MTD_DDG_2017_04
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6 News & Fakten<br />
diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. 4 · 26. April <strong>2017</strong><br />
Testlauf für die<br />
Telemedizin in<br />
Schleswig-Holstein<br />
Virtuelle Diabetesambulanz für Kinder<br />
Videokonferenz<br />
Ergänzend zum<br />
persönlichen Arzt-<br />
Patienten-Kontakt<br />
können Informationen<br />
elektronisch<br />
ausgetauscht werden.<br />
LÜBECK. Von den 29 Projekten zu neuen Versorgungsformen,<br />
die 2016 bei der ersten Bewerbungswelle aus dem<br />
Innovationsfonds einen Zuschlag für eine dreijährige<br />
Förderung bekommen haben, konzentriert sich nur eines<br />
auf Diabetesversorgung: die „Virtuelle Diabetesambulanz für<br />
Kinder und Jugendliche“ (ViDiKi) in Schleswig-Holstein.<br />
Am 1. Juli <strong>2017</strong> soll<br />
das Projekt starten.<br />
240 Kinder und<br />
Jugendliche mit Diabetes<br />
Typ 1 – etwa ein Fünftel<br />
der Betroffenen im Land –<br />
wird daran teilnehmen<br />
können. An der Versorgung<br />
beteiligt sind die<br />
Klinik für Kinder und Jugendmedizin<br />
des Universitätsklinikums<br />
Schleswig-<br />
Holstein in Lübeck und<br />
Kiel sowie das Städtische<br />
Krankenhaus Kiel. Die Evaluation<br />
wird vom Institut für Sozialmedizin<br />
und Epidemiologie der Universität<br />
Lübeck übernommen. Konsortialpartner<br />
ist die AOK Nordwest.<br />
Weitere Krankenkassen sollen noch<br />
gewonnen werden, damit auch deren<br />
junge Versicherte das Angebot nutzen<br />
können, berichtet Dr. Simone<br />
von Sengbusch. Die Oberärztin<br />
der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin,<br />
Lübeck, stellte beim Innovationsfonds<br />
den Förderantrag für<br />
das Projekt. Sie wird daran aktiv als<br />
Ärztliche Projektleiterin sowie Telemedizinärztin<br />
mitarbeiten.<br />
„Man muss das alles miterleben“,<br />
sagt sie begeistert. Gerade die Diabetologie,<br />
wo moderne Hilfsmittel<br />
dem Kind, seinen Eltern und dem<br />
Dr. Simone von<br />
Sengbusch<br />
Universitätsklinikum<br />
Schleswig-Holstein<br />
Foto: zVg<br />
behandelnden Arzt „Berge<br />
an Daten“ liefern können,<br />
die es auszuwerten und in<br />
motivierende Unterstützung<br />
für den Patienten<br />
umzuwandeln gilt, bietet<br />
sich für die Telemedizin<br />
an, ist die Kinder- und Jugendärztin<br />
überzeugt. Damit<br />
meint sie jene Form<br />
der Telemedizin, die sich<br />
der Beratung bzw. dem<br />
Coaching von Patienten<br />
widmet.<br />
Das ist auch der Kern der virtuellen<br />
Diabetesambulanz. Sie ergänzt<br />
die Kinderdiabetesambulanz vor<br />
Ort, wo die regulären, quartalsweisen<br />
Termine erfolgen. Für die Projektteilnehmer<br />
und ihre Familien<br />
besteht die Möglichkeit, über ein<br />
Online-Beratungsportal einmal im<br />
Monat einen zusätzlichen Termin<br />
mit einem Kinderdiabetologen<br />
wahrzunehmen.<br />
»Ein zusätzlicher<br />
Arztkontakt<br />
pro Monat«<br />
Telefonkontakt<br />
Es gibt mehrere Möglichkeiten der<br />
Konsultation, etwa per Telefon und<br />
E-Mail oder über ein Arzt-Video-<br />
Portal. Beispiel: Der Patient klagt<br />
über Probleme mit der Insulinpumpe<br />
– und hält sie für Ratschläge<br />
einfach vor die Kamera.<br />
Oder er überträgt Daten an die<br />
Ambulanz und bekommt einen<br />
Kommentar (pdf-Datei)<br />
zurück; es wird ein<br />
Termin für eine telefonische<br />
Besprechung<br />
vereinbart.<br />
Der Patient darf<br />
sich den Weg aussuchen.<br />
Wichtig ist dabei, so Dr. von Sengbusch,<br />
dass sichere, also verschlüsselte<br />
Übertragungswege genutzt werden.<br />
Das wird auch ein möglicher<br />
Erkenntnisgewinn des Projekts sein:<br />
Werden die technischen Hürden von<br />
den Anwendern akzeptiert?<br />
Wie nutzen die Patienten das<br />
telemedizinische Angebot?<br />
Es werden ferner zwei Gruppen verglichen:<br />
Kinder und Jugendliche, die<br />
sofort geschult und telemedizinisch<br />
betreut werden, sowie Kinder und<br />
Jugendliche, die nach der Schulung<br />
erst mit einer Verzögerung von sechs<br />
Monaten die telemedizinische Unterstützung<br />
erhalten.<br />
Für die Patienten endet die Projektteilnahme<br />
regulär nach zwölf Monaten.<br />
Sie können aber auf Wunsch<br />
Gesicherte<br />
Datenübertragung<br />
Foto: thinkstock<br />
Austausch per<br />
E-Mail<br />
weitermachen – im<br />
monatlichen Rhythmus<br />
oder nach persönlichem<br />
Bedarf.<br />
Auch aus diesem<br />
Verhalten wollen die<br />
Wissenschaftler Rückschlüsse ziehen.<br />
Die Hoffnung der Projektbeteiligten<br />
ist natürlich, dass sich durch die<br />
intensivere Betreuung der Patienten<br />
Verbesserungen bei der Stoffwechsellage<br />
feststellen lassen. Es klingt<br />
plausibel: Für die Patienten und ihre<br />
Angehörigen entfällt dank der elektronischen<br />
Medien der Aufwand der<br />
An- und Abfahrt zur Diabetesambulanz;<br />
Termine können abends oder<br />
am Wochenende von Zuhause wahrgenommen<br />
werden. Der dreimal<br />
häufigere virtuelle Arzt-Patienten-<br />
Kontakt liefert zudem bessere Analysen<br />
der Funktionswerte und mehr<br />
Motivationsunterstützung.<br />
Für das Projekt werden zusätzliche<br />
Stellen für diabetologisch qualifizierte<br />
Ärzte, Diabetesberaterinnen<br />
und Verwaltungsmitarbeiter geschaffen.<br />
Wie viele das sein werden,<br />
konnte Dr. von Sengbusch im<br />
März nicht sagen. Noch lag ihr der<br />
abschließende Förderbescheid des<br />
Innovationsausschusses nicht vor.<br />
20 Seiten Antrag auf Förderung<br />
plus detaillierte Anlagen<br />
Wie bei anderen Projekten hatte das<br />
Gremium zunächst mit Kürzungsvorschlägen<br />
reagiert – die detailliert<br />
und nachvollziehbar vorgetragen<br />
wurden, wie die Ärztin berichtet.<br />
Das Ausfüllen des 20-seitigen Antragsformulars<br />
und der diversen<br />
Anlagen, in denen z.B. genaue Aufstellungen,<br />
Kostenvoranschläge und<br />
mit Unterschriften beglaubigte Aussagen<br />
verlangt werden, hat – nebenbei<br />
zur täglichen beruflichen Belastung<br />
– viel Arbeit gemacht, wie Dr.<br />
von Sengbusch zugibt. „Ich finde die<br />
Idee des Innovationsfonds wirklich<br />
ganz klasse, und ich hätte noch eine<br />
gute Idee, aber ein zweites Projekt<br />
parallel zu ViDiKi könnte ich nicht<br />
schultern.“<br />
REI<br />
Austausch in der Apotheke<br />
Alle Seiten profitieren durch Rabattverträge bei Blutzuckerteststreifen<br />
HAMBURG. An Diabetes mellitus<br />
erkrankte Versicherte der Techniker<br />
Krankenkasse (TK) profitieren seit<br />
Jahresbeginn von Rabattverträgen zu<br />
Blutzuckerteststreifen. Entsprechende<br />
Verträge der DAK-Gesundheit traten<br />
im März in Kraft, der Vertrag mit der<br />
hkk zum 1. April <strong>2017</strong>. Grundlage ist<br />
ein sog. Open-House-Verfahren.<br />
Durch die Verträge können die<br />
Ärzte auch Teststreifen für innovative<br />
Blutzuckermessgeräte wirtschaftlich<br />
verordnen, und die Versicherten<br />
profitieren von moderneren<br />
Geräten“, erklärt Tim Steimle, TK-<br />
Fachbereichsleiter Arzneimittel. Die<br />
Messgeräte könnten zudem über die<br />
TK-Gesundheitsdividende im Bonusprogramm<br />
bezuschusst werden.<br />
Laut TK „profitieren Ärzte von dem<br />
Vertrag, weil ihnen die vertraglich<br />
vereinbarten Rabatte nach § 130a<br />
Abs. 8 SGB V als pauschalierte Abzugsbeträge<br />
in der Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />
abgezogen werden“.<br />
Daneben würde manche Prüfvereinbarung<br />
vorsehen, dass die Therapie<br />
des insulinpflichtigen Diabetes<br />
mellitus einschließlich der dafür verordneten<br />
Teststreifen als Praxisbesonderheit<br />
gilt.<br />
Fünf Ersatzkassen und<br />
acht Hersteller beteiligt<br />
Basis für die Rabattregelungen der<br />
fünf Kassen TK, DAK, KKH, HEK<br />
und hkk mit acht Herstellern von<br />
Blutzuckerteststreifen<br />
mit Rabatt<br />
erfüllen das<br />
Wirtschaftlichkeitsgebot.<br />
Foto: fotolia/tunedin<br />
»Wirtschaftlich<br />
verordnen«<br />
Blutzuckerteststreifen (Stand März,<br />
aktuelle Liste: www.vdek.com/vertragspartner/apotheken.html)<br />
bildet<br />
die im vergangenen Jahr ergänzte<br />
Anlage 4 zum Arzneiversorgungsvertrag<br />
zwischen dem Ersatzkassenverband<br />
und dem Deutschen Apothekerverband.<br />
Für die Versicherten bedeutet der<br />
Beitritt ihrer Kasse: Sie gehen mit<br />
ihrem Rezept in die Apotheke und<br />
der Pharmazeut entscheidet – sofern<br />
der Arzt kein Aut-idem-Kreuz<br />
gesetzt hat –, welches Rabattprodukt<br />
er abgibt.<br />
Pharmazeut soll günstige<br />
„B-Quote“ beachten<br />
Die Kassen zahlen dabei eine zusätzliche<br />
Vergütung von 50 Cent zuzüglich<br />
Umsatzsteuer pro abgegebener<br />
50er-Packung. Apotheker können<br />
den Kassen bei Umstellungen für<br />
die Beratung des Patienten und den<br />
Geräteaustausch jeweils 20 Euro in<br />
Rechnung stellen. Die Krankenkassen<br />
rechnen dennoch mit Kostenersparnis,<br />
denn der Apotheker soll<br />
darauf achten, dass 55 % der Packungen<br />
à 50 Stück der preisgünstigen<br />
„B-Quote“ entsprechen. kol