MTD_DDG_2017_04
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4 News & Fakten<br />
diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. 4 · 26. April <strong>2017</strong><br />
Verhandlungen<br />
um Erstattungspreise<br />
ähneln<br />
dem Pokerspiel.<br />
Fotos: thinkstock<br />
<strong>DDG</strong>-Präsidenten appellieren,<br />
den Nutzen für Patienten zu sehen<br />
In einem Brief an Entscheider kritisieren sie die Auswirkungen des AMNOG<br />
BERLIN. Eindringlich appelliert die <strong>DDG</strong> in einem Brief an<br />
Politiker, Krankenkassen und Arzneihersteller, bei den Preisverhandlungen<br />
für die Wirkstoffe Saxagliptin und Sitagliptin an<br />
die 1,5 Mio. betroffenen Patienten mit Typ-2-Diabetes zu denken<br />
und „Augenmaß“ zu bewahren. Die Befürchtung der Fachgesellschaft<br />
ist nämlich: Kommt es zu keiner Einigung über den Erstattungsbetrag,<br />
drohen wieder Marktrücknahmen – und sogar<br />
Mehrkosten für das Gesundheitssystem.<br />
<strong>DDG</strong>-Präsident Professor<br />
Dr. Baptist Gallwitz und<br />
<strong>DDG</strong>-Vizepräsident Professor<br />
Dr. Dirk Müller-Wieland<br />
haben die Sorge, dass demnächst<br />
viele Menschen mit Typ-2-Diabetes<br />
auf ihre gewohnten Medikamente<br />
verzichten müssen, sollten die<br />
Preisverhandlungen im Rahmen des<br />
Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes<br />
(AMNOG) für die Präparate<br />
aus der Gruppe der DPP4-Hemmer<br />
scheitern und diese dann von den<br />
Herstellern vom deutschen Markt<br />
genommen werden.<br />
»Augenmaß<br />
behalten, bitte!«<br />
Die Medikamente hätten sich seit<br />
zehn Jahren in der Praxis bewährt,<br />
betonen sie in ihrem Brief an Bundesgesundheitsminister<br />
Gröhe, die<br />
Bundestagsabgeordneten<br />
im Gesundheitsaus-<br />
schuss, den Vorsitzenden des<br />
Gemeinsamen ausschusses, die Kran-<br />
Bundeskenkassen,<br />
den GKV-<br />
Spitzenverband und die<br />
Hersteller von Saxagliptin<br />
und Sitagliptin.<br />
Patienten profitieren doch<br />
von der Fixdosiskombination<br />
„Es besteht das Risiko,<br />
dass die Präparate nach<br />
den Preisverhandlungen<br />
vom deutschen Markt<br />
genommen werden“<br />
„Setzen Sie sich dafür<br />
ein, dass wirksame und<br />
sichere Therapiekonzepte<br />
den Patienten weiterhin<br />
verfügbar bleiben“<br />
Bei der im Dezember 2016 erfolgten<br />
Nutzenbewertung im Rahmen des<br />
AMNOG wurde nur Sitagliptin als<br />
Monopräparat ein geringer Zusatznutzen<br />
vom Gemeinsamen Bundesausschuss<br />
zugesprochen. Saxagliptin<br />
und den Fixdosiskombinationen<br />
der DPP4-Hemmer mit Metformin<br />
wurde kein Zusatznutzen attestiert.<br />
„Die negative Entscheidung zu den<br />
Fixdosiskombinationen hat vor allem<br />
formale, nicht aber wichtige<br />
medizinische Gründe“, schreiben die<br />
<strong>DDG</strong>-Präsidenten. „Patienten profitieren<br />
jedoch von einer Fixdosiskombination,<br />
da sich hierdurch<br />
die täglich eingenommene Tablettenzahl<br />
verringert, sich daher<br />
die Einnahmezuverlässigkeit<br />
verbessert und Rezeptgebühren<br />
nicht doppelt anfallen.“<br />
Rezeptumstellung würde<br />
viel teurer werden<br />
Eine Therapieumstellung<br />
sei eventuell mit teureren<br />
Präparaten und Injektionen<br />
verbunden,<br />
„denn es wird in der medizinischen<br />
Praxis nicht auf die<br />
zweckmäßige Vergleichstherapie<br />
umgestellt werden“. Es bedürfe<br />
Patientenschulungen sowie<br />
häufigeren Stoffwechselkontrollen<br />
in der Umstellungsphase.<br />
Bei einer Umstellung<br />
auf Insulin könnten auch die<br />
Verkehrstauglichkeit oder die<br />
Berufsausübung in der Einstellungsphase<br />
eingeschränkt sein. Prof.<br />
Gallwitz und Prof. Müller-Wieland<br />
kritisieren, dass bei chronischen Erkrankungen<br />
wie Diabetes mellitus<br />
die Nutzenbewertung nach AMNOG<br />
den internationalen Entwicklungen<br />
und den entsprechenden Leitlinien<br />
oft nicht gerecht werde.<br />
Bewertungen z.T. „inkonsistent<br />
und nicht immer umfassend“<br />
Die Beurteilungen des Instituts für<br />
Qualität und Wirtschaftlichkeit im<br />
Gesundheitswesen (IQWiG) seien<br />
„zum Teil inkonsistent und nicht<br />
immer umfassend“, heißt es im<br />
Schreiben. Bisher sei nur vier von<br />
18 neuen Diabetes-Präparaten ein<br />
Zusatznutzen bescheinigt worden.<br />
Sechs Arzneimittel seien in Deutschland<br />
nicht mehr auf dem Markt.<br />
Die <strong>DDG</strong>-Spitze fordert alle Beteiligten<br />
und die Politiker auf, sich dafür<br />
einzusetzen, „dass wirksame und<br />
sichere Therapiekonzepte weiterhin<br />
in Deutschland verfügbar bleiben<br />
und es nicht zu Rückschlägen in<br />
der Versorgung kommt“. Ihr Appell:<br />
„Bitte plädieren Sie an die Verhandler<br />
(GKV-Spitzenverband und pharmazeutische<br />
Unternehmer), bei den<br />
vertraulichen Entscheidungsfindungen<br />
Augenmaß zu behalten!“ REI<br />
1,7-fach höhere Kosten bei Diabetes<br />
DDZ analysierte Ausgaben für gesetzlich Krankenversicherte<br />
DÜSSELDORF. Wissenschaftler des<br />
Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ)<br />
haben in der Zeitschrift „Diabetic Medicine“<br />
eine Studie über die Kostenentwicklung<br />
bei gesetzlich krankenversicherten<br />
Menschen in Deutschland mit<br />
und ohne Diabetes veröffentlicht.<br />
Danach betrugen die mittleren<br />
jährlichen Pro-Kopf-Kosten eines<br />
Menschen mit Typ-2-Diabetes<br />
im Jahr 2009 exakt 4957 Euro und<br />
5146 Euro im Jahr 2010. Die Gesamtkosten<br />
für die Behandlung eines<br />
Versicherten mit Typ-2-Diabetes<br />
waren damit um das 1,7-Fache höher<br />
als die Kosten eines Versicherten<br />
ohne Diabetes.<br />
„Die größten Unterschiede zeigten<br />
sich in unserer Studie in Bezug auf<br />
die Arzneimittel- und Krankenhauskosten“,<br />
erklärt Privatdozent<br />
Dr. Wolfgang Rathmann, stellvertretender<br />
Direktor des Instituts<br />
für Biometrie und Epidemiologie<br />
am DDZ und Mitglied im Research<br />
Coordination Board des DZD. So<br />
seien die Kosten für Arzneimittel im<br />
Verhältnis bei Menschen mit Typ-<br />
2-Diabetes um das 2,2-Fache höher<br />
»10 % der GKV-<br />
Ausgaben für<br />
Typ-2-Diabetes«<br />
und bei Krankenhausbehandlungen<br />
um das 1,8-Fache. Insgesamt entfallen<br />
in den beiden Vergleichsjahren<br />
10 % der Gesamtausgaben der<br />
gesetz lichen Krankenversicherung<br />
auf die Versorgung von Menschen<br />
mit Typ-2-Diabetes.<br />
Die betrachteten Kosten beinhalten<br />
unter anderem die Ausgaben für<br />
Ärzte, Zahnärzte, Arzneimittel, Kliniken,<br />
Krankengeld, Heil- und Hilfsmittel,<br />
für Leistungen im Ausland,<br />
Prävention und Selbsthilfe.<br />
Jacobs E et al. Diabet.<br />
Med. <strong>2017</strong> / „Healthcare<br />
costs of Type 2 diabetes<br />
in Germany“, Abstract:<br />
http://bit.ly/2oymTia<br />
Für die Berechnungen wurde eine<br />
repräsentative Stichprobe von 6,8 %<br />
aller in Deutschland gesetzlich krankenversicherten<br />
Personen herangezogen<br />
(4,3 Mio.).<br />
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