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BLICKWECHSEL 2017

Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Schwerpunkthema: »Mehr als Luther. Reformation im östlichen Europa«

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ERINNERUNG BEWAHREN UND ZUKUNFT GESTALTEN<br />

Die neue Förderkonzeption des Bundes zu Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa<br />

Deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa ist<br />

ein Ergebnis jahrhundertelanger Verflechtungen und Austauschprozesse.<br />

Gemeinsam mit Ländern und Kommunen<br />

fördert die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur<br />

und Medien über zwanzig Einrichtungen ( Übersicht<br />

auf S. 56/57), Kulturreferenten, Juniorprofessuren und Stiftungslehrstühle<br />

in den östlichen Partnerländern. Außerdem<br />

unterstützt sie pro Jahr rund 100 Projekte, darunter<br />

Forschungsvorhaben, Tagungen, museale, denkmalpflegerische<br />

und andere kulturelle Projekte.<br />

Die Grundlage dafür ist seit den 1950er-Jahren der »Kulturparagraph«<br />

des Bundesvertriebenengesetzes. Im geeinten<br />

Europa bedeutet seine Umsetzung mehr denn je, Brücken<br />

über die Gräben der Vergangenheit und hinein in die<br />

europäische Gegenwart zu schlagen. Dies ist das Ziel der<br />

nach über fünfzehn Jahren neu gefassten Konzeption für<br />

die Kultur- und Wissenschaftsförderung nach § 96 Bundesvertriebenengesetz,<br />

die am 24. Februar 2016 durch das Bundeskabinett<br />

beschlossen wurde.<br />

§ 96<br />

Im europäischen Geist fördern<br />

Nach dem Ende der Teilung Europas und den EU-Beitritten<br />

der östlichen Nachbarstaaten begann eine neue Qualität<br />

der Zusammenarbeit: Zahlreiche Archive öffneten sich,<br />

zivilgesellschaftliche Gruppen suchten Kontakt zu Partnern<br />

in den östlichen Nachbarländern – oft genug rückten dabei<br />

auch die deutschen Minderheiten vor Ort wieder verstärkt<br />

in den Blick. Die in internationaler Zusammenarbeit gewonnenen,<br />

multiperspektivischen Erkenntnisse sollen für eine<br />

möglichst breite, alle Generationen einschließende Öffentlichkeit<br />

nutzbar gemacht werden. Dem demografischen und<br />

medialen Wandel soll dabei Rechnung getragen werden.<br />

Der deutsch-jüdischen Geschichte im östlichen Europa gilt<br />

ein eigenes Augenmerk.<br />

Erinnerungstransfer meistern<br />

Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach<br />

interessieren sich im Jahr 2015 eine Mehrheit der Deutschen<br />

für das Thema Flucht und Vertreibung: 54 % sind es<br />

gegenwärtig, vor zehn Jahren waren es 10 % weniger. Es<br />

ist eine Zukunftsaufgabe für Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen,<br />

Flucht und Vertreibung in ihren historischen<br />

Kontext des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen<br />

Expansions- und Vernichtungspolitik einzuordnen<br />

und zugleich den Erinnerungstransfer zu sichern.<br />

Neue Partner<br />

Die Geschichte der Deutschen in Russland oder in Rumänien<br />

ist eine Erzählung des Aufbrechens und Ankommens,<br />

des Zusammenlebens unterschiedlicher Kulturen und der<br />

Behauptung der eigenen Identität. Diese jahrhundertelange<br />

Migrationsgeschichte wirkt hinein in unsere Gegenwart:<br />

Beinahe 4,5 Millionen Aussiedler und Spätaussiedler<br />

hat die Bundesrepublik seit den 1950er Jahren, und verstärkt<br />

nach 1990, aufgenommen. Ihre Erfahrungen ernst zu nehmen<br />

heißt, einen Baustein der Vielfalt Europas zu begreifen<br />

und angemessen zu vermitteln.<br />

Digitalisierung und Social Media<br />

In der Digitalisierung liegt ein Schlüssel für einen breiten<br />

Zugang zu unserem gemeinsamen kulturellen Erbe im östlichen<br />

Europa. Sie macht beispielsweise die Zusammenführung<br />

von Archivalien möglich, die durch Kriegsereignisse auseinandergerissen<br />

wurden, und sie sichert unikale Bestände<br />

und Nachlässe. Sowohl auf der Ebene der Wissenschaft als<br />

auch im Sinn einer zeitgemäßen Öffentlichkeitsarbeit sollen<br />

die Chancen der Digitalisierung vermehrt genutzt werden.<br />

Erinnern für die Gegenwart<br />

Aufgabe einer verantwortungsbewussten und aufgeklärten<br />

Erinnerungskultur muss es sein, die Vergangenheit nicht<br />

in Ritualen des Gedenkens erstarren zu lassen, sondern sie<br />

immer wieder in ihrer Bedeutung für die Gegenwart neu<br />

zu befragen. Damit sind auch ganz konkrete Erfahrungen<br />

des Gelingens gemeint. Der kulturelle Reichtum der historischen<br />

Regionen im östlichen Europa verweist auf diese<br />

Möglichkeit des Zusammenlebens jenseits der Idee eines<br />

ethnisch homogenen Staates. Diese Idee stand am Anfang<br />

der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts, sie reicht hinein<br />

in die Gegenwart, über die Kriege des zerfallenden Jugoslawien<br />

vor nunmehr über zwanzig Jahren bis zu den Auseinandersetzungen<br />

um die Krim. Gerade heute, in Zeiten der<br />

Globalisierung und der größten Flüchtlingskrise seit dem<br />

Ende des Zweiten Weltkriegs, kann die Beschäftigung mit<br />

dem vielfach verflochtenen deutschen Kulturerbe im östlichen<br />

Europa zu einem Wegweiser für die Zukunft werden.<br />

Nicole Zeddies<br />

Dr. Nicole Zeddies ist Leiterin des Referats Kultur und Geschichte der Deutschen<br />

im östlichen Europa – Grundsatzfragen und Wissenschaftsförderung<br />

(K44) bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien<br />

( S. 56/57).<br />

Die neue Förderkonzeption ist unter<br />

http://bit.ly/96er_konzeption abrufbar.

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