächer oder Hauptfächer. Sie heißen so, weil
sie wichtiger als die anderen Fächer sind. Die Kernfächer sind wichtiger im
Zeugnis und haben auch mehr Unterrichtszeit. Ob ein Kind in die nächste
Klasse kommt oder auf welche weiterführende Schule es gehen kann,
hängt hauptsächlich von den Noten in den Kernfächern ab. Deswegen sollten
Sie die Noten in den Kern fächern besonders aufmerksam beobachten.
11.2
Die Note im Fach, das mit dem Berufswunsch Ihres Kindes
zu tun hat, ist wichtig.
Für alle Berufe sind die Kernfächer wichtig. Dann gibt es aber noch für fast
jeden Beruf ein anderes Fach, das sehr wichtig ist.
Beispiel 1: Ihre Tochter möchte Polizistin werden. Dann braucht sie in Deutsch,
Mathematik, Englisch und Sport gute Noten.
Beispiel 2: Der Traumberuf Ihres Sohnes ist Apotheker oder Pharmazeut.
Dann braucht er in Deutsch, Mathematik, Englisch und Chemie gute Noten.
11.3
Eine 3 im Zeugnis kann ein großer Erfolg sein.
Beispiel 1: Betriebe (auch Unternehmen oder Firmen genannt) schauen auf
das aktuelle Zeugnis und auf die Zeugnisse aus den früheren Jahren.
Warum? Wenn sie sehen, dass eine Bewerberin oder ein Bewerber vor
2 Jahren in Mathematik eine 5, vor einem Jahr eine 4 und jetzt eine 3 hat,
ist es ein gutes Zeichen dafür, dass sich die Schülerin oder der Schüler
Mühe gibt. So kann die 3 eine gute Note sein. Denn in diesem Fall zeigt die
Note, dass das Kind lernfähig ist.
Beispiel 2: Eine Bewerberin/ein Bewerber hat im Zeugnis die Noten 3 und
4. Aber sie/er ist sehr sozial und hat ein wichtiges Ehrenamt, zum Beispiel
als Streitschlichterin/Streitschlichter, als Hausaufgabenhilfe in der Gemeinde
oder als Trainerin/Trainer im Sportverein. Für viele Betriebe ist so etwas
genauso wichtig wie die Noten. Sie bevorzugen Bewerberinnen und
Bewerber, die sozial engagiert sind. Bei solchen Betrieben können die Klassenbesten,
die nur für die Noten lernen und außer der Schule nichts
anderes kennen, manchmal schlechtere Chancen haben.
… 46 …
11.4
Im Zeugnis gibt es nicht nur Noten.
Gewöhnlich erhält Ihr Kind mit dem Schulzeugnis auch Bewertungen für
sein Sozialverhalten und die Mitarbeit (auch Arbeitsverhalten genannt).
Diese Bewertungen heißen in einigen Bundesländern Kopfnoten. Sie
bewerten, wie sehr die Schülerin oder der Schüler sich beim Lernen
anstrengt (Arbeitsverhalten) und wie sie oder er sich gegenüber anderen
verhält (Sozialverhalten). Sie heißen Kopfnoten, weil sie früher im
Zeugnis ganz oben (im Kopf) standen. Heute heißen sie auch Beurteilung
des Arbeits- und Sozialverhaltens. Die Kopfnoten sind bei einer Bewerbung
um einen Ausbildungsplatz wichtig.
Viele Betriebe interessieren sich sehr für die Kopfnoten, weil sie etwas
über die Persönlichkeit aussagen. Die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens
ist nicht in jedem Bundesland gleich. In einigen Bundesländern
werden Noten erteilt, in anderen wird in Textform bewertet, in manchen
Bundesländern gibt es beides. Was wird zum Beispiel bewertet?
Sozialverhalten
Konfliktverhalten
Verantwortungsbereitschaft
Hilfsbereitschaft
Vereinbarung und Einhaltung von Regeln
Mitgestaltung des Gemeinschaftslebens
Arbeitsverhalten
Aufmerksamkeit im Unterricht
Mitarbeit im Unterricht
Erledigung der Hausaufgaben
Abgabe geforderter Arbeiten und Materialien
Ordnung, Sorgfalt
Zuverlässigkeit
11.5
Vorsicht! Zeugnisse sprechen ihre eigene Sprache.
Die Sprache der Zeugnisse hat so manche Fallen. In diese Fallen können
besonders Eltern geraten, die zu Hause eine andere Sprache als
Deutsch sprechen. Manche Sätze im Zeugnis klingen positiv, in Wirklichkeit
sagen sie aus, dass es Probleme gibt.
Beispiel 1: „Ihr Kind zeigt sich sehr ruhig im Unterricht.“ Das bedeutet,
dass Ihr Kind sich im Unterricht selten meldet.
Beispiel 2: „Das Arbeitsverhalten entspricht den Erwartungen.“ Dieser
Satz heißt: Ihr Kind hat im Arbeitsverhalten eine 3. Damit ist gemeint, dass
Ihr Kind sich etwas mehr anstrengen sollte.
… 47 …
Was bedeuten die Zeugnisbewertungen im Einzelnen?
Das Verhalten …
Note als Ziffer Note in Worten
… verdient besondere Anerkennung. 1 sehr gut
… entspricht den Erwartungen in vollem Umfang. 2 gut
… entspricht den Erwartungen. 3 befriedigend
… entspricht den Erwartungen mit Einschränkungen. 4 ausreichend
… entspricht nicht den Erwartungen. 5 und 6
mangelhaft und
ungenügend
Was können Sie machen?
1. Bei jedem Zeugnis darauf achten, wie sich die Noten Ihres Kindes verändern.
Jede einzelne Note mit der Note vom letzten Zeugnis vergleichen.
Wenn sich die Note in einem Fach verbessert hat: Loben Sie Ihr
Kind! Wenn sich die Note in einem Fach verschlechtert hat: Finden Sie
den Grund dafür heraus und denken Sie über Nachhilfe nach.
2. Frühzeitig mit Nachhilfe beginnen. Es ist besser, mit Nachhilfe zu beginnen,
solange Ihr Kind in einem Fach eine 4 hat. Sind die Noten schlechter
geworden (also 5 oder 6), wird es für Ihr Kind schwieriger, die
Noten zu verbessern.
3. Wenn Ihr Kind Kopfnoten erhält, die nicht so gut sind (schlechter als 3):
Die Lehrerin oder den Lehrer ansprechen und direkt fragen, wie eine
Besserung erreicht werden kann.
4. Wenn Sie im Zeugnis Ihres Kindes etwas nicht verstehen, die Lehrerin
oder den Lehrer fragen. Sie oder er muss Ihnen das Zeugnis erklären.
… 48 …
Note Punkte Begriff Bedeutung
1+
1
1-
2+
2
2-
3+
3
3-
4+
4
4-
5+
5
5-
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
6 0
Sehr gut
Gut
Befriedigend
Ausreichend
Mangelhaft
Ungenügend
Die Leistungen entsprechen den Anforderungen in
besonderem Maße.
Die Leistungen entsprechen voll den Anforderungen.
Die Leistungen entsprechen im Allgemeinen den
Anforderungen.
Die Leistungen weisen zwar Mängel auf, ent spre chen
aber im Ganzen noch den Anforderungen.
Die Leistungen entsprechen nicht den Anforderungen,
lassen jedoch erkennen, dass die not wen digen
Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in
absehbarer Zeit behoben werden können.
Die Leistungen entsprechen nicht den Anforderungen.
Selbst die Grundkenntnisse sind so lücken haft,
dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben
werden können.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Schulnoten:
Im „Handbuch für die interkulturelle Elternarbeit“
der BQM Beratung Qualifizierung
Migra tion finden Sie einfache Informationen
zum Thema Schulnoten in den Sprachen
Deutsch, Farsi, Polnisch, Russisch und Türkisch
(gelbes Modul, S. 1):
www.bqm-hamburg.de
Orientierung: Angebote für Ratsuchende >
Publikationen
… 49 …
Es kommt nicht nur auf die
Schulnoten an.
12.1
Schlechte Noten bedeuten nicht, dass man dumm ist.
Die Schulnoten sind wichtig. Das ist keine Frage. Es kann aber sein, dass Ihr
Kind viel weiß und kann, aber trotzdem schlechte Schulnoten hat. Schlechte
Noten im Zeugnis sagen nicht automatisch aus, wie viel Ihr Kind weiß und
wie klug Ihr Kind ist. Aus der Geschichte kennt man genug Beispiele, dass
sehr kluge Menschen in der Schule schlechte Noten hatten.
12.2
Die Gründe für schlechte Noten können unterschiedlich sein.
Das Kind hat Prüfungsangst, kommt mit einer Lehrerin oder einem Lehrer
nicht klar, wird in der Schule gehänselt/gemobbt, hat die
Lese-Rechtschreib-Schwäche (Legasthenie) oder Rechenschwäche
(Dyskalkulie), kommt in die Pubertät und entwickelt
eine „Null-Bock-Stimmung“, hat keine Vorbilder, ist
grundsätzlich schulmüde, ist hochbegabt und langweilt sich in
der Klasse, kann sich selbst nicht organisieren und braucht
klare Regeln oder hat psychische Probleme.
12.3
Schulnoten verbessern? Das geht, aber jedes Kind ist anders.
Wenn Sie und Ihr Kind wissen, warum die Noten schlecht sind, soll man
unbedingt versuchen, diese Situation zu verändern. Je nachdem, wo die
Ursachen für schlechte Noten liegen, können die Wege unterschiedlich
sein: Hausaufgabenhilfe, Nachhilfeunterricht, Mentoring.
Manche Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit und Interesse am Lernen
seitens der Eltern, einige brauchen eher mehr Kontrolle, Disziplin und klare
Regeln, andere wiederum brauchen vielleicht mehr
Motivation. Das, was bei einem Kind gut klappt, wird bei
dem anderen nicht unbedingt klappen.
Besonders wichtig ist, dass Ihr Kind
versteht: Sie meinen es ernst, Sie
bleiben am Ball und das bringt
Ihrem Kind Vorteile.
… 50 …
12.4
Auch schlechte Noten sind kein Weltuntergang.
Es kann passieren, dass Sie und Ihr Kind nach vielen Versuchen nichts mehr
unternehmen können, um die Schulnoten zu verbessern. Sie bleiben
schlechter als gewünscht. Es bringt nichts, Ihrem Kind Vorwürfe zu machen.
Überlegen Sie lieber gemeinsam mit Ihrem Kind und seiner Klassenlehrerin/seinem
Klassenlehrer, was man machen kann.
Beispiel 1: Ihr Kind hat einen ersten allgemeinbildenden Abschluss nach
Klasse 9 gemacht (erster Schulabschluss ESA). Mit einer betrieblichen
Ausbildung kann Ihr Kind zum Beispiel den mittleren Schulabschluss
(MSA) erreichen.
Beispiel 2: Der Notendurchschnitt reicht nicht für ein Abitur oder ein
Fachabitur. Ihr Kind kann zuerst eine Ausbildung machen und das (Fach-)
Abitur später nachholen.
12.5
Schulnoten sind nicht alles.
Auch persönliche Fähigkeiten sind im Leben gefragt.
Aus Gesprächen mit vielen Ausbildungsbetrieben (auch Unternehmen
oder Firmen genannt) ist bekannt, dass die Schulnoten im Zeugnis bei der
Bewerbung nicht immer die wichtigste Rolle spielen. Das hängt natürlich
vom Ausbildungsbetrieb ab.
Praktika
Entscheidend kann sein, dass Ihr Kind einen Beruf durch ein Praktikum
kennengelernt hat und danach sagen kann: Das ist etwas für mich! Oder:
Das passt überhaupt nicht zu mir! Vielen Betrieben ist es wichtig, dass eine
Bewerberin/ein Bewerber den Beruf schon ein bisschen kennengelernt
hat. Praktika sind also von großem Vorteil!
Ehrenamt
Ihr Kind engagiert sich ehrenamtlich. Zum Beispiel in einer Jugendorganisation,
einem Verein, Ihrer Gemeinde, im Nachhilfegeben oder beim Stadtteilfest.
Dadurch zeigt Ihr Kind Verantwortungsbewusstsein.
Nebenjobs
Ihr Kind hat schon einmal einen Ferienjob gemacht oder macht einen kleinen
Job neben der Schule. Zum Beispiel Prospekte austragen, im Verkauf
oder in der Gastronomie arbeiten. Wenn es von Nebenjobs Zeugnisse
… 51 …
oder Referenzen gibt – umso besser. Die Betriebe finden es gut, wenn
Bewerberinnen und Bewerber bereits Erfahrungen in der Arbeitswelt
gemacht haben.
Familienarbeit
Vielleicht erledigt Ihr Kind in der Familie regelmäßig bestimmte Aufgaben,
wie zum Beispiel auf die jüngeren Geschwister aufpassen, im Familienbetrieb
aushelfen oder das Haus mit renovieren. Dadurch zeigt Ihr Kind, dass
es Verantwortung übernimmt.
Hobbys und Interessen
Ihr Kind hat Interessen, die später für seinen Beruf wichtig sein können.
Auch die Lieblingsbeschäftigung Ihres Kindes kann hilfreich sein. Es kommt
aber darauf an, was Ihr Kind in seiner Freizeit macht. Computerspiele als
Hobby würde ein IT-Betrieb weniger beeindrucken. In der Freizeit Computerspiele
selbst zu entwickeln, also zu programmieren, klingt wiederum
gut.
Führerschein
Für manche Betriebe und Berufe ist es wichtig, dass die Bewerberinnen
und Bewerber einen Führerschein haben.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Praktikum:
Eine Checkliste für Eltern finden Sie unter
www.schulewirtschaft.de in der Broschüre „Checklisten
Schülerbetriebspraktikum“ der Bundesarbeitsgemeinschaft
SCHULE WIRTSCHAFT.
Orientierung: Inhalte > Publikationen > Berufsorientierung
… 52 …
Was können Sie machen?
1. Bei der Lehrerin/dem Lehrer einmal im Halbjahr konkret nachfragen,
wie es Ihrem Kind in der Schule geht.
Folgende Fragen können Sie zum Beispiel stellen:
Ist mit den Leistungen meines Kindes alles in Ordnung?
Braucht mein Kind Nachhilfe?
Wie ist das Sozialverhalten meines Kindes?
Geht es meinem Kind in der Klasse gut?
Hat es Freundinnen/Freunde?
Braucht mein Kind Unterstützung?
Welche Unterstützung könnte das Ihrer Meinung nach sein?
Wird mein Kind in die nächste Klasse versetzt?
Wird mein Kind seinen Schulabschluss schaffen?
Was kann ich tun, um mein Kind zu unterstützen?
2. Zum Thema „Noten verbessern“ finden Sie konkrete Vorschläge auf
Seite 17.
3. Gemeinsam mit Ihrem Kind zusammentragen, was es außerhalb der
Schule macht bzw. gemacht hat (Seite 51 und 52). Wenn etwas zutrifft:
Unbedingt in das Bewerbungsanschreiben und in den Lebenslauf schreiben!
Nachweise organisieren: Praktikumsbescheinigung, Arbeitszeug nis,
Bestätigung über Ehrenamt, Teilnahmebescheinigung, Urkunde, Medienbericht
(z. B. Auszug aus der Schülerzeitung) oder Telefonnummer
einer Person, die über Ihr Kind positive Auskunft geben kann.
4. Wenn nichts davon zutrifft: Gemeinsam mit Ihrem Kind überlegen, ob
es etwas in nächster Zukunft angehen kann. Einiges kann Ihr Kind vielleicht
nach der Schule nachholen.
… 53 …
Ausbildung, Studium oder
duales Studium? Alles ist gut!
Lassen Sie Ihr Kind entscheiden.
13.1
Ausbildung und/oder Studium:
So lernt man in Deutschland einen Beruf.
Es gibt in Deutschland nach der Schule 2 große Autobahnen. Die eine
führt in die Ausbildung, die andere zum Studium. Junge Leute machen eine
berufliche Ausbildung oder studieren an einer Universität oder
einer Hochschule.
13.2
Ausbildung und/oder Studium gibt es
in Deutschland in verschiedenen Varianten.
Die 2 großen Autobahnen sind mehrspurig. Die 5 wichtigsten sind:
Schulische Ausbildung:
Ihr Kind erlernt einen Beruf an einer Berufsschule.
Duale Ausbildung:
Ihr Kind erlernt einen Beruf in einem Betrieb und an einer Berufsschule.
Duales Studium:
Ihr Kind erlernt einen Beruf in einem Betrieb und an einer Hochschule/
Universität.
Fachhochschulstudium:
Ihr Kind studiert einen Beruf an einer (Fach-)Hochschule.
Universitätsstudium:
Ihr Kind studiert einen Beruf oder ein Fach an einer Universität.
… 54 …
13.3
Jeder Weg kann zum Erfolg führen. Muss aber nicht.
Jedes Kind ist anders. Jeder Weg kann für ein Kind ein guter Start ins Berufsleben
oder auch eine Fehlentscheidung sein. Wichtig ist dabei zu wissen:
Es gibt heute fast keine geraden Lebensläufe und Berufswege mehr.
13.4
Es gibt kein Entweder-oder.
Im Vergleich zu vielen Ländern hat Deutschland ein durchlässiges Bildungssystem.
Man kann zum Beispiel zuerst eine Ausbildung machen und danach
studieren oder zuerst studieren und danach eine Ausbildung machen.
Übergänge und Quereinstiege sind möglich.
13.5
Der Beruf muss zum Kind passen und nicht
das Kind zum Beruf.
Es kann passieren, dass ein Kind auch nach der Schule noch nicht weiß, was
es werden will und was es machen möchte. Um diese Zeit sinnvoll zu verbringen,
gibt es in Deutschland viele Möglichkeiten.
Es gibt keine gesetzlichen Altersbegrenzungen. Jeder Mensch kann in
jedem Alter eine Ausbildung machen oder studieren. Aber: Wenn man
älter ist, wird es schwieriger, einen Ausbildungsplatz zu finden.
Es ist kein Drama, wenn Ihr Kind mal eine Fehlentscheidung
trifft. Es ist auch kein Drama, wenn Ihr Kind verschiedene
Wege ausprobiert und sich erst dann festlegt.
… 55 …
Was können Sie machen?
1. Diese Tabelle kann Ihnen und Ihrem Kind dabei helfen, die
Vor- und die Nachteile von Ausbildung, Studium und dualem
Studium zu vergleichen.
Vorteile
Duale Ausbildung Studium Duales Studium
1. Ausbildungsvergütung, frühere
finanzielle Unabhängigkeit
2. Vom ersten Tag an praktische
Erfahrung
3. Gute Chancen, danach eine
Arbeitsstelle im selben Betrieb
zu bekommen
4. Klare Lernvorgaben durch
Ausbilderin/Ausbilder
5. Relativ kurze Ausbildungszeit
(2 bis 3 Jahre)
1. Geringere Gefahr der Arbeitslosig
keit im Vergleich zu Per so -
nen ohne Studium (es kommt
auf den Beruf an)
2. Höheres Durchschnittsgehalt
(es kommt auf den Beruf an)
3. Möglichkeit einer wissen schaftlichen
Karriere
4. Möglichkeit, in mehreren
Berufen zu arbeiten
1. Höhere Ausbildungsvergütung
als bei der dualen Ausbildung
2. Bachelor und Abschluss in
einem Ausbildungsberuf:
2 Abschlüsse auf einmal
3. Vom ersten Tag an praktische
Erfahrung und gleichzeitig viele
theoretische Kenntnisse
4. Gute Chancen, danach eine
Arbeits stelle im selben Betrieb
zu bekommen
Voraussetzungen und eventuelle Nachteile
Duale Ausbildung Studium Duales Studium
1. Niedrigeres Durchschnittsgehalt
als bei Personen mit
einem Studium (es kommt
natürlich auf den Beruf an)
2. Arbeitsmöglichkeiten
begrenzen sich auf den
erlernten Beruf
1. Fachabitur oder Abitur
erforderlich
2. Ein Studium kostet Geld
3. Weniger praktische
Erfahrungen
4. Eigenständige Arbeitsplatzsuche
nach dem Abschluss
5. Viel Selbstorganisation und
eigen ständiges Arbeiten
1. Fachabitur oder Abitur
erforderlich
2. Sehr arbeits- und zeitintensiv
3. Viel Selbstorganisation und
eigenständiges Arbeiten
4. Keine Semesterferien, sondern
24 bis 30 Urlaubstage im Jahr
5. Anspruchsvolles Bewerbungsverfahren
… 56 …
2. Wenn Ihr Kind auf einen einzigen Beruf oder eine einzige Universität
festgelegt ist: Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind Alternativen,
zum Beispiel ähnliche Berufe. So hat Ihr Kind noch andere Möglichkeiten,
wenn es mit der Ausbildung oder mit dem Studium nicht klappt.
3. Die Adresse der Berufs- oder Studienberatung der Agentur für Arbeit
oder einer anderen passenden Beratungsstelle besorgen. (Es kommt
aber nicht gut an, wenn Sie für Ihr Kind anrufen und einen Termin ausmachen.
Das soll Ihr Kind schon selbst machen!)
4. Ihr Kind begleiten: Sie können als neugierige Zuschauerin/neugieriger
Zuschauer mitgehen, wenn Ihr Kind zu einer (Aus-)Bildungsmesse oder
Ähnlichem geht. Sie können sich dann gemeinsam informieren. So
können Sie auch viel besser mit Ihrem Kind über die Themen sprechen.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Ausbildung oder Studium:
www.bachelor-studium.net/ausbildung-oderstudium.php
… 57 …
Made in Germany:
Die ganze Welt beneidet uns
um die duale Ausbildung.
14.1
Die Welt ist bunt: In jedem Land erlernt man Berufe anders.
Beispiel 1: In einigen Ländern werden Berufe direkt in der Familie gelernt,
zum Beispiel bei älteren Verwandten. Vorteil: Man muss keine Bewerbungen
schreiben, sondern kann familiäre Kontakte nutzen. Der Schulabschluss
ist nicht ganz so wichtig. Nachteil: Jugendliche haben meistens kein
Zeugnis in der Hand und können nicht nachweisen, dass sie diesen Beruf
wirklich erlernt haben.
Beispiel 2: In anderen Ländern werden Berufe mehrere Jahre lang fast nur
in einer beruflichen Schule erlernt. Vorteil: viele theoretische Kenntnisse
und ein Zeugnis in der Hand. Nachteil: wenige Praxiserfahrungen. Häufig
ist das Arbeiten im Betrieb (auch Unternehmen oder Firma genannt)
ungewohnt und schwierig.
Beispiel 3: Es gibt Länder, in denen junge Leute ihren
Beruf direkt im Betrieb erlernen. Vorteil: viele praktische
Kenntnisse und ein Zeugnis in der Hand. Nachteil: weniger
theoretische Kenntnisse über den Beruf.
14.2
Deutschland hat ein einmaliges Rezept:
die duale Ausbildung.
Deutschland hat eine weltweit einmalige Ausbildung entwickelt: die Ausbildung
im dualen System. Oder einfach: die duale Ausbildung.
Bei der dualen Ausbildung laufen das Lernen in der Berufsschule und das
Lernen im Betrieb parallel. So wird theoretisches und praktisches Wissen
gleichzeitig vermittelt. Vorteil: viele praktische Kenntnisse,
theoretische Kenntnisse und ein Zeugnis in der Hand. Nachteil:
Man muss Bewerbungen schreiben, sonst gibt es aber
keine Nachteile!
… 58 …
14.3
Viele Berufe werden in Deutschland nicht an einer
Universität studiert, sondern in einer dualen Ausbildung
im Betrieb erlernt.
In vielen Ländern bedeutet Karriere und Beruf, nach der Schule an einer
Universität zu studieren. In Deutschland können viele Berufe im Betrieb
und in der Berufsschule erlernt werden, zum Beispiel Außenhandelskauffrau/-mann,
Bankkauffrau/-mann, einige Beamtenberufe,
Fachinformatikerin/Fachinformatiker und viele
mehr.
14.4
In Deutschland gibt es ca. 350 Berufe in der dualen
Ausbildung mit guten Karrieremöglichkeiten.
Es spielt keine Rolle, wo in Deutschland junge Leute eine Ausbildung
machen. Die Standards und die Abschlüsse sind überall gleich. Eine duale
Ausbildung hat in Deutschland eine sehr hohe Qualität und bietet gute
Berufs- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Viele Eltern denken: Eine duale Ausbildung gibt es nur im Bereich Handwerk.
Das stimmt nicht. Alle Berufszweige brauchen Fachleute mit einer
dualen Ausbildung: Büro, IT, Logistik, Handel, Industrie, Spedition,
öffent liche Verwaltung und viele mehr.
… 59 …
14.5
Ausbildung: Ihr Kind erlernt einen Beruf und bekommt
noch Geld dafür!
Die Ausbildung ist nicht nur kostenfrei, sondern Auszubildende bekommen
Geld. Dieses Geld heißt Ausbildungsvergütung und beträgt zwischen 300
und 1.000 Euro im Monat je nach Beruf, Region und Ausbildungsjahr. Nach
der Ausbildung können Jugendliche direkt arbeiten (oft im selben
Betrieb) und unter bestimmten Voraussetzungen studieren.
Eine Besonderheit ist das duale Studium. Dabei findet die Berufsausbildung
in einem Betrieb statt und gleichzeitig studiert die/der Auszubildende an
einer Hochschule oder an einer Universität. Am Ende haben Auszubildende
beides auf einmal: eine abgeschlossene Ausbildung und ein abgeschlossenes
Studium.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema (duale) Ausbildung und
Ausbildungs berufe:
www.berufenet.arbeitsagentur.de
… zum Thema duales Studium:
www.duales-studium.de
www.wegweiser-duales-studium.de
… 60 …
Was können Sie machen?
1. Ihre eigenen Erfahrungen mit der Ausbildung nicht auf Ihr Kind übertragen.
Das, was vor 20 oder 30 Jahren in Deutschland oder einem
anderen Land mal war, ist heute anders.
2. Ihrem Kind nicht sagen: „Du musst unbedingt Abitur machen und studieren!“
Sondern besprechen Sie mit Ihrem Kind gemeinsam folgende
Fragen:
Was möchte Ihr Kind?
Was kann Ihr Kind besonders gut?
Hat es einen Traumberuf?
Wo und wie kann man diesen Beruf erlernen?
3. Sich selbst über die Themen duale Ausbildung und duales Studium
informieren, eine Beratungsstelle oder ein Berufsinformationszentrum
(BIZ) in Ihrer Region aufsuchen.
4. Gemeinsam mit Ihrem Kind eine Ausbildungsmesse in Ihrer Region
besuchen sowie Betriebe und Berufe kennenlernen.
5. Einen Betrieb besichtigen und dort Ihre Fragen stellen.
… 61 …
Mein Kind wird studieren!
15.1
Jede Universität ist anders.
Es gibt unzählige Studiengänge.
In der Ausbildung spielt es kaum eine Rolle, in welchem
Bundesland Jugendliche ihren Beruf erlernen. Zum Beispiel: Die
Ausbildung für Bürokaufleute läuft nach dem gleichen Plan in
Aachen, Berlin oder Zwickau.
Bei den Universitäten ist es anders. Jedes Bundesland ist zuständig für
seine Universitäten. Es gibt in Deutschland Tausende von Studien gängen.
Wie viele Studiengänge es gibt, kann man nicht genau sagen, weil jedes Jahr
in diesem Bereich viel passiert. Auch bei gleichen oder ähnlichen Fachgebieten
gibt es Unterschiede, die wichtig sein können.
Beispiel: Es gibt an vielen Universitäten Europa-Studien. Dabei können sie
verschiedene Schwerpunkte haben: Europäische Geschichte, Bildung, Kultur,
Wirtschaft, Recht, Politik oder Arbeit in den Institutionen der Europäischen
Union.
15.2
Es gibt 3 akademische Abschlüsse:
Bachelor, Master und Doktor.
Früher hatte Deutschland eigene akademische Abschlüsse. Sie hießen
zum Beispiel Diplom, Magister und Staatsexamen. Seit einigen Jahren gibt
es in Deutschland 3 international anerkannte akademische Abschlüsse. Das
sind:
Bachelor (B. A.) – die 1. Stufe
Um Bachelor zu werden, muss meistens 3 Jahre studiert werden.
Master (M. A.) – die 2. Stufe
Um Master zu werden, muss meistens 2 weitere Jahre studiert werden.
Promotion/Doktor (Dr.) – die 3. Stufe
Um diese Stufe zu erreichen und den Doktortitel zu tragen, müssen mindestens
3 weitere Jahre studiert und ein wissenschaft liches Buch (Promotion)
geschrieben werden. Oft dauert dieses Studium länger als 3 Jahre.
In den Bereichen Jura, Medizin und Lehramt gibt es in Deutschland weiterhin
das Staatsexamen als Abschluss.
… 62 …
15.3
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Nicht jede Hochschule ist staatlich anerkannt!
Bei über 10.000 Studiengängen gibt es einige, die nicht staatlich anerkannt
sind. Wenn eine Hochschule nicht staatlich anerkannt ist, kann es schwer
sein, danach eine Arbeit zu finden, weil Arbeitgeber den Abschluss nicht
anerkennen.
Manche Anbieter nennen sich zum Beispiel Akademie.
Das ist aber in Deutschland kein geschützter
Begriff – im Gegensatz zu Universität oder Hochschule.
Es gibt hoch angesehene Akademien mit
anerkannten Abschlüssen, aber auch Akademien, die
vom Staat nicht anerkannt sind. Also lieber noch einmal
genau informieren.
15.4
Das Abitur gibt das Recht auf einen Studienplatz.
Aber: Es gibt den Numerus clausus.
Grundsätzlich hat jede Abiturientin/jeder Abiturient in Deutschland das
Recht, sich eine Universität/Hochschule auszusuchen. Manche Studiengänge
sind sehr beliebt. Um jeden einzelnen Studienplatz bewerben sich
sehr viele junge Leute. Und die Universität kann nicht alle Bewerberinnen
und Bewerber aufnehmen.
Deswegen sortiert die Universität alle Bewerbungen nach dem Notendurchschnitt.
Dieses Verfahren heißt Numerus clausus oder kurz NC.
Der Begriff Numerus clausus kommt aus dem Lateinischen und bedeutet
schließende Zahl.
Beispiel: Eine Universität hat im Fach Biologie 600 Studienplätze. Die 600
Bewerberinnen und Bewerber mit den besten Noten im Abitur bekommen
einen Studienplatz. Die 600. Bewerberin oder der 600. Bewerber,
die/der noch einen Studienplatz bekommen hat, hat zum Beispiel eine
Durchschnittsnote von 1,8. Dann ist 1,8 in diesem Jahr der Numerus clausus.
Das heißt: Alle, die einen schlechteren Notendurchschnitt haben,
bekommen in diesem Jahr an dieser Universität in diesem Fach keinen
Studienplatz mehr. Der Numerus clausus ist deswegen jedes Jahr anders.
… 63 …
Wichtiger Hinweis: Ein Studium ohne Abitur ist möglich. Wenn eine duale
Ausbildung abgeschlossen wurde und man 3 Jahre Berufspraxis vorweist,
kann an vielen Hochschulen in Deutschland studiert werden. Dazu muss
man eine Aufnahmeprüfung bestehen.
15.5
Studieren kostet Geld.
Im Vergleich zur dualen Ausbildung, wo die Auszubildenden jeden Monat
Geld bekommen, kostet ein Studium an einer Universität oder einer
Hochschule immer Geld. Das sind vor allem die Kosten für die Miete,
wenn junge Leute nicht mehr zu Hause wohnen oder zum Studieren in
eine andere Stadt ziehen. Dazu kommen Semesterbeiträge, Bücher und
technische Ausstattung (Laptop, Telefon) und eventuell Studiengebühren.
Meistens finanzieren Studierende ihr Studium aus verschiedenen Quellen.
Es lohnt sich, nach einem Stipendium zu suchen. Stipendien müssen
(im Gegensatz zu BAföG) später nicht zurückgezahlt werden.
Die Entscheidung, einen (Studien-)Kredit bei einer Bank
aufzunehmen, muss sehr gut überlegt sein.
Wie wird das Studium finanziert?
Geldquelle Studierende in % Durchschnitt in Euro
Elternleistung 87 476
Verdienst aus Tätigkeit
während des Studiums
63 323
BAföG 32 443
Rückgriff auf Ersparnisse 20 129
Stipendium 4 336
Studienkredit 4 451
Bildungskredit 1 276
Quelle: Deutsches Studentenwerk, 20. Sozialerhebung 2012, www.sozialerhebung.de.
… 64 …
Was können Sie machen?
1. Nicht die eigenen Wünsche auf das Kind übertragen. Das Kind entscheiden
lassen und mit ihm gemeinsam herausfinden: Welche Interessen
und Berufswünsche hat das Kind?
2. Gemeinsam mit dem Kind herausfinden, welche Studiengänge zu
diesem Berufswunsch passen.
3. Klären, wie das Studium finanziert werden kann: Studiert Ihr Kind zu
Hause oder studiert es in einer anderen Stadt? Wie teuer ist ein Studium
dort? Kann Ihre Familie es mit eigenen Kräften leisten? Wenn nicht: Wie
kann das Studium finanziert werden? Gibt es preisgünstigere Varianten?
4. Herausfinden, ob die Hochschule staatlich anerkannt ist.
5. Klären, wie gut die Chancen stehen, nach dem Abschluss eine Arbeitsstelle
zu bekommen.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Studium allgemein:
www.hochschulkompass.de
www.studienwahl.de
… zum Thema duales Studium:
www.ausbildungplus.de
www.duales-studium.de
www.wegweiser-duales-studium.de
… wenn Ihr Kind als erstes aus
Ihrer Familie studieren möchte:
www.arbeiterkind.de
… zum Thema Stipendien:
www.mystipendium.de
… zum Thema Studium ohne Abitur:
www.studieren-ohne-abitur.de
… 65 …
Nach der Schule gibt es mehr
Möglichkeiten, als manche Eltern denken.
16.1
Ausbildung oder Studium – das Alter spielt keine Rolle!
Wenn Ihr Kind weiß, was es will, kann es nach der Schule natürlich gleich
eine Ausbildung oder ein Studium starten. Das ist aber kein Muss. Um
in Deutschland zu studieren oder eine Ausbildung zu beginnen, gibt es
im Gesetz keine Altersbegrenzungen. Es ist manchmal sehr sinnvoll,
zwischendurch etwas anderes zu machen.
16.2
Keine Ahnung, was ich werden will.
Ein Spruch, der viele Jugendliche betrifft.
Sehr viele Kinder wissen nach der Schule noch gar nicht, was sie werden
wollen. Das ist normal. Wussten Sie mit 16 oder 19 Jahren, was Sie
werden wollten? Es ist besser, wenn sich Ihr Kind für die Entscheidung
ein bisschen Zeit nimmt, als dass es einfach irgendetwas
macht.
… 66 …
16.3
Lieber direkt nach der Schule unterschiedliche
Erfahrungen sammeln, als zu schnell eine falsche
Entscheidung fürs Leben treffen.
Nach den Anstrengungen in der Schule kann es sein, dass Ihr
Kind eine Pause braucht, bevor es wieder mit dem Lernen
beginnt. Gönnen Sie ihm diese Pause. Das muss natürlich in
einem vernünftigen Rahmen bleiben und sollte nicht jahrelang
dauern!
16.4
Wenn die Bewerbung nicht sofort erfolgreich ist:
Die Zeit kann man nutzen!
Es gibt viele Möglichkeiten, wie man die Zeit zwischen Schule und Ausbildung
oder Studium sinnvoll füllen kann. In diesem Jahr kann Ihr Kind sehr
viele wichtige Dinge lernen. Es sammelt neue Erfahrungen und löst eigenständig
neue Aufgaben. Es verbessert oder lernt eine Fremdsprache. Es
stärkt seine sozialen und persönlichen Fähigkeiten.
Und fast am wichtigsten: Ihr Kind kann Arbeitserfahrungen sammeln und
sich beruflich orientieren. Bundesfreiwilligendienst, ein Freiwilliges Soziales
Jahr oder Jobben sind in einer Bewerbung gern gesehen.
… 67 …
16.5
In Deutschland und im Ausland gibt es viele Angebote für
Schulabsolventinnen und Schulabsolventen.
Hier sind einige Ideen:
Bundesfreiwilligendienst
Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ)
Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ)
In diesen Freiwilligendiensten engagieren sich junge Menschen
für die Gesellschaft. Die Freiwilligen können in vielen
Bereichen arbeiten: Zum Beispiel in der Kinder- und
Jugendarbeit, in der Gesundheits- und Altenpflege, in der
Behindertenhilfe, im Umweltschutz, im Naturschutz, im
Sport, in der Kultur, in der Denkmalpflege, im Bereich Politik
und Integration oder in Schulen. Viele Freiwilligendienste
können auch im Ausland gemacht werden.
Was können Sie machen?
1. Noch in der vorletzten Klasse gemeinsam darüber nachdenken, welcher
Weg für Ihr Kind besonders passend und realistisch ist: Je konkreter
der Plan ist, desto besser. Gemeinsam mit Ihrem Kind einen Plan B
(und am besten noch einen Plan C) überlegen für den Fall, dass es mit
der Ausbildung im Traumbetrieb oder mit dem Studium an der Traumuniversität
nicht klappt.
2. Gut darüber Bescheid wissen, welche Möglichkeiten es nach der Schule
gibt, und mit Ihrem Kind regelmäßig darüber sprechen.
3. Kein Drama daraus machen, wenn Ihr Kind tatsächlich keinen Ausbildungs-
oder Studienplatz direkt nach der Schule bekommen hat. Stattdessen
gemeinsam planen, wie Ihr Kind das Jahr sinnvoll überbrücken
kann.
4. Darauf aufpassen, dass dieses Jahr im Lebenslauf nicht als Lücke
erscheint. Gut beschreiben, was das Kind in der Zwischenzeit gemacht
hat. Denn Ihr Kind hat in diesem Jahr viel erfahren und gelernt!
… 68 …
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Bundesfreiwilligendienst (BFD):
www.bundesfreiwilligendienst.de
… zum Thema Freiwilligendienst im Ausland:
www.weltwaerts.de
www.ijgd.de
… zum Thema Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ):
www.pro-fsj.de
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ)
in der Kultur:
www.fsjkultur.de
… zum Thema Freiwilliges Ökologisches
Jahr (FÖJ):
www.foej.de (auch in Englisch, Französisch, Russisch
und Spanisch)
… zum Thema Au-pair-Programme:
www.aupair.de
… 69 …
Jedes Kind hat Stärken
und Schwächen.
17.1
Kinder und Jugendliche lernen nicht nur in der Schule.
Kinder und Jugendliche sind sich kaum darüber bewusst, dass sie
viel mehr wissen und können als das, was im Schulzeugnis
steht. Auch Eltern wissen das häufig nicht. Man lernt
und probiert neue Sachen nicht nur in der Schule, sondern
auch in der Familie, im Freundeskreis, durch Freizeitaktivitäten
und Hobbys.
So entstehen soziale, interkulturelle und personale Kompetenzen.
Das sind zum Beispiel: Organisationstalent, Mehrsprachigkeit, Verlässlichkeit
oder technisches Geschick. Solche und andere Fähigkeiten sind
allen Betrieben sehr wichtig – manchmal sogar etwas wichtiger als die
Schulnoten. Deswegen sollte sich Ihr Kind diese Fähigkeiten bewusst
machen und diese in der Bewerbung positiv erwähnen.
17.2
Ihre Familie ist wie ein kleiner Betrieb.
Jedes Familienmitglied hat eigene Aufgaben.
Viele Jugendliche übernehmen zum Beispiel wichtige Aufgaben in der Familie.
Sie unterstützen jüngere Geschwister bei den Hausaufgaben, helfen im
Haushalt oder im Familienbetrieb mit oder kümmern sich um Ältere in der
Familie. Damit erlernen und zeigen sie wichtige Kompetenzen wie Verantwortungsbewusstsein
und Selbstständigkeit.
… 70 …
17.3
Manche Kinder sind schon kleine Profis.
Viele Jugendliche übersetzen für ihre Eltern oder Großeltern, die kein
Deutsch sprechen, bei Behördenterminen und Arztbesuchen oder vermitteln
zwischen verschiedenen Kulturen, zum Beispiel zwischen Elternhaus
und Schule. Viele kennen sich auch in einem anderen Land gut aus. So
erwerben sie interkulturelle Kompetenzen wie Übersetzungserfahrungen,
Flexibilität, Einfühlungsvermögen und Kontaktfreudigkeit. Sie haben keine
Angst, Neues kennenzulernen, verschiedene Sprachen und Kulturen um sich
zu haben, sie kennen auch Missverständnisse und können damit umgehen.
17.4
Eigene Stärken zu benennen, ist nicht für jeden einfach,
aber für den Beruf wichtig.
Es gibt Jugendliche, die es geschafft haben, sich von der Hauptschule zur
Realschule und von dort bis zum Abitur durchzukämpfen. Selbst wenn die
Noten nicht die besten sind: Diese Jugendlichen beweisen damit Durchhaltevermögen,
Lernbereitschaft und Zielstrebigkeit – wichtige Eigenschaften
für jeden Beruf.
Wichtiger Hinweis: Ihr Kind muss im Bewerbungsgespräch
auch über seine Erfolge und seine starken Seiten
sprechen. In manchen Kulturen ist es nicht üblich,
über eigene Erfolge zu sprechen. Das gilt als Ange berei.
Bei Bewerbungen ist es aber sehr wichtig, Erfolge zu
benennen.
… 71 …
17.5
Auch Schwächen gehören zum Alltag.
Für viele Eltern ist ihr Kind das Beste auf der Welt. Wenn wir ehrlich sind:
Kein Mensch ist perfekt. Es ist notwendig, dem Kind ein realistisches Bild
zu vermitteln. Gerade für den Beruf ist es wichtig, dass Ihr Kind sich selbst
gut einschätzen und mit der Kritik umgehen kann:
Das kann ich gut. Da muss ich noch üben.
Das habe ich gut gemacht. Das war mein Fehler.
Wichtiger Hinweis: Auch im Vorstellungsgespräch wird es vorkommen,
dass das Kind über eigene Schwächen sprechen muss. Es ist nie leicht, aber
man muss darauf vorbereitet sein.
Was können Sie machen?
1. Überlegen Sie mit Ihrem Kind, welche Stärken und Fähigkeiten es in
seinem bisherigen Leben entwickelt hat. Wie sehen Sie es als Elternteil:
Was kann Ihr Kind besonders gut und welche positiven Eigenschaften
hat es?
2. Am besten eine Liste machen: Mit welchen Beispielen lassen sich die
Stärken und Fähigkeiten Ihres Kindes belegen?
3. Ihrem Kind gegenüber auch Kritik äußern.
4. Eine ehrliche Rückmeldung geben: Was kann Ihr Kind noch nicht so gut?
Wo hat es Schwächen?
5. Ihr Kind an die Nachweise erinnern für das, was es außerhalb der
Schule gemacht und erreicht hat.
… 72 …
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Stärken finden:
In der Broschüre „Schätze heben“ der BQM
Beratung Qualifizierung Migration finden Sie
auf den Seiten 63-70 eine Kompetenzbilanz.
Damit können Sie gemeinsam mit Ihrem Kind
seine Kompetenzen entdecken und in der
Bewerbung sichtbar machen:
www.bqm-hamburg.de
Orientierung: Angebote für Ratsuchende >
Publikationen
… 73 …
Eltern sind auf dieser Welt einfach
unersetzlich. Auch bei der Berufswahl.
18.1
Eltern sind die wichtigsten Personen
bei der Berufswahl.
Auch wenn viele Jugendliche es vielleicht nicht gerne zugeben: Bei der
Berufswahl nehmen Jugendliche den Rat der Eltern ernst.
Die meisten Jugendlichen (70 bis 90 Prozent) nennen bei den Umfragen
an erster Stelle ihre Eltern, wenn sie gefragt werden, welche Personen für
ihre Berufswahl wichtig sind. Erst danach kommen Schule oder Freunde.
Eltern haben also den größten Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder.
18.2
Der Einfluss der Eltern kann positiv sein.
Wenn Sie als Elternteil viele Kontakte in die Berufswelt haben, können Sie
Ihrem Kind viele Beispiele erzählen und vielleicht sogar nützliche Kontakte
vermitteln.
Aber auch wenn das nicht der Fall ist, können Sie Ihr Kind unterstützen!
Wenn Sie das Thema ernst nehmen, viel mit Ihrem Kind darüber reden
und es zu wichti gen Terminen begleiten, ist das eine große Hilfe.
18.3
Der Einfluss der Eltern kann auch negativ sein.
Beide Aussagen sind möglich: Mein Kind soll meinen Beruf fortsetzen!
Oder umgekehrt: Ich will, dass mein Kind es besser hat! Viele Kinder erlernen
einen bestimmten Beruf nur deswegen, weil die Eltern es wollen.
Wenn Sie selbst als Elternteil nur sehr wenige Berufe kennen, kann es passieren,
dass Sie Ihr Kind nicht gut beraten. Denn es gibt ca. 350 Ausbildungsberufe
und Tausende Studiengänge. Niemand kann alles darüber wissen.
Zum Glück gibt es viele Expertinnen und Experten, die Jugendliche bei der
Berufswahl beraten und bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz
unterstützen.
… 74 …
18.4
Viele Personen können bei der Berufswahl Ihres Kindes
eine Rolle spielen.
Außer den Eltern sind auch andere Personen für die Berufswahl wichtig.
Zum Beispiel Großeltern, Lehrerinnen und Lehrer, Berufsberaterinnen
und Berufsberater, Freundinnen und Freunde sowie Bekannte. Mit der
Berufswahl von Jugendlichen beschäftigen sich auch Gewerkschaften, Stiftungen,
Behörden, Migrantenorganisationen, Stadtteileinrichtungen und
viele mehr. Diese Institutionen können Sie und Ihr Kind informieren und
beraten. Beratungsstellen können nützliche Kontakte herstellen oder sogar
Ihr Kind in ein Praktikum oder eine Ausbildung vermitteln.
Organe der
kommunalen Wirt -
schaftsförderung
Wohlfahrts verbände
Stadtteilgremien
Kammern, Innungen,
Unter nehmensverbände
Sportvereine
Einrichtungen
der Kinder- und
Jugendhilfe
Hochschulen
Unternehmen
(u. a. Ausbildungsbetriebe
sowie migrantische
Unternehmen)
Volkshochschulen
Bezirksämter inkl.
Schulaufsicht
Agentur für Arbeit,
Jobcenter
Träger, Nichtregierungs -
organisationen (u. a.
Migranten(selbst)organisationen
(MSO), Projekte)
Gewerkschaften
Stiftungen
Einzelmultipli ka -
toren/-innen (Hauptund
Ehrenamtliche)
Träger der Elternund
Familienförderung,
der sozialen Arbeit und der
Integrationskurse
Integrations -
zentren
kommunale Vertretungskörperschaften
und andere
Organe der Kommunalverwaltung
Religionsgemeinschaften
… 75 …
18.5
Netzwerke sind wichtig.
Auch für die Bildung und den Beruf Ihres Kindes.
Früher hieß es „Kontakte“, heute sagt man auch „Netzwerke“. Netzwerke
sind sehr wichtig. Man kann das gut oder schlecht finden, aber: Fast die
Hälfte aller Ausbildungsplätze wird über Netzwerke und Empfehlungen
von Freundinnen/Freunden und Bekannten besetzt. Das betrifft vor allem
kleinere und mittelständische Betriebe. Zu diesem Ergebnis kamen verschiedene
Studien in Deutschland.
Netzwerke können sehr unterschiedlich sein. Schauen Sie mal in Ihr ei genes
Adressbuch oder nehmen Sie sich 10 Minuten Zeit und schreiben alle
Namen von Bekannten, Freundinnen/Freunden, deren Freundinnen/Freunden,
Familienmitgliedern und Nachbarinnen/Nachbarn auf. Vielleicht werden
Sie staunen, wie viele Leute Sie kennen.
Was können Sie machen?
1. Gemeinsam mit Ihrem Kind das Berufsinformationszentrum (BIZ) oder
eine andere Beratungsstelle in Ihrer Region besuchen und sich über
Berufe informieren.
2. Darauf achten, dass Ihr Kind zu den wichtigen Gesprächen, zum Beispiel
bei der Berufsberatung, geht. Vielleicht sogar Ihr Kind begleiten?
3. Mit den Lehrerinnen/Lehrern und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen
sprechen, die in der Schule für die Berufs- und Studienorientierung
zuständig sind.
4. An den Schulveranstaltungen zum Thema Beruf und Karriere teilnehmen.
5. Gemeinsam mit Ihrem Kind auch außerschulische Veranstaltungen zum
Thema Beruf und Karriere besuchen: Ausbildungsmessen, Tage der
offenen Tür, Girls’ und Boys’ Day, Betriebsbesuche und so weiter.
… 76 …
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema „Wie kann ich mein Kind bei
der Berufswahl unterstützen?“:
Auf der Seite www.planet-beruf.de der Bundesagentur
für Arbeit finden Eltern viele Informationen
zum Thema Berufswahl.
Orientierung: Eltern > Mein Kind unterstützen
Im „Handbuch für die interkulturelle Eltern arbeit“
der BQM Beratung Qualifizierung Migration finden
Sie Informationen zum Thema Berufswahl in den
Sprachen Deutsch, Farsi, Polnisch, Russisch und
Türkisch (rotes Modul, S. 31-32):
www.bqm-hamburg.de
Orientierung: Angebote für Ratsuchende >
Publikationen
… 77 …
ALLE Eltern können ihr Kind bei
der Bewerbung unterstützen.
19.1
Der richtige Zeitpunkt zählt: die Bewerbungsfrist.
(Duale) Ausbildung: Bewerbung 12 bis 6 Monate vor Ausbildungsbeginn!
Das geht ohne das letzte Schulzeugnis.
Beispiel: Ihr Sohn ist in der 9. Klasse und möchte nach der 10. Klasse eine
Ausbildung machen. Seine ersten Bewerbungen kann er schon im Sommer
vor der 10. Klasse verschicken. Je früher, desto besser.
Duales Studium: Auch hier gilt: Bewerbung 1 Jahr im Voraus!
Studium: Zuerst auf das Zeugnis warten und dann bewerben.
Beispiel: Ihre Tochter ist in der 12. Klasse und macht in diesem
Jahr ihr Abitur. Um einen Studienplatz an der Universität kann
sie sich erst im Sommer nach dem Abitur bewerben.
19.2
Früher schrieb man Bewerbungen auf Papier.
Heute gibt es mehr Möglichkeiten.
Früher gab es nur eine Möglichkeit, eine Bewerbung zu schreiben: auf
Papier. Heute wollen immer mehr Betriebe keine Papierbewerbung, sondern
eine elektronische Bewerbung. Solche Bewerbungen per E-Mail (auch
Onlinebewerbungen genannt) sind heute in den meisten Betrieben möglich.
Den Bewerberinnen und Bewerbern erspart es Druck- und Portokosten,
dem Betrieb erspart es viel Papierkram. Eine andere Art der Onlinebewerbung
ist die Bewerbung per Onlineformular. Dieses Formular
befindet sich in der Regel auf der Internetseite des Betriebes und muss
Schritt für Schritt ausgefüllt werden.
Trotzdem: Eine klassische Bewerbung auf Papier mit Foto
und Unterschrift gibt es immer noch. Diese Bewerbung kann
Ihr Kind persönlich vorbeibringen oder per Post verschicken.
… 78 …
19.3
Erfolg gleich nach der ersten Bewerbung:
möglich, aber eine Ausnahme.
Ihr Kind soll neben seinem Traumberuf und seiner Traumfirma möglichst
einen Plan B und am besten noch einen Plan C haben. Heute ist es üblich
und normal, sich bei mehreren Betrieben zu bewerben.
Also nicht nur eine Bewerbung abschicken, sondern viele!
19.4
Eine Bewerbung erhält nur eine kurze Chance:
Jede Kleinigkeit zählt!
Personalverantwortliche in großen Betrieben, die pro Jahr Hunderte
Bewerbungen bekommen, entscheiden in wenigen Minuten, ob die Bewerbung
einen guten Eindruck macht und die Person zum Gespräch eingeladen
wird. Wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber nicht eingeladen
wird, liegt das leider häufig an Fehlern in der Bewerbung, die man sehr
leicht vermeiden kann.
Wichtiger Hinweis: Jeder Betrieb ist anders. Deswegen: Vor der Bewerbung
informieren, wie der Betrieb sich die Bewerbung wünscht. In den
meisten Fällen steht das direkt in der Ausschreibung. Der falsche Weg
kann dazu führen, dass die Bewerbung sofort aussortiert wird.
Beispiel: Ein Betrieb wünscht sich ausdrücklich nur Onlinebewerbungen.
Bewerbungen, die mit der Post kommen, werden dann zurückgeschickt
oder landen im Papierkorb.
19.5
Bevor die Bewerbung in die Post geht:
Hier können alle Eltern ihr Kind unterstützen.
Die folgenden Fehler unbedingt vermeiden: zerknittertes Papier, Büroklammern,
Kaffee-, Tee- oder Fettflecken, fehlende Unterschrift, unpassendes
Foto, Rechtschreibfehler, falsche Firmenadresse, fehlende Unterlagen.
… 79 …
Was können Sie machen?
1. Sie haben sich in Ihrem Leben bestimmt auch mal beworben. Das war
vermutlich vor einigen Jahren oder sogar in einem anderen Land. Achten
Sie darauf, dass sich die Art und Weise, wie man eine Bewerbung
schreibt, mit der Zeit verändert. Außerdem gibt es große Unterschiede
von Land zu Land und von Branche zu Branche. Um einen Ausbildungsplatz
als Bankkauffrau/-mann bewirbt man sich anders als um einen
Ausbildungsplatz als Mechatronikerin/Mechatroniker.
2. Es ist nicht gut, wenn Sie für Ihr Kind die Bewerbung schreiben. Die
Bewerbung kann dann unglaubwürdig oder übertrieben gut gemacht
sein. Ihr Kind soll das schon selbst machen.
3. Aber Sie können mithelfen oder einen Blick auf die Bewerbung werfen,
bevor sie abgeschickt wird. Auf Seite 81 finden Sie eine Checkliste.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Bewerbung:
Auf der Website www.planet-beruf.de
finden Sie weitere Informationen und Tipps.
Orientierung: Eltern > Mein Kind unterstützen
Im „Handbuch für die
interkulturelle Elternarbeit“
der BQM Beratung
Qualifizierung Migration
finden Sie einfache Informationen in den
Sprachen Deutsch, Farsi, Polnisch, Russisch
und Türkisch (grünes Modul, S. 1-13):
www.bqm-hamburg.de
Orientierung: Angebote für Ratsuchende >
Publikationen
… 80 …
Checkliste
Alle Unterlagen sind auf sauberem, weißem oder Umweltpapier
gedruckt (nicht zerknittert, ohne Flecken).
Name und Adresse Ihres Kindes sind aktuell und im Briefkopf enthalten.
Das Bewerbungsfoto wurde im Fotostudio erstellt (nicht im Automaten
oder während des letzten Urlaubs). Ihr Kind ist auf dem Foto ordentlich
gekleidet. Keine bunten T-Shirts, tiefen Dekolletés oder riesigen
Ohr ringe. Es muss aber auch kein teurer Anzug oder Designerkostüm
sein. Eine ordentliche Bluse oder ein gebügeltes Hemd reichen aus.
Das Bewerbungsfoto wurde aufgeklebt (nicht mit einer Büroklammer
festgemacht).
Die Zeugnisse und andere wichtige Dokumente liegen in Kopie vor.
Keine Originale verschicken!
Das Anschreiben und der Lebenslauf tragen das gleiche Datum.
Das Anschreiben ist möglichst an eine konkrete Person adressiert.
Gut: Sehr geehrte Frau Peters, (…)/Sehr geehrter Herr Jackson, (…)
Schlecht: Sehr geehrte Damen und Herren, (…)
Noch schlechter: Hallo, (…)
Der Briefumschlag ist frankiert.
Der Lebenslauf ist idealerweise eine Seite lang.
Das Anschreiben ist eine Seite lang.
Das Anschreiben und der Lebenslauf wurden von Ihrem Kind
eigen händig unterschrieben.
In der Bewerbungsmappe liegen: 1. Lebenslauf; 2. Zeugnisse;
3. Nachweise über Praktika oder soziales Engagement.
Das Anschreiben liegt lose auf der Bewerbungsmappe (nicht in der
Bewerbungsmappe).
Wichtiger Hinweis: Die Bewerbung Ihres Kindes ist für eine konkrete Firma und einen konkreten
Ausbildungsplatz geschrieben. Man kann nicht dieselbe Bewerbung an ganz viele
Betriebe verschicken. Für jeden Betrieb muss die Bewerbung leicht verändert werden.
… 81 …
Heute ist das Bewerbungsverfahren
fast wie ein Casting!
20.1
In der Jury sitzt der Betrieb, wenn es um
Praktikum, (duale) Ausbildung oder duales Studium geht.
Die wichtigsten Partner für das Thema Beruf und
Karriere sind Betriebe (auch Unternehmen oder
Firmen genannt). Betriebe, die junge Leute ausbilden,
nennt man auch Ausbildungsbetriebe.
Der Betrieb entscheidet allein, wer ein Praktikum, einen
Ausbildungsplatz oder einen Platz für ein duales Studium bekommt.
Jeder Betrieb möchte natürlich nur die Besten ausbilden. Für manche
Betriebe sind gute Schulleistungen das Wichtigste. Aber alle Betriebe wollen
Jugendliche ausbilden, die zuverlässig und lernfähig sind und sich für den
Beruf interessieren.
20.2
Auf der Suche nach einem Betrieb:
Viele Wege führen zum Ziel.
Bevor sich Ihr Kind auf die Suche macht, sollte es genau erfahren, wer in
Ihrer Nähe (Gemeinde, Dorf, Stadt) ausbildet oder Praktika anbietet. Ihr
Kind hat viele Möglichkeiten, einen Betrieb zu finden.
Hier sind einige Ideen: Praktika machen, Suchmaschinen im Internet, Branchenbücher
und Telefonverzeichnisse nutzen, Kontakte aktivieren (auch von
Bekannten und Freundinnen/Freunden), Ausbildungsmessen besuchen,
Agentur für Arbeit und andere Beratungsstellen aufsuchen, Zeitungsanzeigen
lesen, Außenwerbung beachten, zum Beispiel Plakate auf der Straße,
im Bus, im Supermarkt. Man kann bei einem Betrieb auch direkt anrufen,
sich auf der Homepage informieren oder sogar vorbeischauen.
… 82 …
20.3
Jeder Betrieb hat sein eigenes Bewerbungsverfahren.
Jeder Betrieb hat seine Wege, sich die besten Bewerberinnen und Bewerber
auszusuchen. Hier sind einige Beispiele:
Bewerbungsgespräch (Interview): Ihr Kind kommt in den Betrieb und
führt ein Gespräch mit 2 oder mehreren Personen aus dem Betrieb, stellt
sich vor, beantwortet verschiedene Fragen und lernt den Betrieb kennen.
Telefoninterview: Ihr Kind spricht am Telefon mit einer Person aus dem
Betrieb, erzählt von sich, beantwortet Fragen und stellt gegebenenfalls
eigene Fragen.
Onlinetest: Ihr Kind beantwortet zu Hause am Computer verschiedene
Fragen und erledigt verschiedene Aufgaben.
Einstellungstest: Ihr Kind macht im Betrieb einen Test, meistens mit Aufgaben
in den Bereichen Mathematik, Deutsch und Allgemeinwissen.
Assessment-Center: Ihr Kind verbringt einen ganzen Tag im Betrieb und
bekommt verschiedene Aufgaben. Zum Beispiel: Tests (Mathematik,
Deutsch, Allgemeinwissen, Politik/Gesellschaft), persönliche
Vorstellungsrunde, Gruppen übungen (zum Beispiel
Gruppendiskussion oder Rollen spiel), Präsentation oder
Vortrag.
20.4
Beim Bewerbungsgespräch kann alles eine Rolle spielen.
Die Vorbereitung ist entscheidend.
Wenn Ihr Kind zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wird, ist das
schon ein großer Erfolg. Trotzdem ist es noch nicht sicher, dass Ihr Kind
den Ausbildungsplatz bekommt. Jeder Betrieb spricht mit mehreren
Bewerberinnen und Bewerbern und sucht sich dann eine/einen oder mehrere
aus.
Jetzt kommt es also darauf an, dass Ihr Kind im Bewerbungsgespräch
erfolgreich ist. Dabei spielt auch eine Rolle, ob Ihr Kind zum Termin pünktlich
erscheint, ordentlich gekleidet ist, nicht allzu stark geschminkt oder
parfümiert ist, kein Kaugummi im Mund hat, sein Handy ausgeschaltet hat
und so weiter.
… 83 …
20.5
Professionelle Personalverantwortliche sehen alles.
Oder fast alles.
Das kommt gut an im Bewerbungsgespräch: Den Gesprächspartnern/
-innen in die Augen schauen, lächeln, Respekt zeigen, frei reden können,
laut und deutlich sprechen, ruhig sitzen.
Das kommt gut an bei Gruppenübungen: Eigene Ideen haben, Vorschläge
machen, andere ausreden lassen, zuhören können, andere einbeziehen,
argumentieren, aber trotzdem auch auf die Meinung der anderen Teilnehmenden
eingehen, überzeugen, aber nicht dominieren, auf die Zeit achten.
Das sind typische Themen und Fragen im
Bewerbungsgespräch:
Erzählen Sie etwas über sich und erläutern Sie Ihren Lebenslauf.
Wie sind Sie auf den Beruf gekommen?
Wie sind Sie bei Ihrer Berufswahl vorgegangen?
Wieso haben Sie sich gerade für diesen Ausbildungsberuf entschieden?
Warum wollen Sie eine Ausbildung zur/zum (…) machen?
Warum haben Sie sich gerade bei uns beworben?
Was wissen Sie über unseren Betrieb?
Wo liegen Ihre Stärken, wo Ihre Schwächen?
Wie kam es aus Ihrer Sicht zu der schlechten Schulnote im Fach (…)?
Wie erklären Sie Ihre unentschuldigten Fehlstunden?
Warum sind Ihre Noten im letzten Jahr schlechter geworden?
Welche Hobbys haben Sie?
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Welche Fragen haben Sie an uns?
Was können Sie machen?
1. Zusammen mit Ihrem Kind im Internet nachschauen, welche Institutionen
in Ihrer Nähe mit dem Thema Beruf und Karriere zu tun haben.
Dafür können Sie zum Beispiel folgende Suchwörter verwenden:
Berufsberatung Köln, Ausbildung Berlin, Ausbildungsagentur Hamburg,
Ausbildungsplatz NRW.
… 84 …
2. Ausbildungsbetriebe in Ihrer Nähe besuchen. Viele Betriebe sind an der
Zusammenarbeit mit Eltern sehr interessiert und bieten Führungen an.
3. Zu Hause ein Bewerbungsgespräch üben. Ihr Kind daran erinnern, sich
auf den Bewerbungstest vorzubereiten: Grundrechenarten üben und
Allgemeinwissen verbessern.
4. Vor einem Bewerbungsgespräch: Kontrollieren, wie Ihr Kind gekleidet
ist. Den Anfahrtsweg zum Betrieb recherchieren, damit Ihr Kind gut
hinfindet und pünktlich ist.
5. Darauf achten, dass Ihr Kind pünktlich zum Termin erscheint und rechtzeitig
absagt, falls es nicht zum Vorstellungsgespräch, Test oder zum
Ausbildungsbeginn kommen kann.
Wenn Sie mehr wissen möchten …
… zum Thema Tests im Bewerbungsverfahren:
Auf der Internetseite www.einstieg.com finden Sie
Tipps zur Vorbereitung auf das Assessment-Center.
Orientierung: Bewerbung > Assessment-Center
… zum Thema
Vorstellungsgespräch:
Im „Handbuch für die interkulturelle Elternarbeit“
der BQM Beratung Qualifizierung Migration
finden Sie einfache Informationen rund um das
Vorstellungsgespräch in den Sprachen Deutsch,
Farsi, Polnisch, Russisch und Türkisch (grünes
Modul, S. 4-10):
www.bqm-hamburg.de
Orientierung: Angebote für Ratsuchende >
Publikationen
… 85 …
Dank
Dieses Buch ist durch die Förderung des Europäischen Sozialfonds (ESF), der
Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI), der Behörde für
Schule und Berufsbildung (BSB) und der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen
(BSW) der Freien und Hansestadt Hamburg entstanden. Die Unterstützung unserer
Kolleginnen und Kollegen sowie Kooperationspartner hat zur inhaltlichen Ausgestaltung
beigetragen. Unser besonderer Dank gilt den Stiftungen Deloitte und Kutscheit
für die Verleihung des Sonderpreises „Sprachförderung“ im Rahmen des Hidden
Movers Awards 2012. Mit dem Preisgeld konnten wir die erste Auflage realisieren.
Auch ohne das jahrelange Engagement von vielen ehrenamtlichen Elternmoderatorinnen
und Elternmoderatoren wäre dieses Buch undenkbar.
Hamburg hat 2014 das Kooperationsprojekt „Schulmentoren – Hand in Hand für
starke Schulen“ ins Leben gerufen, das die KWB gemeinsam mit der Behörde für
Schule und Berufsbildung durchführt. 27 Hamburger Schulen in schwieriger Lage
werden beim Aufbau eines Mentoringsystems beraten und begleitet. Qualifiziert
und eingesetzt werden drei Arten von Schulmentoren: Während Elternmentoren/
-innen Auf ga ben im Rahmen der schulischen Elternarbeit übernehmen, arbeiten die
Schülermentoren/-innen und die externen Ehrenamtlichen direkt mit ausgewählten
Schülerinnen und Schülern zusammen.
Das Projekt wird aus Fördermitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) durch die
Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) und mit Unterstützung
der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) und der Behörde für Stadtentwicklung
und Wohnen (BSW) finanziert.
Bildung ist eine Bedingung für ein selbstbestimmtes, gelungenes Leben. Bildungsthemen
im Quartier haben auch im Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung
eine zentrale Bedeutung. Mit dem Projekt soll an Schulen an ausgewählten
Standorten der Bildungserfolg sowie der Berufseinstieg vor allem junger Menschen
mit Migrationshintergrund durch besondere Maßnahmen gefördert werden. Die
27 ausgewählten Schulen liegen in Einzugsgebieten festgelegter Quartiere der Integrierten
Stadtteilentwicklung wie beispielsweise Wilhelmsburg, Veddel, Billstedt/
Horn, Steilshoop, Hohenhorst, Osdorfer Born, Neuallermöhe, Phoenix-Viertel und
Neuwiedenthal.
Mit dem Projekt werden Schulen in schwieriger Lage nachhaltig gestärkt und darin
unterstützt, den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Im Rahmen
des Projekts informieren, beraten und unterstützen Eltern als Schulmentoren/-innen
andere Eltern bei der Entwicklung der Lernbiografie ihrer Kinder und der Vorbereitung
der schulischen Übergänge (Grundschule/weiterführende Schule) oder von der
Schule in den Beruf.
Schüler/-innen unterstützen als Mentoren/-innen ihre Mitschüler/-innen bei der
Übernahme von Verantwortung für die Entwicklung des Lernklimas in der Schule.
Sie werden als Brückenbauer/-innen und Berater/-innen für Schüler/-innen und Lehrkräfte
in die schulische Verantwortung eingebunden.
… 86 …
Impressum
Herausgeber:
Geschäftsführender Vorstand:
Autor/-in:
Inhaltliche Beratung:
Lektorat:
Gestaltung:
Illustrationen:
KWB e. V. · Haus der Wirtschaft
Kapstadtring 10 · 22297 Hamburg
Tel. 040 334241-0 · Fax 040 334241-299
info@kwb.de · www.kwb.de
Hansjörg Lüttke
Dr. Alexei Medvedev
unter Mitarbeit von Elisabeth Wazinski
Hülya Eralp, Tanja Grohmann
Monika Ehmke, Christine Robben
Regina Neubohn
Fotos: KWB e. V.
Kontakt:
3., überarbeitete Auflage
Alke Mammen, a.mammen@web.de
Monika Ehmke
ehmke@kwb.de · Tel. 040 334241-333
Außerdem bei der KWB erschienen …
Schule in Deutschland verstehen.
Grundwissen für Eltern. Hamburg, 2017. Erhältlich in den Sprachen Arabisch,
Deutsch, Englisch, Russisch und Türkisch.
Handbuch Medien- und IT-Berufe 2017.
Ausbildung, Studium und Weiterbildung für die Metropolregion Hamburg von A–Z.
Hamburg, 2016.
Schätze heben.
Leitfaden und Kompetenzbilanz für die Beratung von Jugendlichen am
Übergang Schule–Beruf. Hamburg, 2013.
Informationen für werdende Eltern in Hamburg.
Hamburg, 2013. Erhältlich in den Sprachen Deutsch, Englisch, Russisch und
Türkisch.
Eltern in die Schule.
Engagierte Väter und Mütter mit Zuwanderungsgeschichte berichten.
Hamburg, 2012 (in Kooperation mit ASM e. V.).
Unsere Arbeitsmaterialien, Dokumentationen und Handbücher können Sie gerne
unter www.kwb.de downloaden oder per E-Mail unter info@kwb.de bestellen.
… 87 …
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