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gangart_2_Die Kraft des gemeinsamen Tuns

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3. Gemeinsam gestalten<br />

Daneben oder dahinter, übertönt von Marktschreiern,<br />

gibt es aber auch eine andere Geschichte. Sie<br />

erzählt von Menschen, die kooperieren und sich<br />

gegenseitig unterstützen, um gemeinsam mehr zu<br />

erreichen. Sie reden miteinander, sie geben sich<br />

Regeln, sie übernehmen Verantwortung für das<br />

Gemeingut und sie sorgen dafür, dass es erhalten<br />

wird. Sie wissen, dass sie aufeinander angewiesen<br />

sind. Der Vorteil <strong>des</strong> Einen ist auch der Vorteil <strong>des</strong><br />

Anderen.<br />

<strong>Die</strong> Gemeinwohl-Ökonomie ist eine politische Vision,<br />

die eine Wirtschaft für Menschen und die Umwelt<br />

schaffen möchte. Zugrunde liegt eine Gemeinwohl-Matrix,<br />

mit der Wirtschaftstreibende ihr Tun<br />

bewerten und kritisch hinterfragen können: Wie lebe<br />

ich als UnternehmerIn fünf Werte (Menschenwürde,<br />

Solidarität, Ökologische Nachhaltigkeit, Soziale<br />

Gerechtigkeit und Demokratie/Transparenz)<br />

im Kontakt mit meinen Berührungsgruppen<br />

(Lieferanten, Geldgeber, Mitarbeiter, Kunden,<br />

Mitbewerber und das gesellschaftliche Umfeld)?<br />

2)<br />

Brigitte Katzwald,<br />

Commons Expertin,<br />

http://blog.commons.at<br />

Eng damit verbunden ist die Idee der Gemeingüter<br />

oder Commons, wie sie im Englischen genannt werden.<br />

„Commons sind Räume, in denen wir gemeinsam<br />

mit anderen unsere Lebenswelt gestalten. Wo<br />

wir das herstellen, was wir zum Leben brauchen und<br />

gemeinsam darüber verhandeln, wie wir sie nutzen.<br />

Commons sind das, was wir teilen. Ihre Bedeutung<br />

erkennen wir meist erst dann, wenn sie verloren<br />

gehen.“ 2)<br />

„Gemeingüter sind<br />

Räume, in denen<br />

wir frei sind.”<br />

Yochai Benkler<br />

4. Wem gehört der Himmel? Wem die Stille?<br />

Wem das Land?<br />

Früher gab es praktisch in jedem Dorf eine Allmende,<br />

ein dem Gemeinwesen zugeordnetes Rechtsgut<br />

mit präzise vereinbarten Bewirtschaftungsregeln.<br />

<strong>Die</strong> Allmende ist jener Teil <strong>des</strong> Gemeindevermögens,<br />

das keinen Eigentümer hat und an dem alle<br />

Gemeindemitglieder das Recht zur Nutzung haben.<br />

Traditionell waren das meist unbewegliche Güter<br />

wie Wege, Wald und Weideland, Gewässer, Brunnen,<br />

Dorfplätze (Anger) und Sömmerungsgebiete bzw.<br />

Almen mit den dazugehörigen Rechten.<br />

Heute gibt es die Allmende nur mehr selten, weil<br />

sie im Laufe der Zeit zu Selbstbedienungszonen der<br />

Politik wurden, wenn Industriegebiete, Sportanlagen<br />

oder Einkaufszentren geschaffen und oft an den<br />

Bestbieter verscherbelt wurden. Welt wird eingezäunt<br />

und kommerzialisiert. Was sich in alter Tradition<br />

„res communes“ nannte – die uns gemeinen<br />

Sachen, wurde zugunsten der vom Markt organisierten<br />

„res privatae“ und der vom Staat bereitgestellten<br />

„res publicae“, wenn nicht vergessen, so doch verdrängt und lange<br />

Zeit als „Niemandssache“ behandelt. Luft und Wasser sind prominente<br />

Beispiele für solche Gemeingüter, die uns allen gehören und um die<br />

sich im globalen Rahmen niemand wirklich kümmert. Auch die wilde<br />

Beschallung, Plakatierung und Besetzung öffentlicher Räume durch<br />

Produktwerbung kann als Übergriff auf etwas gelesen werden, das<br />

Nieman<strong>des</strong> Sache mehr ist.<br />

5. Und wie geht die Umsetzung?<br />

Im regionalen Kontext haben wir die Chance, uns darauf zu besinnen,<br />

was in den Begriffen immer schon angelegt war. Ein Schritt in die<br />

richtige Richtung wäre, die Begriffe mit einem anständigen Fetzen zu<br />

polieren, damit sie wieder glänzen und die freigelegten Bedeutungen<br />

uns wieder die Richtung weisen. Gemeinde. Allmende. Gemeinwesen.<br />

Auch die Idee der „Genossenschaften“ mit ihrem verstaubten Image<br />

gehört historisch dazu. Denn wenn man dorthin zurückblickt, wo sie<br />

entstanden ist, im größten Baumwollkomplex Schottlands Mitte <strong>des</strong><br />

18. Jahrhunderts, dann erkennt man darin die verzweifelte Suche nach<br />

Selbsthilfe gegen die Ausbeutung <strong>des</strong> Menschen im Zuge der Industrialisierung.<br />

Nicht zufällig haben die Vereinten Nationen 2012 zum<br />

„Internationalen Jahr der Genossenschaften“ erklärt.<br />

8 <strong>gangart</strong>

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