WIRTSCHAFT+MARKT 3/2017
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28. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni <strong>2017</strong> | ZKZ 84618 | Deutschland 6,50 €<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
BERLIN<br />
BUNDESTAGS-<br />
BILANZ<br />
Wie engagiert war<br />
Ihr Abgeordneter?<br />
MINDESTLOHN<br />
Wie die Zollkontrollen<br />
den Mittelstand belasten<br />
EXKLUSIV<br />
Erwin Sellering über<br />
das Ende der<br />
Russland-Sanktionen<br />
REPORT<br />
Der Aufstieg von<br />
Schloss Wackerbarth<br />
AUTO<br />
Passende Limousinen<br />
für jeden Unternehmer<br />
1 9 8 4 6 1 8 0 6 5 0 0<br />
4<br />
0 3 >Die<br />
Chinesen kommen<br />
Warum der Osten so interessant für Investoren aus dem Reich der Mitte ist
Brummen ist<br />
einfach.<br />
Weil die Sparkassen den Motor<br />
unserer Wirtschaft am<br />
Laufen halten.<br />
s.de/finder
EDITORIAL | 3<br />
Zwei Pandabären<br />
als Symbol für gute<br />
Wirtschaftsbeziehungen<br />
E U R O P A S E R S T E S E R L E B N I S W E I N G U T<br />
Karsten Hintzmann<br />
Chefredakteur<br />
kh@wirtschaft-markt.de<br />
Erlebnis.<br />
Wein.Gut!<br />
Foto: Torsten George, Titelgrafik: Gribanessa/fotolia.com<br />
Bei den Verantwortlichen im Berliner<br />
Zoo ist derzeit die Vorfreude<br />
groß. Denn im Sommer erwarten<br />
sie eine neue Attraktion: zwei Riesenpandas<br />
aus China. Fünf Jahre nach dem Tod<br />
des Panda-Männchens Bao Bao werden<br />
somit erstmals wieder Pandas in einem<br />
deutschen Tierpark zu sehen sein. Nun<br />
fragen Sie vielleicht, was diese Nachricht<br />
in einem Wirtschaftsmagazin zu suchen<br />
hat? Dazu kommen wir gleich.<br />
Noch ein paar fachliche Informationen vorweg:<br />
Pandas sind sehr seltene Tiere, es<br />
gibt aktuell schätzungsweise 1.864 in freier<br />
Wildbahn lebende Exemplare, die in gebirgigen<br />
Gegenden der chinesischen Provinzen<br />
Sichuan, Gansu und Shaanxi beheimatet<br />
sind. Die chinesische Regierung<br />
ist seit 1992 intensiv bemüht, die<br />
bedrohte Bärenart in ihrer Population zu<br />
stärken. Das seinerzeit aufgelegte nationale<br />
Schutzprogramm zeigt Wirkung – in<br />
den letzten zehn Jahren wuchs der Pandabestand<br />
um knapp 300 Tiere.<br />
In China wird der Panda als National- und<br />
Glückssymbol verehrt. In Anlehnung an<br />
den Buddhismus wird dem Pandabären<br />
nachgesagt, er sei ein „Zen-Meister“, der<br />
dabei helfen könne, Traum und Wirklichkeit<br />
miteinander zu verbinden und sogar<br />
Träume zum Leben zu erwecken. Daher<br />
gilt sein Erscheinen als gutes Omen.<br />
www.wirtschaft-markt.de<br />
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Nachricht,<br />
dass die chinesische Regierung<br />
zwei ihrer wenigen Pandabären an den<br />
Berliner Zoo abgibt, durchaus eine politische<br />
und wirtschaftliche Dimension. Es<br />
ist eine klare Geste seitens der Pekinger<br />
Führung, die den guten Stand der bilateralen<br />
Beziehungen unterstreicht. In diesem<br />
Jahr begehen die Volksrepublik China<br />
und Deutschland den 45. Jahrestag der<br />
Aufnahme diplomatischer Beziehungen.<br />
Dieses Jubiläum zieht einen regen politischen,<br />
kulturellen und gesellschaftlichen<br />
Austausch nach sich. Auch und gerade<br />
die wirtschaftlichen Kontakte entwickeln<br />
sich seit Jahren für beide Seiten sehr erfolgreich.<br />
Allein im vergangenen Jahr belief<br />
sich das Handelsvolumen zwischen<br />
beiden Ländern auf 170 Milliarden Euro.<br />
Damit ist China weltweit unser wichtigster<br />
Handelspartner. Mehr als 8.000 deutsche<br />
Unternehmen sind auf dem chinesischen<br />
Markt aktiv. Gut 2.000 Firmen aus<br />
dem Reich der Mitte haben in Deutschland<br />
investiert.<br />
In unserer Titelgeschichte (auf den Seiten<br />
30 bis 39) finden Sie viele interessante Aspekte,<br />
die den Facettenreichtum der wirtschaftlichen<br />
Beziehungen zwischen den<br />
beiden Staaten beleuchten und darstellen,<br />
wie auch der ostdeutsche Mittelstand<br />
von chinesischen Investitionen mehr und<br />
mehr profitiert.<br />
Gerade in international unsicheren Zeiten,<br />
in denen mitunter auch langjährige Freunde<br />
plötzlich zu unberechenbaren Kantonisten<br />
werden, ist es besonders wertvoll,<br />
in China einen Wirtschaftspartner zu haben,<br />
der unaufgeregt und sachorientiert<br />
am Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit<br />
mitwirkt.<br />
W+M<br />
Vor den Toren Dresdens liegt Schloss<br />
Wackerbarth mit barocker Schlossanlage und<br />
einzigartiger Wein- und Sektmanufaktur.<br />
Wo schon der Hof Augusts des Starken<br />
rauschende Feste feierte, empfangen wir Sie<br />
täglich mit eleganten Weinen, feinen Sekten,<br />
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erlesenen Gaumenfreuden. Wir verwandeln<br />
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gutseigenen Markt<br />
Ein außergewöhnliches Ambiente für<br />
Ihre individuellen Veranstaltungen<br />
Veranstaltungshöhepunkte <strong>2017</strong><br />
4. & 5. Juni Pfingstgenuss<br />
17. Juni Sommernachtsball<br />
27. & 28. August Tage des offenen<br />
Weingutes<br />
9. & 10. September Federweißerfest<br />
16. & Manufakturen-<br />
17. Dezember Weihnachtsmarkt<br />
31. Dezember Silvester im<br />
Reich der Sinne<br />
Sächsisches Staatsweingut GmbH<br />
Wackerbarthstr. 1 · 01445 Radebeul · Tel. 0351.8955-0<br />
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4 | W+M INHALT<br />
W+M TITELTHEMA<br />
Die Chinesen kommen – Warum<br />
der Osten so interessant für Firmen<br />
aus dem Reich der Mitte ist.............30<br />
W+M AKTUELL<br />
Köpfe......................................................................... 6<br />
Nachrichten............................................................... 8<br />
ifo Geschäftsklimaindex für Ostdeutschland ............9<br />
W+M SCHWERPUNKT TOURISMUS<br />
IN MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
Report: Übernachtungsrekord kein Ruhekissen......12<br />
Interview: Ministerpräsident Erwin Sellering<br />
spricht über Touristenboom, Länderfinanzausgleich<br />
und das Ende der Russland-Sanktionen..................14<br />
Überblick: Traumhafte Auszeit. Zehn exklusive<br />
Hotels in Mecklenburg-Vorpommern.......................16<br />
Vorpommern:<br />
Von Traditionsbetrieben und Raumpionieren...........18<br />
Porträt: Der Mann, der Polo-Pferde und<br />
Ferraris an den Strand von Warnemünde bringt..... 20<br />
W+M LÄNDERREPORTS<br />
Sachsen: Im Reich der Sinne<br />
auf Schloss Wackerbarth........................................ 22<br />
Berlin: Hauptstadt der Fintechs.............................. 24<br />
Brandenburg: Karls Erdbeeren in aller Munde........ 26<br />
Ostdeutsche Spitzenprodukte:<br />
Titan-Brillen aus Rathenow..................................... 27<br />
Ostdeutschland:<br />
Wie der Zoll den Mindestlohn durchsetzt............... 28<br />
W+M TITELTHEMA<br />
Report: Die Chinesen kommen............................... 30<br />
Im Interview: Shi Mingde, Botschafter der<br />
Volksrepublik China in Deutschland........................ 34<br />
14<br />
Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern<br />
Wie ist Ihr Land für den Urlauber-Ansturm gerüstet,<br />
Herr Sellering?<br />
Länderreport<br />
Erlebnisweingut Schloss Wackerbarth<br />
22<br />
Impressum<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
Das ostdeutsche Unternehmermagazin<br />
Ausgabe: 3/<strong>2017</strong><br />
Redaktionsschluss: 12.04.<strong>2017</strong><br />
Verlag: W+M Wirtschaft und Markt GmbH<br />
Charlottenstraße 65, 10117 Berlin<br />
Tel.: 030 505638-00<br />
Fax: 030 505638-21<br />
www.wirtschaft-markt.de<br />
Herausgeber/Geschäftsführer:<br />
Frank Nehring, Tel.: 030 505638-55<br />
fn@wirtschaft-markt.de<br />
Chefredakteur: Karsten Hintzmann<br />
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Redaktion: Janine Pirk-Schenker, Tel.: 030 505638-89,<br />
jp@wirtschaft-markt.de<br />
Autoren: Dr. Hans-Ulrich Conrad, Katrin Kleeberg,<br />
Harald Lachmann, Rudolf Miethig, Matthias Salm,<br />
Thomas Schwandt<br />
Abo- und Anzeigenverwaltung: Kornelia Brocke,<br />
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Marketing und Vertrieb: Kerstin Will,<br />
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Erscheinungsweise, Einzelverkaufs- und<br />
Abonnementpreis:<br />
Die Zeitschrift <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> erscheint<br />
zweimonatlich. Die Mitglieder der Interessengemeinschaft<br />
der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />
und Berlin sowie die Mitglieder des Vereins<br />
Brandenburgischer Ingenieure und Wirtschaftler<br />
(VBIW) erhalten diese Zeitschrift im Rahmen ihrer<br />
Mitgliedschaft. Einzelpreis: 6,50 €, Jahresabonnement<br />
(inkl. aller Ausgaben von W+M Regional, W+M<br />
Exklusiv und dem Online-Magazin W+M Kompakt)<br />
60 € inkl. MwSt. und Versand (im Inland).<br />
Layout & Design: Möller Medienagentur GmbH,<br />
www.moeller-mediengruppe.de<br />
Druck: Möller Druck und Verlag GmbH, ISSN 0863-5323<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur<br />
mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen<br />
nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte und<br />
Fotos übernehmen wir keine Haftung.<br />
Fotos: W+M (oben), Sächsisches Staatsweingut GmbH (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
INHALT | 5<br />
DIE GROSSE<br />
W+M<br />
BUNDESTAGS<br />
BILANZ<br />
42<br />
W+M-Bundestagsserie<br />
Berlins Abgeordnete ziehen Bilanz<br />
Ragnitz kommentiert:<br />
Keine Angst vor chinesischen Investoren............... 37<br />
Spannender Markt: Wer moderne Technologien<br />
mitbringt, ist in China gern gesehen....................... 38<br />
W+M POLITIK<br />
Ostdeutsches Wirtschaftsforum <strong>2017</strong>:<br />
Denkfabrik bereitet 2. Gipfeltreffen<br />
in Bad Saarow vor................................................... 40<br />
Verschläft der Osten die Digitalisierung?.................41<br />
W+M-Serie: Bundestagsbilanz –<br />
Wie haben sich Berlins Abgeordnete<br />
um Unternehmen und Jobs bemüht?..................... 42<br />
Pro und Contra: Belastung für den Mittelstand?<br />
Ist ein Fahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge<br />
eine gute Idee?........................................................ 48<br />
Interview mit BVUK-Chef Michael Reizel über<br />
die Rente von morgen und den Nutzen<br />
der betrieblichen Altersvorsorge............................. 49<br />
Pekings Repräsentant in Berlin<br />
Interview mit Chinas Botschafter Shi Mingde<br />
34<br />
W+M RATGEBER<br />
Travelmanagement: Unentwegt unterwegs –<br />
Tipps für Geschäftsreisen....................................... 50<br />
Auto: Limousinen –<br />
mehr als nur Fahrzeuge mit festem Verdeck.......... 52<br />
Lifestyle: Rallye und Luxusuhren ........................... 54<br />
Literatur: Die ostdeutsche Bestsellerliste<br />
für Wirtschaftsliteratur............................................ 56<br />
Personal: Dauerbrenner Offline-Recruiting............. 57<br />
W+M NETZWERK<br />
Berlin: VBKI-Ball – roter Teppich<br />
für die Entscheider in der Hauptstadt..................... 58<br />
Schwerin:<br />
Wirtschaftsball und Unternehmer des Jahres........ 59<br />
VBIW: Aktuelles aus dem Verein............................ 60<br />
Neues aus den Unternehmerverbänden................. 62<br />
W+M PORTRÄTS<br />
Gunnar Grosse:<br />
Teamplayer mit Gespür für Trends.......................... 64<br />
Ulrich Weitz: Wie ein Tiger vor dem Sprung.......... 65<br />
W+M DIE LETZTE SEITE<br />
Ausblick und Personenregister............................... 66<br />
Foto: W+M/Ralf Succo (Mitte)<br />
54<br />
Lifestyle<br />
Die Luxusuhr hinter der Rallye<br />
W+M WEITERE BEITRÄGE<br />
Editorial...................................................................... 3<br />
Impressum................................................................ 4<br />
Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt eine Beilage der<br />
Schultz Einrichtungen GmbH & Co. KG (www.schultz.de) bei.<br />
Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit.<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
6 | W+M AKTUELL<br />
2<br />
5<br />
1<br />
4<br />
1<br />
Holger Wassermann (46)<br />
Nachfolgespezialist aus Berlin<br />
In den neuen Bundesländern führt der demografische<br />
Wandel und der Gründungsboom<br />
nach der Wiedervereinigung zu einem<br />
Angebotsüberhang an Unternehmen,<br />
die übergeben werden müssen. Prof. Dr.<br />
Holger Wassermann hat zu diesem Thema<br />
zusammen mit Danilo Manca, Geschäftsführer<br />
der Agentur für digitales Marketing<br />
PHONC, ein Unternehmer-Radio gegründet.<br />
Dienstags und freitags erscheinen auf<br />
www.unternehmer-radio.de Podcast-Episoden<br />
mit etwa 30-minütigen Interviews<br />
mit wechselnden Interviewpartnern. Alt-Inhaber,<br />
Nachfolger und Experten berichten<br />
dabei von ihren Erfahrungen bei der Übergabe.<br />
Holger Wassermann ist unter anderem<br />
Inhaber der Unternehmensberatung<br />
INTAGUS, welche sich auf Nachfolge und<br />
Mittelstand spezialisiert hat. Seit 2015 leitet<br />
er zudem das KompetenzCentrum für Entrepreneurship<br />
und Mittelstand (KCE) der<br />
FOM Hochschule für Oekonomie und Management<br />
in Berlin.<br />
2<br />
Marian Wendt (31)<br />
Bundestagsabgeordneter aus Sachsen<br />
3<br />
Der junge CDU-Parlamentarier aus dem<br />
Wahlkreis Nordsachsen war untröstlich,<br />
dass die neue Bundestagsbilanz-Serie unseres<br />
Magazins im Februar <strong>2017</strong> mit dem Blick<br />
auf die sächsischen Abgeordneten startete,<br />
noch bevor er sein persönliches Statement<br />
an W+M geschickt hatte. Daher bilden<br />
wir an dieser Stelle seine Antwort auf<br />
unsere Frage ab: Was haben Sie konkret<br />
für die regionale Wirtschaft in Ihrem Wahlkreis<br />
in der <strong>2017</strong> zu Ende gehenden Wahlperiode<br />
geleistet?<br />
Marian Wendt: „Der Ausbau der Infrastruktur<br />
war und ist für mich eine der wichtigsten<br />
Aufgaben in meiner Arbeit für Nordsachsen.<br />
Ein gut ausgebautes Straßennetz und eine<br />
schnelle Internetverbindung sind Notwendigkeit<br />
für wirtschaftliches Handeln im 21.<br />
Jahrhundert. Deshalb war es wichtig, dass<br />
der Bund 67 Millionen Euro für den Breitbandausbau<br />
in Nordsachsen zur Verfügung<br />
stellt und die Notwendigkeit für den Ausbau<br />
der Straßen B87, B2, B181 und der B169<br />
sieht. Mein Ziel in den kommenden Monaten<br />
und Jahren ist, dass die Planungen auch<br />
zügig realisiert werden, denn nur das hilft<br />
der Wirtschaft."<br />
3<br />
Werner Hufenbach (74)<br />
Dresdner Leichtbau-Forscher<br />
Seit mehr als drei Jahrzehnten engagiert<br />
sich Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Hufenbach<br />
für die Forschungskooperation mit China auf<br />
dem Gebiet des Leichtbaus – jetzt wurde<br />
er dafür durch die chinesische Regierung<br />
mit dem „International Scientific and Technological<br />
Cooperation Award 2016“ ausgezeichnet.<br />
Es ist der bedeutendste Preis, den<br />
China auf diesem Gebiet zu verleihen hat,<br />
und der Professor der Technischen Universität<br />
(TU) Dresden ist der bisher einzige internationale<br />
Wissenschaftler auf ingenieurtechnischem<br />
Gebiet, der ihn erhielt. Bei einem<br />
Staatsakt in der Großen Halle des Volkes<br />
in Peking wurde ihm die Auszeichnung<br />
im Beisein von Staatspräsident Xi Jinping<br />
überreicht. Hufenbach hatte 1994 das Institut<br />
für Leichtbau an der TU Dresden gegründet<br />
und seither zu einem der führenden<br />
Forschungsinstitute entwickelt. Heute<br />
arbeitet er als Seniorprofessor im Institutsvorstand<br />
mit.<br />
4<br />
Winfried Speitkamp (59)<br />
Weimarer Universitätspräsident<br />
Mit Beginn des Sommersemesters hat<br />
Prof. Dr. Winfried Speitkamp als neuer Präsident<br />
für sechs Jahre die Leitung der Bauhaus-Universität<br />
Weimar übernommen. Er<br />
tritt die Nachfolge von Rektor Prof. Dr. Karl<br />
Beucke an. Zuvor war er bereits zum Universitätsprofessor<br />
für das Fachgebiet „Kulturgeschichte<br />
der Moderne“ berufen worden.<br />
Sein Ziel sei es, die Bauhaus-Universität<br />
zum Synonym für experimentelles Den-<br />
Fotos: INTAGUS (1), Privat (2), Technische Universität Dresden (3), Henry Sowinski (4), Harald Lachmann (5)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
W+M AKTUELL | 7<br />
6<br />
Fotos: Harald Lachmann (6, 7, 8)<br />
ken zu machen, sagte Winfried Speitkamp<br />
bei der Berufung durch Thüringens Wissenschaftsminister<br />
Wolfgang Tiefensee im Februar.<br />
Zuletzt hatte er die Professur für Neuere<br />
und Neueste Geschichte an der Universität<br />
Kassel inne und war Dekan des Fachbereiches<br />
für Gesellschaftswissenschaften<br />
der Universität. Der geborene Düsseldorfer<br />
ist verheiratet und hat fünf Kinder.<br />
5<br />
Mathias Reuschel (59)<br />
Gesicht der Leipziger Wirtschaft<br />
Wenn es ein personifiziertes Gesicht der<br />
Leipziger Unternehmensszene gäbe, entspräche<br />
es wohl dem des promovierten<br />
Baustatikers. Er leitet als Vizepräsident<br />
des Unternehmerverbands Sachsen zugleich<br />
dessen Repräsentanz in seiner Heimatstadt,<br />
er ist selbst Präsident des Vereins<br />
Gemeinsam für Leipzig e. V., der sich die<br />
Förderung des Mittelstandes in der Region<br />
auf die Fahne geschrieben hat, er lobt in dieser<br />
Funktion den Leipziger Wirtschaftspreis<br />
„Via Oeconomica“ mit aus und er leitet seit<br />
2015 auch den Hochschulrat der Leipziger<br />
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur<br />
(HTWK) – jener Fachhochschule, an der<br />
er selbst einst Bauingenieurwesen studierte.<br />
Beruflich ist Reuschel Mitinhaber und<br />
Vorsitzender der S&P Gruppe, ein Firmenverbund<br />
von Ingenieur- und Architekturbüros,<br />
Softwarehäusern und Prüfanstalten mit<br />
Niederlassungen in Leipzig, Dresden, Potsdam<br />
und Zwickau. In diesem Jahr wird Mathias<br />
Reuschel 60 Jahre alt.<br />
6<br />
Tobias Neubert (53)<br />
Steinsanierer aus Freiberg<br />
7<br />
Würde er in Freibergs mittelalterlichen Gassen<br />
plötzlich laut ausrufen: „Alles heraustreten,<br />
was von Neubert ist!“, wäre die halbe<br />
Altstadt auf den Beinen. Denn der Steinmetz-<br />
und Bildhauermeister, der auch Restaurator<br />
des Handwerks ist, begegnet in<br />
seiner Heimatstadt auf Schritt und Tritt der<br />
eigenen Arbeit. Inzwischen hängen in seiner<br />
Steinrestaurierungsfirma in Halsbrücke<br />
bei Freiberg aber auch Architektur-, Sanierungs-<br />
und Denkmalspflegepreise aus ganz<br />
Deutschland. Der gebürtige Dresdner, dessen<br />
Großvater schon Steinmetz war, zählt<br />
auch bundesweit zu den Besten im Metier.<br />
Bereits kurz nach der Wende hatte Neubert<br />
seinen Betrieb gegründet und seither<br />
dutzende Gesellen ausgebildet. 2006 wählte<br />
ihn der sächsische Berufsstand erstmals<br />
zum Landesinnungsmeister – eine Funktion,<br />
die der vierfache Vater auch heute noch<br />
ausübt.<br />
7<br />
Lara Knuth (47)<br />
Edelstahlexpertin aus Sachsen<br />
Kommunikationselektronikerin, Verwaltungswirtin,<br />
Abschluss in europäischem<br />
Verwaltungsmanagement, Erfahrungen bei<br />
Siemens und Toyota, in der Metall-, Luftfahrt-<br />
und Raumfahrtindustrie sowie in der<br />
Medizintechnik – die Berlinerin konnte eine<br />
geballte Vita vorweisen, als sie sich 2016<br />
um den ausgeschriebenen Posten eines Geschäftsführers<br />
in der sächsischen Provinz<br />
bewarb. Denn Peter Schiekel, Gründer und<br />
Inhaber der SPS Schiekel Präzisionssysteme<br />
GmbH in Dohna bei Pirna, suchte einen<br />
Nachfolger. 200 Bewerbungen gingen ihm<br />
zu, darunter zwei Frauen. Nach zwei Monaten<br />
übergab er bereits im Februar Knuth das<br />
8<br />
Zepter für das operative Geschäft in dem<br />
anspruchsvollen Metier, in dem sich alles<br />
um hochpräzise bearbeitete CNC-Drehteile<br />
und Fräskomponenten aus schwer zerspanbaren,<br />
hochlegierten Werkstoffen dreht.<br />
Die Chemie habe eben sofort gestimmt,<br />
sagen beide. Und Lara Knuth bringt offenbar<br />
Durchhaltevermögen mit – als frühere<br />
Kampfsportlerin und Triathletin.<br />
8<br />
Lutz Thieme (53)<br />
Täubchenmäster aus Thüringen<br />
Es gab Zeiten, da galten gebratene Tauben<br />
als Leibspeise von Königen und Fürsten.<br />
Heute muss der Landwirt aus Frohnsdorf<br />
bei Altenburg erst wieder die Werbetrommel<br />
rühren, um seine Delikatessen an den<br />
Kunden zu bringen. Dabei haben jene fleischigen<br />
Hubbel-Tauben, die er auf seinem<br />
Hof züchtet und mästet, nichts mit den in<br />
Verruf geratenen Stadttauben zu tun. Ursprünglich<br />
betrieb Thieme einen Milchbetrieb.<br />
Doch als ihm 2004 die Pachtverträge<br />
für die Futterflächen seiner Kühe nicht<br />
verlängert wurden, zog er kurzentschlossen<br />
die Notbremse. Er verkaufte den Bestand<br />
und orientierte sich komplett um: Er gründete<br />
einen eigenen Betrieb für Klauenpflege,<br />
besitzt hierfür auch den Meisterbrief –<br />
und baute in den leeren Ställen zugleich jene<br />
exklusive Taubenmast auf. Um hier den Absatz<br />
– über Weihnachten und Ostern hinaus<br />
– ganzjährig zu verstetigen, besuchte er inzwischen<br />
sogar Kurse bei einem Sternekoch<br />
und richtet nun mit seiner Frau auch<br />
eine Hofbraterei ein.<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
8 | W+M AKTUELL<br />
STÖRTEBEKER MIT REKORD<br />
Stralsund. Die Störtebeker Braumanufaktur<br />
segelt auf Rekordkurs. 180.000 Hektoliter<br />
Störtebeker-Brauspezialitäten wurden<br />
2016 verkauft – eine neue Bestmarke. Dieses<br />
Wachstum ist auch der Markteinführung<br />
von fünf neuen Sorten zu verdanken.<br />
„Enorme Steigerungsraten hatten wir in<br />
diesem Jahr bei den Bio-zertifizierten Spezialitäten<br />
und auch den alkoholfreien Bieren“,<br />
erläutert Inhaber Jürgen Nordmann<br />
den Absatzerfolg.<br />
Entsprechend investierten die Stralsunder<br />
Bierbrauer in eine Erweiterung ihrer Kapazitäten.<br />
Im Bereich der Produktion wurde im<br />
Brauhaus an der Greifswalder<br />
Chaussee ein<br />
neues Malzhaus installiert<br />
sowie der Gärund<br />
Lagerkeller erweitert.<br />
Außerdem eröffnete<br />
die Störtebeker<br />
Braumanufaktur 2016<br />
ihr neues Flaggschiff,<br />
die Gastronomie Störtebeker<br />
Elbphilharmonie<br />
Hamburg im neuen<br />
Wahrzeichen der Hansestadt.<br />
Zunehmend beliebt: die Störtebeker-Biere von der Ostsee.<br />
FRANCI INVESTIERT<br />
Aue. Der italienische Werkzeugbau-Spezialist<br />
für den Automobilsektor<br />
Franci SpA investiert in<br />
einen neuen Standort im erzgebirgischen<br />
Grünhain-Beierfeld.<br />
Damit rückt der Zulieferer näher<br />
an seinen wichtigsten Markt heran.<br />
Vom Stammsitz in der Nähe<br />
des Comer Sees aus werden bereits<br />
Audi, VW, Porsche, Daimler,<br />
BMW und Ford in Deutschland<br />
beliefert. Die Werkzeugsätze<br />
dienen zum Beispiel der Fertigung<br />
von Kotflügeln, Dächern,<br />
Türen oder Seitenwänden.<br />
REKORDERGEBNIS BEI ILB<br />
SPARKASSEN IM PLUS<br />
Berlin. Trotz eines deutlich gesunkenen<br />
Zinsüberschusses sind die 45 Mitgliedssparkassen<br />
im Ostdeutschen Sparkassenverband<br />
(OSV) gut durch das Geschäftsjahr<br />
2016 gekommen. Zum guten Ergebnis<br />
trug vor allem eine Reduzierung der Personalkosten<br />
bei, da vielfach frei gewordene<br />
Stellen nicht mehr neu besetzt wurden. Der<br />
Personalbestand sank 2016 von 21.574 auf<br />
20.559 Mitarbeiter. Zudem verzeichneten<br />
die Sparkassen einen gestiegenen Provisionsüberschuss,<br />
unter anderem durch Anhebung<br />
der Kontogebühren. Der Gesamteinlagenbestand<br />
stieg um 3,4 Milliarden Euro<br />
auf 96,3 Milliarden Euro, davon entfielen<br />
83,3 Milliarden Euro auf Privat- und 8,3 Milliarden<br />
Euro auf mittelständische Kunden.<br />
Der Geschäftsführende Präsident des Ostdeutschen<br />
Sparkassenverbandes Dr. Michael<br />
Ermrich kritisierte bei der Vorstellung der<br />
Geschäftszahlen die „überbordende Regulierung“<br />
im Bankensektor. So verwahrte er<br />
sich gegen Pläne der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde<br />
und der EZB, Personen,<br />
die aktuell oder in den zurückliegenden Jahren<br />
politische Ämter innehatten, von Verwaltungsräten<br />
auszuschließen. Dies beträfe<br />
auch Vertreter der Sparkassenträger, die<br />
das Interesse der Gesellschaft vor Ort repräsentieren,<br />
bemängelte Ermrich.<br />
ZAB MIT NEUER FIRMIERUNG<br />
Potsdam. Im April ist die Zentrale der ZukunftsAgentur<br />
Brandenburg (ZAB) an einen<br />
neuen Standort in der Potsdamer Innenstadt<br />
umgezogen und firmiert seither<br />
als Wirtschaftsförderung Brandenburg<br />
(WFBB). Ihr Angebot wird künftig in<br />
sechs kompakten Servicepaketen gebündelt.<br />
Seit ihrer Gründung 2001 hat die Gesellschaft<br />
6.294 Unternehmensprojekte<br />
betreut, mit denen 51.761 Arbeitsplätze<br />
und ein Investitionsvolumen von zehn Milliarden<br />
Euro verbunden sind.<br />
DÄMMSTOFFWERK<br />
ERWEITERT<br />
Wittenberge. Die österreichische Austrotherm<br />
GmbH, Hersteller von Produkten<br />
für die Wärmedämmung an Gebäuden,<br />
investiert sieben Millionen Euro in<br />
die Erweiterung ihres Werkes in Wittenberge.<br />
Grund ist die große Nachfrage<br />
im Zuge der Energiewende und stetig<br />
steigende Exporte nach Polen, Skandinavien<br />
und in die Benelux-Länder. Der<br />
Deutschlandsitz in der Prignitz hatte<br />
Ende 2013 den Betrieb aufgenommen.<br />
Potsdam. Die Brandenburger Förderbank<br />
ILB hat 2016 mit knapp zwei Milliarden<br />
Euro zugesagten Fördermitteln das<br />
höchste Ergebnis im Fördergeschäft seit<br />
20 Jahren erzielt. Mit den Geldern werden<br />
in Brandenburg insgesamt 5.074 Vorhaben<br />
unterstützt. Das Ergebnis wurde allerdings<br />
durch einen Einmaleffekt in die Höhe getrieben.<br />
571 Millionen Euro flossen in Form<br />
einer Konsortialfinanzierung in die Finanzierung<br />
des Hauptstadtflughafens im Rahmen<br />
der Infrastrukturförderung. Die Brandenburger<br />
Förderbank begeht <strong>2017</strong> ihr 25-jähriges<br />
Jubiläum. In diesem Zeitraum hat die<br />
ILB in Brandenburg über 120.000 Vorhaben<br />
mit 38 Milliarden Euro begleitet.<br />
Austrotherm-Geschäftsführer: Lars Peter,<br />
Gerald Prinzhorn und Alexander Sinner (v. l.).<br />
Fotos: Störtebeker Braumanufaktur GmbH (oben), Austrotherm (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
W+M AKTUELL | 9<br />
Die Stimmung der ostdeutschen Unternehmer hellte sich im<br />
März <strong>2017</strong> wieder auf; der Geschäftsklimaindex der gewerblichen<br />
Wirtschaft* in Ostdeutschland stieg von 109,5 auf 110,4<br />
Punkte. Die befragten Unternehmer waren im März abermals zufriedener<br />
mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Zudem blickten die Befragungsteilnehmer<br />
optimistischer auf die kommenden sechs Monate.<br />
Das Beschäftigungsbarometer für Ostdeutschland stieg im März<br />
<strong>2017</strong> ebenfalls. Dieser Anstieg ist jedoch allein auf die gesteigerten<br />
Beschäftigungserwartungen der Industrie zurückzuführen. In<br />
allen anderen Bereichen ist die Bereitschaft, Beschäftigung aufzubauen<br />
im Vormonatsvergleich gesunken.<br />
Das Geschäftsklima hellte sich zum Frühlingsauftakt in allen Bereichen<br />
auf. Die befragten Bauunternehmer waren im Vergleich zum<br />
Vormonat mit ihrer derzeitigen Geschäftslage deutlich zufriedener.<br />
Sie beurteilten ihren Auftragsbestand im März besser als noch im<br />
Vormonat. Darüber hinaus stiegen auch die Geschäftserwartungen<br />
leicht. Die gute Entwicklung des ostdeutschen Baugewerbes<br />
im März dürfte unter anderem auf den prosperierenden Tiefbau zurückzuführen<br />
sein. Auch das Geschäftsklima des ostdeutschen Verifo<br />
Geschäftsklimaindex Ostdeutschland im März <strong>2017</strong><br />
GUTE STIMMUNG ZUM FRÜHLINGSBEGINN<br />
arbeitenden Gewerbes stieg im März leicht. Der ostdeutsche Handel<br />
legte im gleichen Zeitraum ebenfalls geringfügig zu. Während<br />
das Geschäftsklima des Großhandels seitwärts tendierte, nahm es<br />
im Einzelhandel leicht zu.<br />
Jannik A. Nauerth und Prof. Dr. Joachim Ragnitz<br />
ifo Geschäftsklima<br />
Vormonat 11,3 März 13,1<br />
ifo Beschäftigungsbarometer<br />
Vormonat 0,1 März 1,4<br />
Verarbeitendes Gewerbe<br />
Vormonat 17,3 März 18,8<br />
Bauhauptgewerbe<br />
Vormonat 5,7 März 9,6<br />
Groß- und Einzelhandel<br />
Vormonat 2,4 März 3,1<br />
* Unter gewerblicher Wirtschaft wird die Aggregation aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe sowie Groß- und Einzelhandel verstanden.<br />
Foto: Fotolia (sdecoret)<br />
Gutes Geld für gute Ideen<br />
Sie haben eine zündende Idee und wollen damit<br />
Ihr Unternehmen voranbringen? Wir unterstützen<br />
Sie mit den passenden Fördermitteln. Nehmen<br />
Sie Kontakt mit uns auf. Wir freuen uns auf Sie.<br />
www.ilb.de/inno
10 | W+M AKTUELL<br />
Maxim Reimche (l.) erklärt die vernetzte<br />
Fertigung eines Schraubendrehers.<br />
NEUES KOMPETENZZENTRUM<br />
Ilmenau. Die Parlamentarische Staatssekretärin<br />
bei der Bundesministerin für Wirtschaft<br />
und Energie und Beauftragte für die<br />
neuen Länder Iris Gleicke (SPD) eröffnete<br />
gemeinsam mit dem thüringischen Wirtschaftsminister<br />
Wolfgang Tiefensee (SPD)<br />
Mitte März das Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum<br />
Ilmenau. Iris Gleicke anlässlich<br />
der Eröffnung: „Ich freue mich, dass<br />
wir heute mit Ilmenau ein weiteres Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum<br />
im Osten<br />
Deutschlands eröffnen. Thüringen ist ein<br />
wichtiger Standort des Maschinen- und<br />
Werkzeugbaus, aber auch der Mikroelektronik.<br />
Das Kompetenzzentrum wird dabei<br />
helfen, die kleinen und mittelständischen<br />
Unternehmen in Thüringen fit für die Digitalisierung<br />
zu machen. Denn nur wenn sie<br />
die Chancen der Digitalisierung für sich nutzen,<br />
werden sie auch in der Zukunft erfolgreich<br />
sein.“<br />
Das Kompetenzzentrum wird von der Technischen<br />
Universität Ilmenau geleitet und<br />
kleine und mittlere Betriebe durch passgenaue<br />
Informationen, Qualifizierungsmaßnahmen<br />
sowie Anschauungs- und Erprobungsmöglichkeiten<br />
zu digitalen Technologien<br />
und -anwendungen auf dem Weg in<br />
die digitale Zukunft begleiten.<br />
FRAUENBESCHÄFTIGUNG IST SPITZE<br />
Chemnitz. Von den 1,23 Millionen Frauen<br />
zwischen 15 und 64 Jahren, die gegenwärtig<br />
in Sachsen leben, gehen 62 Prozent einer<br />
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung<br />
nach. Damit liegt das Land bei der<br />
Frauenbeschäftigung bundesweit auf dem<br />
ersten Platz und übertrifft sogar noch deutlich<br />
die entsprechende Quote der Männer.<br />
Auch Thüringen (60,7), Brandenburg (60),<br />
Sachsen-Anhalt (59,3) und Mecklenburg-<br />
Vorpommern (59,1) rangieren bei der Frauenbeschäftigung<br />
noch vor Bayern (56,9).<br />
Sogar über dem sächsischen Mittelwert liegen<br />
die Landkreise Sächsische-Schweiz–<br />
Osterzgebirge (65,7), Leipzig (64,1), Mittelsachsen<br />
(64) und Nordsachsen (63,8). Allerdings<br />
arbeiten viele Frauen in Teilzeit –<br />
meist 32 Stunden die Woche.<br />
NETZWERK BEGEHT JUBILÄUM<br />
GOLFEN IN MOTZEN <strong>2017</strong><br />
Der Berliner Golf & Country Club Motzener See aus der Vogelperspektive.<br />
Eberswalde. Der Weg zur Industrie 4.0 und<br />
die Sicherung des Fachkräftebedarfs standen<br />
im Mittelpunkt einer Festveranstaltung<br />
des „Barnimer Netzwerkes Metall“ anlässlich<br />
seines 15-jährigen Bestehens. Gastredner<br />
war Brandenburgs Wirtschaftsminister<br />
Albrecht Gerber (SPD), der das Wirken des<br />
ehrenamtlich agierenden Netzwerkes als<br />
ein Paradebeispiel für eine gelungene Zusammenarbeit<br />
von Wirtschaftsförderern,<br />
Wissenschaftlern und Unternehmern würdigte.<br />
Die Barnimer Vereinigung wird von<br />
Dietrich Bester (Wirtschaftsfördergesellschaft<br />
WITO) und Prof. Jörn Mallok (Hochschule<br />
Eberswalde) gemeinschaftlich geführt.<br />
Das Barnimer Netzwerk Metall gründete<br />
sich 2002 in Eberswalde, um die lokalen<br />
Kräfte der Metallbranche zu bündeln.<br />
Es hat heute 32 Mitgliedsfirmen mit mehr<br />
als 1.500 Beschäftigten. Darunter sind Global<br />
Player wie die Finow Automotive GmbH<br />
oder die Schmidt Maschinenbau GmbH,<br />
aber auch innovative Familienbetriebe wie<br />
der Seilrollenproduzent bamos oder Metallbau<br />
Glawion.<br />
Der von Designer Kurt Rossknecht gestaltete<br />
Berliner Golf & Country Club Motzener<br />
See, der Schwester-Club des Berlin<br />
Capital Club, ist auch in diesem Jahr wieder<br />
Austragungsort zahlreicher Turniere.<br />
Neben dem 27-Loch-Championship-<br />
Course steht den Mitgliedern und Gästen<br />
zusätzlich ein 9-Loch-Excecutive Course<br />
zur Verfügung und bietet Gelegenheit<br />
für ein Training des kurzen<br />
Spiels oder ein After-Work-<br />
Golfturnier. Ein solches richtet<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
zusammen mit dem Golfclub<br />
Motzen am 10. Juli <strong>2017</strong> aus.<br />
Mit dem Angebot „Pay & Play<br />
– Golfen für Jedermann!“ bietet<br />
der Golfclub in Motzen für<br />
jeden die Möglichkeit, sein Talent<br />
für den Golfsport auszuprobieren –<br />
ganz unabhängig von einer Mitgliedschaft<br />
in einem Club oder einem registrierten<br />
Handicap. So können Lernwillige auf dem<br />
9-Loch-Kurzplatz des Golfclubs am Motzener<br />
See Erfahrungen beim Spiel mit<br />
dem kleinen weißen Ball machen, ohne<br />
eine Platzerlaubnis oder einen Heimatclub<br />
zu besitzen.<br />
BERLIN CAPITAL CLUB GOLFTURNIERE <strong>2017</strong><br />
Mo, 15.05.<strong>2017</strong> Ladies Golf Cup<br />
Mo, 19.06.<strong>2017</strong> Golf Cup<br />
Mo, 10.07.<strong>2017</strong> 9-Loch After Work Golf Cup<br />
Mo, 25.09.<strong>2017</strong> De Saint Gall Golf Cup<br />
Mo, 09.10.<strong>2017</strong> 9-Loch Business Golf Cup<br />
www.golfclubmotzen.de<br />
Fotos: Maximilian Richter (oben), Berliner Golf & Country Club Motzener See e. V. (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
W+M AKTUELL | 11<br />
DIE APP DES MONATS<br />
Mind-Maps lassen sich seit jeher auf dem<br />
Papier erstellen. Eleganter und einfacher<br />
können Sie Ihre Gedanken aber auch in einer<br />
Mind-Mapping-App festhalten. Diese<br />
hat den Vorteil, dass Sie die erstellte Mind-<br />
Map nicht erst aufwendig digitalisieren<br />
müssen, sich die Äste und Zweige einfach<br />
hin- und herschieben lassen, ihre Arbeit auf<br />
Wunsch schnell mit ihrem Team teilen können<br />
und Sie ihre Mind-Maps immer auf Ihrem<br />
mobilen Gerät dabei haben. Eine der<br />
beliebtesten Apps in diesem Bereich ist<br />
BESUCHERREKORD IN LEIPZIG<br />
„Mindjet<br />
Map“ für<br />
Android-Geräte.<br />
Die kostenlose App verfügt über<br />
drei Speicherformate und kann mit Dropbox<br />
verbunden werden. Das große Angebot<br />
an Funktionen könnte anfangs etwas<br />
abschreckend wirken, hier hilft eine vorgefertigte<br />
Map, die durch die Funktionen<br />
führt. Um die Mind-Maps auch auf dem<br />
PC nutzen zu können, müssen Sie die entsprechende<br />
Software von MindManager<br />
erwerben oder die Dateien in einem der<br />
beiden Freeware-Formate abspeichern.<br />
Leipzig. Ostdeutschlands wichtigste Industriemessen<br />
– das Duo aus Intec (Internationale<br />
Fachmesse für Werkzeugmaschinen,<br />
Fertigungs- und Automatisierungstechnik)<br />
und Z (Internationale Zuliefermesse für Teile,<br />
Komponenten, Module und Technologien)<br />
– schlossen am 10. März nach vier Tagen<br />
erfolgreich. 24.200 Besucher aus 35<br />
Ländern bedeuteten zudem einen neuen<br />
Gästerekord. Mit 1.382 Ausstellern aus 30<br />
Ländern bot man wiederum sowohl Global<br />
Playern als auch Mittelständlern eine attraktive<br />
Plattform, so Markus Geisenberger,<br />
Geschäftsführer der Leipziger Messe. Das<br />
Messedoppel festigte damit seine „starke<br />
Position unter den führenden Branchenmessen<br />
Europas“. Erneut hätten sich auch zahlreiche<br />
Neuaussteller aus dem In- und Ausland<br />
präsentiert. 2019 findet der Messeverbund<br />
vom 5. bis 8. Februar statt.<br />
MERCATEO ERWEITERT<br />
Köthen. Mercateo, Europas führende B2B-<br />
Beschaffungsplattform, hat am Standort<br />
Köthen neue Büroräume eröffnet. Dr. Reiner<br />
Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt,<br />
begleitete die feierliche Einweihung<br />
und nutzte den Rundgang durch das<br />
Gebäude für direkte Gespräche mit den Mitarbeitern<br />
und betonte die Bedeutung von<br />
Mercateo für die Region. Die neuen Räume<br />
– mit Platz für 110 der insgesamt über 400<br />
Mitarbeiter von Mercateo auf über 1.800<br />
Quadratmetern – befinden sich im ehemaligen<br />
Kontakt-Kaufhaus der DDR-Handelskette<br />
„Konsum“, welches bereits 1969 errichtet<br />
und im vergangenen Jahr von Grund<br />
auf saniert wurde.
12 | W+M SCHWERPUNKT<br />
Übernachtungsrekord<br />
kein Ruhekissen<br />
Zu den landestypischen Wirtschaftssäulen Mecklenburg-<br />
Vorpommerns zählt der Tourismus. Die Beherbergungsbranche<br />
im Nordosten verbuchte 2016 mit mehr als 30 Millionen<br />
Übernachtungen einen neuen Rekord. Den harten Wettbewerb mit<br />
anderen Urlaubsregionen prägen veränderte Trends und Ansprüche<br />
der Gäste. Von Thomas Schwandt<br />
Mit einer facettenreichen und üppigen<br />
Natur, einer mehr als 1.700 Kilometer<br />
langen Ostseeküste und<br />
unzähligen Seen verfügt Mecklenburg-Vorpommern<br />
über ein Gott gegebenes, einzigartiges<br />
Kapital. Es bildet den Grundstock für<br />
eine der wichtigsten Wirtschaftsbranchen<br />
im Land, den Tourismus. Vor dem Mauerfall<br />
1989 zog es die DDR-Bürger auch<br />
aufgrund begrenzter Reisealternativen in<br />
Scharen an die Ostsee. Danach blieben sie<br />
erstmal aus, um die weite Welt zu erkunden.<br />
Dafür fuhren viele neugierige Westdeutsche<br />
auf die Insel Rügen, die Halbinsel<br />
Fischland-Darß, kamen an die Mecklenburgische<br />
Seenplatte und besuchten die<br />
Geschäftsführer-Duo an der Spitze des<br />
Landestourismusverbandes: Bernd Fischer (l.)<br />
und Tobias Woitendorf auf der Dachterrasse<br />
des „Hauses des Tourismus“ in Rostock.<br />
Hansestädte Rostock, Wismar, Stralsund<br />
und Greifswald. Und blieben dann ebenfalls<br />
erstmal aus. Der Charme staatlichen Gewerkschaftsurlaubs<br />
vielerorts verschreckte<br />
sie ebenso wie damalige Qualitäts- und<br />
Servicedefizite in Hotels und Gaststätten.<br />
Branche wird professioneller<br />
Doch im Küstenland wurden die Wachstumschancen,<br />
die der Tourismus unter<br />
marktwirtschaftlichen Bedingungen bot,<br />
schnell erkannt und beherzt ergriffen. Mehr<br />
als sechs Milliarden Euro wurden laut Landeswirtschaftsministerium<br />
bis dato in neue<br />
Hotels, Gaststätten und Restaurants, in Freizeiteinrichtungen<br />
und in die touristische Infrastruktur<br />
investiert. Zweieinhalb<br />
Jahrzehnte später<br />
resümiert Bernd Fischer,<br />
Geschäftsführer des Tourismusverbandes<br />
Mecklenburg-Vorpommern,<br />
einen erfolgreichen<br />
„Professionalisierungsprozess“ in der Branche.<br />
Ein neuer Rekord von 30,3 Millionen<br />
Übernachtungen im vorigen Jahr und eine<br />
weiter gestiegene Anzahl von 7,6 Millionen<br />
Gästeankünften belegen dies und bedeuten<br />
das beste Ergebnis in der Landesgeschichte.<br />
Mit einem Jahresumsatz von rund sieben<br />
Milliarden Euro gehört die Tourismusbranche<br />
neben der maritimen und der Ernährungsindustrie<br />
zu den wirtschaftlichen<br />
„Tourismus ist<br />
alles andere als ein<br />
Selbstläufer.“<br />
Schwergewichten in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Rund 178.000 Beschäftigte verdienen<br />
direkt beziehungsweise indirekt ihr<br />
Geld im touristischen Gewerbe.<br />
Die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte im<br />
Urlaubs- und Freizeitsektor sei aber keine<br />
Selbstverständlichkeit, sagt Mecklenburg-Vorpommerns<br />
Wirtschafts- und Tourismusminister<br />
Harry Glawe und hebt mahnend<br />
den Finger: „Die touristische Entwicklung<br />
muss weiter vorangetrieben werden.<br />
Entscheidend ist es, dass sich der Tourismus<br />
durch qualitatives Wachstum von<br />
den Wettbewerbern abgrenzt.“ Auch Verbandschef<br />
Fischer sieht im Tourismus an<br />
der Küste und im Binnenland<br />
„alles andere als einen<br />
Selbstläufer“. Der<br />
Markt und die Konkurrenz<br />
sind permanent in Veränderung<br />
begriffen. Eine aktuelle Urlauberbefragung<br />
aus den Jahren 2015/16, deren<br />
Ergebnisse im Vorfeld der diesjährigen ITB,<br />
der weltgrößten Reisemesse im März in<br />
Berlin, publik gemacht wurden, bestätigte<br />
diese Einschätzung. Demnach zeigten<br />
sich 92 Prozent der befragten Gäste mit<br />
ihrem Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern<br />
zufrieden oder sehr zufrieden. „Wir<br />
haben insbesondere in punkto Gastfreundschaft<br />
deutlich gegenüber der letzten Um-<br />
Foto: Thomas Schwandt (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
TOURISMUS MECKLENBURG-VORPOMMERN | 13<br />
MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
BELIEBTESTES URLAUBSZIEL<br />
Aus der neuesten Reiseanalyse <strong>2017</strong><br />
der renommierten Forschungsgemeinschaft<br />
Urlaub und Reisen (FUR) geht<br />
hervor, dass Mecklenburg-Vorpommern<br />
im Jahr 2016 an allen angetretenen Urlaubsreisen<br />
der Deutschen (Dauer ab<br />
fünf Tage) einen Marktanteil von 5,6<br />
Prozent erobert hat. Damit liegt der<br />
Nordosten 0,1 Prozent vor dem Bundesland<br />
Bayern. Im Vergleich mit den internationalen<br />
Reisezielen der Deutschen<br />
schaffte es MV nach den Spitzenreitern<br />
Spanien (14,8 Prozent) und Italien (8,2<br />
Prozent) auf den dritten Platz.<br />
frage von 2010 zugelegt“, hebt Fischer einen<br />
wesentlichen Aspekt hervor. Doch<br />
das Monitoring brachte auch eine Reihe<br />
von Schwachstellen im Urlaubsland zutage.<br />
So bewerteten die Urlauber und Touristen<br />
das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
und die Erreichbarkeit und Barrierefreiheit<br />
ebenso schlechter im Vergleich zu<br />
2010 wie die Möglichkeiten zum Einkauf<br />
sowie die Veranstaltungs- und Kulturangebote.<br />
In diesen Bereichen wird besonders<br />
deutlich, „dass die Ansprüche der Gäste an<br />
Service und Qualität zuletzt stark gestiegen<br />
sind“, erklärt Tobias Woitendorf, stellvertretender<br />
Geschäftsführer des Landestourismusverbandes.<br />
Diese seien vielfach durch<br />
subjektive Erfahrungen in den Herkunftsländern<br />
und anderen Urlaubsregionen geprägt.<br />
„Gäste aus der Schweiz etwa hinterfragen<br />
den öffentlichen Nahverkehr sehr<br />
kritisch, weil sie in ihrer Heimat ein beispielhaftes<br />
Angebot gewohnt sind.“ Ebenso fällt<br />
die Resonanz bei Urlaubern aus, die eine<br />
anspruchsvolle Küche erwarten und rund<br />
um die Uhr einkaufen möchten.<br />
Gefälle zwischen Sommer und Winter<br />
Bei dem erkannten Verbesserungsbedarf<br />
verweist Bernd Fischer jedoch auch auf<br />
die sehr speziellen Voraussetzungen im<br />
Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Über das Jahr würden sich durchschnittlich<br />
pro Tag 150.000 Übernachtungsgäste im<br />
Land aufhalten. „Das differiert zwischen<br />
den Winter- und Sommermonaten erheblich<br />
und erschwert es, bestimmte Dienstleistungs-<br />
und Serviceangebote ganzjährig<br />
vorzuhalten.“ Den öffentlichen Nahverkehr<br />
in MV beispielsweise nur auf die circa 1,6<br />
Millionen Einwohner abzustellen, kann bei<br />
jährlich 11,2 Millionen gewerblichen und<br />
privaten Übernachtungsgästen nicht funktionieren.<br />
Laut Fischer bestehe auf diesem<br />
Feld dringender Handlungsbedarf. Eine<br />
„entscheidende Reserve“ liege in einer<br />
engeren Abstimmung zwischen Bus- und<br />
Bahnverkehren. Da es aber verschiedene<br />
Zuständigkeiten zwischen den Landkreisen,<br />
dem Land und den Anbietern gebe,<br />
bedeutet es „ein dickes Brett zu bohren“,<br />
um Verbesserungen zu erreichen.<br />
Um sich künftig in der Spitzengruppe der<br />
beliebtesten Urlaubsregionen behaupten<br />
und von der Konkurrenz abheben zu können,<br />
fokussiert sich die Tourismusbranche<br />
im Nordosten auf die Stärken von Mecklenburg-Vorpommern.<br />
„Wir sind eindeutig ein<br />
Familien-Reiseland“, unterstreicht Woitendorf.<br />
Diese Zielgruppe der Urlauber wächst<br />
mit am stärksten. Eltern und ihre Kinder finden<br />
in MV neben Strand und Meer heute<br />
viele attraktive Freizeitmöglichkeiten, darunter<br />
Spaßbäder, Erlebnisparks, spannende<br />
Museen, um auch außerhalb der Saison<br />
an die Küste zu fahren. Investitionen in<br />
den Familienurlaub sind zudem geeignet,<br />
„bei jungen Gästen Sehnsüchte für die Zukunft“<br />
zu wecken, umschreibt Fischer die<br />
nachhaltige Wirkung. Unter diesem Aspekt<br />
setzt der Branchenverband, der seit 2016<br />
im neuen „Internationalen Haus des Tourismus“<br />
in Rostock residiert, verstärkt auf<br />
die Karte „Reisen für alle“. Eine barrierefreie<br />
und altersgerechte Infrastruktur anzubieten,<br />
ist in Zeiten des demografischen Wandels<br />
ein nachfrageförderndes Qualitätsmerkmal.<br />
Hier wolle MV „eine Pionierfunktion“ einnehmen,<br />
betont Woitendorf. W+M<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
14 | W+M SCHWERPUNKT<br />
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident<br />
Erwin Sellering vor dem Schweriner Schloss.<br />
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD):<br />
„Wir müssen wieder partnerschaftlich<br />
mit Russland zusammenarbeiten“<br />
W+M: Herr Ministerpräsident, angesichts<br />
der vielen internationalen Krisenherde setzen<br />
die Deutschen wieder verstärkt auf Urlaub<br />
im eigenen Land. Ist Mecklenburg-<br />
Vorpommern für den im Sommer zu erwartenden<br />
Touristenboom gerüstet?<br />
Erwin Sellering: Wir haben seit Jahren in<br />
jedem Jahr einen neuen Übernachtungsrekord.<br />
Da geht es spürbar aufwärts. Mecklenburg-Vorpommern<br />
ist einfach ein wunderschönes<br />
Land und wir haben dazu passend<br />
eine hervorragende touristische Infrastruktur.<br />
Wir merken schon, dass in den<br />
letzten zwei bis drei Jahren aufgrund von<br />
internationalen Krisen noch mehr Urlauber<br />
als zuvor zu uns kommen und das führt<br />
uns manchmal bis an unsere Kapazitätsgrenze.<br />
Aber das ist natürlich eine schöne<br />
Entwicklung.<br />
W+M: Was tut die Landesregierung aktuell,<br />
um die touristische Infrastruktur zu verbessern?<br />
Erwin Sellering: Allein in den letzten zwei<br />
Jahren haben wir 120 Millionen Euro für<br />
die Verbesserung der touristischen Infrastruktur<br />
ausgegeben. Wir sind allerdings<br />
auch schon recht weit. Die ganz großen<br />
Investitionen sind ja in den zurückliegenden<br />
Jahren bereits realisiert worden. Wir<br />
haben viele schöne, moderne Häuser. Die<br />
Bäderarchitektur ist sehr attraktiv. Das unterstützen<br />
wir auch künftig, weil der Tourismus<br />
ein wichtiger Wirtschaftszweig ist<br />
und zudem den Effekt hat, dass noch mehr<br />
Menschen unser Land kennenlernen.<br />
W+M: Befürchten Sie, dass die vielen Sympathisanten<br />
der AfD und eine vielerorts zu<br />
beobachtende ausländerfeindliche Stimmung<br />
die touristische Anziehungskraft Ihres<br />
Landes schwächen könnten?<br />
Erwin Sellering: Das lässt sich so bislang<br />
aus den Tourismuszahlen nicht ablesen.<br />
Ich glaube, dass man das Phänomen AfD<br />
auch nicht speziell auf unser Land bezieht.<br />
Die Partei ist ja leider bundesweit in Parlamente<br />
eingezogen. Für mich ist ein anderer<br />
Punkt entscheidend: Mecklenburg-<br />
Vorpommern ist ein weltoffenes und gastfreundliches<br />
Land und soll es auch bleiben.<br />
Was ich mit Stolz sagen kann, ist, dass bei<br />
uns tausende gegen Rechtsextreme auf<br />
die Straße gehen und für Toleranz und Offenheit<br />
eintreten. Das wird in der Öffentlichkeit<br />
durchaus bemerkt.<br />
W+M: Neben dem Tourismus ist die Gesundheitswirtschaft<br />
einer der wichtigsten<br />
Wirtschaftszweige für Ihr Land. Gibt es konkrete<br />
Vorstellungen, diese beiden Schlüsselbranchen<br />
in Zukunft besser zu verzahnen?<br />
Erwin Sellering: Natürlich. Ziel muss<br />
es sein, dass im Gesundheitsbereich viel<br />
mehr auf Prävention gesetzt wird. Unser<br />
Angebot dafür ist attraktiv: Wir haben ein<br />
Land, das wunderschön ist, mit gesunder<br />
Luft und dem Meer. Die Leute kommen zu<br />
uns, verleben hier eine oder zwei Wochen.<br />
Dabei verbringen sie eine erholsame und<br />
entspannte Zeit und werden gleichzeitig<br />
aufgeklärt über Ernährung, Sport und ein<br />
gesundes Leben insgesamt. Dann fahren<br />
sie begeistert nach Hause und halten sich<br />
möglichst an die gewonnenen Erkenntnisse<br />
und kommen im nächsten Jahr wieder<br />
nach Mecklenburg-Vorpommern.<br />
W+M: In früheren Jahren verbrachten Sie<br />
Ihren Urlaub mit der Familie gern auf dem<br />
Foto: W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
TOURISMUS MECKLENBURG-VORPOMMERN | 15<br />
Bauernhof. Wie sieht heute ein idealer Urlaub<br />
bei der Familie Sellering aus?<br />
Erwin Sellering: Wie man Familienurlaub<br />
macht, hängt immer vom Alter der Kinder<br />
ab. Damals waren meine Töchter in einem<br />
Alter, da wollten sie unbedingt auf einen<br />
Pferdehof. Heute ist mein Sohn zweieinhalb<br />
Jahre alt, und da werden wir im Sommer<br />
ans Meer fahren, im Sand spielen, ins<br />
seichte Wasser laufen – das passt jetzt<br />
ganz stark.<br />
W+M: Verraten Sie uns Ihren touristischen<br />
Geheimtipp für Mecklenburg-Vorpommern?<br />
der partnerschaftlich mit<br />
Russland zusammenarbeiten<br />
und ich bin zuversichtlich,<br />
dass wir schon<br />
bald zu diesem Stil zurückkehren.<br />
W+M: Wird es in diesem<br />
Jahr wieder einen Russlandtag<br />
geben, der auf<br />
die Intensivierung der<br />
Kontakte zwischen Mecklenburg-Vorpommern<br />
und<br />
der russischen Partnerregion,<br />
dem Leningrader<br />
Gebiet, abzielt?<br />
In der Schweriner Staatskanzlei: Ministerpräsident Erwin<br />
Sellering mit W+M-Herausgeber Frank Nehring (l.) und W+M-<br />
Chefredakteur Karsten Hintzmann (r.).<br />
Foto: W+M<br />
Erwin Sellering: Da müsste ich so viele<br />
Orte aufzählen, dazu reicht der Platz<br />
sicher nicht. Wer ans Meer will, hat die<br />
Auswahl zwischen vielen hervorragenden<br />
Adressen – egal ob Usedom, Rügen,<br />
Darß oder anderenorts. Im Binnenland haben<br />
wir für Naturliebhaber fast unberührte<br />
Ecken zu bieten. Von Schwerin aus fahre<br />
ich häufig ins Warnow-Durchbruchstal,<br />
wo es für unsere Verhältnisse etwas hügelig<br />
ist – eine wunderschöne Gegend.<br />
Ich kann allen nur sagen: Kommen Sie zu<br />
uns. Wenn Sie aufs Land wollen, suchen<br />
Sie sich eines unserer 2.000 Herrenhäuser<br />
und Schlösser aus. Wer einen Stadturlaub<br />
machen will, ist in Schwerin, mit<br />
dem Ensemble rund um das Schloss, das<br />
wir jetzt für das Weltkulturerbe anmelden,<br />
bestens aufgehoben.<br />
W+M: Lassen Sie uns den Blick über die<br />
Landesgrenze hinaus werfen. Sie haben<br />
sich in den letzten Jahren wie kaum ein<br />
anderer deutscher Spitzenpolitiker für die<br />
Beendigung der Wirtschaftssanktionen<br />
gegen Russland eingesetzt. Wie stehen<br />
Sie heute dazu?<br />
Erwin Sellering: Ich hoffe sehr, dass wir<br />
zu einem vernünftigen Dialog zurückkehren<br />
und die Probleme, die natürlich bestehen,<br />
auf Augenhöhe lösen. Die Sanktionen<br />
haben beiden Seiten geschadet und<br />
eigentlich nichts gebracht. Daher glaube<br />
ich schon, dass die Einsicht steigt, dass<br />
wir wegkommen müssen von der Eskalationsschraube<br />
und dem Gerede über<br />
den „Kalten Krieg“. Wir müssen wie-<br />
Erwin Sellering: In diesem Jahr wird es<br />
in St. Petersburg ein großes deutsch-russisches<br />
Wirtschaftstreffen geben, das<br />
von unserer Partnerregion organisiert<br />
wird. Es hat sich gut eingespielt, dass<br />
wir im Wechsel solche Treffen ausrichten.<br />
Und ich habe den Eindruck: Jetzt<br />
gibt es auch keine Aufregung und negativen<br />
Schlagzeilen mehr, wenn wir das<br />
machen. Wir konzentrieren uns auf die<br />
wirtschaftlichen Bereiche, die von den<br />
Sanktionen ausgenommen sind. Darüber<br />
hinaus arbeiten wir an einer guten Ausgangsbasis<br />
für die Zeit, wenn die Sanktionen<br />
fallen.<br />
W+M: Sie haben im Herbst 2016 den neuen<br />
Länderfinanzausgleich für die Zeit nach<br />
2019 maßgeblich mit dem Bund ausgehandelt.<br />
Warum ist es aus Ihrer Sicht ein fairer<br />
Kompromiss auch für die neuen Länder<br />
geworden?<br />
ZUR PERSON<br />
Erwin Sellering wurde am 18. Oktober<br />
1949 in Sprockhövel geboren. Er studierte<br />
Rechtswissenschaften in Heidelberg,<br />
Bochum und Münster. 1981 wurde<br />
er Richter am Verwaltungsgericht<br />
Gelsenkirchen. 1994 wechselte Sellering<br />
nach Ostdeutschland. Zunächst<br />
arbeitete er als Vorsitzender Richter in<br />
Greifswald. Seit dem Jahr 2000 gehört<br />
er der Landesregierung an, seit 2008 ist<br />
er Ministerpräsident in Mecklenburg-<br />
Vorpommern.<br />
Erwin Sellering: Bei so vielen widerstreitenden<br />
Interessen war es klar, dass am<br />
Ende nur ein Kompromiss herauskommen<br />
konnte. Die Geberländer wollten entlastet<br />
werden. Dem Osten liegt viel daran, dass<br />
der Aufholprozess nicht gestoppt wird.<br />
Und die Länder in der Mitte wollten auch<br />
nicht benachteiligt werden. Eigentlich war<br />
das eine Ausgangsbasis, wo man sagte,<br />
das kann doch gar nicht gelingen. Deshalb<br />
bin ich ganz stolz, dass wir das geschafft<br />
haben. Es ist ein gutes Zeichen für den Föderalismus,<br />
dass wir uns einigen konnten.<br />
W+M: Wie profitiert Ihr Land konkret von<br />
der künftigen Regelung?<br />
Erwin Sellering: Im Prozess der Kompromissfindung<br />
gab es eine Phase, wo die<br />
Ostländer gesagt haben, hier können wir<br />
nicht mitmachen. Dann ist es durch ein<br />
gutes gemeinschaftliches Auftreten gelungen,<br />
ein Ergebnis zu erzielen, das den<br />
neuen Ländern eine Fortsetzung des Aufholprozesses<br />
ermöglicht. Und nur darum<br />
ging es uns – nicht um spezielle Vorteile<br />
für ein einzelnes Land.<br />
Wir sind ein sparsam wirtschaftendes Land.<br />
Mit dem gefundenen Kompromiss können<br />
wir unsere klaren politischen Schwerpunkte<br />
weiter verwirklichen: Mit der Wirtschaft<br />
soll es weiter aufwärts gehen, damit neue<br />
Arbeitsplätze entstehen. Wir werden auch<br />
weiter in Kitas und Schulen investieren,<br />
also in gute Chancen von Anfang an.<br />
Interview: Karsten Hintzmann und<br />
Frank Nehring<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
16 | W+M XXX SCHWERPUNKT Die Zimmer und Suiten im Yachthafenresort<br />
Hohe Düne sind im maritimen Stil eingerichtet.<br />
Zehn exklusive Hotels in Mecklenburg-Vorpommern<br />
Traumhafte Auszeit<br />
Mecklenburg-Vorpommern ist das<br />
einzige Bundesland, das seit der<br />
Jahrtausendwende zweistellige<br />
Wachstumsraten im Bereich Tourismus<br />
vorweisen kann. Im Jahr 2014 überholte<br />
Mecklenburg-Vorpommern erstmals sogar<br />
den Freistaat Bayern als beliebtestes<br />
innerdeutsches Reiseziel. Dass das Land<br />
bei Touristen immer beliebter wird, davon<br />
zeugt auch eine große Auswahl an erstklassigen<br />
Hotels der gehobenen Kategorie.<br />
Ob Wellness und Relaxen, Aktivurlaub<br />
oder Golfen: <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> stellt<br />
Ihnen in dieser Ausgabe zehn besonders<br />
schöne und exklusive Hotels aus dem<br />
Nordosten Deutschlands vor.<br />
q<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5 6<br />
7 8 9<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
TOURISMUS MECKLENBURG-VORPOMMERN | 17<br />
Fotos: Grand Hotel Binz (1), Grand Hotel Heiligendamm (2), Hotel Neptun (3), Schloss Basthorst (4), Seetel Hotel GmbH & Co. Betriebs-KG (5), Steigenberger (6), The Grand Ahrenshoop (7), TUI BLUE Hotel Fleesensee (8), Upstalsboom (9), www.hohe-duene.de (10)<br />
1 GRAND HOTEL BINZ<br />
Das exklusive Strandhotel der Fünf-Sterne-Kategorie<br />
befindet sich direkt an der<br />
Strandpromenade des bekannten Ostseebades<br />
Binz, fünf Kilometer entfernt<br />
von einem der meistbesuchten Schlösser<br />
in Mecklenburg-Vorpommern, dem Jagdschloss<br />
Granitz aus dem 19. Jahrhundert.<br />
Alle der 127 Zimmer und Suiten verfügen<br />
über Terrasse oder Balkon, die Suiten bieten<br />
darüber hinaus einen Kamin und eine<br />
Dachterrasse. Das Frühstück wird im Restaurant<br />
mit Meerblick serviert. Preis: DZ<br />
ab 170 Euro.<br />
www.grandhotelbinz.de<br />
2 GRAND HOTEL HEILIGENDAMM<br />
Das elegante Traditionshotel aus dem 18.<br />
Jahrhundert mit Blick auf die Ostsee und<br />
direkt am Strand in Heiligendamm bei<br />
Bad Doberan gelegen, verfügt über 181<br />
geräumige, elegante Zimmer und Suiten,<br />
verteilt auf vier klassizistische Gebäude.<br />
Auf 3.000 Quadratmetern können<br />
die Gäste sich im Spa erholen. Das Gourmetrestaurant<br />
Friedrich Franz wartet mit<br />
einem Michelin-Stern auf. Kinderclub und<br />
Businesscenter runden das Angebot ab.<br />
Preis: DZ ab 205 Euro.<br />
www.grandhotel-heiligendamm.de<br />
3 HOTEL NEPTUN WARNEMÜNDE<br />
Nur 600 Meter vom Leuchtturm Warnemünde,<br />
direkt an der Strandpromenade<br />
liegt das noch aus DDR-Zeiten bekannte,<br />
1971 eröffnete und 64 Meter hohe Fünf-<br />
Sterne-Haus Neptun mit seinen modern<br />
eingerichteten 338 Zimmern, Suiten und<br />
Apartments. Fünf Restaurants, drei Bars,<br />
eine Diskothek, Saunen, Innenpool und<br />
Spa, Businesscenter, Kinderclub und ein<br />
kostenloser Bahnhofsshuttle komplettieren<br />
das Angebot für die Gäste. Preis: DZ<br />
ab 159 Euro.<br />
www.hotel-neptun.de<br />
4 SCHLOSS BASTHORST<br />
Die Gastgeberfamilie Hopman mit niederländischen<br />
Wurzeln bietet ihren Gästen<br />
seit 2009 im charismatischen Schlosshotel<br />
Basthorst bei Schwerin 101 stilvolle<br />
Zimmer, Suiten und Apartments. Das Herrenhaus<br />
aus dem 19. Jahrhundert mit drei<br />
Anbauten, einem Café und zwei Bars befindet<br />
sich auf einem zwölf Hektar großen<br />
Gelände mitten in der Natur, acht Gehminuten<br />
bis zum Glambecker See und fünf<br />
Kilometer bis zum Golfplatz Winstongolf.<br />
Preis: DZ ab 124 Euro.<br />
www.schloss-basthorst.de<br />
5 SEETELHOTEL AHLBECKER HOF<br />
Das prachtvolle Fünf-Sterne-Luxushotel<br />
mit Blick auf die Ostsee und die Ahlbecker<br />
Seebrücke besticht mit 91 stilvoll eingerichteten<br />
Zimmern und Suiten. Edle Hölzer,<br />
Stoffe und Teppiche, Kronleuchter und<br />
Marmor prägen das Bild des historischen<br />
Gebäudes. Das Hotel besitzt zudem ein<br />
Gourmetrestaurant, eine Brasserie und<br />
ein thailändisches Restaurant sowie einen<br />
großen Wellnessbereich mit Innenpool<br />
und Sauna. Das polnische Swinemünde<br />
ist 13 Kilometer entfernt. Preis:<br />
DZ ab 128 Euro.<br />
www.seetel.de<br />
6 STEIGENBERGER GRANDHOTEL<br />
HERINGSDORF<br />
Das Hotel liegt am feinen Ostseestrand<br />
auf Usedom, 700 Meter entfernt von der<br />
Heringsdorfer Seebrücke. Das elegante<br />
Fünf-Sterne-Resort umfasst insgesamt<br />
sieben Gebäude mit 169 Zimmern, Suiten<br />
und Studios, zwei Restaurants und ein Bistro<br />
sowie eine Cocktailbar und Raucherlounge.<br />
Vier Saunen, Innen- und Außenpool<br />
und ein Fitnessraum warten im Wellnessbereich<br />
auf die Gäste. Der Golfplatz<br />
Baltic Hills befindet sich in sechs Kilometern<br />
Entfernung. Preis: DZ ab 153 Euro.<br />
www.steigenberger.com<br />
7 THE GRAND AHRENSHOOP<br />
Das THE GRAND Ahrenshoop blickt auf<br />
eine einzigartige Geschichte zurück: Seit<br />
1891 residiert das Haus auf dem Schifferberg<br />
und bietet einen weitläufigen Blick<br />
über Dünen- und Strandidylle von Fischland-Darß.<br />
Das 2010 neu erbaute Fünf-<br />
Sterne-Haus bietet 80 Zimmer mit elegantwohnlichem<br />
Ambiente. Das Gourmetrestaurant<br />
mit Terrasse, ein legeres Café und<br />
eine Bar sowie ein Wellnessbereich mit<br />
Fitnesscenter und Innenpool runden das<br />
Angebot ab. Preis: DZ ab 145 Euro.<br />
www.the-grand.de<br />
8 TUI BLUE HOTEL FLEESENSEE<br />
Drei Kilometer entfernt vom Golfclub Fleesensee<br />
und sieben Kilometer von der idyllischen<br />
Inselstadt Malchow auf der Mecklenburgischen<br />
Seenplatte befindet sich inmitten<br />
der Natur, ruhig am See gelegen<br />
das Vier-Sterne-Hotel Fleesensee. Seine<br />
156 modernen Zimmer und Suiten mit<br />
gehobener Ausstattung auf sechs Etagen<br />
bieten direkten Blick auf den See. Neben<br />
dem Spa-Bereich auf 950 Quadratmetern<br />
mit Innenpool, Sauna und Fitnesscenter<br />
bietet das Hotel auch einen Putting-Green.<br />
Preis: DZ ab 91 Euro.<br />
www.tui.com<br />
9 UPSTALSBOOM HOTELRESIDENZ<br />
& SPA KÜHLUNGSBORN<br />
In direkter Strandlage zwischen Kühlungsborn<br />
Ost und West besticht das Vier-Sterne-Haus<br />
durch seine moderne, an die Ostsee<br />
angelehnte Gestaltung und Einrichtung.<br />
169 großzügige Zimmer, ein 1.300<br />
Quadratmeter großer Wellnessbereich mit<br />
Sauna, Fitnesscenter und Innenpool, zwei<br />
Gourmetrestaurants mit Sonnenterrasse<br />
und ein Café im Wiener Kaffeehausstil<br />
mit eigener Patisserie laden zum Verweilen<br />
ein. Preis: DZ ab 102 Euro.<br />
www.hotelresidenz-kuehlungsborn.de<br />
q YACHTHAFENRESIDENZ<br />
HOHE DÜNE<br />
Das Fünf-Sterne-Resort in Hohe Düne, direkt<br />
am Meer gelegen mit eigenem Yachthafen<br />
und Zugang zum offenen Meer, verfügt<br />
über 368 Zimmer und 23 Suiten, liebevoll<br />
im maritimen Stil eingerichtet. Neben<br />
einem großzügigen Wellnessbereich<br />
mit Fitnessraum, Innen- und Außenpool,<br />
Sauna, Spa und Hamam bietet das Resort<br />
ein Businesscenter, sechs Restaurants<br />
und Brasserien sowie einen Kinderclub.<br />
Mit der Fähre erreichen Sie in einigen<br />
Minuten Warnemünde. Preis: DZ ab<br />
193 Euro.<br />
www.hohe-duene.de<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
18 | W+M SCHWERPUNKT<br />
In Vorpommern gehen nicht nur Segelträume,<br />
sondern auch Lebensträume in Erfüllung.<br />
In Vorpommern Segel setzen<br />
Von Traditionsbetrieben und Raumpionieren, die kamen, um zu bleiben<br />
Vorpommerns Küste hat eine Menge<br />
zu bieten. Mit einer Küstenlänge<br />
von 226 Kilometern Außenküste und<br />
1.083 Kilometern Boddenküste ist es ein<br />
Eldorado für Wassersportbegeisterte, Freizeitkapitäne<br />
und Naturliebhaber. Einige von<br />
ihnen haben hier Anker geworfen, weil man<br />
in Vorpommern nicht nur gut Urlaub machen,<br />
sondern auch sehr gut leben kann.<br />
365 Tage im Jahr Zugang zu unberührten<br />
Naturräumen und jede Menge Wasser<br />
unter dem Kiel. Das dachte sich auch<br />
der weitgereiste Seefahrer Ingo Jaich, der<br />
in den Wendejahren in Lauterbach, einem<br />
malerischen Ortsteil von Putbus auf der<br />
Insel Rügen direkt am Greifswalder Bodden,<br />
einen Ort vorfand, wo er seine Idee<br />
vom Leben am und auf dem Wasser verwirklichen<br />
konnte. 1997 wurde der Yachthafen<br />
Putbus als „im jaich wasserferienwelt“<br />
feierlich eröffnet. Später übernahmen<br />
die Brüder Till und Hans Jaich. Angeltouren<br />
und Segeltörns, Schiffscharter und<br />
Segelkurse, ein Full-Service-Angebot rund<br />
ums Boot (Werftbetrieb und Bootsmotorwerkstatt<br />
inklusive) – diese speziellen Angebote<br />
werden ergänzt durch die Vermietung<br />
von Pfahlbauten und schwimmenden<br />
Ferienhäusern. Die ersten ihrer Art wurden<br />
in Lauterbach erschaffen, ein Traumurlaub<br />
auf dem Wasser, den die Jaichs in die Tat<br />
umgesetzt haben.<br />
Nebenan betreibt der Bootsbauer Matthias<br />
Lenz die Bootsbau Rügen GmbH, ein Traditionsunternehmen,<br />
das seit vielen Jahren<br />
ein echter Begriff innerhalb der Yachtbau-Branche<br />
für eigenständig designte und<br />
moderne Yachten, hergestellt in Handarbeit<br />
mit Flexibilität in Detaillösungen und<br />
höchstem Qualitätsanspruch ist. Die Werft<br />
gibt es seit 1948, die dort gebauten Vilm-<br />
Yachten seit 1952.<br />
Ein Pionier in Sachen Yachtbau ist auch das<br />
Unternehmen HanseYachts, das sich seit<br />
seiner Gründung 1990 zu einer Werft von<br />
Weltrang entwickelt hat. Die HanseYachts<br />
AG ist mittlerweile gemessen an der Zahl<br />
weltweit verkaufter Yachten einer der zwei<br />
größten Hersteller hochseetüchtiger Segelyachten.<br />
Im Bereich Segel- und Motoryachten<br />
ist die HanseYachts AG ein weltweit<br />
operierendes Unternehmen. Die Leidenschaft<br />
für die See wird in diesem Unternehmen,<br />
das die selbst designten Yachten<br />
auf der Ostsee testet und in die Welt verkauft,<br />
buchstäblich gelebt.<br />
Am Greifswalder Bodden betreibt Falk<br />
Morgenstern das Baltic Sea Resort in Kröslin,<br />
von wo aus man einen freien Blick auf<br />
den Horizont und die Insel Usedom hat.<br />
Zum Resort gehört seit 1998 die Marina<br />
Kröslin mit 500 Liegeplätzen für Dauerund<br />
Gastlieger und Winterlagerplätzen.<br />
Für Landgänger stehen Wellness-Angebote<br />
im neuen Spa-Bereich zur Verfügung.<br />
Zwölf Floating Houses, zwei Hausboote<br />
und mehrere Appartements, mit der Möglichkeit,<br />
führerscheinfreie Boote dazu zu<br />
chartern, bieten ganzjährig die Gelegenheit,<br />
sich an Land und auf dem Wasser zu<br />
erholen. Den Rundum-Bootsservice gibt<br />
es ebenfalls vor Ort sowie einen Yachthandel.<br />
Mit einem internationalen Marinaverbund<br />
Ostsee geht Falk Morgenstern in die<br />
Foto: HanseYachts AG<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
TOURISMUS MECKLENBURG-VORPOMMERN | 19<br />
Foto: Hinstorff Verlag GmbH, Rostock 2015<br />
Welt und macht Kröslin auch für schwedische<br />
Segler bekannt. Die Marina existiert<br />
mittlerweile seit 23 Jahren, und das Motto<br />
des Unternehmens passt zum Lebensgefühl<br />
der Region: Einfach. Sein.<br />
Lauterbach und Kröslin: Beide Marinas<br />
stehen exemplarisch für die positive Entwicklung<br />
der Wassersport-Region Vorpommersche<br />
Ostseeküste, die Teil der<br />
SOUTH COAST BALTIC Destination ist, die<br />
sich von Vorpommern über das dänische<br />
Bornholm, die polnische Ostseeküste entlang<br />
bis nach Litauen erstreckt. Segler sind<br />
bekanntermaßen freiheitsliebend und suchen<br />
grenzenlose Segelreviere. In Vorpommern<br />
ist man da ganz nah dran. Freiräume,<br />
um sich selbst zu verwirklichen, gibt<br />
es hier viele. Freie Horizonte und eine Sonnenscheindauer,<br />
von der andere Regionen<br />
nur träumen, noch dazu.<br />
Freie Flächen für Neuanfänge und Investitionen<br />
lassen sich zu bezahlbaren Preisen<br />
finden. Das fand auch Kirsten<br />
Dubs, gelernte Schifffahrtskauffrau<br />
und Bootsbauerin, die in den<br />
neunziger Jahren nach Wolgast<br />
zog und zunächst auf der Fridtjof-<br />
Nansen-Werft in Wolgast und später<br />
in Greifswald Umschülern das<br />
Bootsbauhandwerk beibrachte.<br />
Dann wird die Freester Traditionswerft<br />
Jarling versteigert, und Kirsten<br />
Dubs reicht bei einem Existenzgründungswettbewerb<br />
ein Konzept<br />
einer „ganzheitlichen Weft“ ein,<br />
mit dem sie den zweiten Preis gewinnt<br />
und eine Bank findet, die ihr<br />
die Übernahme der Freester Werft im Jahr<br />
2007 ermöglicht. Mittlerweile sind es zehn<br />
Jahre, in denen auf der Bootswerft Freest<br />
wieder traditionelle Holzboote restauriert<br />
und segelfähig gemacht werden. Außerdem<br />
gehören Workshops im Holzbootsbau<br />
zum Konzept, die von Nichtseglern genauso<br />
wahrgenommen werden wie von Bootseignern<br />
und Skippern.<br />
Inhaberin Kirsten Dubs (l.) mit einer Mitarbeiterin in<br />
der Bootswerft Freest.<br />
Tradition und Moderne gehen hier gut zusammen.<br />
Anker werfen lohnt sich – für<br />
Menschen und Unternehmen mit Ideen<br />
und Gestaltungswillen umso mehr. Und für<br />
Freizeitsegler, die in Vorpommern sesshaft<br />
werden wollen, sind der nächste Hafen und<br />
ein freier Horizont gleich vor der Tür.<br />
<br />
Romy Sommer<br />
Ankommen & Anker werfen<br />
auf Deutschlands Sonnendeck<br />
Maritime Wirtschaft<br />
Innovative Unternehmen für Schiff- und Bootsbau<br />
Multimodale Standorte für Vorhaben mit Hafenanbindung<br />
Moderne Marinas und Sportboothäfen<br />
Attraktive Förderkulisse für Investitionen<br />
Spezialisierte Fachkräfte für Schiff- und Bootsbau<br />
hohe Lebensqualität in einer attraktiven<br />
Wassersportdestination<br />
Foto: Georg Hundt<br />
Foto: HanseYachts<br />
www.southcoastbaltic.eu/de<br />
www.invest-in-vorpommern.de
20 | W+M SCHWERPUNKT TOURISMUS MV<br />
Der Mann, der Polo-<br />
Pferde und Ferraris<br />
an den Strand von<br />
Warnemünde bringt<br />
Vom 23. bis 25. Juni findet am Warnemünder<br />
Strand nun schon zum<br />
dritten Mal ein Beach-Polo-Turnier<br />
statt. Organisator ist der Leipziger Matthias<br />
Ludwig, der vor Jahren als umtriebiger<br />
Kaufmann in Warnemünde vor Anker<br />
ging und dort zwei Mode-Stores betreibt.<br />
Sein ambitioniertes Motto lautet: „Ich liebe<br />
das Besondere, denn alles andere gibt<br />
es ja schon.“<br />
Dieses Kriterium erfüllt der Polosport zwar<br />
schon generell, in Warnemünde am Strand<br />
zwischen Ostsee und Leuchtturm, mit guten<br />
Partnern, einem sehens- und hörenswerten<br />
Rahmenprogramm sowie exklusivem<br />
Catering aber im Besonderen.<br />
Matthias Fromm, Geschäftsführer der<br />
Rostocker Gesellschaft für Tourismus<br />
und Marketing mbH:<br />
„Das Beach-Polo-Turnier am Warnemünder<br />
Strand hat sich zu<br />
einem beliebten Event etabliert,<br />
das nicht nur Pferdefreunde<br />
begeistert. Der<br />
Mix aus dynamischem<br />
Sport und maritimem<br />
Flair direkt an der Ostsee<br />
kommt gut bei den Gästen<br />
an. Unser breiter feiner<br />
Sandstrand und die einzigartige<br />
Kulisse mit den Warnemünder<br />
Wahrzeichen Leuchtturm und<br />
Teepott bieten beste Voraussetzungen<br />
für Teilnehmer und Zuschauer. So bildet<br />
dieser Event auch den perfekten Rahmen<br />
für einen abwechslungsreichen Urlaub in<br />
der Hansestadt Rostock und ihrem Seebad<br />
Warnemünde.”<br />
Mit dem Berliner Autohändler Riller &<br />
Schnauck hat er einen wichtigen Verbündeten.<br />
So heißt das diesjährige<br />
Turnier „Ferrari<br />
Masters“. Einige dieser<br />
Nobelsportwagen<br />
aus dem Reich der<br />
(Männer-)Träume werden<br />
im Ostseesand zu<br />
besichtigen sein.<br />
Für die Durchführung eines solchen Turniers<br />
muss man hart im Nehmen sein, noch<br />
dazu, wenn man als Multifunktionär agiert.<br />
Ludwig ist immerhin Veranstalter, Präsident<br />
und CEO von Polo-Riviera Deutschland<br />
in Personalunion. Den Nachweis, ein<br />
gutes Turnier organisieren zu können, lieferte<br />
er mit den vorangegangenen Veranstaltungen<br />
eindrucksvoll ab. Doch mit dem Erfolg<br />
wuchs auch die Erkenntnis, dass nach<br />
dem Turnier vor dem Turnier ist und trotz<br />
des edlen Sports die Margen nicht so üppig<br />
sind wie das Risiko, dass er jährlich eingeht.<br />
Für <strong>2017</strong> mussten beispielsweise 60<br />
Pferdeboxen angemietet und 18 Spieler für<br />
sechs Mannschaften verpflichtet<br />
werden, dazu noch die eigentliche<br />
Eventorganisation<br />
mit Veranstaltungszelt,<br />
Ticketing, Catering<br />
und Sicherheitspersonal.<br />
Der Event-Unternehmer<br />
Ludwig tut Warnemünde<br />
gut. Das Beach-<br />
Polo-Turnier hat sich zu einem<br />
echten Highlight am Strand<br />
gemausert. Warnemünde-Urlauber haben<br />
kostenfreien Zutritt. Das spricht sich herum<br />
– von Jahr zu Jahr werden es mehr,<br />
die speziell wegen des Turniers in das boomende<br />
Ostseebad kommen und so auch<br />
willkommene Gäste in den umliegenden<br />
Er bringt Beach-Polo an die Ostsee: Matthias Ludwig.<br />
Restaurants und Geschäften sind. Die Tourismusverwaltung<br />
hat dies von Anfang erkannt<br />
und unterstützt das Vorhaben, indem<br />
sie nicht nur die Veranstaltung genehmigt,<br />
sondern ihr auch direkt vor dem Strandabschnitt<br />
den Leuchtturmplatz für Präsentationen<br />
der Partner zur Verfügung stellt.<br />
Auch wenn fast alles in den Händen von<br />
Matthias Ludwig liegt, allein gelassen<br />
wird er nicht. So hat etwa der Schweriner<br />
Landwirtschaftsminister Till Backhaus die<br />
Schirmherrschaft übernommen. Der Politiker<br />
bringt die Alleinstellungsmerkmale<br />
des Turniers auf den Punkt: „Spannender<br />
Pferdesport, einzigartige Naturlandschaften<br />
und ein reges gesellschaftliches Treiben.“<br />
Aber auch die Fußballer vom SV Warnemünde<br />
und die Kollegen der Freiwilligen<br />
Feuerwehr helfen tatkräftig mit und revanchieren<br />
sich so für manche Unterstützung<br />
andernorts.<br />
All das würde jedoch nicht reichen, wenn<br />
sich nicht alljährlich Partner aus der Wirtschaft<br />
und Gewerbetreibende unterstützend<br />
einbringen würden. Die Zahl der Sponsoren<br />
wird stetig größer. Dass einige von<br />
ihnen von Anfang an dabei sind, sind Belege<br />
für die solide Basis der Zusammenarbeit<br />
und das Vertrauen in die wirtschaftlichen<br />
Effekte, die sich aus einem solchen<br />
Sportevent ableiten lassen. <br />
<br />
Frank Nehring<br />
Fotos: Stefan Weidner Fotografie (oben), Rostock Marketing (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
∆Unser Rezept ist schnell erklärt:<br />
weniger Energiekosten, mehr Erfolg.<br />
Mit einer KfW-Förderung für Unternehmer,<br />
die auf Energieeffizienz setzen.<br />
Machen Sie Ihren Betrieb energieeffizient und zukunftsfähig – mit günstigen Krediten und<br />
Tilgungszuschüssen der KfW. Ob Produktionsanlage, Lichttechnik oder Neubau: Nutzen<br />
Sie die energieeffiziente Modernisierung Ihres Betriebs, um nachhaltig wettbewerbsfähig<br />
zu bleiben. Je mehr Energie Sie sparen, desto höher die staatliche Förderung. Mehr Informationen<br />
bei Ihrem Finanzierungspartner* oder unter: kfw.de/energieeffizienz<br />
Energieeffizient modernisieren ab 1 % eff. p. a.**<br />
* Finanzierungspartner sind Geschäftsbanken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Direktbanken.<br />
** Bei einer Energieeinsparung von mindestens 30 % (Premiumstandard) gelten für einen Kredit über 500.000 EUR zur Modernisierung von Produktionsanlagen in der Preisklasse<br />
B folgende Konditionen: 1,40 % Sollzins p. a. und 1,41 % Effektivzins p. a. bei 10 Jahren Laufzeit, 2 tilgungsfreien Anlaufjahren und 10-jähriger Zinsbindung. Für einen Kredit über<br />
3 Mio. EUR für einen Neubau zum KfW-Effizienzhaus 55 gelten in der Preisklasse B identische Konditionen. Zusätzlich wird der Rückzahlungsbetrag durch einen Tilgungszuschuss<br />
von bis zu 5 % des Zusagebetrages (maximal 50 EUR je Quadratmeter) gemindert (Stand 09.02.<strong>2017</strong>).
22 | W+M LÄNDERREPORT<br />
In jedem Jahr ein Höhepunkt auf Schloss<br />
Wackerbarth: der Sommernachtsball.<br />
Im Reich der Sinne<br />
Schloss Wackerbarth – ein Name wie aus einem Märchen. Wo früher<br />
Grafen residierten und schon der sächsische Adel glanzvolle Feste<br />
zelebrierte, erleben Genießer heute ein einzigartiges Ensemble:<br />
Europas erstes Erlebnisweingut. Die idyllisch gelegene barocke<br />
Schloss- und Gartenanlage beherbergt eine moderne Wein- und<br />
Sektmanufaktur und bietet erlesene Veranstaltungen rund um das<br />
Thema Wein und Sekt, umrahmt von gehobener Gastronomie. Das<br />
Erlebnisweingut in Radebeul hat sich in den vergangenen 15 Jahren<br />
zu einem wichtigen regionalen Wirtschaftsfaktor entwickelt.<br />
Von Karsten Hintzmann<br />
Im sächsischen Elbtal erstreckt sich auf<br />
55 Kilometern Länge eine der<br />
schönsten Weinkulturlandschaften<br />
Deutschlands<br />
– mit eindrucksvollen<br />
Steillagen, malerischen<br />
Terrassenweinbergen<br />
und<br />
barocken Sehenswürdigkeiten.<br />
Seit<br />
mehr als 850 Jahren<br />
bauen Winzer hier Trauben<br />
an. Eine der größten<br />
Attraktionen in dieser Region<br />
ist Schloss Wackerbarth. Von 1727<br />
bis 1730 errichtete der Architekt<br />
und Baumeister Johann<br />
Christoph Knöffel<br />
für August Christoph<br />
Graf von Wackerbarth<br />
– seinerzeit Geheimrat,<br />
Gouverneur von<br />
Gutsverwalterin von<br />
Schloss Wackerbarth:<br />
Geschäftsführerin<br />
Sonja Schilg.<br />
Dresden und als „Regisseur des Dresdner<br />
Barocks“ in die Geschichtsbücher eingegangen<br />
– ein Weingut mit barockem Herrenhaus,<br />
großzügiger Gartenanlage und einem<br />
Lusthäuschen, dem Belvedere.<br />
Ein Kleinod, von dem aus das landeseigene<br />
Sächsische Staatsweingut heute<br />
eine Rebfläche von 104 Hektar bewirtschaftet.<br />
15 Weinsorten werden angebaut,<br />
darunter Riesling, Müller-Thurgau,<br />
Traminer, Goldriesling sowie Spätburgunder<br />
und Blaufränkisch. Rund 600.000 Flaschen<br />
werden pro Jahr abgefüllt, davon<br />
350.000 Flaschen Wein und 250.000<br />
Flaschen Sekt in klassischer Flaschengärung.<br />
Dieses traditionelle Verfahren der<br />
Sektbereitung brachte der französische<br />
Kellermeister Joseph Mouzon vor mehr<br />
als 180 Jahren – im Jahr 1836 – nach Radebeul.<br />
Schloss Wackerbarth ist damit<br />
eine der ältesten und traditionsreichsten<br />
Sektkellereien Europas.<br />
Das Weinsortiment umfasst mehrere<br />
Qualitätsstufen: von Qualitätsweinen über<br />
Kabinette und Spätlesen bis hin zu Raritäten<br />
wie Auslesen, Trockenbeerenauslesen<br />
und Eiswein. Neben rebsortenreinen<br />
Weinen bietet das Staatsweingut Weinliebhabern<br />
auch Cuvées und Sondereditionen<br />
an. Da jedes Weinjahr aufgrund der<br />
unterschiedlichen Witterungsverläufe an-<br />
Fotos: Schloss Wackerbarth<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
SACHSEN | 23<br />
Fotos: Schloss Wackerbarth<br />
ders ist, verändert sich auch das Weinsortiment<br />
von Jahr zu Jahr. Aktuell umfasst<br />
es rund 30 verschiedene Weine. Beständig<br />
ist jedoch die Wein-Philosophie: Wackerbarths<br />
Kellermeister Jürgen Aumüller<br />
keltert aus den sächsischen Trauben<br />
elegante Weine, die alle Genießer mit ihrer<br />
Komplexität und Finesse begeistern.<br />
Diese als „Cool Climate“-Weine bezeichnete<br />
Weinstilistik liegt international voll<br />
im Trend.<br />
In den vergangenen Jahren stellten Frost,<br />
Hagel und extreme Niederschläge die<br />
Verantwortlichen des Sächsischen<br />
Staatsweingutes vor erhebliche Herausforderungen.<br />
Zwischen 2009 und<br />
2013 verlor man in Radebeul insgesamt<br />
2,5 Weinjahrgänge. Doch ungeachtet<br />
der witterungsbedingten Ernteausfälle<br />
verzeichnet Schloss Wackerbarth<br />
seit Jahren ein gleichbleibendes<br />
Umsatzwachstum in allen<br />
Geschäftsbereichen. Geschäftsführerin<br />
Sonja Schilg: „Dieses<br />
Wachstum setzen wir auch im<br />
laufenden Jahr fort.“<br />
Quelle dieser erfolgreichen Entwicklung<br />
ist der hohe Qualitätsanspruch.<br />
„Wir setzen auf die<br />
‚Klasse statt Masse‘-Strategie<br />
und überzeugen mit einer hohen<br />
Qualität, sowohl bei den Erlebnisangeboten<br />
auf unserem Weingut, als auch bei unseren<br />
Weinen und klassischen Flaschengärsekten“,<br />
so Schilg. Da verwundert es<br />
nicht, dass Weine und Sekte aus Radebeul<br />
regelmäßig bei nationalen<br />
wie internationalen<br />
Verkostungen und<br />
Wettbewerben prämiert<br />
werden. Bei der „Mundus<br />
Vini Frühjahrsverkostung<br />
<strong>2017</strong>“, einem<br />
der größten und renommiertesten<br />
Weinwettbewerbe<br />
der Welt, wurden<br />
jüngst die „2015er Radebeuler<br />
Goldener Wagen<br />
Traminer Spätlese“ und<br />
die „2015er Edition Paradies“<br />
mit einer Goldmedaille<br />
geehrt.<br />
Sorgt für höchste Wein- und Sektqualität: Kellermeister Jürgen Aumüller.<br />
Die 140 Mitarbeiter,<br />
davon 19 Auszubildende,<br />
kümmern<br />
sich neben der Wein- und Sektproduktion<br />
auch um ein abwechslungsreiches<br />
Veranstaltungsangebot auf<br />
Schloss Wackerbarth. Pro Jahr<br />
zählt das Erlebnisweingut über<br />
190.000 Gäste. „Immer mehr<br />
Genießer sind heute auf der Suche<br />
nach erlesenen, manufakturell<br />
hergestellten Produkten aus<br />
der Region“, stellt Geschäftsführerin<br />
Schilg fest. „In diesem<br />
Zusammenhang steigt sowohl<br />
das Interesse an unseren erlesenen<br />
Kreationen als auch an Schloss Wackerbarth<br />
selbst. Als Erlebnisweingut sind<br />
wir ein Weingut zum Anfassen: Unsere<br />
Gäste können hinter die Kulissen unserer<br />
Wein- und Sektmanufaktur blicken und<br />
unseren Kellermeistern<br />
über die<br />
Schulter schauen.<br />
So lernen sie die<br />
Geheimnisse der<br />
Wein- und Sektbereitung<br />
kennen<br />
und erleben den<br />
sächsischen Weinund<br />
Sektgenuss<br />
mit allen Sinnen.“<br />
Das Sächsische Staatsweingut bewirtschaftet eine Rebfläche<br />
von 104 Hektar.<br />
Vom Sächsischen<br />
Staatsweingut in<br />
Radebeul profitieren<br />
unzählige<br />
Handwerker und<br />
Mittelständler sowie Winzer aus der Region.<br />
Ganz bewusst werden bei den zahlreichen<br />
Veranstaltungen sächsische Partner,<br />
Kultureinrichtungen und Manufakturen<br />
eingebunden. Im Gasthaus des Schlosses<br />
setzt man auf die Verarbeitung von<br />
Produkten aus der Region. Von sächsischen<br />
Winzerkollegen kauft das Staatsweingut<br />
unter anderem Trauben zu oder<br />
unterstützt diese mit fachspezifischen<br />
Weiterbildungsangeboten. Selbst bei der<br />
Zusammenstellung von Präsenten und Geschenkideen<br />
werden die Weine und Sekte<br />
von Schloss Wackerbarth mit ausgesuchten<br />
Erzeugnissen regionaler Partner wie<br />
den Herrnhuter Sternen, Wendt & Kühn<br />
oder der Porzellanmanufaktur Meißen<br />
kombiniert.<br />
Wie für die meisten Winzer ist es auch für<br />
das Team von Schloss Wackerbarth eine<br />
besondere Herausforderung, als Weingut<br />
wirtschaftlich zu arbeiten. Schließlich<br />
spielt die Witterung sowohl für die Erträge<br />
in den Weinbergen als auch bei den Veranstaltungsangeboten<br />
eine kaum zu beeinflussende<br />
Rolle. Geschäftsführerin Sonja<br />
Schilg: „Wir begegnen diesen Herausforderungen<br />
mit klaren Wachstumsstrategien<br />
und investieren jedes Jahr – auch<br />
im Hinblick auf unsere Mission als Staatsweingut<br />
– in die Weinberge und die Qualität.<br />
Dadurch erhalten wir das sächsische<br />
Weinkulturerbe auch für zukünftige Generationen.“<br />
W+M<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
24 | W+M LÄNDERREPORT<br />
Hauptstadt der Fintechs<br />
Frankfurt ist Deutschlands Bankenmetropole. Doch bei den Fintechs,<br />
den jungen Finanzfirmen, hat Berlin die Nase vorn. Die Hauptstadt<br />
gilt sowohl der Anzahl als auch der Größe der Finanz-Start-ups nach<br />
als der wichtigste Fintech-Standort in Deutschland.<br />
Von Matthias Salm<br />
Die Zahlen unterscheiden sich zwar,<br />
aber sie kommen letztlich zum selben<br />
Schluss: Laut einer Analyse<br />
von Barkow Consulting und der comdirect<br />
Bank AG residierten im Herbst 2016<br />
von 544 bundesdeutschen Fintechs 179<br />
in Berlin. Die Beratungsgesellschaft EY<br />
(Ernst & Young) taxiert die Gesamtzahl<br />
junger Finanzunternehmen auf 250, davon<br />
70 mit Sitz in der Hauptstadt. Doch<br />
welche Kriterien letztlich auch für die Einstufung<br />
als junges Finanz-Start-up herangezogen<br />
werden: Berlin lässt in allen<br />
Rankings die konkurrierenden Standorte<br />
Frankfurt, Hamburg und München deutlich<br />
hinter sich.<br />
Warum gerade Berlin? „Das Thema Finanzen<br />
wird in Berlin anders und neu, frei von<br />
Altlasten der bisherigen Branchenriesen<br />
und bestehender Strukturen gedacht“, ist<br />
sich Christopher Grätz sicher. Grätz, CEO<br />
und Mitbegründer der kapilendo AG, gehört<br />
zu den Pionieren der Berliner Fintech-<br />
Szene. In Berlin stünde die Perspektive einer<br />
jungen onlineaffinen Kundengeneration<br />
im Mittelpunkt – „ohne die Schatten<br />
schwergewichtiger Bankentürme im Nacken“,<br />
so Grätz.<br />
Die Crowdlending-Plattform kapilendo<br />
machte im vergangenen Jahr bundesweit<br />
Schlagzeilen, weil der Berliner Fußball-<br />
Bundesligist Hertha BSC mit ihrer Hilfe<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
BERLIN | 25<br />
Fotos: Max Threlfall (oben), kapilendo AG (unten)<br />
Vorstand der solarisBank AG:<br />
Marko Wenthin.<br />
eine Million Euro von<br />
Anlegern einwarb. 60<br />
Tage hatte kapilendo für<br />
das Vorhaben des Profi-<br />
Clubs angesetzt – nach<br />
knapp zehn Minuten war es<br />
vollständig finanziert. Doch die<br />
Geldakquise der „Alten Dame“ des deutschen<br />
Fußballs sieht kapilendo eher als<br />
ein Vorzeige-Projekt. Eigentlich versteht<br />
sich das 2015 gegründete Unternehmen<br />
als ein Online-Kreditmarktplatz, der kleinen<br />
und mittelständischen Unternehmen<br />
eine unbürokratische Finanzierung durch<br />
Privatleute ermöglicht.<br />
„Die Stadt“, lobt Grätz das kreative Umfeld<br />
für die junge Finanzszene an der<br />
Spree, „gilt verstärkt als europäisches<br />
Drehkreuz und bietet ungehinderten Zugang<br />
zu Kunden in der EU, zu internationalen<br />
Technologietalenten und Geldgebern<br />
aus der ganzen Welt.“ Berlin werde nach<br />
dem Ausstieg der Briten aus der EU daher<br />
für die europäische Fintech-Bewegung<br />
noch weiter an Bedeutung gewinnen.<br />
Fintechs attackieren die Banken<br />
Angesichts der rasanten Digitalisierung<br />
der Finanzwelt reifen derzeit die Blütenträume<br />
der jungen Start-ups in Berlin noch<br />
ein wenig schneller als im Rest der Republik.<br />
Schließlich greifen sie den klassischen<br />
Finanzsektor, also Banken, Börsen<br />
und Versicherungen, gleich auf mehreren<br />
Ebenen an. Sie erobern mit verbesserten<br />
und kostengünstigeren Lösungen für<br />
den Zahlungsverkehr, für die Vermögensverwaltung,<br />
die Kreditvergabe sowie im<br />
Versicherungsgewerbe die angestammten<br />
Märkte der Banken, Sparkassen und<br />
Versicherer.<br />
Das Verhältnis zwischen alter und neuer<br />
Finanzwelt schwankt denn auch zwischen<br />
allerlei Formen der Kooperation und scharfem<br />
Wettbewerb. Einerseits machen die<br />
jungen Finanz-Start-ups den klassischen<br />
Kreditinstituten Kunden abspenstig, anderseits<br />
unterstützen sie als Dienstleister<br />
die Digitalisierung des<br />
Bankengewerbes.<br />
Als eine Brutstätte<br />
immer neuer digitaler<br />
Ideen prägt in<br />
Berlins Mitte der Inkubator<br />
FinLeap das<br />
Gründungsgeschehen<br />
der Branche. Seit<br />
ihrer Gründung 2014 stand<br />
die FinLeap GmbH gleich reihenweise<br />
jungen Start-ups als Geburtshelfer<br />
zur Seite. Das erhitzt auch die Fantasie<br />
der Investoren: Im Sommer 2016 warb<br />
das Unternehmen rund 21 Millionen Euro<br />
an Investorengeldern ein, dabei beteiligte<br />
sich mit der Hannover Rück auch ein<br />
klassischer Rückversicherer an der Finanzierung.<br />
FinLeap stand auch bei der Gründung der<br />
solarisBank AG Pate, dem ersten Fintech,<br />
das eine Vollbanklizenz erhielt. Die solaris-<br />
Bank AG definiert sich aber weniger als<br />
traditionelle Bank, sondern als Tech Company<br />
mit Banklizenz und will sich als Finanzpartner<br />
von Fintechs, Marktplätzen<br />
und E-Commerce-Shops am Markt etablieren.<br />
Für Marko Wenthin, einst in Diensten der<br />
Deutschen Bank und nun Vorstand und<br />
Co-Gründer der solarisBank AG, hat sich<br />
nie die Frage gestellt, ob Berlin der richtige<br />
Standort für junge Finanzunternehmen<br />
sei: „Berlin ist die unangefochtene Techund<br />
Digitalhauptstadt Deutschlands, wenn<br />
nicht sogar Europas“, schwärmt Wenthin.<br />
„Und noch mehr als gute Banker brauchen<br />
wir gute Entwickler, um erfolgreich<br />
zu sein. Die findet man in Berlin.“ Auch<br />
Ramin Niroumand, Mitgründer<br />
und Geschäftsführer der<br />
FinLeap GmbH glaubt,<br />
dass die Stadt viele internationale<br />
Talente<br />
anzieht, die zur Umsetzung<br />
komplexer<br />
CEO und Mitbegründer<br />
der kapilendo AG:<br />
Christopher Grätz.<br />
Fintech-Modelle benötigt werden.<br />
Wenthin nennt weitere Berliner Pluspunkte:<br />
„Investoren und Kapital, gute Accelerator-<br />
und Company-Building-Programme<br />
sowie ein regelmäßiger Austausch<br />
und Meetups zwischen Fintech-Experten.“<br />
In der Tat deckt die Berliner Gründerszene<br />
mittlerweile alle Dienstleistungen<br />
rund ums Geld ab: Das Portal Weltsparen<br />
etwa bietet seinen Kunden die Möglichkeit,<br />
Geld in Ländern wie Italien oder<br />
Portugal zu günstigeren Zinsen online anzulegen.<br />
Smava hat mit dem Kredit2Go<br />
den ersten vollautomatischen Sofortkredit<br />
in Deutschland im Portfolio, orderbird<br />
ist ein Anbieter für iPad-Kassensysteme in<br />
der Gastronomie, Grover offeriert Privatund<br />
Firmenkunden ein völlig neuartiges<br />
Finanzierungsmodell für Technikprodukte<br />
als Alternative zum klassischen Leasing<br />
und der Versicherungsvermittler friendsurance<br />
schließt Kunden zu einer Versicherungsgemeinschaft<br />
zusammen, die kleinere<br />
Schäden mit dem Geld der Gruppe<br />
begleicht.<br />
Konkurrenz hat das Nachsehen<br />
Angesichts des Tempos, mit dem gegenwärtig<br />
neue Finanzmodelle in der Hauptstadt<br />
aus dem Boden sprießen, bleibt<br />
Hauptkonkurrent Frankfurt im Kampf um<br />
die neue Generation von Finanzdienstleistern<br />
erst einmal das Nachsehen. Zwar hat<br />
der hessische Wirtschaftsminister Tarek<br />
Al-Wazir jüngst postuliert, Frankfurt müsse<br />
das deutsche Zentrum der wachsenden<br />
Fintech-Branche werden. Doch der Blick<br />
in die Statistik belegt, dass Berlin gegenwärtig<br />
enteilt ist. Frankfurt laboriert hingegen<br />
„vor allem an einem Imageproblem“,<br />
wie die „Frankfurter Rundschau“ ernüchtert<br />
feststellte. Kapilendo-Gründer<br />
Christopher Grätz allerdings<br />
hält die Standortfrage für<br />
die jungen Finanz-Gründer<br />
für zweitrangig.<br />
„Viel wichtiger ist,<br />
dass sie es überhaupt<br />
in Deutschland<br />
tun und wir unsere Positionierung<br />
als führendes<br />
Land in den Bereichen<br />
Finanzen und Technologien<br />
ausbauen.“ W+M<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
26 | W+M LÄNDERREPORT BRANDENBURG<br />
Neues Erdbeer-Land<br />
Karls Erlebnis-Dorf in Elstal wird zu einem einzigartigen Familien-Freizeitpark<br />
mit neuen Attraktionen, Erlebnis-Manufakturenwelt und Themen-Resort ausgebaut.<br />
Von Frank Nehring<br />
Über 2.000 Hotelbetten, ein Badesee,<br />
400 Meter Strandpromenade, dazu<br />
eine Seilbahn und 14 neue Manufakturen<br />
von der Bierbrauerei bis hin zur Ölmühle<br />
werden neben Karls Erlebnis-Dorf<br />
in Elstal auf dem Gelände der ehemaligen<br />
Löwen-Kaserne ab 2019 entstehen. Der<br />
Mann, der Mitte Februar dieses Jahres den<br />
Bau eines der größten deutschen Themenresorts<br />
verkündete, ist Robert Dahl. Der<br />
45-jährige Chef der Karls Erlebnis-Dörfer<br />
steht in dritter Generation an der Spitze eines<br />
Familienbetriebs, für den sein Großvater<br />
Karl 1921 den Grundstein legte. Der<br />
Robert Dahl (l.) mit Wustermarks Bürgermeister<br />
Holger Schreiber vor den Löwenkasernen.<br />
norddeutsche Bauer spezialisierte sich damals<br />
auf den Anbau von Erdbeeren und war<br />
für seine roten Früchtchen schnell über alle<br />
Dorfgrenzen hinaus bekannt. Enkel Robert<br />
ist trotz des großen unternehmerischen Erfolgs<br />
an mittlerweile fünf Standorten stets<br />
bescheiden und bodenständig geblieben,<br />
packt – wie seine Frau und seine Schwester,<br />
die ebenfalls in der Geschäftsführung<br />
tätig sind – auf dem Hof mit an und besucht<br />
seine Erdbeerfelder gerne persönlich. „Wir<br />
planen die Erweiterung des Standorts Elstal<br />
in mehreren Bauabschnitten und wollen<br />
voraussichtlich 2021 den ersten Teil unseres<br />
neuen Erdbeerlandes mit den Themen-<br />
Resorts eröffnen“, so Robert Dahl.<br />
Hinter den Plänen für die Erweiterung, die<br />
östlich und westlich des bestehenden Erlebnis-Dorfes<br />
Elstal gebaut wird, steht der<br />
Wunsch von Familie Dahl, den Besuchern<br />
rund um die Uhr erlebnisreiche Stunden zu<br />
bieten. Bislang schließt Karls im Winter um<br />
19 und im Sommer um 20 Uhr. „Wir haben<br />
hier so viele Attraktionen von der Eiswelt<br />
bis zur Riesen-Wasserrutsche, zahlreiche<br />
Gastronomien wie das Mecklen-Burger-<br />
Restaurant und die Hofküche, die unsere<br />
Gäste auch abends versorgen könnten“, erläutert<br />
Robert Dahl seine Idee. Dazu kommen<br />
die neuen Attraktionen, die das Erdbeerland<br />
bereithalten wird und die von der<br />
400 Meter langen Erlebnispromenade am<br />
Badesee bis hin zu den Themenhotels reichen,<br />
die schon für sich genommen ein Erlebnis<br />
sind. Übernachtet wird ganz natürlich<br />
im Heuhotel oder im komfortablen Bienenhaus,<br />
aber auch das Erdbeercamp, die<br />
Schäferwagen oder – für Schwindelfreie –<br />
die urigen Baumhäuser bieten Übernachtungserlebnisse<br />
in unterschiedlichen Zimmer-Kategorien.<br />
„Erstmals in der 96-jährigen<br />
Geschichte von Karls bieten wir unseren<br />
Besuchern bei Berlin ein einzigartiges<br />
Resortvergnügen mit Freizeitattraktionen,<br />
Manufakturenwelt, Hotels und Erlebnisgastronomie<br />
– und das wie immer bei freiem<br />
Eintritt“, fasst Dahl die Entwicklung zusammen,<br />
für die 2019 der erste Spatenstich<br />
gesetzt wird.<br />
Doch nicht nur auf dem Gelände der ehemaligen<br />
Löwenkaserne plant der Familienunternehmer<br />
großes. Denn auf einer westlich<br />
des Erlebnis-Dorfes gelegenen Wiese<br />
soll eine neue Manufakturenwelt entstehen.<br />
Dieser Bereich transportiert die Philosophie<br />
von Karls besonders gut, schließlich<br />
wird hier die landwirtschaftliche Produktion<br />
als Edutainment zelebriert. Wein, Bier, Käse<br />
und Gummibärchen werden bei Karls in Zukunft<br />
vor den Augen der Besucher hergestellt,<br />
aber auch Nudeln, Ostsee-Salz oder<br />
feines Rapsöl aus eigener Produktion ist<br />
künftig „made in Brandenburg“. W+M<br />
Beim WirtschaftsForum Brandenburg im<br />
Februar <strong>2017</strong> gab Frank Havemann, Leiter<br />
Public Affairs bei Karls, einen interessanten<br />
Überblick zur Entwicklung des Unternehmens<br />
aus Rostock. Die rund 200 Teilnehmer<br />
konnten sich einen Eindruck von der<br />
gelebten Unternehmenskultur und der starken<br />
Mitarbeiterorientierung verschaffen.<br />
Fotos: Karls (oben), Dirk Lässig (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
OSTDEUTSCHE SPITZENPRODUKTE | 27<br />
Titan-Brillen aus Rathenow<br />
Handgefertigt und unkaputtbar<br />
In Rathenow, dem traditionsreichen Standort der Optik, stellt die<br />
MOM GmbH Brillenfassungen aus Titan her – modisch, innovativ und<br />
international gefragt. Von Dr. Ulrich Conrad<br />
OST<br />
DEUTSCHE<br />
SPITZEN<br />
PRODUKTE<br />
Foto: MOM GmbH<br />
Mathias Schröder ist Geschäftsführer der MOM GmbH.<br />
Die Brille ist ein modisches Accessoire,<br />
über die Fassung denken Kunden<br />
meist länger nach als über die<br />
passenden Gläser. Schick, praktisch und<br />
robust zugleich sollte die Sehhilfe sein –<br />
daran dachte auch Wolfgang Schröder<br />
bei seiner Firmengründung im Jahr 1999.<br />
Der erfahrene Ingenieur aus den früheren<br />
Rathenower Optischen Werken setzte auf<br />
moderne Technik und zuverlässige Mitarbeiter<br />
– und auf Innovation. Nach ersten<br />
Schritten mit Neusilber und Edelstahl werden<br />
heute fast ausschließlich Fassungen<br />
aus Titan produziert. Sohn Mathias Schröder,<br />
der 2009 als Juniorchef einstieg und<br />
seit zwei Jahren das Unternehmen leitet,<br />
entwarf das Design für die hauseigene<br />
Titanbrillen-Kollektion „Grafix“. Inspiriert<br />
von Graffiti-Kunst bei der Oberflächengestaltung<br />
und mit technischen Raffinessen<br />
versehen, brachte sie den Durchbruch.<br />
Umsatzwachstumsraten von 15 bis 25 Prozent<br />
wurden in den vergangenen drei Jahren<br />
erreicht. Mathias Schröder kennt sich<br />
aus mit der Titanverarbeitung, einige seiner<br />
Ideen geben den Grafix-Brillen von<br />
MOM die besondere Note. Zum Beispiel<br />
die Scharnierlösung: Nach dem Einsetzen<br />
der Gläser wird die Fassung innen an der<br />
Brücke über der Nase verschlossen, nicht<br />
außen, wie üblich. Statt Schrauben werden<br />
feine Nylorfäden eingesetzt. Auch die<br />
Scharniere zwischen Gläserfassung und<br />
den Bügeln kommen ohne Schrauben als<br />
Befestigung aus. Dem kreativen Unternehmer<br />
ist es wichtig, dass die Brille als<br />
Produkt aus der Region Rathenow auch<br />
in Zukunft erfolgreich ist. „Handcrafted<br />
in Germany, das zieht auf den asiatischen<br />
Märkten“, sagt der 36-Jährige. „Bei uns<br />
stimmt es zu 100<br />
Prozent, während<br />
bei vielen anderen<br />
Produkten nur das<br />
Entwicklungsmuster<br />
in Deutschland<br />
entstanden ist.“<br />
So hat sich die gesamte<br />
Belegschaft<br />
mit dem Umstieg<br />
auf den Werkstoff<br />
Titan weiterentwickelt.<br />
Der besitzt<br />
ausgezeichnete Ei-<br />
genschaf-<br />
ten als Brillenfassung,<br />
stellt aber auch höhere<br />
Anforderungen als Edelstahl an die<br />
Bearbeitung. Unkaputtbar, extrem leicht,<br />
allergiefrei – das schätzen die Kunden neben<br />
dem modischen Design. Grafix-Fassungen<br />
treffen den Zeitgeist und den individuellen<br />
Geschmack: mal flippig-modern,<br />
mal im Retrolook, ob als Vollrand-,<br />
Nylor- oder (randlose) Bohrbrillen. Von der<br />
Entwicklung über den Prototypen bis zur<br />
Fertigung liegt alles in einer Hand. Schröder:<br />
„Dank unseres modernen Maschinenparks<br />
und einer tiefgestaffelten Produktionskette<br />
können wir sowohl Klein- als<br />
auch Großserien qualitätsgerecht in kürzester<br />
Zeit herstellen.“<br />
Gerade ist die Fertigung eines Großauftrages<br />
für den indischen Markt gestartet,<br />
den Schröder von der Pariser Optik-Messe<br />
Silmo 2016 mitgebracht hatte. Zweimal<br />
im Jahr, im Januar bei der Opti in München<br />
und im Herbst in Paris präsentiert<br />
sich MOM der internationalen Fachwelt.<br />
Dass die Marke in der Heimat durchaus<br />
noch bekannter werden kann, zeigt eine<br />
Anekdote, die Vertriebschef Olaf Winkelvos<br />
dem Fachmagazin EYEBizz erzählte:<br />
Deutsche Touristen kauften in Asien schicke<br />
Brillen, in die sie dann beim Optiker zu<br />
Hause Gläser einsetzen ließen. Es waren<br />
Grafix-Brillen, made in Germany. W+M<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
28 | W+M LÄNDERREPORT<br />
„Über kurz oder lang<br />
wird jeder geprüft“<br />
Zu Jahresbeginn stieg der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland<br />
um 34 Cent auf nunmehr 8,84 Euro pro Arbeitsstunde. Um seine<br />
Einhaltung durchzusetzen, rüstet der Staat gerade eine Fahnder -<br />
truppe weiter auf: die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll.<br />
Die speziell geschulte und sogar bewaffnete Einheit wächst um<br />
1.600 Beamte auf 8.400 Kontrolleure – gerade auch in den neuen<br />
Ländern, wo nach wie vor teils deutlich niedrigere Löhne gezahlt<br />
werden. Doch gerade in der ostdeutschen Unternehmerschaft<br />
ist auch der Widerstand gegen diese regulativen Eingriffe in das<br />
Lohnsystem besonders groß. Von Harald Lachmann<br />
in Erfurt, Chemnitz, Zwickau, Gera, Jena<br />
und im Erzgebirge.<br />
Und auch wenn es jüngst wieder Berichte<br />
über nicht gezahlten Mindestlohn bei Minijobbern<br />
gab, sagt Pohlmann: Inzwischen<br />
finde man keinen Beschäftigten mehr, der<br />
„im Arbeitsvertrag weniger als den vorgeschriebenen<br />
Mindestlohn stehen hat“. Indes<br />
sei Papier auch geduldig – „da kann<br />
man alles drauf schreiben.“ Ein Vertrag sei<br />
denn für sie „das geringste Entlastungsmittel“.<br />
Wer Mindestlohn erhält, wird nicht<br />
reich davon. Bei 40 Wochenstunden<br />
kommt man auf gut<br />
1.500 Euro im Monat brutto. Doch zwischen<br />
Ostsee und Vogtland wird derzeit<br />
jeder Vierte auf dieser Basis entlohnt. Zudem<br />
entspricht hier im Osten diese Lohnuntergrenze<br />
noch immer rund 55 Prozent<br />
des für das jeweilige Bundesland ermittelten<br />
Durchschnittsgehalts. In Baden-Württemberg<br />
sind es nur 39 Prozent. So schaue<br />
man sich gerade im Osten, wo eben „in<br />
vielen Bereichen genau jene 8,84 Euro<br />
gezahlt werden“, die real entlohnten Zeitstunden<br />
„schon genauer an“, versichert<br />
Zolloberamtsrat Bernhard Pohlmann. Der<br />
50-Jährige ist Chef der Prüfer im Hauptzollamt<br />
Erfurt. Zu seinem Bereich gehören<br />
neun der bundesweit 113 Einsatzstandorte<br />
der Finanzkontrolle Schwarzarbeit – so<br />
Forderungen der Arbeitgeber<br />
Zum Beispiel dürfe ein Großteil der üblichen<br />
Qualitätsprämien, Akkordzulagen,<br />
Nacht- oder Mengenzuschläge nicht in<br />
jene 8,84 Euro einfließen. Denn diese<br />
Aufgelder flössen ja „zweckgebunden,<br />
dienen etwa dem Gesundheitsschutz“.<br />
Auch die Überlassung von Dienstkleidung<br />
oder Werkzeug bleibe unberücksichtigt<br />
und ebenso alle Trinkgelder. Und<br />
Weihnachts- und Urlaubsgeld lasse sich<br />
Foto: Andreas Scholz/fotolia.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
OSTDEUTSCHLAND | 29<br />
Fotos: Harald Lachmann (oben), Zoll (unten)<br />
allenfalls in dem Monat, in dem es ausgezahlt<br />
wird, auf den Mindestlohn anrechnen.<br />
Aber speziell hier wird auch<br />
bereits der Widerstand<br />
gerade ostdeutscher<br />
Arbeitgeber sichtbar.<br />
In einem Forderungspapier,<br />
das Hartmut<br />
Bunsen als Präsident<br />
des Unternehmerverbandes<br />
Sachsen<br />
2016 im Bundestag<br />
übergab, fordert<br />
er namens aller Unternehmerverbände<br />
Ost, auch jene Sonderzahlungen<br />
bei der<br />
Lohnuntergrenze zu<br />
berücksichtigen. Denn andernfalls sei es<br />
ja kein Mindestlohn, sondern schon ein<br />
Grundlohn. Zugleich drängt Bunsen auf<br />
„eine Differenzierung nach Branchen<br />
und Regionen“. Und nötig sei auch eine<br />
„Ausnahmeregelung für die von der Lohnuntergrenze<br />
gefährdeten Unternehmen“.<br />
Nur so bleibe gewahrt, dass hiesige Mittelständler<br />
„konkurrenzfähig am nationalen<br />
wie auch internationalen Markt agieren,<br />
Wertschöpfung in der Region generieren,<br />
Arbeitsplätze erhalten und neue<br />
schaffen“.<br />
Zoll agiert nach geltendem Recht<br />
Doch all das kann nur die Politik ändern.<br />
Der Zoll agiert dagegen auf Basis geltender<br />
Gesetze – auch wenn diese zum Leidwesen<br />
vieler kleinerer Firmenchefs zu „einem<br />
unverhältnismäßig hohen bürokratischen<br />
Aufwand“ führen. Doch diesen zu<br />
betreiben, sei jedem Unternehmer dringend<br />
empfohlen, betont der Zolloberamtsrat.<br />
Werde es doch für ihn schnell teuer,<br />
zahle er die 8,84 Euro nicht oder zu spät,<br />
schludere bei den Aufzeichnungen darüber<br />
oder gebe sich bei Kontrollen sperrig.<br />
Denn wer nicht nach Mindestlohn entgelte,<br />
führe auch „zu geringe Beiträge an<br />
die Sozialkassen ab und hinterziehe unter<br />
Umständen Steuern“. So arbeiteten ihre<br />
Prüfer oft auch parallel zu den Staatsanwaltschaften.<br />
Und sei ein Verdacht „hinreichend<br />
stark, erwirken wir beim Gericht<br />
einen Durchsuchungsbeschluss“.<br />
Zolloberamtsrat Bernhard Pohlmann ist<br />
im Hauptzollamt Erfurt zuständig für die<br />
Mindestlohnprüfungen.<br />
Selten gehe man übrigens anonymen Anzeigen<br />
nach, verrät Pohlmann. Weder Leuten,<br />
die „uns mitteilen, ihr schon lange arbeitsloser<br />
Nachbar geht dennoch<br />
jeden Morgen in Arbeitskleidung<br />
aus dem Haus und<br />
kommt erst abends<br />
wieder“, noch Anrufer,<br />
die „20 Ausländer<br />
auf einer Baustelle“<br />
entdecken, seien<br />
ihre erste Quelle. Die<br />
allermeisten Indizien<br />
erhalte der Zoll aus<br />
eigenen Prüfungen:<br />
„Wir lassen uns von<br />
unserer<br />
Erfahrung<br />
leiten, haben viel<br />
Feldkenntnis, viel<br />
Branchenwissen!“<br />
Man agiere dort, wo „uns Verdächtiges<br />
auffällt – und das stets unangemeldet,<br />
selbst nachts und an den Wochenenden“.<br />
Das meiste Wissen schöpft der Zoll aus<br />
bundesweiten Schwerpunktprüfungen,<br />
wie kürzlich in der Bauwirtschaft:<br />
Damit erarbeite<br />
man sich in den relevanten<br />
Branchen ein<br />
„Lagebild zum aktuellen<br />
Geschäftsgebaren: Gibt<br />
es Verstöße? Welcher Art sind diese? Wie<br />
werden sie kaschiert?“, so Pohlmann.<br />
Hierbei stütze man sich auf „sehr belastbare<br />
Erfahrungswerte, wie ein Unternehmen<br />
funktioniert“. So gleiche man die<br />
Betriebsunterlagen, „die uns offengelegt<br />
werden müssen“, mit dem ab, was man<br />
selbst sieht: „Lässt<br />
sich etwa mit der vorgefundenen<br />
Zahl an<br />
Leuten sowie in der<br />
aus den Arbeitsverträgen<br />
hervorgehenden<br />
– mithin also entlohnten<br />
– Arbeitszeit jener<br />
Umsatz oder jene Produktionsmenge<br />
schaffen,<br />
die die Bilanzunterlagen<br />
ergeben?“<br />
„Wir brauchen<br />
Differenzierungen<br />
nach Branchen und<br />
Regionen.“<br />
Die Mindestlohnprüfer der<br />
Finanzkontrolle Schwarzarbeit<br />
des Zolls beim Einsatz auf einer<br />
Baustelle in Thüringen.<br />
Pohlmann verweist auf<br />
ausgewiesene Spezialisten<br />
in den Prüfteams.<br />
„Wir wissen, was ein LKW oder<br />
ein Taxi kosten und wie lange sie täglich<br />
rollen müssen, damit sie sich amortisieren.<br />
Wir wissen, wie viele Leute in wie<br />
viel Stunden 1.000 Quadratmeter Estrich<br />
verlegen oder eine Tonne Stahl biegen –<br />
und können daraus schnell Schlüsse zur realen<br />
Entlohnung ziehen“, plaudert er aus<br />
der Praxis. Hinzu kämen Profis für IT-Forensik:<br />
„Wir beschlagnahmen ja auch elektronische<br />
Datensätze. Diese müssen gesichert<br />
und später ausgewertet werden.“<br />
Hierzu hätten sie „Befugnisse wie eine Polizeibehörde“.<br />
So trügen ihre Prüfer auch<br />
Dienstkleidung, sie träten meist zu dritt<br />
auf, seien mit Pistolen und Pfefferspray<br />
bewaffnet und zögen „prinzipiell schusssichere<br />
Westen unter“. Das meiste davon<br />
diene der Eigensicherung.<br />
Damit jedoch ein Arbeitgeber erfolgreich<br />
beim Lohn tricksen kann, muss nach Überzeugung<br />
der Zöllner oft „der Beschäftigte<br />
mitspielen, also auch etwas davon haben“.<br />
Das finde man etwa bei ALG-II-Empfängern,<br />
die nur 165 Euro hinzuverdienen dürfen,<br />
bei Leuten in Privatinsolvenz,<br />
die nicht über den<br />
zulässigen Selbstbehalt<br />
kommen wollen, oder bei<br />
Ausländern ohne Arbeitserlaubnis.<br />
Doch so oder<br />
so: Als Arbeitgeber könne man „praktisch<br />
sicher sein, dass man über kurz oder lang<br />
geprüft wird“, betont Bernhard Pohlmann.<br />
Ihr Netz sei engmaschig. Allein im Bereich<br />
des Hauptzollamtes Erfurt führe man jährlich<br />
gut 2.000 Prüfungen sowie 18.000<br />
Personenbefragungen durch. W+M<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
30 | W+M TITEL<br />
China setzt auf deutsches Know-how: Auch der<br />
ostdeutsche Mittelstand gerät vermehrt in den<br />
Fokus milliardenschwerer Investoren aus Fernost.<br />
Auf dem Einkaufszettel stehen etwa Spezialisten<br />
aus dem Maschinenbau, der Schienentechnik<br />
oder dem Energiesektor. Von Matthias Salm<br />
Es ist ein heikles Thema: Kaum im<br />
Amt, schlug Bundeswirtschaftsministerin<br />
Brigitte Zypries Alarm. Gemeinsam<br />
mit ihren französischen und italienischen<br />
Amtskollegen warnte Zypries in<br />
einem Brief an die EU-Handelskommissarin<br />
vor einem Ausverkauf europäischer Expertise<br />
in Schlüsselindustrien an außereuropäische<br />
Investoren.<br />
Die Warnung galt vor allem China und seiner<br />
„Made in China 2025“-Strategie. Denn<br />
seit 2006 steigt die Zahl der Zukäufe chinesischer<br />
Investoren in Europa kontinuierlich.<br />
2016 tätigten sie laut Beratungsgesellschaft<br />
EY (Ernst & Young) 309 Akquisitionen,<br />
68 davon in Deutschland.<br />
Der Hintergrund: Weil die Tage des Billiglohnlandes<br />
China absehbar gezählt<br />
sind, will das Reich der Mitte den Weltmarkt<br />
künftig als Hightech-Produzent aufmischen.<br />
Das deutsche Digitalisierungskonzept<br />
„Industrie 4.0“ steht dabei Pate.<br />
Der Masterplan der chinesischen Staatsführung<br />
fordert eine Marktführerschaft in<br />
Zukunftsbranchen – dazu zählen nach Pekinger<br />
Definition Informationstechnologien,<br />
Industrieroboter, Luft- und Raumfahrt,<br />
Schifffahrt, Schienentechnik, Elektro-Autos,<br />
Energietechnik, Neue Werkstoffe, Medizintechnik<br />
sowie Landmaschinen.<br />
34 Firmen in Sachsen-Anhalt<br />
Dank dieser Strategie rückt auch der ostdeutsche<br />
Mittelstand zunehmend ins Visier<br />
chinesischer Aufkäufer. Allen voran in<br />
Sachsen-Anhalt: Ende letzten Jahres zählte<br />
Sachsen-Anhalt insgesamt 34 Unternehmen<br />
mit chinesischen Gesellschaftern mit<br />
einem Anteil von mehr als 25 Prozent oder<br />
einer chinesischen Konzernmutter. Allein<br />
die öffentlich geförderten chinesischen Unternehmen<br />
investierten laut Investitions-<br />
und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt<br />
seit dem Jahr 2000 rund 133 Millionen<br />
Euro im Land. Sie schufen damit rund 500<br />
neue Dauerarbeitsplätze und erhielten über<br />
800. Das sächsische Wirtschaftsministerium<br />
zählte im November 2016 15 chinesische<br />
Übernahmen im Freistaat mit zusammen<br />
3.650 Mitarbeitern. Die Wirtschaftsförderung<br />
Brandenburg (ehemals ZAB) hat<br />
bislang 24 chinesische Investoren betreut.<br />
Gute industrielle Basis<br />
Für Investitionen in Ostdeutschland sprechen<br />
nach einer Analyse der Chinesischen<br />
Handelskammer in Deutschland das große<br />
Wachstumspotenzial, die günstige Verkehrslage,<br />
niedrige Grundstücks- und Mietpreise,<br />
eine gute industrielle Basis, relativ<br />
niedrige Personalkosten und die öffentliche<br />
Förderung. Gleichzeitig klagten die chinesischen<br />
Unternehmer in der Umfrage aber<br />
auch über Probleme im interkulturellen Ma-<br />
Foto: macrovector/fotolia.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
CHINA | 31<br />
Positive Erfahrungen:<br />
GILUPI-Geschäftsführer<br />
Dr. Jens Pfannkuche.<br />
nagement, bei Arbeitsgenehmigungen<br />
sowie<br />
über politische und kulturelle<br />
Vorurteile.<br />
Doch die Chinesen lernen beständig<br />
dazu. Bis 2010 konzentrierten<br />
sich die Akquisitionen auf den Maschinenbau<br />
und auf Übernahmen aus der Insolvenz.<br />
Wie etwa beim Ascherslebener<br />
Maschinenbauer SCHIESS GmbH, den die<br />
Shenyang Machine Tool Group vor dem<br />
Aus rettete und sich so gleichzeitig einen<br />
deutschen Markennamen und Zugang zu<br />
deutscher Technologie sicherte.<br />
Mittlerweile, so das Fazit einer Studie von<br />
PricewaterHouseCoopers, spielen bei den<br />
Firmenkäufen strategische Überlegungen<br />
eine dominantere Rolle. Gefragt sind jetzt<br />
Technologien von herausragender Bedeutung<br />
für den chinesischen Markt. Beispiel<br />
Recyclingtechnik für die nach wie vor drängende<br />
Umweltproblematik: 2016 ging die<br />
niedersächsische EEW Energy from Waste<br />
GmbH an die staatliche Beijing Entrp<br />
Grp Co. Ltd. Die EEW GmbH betreibt unter<br />
anderem das Müllheizkraftwerk in Magdeburg<br />
sowie Kraftwerke in Stavenhagen,<br />
Premnitz, Schwedt und Großräschen und<br />
ist auf Energiegewinnung durch Müllverbrennung<br />
spezialisiert.<br />
diagnostik. Die 2006<br />
gegründete GILUPI<br />
GmbH entwickelte<br />
einen patentierten<br />
medizinischen Detektor,<br />
den GILUPI<br />
CellCollector®, zur<br />
Gewinnung von kompletten<br />
zirkulierenden<br />
Tumorzellen – der sogenannten<br />
Flüssigbiopsie.<br />
CHINA EXPANDIERT<br />
Anzahl von Unternehmenszukäufen oder -beteiligungen<br />
chinesischer Unternehmen in Deutschland<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
2013<br />
2014<br />
2015<br />
2016<br />
2<br />
22<br />
Bereits seit 2012 engagierte sich das chinesische<br />
Medizintechnikunternehmen<br />
VIROAD Biotechnology Co. Ltd als größter<br />
Gesellschafter bei GILUPI. Jüngst<br />
übernahmen die Chinesen die restlichen<br />
Anteile an den Potsdamern. GILUPI-Geschäftsführer<br />
Dr. Jens Pfannkuche sieht<br />
im neuen Eigentümer weniger Risiken,<br />
denn vor allem Chancen für ein Marktwachstum<br />
in China: „VIROAD ist ein<br />
strategischer Investor mit dem Ziel, die<br />
GILUPI CellCollector®-Technologie im<br />
chinesischen Markt voranzutreiben“,<br />
sagt Pfannkuche. „Entscheidend sind die<br />
Kenntnisse des dortigen Medizintechnikmarktes,<br />
der anderen Gesetzen folgt als<br />
der deutsche.“<br />
Pfannkuche ist sich sicher, dass sich die<br />
Flüssigbiopsie vor allem in der Onkologie<br />
als Verfahren neben der Gewebebiopsie<br />
etablieren wird: „GILUPI liefert dafür<br />
eine elegante Probenentnahmetechnologie.“<br />
Dies bestätigt auch Xu Baozhi,<br />
26<br />
28<br />
36<br />
40<br />
68<br />
Foto: GILUPI GmbH, Quelle Schaubilder: EY<br />
Die Berliner Recycling-Spezialisten ALBA<br />
schlossen 2016 einen Beteiligungsvertrag<br />
mit einem Fonds unter Führung der<br />
Unternehmerfamilie Deng, Eigentümerin<br />
der Chengdu Techcent Environment Co.<br />
Ltd. Gegenstand der Beteiligung sind das<br />
Elektronikschrott- und Automobilrecycling<br />
sowie das Duale System Interseroh<br />
zur Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen.<br />
Biotech-Branche profitiert<br />
Längst suchen chinesische Firmen im Osten<br />
auch hochinnovative junge Unternehmen<br />
mit Wachstumspotenzial: So etwa<br />
die Potsdamer GILUPI GmbH – ein Unternehmen<br />
der therapiebegleitenden Krebs-<br />
TRANSAKTIONSVOLUMEN EXPLODIERT<br />
Unternehmenszukäufe oder -beteiligungen chinesischer Unternehmen<br />
in Deutschland (in Millionen US-Dollar)<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
2013<br />
2014<br />
2015<br />
2016<br />
67<br />
448<br />
621<br />
530<br />
1.496<br />
2.456<br />
12.560<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
32 | W+M TITEL CHINA<br />
General Manager von VIROAD: „Die Produkte<br />
der GILUPI stoßen im chinesischen<br />
Markt auf eine große Nachfrage. Die Bevölkerung<br />
in unserem Land wird immer älter<br />
und der Markt für die Diagnostik wächst<br />
dynamisch.“<br />
Auf Werbetour in Shanghai: Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig.<br />
Ostdeutsche Länder werben<br />
Die ostdeutschen Wirtschaftsförderer<br />
halten die Vorbehalte gegen einen zu starken<br />
Zugriff Chinas auf den ostdeutschen<br />
Mittelstand nicht davon ab, ihre Kontakte<br />
nach Fernost zu intensivieren. 2016 bereiste<br />
eine Delegation von sächsischen Vertretern<br />
aus Politik und Wirtschaft die Städte<br />
Wuhan, Shanghai und Suzhou. Mit an Bord:<br />
Firmen aus dem Maschinenbau sowie der<br />
Umwelt- und Medizintechnik.<br />
Auf Einkaufstour im Osten<br />
So breit gestreut ist das Portfolio chinesischer<br />
Investoren in den ostdeutschen<br />
Bundesländern. Eine Auswahl:<br />
Flugzeugtechnik<br />
Die Staatsholding AVIC International<br />
übernahm 2013 die insolvente Thielert<br />
AG im sächsischen St. Egidien, einem<br />
Anbieter von innovativen Kerosin-Kolbenflugmotoren.<br />
Automotive<br />
In Hainichen wechselte der größte Arbeitgeber<br />
der Stadt ebenfalls in chinesischen<br />
Besitz. Das ehemalige Werk des<br />
mexikanischen Metalsa-Konzerns, unter<br />
anderem Zulieferer für BMW und VW,<br />
heißt nun ISH-Innomotive Systems Hainichen<br />
und gehört zur staatlichen chinesischen<br />
SUMEC Group. Der digitale Kartendienst<br />
Here, einst als Berliner Startup<br />
an den Markt gegangen und mittlerweile<br />
im Besitz von BMW, Audi und<br />
Daimler, holte 2016 unter anderem den<br />
chinesischen Kartenanbieter Navinfo und<br />
den ebenfalls aus China stammenden Internetkonzern<br />
Tencent ins Boot. Ziel: die<br />
Entwicklung von hochauflösenden Karten<br />
für die Navigation von selbstfahrenden<br />
Fahrzeugen.<br />
Maschinenbau<br />
Bereits 2013 stieg die Wafangdian Bearing<br />
Group Corporation, der größte Hersteller<br />
von Kugellagern in China, bei<br />
der Kugel- und Rollenlagerwerk Leipzig<br />
GmbH ein. Im thüringischen Königssee-Rottenbach<br />
entwickelt und produziert<br />
die Werkö GmbH Präzisionswerkzeuge<br />
für die Metallbearbeitung als<br />
100-prozentige Tochter der Top Eastern<br />
Drills Co. Ltd. Der Zeitzer Maschinenbauer<br />
ZEMAG landete nach wechselvoller<br />
Geschichte als Zemag Clean Energy<br />
Technology GmbH unter dem Dach der<br />
Shanghai Zemag Mindac Machinery &<br />
Equipment Co., Ltd.<br />
Energietechnik<br />
Seit 1999 werden in Nordhausen Rotorblätter<br />
für Windkraftanlagen gefertigt.<br />
Die Sinoi GmbH ist mittlerweile Teil der<br />
CNBM-Holding. Auch hier griff der chinesische<br />
Investor bei laufender Insolvenz<br />
zu. Chinas größter Baustoffkonzern<br />
übernahm 2014 ebenso den Solarmodul-<br />
Hersteller AVANCIS in Torgau. Auch in<br />
Thüringen wanderte die Solarindustrie<br />
in chinesische Hand, etwa die auf automobile<br />
Solaranlagen spezialisierte Erfurter<br />
Firma Asola.<br />
„Die Volksrepublik China spielt im Rahmen<br />
der Akquisitionsaktivitäten der Wirtschaftsförderung<br />
Sachsen eine entscheidende<br />
Rolle“, erklärt Sachsens Wirtschaftsminister<br />
Martin Dulig gegenüber<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong>. „Auch weil China<br />
seit der Jahrtausendwende eine ‚Going-out-Strategie‘<br />
verfolgt, die zu einem<br />
sprunghaften Anstieg der chinesischen Direktinvestitionen<br />
im Ausland geführt hat.“<br />
Gegenwärtig sprechen die Sachsen etwa<br />
im Bereich der Bahnindustrie gezielt Unternehmen<br />
an. Schließlich forscht der weltgrößte<br />
chinesische Schienenfahrzeughersteller<br />
CRRC bereits gemeinsam mit der<br />
Technischen Universität Dresden an Leichtbau-Zügen<br />
der Zukunft und übernahm 2016<br />
die Bautzener CIDEON Engineering GmbH<br />
& Co. KG, einen führenden Engineering-<br />
Dienstleister in der Schienenfahrzeugtechnik.<br />
Der Bahnriese CRRC drängt mit Macht<br />
auf den Weltmarkt vor, da kommt das sächsische<br />
Know-how gerade recht.<br />
Die gegenwärtige Debatte ereilt die Sachsen<br />
daher eher zur Unzeit. „Staatliche<br />
Maßnahmen, die auf einen einseitigen erweiterten<br />
Schutz vor ausländischen Investoren<br />
abzielen, unterstützt Sachsen nicht“,<br />
heißt es aus dem Dresdner Wirtschaftsministerium.<br />
„Deutschland sollte als Exportnation<br />
keine Signale aussenden, die<br />
als Abschottung der eigenen Märkte missverstanden<br />
werden könnten“, warnt Dulig.<br />
<br />
W+M<br />
Foto: SMWA/Rietschel<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
R K T<br />
IV<br />
llering über<br />
der<br />
Sanktionen<br />
4<br />
Starke Partner<br />
für ein starkes Magazin<br />
28. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni <strong>2017</strong> | ZKZ 84618 | Deutschland 6,50 €<br />
BERLIN<br />
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BILANZ<br />
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STLOHN<br />
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ten so interessant für Investoren aus dem Reich der Mitte ist<br />
kommen<br />
0 3 >Chinesen<br />
1 9 8 4 6 1 8 0 6 5 0 0
34 | W+M TITEL<br />
„Bei chinesischen Unternehmen hat sich der Trend<br />
zu Investitionen im Osten deutlich verstärkt“<br />
W+M-Interview mit Shi Mingde, Botschafter der Volksrepublik China in Deutschland<br />
W+M: Exzellenz, wie bewerten Sie den<br />
aktuellen Stand der wirtschaftlichen Beziehungen<br />
zwischen China und Deutschland?<br />
Shi Mingde: Die Zusammenarbeit in<br />
Wirtschaft und Handel ist seit jeher der<br />
Stabilitätsanker der chinesisch-deutschen<br />
Der chinesische<br />
Botschafter in<br />
Deutschland<br />
Shi Mingde.<br />
Beziehungen. Nach deutschen Statistiken<br />
belief sich das Handelsvolumen zwischen<br />
den beiden Ländern im Jahr 2016<br />
auf etwa 170 Milliarden Euro. China ist<br />
erstmals zu Deutschlands weltweit größtem<br />
Handelspartner geworden. Nach chinesischen<br />
Daten haben sich rund 8.200<br />
deutsche Firmen in China niedergelassen,<br />
und mehr als 2.000 chinesische Unternehmen<br />
haben in Deutschland Fuß<br />
gefasst. Die Investitionen der beiden<br />
Länder wandeln sich von der<br />
früheren Einbahnstraße, auf der<br />
überwiegend die deutsche Seite<br />
in China investierte, in Bahnen,<br />
die in beide Richtungen<br />
führen.<br />
W+M: Auf welchen Gebieten<br />
wünscht sich China eine weitere<br />
Intensivierung der wirtschaftlichen<br />
Zusammenarbeit mit<br />
Deutschland?<br />
Shi Mingde: Die chinesisch-deutsche<br />
Zusammenarbeit in Wirtschaft und Handel<br />
hat bereits ein hohes Niveau erreicht,<br />
birgt aber immer noch ein großes Potenzial.<br />
In Bereichen wie der vertieften Verknüpfung<br />
von „Made in China 2025“ mit<br />
der deutschen „Industrie 4.0“, der intensiveren<br />
Teilnahme an der chinesischen<br />
Initiative „Neue Seidenstraße”, der gemeinsamen<br />
Teilnahme an Ausschreibungen<br />
für Neubau- und Erweiterungsinvestitionen<br />
auf Drittmärkten, der Energieeinsparung<br />
und dem Umweltschutz sowie<br />
dem Innovations- und Pioniergeist junger<br />
Menschen sind beide Seiten gerade<br />
dabei, zum gegenseitigen Vorteil neue<br />
Wege der Zusammenarbeit zu erschließen.<br />
W+M: Welchen Ruf genießen deutsche<br />
Erzeugnisse in China?<br />
Shi Mingde: „Made in Germany“ hat in<br />
China einen sehr guten Klang. Die Leute<br />
dort betrachten solche Erzeugnisse meist<br />
als haltbar, zuverlässig, sicher und genau.<br />
Die deutschen Industrieunternehmen haben<br />
im Laufe ihrer Entwicklung im Kern<br />
ihre Wettbewerbsfähigkeit bewahrt und<br />
sich an die unterschiedliche Nachfrage<br />
der Märkte und der Kunden angepasst.<br />
Diese Erfahrungen haben für die Entwicklung<br />
der chinesischen Fertigungsindustrie<br />
wichtige Hinweise und Bezugspunkte<br />
geliefert.<br />
W+M: In den letzten Jahren hat es eine<br />
erhebliche Zunahme von Investitionen<br />
chinesischer Unternehmen<br />
in deutsche Unternehmen<br />
gegeben. Hat sich<br />
diese Strategie für die<br />
chinesische Volkswirtschaft<br />
bereits<br />
ausgezahlt?<br />
Foto: W+M/Ralf Succo<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
CHINA | 35<br />
Foto: W+M/Ralf Succo<br />
Shi Mingde: In den letzten Jahren hat das<br />
Wachstum der Investitionen chinesischer<br />
Betriebe in Fusionen und Übernahmen in<br />
Deutschland relativ rasch zugenommen,<br />
doch verglichen mit anderen Staaten in<br />
Amerika und Europa ist das Ausmaß der<br />
chinesischen Investitionen in Deutschland<br />
nach wie vor recht bescheiden und macht<br />
einen Anteil von weniger als ein Prozent<br />
am Gesamtvolumen der Auslandsinvestitionen<br />
in Deutschland aus. Wenn chinesische<br />
Firmen nach Deutschland kommen<br />
und hier in Fusionen und Übernahmen investieren,<br />
geschieht dies mit Blick auf die<br />
langfristige Entwicklung und folgt den Verhaltensmustern<br />
der Marktwirtschaft. Daraus<br />
ergeben sich nicht nur Vorteile für die<br />
globale Diversifizierung der chinesischen<br />
Unternehmen, sondern auch für die deutschen<br />
Unternehmen im Hinblick auf dringend<br />
benötigte Kapitalspritzen und Vertriebswege,<br />
so dass man von wechselseitigen<br />
Vorteilen und einer Win-Win-Situation<br />
sprechen kann.<br />
W+M: In Deutschland hat sich die gestiegene<br />
Innovationskraft und Leistungsfähigkeit<br />
chinesischer Unternehmen noch nicht<br />
überall herumgesprochen. Daher werden<br />
chinesische Investments bei uns mitunter<br />
noch von Argwohn begleitet. Wie erklären<br />
Sie sich das?<br />
Chinas Botschafter Shi Mingde (r.) empfing W+M-Chefredakteur Karsten Hintzmann in seinen<br />
Berliner Amtsräumen.<br />
Shi Mingde: China wurde in der Vergangenheit<br />
stets als die „Werkbank der Welt“<br />
bezeichnet, die Fähigkeiten zu Innovation<br />
und Forschung kamen dagegen zu kurz.<br />
Diese Situation verändert sich gerade rapide,<br />
Chinas Fähigkeit zu selbstbestimmter<br />
Innovation steigt stetig an. In einem weltweiten<br />
Ranking zur Innovationsfähigkeit<br />
der einzelnen Länder belegt China inzwischen<br />
bereits den 18. Platz. In Bereichen<br />
wie der Luft- und Raumfahrt, dem Internet<br />
und der Datentechnik hat es sogar weltweit<br />
eine Führungsrolle übernommen.<br />
Manche Menschen befürchten, dass von<br />
chinesischen Unternehmen übernommene<br />
Betriebe geschlossen werden und<br />
dass die Technik entführt wird. In Wirklichkeit<br />
verhält es sich jedoch genau umgekehrt,<br />
da die chinesischen Unternehmen<br />
mit ihren Investitionen in Deutschland zusätzliche<br />
Arbeitsplätze schaffen, Firmen<br />
den Zugang zum chinesischen Markt eröffnen<br />
und neue Entwicklungschancen<br />
mitbringen.<br />
W+M: Da sich unser Magazin auf Ostdeutschland<br />
fokussiert, interessiert uns<br />
natürlich, welche Branchen und Regionen<br />
in den neuen Bundesländern besonders<br />
interessant für chinesische Firmen sind?<br />
Shi Mingde: In den mehr als zwei Jahrzehnten<br />
seit der Wiedervereinigung der<br />
beiden Teile Deutschlands haben die<br />
neuen Bundesländer im Ausbau der Infrastruktur<br />
und in der industriellen Aufrüstung<br />
riesige Fortschritte gemacht, so<br />
dass ihre Attraktivität für ausländische<br />
Investitionen stetig gestiegen ist. Die<br />
neuen Bundesländer verfügen über beträchtliche<br />
Vorzüge. Zum Beispiel haben<br />
sie auf der Grundlage der konkreten Gegebenheiten<br />
eine ganze Reihe von politischen<br />
Maßnahmen zur Begünstigung ausländischen<br />
Kapitals verfügt und gebieten<br />
über ein vergleichsweise großes Entwicklungspotenzial,<br />
eine günstige Verkehrslage,<br />
niedrige Boden- und Mietpreise, ein<br />
gesundes industrielles Fundament sowie<br />
im Vergleich zum Westen relativ niedrige<br />
Personalkosten. Besonders im Blickpunkt<br />
chinesischer Investoren stehen im<br />
Augenblick Sparten wie die Fahrzeugindustrie,<br />
die chemische Industrie, Medizin<br />
und Pharmakologie, Maschinen und<br />
Ausrüstungen, saubere Energien und Biotechnologie.<br />
Chinesische Investoren interessieren<br />
sich zunehmend für den Osten<br />
Deutschlands, ihre Kenntnisse werden immer<br />
umfangreicher, und es eröffnen sich<br />
immer neue Geschäftsfelder.<br />
W+M: Gibt es Kooperationen zwischen<br />
chinesischen und ostdeutschen Unternehmen<br />
aus jüngster Vergangenheit, die<br />
an dieser Stelle als positive Leuchttürme<br />
herausgehoben werden sollten?<br />
Shi Mingde: Nach Statistiken der chinesischen<br />
Seite gibt es inzwischen bereits<br />
rund 100 chinesische Firmen, die in den<br />
sechs neuen Bundesländern investiert haben,<br />
davon die Hälfte in Berlin, die andere<br />
Hälfte in den übrigen fünf Bundesländern.<br />
Insgesamt belaufen sich diese Investitionen<br />
auf etwa 1,1 Milliarden Euro. In den<br />
letzten Jahren hat sich bei chinesischen<br />
Unternehmen der Trend zu Investitionen<br />
im Osten deutlich verstärkt. So hat zum<br />
Beispiel Chinas größter Anbieter für aseptische<br />
Verpackungsmaterialien, die Firma<br />
Greatview Packaging, die erste Fabrik im<br />
Ausland just in der Stadt Halle in Sachsen-Anhalt<br />
errichtet. Zudem wurde, als<br />
in Frankfurt an der Oder 2013 das dortige<br />
größte Komponentenwerk der Photovoltaik-Firma<br />
Conergy in Insolvenz ging, dieses<br />
Werk erfolgreich von der Chint-Gruppe<br />
übernommen. Der Stadtrat beschloss<br />
in aller Form, die Straße, an welcher die<br />
Fabrik liegt, in Chint-Allee umzubenennen.<br />
Das chinesisch-schweizerische Gemein-<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
36 | W+M TITEL<br />
schaftsunternehmen Molinari Rail kaufte<br />
die über eine 120-jährige Geschichte<br />
verfügende FTD Fahrzeugtechnik Bahnen<br />
Dessau GmbH auf. Mit diesem Projekt<br />
wurde eine neue Form der Zusammenarbeit<br />
zwischen China, der Schweiz und<br />
Deutschland geschaffen, um gemeinsam<br />
die internationalen Märkte zu erschließen.<br />
W+M: Die ostdeutsche Wirtschaft ist<br />
stark mittelständisch geprägt. Dennoch<br />
drängen auch viele dieser kleinen Unternehmen<br />
mit ihren innovativen Produkten<br />
auf ausländische Märkte. Was raten Sie<br />
mittelständischen Unternehmern zwischen<br />
Rostock und Erfurt, die auf dem<br />
chinesischen Markt Fuß fassen möchten?<br />
ZUR PERSON<br />
Shi Mingde wurde im Dezember 1954<br />
in Shanghai geboren. Bereits im Alter<br />
von neun Jahren begann er, Deutsch zu<br />
lernen. Zwischen 1972 und 1975 absolvierte<br />
er ein Germanistik-Studium in der<br />
DDR. Seit 1976 steht Shi Mingde im<br />
diplomatischen Dienst seines Landes.<br />
Erste Karrierestation war die chinesische<br />
Botschaft in der DDR (1976-1981).<br />
Die Wende erlebte er hautnah mit – als<br />
2. Sekretär der chinesischen Botschaft<br />
in Ost-Berlin (1986-1990). Es folgten<br />
Stationen an den Botschaften in Bonn<br />
und Berlin. Von 2010 bis 2012 war er<br />
chinesischer Botschafter in Wien. Seit<br />
August 2012 vertritt er sein Land als<br />
Botschafter in Berlin. Shi Mingde ist<br />
verheiratet und Vater eines Kindes.<br />
Shi Mingde: Wenn mittelständische und<br />
kleine Unternehmen den chinesischen<br />
Markt erschließen wollen, ist meines Erachtens<br />
der Chinahandel nur ein Aspekt.<br />
Noch wichtiger ist es, China und die Bedürfnisse<br />
der chinesischen Entwicklung<br />
zu verstehen, um im chinesischen Markt<br />
Fuß zu fassen, also vor Ort in den Bau von<br />
Fabriken zu investieren und dort Präsenz<br />
zu zeigen. Sie müssen an Ort und Stelle<br />
die Bedürfnisse der chinesischen Verbraucher<br />
kennenlernen und Produkte entwickeln,<br />
die auf die besonderen Konsumgewohnheiten<br />
des chinesischen Marktes<br />
abgestimmt sind. Deutsche Unternehmen<br />
genießen in China einen hervorragenden<br />
Ruf, und alle lokalen Regierungen heißen<br />
Investitionen von deutscher Seite noch<br />
viel eher willkommen als aus jedem anderen<br />
Land. Die chinesischen und die deutschen<br />
Regierungen wie auch Handelskammern<br />
haben bereits zahlreiche Foren<br />
geschaffen und schlagen vor, dass sie mit<br />
investitionswilligen chinesischen Firmen<br />
noch engere Formen der Kooperation aufbauen.<br />
Auch die chinesische Botschaft in<br />
Deutschland ist willens, den Osten noch<br />
stärker bei der Förderung der Zusammenarbeit<br />
mit China zu unterstützen.<br />
Die chinesische Botschaft in Berlin.<br />
W+M: Sie haben in der DDR studiert und<br />
seither in verschiedenen Funktionen insgesamt<br />
25 Jahre in Deutschland gearbeitet.<br />
Sie gelten als exzellenter Kenner unseres<br />
Landes. Gibt es Orte und Lebensgewohnheiten<br />
speziell in Ostdeutschland,<br />
die Sie besonders schätzen?<br />
Shi Mingde: Ich habe sowohl in Ost- als<br />
auch in Westdeutschland gearbeitet und<br />
gelebt und bin mit eigenen Augen in Berlin<br />
Zeuge der Wiedervereinigung der beiden<br />
Teile Deutschlands geworden. Das<br />
war für mich eine sehr wertvolle und bereichernde<br />
Erfahrung. Ich habe sehr viele<br />
Orte im Osten Deutschlands besucht<br />
und die Möglichkeit gehabt, mir ein Bild<br />
von den einzigartigen lokalen Sitten und<br />
Gebräuchen sowie der traditionellen Kultur<br />
zu machen. Besonders lebhaft sind mir<br />
der Karneval in Berlin, die Museen in Dresden,<br />
die Musik und das Theater in Leipzig,<br />
das Schloss Sanssouci in Potsdam sowie<br />
die schönen Landschaften in Harz und Erzgebirge<br />
in Erinnerung geblieben. Ein Eisbein<br />
in Berlin, eine Bratwurst in Thüringen<br />
und ein Radeberger Bier gehören zu den<br />
von mir bevorzugten kulinarischen Spezialitäten<br />
des Ostens. Mit dem diesjährigen<br />
45. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer<br />
Beziehungen zwischen China und<br />
Deutschland verbindet sich die Hoffnung,<br />
dass unsere beiden Länder den Austausch<br />
auf kulturellem Gebiet unablässig verstärken<br />
und damit die traditionelle Freundschaft<br />
zwischen unseren zwei Ländern<br />
weiter festigen.<br />
Interview: Karsten Hintzmann<br />
Foto: W+M/Ralf Succo<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
CHINA | 37<br />
RAGNITZ KOMMENTIERT<br />
Keine Angst vor<br />
chinesischen<br />
Investoren!<br />
Fotos: Gribanessa/fotolia.com (oben), ifo Dresden (unten)<br />
Zunehmend gerät die chinesische<br />
Investitionstätigkeit in den europäischen<br />
Ländern in den Blickpunkt der<br />
Öffentlichkeit. Tatsächlich haben sich die<br />
Auslandsinvestitionen Chinas zwischen<br />
2005 und 2015 mehr als verzehnfacht; in<br />
der Rangliste der globalen Investoren belegt<br />
das Land inzwischen Platz zwei hinter<br />
den USA. Deutschland ist dabei eines<br />
der bedeutsamsten Zielgebiete chinesischer<br />
Investitionen – was hierzulande zuweilen<br />
mit Sorge gesehen wird, fürchtet<br />
man sich doch um den Ausverkauf deutschen<br />
Know-hows gerade im Bereich der<br />
Hochtechnologien. Diese Sorgen scheinen<br />
allerdings wenig begründet, wenn<br />
man sich die Gründe und die Motive<br />
für die starke Investitionstätigkeit<br />
Chinas vor Augen<br />
führt.<br />
Professor Dr. Joachim Ragnitz<br />
ist Stellvertretender Leiter<br />
des ifo-Instituts Dresden.<br />
Ein erster und zugleich<br />
trivialer Grund<br />
für die starken Auslandsinvestitionen<br />
Chinas sind die enormen<br />
Exportüberschüsse<br />
des Landes<br />
– gleichbedeutend<br />
mit der Akkumulation<br />
hoher Vermögensbestände,<br />
die<br />
nach Anlagemöglichkeiten<br />
suchen. Diese<br />
richten sich wegen der Risiken einer nur<br />
auf die heimischen Märkte beschränkten<br />
Anlagestrategie naturgemäß auch auf<br />
die internationalen Kapitalmärkte. Da der<br />
grenzüberschreitende Kapitalverkehr in<br />
China allerdings strengen Kontrollen unterworfen<br />
ist, erklärt dies allein den hohen<br />
Kapitalexport Chinas noch nicht.<br />
Es müssen nämlich auch die Entwicklungsziele<br />
chinesischer Politik in den<br />
Blick genommen werden – eine Marktwirtschaft<br />
im westlichen Sinne ist China<br />
nämlich noch lange nicht, gerade in einem<br />
sensiblen Bereich wie der Außenwirtschaft<br />
geschieht nichts, was nicht<br />
auch von der politischen Führung gutgeheißen<br />
wird. Tatsächlich fördert die<br />
chinesische Regierung seit dem Jahr<br />
2000 strategische Investitionen heimischer<br />
Unternehmen im Ausland ganz<br />
gezielt, um auf diese Weise die langfristige<br />
Entwicklung des Landes<br />
hin zur führenden „Industrie-Supermacht“<br />
der<br />
Welt zu unterstützen –<br />
und zwar nicht mehr<br />
auf der Basis billiger<br />
Massenproduktion,<br />
sondern auf der Basis<br />
eigener technologischer<br />
Stärke. Ein<br />
Zwischenschritt dabei<br />
ist die Weiterentwicklung<br />
bestehender<br />
chinesischer<br />
Unternehmen hin zu<br />
globalen Großkonzernen<br />
im Rahmen<br />
der „Made in China<br />
2025“-Strategie – und zwar durch Kooperation<br />
mit oder Zukauf von forschungsintensiven<br />
Betrieben in als strategisch<br />
bedeutsam angesehenen Technologiebereichen.<br />
Insoweit kommt es den chinesischen<br />
Investoren auch nicht darauf<br />
an, durch Aufkauf von Unternehmen in<br />
Deutschland oder anderswo potenzielle<br />
Konkurrenz auszuschalten, sondern vielmehr<br />
darauf, deren technologische Überlegenheit<br />
für die langfristige Stärkung der<br />
eigenen Unternehmen einzusetzen.<br />
Im Grunde handelt es sich dabei um die<br />
gleiche Strategie, die auch deutsche Unternehmen<br />
bei ihren Auslandsinvestitionen<br />
verfolgen, nämlich durch Erwerb von<br />
Betriebsteilen an Standorten mit entsprechenden<br />
komparativen Vorteilen die Vorteile<br />
internationaler Arbeitsteilung quasi<br />
zu internalisieren. Der Unterschied liegt<br />
darin, dass deutsche Unternehmen häufig<br />
in Produktionsstätten in Niedriglohnländern<br />
investieren, um von den günstigen<br />
Arbeitskosten dort zu profitieren,<br />
während chinesische Unternehmen sich<br />
den Zugang zu deutscher Hochtechnologie<br />
sichern wollen – und zwar nicht nur<br />
für heute, sondern auch für die Zukunft.<br />
Dies erklärt denn auch, weshalb übernommene<br />
Unternehmen aller Erfahrung<br />
nach als integraler Konzernbestandteil angesehen<br />
und insbesondere in ihren technologischen<br />
Kernbereichen sogar noch<br />
ausgebaut werden.<br />
Natürlich gibt es aus hiesiger Sicht dabei<br />
auch Risiken, so wenn unternehmerische<br />
Entscheidungskompetenzen an die neuen<br />
Eigentümer abgetreten werden müssen.<br />
Zumindest kurzfristig scheinen aber<br />
die Vorteile zu überwiegen – auch für die<br />
deutschen Partner, die frisches Kapital und<br />
einen besseren Zugang zum chinesischen<br />
Markt erhalten. Insoweit: Keine Angst vor<br />
chinesischen Investoren! W+M<br />
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38 | W+M TITEL<br />
Wer moderne Technologien<br />
mitbringt, ist in China gern<br />
gesehen<br />
Mehr als 8.000 deutsche Unternehmen engagieren sich derzeit<br />
auf dem chinesischen Markt. Insgesamt investierten sie rund 60<br />
Milliarden Euro. Die Chancen auf die Ausweitung der Geschäfte im<br />
Reich der Mitte sind in etlichen Branchen vielversprechend. Dadurch<br />
fühlen sich zunehmend auch mittelständische Unternehmen aus den<br />
neuen Ländern ermutigt, den Schritt nach China zu wagen.<br />
Von Karsten Hintzmann<br />
Bevor sich deutsche Unternehmen<br />
allerdings auf den Weg gen Osten<br />
machen, sind intensive Markt- und<br />
Branchenrecherchen empfehlenswert.<br />
Eine gute Orientierung liefert hier die Germany<br />
Trade & Invest GmbH (GTAI), die ans<br />
Bundeswirtschaftsministerium angebundene<br />
Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Sie analysiert<br />
die Wirtschaftpolitik Chinas und aktuelle<br />
Marktentwicklungen.<br />
Die chinesische Regierung hat strategische<br />
Branchen identifiziert, in denen man<br />
mittelfristig die Technologieführerschaft<br />
anstrebt: die Informations- und Kommunikationstechnik,<br />
Robotik, CNC-Maschinen,<br />
Luft- und Raumfahrt, Meerestechnik,<br />
Schienenfahrzeuge, Schiffsbau, Autos mit<br />
alternativem Antrieb, autonomes Fahren,<br />
Ausrüstungen zur Stromerzeugung, moderne<br />
Agrartechnologie, neue Materialien,<br />
Biopharmazeutika sowie Medizintechnik.<br />
In diesen Bereichen sind nach Einschätzung<br />
der GTAI ausländische Investoren<br />
und Technologie- und Forschungskooperationen<br />
willkommen. Inwieweit jedoch<br />
ausländische Firmen auch ohne chinesische<br />
Partner vor Ort an dem für diese Industrien<br />
verfügbaren Förderinstrumentarium<br />
partizipieren können, ist derzeit noch<br />
unklar.<br />
Kaufkräftige Mittelschicht wächst<br />
Offenkundig ist, dass die in den letzten<br />
Jahren spürbar gewachsene Mittelschicht<br />
sowie die Oberschicht ein großes Interesse<br />
an Konsumgütern (unter anderem Kosmetik,<br />
Lebensmittel, Mode und Pharma)<br />
aus dem Ausland haben. Die steigende Urbanisierungsrate<br />
wird diesen Trend noch<br />
weiter vorantreiben.<br />
Gesundheitswirtschaft im Aufwind<br />
Auch die chinesische Gesundheitswirtschaft<br />
weist nach Einschätzung der GTAI<br />
Wachstumspotenzial auf, das Umfeld für<br />
ausländische Firmen bleibt dabei jedoch<br />
schwierig, da die Regierung vor allem<br />
auf günstige Produkte setzt. Insgesamt<br />
ist China nach den USA der zweitgrößte<br />
Pharmamarkt. Deutsche Firmen haben<br />
hier bereits einen guten Stand – sie liefern<br />
ein Viertel der Arzneimittelimporte Chinas.<br />
Mehr Produktivität im Maschinenbau<br />
Chinas Industrieprogramm 2025 ist angelehnt<br />
an das deutsche „Industrie 4.0“-Konzept.<br />
Daher ist Deutschland Wunschpartner<br />
im Bereich der intelligenten Produktion. In<br />
diesem Zusammenhang wächst besonders<br />
die Nachfrage nach Automatisierungstechnik<br />
in der Industrie. Die Regierung setzt auf<br />
mehr Produktivität, mehr Innovation und<br />
höhere Ressourceneffizienz, um den Makel<br />
eines Billigproduzenten abzuschütteln.<br />
Bauwirtschaft sucht Zulieferer<br />
Der aufstrebende Bausektor bietet Zulieferern<br />
von Spezialbaumaschinen und -ausrüstung,<br />
etwa Pumpen, Ventile, Aggregate,<br />
Messinstrumente, Fenster oder komplizierte<br />
Glaskonstruktionen, gute Chancen.<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
CHINA | 39<br />
Zeit, Geduld und<br />
Respekt vor dem Alter<br />
Verhaltensregeln für erfolgreiche Verhandlungen in China<br />
Foto: Regormark/Fotolia.com (Mitte)<br />
Die imposante Skyline von Shanghai.<br />
Stark nachgefragt sind deutsche Architekturdienstleistungen<br />
in Nischenbereichen,<br />
wie nachhaltiger Stadtentwicklung, dem<br />
Bau von Alters- und Pflegeheimen, Bauten<br />
europäischer Anmutung sowie dem Umbau<br />
denkmalgeschützter Gebäude.<br />
Niedrige Hürden bei E-Commerce<br />
In China wird zunehmend online gekauft.<br />
Der grenzüberschreitende E-Commerce<br />
bietet deutschen Marken einen Absatzkanal<br />
mit relativ niedrigen Hürden. Bereits<br />
2016 gehörten Waren „made in Germany"<br />
online zu den gefragtesten im chinesischen<br />
Internet. Während große Firmen<br />
eigene Webshops in China aufbauen, tun<br />
sich kleine und mittlere Unternehmen<br />
noch schwer.<br />
Risiken durch Protektionismus<br />
Die GTAI und andere Marktbeobachter<br />
rechnen damit, dass sich chinesische Firmen<br />
in den nächsten fünf Jahren immer<br />
stärker zu Innovationsführern entwickeln.<br />
Dieser Trend wird durch die Bevorzugung<br />
der heimischen Industrie im Rahmen einer<br />
Protektionismusoffensive der Regierung<br />
noch weiter befeuert. Das dürfte den<br />
Spielraum für deutsche Unternehmen auf<br />
dem chinesischen Markt erheblich einschränken.<br />
W+M<br />
In den letzten Jahren hat sich China<br />
rasant entwickelt und der westlichen<br />
Lebensart vielfach angenähert.<br />
Geschäftsreisende, die nach<br />
Shanghai oder Peking fahren,<br />
erleben keinen Kulturschock<br />
mehr. Trotzdem<br />
gibt es immer<br />
noch enorme Unterschiede,<br />
die insbesondere<br />
in Verhandlungssituationen<br />
zum Tragen<br />
kommen.<br />
Aus der konfuzianischen<br />
Philosophie entstammt<br />
das stark ausgeprägte<br />
Hierarchie- und Klassenbewusstsein<br />
der Gesellschaft. Hierzu gehört<br />
Respekt vor dem Alter. Alter wird<br />
gleichgesetzt mit Erfahrung und Entscheidungsbefugnis.<br />
Es ist insofern<br />
ratsam, keinen zu jungen Mitarbeiter<br />
als Leiter einer Verhandlungsdelegation<br />
zu bestimmen.<br />
Bei Geschenken erhöht eine aufwendige<br />
Verpackung dessen Wert. Weiß ist<br />
in China die Farbe der Trauer und deshalb<br />
für Geschenke, Verpackungen und<br />
Blumenbuketts nicht geeignet.<br />
Chinesen sind sehr harte Verhandlungspartner,<br />
die sich normalerweise<br />
ausgezeichnet vorbereiten und bei<br />
Sitzungen regelmäßig Protokoll führen.<br />
Zeit scheint für sie kaum eine Rolle zu<br />
spielen. Verhandlungen können sich<br />
über Tage hinziehen und auch für einen<br />
gewissen Zeitraum unterbrochen<br />
werden. Manch ausländischer Manager<br />
hat darüber schon zu seinen Ungunsten<br />
die Geduld verloren.<br />
Für die Verhandlungen gibt es eine Art<br />
Spezialcode: „Dies ist sehr schwierig“<br />
ist gleichbedeutend mit einem „Nein“.<br />
Die Kenntnis der verschiedenen Formen<br />
des „Ja“ (was Dolmetscher oft<br />
nicht eindeutig übersetzen)<br />
ist ebenfalls höchst bedeutsam.<br />
Ein „Hao“<br />
(ja, gut) oder „Keyi“<br />
(ja, möglicherweise)<br />
bedeuten zunächst<br />
nur, dass<br />
die chinesische<br />
Seite die Äußerungen<br />
der Gegenseite<br />
zur Kenntnis genommen<br />
hat. Mit wirklicher<br />
Zustimmung („tongyi“) haben<br />
diese Begriffe nichts zu tun. Hellhörig<br />
sollte man werden, wenn es von<br />
chinesischer Seite heißt: „Mei you wenti“<br />
– Kein Problem! Denn in der Regel<br />
fangen dann die Schwierigkeiten erst an.<br />
Wer nach China fährt, sollte ausreichend<br />
Visitenkarten mitbringen. Diese sollten<br />
möglichst auf einer Seite auf Chinesisch<br />
sein. Als nächstes sollte man sich ein<br />
paar Wörter auf Chinesisch aneignen,<br />
schon ein einfaches „Ni hao“ (Guten<br />
Tag) wird entsprechend gewürdigt.<br />
Wer ein guter Esser und Trinker ist sowie<br />
über Sitzfleisch verfügt, bringt die<br />
besten Voraussetzungen für einen erfolgreichen<br />
Geschäftsabschluss mit. Da<br />
die Tischsitten in China vergleichsweise<br />
locker sind, drohen hier kaum Stolperfallen.<br />
Nur lautes Schnäuzen gilt als unfein.<br />
Tabu sind heikle Themen wie die chinesische<br />
Tibetpolitik oder Menschenrechte.<br />
Auch Anzügliches ist nicht angebracht.<br />
W+M<br />
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40 | W+M POLITIK<br />
Denkfabrik bereitet<br />
2. Ostdeutsches Wirtschaftsforum vor<br />
Blick in die Zukunft<br />
Nach dem großen Erfolg des ersten Ostdeutschen Wirtschaftsforums,<br />
das im Oktober 2016 stattfand, laufen bereits die<br />
Vorbereitungen für die zweite Auflage des „Davos des Ostens“,<br />
zu dem vom 8. bis 10. November <strong>2017</strong> die Spitzen der Politik und<br />
Führungskräfte aus Wirtschaft und Gesellschaft der neuen Länder<br />
und Berlin in Bad Saarow erwartet werden. Von Karsten Hintzmann<br />
Im Zentrum des diesjährigen Ostdeutschen<br />
Wirtschaftsforums (OWF) steht<br />
die Frage der Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes<br />
Ostdeutschland. Seit Januar<br />
arbeitet eine von der Initiative Wirtschaft.Wachstum.Zukunft<br />
initiierte Denkfabrik,<br />
die das OWF inhaltlich vorbereitet. Dabei<br />
analysiert und diskutiert ein Kreis aus<br />
Wissenschaftlern, Managern, Politikern und<br />
Journalisten über die künftigen Rahmenbedingungen,<br />
die die Wirtschaft in der Region<br />
zwischen Ostsee und Erzgebirge benötigt,<br />
um mittel- und langfristig im Wettbewerb<br />
auf globalen Märkten bestehen zu können.<br />
Ziel ist es, Anregungen zu geben, die dem<br />
eher kleinteiligen ostdeutschen Mittelstand<br />
helfen, die eigenen Kernkompetenzen so<br />
auszuschöpfen, dass man im nationalen<br />
und internationalen Aufholprozess vorankommt.<br />
In diesem Zusammenhang werden<br />
Möglichkeiten und Perspektiven der engeren<br />
Verzahnung zwischen den kleinen und<br />
mittleren Unternehmen mit den vielfältigen<br />
Forschungseinrichtungen in den Ländern<br />
erörtert. Gegenstand der Untersuchungen<br />
ist auch die Frage, inwieweit die Strahlkraft<br />
von größeren und kleineren Metropolregionen<br />
wie Berlin, Leipzig, Jena oder auch<br />
Hamburg genutzt werden kann, um das<br />
zum Teil bereits entstandene Gründerklima<br />
zu befördern.<br />
Auf dem Weg zum Ostdeutschen Wirtschaftsforum<br />
im Herbst in Bad Saarow werden<br />
die Teilnehmer der Denkfabrik nicht nur<br />
intern beraten, sondern ihre Ideen auch mit<br />
weiteren Experten und Praxisvertretern diskutieren.<br />
So sind bereits für Ende April Gesprächsforen<br />
in Potsdam und bei Dresden<br />
geplant.<br />
W+M<br />
STANDPUNKT<br />
NICHT NUR AUF SICHT FAHREN<br />
Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum trägt<br />
die Abkürzung OWF.ZUKUNFT und das<br />
aus gutem Grund. Unendliche viele Veranstaltungen<br />
beschäftigen sich mit den Erfolgen,<br />
die in den zurückliegenden 27 Jahren<br />
erreicht wurden. Das macht stolz und<br />
vermittelt ein gutes Gefühl – aber es greift<br />
zu kurz. Weil diese Rückblicke meist nicht<br />
den Blick nach vorn mit einschließen. Was<br />
Psychologen schon immer wussten, versuchen<br />
wir im Alltag zu überdecken: Wir stehen<br />
Veränderungen skeptisch gegenüber.<br />
Aber es hilft nichts. Sie finden statt, ob wir<br />
es wollen oder nicht. Deshalb ist es besser,<br />
sich bewusst darauf einzustellen, auch<br />
wenn es Überwindung kostet. Für die ostdeutsche<br />
Wirtschaft gibt es auf lange Sicht<br />
keine echten Zukunftsszenarien, auch nicht<br />
auf Länderebene. Die Gründe dafür sind<br />
einfach: Wer weiß schon wirklich, was die<br />
Zukunft bringt? Und: Wer soll sich an dem<br />
Thema versuchen – die Politik, die Wissenschaft<br />
oder die Wirtschaft selbst?<br />
Das OWF.ZUKUNFT will Antworten zum<br />
Thema Zukunft finden. Vorbild ist für uns<br />
das über die Jahre so groß und einflussreich<br />
gewordene Weltwirtschaftsforum<br />
in Davos. Deshalb treffen sich sowohl im<br />
kompetent besetzten Thinktank als auch<br />
beim OWF.ZUKUNFT im Herbst in Bad<br />
Frank Nehring ist Herausgeber des Magazins<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> und Initiator des<br />
Ostdeutschen Wirtschaftsforums OWF.<br />
Saarow die Strategen, die Ideengeber, die<br />
Neugierigen, die Mutigen und die Gestalter<br />
aus vielen Bereichen und diskutieren über<br />
Thesen, Ideen und Wege für die Zukunft<br />
der ostdeutschen Wirtschaft. Wir arbeiten<br />
an dem Blick nach vorn, weil es nicht ausreicht,<br />
immer nur auf Sicht zu fahren und zu<br />
beklagen, dass der Angleichungsprozess<br />
zwischen Ost und West nicht mehr vorankommt.<br />
Frank Nehring<br />
Foto: W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
POLITIK | 41<br />
Verschläft der Osten die Digitalisierung?<br />
Foto: Innolytics<br />
Eine Homepage mit allen Angeboten<br />
im Netz, Kundenkontakt über Videokonferenzen<br />
und Chat, Vertrieb und<br />
Akquise über soziale Medien – das war die<br />
erste Stufe der Digitalisierung. Sie ist so<br />
gut wie abgeschlossen. Jetzt beginnt die<br />
nächste Stufe: Das Internet der Dinge, die<br />
Verfügbarkeit mobiler Angebote beinahe<br />
flächendeckend und Trends wie künstliche<br />
Intelligenz verändern Kunden und Unternehmen,<br />
Geschäftsmodelle und Märkte.<br />
Unternehmen müssen Produkte und Angebote<br />
für Kundenbedürfnisse entwickeln,<br />
die sie heute noch gar nicht kennen. Tätigkeitsbereiche,<br />
die bislang durch Mitarbeiter<br />
erledigt wurden, werden mehr und<br />
mehr durch Algorithmen ersetzt.<br />
Aktuell gibt es kaum eine Managementkonferenz,<br />
auf der das Wort Digitalisierung<br />
nicht als Topthema gelistet ist. Und kaum<br />
ein Tag vergeht ohne Erfolgsmeldungen aggressiver<br />
Technologieunternehmen, die traditionelle<br />
Marktteilnehmer angreifen. Wo ist<br />
Ostdeutschland an dieser Stelle? Wo steht<br />
die Wirtschaft zwischen Rostock und Plauen?<br />
Sind ostdeutsche Unternehmen Vorreiter<br />
der Digitalisierung oder verschlafen sie<br />
den Trend?<br />
Jens-Uwe Meyer: Digitale Disruption.<br />
Die nächste Stufe der Innovation, Business<br />
Village 2016, 288 Seiten, 24,95 Euro.<br />
Berlin geht voran<br />
In Berlin hat sich eines der weltweit führenden<br />
Start-up-Cluster entwickelt. Wer<br />
eine Idee hat, findet in Coworking Spaces<br />
Mitstreiter. Wer ein vielversprechendes<br />
Geschäftsmodell und Investoren gefunden<br />
hat, kann in der Factory Büroräume<br />
und eine Infrastruktur finden. Und auf einem<br />
der unzähligen Events finden sich Investoren<br />
und Ratgeber. Doch was ist außerhalb<br />
von Berlin? In Cottbus, Magdeburg<br />
und Erfurt? In Leipzig oder Rostock?<br />
Wer aktuelle Diskussionen verfolgt, stellt<br />
fest: Praktisch jede Landesregierung hat<br />
irgendwo eine Digitalisierungsinitiative auf<br />
ihrer Homepage stehen. Es finden sich<br />
Verbände und Vereinigungen, die das Thema<br />
vorantreiben. Doch die Wirtschaft insgesamt?<br />
Euphorie? Aufbruch? Wer danach<br />
sucht, sucht lange. Ein Silicon Saxony oder<br />
ein weltweit führendes digitales Innovationscluster<br />
im Osten – Fehlanzeige. Das<br />
ist alarmierend. Denn digitale Disruption<br />
verändert heute bereits Branchen radikal.<br />
Es ist Zeit zum Handeln<br />
Der Umbruch der Banken- und Versicherungsbranche<br />
nimmt bereits zum Teil dramatische<br />
Formen an, der klassische Einzelhandel<br />
meldet kontinuierlich sinkende<br />
Umsatzzahlen und selbst traditionelle Unternehmen<br />
aus dem Bereich der Landwirtschaft<br />
können sich den Folgen der Digitalisierung<br />
nicht entziehen. Produkte, von<br />
denen im Entferntesten niemand glaubt,<br />
dass sie durch die Digitalisierung bedroht<br />
werden, erhalten plötzlich Konkurrenz<br />
durch Algorithmen. Ein Gewächshausbetreiber,<br />
der die Qualität seiner Pflanzen<br />
durch Bodensubstrate sichert, kann den<br />
gleichen Nutzen durch den Einsatz von<br />
Bodensensorik, algorithmengesteuerten<br />
Licht- und Beheizungssystemen und mobilen<br />
Düngerobotern erzielen. Was heute<br />
klingt wie Zukunftsmusik, ist ein Wandel,<br />
der Unternehmen in immer schnellerer<br />
Geschwindigkeit erfasst.<br />
Ostdeutsche Unternehmer haben etwas,<br />
was ihnen eigentlich einen Vorsprung geben<br />
sollte: Wendeerfahrung. Es ist an der<br />
Zeit, das eigene Unternehmen auf die<br />
„Stunde null“ zurückzustellen und an der<br />
Frage zu arbeiten: Würden wir das Unternehmen<br />
heute noch genauso aufbauen<br />
wie nach der Wende? Sie müssen sich in<br />
die Perspektive eines aggressiven Startups<br />
versetzen: Wie würden wir unser eigenes<br />
Unternehmen heute angreifen?<br />
Diese gedankliche Übung gehört zum<br />
Pflichtrepertoire innovativ denkender Unternehmer.<br />
Dr. Jens-Uwe Meyer ist Geschäftsführer<br />
der Innolytics GmbH und Autor des Buches<br />
„Digitale Disruption“.<br />
Schizophrene Strategien<br />
Unternehmen brauchen Innovationskulturen,<br />
die beides zulassen: die Verbesserung<br />
des Bestehenden durch kontinuierliche Erneuerung<br />
sowie die Erfindung des Neuen.<br />
In einem Unternehmensteil sind die<br />
Strategien auf das Optimieren ausgerichtet,<br />
im anderen auf das radikale Erneuern.<br />
In einem werden inkrementelle Innovationen<br />
wie beispielsweise Prozessverbesserungen<br />
und Erweiterungen klassischer<br />
Produktlinien gefördert, im anderen radikale<br />
Ideen und Visionen, die mutiger und<br />
riskanter sind. In einem Unternehmensteil<br />
existieren Richtlinien zur Risikovermeidung,<br />
im anderen wird experimentelles<br />
Scheitern gefördert. Die Entwicklung<br />
schizophrener Strategien ist kein Widerspruch,<br />
sondern ein zwingender Bestandteil<br />
moderner Unternehmensstrategien.<br />
<br />
Jens-Uwe Meyer<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
42 | W+M POLITIK<br />
Wie haben sich Berlins<br />
Abgeordnete um die regionale<br />
Wirtschaft gekümmert?<br />
Am 24. September <strong>2017</strong> entscheiden<br />
die Bundesbürger darüber,<br />
wer in den kommenden vier Jahren<br />
Deutschland führen wird. Sie sind<br />
aufgerufen, ihre Stimmen für den 19.<br />
Bundestag abzugeben. Zum achten<br />
Mal seit 1990 können sich auch die Ostdeutschen<br />
an der Bundestagswahl beteiligen.<br />
Aktuell vertreten 130 der insgesamt<br />
630 Bundestagsabgeordneten<br />
die neuen Bundesländer und Berlin im<br />
DIE GROSSE<br />
W+M<br />
BUNDESTAGS<br />
BILANZ<br />
höchsten deutschen Parlament.<br />
Das Magazin <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
zieht in den bis zur Wahl verbleibenden<br />
Monaten Bilanz. Dazu haben wir allen<br />
Abgeordneten aus Ostdeutschland und<br />
Berlin die Frage gestellt: Was haben Sie<br />
konkret für die regionale Wirtschaft in Ihrem<br />
Wahlkreis in der <strong>2017</strong> zu Ende gehenden<br />
Wahlperiode geleistet?<br />
Lesen Sie in dieser Ausgabe, wie sich<br />
die Volksvertreter aus Berlin um Unternehmen,<br />
Infrastruktur und Jobs in den<br />
insgesamt zwölf Wahlkreisen gekümmert<br />
haben.<br />
<br />
Von Karsten Hintzmann<br />
Foto: XXX<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
BUNDESTAGSBILANZ BERLIN | 43<br />
Dr. Fritz Felgentreu, 48<br />
Neukölln<br />
Dr. Ute Finckh-Krämer, 60<br />
Steglitz-Zehlendorf<br />
Klaus-Dieter Gröhler, 51<br />
Charlottenburg-Wilmersdorf<br />
In meinem Wahlkreis habe ich für die Bedürfnisse<br />
und Anliegen der Unternehmen<br />
jederzeit ein offenes Ohr und leiste branchenspezifisch<br />
Unterstützung, etwa im<br />
Bereich Solarenergie. Gesetzgebungsverfahren,<br />
die die Arbeitsbedingungen der<br />
Neuköllner Unternehmen konkret beeinflussen,<br />
begleite ich mit großer Aufmerksamkeit<br />
und bringe die Sicht der regionalen<br />
Wirtschaft mit ein. Besonders freue<br />
ich mich, dass durch die 2016 erfolgte<br />
offizielle Anerkennung Berlins als Weinanbaugebiet<br />
auch die Arbeit des Britzer<br />
Weingutes weitergeführt werden kann.<br />
Mein Berliner Wahlkreis ist durch eine<br />
Vielzahl wissenschaftlicher Einrichtungen<br />
geprägt. Diese besuche ich im Rahmen<br />
meiner Wahlkreisarbeit und stelle<br />
bei konkreten Anliegen den Kontakt zu<br />
den fachlich zuständigen Abgeordneten<br />
meiner Fraktion her. Auch gegenüber<br />
der Landesregierung unterstütze ich<br />
ihre Anliegen, zum Beispiel die Einrichtung<br />
eines Gründerzentrums für Ausgründungen<br />
aus der Freien Universität<br />
Berlin. Dort entstehen ebenso neue Arbeitsplätze<br />
im Bezirk wie durch erhöhte<br />
Forschungsmittel im Bundeshaushalt.<br />
Mit der City-West im Herzen meines<br />
Wahlkreises spielt Wirtschaft eine wesentliche<br />
Rolle für meine Arbeit. Bereits<br />
als Baustadtrat habe ich mich dafür eingesetzt,<br />
den Bezirk als attraktiven Wirtschaftsstandort<br />
nicht nur zu erhalten,<br />
sondern durch die Reaktivierung wesentlicher<br />
Standortfaktoren (Bikini Berlin/<br />
Bahnhof Zoologischer Garten) und aktive<br />
Ansiedlungspolitik zu revitalisieren. Im<br />
Bundestag setze ich mich als Haushälter<br />
gleichermaßen für Berliner Interessen<br />
ein und stehe dafür auch in stetem Austausch<br />
mit den Unternehmen vor Ort.<br />
Fotos oben: 2x spdfraktion.de (Susie Knoll/Florian Jänicke), Privat, unten: Christof Rieken, Bundestagsfraktion Die Linke, Detlef Eden<br />
Monika Grütters, 55<br />
Marzahn-Hellersdorf<br />
Der Austausch mit den Unternehmen<br />
vor Ort ist mir ein wichtiges Anliegen,<br />
und auf meinen vielen Reisen in<br />
Deutschland und aller Welt werbe ich<br />
immer wieder für den Standort Marzahn-Hellersdorf<br />
und seine lokale Wirtschaft.<br />
Ein konkretes Projekt, das nun<br />
erfolgreich angeschoben werden konnte,<br />
ist die Berücksichtigung der Ortsumfahrung<br />
Ahrensfelde im Bundesverkehrswegeplan.<br />
Damit verbessert sich<br />
die Anbindung der großen Gewerbegebiete,<br />
und die Staugefahr auf der B158<br />
wird so endlich gebannt.<br />
Dr. Gregor Gysi, 69<br />
Treptow-Köpenick<br />
Ich besuche regelmäßig Betriebe in meinem<br />
Wahlkreis. Konkret unterstützte ich<br />
die Werbegemeinschaft Friedrichshagen<br />
beim Versuch, die Deutsche Bahn<br />
AG als Partner für die Finanzierung eines<br />
Baustellenmarketings für die Gewerbetreibenden<br />
in der Bölschestraße zu gewinnen.<br />
Vor kurzem wurde ich Mitglied<br />
im Beirat des Adlershofer Fundus. In<br />
letzter Zeit habe ich häufiger zwischen<br />
Eigentümern, Investoren und Gewerbemietern<br />
vermittelt, um tragfähige Lösungen<br />
für betroffene mittelständische<br />
Unternehmen zu finden.<br />
Dr. Eva Högl, 48<br />
Mitte<br />
Mit einer Vielzahl von Unternehmen,<br />
Gewerbetreibenden, Freiberuflichen<br />
und Start-ups in meinem Wahlkreis<br />
stehe ich im regelmäßigen und intensiven<br />
Kontakt – von globalen Großunternehmen<br />
wie Siemens und Bayer über<br />
die Weiberwirtschaft bis zu regionalen<br />
Unternehmen wie Herold Garten- und<br />
Landschaftsbau. Ein zentrales Anliegen<br />
von mir ist die Stärkung des Wirtschaftsstandortes<br />
Berlin-Mitte und der<br />
Vielfalt der wirtschaftlichen Aktivitäten.<br />
Hierfür setze ich mich im Deutschen<br />
Bundestag ein.<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
44 | W+M POLITIK<br />
Cansel Kiziltepe, 41<br />
Friedrichshain-Kreuzberg<br />
Renate Künast, 61<br />
Tempelhof-Schöneberg<br />
Dr. Philipp Lengsfeld, 45<br />
Mitte<br />
Wie wichtig Klein- und Kleinstgewerbe<br />
sind, erfährt man in meinem Wahlkreis.<br />
Das Problem der Verdrängung dieser<br />
Unternehmen beschäftigt mich sehr. Auf<br />
meine Initiative hin hat die SPD im Koalitionsvertrag<br />
der Berliner Landesregierung<br />
verankert: besserer Kündigungsschutz für<br />
Gewerbe, Erstellung eines Gewerbemietspiegels,<br />
Einführung einer Gewerbemietpreisbreme.<br />
Ebenso wichtig sind unsere<br />
Erfolge im BEPS-Projekt der OECD. Durch<br />
Gewinnkürzung und -verlagerung profitieren<br />
internationale Großkonzerne. Den<br />
Schaden tragen kleinere Unternehmen.<br />
Stefan Liebich, 44<br />
Pankow<br />
Abgeordnete schaffen keine Arbeitsplätze<br />
par ordre du mufti. Aber sie können<br />
Menschen motivieren. In Pankow gibt<br />
es mit der ABB Training Center GmbH<br />
& Co. KG den führenden Ausbildungsbetrieb<br />
Berlins im technischen Bereich.<br />
Ihrem langjährigen Leiter Bernhard Antmann<br />
wurde auf meinen Vorschlag hin<br />
das Bundesverdienstkreuz verliehen. Er<br />
trug wesentlich dazu bei, dass ABB am<br />
historischen Industriestandort weiterhin<br />
erfolgreich produziert und engagierte<br />
sich wie kein Zweiter für die berufliche<br />
Teilhabe von Jugendlichen.<br />
In meinem Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg<br />
engagiere ich mich besonders<br />
zu den Themen Nachhaltigkeit und Innovation.<br />
So unterstütze ich schon lange<br />
das Unternehmensnetzwerk Motzener<br />
Straße im Süden des Bezirks und ihr Projekt<br />
NEMo Null Emission Park Motzener<br />
Straße. Das Ziel des erfolgreichsten<br />
„Zero Emission Parks“ in Deutschland<br />
ist es, bis 2050 mindestens 95 Prozent –<br />
und damit fasst NULL – des Verbrauchs<br />
von Energie und Ressourcen sowie den<br />
CO 2-Ausstoß zu reduzieren.<br />
Dr. Gesine Lötzsch, 55<br />
Lichtenberg<br />
Als Vorsitzende des Haushaltsausschusses<br />
entscheide ich mit meinen Kollegen<br />
jedes Jahr über mehr als 320 Milliarden<br />
Euro. Ich habe mich dafür eingesetzt,<br />
dass die Bundesregierung mehr investiert.<br />
Wir mussten sie hier zu ihrem Glück<br />
zwingen. Viele Unternehmen in meinem<br />
Wahlkreis profitieren davon. So wird etwa<br />
das Unternehmen BDC Dorsch Consult<br />
gefördert. Es arbeitet an nachhaltiger Sicherheit<br />
von Biogasanlagen in einer brasilianischen<br />
Kommune. Wenn man die ganze<br />
Gesellschaft im Blick hat, ist das auch<br />
immer gut für den eigenen Wahlkreis.<br />
Als CDU-Bundestagsabgeordneter für<br />
Mitte habe ich ein klares wirtschaftsfreundliches<br />
Profil. Dabei unterstütze<br />
ich als Forschungspolitiker aktiv die Innovationspolitik<br />
der Bundesregierung<br />
und kämpfe für Forschungsfreiheit und<br />
einen Abbau von Technikfeindlichkeit<br />
und Innovationsskepsis in diesem Land.<br />
Dies hilft gerade vielen der für Berlin so<br />
wichtigen Start-ups. Aktuell leiste ich<br />
einem hochinnovativen, BMBF-geförderten<br />
Low-tech-Abwasser-Projekt Hilfe,<br />
Verbindungen nach Hanoi (Vietnam)<br />
aufzubauen.<br />
Dr. Jan-Marco Luczak, 41<br />
Tempelhof-Schöneberg<br />
Im Bundestag habe ich Gesetzesvorschläge<br />
des Justizministeriums entschärft,<br />
die Investitionen im Wohnungsbau<br />
massiv erschwert hätten. Jeder<br />
Neubau, jeder altersgerechte Umbau<br />
und jede energetische Sanierung sichert<br />
Aufträge für unser Handwerk und damit<br />
Arbeitsplätze. In Lichtenrade unterstütze<br />
ich die Gewerbetreibenden der<br />
Bahnhofstraße in ihrem Kampf gegen<br />
eine oberirdische Trassenführung bei<br />
der Dresdner Bahn, weil sonst die ganze<br />
Einkaufsmeile erheblich an Attraktivität<br />
verlieren würde.<br />
Fotos oben: spdfraktion.de (Susie Knoll/Florian Jänicke), Bundestagsfraktion Bündnis ‘90/Die Grünen, Laurence Chaperon, unten: 2x Bundestagsfraktion Die Linke, www.luczak-berlin.de/Yves Sucksdorff<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
BUNDESTAGSBILANZ BERLIN | 45<br />
Klaus Mindrup, 52<br />
Pankow<br />
Die regionale Wirtschaftsförderung<br />
ist mir ein persönliches Anliegen. Die<br />
Wirtschaftsstruktur im Bezirk Pankow<br />
ist geprägt durch kleine und mittlere<br />
Unternehmen. Besonders wichtig sind<br />
der Forschungscampus Buch, der Pankow<br />
Park sowie die Kreativwirtschaft in<br />
Prenzlauer Berg. Unter anderem durch<br />
regelmäßige Dialoge mit den Unternehmen,<br />
Austausch mit der IHK sowie dem<br />
Runden Tisch Arbeit, Ausbildung, Integration<br />
setzte ich mich für fortwährend<br />
gute Bedingungen und eine breite Vernetzung<br />
ein.<br />
Martin Pätzold, 32<br />
Lichtenberg<br />
In dieser Wahlperiode habe ich über 100<br />
Unternehmen in Lichtenberg besucht,<br />
Wahlkreistage zum Thema Wirtschaft<br />
veranstaltet und das Projekt „Tandem-<br />
Jobs“ initiiert. Dabei gewährt das Jobcenter<br />
jeweils 75 Prozent Lohnkostenzuschuss,<br />
wenn ein Unternehmen einen<br />
Langzeitarbeitslosen und einen Geflüchteten<br />
gleichzeitig einstellt. Außerdem<br />
gründete ich das Bündnis für Jugendbeschäftigung,<br />
ein Dialogformat zwischen<br />
Unternehmern und Jugendlichen, mit<br />
dem der Übergang von der Schule in<br />
den Beruf/Ausbildung erleichtert wird.<br />
Petra Pau, 53<br />
Marzahn-Hellersdorf<br />
Als direkt gewählte Abgeordnete halte<br />
ich engen Kontakt zu Unternehmen im<br />
Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf. Dazu<br />
gehört, dass ich seit langem drei bis<br />
vier Mal im Jahr ein „Unternehmer-<br />
Frühstück“ anbiete. Dazu kommen jeweils<br />
kompetente Gesprächspartner aus<br />
Wirtschaftsverbänden und der Bundesbeziehungsweise<br />
Landespolitik. Miteinladerin<br />
ist die Bezirksbürgermeisterin<br />
Dagmar Pohle, mithin sind zumeist alle<br />
politischen Ebenen vertreten. So sind<br />
wir im direkten Gespräch und so kann<br />
ich bei Bedarf auch unmittelbar agieren.<br />
BUNDESTAGSWAHLKREISE<br />
BERLIN<br />
ERGEBNIS DER BUNDESTAGSWAHL<br />
2013 FÜR BERLIN<br />
Fotos: Thomas Imo, Nadine Schönfeld, Bundestagsfraktion Die Linke, Quelle Schaubilder: Landeswahlleiterin Berlin<br />
78<br />
79<br />
80<br />
75 Mitte<br />
76 Pankow<br />
77 Reinickendorf<br />
78 Spandau –<br />
Charlottenburg Nord<br />
77<br />
75<br />
81<br />
76<br />
83<br />
82<br />
86<br />
79 Steglitz-Zehlendorf<br />
80 Charlottenburg-<br />
Wilmersdorf<br />
81 Tempelhof-Schöneberg<br />
82 Neukölln<br />
85<br />
84<br />
83 Friedrichshain-Kreuzberg<br />
– Prenzlauer Berg Ost<br />
84 Treptow-Köpenick<br />
85 Marzahn-Hellersdorf<br />
86 Lichtenberg<br />
CDU 28,5<br />
SPD 24,6<br />
DIE LINKE 18,5<br />
GRÜNE 12,3<br />
AFD 4,9<br />
Insgesamt 1.787.721<br />
gültige Wählerstimmen<br />
FDP 3,6<br />
PIRATEN 3,6<br />
NPD 1,5<br />
FREIE WÄHLER 0,4<br />
ANDERE 2,1<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
46 | W+M POLITIK<br />
Lisa Paus, 48<br />
Charlottenburg-Wilmersdorf<br />
Mechthild Rawert, 59<br />
Tempelhof-Schöneberg<br />
Matthias Schmidt, 54<br />
Treptow-Köpenick<br />
Das Dragonerareal ist das letzte Areal<br />
im Zentrum Berlins, wo auch Gewerbetreibende<br />
zu moderaten Mieten arbeiten<br />
können. Zusammen mit Anwohnerinitiativen,<br />
Bezirk und Senat konnten wir den<br />
Verkauf durch den Bund an einen Investor<br />
für Luxusappartements stoppen.<br />
Viele grüne Ideen zur Bekämpfung von<br />
Steuerumgehung sind von Finanzminister<br />
Schäuble übernommen worden.<br />
Dass Konzerne und Superreiche ihre<br />
Steuern zahlen wie kleine oder mittlere<br />
Unternehmer, ist auch im Interesse der<br />
regionalen Wirtschaft.<br />
Swen Schulz, 49<br />
Spandau – Charlottenburg-Nord<br />
Mein Wahlkreis profitiert von den umfangreichen<br />
Städtebauförderungen, für<br />
die ich mich einsetze. Auch konnten wir<br />
die GRW-Mittel zur Förderung der regionalen<br />
Wirtschaftsstruktur anheben. Hinzu<br />
kommen noch Sanierungsmittel aus<br />
dem Denkmalschutzsonderprogramm,<br />
die ich für zwei Bauwerke in Spandau<br />
organisieren konnte. Unerwähnt sind<br />
hier die vielen Bundesprogramme aus<br />
dem Bildungs- und Sozialbereich und<br />
nicht zu vergessen die Mittel aus der<br />
Flüchtlingshilfe, von denen viele lokale<br />
Unternehmen profitieren.<br />
Der Gesundheitssektor ist einer der<br />
größten Wirtschafts- und Beschäftigungsmotoren<br />
in Berlin. Jede/r achte<br />
Beschäftigte ist in diesem Bereich tätig,<br />
Tendenz ansteigend aufgrund zahlreicher<br />
auch beschäftigungspolitisch relevanter<br />
Gesetze, des demografischen<br />
Wandels und guten Wissenschaftsstandortes.<br />
Sowohl in Unternehmen<br />
als auch in die zahlreichen Projekte und<br />
Initiativen fließen Gelder aus nahezu allen<br />
Ministerien nach Tempelhof-Schöneberg.<br />
Christina Schwarzer, 40<br />
Neukölln<br />
Wettbewerbsfähigkeit ist das, was Wirtschaft<br />
stark macht. Sie ist damit Leitmotiv<br />
einer funktionierenden Wirtschaftspolitik.<br />
Das gilt auch für Neuköllner Unternehmen.<br />
Für unsere Firmen in Deutschland<br />
haben wir in den letzten Jahren viel getan:<br />
87 Millionen Euro weniger Bürokratiekosten<br />
im Jahr, 2,7 Milliarden Euro für<br />
Breitbandausbau, 100 Millionen Euro für<br />
Forschung und Entwicklung in Industrie<br />
4.0, 3,1 Milliarden Euro für den Ausbau<br />
von Verkehrsinfrastruktur. Die Erfolge<br />
sind sichtbar – die deutschen Exporte erreichen<br />
seit Jahren Bestmarken.<br />
Die SPD hat für höhere Regionalisierungsmittel<br />
in den neuen Ländern gesorgt.<br />
Als Vize-Sprecher der Landesgruppe<br />
Ost war mir wichtig, dass die<br />
verkehrliche Infrastruktur die Entwicklung<br />
positiv befördert, im wahrsten Sinne<br />
des Wortes. In meinem Wahlkreis<br />
liegt der Wissenschaftsstandort Adlershof<br />
sowie der Innovationspark Wuhlheide.<br />
Die Gesellschaft für Forschung<br />
und Entwicklung von Sportgeräten FES<br />
sowie die Bootsmanufaktur sind herausragende<br />
bezirkliche Schnittstellen zu<br />
meinem Fachgebiet Sport.<br />
Dr. Frank Steffel, 51<br />
Reinickendorf<br />
Die CDU/CSU-Fraktion hat dafür gesorgt,<br />
dass es keine Steuererhöhungen<br />
gibt und setzt sich derzeit für die Anhebung<br />
der Abschreibungsgrenze von<br />
geringwertigen Wirtschaftsgütern ein,<br />
was eine enorme bürokratische Entlastung<br />
für Unternehmer wäre. Im Wahlkreis<br />
habe ich mich zuletzt für die Mitarbeiter<br />
des MAN-Turbo-Werks in Tegel<br />
eingesetzt, wo das Unternehmen aufgrund<br />
von Wettbewerbsdruck hunderte<br />
Stellen abbauen wollte. Ich traf mich mit<br />
dem Vorstand und stand in Kontakt mit<br />
der Arbeitnehmerseite.<br />
Fotos oben: Bundestagsfraktion Bündnis ‘90/Die Grünen, 2x spdfraktion.de (Susie Knoll/Florian Jänicke), unten: spdfraktion.de (Susie Knoll/Florian Jänicke), Laurence Chaperon, Tobias Schult<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
BUNDESTAGSBILANZ BERLIN | 47<br />
Hans-Christian Ströbele, 77<br />
Friedrichshain-Kreuzberg –<br />
Prenzlauer Berg Ost<br />
Azize Tank, 67<br />
Tempelhof-Schöneberg<br />
Halina Wawzyniak, 43<br />
Friedrichshain-Kreuzberg –<br />
Prenzlauer Berg Ost<br />
Fotos oben: Bundestagsfraktion Bündnis ‘90/Die Grünen, Bundestagsfraktion Die Linke, Sascha Nolte, unten: Yves Sucksdorff, Privat, Bundestagsfraktion Bündnis ‘90/Die Grünen<br />
Ich habe mich für Posteo eingesetzt, einen<br />
Mail-Provider mit Zero-Knowledge-<br />
Ansatz. Ebenso für Bantabaa, einen privaten<br />
Arbeits- und Ausbildungsbetrieb<br />
für Geflüchtete mit Café, Laden und<br />
Foodservice sowie für Velogista, ein<br />
Cargobike-Logistikunternehmen. Erfolgreich<br />
habe ich mich um den Erhalt der<br />
Bäckerei Filou bemüht, der Verdrängung<br />
drohte. Der Bezirk benötigt aber dringend<br />
bessere Interventionswerkzeuge,<br />
um lokales Gewerbe und soziale Infrastruktur<br />
vor Verdrängung zu schützen.<br />
Kai Wegner, 44<br />
Spandau – Charlottenburg-Nord<br />
Durch regelmäßige Gespräche vor Ort<br />
weiß ich, wo den Unternehmern der<br />
Schuh drückt. Ich helfe konkret, indem<br />
ich den Kontakt mit den Behörden vermittle.<br />
Viele Hindernisse lassen sich<br />
„auf dem kurzen Dienstweg“ überwinden.<br />
Bei größeren Problemen schalte<br />
ich Ministerien oder die Experten der<br />
CDU/CSU-Fraktion ein. Als Berichterstatter<br />
für Städtebauförderung konnte<br />
ich dazu beitragen, 50 Millionen Euro<br />
Fördergelder für die Altstadt Spandau zu<br />
sichern – eine attraktive Altstadt nutzt<br />
den Gewerbetreibenden.<br />
Die regionale Wirtschaft zu fördern,<br />
heißt für mich als Sprecherin für Soziale<br />
Menschenrechte meiner Fraktion, mich<br />
für gleichberechtigte gesellschaftliche<br />
Teilhabe und gegen Diskriminierung<br />
einzusetzen. Denn gleichberechtigte<br />
Gesellschaften sind auch wirtschaftlich<br />
erfolgreicher. Daher unterstütze ich<br />
kleine und mittelständische UnternehmerInnen,<br />
auch UnternehmerInnen mit<br />
Migrationsgeschichte.<br />
Karl-Georg Wellmann, 64<br />
Steglitz-Zehlendorf<br />
Im Fokus meiner Tätigkeit stand die<br />
Stärkung des Wissenschafts- und Forschungsstandorts<br />
Steglitz-Zehlendorf,<br />
der durch die Freie Universität (FU) und<br />
das Charité-Klinikum Campus Benjamin<br />
Franklin geprägt ist. Um die Chancen junger<br />
Start-ups speziell in den Bereichen<br />
Bio- und Medizintechnologie zu verbessern,<br />
habe ich den Bau eines Technologieund<br />
Gründerzentrums initiiert, das nun in<br />
FU-Nähe in Dahlem entstehen wird. Ziel<br />
ist es, junge Gründer zu fördern und ihnen<br />
die Möglichkeit zu geben, mit ihrem Unternehmen<br />
am Standort zu wachsen.<br />
Mein Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg<br />
– Prenzlauer Berg Ost zeichnet sich durch<br />
die vielen sozialen Träger und Vereine aus,<br />
die einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen<br />
Zusammenhalt beisteuern<br />
und wichtige Arbeitgeber sind. Da viele<br />
dieser Vereine von finanzieller Unsicherheit<br />
betroffen sind, unterstütze ich sie auf<br />
verschiedene Weise: mit Referenzschreiben<br />
für Finanzmittel, mit Spenden aus<br />
den Diätenerhöhungen (etwa meine Monatsspende<br />
von 330 Euro) oder Spenden<br />
über den Verein der Linksfraktion.<br />
Dieser Abgeordnete hat<br />
sich nicht geäußert<br />
Özcan Mutlu, 48,<br />
Bündnis '90/Die Grünen, Mitte<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
48 | W+M POLITIK<br />
Belastung für den Mittelstand?<br />
Ist ein Fahrverbot für<br />
ältere Dieselfahrzeuge<br />
eine gute Idee?<br />
Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für<br />
Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND).<br />
Hans Peter Wollseifer ist Präsident des<br />
Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH).<br />
„Ja”<br />
Ja. Zunehmend wird deutlich:<br />
Die Versäumnisse von<br />
nicht einfach verordnen.<br />
„Nein”<br />
Gute Luftqualität lässt sich<br />
Autoindustrie und Bundesregierung<br />
wirken sich negativ auf die Wirtschaft<br />
tung in den Städten senken will, muss erstens alle<br />
Wer die Stickstoffbelas-<br />
und den Gesundheitsschutz der Menschen aus.<br />
Emittenten in den Blick nehmen und braucht zweitens<br />
entsprechende Fahrzeuge. Die Autoindustrie<br />
Angesichts massiver Überschreitungen der gesetzlichen<br />
Höchstgrenzen an gesundheitsschädlichem<br />
Stickstoffdioxid (NO 2) muss gehandelt werre<br />
Dieselfahrzeuge anzubieten. Und die Politik hat<br />
hat es zu lange versäumt, im Fahrbetrieb saubeden.<br />
Um die Belastungen zu minimieren, müssen notwendige Kontrollen schleifen lassen.<br />
alle wirksamen Instrumente eingesetzt werden, Es versteht sich von selbst, dass über zehn Jahre<br />
alte Dieseltransporter nicht auf Dauer in belas-<br />
um die Emissionen zu senken. Dabei sind nicht einmal<br />
die ältesten Fahrzeuge auch gleichzeitig jene teten Innenstädten fahren können. Doch aktuell<br />
mit den höchsten Abgaswerten bei Stickstoffoxiden<br />
(NO x). Untersuchungen des Bundesverkehrsten<br />
bedroht. Denn: Bis 2016 konnten Handwerker<br />
sind sogar neuwertige Fahrzeuge von Fahrverboministeriums<br />
und des ADAC belegen, dass auch der in den für sie relevanten Fahrzeugklassen fast nur<br />
größte Teil neuer, bei den Händlern stehender Euro- Euro-5-Fahrzeuge erwerben. Und selbst die aktuellen<br />
Euro-6b-Transporter bringen beim NO 2-Aus-<br />
6-Diesel-Pkw sowie leichter Nutzfahrzeuge im Realbetrieb<br />
auf der Straße gesetzliche NO x-Grenzwerte<br />
nicht einhält. Diese Werte werden bis zu sech-<br />
Neuwertige Fahrzeuge sollen also verschrottet<br />
stoß im Fahrbetrieb kaum Vorteile.<br />
zehnfach überschritten. Solche Fahrzeuge dürfen und durch Neuwagen ersetzt werden, die für die<br />
nach Ansicht des BUND nicht mehr verkauft werden<br />
und haben – unabhängig von ihrem Alter – vor Unsere handwerklichen Unternehmer empfinden<br />
Umwelt einen kaum messbaren Vorteil bringen?<br />
allem in hoch belasteten Innenstädten nichts zu suchen.<br />
Sollten diese Städte Fahrbeschränkungen für Das Handwerk erwartet realistische Rahmenbe-<br />
diese Forderung schlicht als Enteignung.<br />
Dieselfahrzeuge verhängen, egal ob pauschal oder dingungen für die Modernisierung der Fuhrparks.<br />
über eine Blaue Plakette, bleibt dennoch Fakt, dass Unternehmen benötigen Planungssicherheit, auch<br />
dies lediglich „am Ende der Verantwortungskette“<br />
ansetzt. Hätten Bund, Länder und Kommufahrzeugen,<br />
solange sie auf Dieseltransporter an-<br />
für die weitere Nutzung von Bestands- und Neunen<br />
in der Vergangenheit wirksame Maßnahmen<br />
gewiesen sind.<br />
zur Senkung verkehrsbedingter Emissionen ergriffen,<br />
zum Beispiel durch die Förderung von<br />
saubere Nutzfahrzeuge auf den Markt bringen. Noch<br />
Die Autoindustrie muss aber schnellstens wirklich<br />
Fahrzeugen mit alternativen Antrieben auch für<br />
wichtiger: Die Entwicklung praktikabler elektromobiler<br />
Angebote für das Handwerk, um zukünftig emis-<br />
den Mittelstand, wären Fahrverbote ziemlich sicher<br />
unnötig.<br />
sionsfrei städtische Kunden erreichen zu können.<br />
Fotos: BUND (links), ZDH (rechts)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
POLITIK | 49<br />
„Wer im Alter seinen Lebensstandard halten will,<br />
muss rechtzeitig vorsorgen“<br />
W+M-Interview mit Michael Reizel, Geschäftsführer der auf betriebliche<br />
Altersvorsorgesysteme spezialisierten BVUK. Gruppe<br />
Foto: Kirsten Mittelsteiner<br />
W+M: Herr Reizel, wie gut oder schlecht<br />
schützen sich die Deutschen derzeit vor<br />
drohender Altersarmut?<br />
Michael Reizel: Es ist ein offenes Geheimnis,<br />
dass die gesetzlichen Rentenleistungen<br />
perspektivisch reduziert werden<br />
müssen. Bis zum Jahr 2030 wird das<br />
Rentenniveau voraussichtlich auf 43 Prozent<br />
absinken. Wenn die künftigen Rentner<br />
also den Lebensstandard aus der Zeit<br />
ihrer Erwerbstätigkeit erhalten möchten,<br />
müssen sie eine zusätzliche Vorsorge betreiben.<br />
Diese Erkenntnis hat sich derzeit<br />
noch nicht flächendeckend durchgesetzt.<br />
W+M: Die Bundesregierung hat Anreize<br />
für die betriebliche Altersvorsorge versprochen.<br />
Ist dieses Versprechen bereits in der<br />
Praxis umgesetzt?<br />
Michael Reizel: Seit Ende 2016 liegt der<br />
Regierungsentwurf eines Betriebsrentenstärkungsgesetzes<br />
auf dem Tisch, der jetzt<br />
rund um das parlamentarische Verfahren<br />
heftig und kontrovers diskutiert wird. Die<br />
darin vorgesehene Erhöhung der steuerfreien<br />
Beiträge, beispielsweise zur Direktversicherung<br />
von vier auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze<br />
der gesetzlichen<br />
Rentenversicherung, wäre ein solcher Anreiz.<br />
Ein wichtiger Anreiz gerade bei kleineren<br />
Einkommen ist sicherlich auch die Aussicht,<br />
selber angesparte Vorsorgeleistungen<br />
nicht mehr komplett mit denkbaren Sozialleistungen<br />
verrechnen zu müssen. Aber<br />
wie gesagt, das ist ein Gesetzentwurf, von<br />
dem wir nicht wissen, ob er zum 1. Januar<br />
2018 wirklich so kommen wird.<br />
W+M: Welche Erwartungen haben Sie bezüglich<br />
der Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge<br />
an die neue Bundesregierung,<br />
die die Geschicke nach der Bundestagswahl<br />
im Herbst <strong>2017</strong> lenken wird?<br />
Michael Reizel: Sollte der geplante Gesetzentwurf<br />
2018 in Kraft treten, gehe ich<br />
davon aus, dass das Thema erst einmal als<br />
erledigt gilt. Kommt das Betriebsrentenstärkungsgesetz<br />
nicht, wäre mein Wunsch<br />
an die neue Bundesregierung eine höhere<br />
Beteiligung des Staates und der Arbeitgeber<br />
bei der Finanzierung der betrieblichen<br />
Altersvorsorge im Bereich der kleineren<br />
Einkommen unter 2.000 Euro monatlich.<br />
Deren Bezieher können sich schon<br />
heute einen nennenswerten Vorsorgesparprozess<br />
kaum leisten.<br />
W+M: In jedem Fall sollten die Deutschen<br />
zusätzlich für das Alter vorsorgen. Wo liegt<br />
der Unterschied zwischen Riesterrente<br />
und betrieblicher Altersvorsorge?<br />
Michael Reizel: Riester ist ein rein privatwirtschaftlicher<br />
Vertrag zwischen Versicherern<br />
und dem Einzelnen. Unsere Erfahrung<br />
ist jedoch, dass sich über Kollektivverträge,<br />
wenn beispielsweise große Teile<br />
der Belegschaften von Unternehmen abgesichert<br />
werden, sowohl ein besseres Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis als auch eine wesentlich<br />
effektivere Risikoabsicherung für den<br />
Arbeitnehmer erzielen lässt. Bei der betrieblichen<br />
Altersvorsorge – das deutet der<br />
Begriff ja bereits an – handelt es sich im<br />
Regelfall um Kollektivverträge.<br />
W+M: Worin genau liegen die Vorteile der<br />
betrieblichen Altersvorsorge?<br />
Michael Reizel: Es gibt bessere Konditionen<br />
durch große Kollektive. Eine nachgelagerte<br />
Besteuerung, die beim Arbeitnehmer<br />
strukturell zu einer Steuererleichterung<br />
führt. Die Mitfinanzierung durch den<br />
Arbeitgeber. Die individuelle Gestaltungsmöglichkeit<br />
der Versorgung im Rahmen der<br />
vom Arbeitgeber angebotenen und vorgeprüften<br />
Versorgungssysteme.<br />
BVUK-Geschäftsführer Michael Reizel.<br />
W+M: Welchen Nutzen hat eigentlich der<br />
Arbeitgeber, wenn er sich in seinem Unternehmen<br />
um die betriebliche Altersvorsorge<br />
kümmert?<br />
Michael Reizel: Jeder Arbeitgeber muss<br />
Entgeltumwandlung ermöglichen. Wenn<br />
er sich aktiv um das Versorgungssystem<br />
kümmert, kann er auswählen, was er im<br />
Interesse seiner Arbeitnehmer anbietet.<br />
Ein gutes Versorgungsangebot schafft Alleinstellungsmerkmale,<br />
erhöht die Attraktivität<br />
als Arbeitgeber und erzeugt Mitarbeiterbindung.<br />
Durch den teilweisen Einbehalt<br />
der Sozialversicherungsersparnis werden<br />
zudem die Systemkosten finanziert,<br />
so dass sich bewusst gestaltete betriebliche<br />
Altersvorsorgesysteme immer materiell<br />
und immateriell lohnen.<br />
Interview: Karsten Hintzmann<br />
BVUK. GRUPPE<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Ebertsklinge 2a, 97074 Würzburg<br />
www.bvuk.de<br />
Darüber hinaus unterhält die BVUK.<br />
Gruppe Büros in Berlin, Dresden,<br />
Hamburg, Nürnberg und Baden-Baden.<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
50 | W+M RATGEBER<br />
Unentwegt unterwegs<br />
Work-Life-Balance auf Geschäftsreisen<br />
Für die Wirtschaft sind Geschäftsreisen unverzichtbar – für die<br />
Geschäftsreisenden jedoch oft eine Belastung. Der Verband<br />
Deutsches Reisemanagement (VDR) gibt jährlich einen Geschäftsreisebericht<br />
heraus. Hier finden Sie die wichtigsten Punkte daraus<br />
zusammengefasst und Tipps, was Unternehmen für ihre reisenden<br />
Mitarbeiter tun können.<br />
Geschäftsreisen sind ein Indikator<br />
für die ökonomische Entwicklung<br />
eines Landes. Je mehr Menschen<br />
geschäftlich unterwegs sind, umso besser<br />
geht es der Wirtschaft. Derzeit prosperiert<br />
die deutsche Wirtschaft offenbar.<br />
Das zeigt die VDR-Geschäftsreiseanalyse<br />
2016: Allein im vergangenen Jahr gab<br />
es elf Millionen Geschäftsreisende (plus<br />
8,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) und<br />
insgesamt 182,7 Millionen Geschäftsreisen<br />
(plus vier Prozent). Doch wer viel unterwegs<br />
ist, der lebt auch mit dem Gefühl,<br />
ständig auf dem Sprung zu sein. Von<br />
der einen Geschäftsreise zur nächsten,<br />
von einem Termin in den anderen. Damit<br />
der Einzelne nicht auf der Strecke bleibt,<br />
gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um das<br />
Gleichgewicht zwischen Leben und Arbeiten<br />
aufrechtzuerhalten, also die sogenannte<br />
Work-Life-Balance zu wahren. Die<br />
gute Nachricht: Immer mehr Unternehmen<br />
kümmern sich darum.<br />
Fürsorge nimmt zu<br />
Wie die aktuelle VDR-Geschäftsreiseanalyse<br />
belegt, haben die deutschen Unternehmen<br />
insbesondere im Hinblick auf<br />
Gesundheits- und Präventionsprogramme<br />
deutlich aufgeholt. Von den Unternehmen<br />
mit zehn bis 500 Mitarbeitern haben<br />
sich im Jahr 2014 nur 20 Prozent mit diesem<br />
Thema beschäftigt, zwei Jahre später<br />
sind es bereits mehr als die Hälfte<br />
(51 Prozent). Ähnlich verhält es sich bei<br />
den größeren Firmen. Hier verfügen nun<br />
insgesamt 63 Prozent über Gesundheitsund<br />
Präventionsprogramme. Für die einzelnen<br />
Mitarbeiter bedeutet das vor allem<br />
eines: Sie werden mit ihren Bedürfnissen<br />
wahrgenommen, und es ist ein Ausgleich<br />
zu stressintensiven Zeiten möglich.<br />
Stressiges Hin und Her<br />
Auch die Reisedauer spielt eine entscheidende<br />
Rolle. Insbesondere für Geschäftsreisende<br />
mit Familie ist es entscheidend,<br />
ob Termine an einem Tag – also mit Hinund<br />
Rückfahrt – oder über mehrere Tage<br />
hinweg wahrgenommen werden können<br />
und müssen. Die aktuellen Ergebnisse<br />
zeigen, dass Ein-Tages-Reisen insbesondere<br />
bei kleinen und mittelständischen<br />
Unternehmen zugenommen haben, während<br />
Mitarbeiter größerer Unternehmen<br />
häufiger länger unterwegs sind, also Reisen<br />
zusammenlegen und Ein-Tages-Reisen<br />
hinterfragen. Obwohl der persönliche<br />
Kontakt für viele Geschäftsreisende<br />
noch immer das ausschlaggebende Kriterium<br />
ist, lassen sich manche Termine<br />
auch durch Webkonferenzen ersetzen –<br />
auch so kann ein Ausgleich zum stressigen<br />
Reisealltag geschaffen werden.<br />
Unterkunft ist entscheidend<br />
Sind Mitarbeiter doch über einen längeren<br />
Zeitraum unterwegs, stellt sich die<br />
Frage der Unterbringung. Dabei ist festzuhalten,<br />
dass die meisten Geschäftsreisenden<br />
im Inland in der Drei- und Vier-<br />
Sterne-Kategorie übernachten, bei Auslandsreisen<br />
wird meist eine Kategorie<br />
höher ausgewählt. Außer einer guten<br />
Matratze und einem schönen Frühstück<br />
tragen für Geschäftsreisende noch andere<br />
Kriterien zu einem entspannten Arbeiten<br />
bei. Dazu gehören beispielsweise frei<br />
verfügbares WLAN und ein Schreibtisch,<br />
an dem es sich bequem arbeiten lässt.<br />
Reisende im Mittelpunkt<br />
Um den Mitarbeitern und damit auch den<br />
Geschäftsreisenden gerecht zu werden,<br />
ist auch die Kommunikation von entscheidender<br />
Bedeutung – nämlich darüber,<br />
was überhaupt als angenehme Reise<br />
empfunden wird und wo der Stress beginnt.<br />
Denn nur, wenn Vorgesetzte oder<br />
Geschäftsreiseverantwortliche ein offenes<br />
Ohr für die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter<br />
haben, können sie reagieren und<br />
den nötigen Ausgleich zwischen Stress<br />
und Erholung – zwischen Arbeiten und<br />
Leben – schaffen. Die VDR-Geschäftsreiseanalyse<br />
2016 zeigt: Das wird zunehmend<br />
verstanden.<br />
W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
TRAVELMANAGEMENT | 51<br />
Immer im Netz<br />
Notebook-Tipps<br />
für Geschäftsreisende<br />
Geschäftsreisen mit dem Flugzeug,<br />
Auto oder der Bahn gehören zum<br />
Alltag vieler Unternehmer und Angestellter.<br />
Wer beruflich viel Zeit außerhalb<br />
des Büros verbringt, muss sich stets<br />
auf sein Notebook verlassen können. Die<br />
Computerspezialisten von Toshiba geben<br />
Tipps, wie Anwender mit ihrem Business-<br />
Notebook außerhalb des Firmengebäudes<br />
jederzeit produktiv arbeiten können.<br />
Ausstattung<br />
Neben einem besonders geringen Gewicht,<br />
einem entspiegelten Display sowie<br />
langen Akkulaufzeiten sollten die mobilen<br />
Begleiter auch über Funktionen für<br />
ausreichend Datensicherheit verfügen.<br />
Dazu zählen Ausstattungsmerkmale wie<br />
eine spritzwassergeschützte Tastatur, ein<br />
Festplattenschutz mit 3-D-Sensor und ein<br />
stoßfestes Design. Außerdem verhindert<br />
ein Fingerabdruckleser den ungewollten<br />
Zugriff auf das Notebook.<br />
Datensicherheit<br />
Um dem Diebstahl oder Verlust kritischer<br />
Daten vorzubeugen, empfiehlt es sich,<br />
vor Reiseantritt ein Back-up anzulegen<br />
und das BIOS-Setup mit einem Passwort<br />
zu schützen. So können potenzielle Datendiebe<br />
nicht an unternehmenskritische<br />
Inhalte gelangen.<br />
Sicheres WLAN<br />
Viele Funknetzwerke in Hotelzimmern sind<br />
ungesichert. Daher sollten Geschäftsreisende<br />
dort keine Websites besuchen, auf<br />
denen private Informationen wie Kontoverbindungen<br />
oder ähnliches angezeigt werden.<br />
Lässt sich ein Zugriff auf diese Webseiten<br />
nicht vermeiden, sollten Anwender<br />
auf den in das Notebook integrierten 3Grespektive<br />
4G-Übertragungsstandard zurückgreifen.<br />
Längere Akkulaufzeiten<br />
Die Laufzeit des Business-Notebooks<br />
lässt sich unterwegs durch das Dimmen<br />
der Display-Helligkeit maßgeblich erhöhen.<br />
Zudem sollten Reisende ungenutzte<br />
Programme und Anwendungen, die im<br />
Hintergrund viel Energie benötigen, unterwegs<br />
stets schließen. Diese lassen sich<br />
einfach über den Windows Task Manager<br />
finden und mit einem Rechtsklick beenden.<br />
Systemtools wie das Toshiba Eco Utility<br />
sparen Strom, indem sie den Energieverbrauch<br />
überwachen. W+M<br />
In Zusammenarbeit mit den Magazinen<br />
Das Büro und OFFIXX.<br />
Unabhängige Hotelbuchung mit ehotel<br />
Zu günstigsten Preisen ein passendes<br />
Hotelzimmer zu finden,<br />
gelingt meist nur im zeitaufwändigen<br />
Vergleich unterschiedlicher Portale.<br />
Die ehotel AG mit Sitz in Berlin-<br />
Prenzlauer Berg bietet mit ihrer Meta-Search-Technologie<br />
alles aus einer<br />
Hand: sämtliche relevante Hotel- und<br />
Bettendatenbanken, daran angeschlossene<br />
Reservierungssysteme sowie ein<br />
zertifiziertes Buchungsverfahren mit<br />
den besten Preisen in Echtzeit. Nutzer<br />
von ehotel können aus rund sieben Millionen<br />
Hotelangeboten in allen Kategorien<br />
rund um die Welt auswählen und<br />
greifen damit auf das größte am Markt<br />
verfügbare Angebot zu. Mit der Spezialisierung<br />
auf Firmenkunden bietet die<br />
Hotelbuchungsplattform ehotel vollen<br />
Service vor, während und auch nach<br />
der Buchung. Im Vergleich zu anderen<br />
Hotelbuchungsportalen werden keinerlei<br />
Unterkünfte besser oder schlechter<br />
gelistet, beispielsweise aufgrund höherer<br />
Provisionen. Der Angebotsüberblick<br />
ist rein objektiv. Der Kunde kann<br />
alle Angebote direkt online buchen und<br />
muss dabei nicht mehrere Buchungen<br />
auf verschiedenen Kanälen durchführen.<br />
Durch die Teilhaberschaft am internationalen<br />
Netzwerk RADIUS Travel<br />
haben die Kunden von ehotel zudem<br />
Zugriff auf 35.000 Hotels aller<br />
relevanten Ketten zu Großabnehmer-<br />
Konditionen.<br />
Die am Markt einzigartige und von<br />
Kreditkartenunternehmen unabhängige<br />
zentrale Abrechnungslösung „smart<br />
billing“ sichert schlanke und kosteneffiziente<br />
Prozesse bei der Verbuchung<br />
der Geschäftsreise. Zudem ist die Software-Lösung<br />
von ehotel individuell in<br />
die Travel-Management-Systeme der<br />
Unternehmen integrierbar und kann automatisch<br />
Reisekostenrichtlinien, Zahlungs-<br />
und Abrechnungsstandards des<br />
nutzenden Unternehmens berücksichtigen.<br />
W+M<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
52 | W+M RATGEBER<br />
Limousinen – mehr als nur<br />
Fahrzeuge mit festem Verdeck<br />
Sportlicher Luxus: Maserati<br />
Quattroporte GranLusso.<br />
Der Begriff „Limousine“ hielt zu einer<br />
Zeit Einzug, als es noch keine Autos<br />
gab. Ein aus der französischen Region<br />
Limousin stammender Kutschentyp<br />
wurde so bezeichnet. Später dann stand<br />
der Begriff für ein Fahrzeug mit festem<br />
Verdeck. Die Limousinen von heute sind<br />
weit mehr als nur geschlossene Autos für<br />
vier bis fünf Personen, die durch drei Paar<br />
Fahrzeugsäulen gehalten werden. Sie sind<br />
Hightech-Gefährte mit höchstem Komfort<br />
Die 7. Generation des BMW 5er.<br />
für Fahrer und Mitreisende. Besonders bei<br />
Unternehmern und Führungskräften aller<br />
Art erfreuen Sie sich großer Beliebtheit.<br />
Der neue Arteon von Volkswagen.<br />
Ein Typ, der Emotionen weckt<br />
In den ersten sechs Generationen wurden<br />
rund 7,9 Millionen Fahrzeuge der BMW-<br />
5er-Reihe verkauft. Ähnlich erfolgreich<br />
soll die neue Generation werden. BMW-<br />
Chef Harald Krüger: „Ich bin mir sicher, der<br />
neue BMW 5er setzt nicht nur technologisch<br />
neue Maßstäbe, sondern wird auch<br />
emotional begeistern. Er ist und bleibt die<br />
Business-Limousine schlechthin.“ Das<br />
neu konstruierte Fahrwerk, ein niedriger<br />
Fahrzeugschwerpunkt, die BMW-typische<br />
ausgewogene Achslastverteilung<br />
und eine höchst verwindungssteife Leichtbau-Karosserie<br />
vereinen ein maximal dynamisches<br />
Fahrerlebnis mit dem typischen<br />
Reisekomfort der BMW-5er-Reihe.<br />
Preis: ab 41.500 Euro<br />
Fotos: Maserati (oben) , BMW AG (unten links), Volkswagen AG (unten rechts)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
AUTO | 53<br />
Fotos: Škoda Auto Deutschland GmbH (oben), Volvo Cars (unten links), Renault Deutschland AG (unten rechts)<br />
Das Flaggschiff von ŠKODA: der Superb.<br />
Eleganz und Dynamik<br />
Der neue Arteon war das Highlight des<br />
diesjährigen Messeauftritts der Marke<br />
Volkswagen auf dem Genfer Automobil-<br />
Salon. Elegant und dynamisch zugleich,<br />
bietet er mit seiner coupéhaften Linie viel<br />
Platz und Komfort. Das komplett neu entwickelte<br />
Fastback-Modell verfügt über<br />
Fahrerassistenzsysteme der neuesten<br />
Generation, die bisher höheren Klassen<br />
vorbehalten waren. Rahmenlose Seitenfenster,<br />
eine umgreifende Motorhaube<br />
und eine filigrane, dynamische Linienführung<br />
im Stile eines GT – so präsentiert sich<br />
der neue Arteon. Die oben angeschlagene,<br />
weit öffnende Heckklappe ermöglicht<br />
einen komfortablen Zugang zum 563 Liter<br />
fassenden Gepäckraum.<br />
Preis: ab 33.000 Euro<br />
Skandinavisch sicher<br />
Das elegante und kraftvolle Design verleiht<br />
dem Volvo S90 eine herausgehobene Position<br />
unter den Premium-Limousinen. Die<br />
stilvolle Klarheit der skandinavisch geprägten<br />
Gestaltung findet sich auch im Innenraum<br />
wieder, der mit warmen Farbtönen<br />
und hochwertigen Materialien ein luxuriöses<br />
Ambiente erzeugt und mit dem Tablet-artigen<br />
Touchscreen eine intuitive Form<br />
der Bedienung bietet. Maßstäbe setzt der<br />
Neue Maßstäbe im Bereich Sicherheit: Volvo S90.<br />
S90 auf dem Gebiet der Sicherheit: etwa<br />
mit dem serienmäßigen Volvo-City-Safety-System,<br />
das alle Geschwindigkeitsbereiche<br />
abdeckt und bei Tag und Nacht gleichermaßen<br />
funktioniert. Der Notbremsassistent<br />
trägt dazu bei, Zusammenstöße mit<br />
anderen Fahrzeugen sowie Fußgängern<br />
oder Radfahrern zu verhindern. Auch große<br />
Wildtiere erkennt das System.<br />
Preis: ab 42.750 Euro<br />
Ein Traum von Luxus<br />
Vor über 50 Jahren erfand Maserati das<br />
Segment der Sportlimousinen. Seither<br />
ist der Quattroporte Inbegriff einer Verbindung<br />
aus sportlicher Fahrdynamik und<br />
anspruchsvollem Reisekomfort. Der neue,<br />
sechste Quattroporte überrascht mit zahlreichen<br />
technischen Innovationen. Eines<br />
der Highlights ist die Twin-Turbo-Technologie,<br />
die alle Benzinmotoren wirtschaftlicher<br />
und zugleich stärker macht. Der<br />
Quattroporte verfügt sowohl über eine<br />
sportliche als auch eine luxuriöse Seele.<br />
Entsprechend lassen sich die Modellversionen<br />
GranSport und GranLusso stilistisch<br />
akzentuieren. Luxuriöser Gipfel ist der Einsatz<br />
von Seide aus dem Modehaus Ermenegildo<br />
Zegna, die bei Sitzen, Dachhimmel<br />
und Türflächen Verwendung findet.<br />
Preis: ab 96.300 Euro<br />
Zwei Regenschirme inklusive<br />
Der Hersteller wirbt mit folgendem Slogan:<br />
„Ein ŠKODA Superb muss etwas Besonderes<br />
sein.“ In der Tat erreicht das aktuelle<br />
Modell gestalterisch und technisch<br />
ein neues Niveau. Es fährt im modernen<br />
und emotionalen Design der Marke vor,<br />
sein Raumangebot wurde nochmals verbessert<br />
und technisch profitierte er von<br />
der innovativen VW-Technologie. Üppige<br />
Raummaße, innovative Assistenzsysteme<br />
für Sicherheit, Umwelt und Komfort, leistungsstarke<br />
EU-6-Aggregate und ŠKODAtypische<br />
Details rücken das Flaggschiff der<br />
Marke an das obere Ende der automobilen<br />
Mittelklasse. Originell: Beide Vordertüren<br />
sind mit einem Regenschirm ausgestattet.<br />
Preis: ab 25.550 Euro<br />
Schnörkeloses Raumwunder<br />
Das Äußere des Renault Talisman bestimmen<br />
elegant gestreckte Proportionen und<br />
klare, schnörkellose Konturen. Wesentlich<br />
zur Präsenz des Talisman trägt die kraftvoll<br />
gezeichnete Frontpartie bei. Vier waagerechte,<br />
jede für sich nochmals plastisch<br />
gestaltete Chromlamellen verbinden auf<br />
elegante Weise die Scheinwerfer miteinander.<br />
Renault kombiniert im Talisman das<br />
exzellente Platzangebot mit einem Sitzkomfort<br />
auf Businessklasse-Niveau. Die<br />
breiten Vordersitze sind als Weltneuheit<br />
in Cover-Carving-Technologie ausgeführt:<br />
Das Skelett der Rückenlehnen besteht aus<br />
einer halbstarren Schale, die einerseits stabil<br />
und widerstandsfähig ist, auf der anderen<br />
Seite leicht und nachgiebig.<br />
Preis: ab 27.950 Euro<br />
<br />
Der Talisman von Renault mit Cover-Carving-Technologie.<br />
Karsten Hintzmann<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
54 | W+M RATGEBER<br />
Gelebte<br />
Partnerschaften<br />
Mille Miglia 2016 XL Race<br />
Edition von Chopard.<br />
Luxuswagen und hochwertige Chronometer sprechen grundsätzlich<br />
die gleiche Zielgruppe an. Kein Wunder also, wenn die Anbieter auf<br />
der Suche nach Perfektion gemeinsame Sache machen, woraus am<br />
Ende luxuriöse Wunderwerke aus Technik und Design entstehen<br />
können. Von Ron Uhden<br />
Auto- und Schiffbau sowie die traditionellen<br />
Uhrenmarken zeichnen<br />
sich durch viele Gemeinsamkeiten<br />
aus. Sie experimentieren,<br />
suchen ihren<br />
Weg durch fortschrittliche<br />
Technologien, Innovationsgeist<br />
und<br />
besitzen einen Sinn<br />
für Ästhetik. So sorgen<br />
mechanische<br />
Wunderwerke seit<br />
Jahren immer wieder<br />
für Begeisterung,<br />
insbesondere dann,<br />
wenn es sich um<br />
eine perfekt arbeitende<br />
Maschine handelt.<br />
Und so strahlen auch edle Zeitmesser immer<br />
wieder eine immense Faszination aus.<br />
Erschaffen, um Höchstleistungen zu liefern.<br />
Der Mille Miglia 2016 XL Race Edition ist<br />
ein Chronograph, der in einer auf 1.000<br />
Austin Healey von Frédérique Constant.<br />
Ron Uhden ist Niederlassungsleiter von<br />
Juwelier Leicht in Berlin.<br />
Stück limitierten Serie angeboten wird.<br />
Eine Hommage an das schönste Rennen<br />
der Welt. Das neue COSCzertifizierte<br />
Präzisionskaliber<br />
03.05-C von Chopard<br />
bringt ihn auf Touren.<br />
Sein Zifferblatt,<br />
das von einer Tachometerskala<br />
gerahmt<br />
und von den Bordinstrumenten<br />
klassischer<br />
Rennwagen inspiriert<br />
ist, lässt sich<br />
dank der großen Ziffern<br />
und mit Leuchtmasse<br />
beschichteten<br />
Zeigern perfekt<br />
ablesen. Chopard<br />
und die Mille Miglia sind in einer historisch<br />
gewachsenen Partnerschaft verbunden,<br />
da Chopard seit 1988 Partner und offizieller<br />
Zeitmesser der Mille Miglia ist. Anlässlich<br />
dieses Events, bei dem sich alljährlich<br />
ausschließlich historische Rennwagen<br />
messen dürfen,<br />
präsentiert Chopard<br />
in jedem Jahr<br />
eine neue limitierte<br />
Edition der Kollektion<br />
Mille Miglia.<br />
Die Genfer Uhrenmanufaktur<br />
Frédérique Constant<br />
ist bekannt für<br />
seine eher klassischen<br />
Uhren. Nun<br />
folgen zwei neue<br />
Modelle seiner erfolgreichen<br />
Vintage-Rallye-Kollektion.<br />
Frédérique Constant<br />
ist seit vielen Jahren in verschiedensten<br />
Bereichen des Motorsports aktiv, vor allem<br />
bei Oldtimer-Rallyes in seiner Rolle<br />
als langjähriger und treuer Partner der berühmten<br />
Austin-Healey-Automobile. In der<br />
Tradition von Frédérique Constant werden<br />
die Uhren in einer limitierten Anzahl von<br />
weltweit nur 2.888 nummerierten Exemplaren<br />
angeboten. Und jede Uhr präsentiert<br />
sich in einer exklusiven Geschenkbox,<br />
die zusätzlich eine perfekte Miniaturausgabe<br />
eines Austin Healey enthält.<br />
Der Admirals Cup war bis in die 2000er-<br />
Jahre einer der bedeutendsten Segelwettbewerbe<br />
für Hochseeyachten und<br />
LEICHT JUWELIERE<br />
Unter den Linden 77<br />
10117 Berlin<br />
Tel.: 030 2290212<br />
E-Mail: Berlin@juwelier-leicht.de<br />
Web: www.juwelier-leicht.de<br />
Foto: Privat<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
LIFESTYLE | 55<br />
Admirals Cup von CORUM.<br />
Sixties Square von Glashütte Original.<br />
galt als inoffizielle Weltmeisterschaft<br />
im Hochseesegeln.<br />
CORUM honoriert mit ihrer<br />
Admirals-Cup-Kollektion<br />
seit ihrer Einführung 1960<br />
die Welt des Segelsports<br />
wie keine andere und<br />
fasziniert Uhrenliebhaber<br />
nunmehr seit mehr<br />
als 50 Jahren mit ihren<br />
sportlich geprägten Uhren.<br />
Erkennungsmerkmale<br />
der Admirals-Cup-Kollektion<br />
sind das zwölfeckige<br />
Gehäuse und die nautischen<br />
Flaggensymbole anstelle der<br />
Stundenindexe.<br />
CHRONOSWISS als Mitbegründer<br />
der mechanischen Regulator Rallye Limited<br />
Renaissance gehört zu den Edition von CHRONOSWISS.<br />
wenigen Uhrenmarken, welche<br />
ausschließlich mechanische Werke<br />
einsetzen. Das Unternehmen besitzt<br />
eine unverwechselbare Designsprache,<br />
die von einer charakteristischen Zwiebelkrone,<br />
verschraubten Bandstegen und einer<br />
seitlich gerändelten Lünette geprägt<br />
ist. Das Gesicht der Marke ist zweifelsohne<br />
der Regulator. Die Uhr leitet mit ihrem<br />
innovativen Zifferblattdesign eine neue<br />
Ära ein. Die Regulator Rallye Limited Edition<br />
ist keine Uhr wie jede andere und widmet<br />
sich der Kitzbüheler Alpenrallye. Diese<br />
wird diesjährig zum 30. Mal ausgetragen<br />
und dementsprechend werden gleichviel<br />
Exemplare hergestellt.<br />
werden vor allem als Moonwatch<br />
mit dem Weltraum verbunden.<br />
Dennoch führte OMEGA 1957<br />
diesen Chronographen mit seiner<br />
charakteristischen Tachymeterskala<br />
bewusst als<br />
Sportuhr ein. Und bereits<br />
1968 gab es die Speedmaster<br />
mit Racing-Zifferblatt.<br />
Nun, zum<br />
60-jährigen Jubiläum, lanciert<br />
das Unternehmen eine<br />
neue Uhr namens Speedmaster<br />
Racing Master Chronometer, die<br />
wie heute alle neu eingeführten<br />
OMEGA-Uhren ein Kaliber mit<br />
Master-Chronometer-Zertifizierung<br />
besitzt.<br />
Glashütte Original bringt<br />
eine limitierte Edition der<br />
Sixties-Iconic-Square-Kollektion<br />
mit originellen Designelementen<br />
im Stil der 60er-Jahre heraus. „It’s hip to<br />
be square“: Es ist angesagt, anzuecken.<br />
Nichts konnte passender sein als der Auftritt<br />
der Sixties-Iconic-Kollektion von Glashütte<br />
Original auf dem roten Teppich während<br />
der Berlinale. Im Rahmen des Filmfestivals<br />
stellte der deutsche Uhrenhersteller<br />
eine Sonderkollektion von fünf viereckigen<br />
Chronographen vor, die mit farbenfrohen<br />
einzigartigen Zifferblättern aus der hauseigenen<br />
Ziffernblattmanufaktur in Pforzheim<br />
versehen sind. Ihre intensiven Farben<br />
und faszinierenden Zifferblattdekors<br />
greifen legendäre Designelemente von<br />
„Spezimatic“-Modellen der 1960er-Jahren<br />
auf. Alle fünf Varianten haben einen<br />
besonderen Farbverlauf, der Dégradé-Effekt<br />
genannt wird, bei dem die Farbnuance<br />
vom Zifferblattzentrum nach außen hin<br />
dunkler wird. Dem großen Auftritt steht<br />
also nichts mehr im Wege. W+M<br />
Speedmaster von OMEGA.<br />
Die Speedmaster Modelle von OMEGA<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
Sie haben sich private oder berufliche Ziele gesetzt, aber<br />
mit der Umsetzung klappt es nicht so richtig? Dann ist<br />
dieses Buch genau das richtige für Sie.<br />
Gillian Burn zeigt, wie Sie sich und andere motivieren.<br />
Sie gibt Werkzeuge an die Hand, mit denen Sie Ihre Ziele<br />
besser erreichen. Finden Sie heraus, was Sie bestärkt und<br />
welche Hindernisse Ihnen im Weg liegen. Feiern Sie Erfolge<br />
und wappnen Sie sich gegen Rückschläge. Checklisten<br />
und Übungen helfen, sich realistische Ziele zu setzen,<br />
sie konsequent zu verfolgen und sich und andere immer<br />
wieder aufs Neue zu motivieren.<br />
Gillian Burn ist NLP- und MindMapping-Expertin und<br />
arbeitet als Consultant für große Unternehmen.<br />
der für Veränderungen<br />
motivieren<br />
Ziele setzen<br />
entwickeln<br />
umgehen, Rückschläge<br />
meistern und am Ball<br />
bleiben<br />
ISBN 978-3-527-70565-8<br />
Burn<br />
70565-8<br />
56 | W+M RATGEBER LITERATUR<br />
Wirtschaftsliteratur<br />
Die ostdeutsche<br />
Bestsellerliste<br />
1<br />
2<br />
6<br />
7<br />
5<br />
8<br />
»Nichts Großes ist<br />
je ohne Begeisterung<br />
geschaffen geworden.«<br />
4<br />
Die Starthilfe für Ihre<br />
Zielsetzung<br />
9<br />
Sie erfahren:<br />
• Wie Sie sich immer wie-<br />
• Wie Sie sich realistische<br />
• Wie Sie Ihre Erfolgsstrategie<br />
• Wie Sie mit Durchhängern<br />
Mach dich schlau:<br />
www.fuer-dummies.de<br />
Motivation<br />
Das maximale Wissen im minimalen Format<br />
Auf einen Blick:<br />
• Betriebswirtschaftliches Wissen<br />
kurz und knapp<br />
• Materialwirtschaft, Produktion<br />
und Marketing<br />
• Investition und Finanzierung<br />
• Buchführung, Jahresabschluss<br />
und Kostenrechnung<br />
Tobias Amely<br />
BWL<br />
10<br />
3<br />
JETZT NEU<br />
MIT 58 THALIA-FILIALEN<br />
Die ostdeutsche Bestsellerliste für<br />
Wirtschaftsliteratur wird exklusiv von<br />
W+M aus den Verkaufszahlen 59 großer<br />
Buchhandlungen in Berlin, Brandenburg,<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,<br />
Sachsen-Anhalt und Thüringen erstellt.<br />
Beteiligt haben sich:<br />
Thalia-Filialen in<br />
Bautzen<br />
Berlin (7x)<br />
Bernburg<br />
Brandenburg<br />
Chemnitz (3x)<br />
Cottbus<br />
Dallgow-Döberitz<br />
Dessau<br />
Dresden (7x)<br />
Eisenach<br />
Eisleben<br />
Freital<br />
Gera<br />
Görlitz<br />
Gotha<br />
Großenhain<br />
Halle<br />
Hoyerswerda<br />
Jena (2x)<br />
Leipzig (2x)<br />
Leuna<br />
Löbau<br />
Lutherstadt Wittenberg<br />
Magdeburg (2x)<br />
Meißen<br />
Neubrandenburg<br />
Pirna<br />
Plauen<br />
Radebeul<br />
Riesa<br />
Röhrsdorf<br />
Rostock (2x)<br />
Rudolstadt<br />
Saalfeld<br />
Schwedt/Oder<br />
Weimar<br />
Wildau<br />
Zittau<br />
Zwickau<br />
(www.thalia.de)<br />
sowie die Ulrich-von-Hutten-Buchhandlung in<br />
Frankfurt/Oder (www.hutten-ffo.de).<br />
Die Teilnahme steht weiteren Buchhandlungen<br />
jederzeit offen. Schreiben Sie bei Interesse eine<br />
E-Mail an jp@wirtschaft-markt.de.<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
RATGEBER PERSONAL | 57<br />
Offline-Recruiting<br />
Dauerbrenner bei der<br />
Mitarbeitersuche<br />
In unserer digitalen Zeit klingt es fast befremdlich, Mitarbeiter im<br />
Social-Media-Zeitalter mit Hilfe von Offline-Maßnahmen gewinnen zu<br />
wollen. Dennoch behalten die alt vertrauten Kanäle ihre Berechtigung<br />
beim Recruiting – und zwar unabhängig vom Alter der gesuchten<br />
Fachkräfte. Besonders wirkungsvoll ist es, beide Welten –<br />
die digitale und die reale – miteinander zu verknüpfen.<br />
Offline-Maßnahmen können dabei sowohl an erster<br />
wie auch an zweiter Stelle stehen. Von Martina Schäfer<br />
Messen<br />
Ein sehr wirksames Mittel im Recruiting<br />
sind Messen. Gut eignen sie sich<br />
außerdem, um die Online- und Offline-<br />
Welt miteinander zu verknüpfen. An eine<br />
spannende Präsentation auf der Website<br />
und in Social Media kann sich hier das<br />
direkte persönliche Gespräch anschließen.<br />
Der online begonnene Dialog lässt<br />
sich auf der Messe Auge in Auge fortsetzen<br />
und bietet damit beiden Seiten die<br />
Chance, sich besser kennenlernen. Aber<br />
auch ohne vorherigen Online-Austausch<br />
eröffnet die aktive Ansprache am Messestand<br />
die Möglichkeit, Aufmerksamkeit<br />
zu gewinnen<br />
und interessante Kontakte<br />
zu knüpfen.<br />
Fotos: FotolEdhar/fotolia.com (oben), Die Hoffotografen (Mitte)<br />
Stellenanzeigen<br />
Der Klassiker bei der Mitarbeitergewinnung<br />
ist die gedruckte Stellenanzeige.<br />
Auch wenn Online-Portale, Stellenausschreibungen<br />
über XING, LinkedIn, Facebook<br />
oder Twitter ihre Aufgabe oft übernommen<br />
haben – je nach Unternehmen,<br />
Branche oder gesuchten Mitarbeitern<br />
kann sie sinnvoll sein. Denn so lassen<br />
sich wenig online-affine Menschen erreichen.<br />
Gedruckte Stellenanzeigen helfen<br />
außerdem, weitere Reichweite für<br />
das Recruiting aufzubauen. Und anders<br />
als eine Online-Stellenanzeige rutscht ihr<br />
Pendant in der Zeitung nicht nach hinten<br />
oder „versendet“ sich.<br />
Besondere Aufmerksamkeit gewinnen<br />
gedruckte Stellenanzeigen, wenn sie<br />
die klassischen Kanäle verlassen. So bieten<br />
sich Firmenfahrzeuge oder bei Publikumsverkehr<br />
auch ein Aushang an gut<br />
sichtbarer Stelle an.<br />
Pressearbeit<br />
Begeisterung für ein Unternehmen und<br />
die Tätigkeit ist das Stichwort, wenn es<br />
gilt, die passenden Mitarbeiter zu gewinnen.<br />
Doch dazu muss erst einmal die Aufmerksamkeit<br />
interessanter<br />
Kandidaten<br />
geweckt werden.<br />
Den nötigen<br />
Einblick kann zum<br />
Beispiel eine Reportage<br />
über das<br />
Unternehmen geben.<br />
Auch ein Bericht<br />
in einer Sonderbeilage zum Schwerpunkt<br />
Karriere, in dem unterschiedliche<br />
Arbeitsfelder oder besondere Angebote<br />
wie agiles Arbeiten vorgestellt werden,<br />
ist hilfreich. Die Basis für den Weg in die<br />
Zeitung liefert kontinuierliche Pressearbeit.<br />
Schließlich müssen auch die Journalisten<br />
das Unternehmen und seine Leistungen<br />
kennenlernen. Entsprechend<br />
langfristig sollte der Plan ausgelegt sein.<br />
Martina Schäfer ist Diplom-Kauffrau<br />
und Inhaberin der Employer-Branding-<br />
Beratung FINIS Kommunikation in Berlin.<br />
Veranstaltungen<br />
Veranstaltungen eignen<br />
sich sehr gut, ein<br />
Unternehmen als Arbeitgeber<br />
in den Fokus<br />
interessanter<br />
Fachkräfte zu rücken.<br />
Dabei sind der Kreativität<br />
bei der Organisation<br />
keine Grenzen gesetzt.<br />
Wichtig ist nur,<br />
dass die Aktivitäten<br />
zum Unternehmen und seiner Arbeitswelt<br />
passen. Und Interesse bei der Zielgruppe<br />
sollten sie natürlich wecken.<br />
Kooperationen<br />
Der Wert von Kooperationen kann vor allem<br />
bei der Suche nach Auszubildenden<br />
nicht hoch genug eingeschätzt werden.<br />
Als Partner bieten sich Schulen und Universitäten<br />
an. Vor allem Praktika, Thementage<br />
oder die Unterstützung von Arbeitsgruppen<br />
eignen sich, um einander<br />
kennenzulernen. Daraus können vielversprechende<br />
Kontakte entstehen, die im<br />
Anschluss gepflegt werden sollten. Dies<br />
kann zum Beispiel durch spannende Angebote<br />
wie die Teilnahme an einem Unternehmensplanspiel<br />
sein, die fachlich<br />
begleitet wird. <br />
W+M<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
58 | W+M NETZWERK GESELLSCHAFT<br />
67. VBKI-Ball in Berlin<br />
Roter Teppich für die Entscheider<br />
in der Hauptstadt<br />
Gruppenbild vor Ballbeginn: die Spitzen<br />
des VBKI.<br />
In Zeiten rasanter Veränderung gehört<br />
der Ball der Wirtschaft zu den ganz<br />
festen Berliner Konstanten. Der Verein<br />
Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI)<br />
rollte zum 67. Mal den roten Teppich für<br />
die Macher, Gestalter und Entscheider<br />
in der Hauptstadt aus. Mehr als 3.000<br />
Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft,<br />
Politik und Gesellschaft folgten<br />
der Einladung des VBKI ins Hotel Inter-<br />
Continental. Die Schirmherrin des Balls,<br />
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries<br />
(SPD), hob in ihrer Rede die Bedeutung<br />
des Wirtschaftsstandorts Berlin hervor:<br />
„Berlin gilt als anerkannte Start-up-<br />
Me tropole, in der sich kreative und engagierte<br />
Gründerinnen und Gründer aus<br />
aller Welt treffen.“<br />
VBKI-Präsident Markus Voigt appellierte<br />
an die Politik: „Man kann Berlin und der<br />
wachsenden Zahl seiner Bewohner nur<br />
wünschen, dass die Landespolitik aufhört,<br />
sich nur um sich selbst zu drehen.“<br />
W+M<br />
Die Ballgäste wurden mit erlesenen<br />
Köstlichkeiten verwöhnt.<br />
Schirmherrin des Balls:<br />
Bundeswirtschaftsministerin<br />
Brigitte<br />
Zypries.<br />
Starker Andrang herrschte auf der Tanzfläche im Ballsaal.<br />
Foto: Fotos: XXX Dominic Blewett/Wolf Lux<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
GESELLSCHAFT | 59<br />
Präsident des UV Schwerin Rolf Paukstat, Kevin<br />
Friedersdorf, Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerin<br />
Katy Hoffmeister, Martin Klemkow, Kai Lorenzen<br />
(Sparkasse Mecklenburg-Schwerin), Torsten Jarchow<br />
(Ja-Solar) und Geschäftsführerin des UV Schwerin Pamela<br />
Buggenhagen.<br />
Wirtschaftsball Schwerin<br />
Nordlichter feiern die Nähe<br />
zu Hamburg<br />
Crivitz. Bereits zum siebten Mal luden am<br />
1. April der Unternehmerverband Norddeutschland<br />
Mecklenburg-Schwerin, die<br />
IHK zu Schwerin und die Handwerkskammer<br />
Schwerin zum gemeinsamen Wirtschaftsball.<br />
In diesem Jahr trafen sich mehr als 200<br />
Unternehmer unter dem Motto „Nordlichter<br />
– Gemeinsam in der Metropolregion Hamburg“<br />
im Schloss Basthorst bei Schwerin.<br />
Auf der restlos ausverkauften Veranstaltung<br />
wurden auch die „Unternehmer des<br />
Jahres 2016“ gekürt. Diese Auszeichnung<br />
ehrt Unternehmer des Verbands für ihre<br />
herausragenden unternehmerischen und<br />
gesellschaftlichen Leistungen. In diesem<br />
Jahr ging der mit 1.000 Euro dotierte Preis<br />
an Kevin Friedersdorf und Martin Klemkow,<br />
die Geschäftsführer von MANDARIN<br />
MEDIEN Gesellschaft für digitale Lösungen<br />
mbH. W+M<br />
Die Unternehmer des Jahres 2016:<br />
Kevin Friedersdorf und Martin Klemkow<br />
von MANDARIN MEDIEN.<br />
Edgar Hummelsheim, Rolf Paukstat, Hans<br />
Thon und Dr. Rolf-Barnim Foth (v. l.).<br />
Tanzfreudige Gäste in edlem Ambiente.<br />
Fotos: Dominic Blewett/Wolf Lux<br />
Der Wirtschaftsball Schwerin fand erstmalig im Schloss Basthorst statt.<br />
Frank Haacker, Präsident des UV Rostock<br />
(M.), wagte ein Tänzchen.<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
60 | W+M NETZWERK<br />
Universalgenie<br />
Mikhail<br />
Lomonossow<br />
Anlässlich der Jahreshaupt- und Wahlversammlung<br />
des VBIW am 28. Januar <strong>2017</strong> sprach Prof. h. c.<br />
Dr.-Ing. Dr. oec. Karl Döring über Leben und<br />
Wirken des russischen Universalgelehrten Mikhail<br />
Wassiljewitsch Lomonossow (1711-1765). Seine<br />
Gedanken über die Entwicklung der deutschrussischen<br />
Beziehungen ließ er mit einfließen.<br />
Von Rudolf Miethig (VBIW)<br />
Denkmal von Mikhail Lomonossow vor der<br />
Moskauer Universität, deren Namensgeber er ist.<br />
Frankfurt (Oder). Karl Döring ist Absolvent<br />
des Moskauer Stahlinstituts, war Generaldirektor<br />
des Bandstahlkombinats Eisenhüttenstadt,<br />
überführte dieses nach der Wende<br />
erfolgreich in eine Aktiengesellschaft<br />
und leitete sie als Vorstandsvorsitzender<br />
weiter (siehe auch W+M 4/2016, Seite 61).<br />
Mit Lomonossow verbindet ihn, dass auch<br />
er Hüttenmann und Metallurge war. Überdies<br />
war Lomonossow aber auch Chemiker,<br />
Physiker, Mineraloge, Experimentator,<br />
Prof. Karl Döring bei seinem Vortrag<br />
über Mikhail Lomonossow während der<br />
Jahreshauptversammlung des VBIW.<br />
Historiker, Sprachgelehrter, Arktisforscher,<br />
Wissenschaftsorganisator und Dichter.<br />
Mikhail Lomonossow kam 1736 an die<br />
Lehranstalt der Russischen Akademie der<br />
Wissenschaften in Sankt Petersburg. Die<br />
Akademie schickte ihn zunächst nach Marburg<br />
zu Prof. Christian Wolff, ihrem korrespondierenden<br />
Mitglied, dann nach Freiberg<br />
in Sachsen, wo er bei Berg-Physikus<br />
Johann Friedrich Henckel studierte, experimentierte<br />
und in den Schacht einfuhr. Später<br />
schrieb Lomonossow: „Den Bergbau<br />
kann man besser von einem Steiger erlernen,<br />
der seine Lebtage in der Grube zugebracht.“<br />
1741 kehrte er nach Sankt Petersburg<br />
zurück. Als Professor der Chemie richtete<br />
er ein chemisches Laboratorium ein<br />
und formulierte 1748 das Gesetz von der<br />
Erhaltung der Masse. 1754 veröffentlichte<br />
er einen „Lehrkursus der wahren physikalischen<br />
Chemie“ und zwei Jahre später entdeckte<br />
er das Element Stickstoff. 1755 regte<br />
er die Gründung der Moskauer Staatsuniversität<br />
an, die später nach ihm benannt<br />
wurde, und 1760 wurde er Direktor der Universität<br />
der St. Petersburger Akademie der<br />
Wissenschaften.<br />
Als Mineraloge führte er viele Analysen<br />
von Erzen durch, die er exakt dokumentierte.<br />
1763 erschien sein Bestseller „Anfangsgründe<br />
der Metallurgie des Hüttenwesens“.<br />
Die Akademie schickte es als<br />
Handbuch an alle Berg- und Hüttenwerke<br />
im Ural und Altai-Gebirge. Als Sprachgelehrter<br />
veröffentlichte er 1757 die erste<br />
russische Grammatik, als Historiker schrieb<br />
er 1760 die erste Monografie der russischen<br />
Geschichte. Als Arktisforscher bewies<br />
Lomonossow rechnerisch, dass sich<br />
90 Prozent des Volumens der Eisberge unter<br />
der Wasseroberfläche befinden müssen.<br />
Er schenkte der russischen Sprache<br />
ein Wort für Eisberg: Айсберг („Aisberg“<br />
ausgesprochen). Und er forschte nach einem<br />
Handelsweg nach Osten durch das<br />
Eismeer. Als Dichter schrieb er Bühnenstücke<br />
und erfand ein neues Metrum für<br />
seine Gedichte.<br />
Für den Metallurgen Döring, der sich auch<br />
für Geologie interessierte, beginnen die<br />
deutsch-russischen Beziehungen mit Peter<br />
I., dem Großen. Der weilte 1711 in Freiberg,<br />
fuhr in ein Bergwerk ein und schlug<br />
VBIW – Verein Brandenburgischer<br />
Ingenieure und Wirtschaftler e. V.<br />
Landesgeschäftsstelle:<br />
Fürstenwalder Str. 46,<br />
15234 Frankfurt (Oder)<br />
Tel.: 0170 9856578<br />
E-Mail: vbiw-ev@t-online.de<br />
Internet: www.vbiw-ev.de<br />
Foto: Bernd Geller (VBIW) (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
VBIW | 61<br />
dort eine vorher präparierte Erzstufe ab. Im<br />
Jahr 1711 kam es auch zur ersten Begegnung<br />
zwischen Gottfried Wilhelm Leibniz<br />
und Zar Peter, welcher ein immerwährender<br />
Gedankenaustausch folgte.<br />
Lomonossows Werke erschienen von 1761<br />
bis 1768 in Leipzig und bereicherten die<br />
westeuropäische Wissenschaft. 1894 trafen<br />
sich Dmitri Iwanowitsch Mendelejew<br />
und der Freiberger Chemieprofessor Clemens<br />
Alexander Winkler in Freiberg. Mendelejew<br />
hatte das Element, das später Germanium<br />
genannt wurde, an Hand seines<br />
Periodensystems vorausgesagt, Winkler<br />
entdeckte es dann tatsächlich.<br />
Zwischen der Technischen Universität Freiberg<br />
und russischen Hochschulen besteht<br />
heute noch eine rege Kooperation, aber der<br />
ehemals gute Austausch zwischen dem Eisenhüttenstädter<br />
Stahlwerk und der Moskauer<br />
Hochschule existiere nicht mehr,<br />
klagt Döring. Auch kenne im Konzern niemand<br />
mehr ein russisches Stahlunternehmen<br />
oder gar einen Firmenchef persönlich.<br />
Die russische Stahlindustrie werde in ihrer<br />
Bedeutung nicht angemessen geschätzt.<br />
1990 wurde die Lomonossowstraße in<br />
Freiberg zunächst wieder in Fischerstraße<br />
umbenannt. Russen wollte man seinerzeit<br />
Der Gebäude-Komplex „Lomonossow-Haus“<br />
mit Gedenktafel in Freiberg.<br />
nicht mehr. Danach begann langsam eine<br />
Rückbesinnung. 2005 benannte die Stadt<br />
einen kleinen Platz erneut nach Lomonossow.<br />
Fünf Jahre später wurde dort ein kleines<br />
Denkmal zu Ehren Lomonossows eingeweiht.<br />
Es waren Döring und seine Mitstreiter<br />
aus dem Moskauer Stahlin stitut,<br />
die das bewirkt haben. Döring hat es auch<br />
geschafft, den Rektor der Moskauer Lomonossow-Universität<br />
Prof. Viktor Sadownitschi<br />
und den Rektor des Moskauer Stahlinstituts<br />
Prof. Dmitri Liwanow zur Enthüllung<br />
des Denkmals nach Freiberg zu lotsen.<br />
Beide hielten kurze Ansprachen, gefolgt<br />
von der Rede des Freiburger Oberbürgermeisters<br />
Bernd-Erwin Schramm. Dieser<br />
fand die bemerkenswerten Worte, dass<br />
die Stadt etwas an Lomonossow gutzumachen<br />
habe. 2014 wurde schließlich in<br />
der Fischerstraße 39/41 der Gebäudekomplex<br />
„Lomonossow-Haus“ eingeweiht. Er<br />
beherbergt eine Wohn- und Begegnungsstätte<br />
für bis zu 16 russische Studenten<br />
und Wissenschaftler sowie einen historisch<br />
nachempfundenen Salon zu Ehren<br />
von Mikhail Lomonossow. Eine Gedenktafel<br />
weist auf das Wirken des Universalgenies<br />
in diesem Haus hin.<br />
Fotos: Wikimedia Commons /Unukorno (oben), Bernd Geller (VBIW) (Mitte, unten)<br />
Vorstand des VBIW neu gewählt<br />
Turnusgemäß wurde der Vorstand<br />
des VBIW für drei Jahre neu gewählt.<br />
Im Bild (v. l.): Jutta Scheer<br />
(Zweite Vorsitzende), Anke Prahtel (Schatzmeisterin),<br />
Dr. Norbert Mertzsch (Vorsitzender),<br />
Gertrud Schönwälder (Rechnungsprüferin),<br />
Dr. Bernd Thomas, Lutz<br />
von Grünhagen (Schriftführer), Manfred<br />
Kochan und Bernd Geller (Rechnungsprüfer).<br />
Der bisherige Schatzmeister Peter Grunow<br />
stellte sich nicht mehr zur Wahl. Er hatte<br />
1994 mit Johannes Godau die Initiative zur<br />
Gründung des Vereins ergriffen, als Reaktion<br />
auf die Auflösung des Ingenieurtechnischen<br />
Verbands KDT.<br />
Zu seiner ersten Wahl als Schatzmeister des<br />
VBIW hatte er versprochen, dass es mit ihm<br />
ein Fiasko wie mit der KDT nicht geben werde.<br />
Das Versprechen hielt er. Der Vorstand<br />
sprach ihm dafür seinen Dank aus und verabschiedete<br />
ihn feierlich, die Anwesenden<br />
dankten es ihm spontan mit Applaus.<br />
Im Zuge der Wahl ergeben sich auch Änderungen<br />
der Kontaktdaten des VBIW. Die<br />
Details entnehmen Sie bitte dem Infokasten<br />
links. <br />
Rudolf Miethig (VBIW)<br />
Der bisherige Schatzmeister Peter Grunow.<br />
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62 | W+M NETZWERK<br />
UV Sachsen<br />
SUCHT AM ARBEITSPLATZ<br />
Dresden. Der Unternehmerabend des<br />
UV Sachsen Ende März in Dresden rückte<br />
ein Thema in den Mittelpunkt, über das<br />
nicht oft in der Öffentlichkeit gesprochen<br />
wird: Sucht am Arbeitsplatz. Drei Referenten<br />
waren der Einladung des Verbands<br />
gefolgt und gaben eindrucksvoll Einblick<br />
in ihre Arbeit. So sprach Jürgen Kluttig,<br />
Key Account Manager der AOK PLUS,<br />
über Vorsorge und Prävention, Dr. Kristin<br />
Ferse, Suchtbeauftragte der Landeshauptstadt<br />
Dresden, über Suchterkrankungen<br />
im Alltag, und Henning Reichel,<br />
Diakonie Suchtberatungsstelle Dresden,<br />
über Suchtprobleme im Unternehmen.<br />
Gründe, dieses Thema anzusprechen,<br />
gibt es viele. Der Missbrauch von Suchtmitteln<br />
durch Mitarbeiter stellt nicht nur<br />
für sie selbst, sondern auch für Kollegen<br />
oder das gesamte Unternehmen eine Gefahr<br />
dar. Dabei zeigen aktuelle Studien,<br />
dass alle Unternehmensgrößen und Branchen<br />
gleichermaßen betroffen sind. Mit<br />
steigenden Anforderungen im Beruf sowie<br />
im Privatleben erhöht sich die Wahrscheinlichkeit,<br />
Suchtmittel zu konsumieren.<br />
Dabei ergeben sich für Unternehmer<br />
und Personalverantwortliche unter anderem<br />
folgende Fragen: Wie beuge ich im<br />
Unternehmen Abhängigkeitserkrankungen<br />
vor? Wie geht man mit Mitarbeitern<br />
um, bei dem man eine Abhängigkeit vermutet?<br />
Und wie werden Suchterkrankte<br />
behandelt und wieder in den Arbeitsalltag<br />
integriert? Umfangreiches Informationsmaterial<br />
gibt es unter anderem bei den<br />
Suchtbeauftragten der jeweiligen Stadt,<br />
Freien Trägern wie der Diakonie und bei<br />
der AOK PLUS.<br />
ZU GAST BEI DER „FREIEN PRESSE“<br />
Mitglieder des UV Sachsen beim Unternehmerabend in den Räumen der FASA AG.<br />
Chemnitz. Ullrich Hintzen, Vizepräsident<br />
des UV Sachsen und Vorstand der<br />
FASA AG, begrüßte Anfang April die<br />
Gäste des UV Sachsen zum Unternehmerabend<br />
in den Räumen seines Unternehmens.<br />
Im Mittelpunkt der Gespräche<br />
stand die Tageszeitung „Freie Presse”<br />
als größte Abonnement-Zeitung Sachsens.<br />
Freie-Presse-Chefredakteur Torsten<br />
Kleditzsch stellte eingangs die Fakten<br />
rund um die „Freie Presse” vor,<br />
um im Anschluss mit seinem Vortrag<br />
„Die Wahrheit braucht Zeit und Geld.<br />
Wie die Freie Presse mit Sachsen und<br />
der Welt umgeht“ auf die Diskussion<br />
einzustimmen. Danach hatten die Teilnehmer<br />
die Gelegenheit, sich in lockerer<br />
Atmosphäre über die Zusammenarbeit<br />
von Presse und Wirtschaft und die<br />
aktuellen Ereignisse in der Welt auszutauschen.<br />
UV Vorpommern<br />
25 JAHRE UV VORPOMMERN<br />
Greifswald. Der Unternehmerverband<br />
(UV) Vorpommern e. V. beging am 6.<br />
April in der Wirtschaftsakademie Nord<br />
in Greifswald mit einem Festakt feierlich<br />
sein 25-jähriges Jubiläum. Dr. Stefan<br />
Rudolph, Staatssekretär im Ministerium<br />
für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit<br />
Mecklenburg-Vorpommern, dankte<br />
dem Verband für sein langjähriges Engagement<br />
und die ehrenamtliche Tätigkeit<br />
der Unternehmer: „Der Verband und seine<br />
Mitglieder tragen entscheidend dazu<br />
bei, dass Vorpommern sich zu einem modernen<br />
Wirtschaftsstandort entwickelt<br />
hat. Der Mittelstand und die Wirtschaft<br />
in Vorpommern sind durch die Leistung<br />
aller Unternehmen und ihrer Beschäftigten<br />
heute stärker und belastbarer geworden.<br />
Der Aufschwung in der Region ist<br />
deutlich sichtbar.“ Seit seiner Gründung<br />
am 25. Februar 1992 engagiert sich der<br />
UV Vorpommern als Interessenvertretung<br />
der kleinen und mittelständischen Unternehmen<br />
für die zukunftsorientierte Gestaltung<br />
der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
zur Entwicklung der Region Vorpommern.<br />
Darüber hinaus ist er in einer<br />
Interessengemeinschaft mit den Unternehmerverbänden<br />
des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />
aktiv.<br />
Foto: UV Sachsen<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
UNTERNEHMERVERBÄNDE | 63<br />
UV Brandenburg-Berlin<br />
GESCHÄFTSSTELLEN<br />
Fotos: Euroregion Spree-Neiße-Bober (oben), LEG Thüringen/Heiko Wagner (unten)<br />
FÖRDERMITTEL BEWILLIGT<br />
UV Thüringen<br />
ERFURTER KREUZ IM FOKUS<br />
Das Erfurter Kreuz aus der Luft.<br />
Cottbus. „Gelebte Nachbarschaft”<br />
heißt das Projekt des Unternehmerverbands<br />
Brandenburg-Berlin mit dem Arbeitgeberverband<br />
Lebuser<br />
Land (OPZL), das mit knapp<br />
18.000 Euro gefördert wird.<br />
Es geht um Begegnungen<br />
zwischen deutschen und<br />
polnischen Unternehmern<br />
der Grenzregion. Mitte März<br />
übergab Kathleen Markus<br />
von der Euroregion Spree-<br />
Neiße-Bober dem Vizepräsidenten<br />
des Verbands Reinhard<br />
Schulze den Förderbescheid.<br />
Die Förderung des<br />
Projekts durch den Kleinprojektefonds<br />
des EFRE ist<br />
ein Teil der Anstrengungen<br />
zur Gestaltung des Strukturwandels<br />
in der Lausitz. Bei<br />
den Treffen der Unternehmen<br />
werden zwei Themen im Zentrum<br />
stehen: der Strukturwandel in der Lausitz<br />
und die Partnerschaft mit Polen.<br />
Kathleen Markus von der Euroregion Spree-Neiße-Bober mit<br />
Vizepräsident Reinhard Schulze vom UV Brandenburg-Berlin.<br />
Erfurt. Ende März lud der Unternehmerverband<br />
Thüringen zum Unternehmerabend<br />
zur Region Erfurter Kreuz.<br />
Verbandsmitglied und Vorstandsvorsitzender<br />
der Initiative<br />
Erfurter Kreuz Franz-<br />
Josef Willems informierte<br />
die Teilnehmer<br />
über den Industriestandort.<br />
2009<br />
legten elf Firmen<br />
den Grundstein für<br />
eine Zusammenarbeit,<br />
heute sind bereits<br />
90 Unternehmen<br />
mit etwa 11.300<br />
Mitarbeitern und 325<br />
Auszubildenden in<br />
der Initiative vertreten.<br />
Zweck des Vereins<br />
ist die Förderung<br />
der Wirtschaft rund um den Standort und<br />
den Ausbau des Erfurter Kreuzes zu einer<br />
national wie international bedeutenden<br />
Region der Thüringer Wirtschaft.<br />
Unternehmerverband Berlin e. V.<br />
Präsident: Armin Pempe<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführer: Niklas Graf von Bernstorff<br />
Frankfurter Allee 202, 10365 Berlin<br />
Tel.: +49 30 9818500<br />
Fax: +49 30 9827239<br />
E-Mail: mail@uv-berlin.de<br />
Internet: www.uv-berlin.de<br />
Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e. V.<br />
Präsident: Dr. Burkhardt Greiff<br />
Geschäftsführer: Steffen Heller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Drewitzer Str. 47, 14478 Potsdam<br />
Tel.: +49 331 810306<br />
Fax: +49 331 8170835<br />
E-Mail: potsdam@uv-bb.de<br />
Internet: www.uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Berlin<br />
Charlottenstraße 80, 10117 Berlin<br />
Tel.: +49 30 2045990<br />
Fax: +49 30 20959999<br />
E-Mail: berlin@uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Cottbus<br />
Schillerstraße 71, 03046 Cottbus<br />
Tel.: +49 355 22658<br />
Fax: +49 355 22659<br />
E-Mail: cottbus@uv-bb.de<br />
Unternehmerverband Norddeutschland<br />
Mecklenburg-Schwerin e. V.<br />
Präsident: Rolf Paukstat<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführerin: Pamela Buggenhagen<br />
Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin<br />
Tel.: +49 385 569333<br />
Fax: +49 385 568501<br />
E-Mail: mecklenburg@uv-mv.de<br />
Internet: mecklenburg.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Rostock-Mittleres<br />
Mecklenburg e. V.<br />
Präsident: Frank Haacker<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Geschäftsführerin: Manuela Balan<br />
Wilhelm-Külz-Platz 4<br />
18055 Rostock<br />
Tel.: +49 381 242580<br />
Fax: +49 381 2425818<br />
E-Mail: info@rostock.uv-mv.de<br />
Internet: www.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Sachsen e. V.<br />
Präsident: Hartmut Bunsen<br />
Geschäftsführer: Lars Schaller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Bergweg 7, 04356 Leipzig<br />
Tel.: +49 341 52625844<br />
Fax: +49 341 52625833<br />
E-Mail: info@uv-sachsen.org<br />
Internet: www.uv-sachsen.de<br />
Geschäftsstelle Chemnitz<br />
Marianne-Brandt-Str. 4, 09112 Chemnitz<br />
Tel.: +49 371 49512912<br />
Fax: +49 371 49512916<br />
E-Mail: chemnitz@uv-sachsen.org<br />
Geschäftsstelle Dresden<br />
Semperstraße 2b, 01069 Dresden<br />
Tel.: +49 351 8996467<br />
Fax: +49 351 8996749<br />
E-Mail: dresden@uv-sachsen.org<br />
Unternehmerverband Sachsen-Anhalt e. V.<br />
Präsident: Jürgen Sperlich<br />
Geschäftsführer: Dr. Andreas Golbs<br />
Geschäftsstelle Halle/Saale<br />
Berliner Straße 130, 06258 Schkopau<br />
Tel.: +49 345 78230924<br />
Fax: +49 345 7823467<br />
Unternehmerverband Thüringen e. V.<br />
Präsident: Jens Wenzke<br />
c/o IHK Erfurt - Abteilung Standortpolitik<br />
Arnstädter Str. 34, 99096 Erfurt<br />
Tel.: +49 361 4930811<br />
Fax: +49 361 4930826<br />
E-Mail: info@uv-thueringen.de<br />
Internet: www.uv-thueringen.de<br />
Unternehmerverband Vorpommern e. V.<br />
Präsident: Gerold Jürgens<br />
Geschäftsführer: N. N.<br />
Geschäftsstelle<br />
Am Koppelberg 10, 17489 Greifswald<br />
Tel.: +49 3834 835823<br />
Fax: +49 3834 835825<br />
E-Mail: uv-vorpommern@t-online.de<br />
Internet: vorpommern.uv-mv.de<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
64 | W+M PORTRÄTS<br />
Dr.-Ing. E. h. Gunnar Grosse<br />
Teamplayer mit Gespür für Trends<br />
VISIONÄRE<br />
STECKBRIEF<br />
Dr. Gunnar Grosse wurde am 1. März<br />
1939 in Stockholm geboren. Hier in<br />
Schweden absolvierte er seine Ausbildung<br />
zum Diplomkaufmann und machte<br />
den Abschluss als Master of Business<br />
Administration. Dem folgten Beschäftigungen<br />
als Unternehmensberater sowie<br />
als Geschäftsführer und Gesellschafter<br />
bei verschiedenen schwedischen Unternehmen,<br />
bevor er 1992 die KOMSA<br />
Kommunikation Sachsen gründete, der<br />
er bis heute vorsteht. Er ist verheiratet<br />
und hat vier Kinder und zehn Enkel.<br />
„Wir sind nur<br />
gemeinsam stark.“<br />
Als Gunnar Grosse im Januar 1990<br />
aus dem schwedischen Stockholm<br />
nach Karl-Marx-Stadt (heute<br />
Chemnitz) kam, um im nahen Hartmannsdorf<br />
endlich jenen Bauernhof zu<br />
begutachten, den er bereits<br />
1973 von seinem<br />
Vater geerbt hatte, kam<br />
er sich vor „wie Alice im<br />
Wunderland“. Denn der gelernte Kaufmann<br />
sah sich in einem Land, in dem sich<br />
schier unendliche Möglichkeiten für Geschäftsmodelle<br />
auftaten: Bauen, damit<br />
die Städte wieder schöner werden – das<br />
war seine erste Intention. Seine zweite:<br />
Telekommunikation ins Land bringen.<br />
Und so war er der erste „Nach-Wende-<br />
Ausländer“, der in Chemnitz seinen festen<br />
Wohnsitz anmeldete. Er war geblieben,<br />
um eine Firma zu gründen, was sich<br />
als schwierig erweisen sollte: Da war die<br />
Treuhand, von der er glaubte, recht unkompliziert<br />
eine Firmenimmobilie kaufen<br />
zu können – Fehlanzeige. Und dann wollte<br />
er auch noch eine Telekommunikationsfirma<br />
gründen. „Da dachten die meisten<br />
hier ohnehin, der hat<br />
doch ein Rad ab”, sagt er.<br />
Aber Gunnar Grosse hatte<br />
eine ziemlich genaue<br />
Vorstellung<br />
von<br />
dem,<br />
was er wollte,<br />
spürte den Markt<br />
und dessen Entwicklung. Eine Fähigkeit,<br />
mit der er nicht nur seine 1992<br />
gegründete Firma, die KOMSA Kommunikation<br />
Sachsen, zum Erfolg führte,<br />
sondern die ihn zum gefragten Berater<br />
in Sachen Wirtschaftsstrategien<br />
macht. Etwa im Asien-Pazifikausschuss<br />
der Deutschen Wirtschaft, zu dessen aktiven<br />
Mitgliedern er viele Jahre gehörte.<br />
Mit KOMSA setzte er seine Visionen von<br />
einem modernen Unternehmen im Telekommunikationsbereich<br />
um, für das heute<br />
ein Jahresumsatz von rund 1,2 Milliarden<br />
Euro zu Buche schlägt und das zu<br />
den Trendsettern im Telekommunikationsgeschäft<br />
gehört.<br />
Dass man in den Medien dennoch vergleichsweise<br />
wenig über das Unternehmen<br />
liest, hat wohl auch etwas damit zu<br />
tun, dass die Firma nie negative Schlagzeilen<br />
machte. Grosse, der Schwede mit<br />
deutschen Wurzeln, führt das Unternehmen<br />
mit ruhiger Hand und großem Respekt<br />
vor seinen mittlerweile 1.700 Mitarbeitern.<br />
„Wir sind nur gemeinsam<br />
stark, allein schafft man nichts“ lautet<br />
seine Maxime. Und so ist KOMSA wohl<br />
auch das einzige größere Unternehmen<br />
in Sachsen, in dem alle Mitarbeiter ihren<br />
Chef duzen dürfen. Denn der sieht sich<br />
zwar in der Verantwortung für seine Belegschaft,<br />
aber nicht als etwas Besseres.<br />
Grosse, der sich als Jungspund in<br />
Stockholm mit Hafenarbeiten und Taxifahren<br />
ein paar Kronen dazu verdiente,<br />
ist fest davon überzeugt, dass in jedem<br />
Menschen brauchbare Fähigkeiten stecken<br />
und weiß sie zu fördern: etwa durch<br />
Trainee-Programme und das Delegieren<br />
von Aufgaben, auch von Führungsaufgaben,<br />
auf möglichst viele Schultern, gern<br />
auch an sehr junge Mitarbeiter.<br />
Um denen Karrierechancen zu ermöglichen,<br />
investierte Grosse in einen firmeneigenen<br />
Kindergarten. 2003 war die<br />
Kita „Weltenbaum“ die erste Firmenkita<br />
im Freistaat Sachsen. Auch für die Wiederbelebung<br />
der Hartmannsdorfer Schule<br />
hat sich Grosse mit KOMSA stark gemacht.<br />
Mit Erfolg. Und er engagiert sich<br />
im Hochschulrat der Technischen Universität<br />
Chemnitz.<br />
Ruhestand scheint für den mittlerweile<br />
78-Jährigen ein Fremdwort. Aber wenn<br />
er doch einmal Ruhe braucht, zieht er<br />
sich in seine private Bibliothek zurück<br />
und liest vornehmlich in Geschichtsbüchern.<br />
Demnächst will er ein altes Hobby<br />
wieder aufleben lassen. Die Ölmalerei<br />
– ganz analog.<br />
Katrin Kleeberg<br />
Foto: Jan Felber<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
MACHER<br />
W+M PORTRÄTS | 65<br />
Ulrich Weitz<br />
Wie ein Tiger vor dem Sprung<br />
Foto: Harald Lachmann<br />
Dass ein großer Automobilkonzern<br />
den Käufern seines nagelneuen<br />
Elektroflitzers versichert, der Energiegehalt<br />
der Batterie bleibe acht Jahre<br />
konstant hoch, ist auch Verdienst eines<br />
Thüringer Mittelständlers. Denn bei der<br />
IBU-tec advanced materials AG in Weimar<br />
entsteht ein entscheidender Speicherwerkstoff<br />
für diesen Super-Akku.<br />
Schon fünf Jahre entwickle und produziere<br />
man das Material für ein führendes<br />
Unternehmen im Bereich Batteriewerkstoffe<br />
und Speichermedien, berichtet<br />
Vorstandschef Ulrich Weitz. Daneben<br />
existiere aber auch schon lange<br />
eine Partnerschaft mit einem weltweit<br />
tätigen Großkunden, „den wir mit katalytisch<br />
aktivem Material für Verbrennungsmotoren<br />
beliefern“, so der 58-jährige<br />
Hauptaktionär.<br />
Die Namen der Kunden hält er geheim.<br />
Die Konkurrenz schläft halt nicht, gerade<br />
auf Wachstumsmärkten, auf denen<br />
auch IBU-tec wächst – neben Automotive<br />
auch Life Sciences und Green Economy.<br />
Weitz nennt etwa alternative Werkstoffe,<br />
um den CO 2-Ausstoß in der Zementherstellung<br />
zu reduzieren. Damit landet man<br />
auch wieder bei den Wurzeln. Denn IBU-<br />
tec ging 1993 aus der Entwicklungsabteilung<br />
einer<br />
Zementanlagenbaufirma<br />
hervor. Als sich die Ingenieure<br />
selbstständig<br />
machten,<br />
setzten sie<br />
auf innovative<br />
Technologien,<br />
mit denen sich<br />
über thermische Prozesse Materialien<br />
optimieren und veredeln lassen. Weitz<br />
verweist auf „global einzigartige, eigenentwickelte“<br />
Pulsationsreaktoren sowie<br />
hochspezialisierte Drehrohröfen.<br />
Doch bevor der Berliner 2000 zu der Tüftlerschmiede<br />
stieß, fehlte es hier noch<br />
an Finanzierungskontakten, Vertriebserfahrung,<br />
Marketing – kurz: an Management.<br />
Schnell erkannte er zudem, dass<br />
zunächst kontinuierliche Einnahmen nötig<br />
sind. So strukturierte er den bisherigen<br />
F&E-Dienstleister zügig zu einem<br />
Anbieter von Entwicklungs- und Produktionsdienstleistung<br />
im weitesten Sinne<br />
um. Er etablierte eine Auftragsfertigung<br />
und baute diese konsequent aus.<br />
Nahezu 30 Millionen Euro investierte<br />
IBU-tec seither in Weimar. Man verdreifachte<br />
die Produktionsfläche, agiert nun<br />
„auf Augenhöhe mit den Kunden“, auch<br />
dank 13 eigener Patente. Allerdings kreiere<br />
man nun nicht mehr selbst Produkte,<br />
sondern arbeitet an Rohstoffen oder<br />
Laborstudien der Kunden, um so für diese<br />
mit „unserem Know-how einen effizienten,<br />
stabilen und kostengünstigen<br />
Produktionsprozess“ zu entwickeln, so<br />
Weitz. Damit sieht er IBU-tec als Bindeglied<br />
zwischen all dem, was teils auch<br />
Universitäten, Lohnfertiger und kleine<br />
„Wir agieren<br />
auf Augenhöhe mit<br />
den Kunden.“<br />
Anlagenbauer anbieten: „Nur nun eben<br />
alles aus einer Hand.“<br />
Und dieses Kalkül geht auf. Seit dem Jahr<br />
2000 stieg der Umsatz Jahr für Jahr um<br />
knapp 20 Prozent auf zuletzt<br />
17,6 Millionen Euro.<br />
Parallel dazu wuchs die<br />
Belegschaft von 20 auf<br />
148 Mitarbeiter. Und<br />
schon in naher Zukunft rechnet Weitz mit<br />
einem weiteren erheblichen Schub. „Wir<br />
stehen wie ein Tiger vor dem Sprung“,<br />
sagt er. Denn nun sei man weithin bekannt,<br />
konnte viel Vertrauen aufbauen<br />
und agiere eben auf Wachstumsmärkten.<br />
So will IBU-tec nun in große Chemiestandorte<br />
expandieren und hier womöglich<br />
auch Firmen übernehmen, die<br />
„in unser Portfolio passen“. Dafür wagte<br />
er jetzt auch den Gang an die Frankfurter<br />
Börse: Als bisher einziges Ost-Unternehmen<br />
sind die Weimarer im erst zum<br />
1. März neu eröffneten Börsensegment<br />
Scale gelistet.<br />
Harald Lachmann<br />
STECKBRIEF<br />
Ulrich Weitz (58) stammt aus Weimar,<br />
wuchs in West-Berlin und teils in aller<br />
Welt auf, da sein Vater Diplomat war. Er<br />
studierte Maschinenbau, arbeitete im<br />
Management des weltgrößten Aufzugsbauer<br />
OTIS in Berlin und war Director Manufacturing<br />
Engineering für OTIS International<br />
in Paris. 1998 wechselte er zur<br />
Winkler+Dünnebier AG Neuwied, die er<br />
als Werksleiter im Sondermaschinenbau<br />
an die Börse brachte. 2000 erwarb Weitz<br />
IBU-tec und wandelte die Technologieschmiede<br />
2007 zur AG um.<br />
www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
66 | W+M DIE LETZTE SEITE<br />
Ausblick auf die nächste Ausgabe<br />
Die Aufsteiger<br />
Ostdeutschland profitiert bis heute<br />
stark von der vielfältigen Förderung<br />
aus Töpfen der Europäischen<br />
Union. Dank der Millionen aus Brüssel<br />
wurden in den zurückliegenden zweieinhalb<br />
Jahrzehnten vielerorts Innenstädte<br />
saniert, wichtige Infrastrukturprojekte<br />
umgesetzt und kulturelle Einrichtungen<br />
wiederbelebt. Auch die Wirtschaft<br />
spürt den EU-Geldsegen. Denn die Umsetzung<br />
der diversen Aufbau-Projekte<br />
übernimmt nicht selten der regionale<br />
Mittelstand. Die Titelgeschichte befasst<br />
sich mit dem Aufstieg Ostdeutschlands<br />
im Europa-Ranking und beschreibt, welche<br />
Regionen zwischen Ostsee und Thüringer<br />
Wald die EU-Förderung am effektivsten<br />
genutzt haben.<br />
Im dritten Teil unserer Bundestagsserie ziehen<br />
die 19 Brandenburger und 13 Mecklenburger<br />
Abgeordneten eine komprimierte<br />
Bilanz ihrer Arbeit. Wir haben ihnen –<br />
wie allen 130 Volksvertretern aus den neuen<br />
Ländern und Berlin – die Frage gestellt:<br />
„Was haben Sie konkret für die regionale<br />
Wirtschaft in Ihrem Wahlkreis in der <strong>2017</strong><br />
zu Ende gehenden Wahlperiode geleistet?“<br />
Im Zentrum eines Länderschwerpunktes<br />
über Brandenburg steht ein Interview mit<br />
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).<br />
Wir sprechen mit ihm über die aktuelle<br />
Cluster-Förderung und – mit Blick auf die<br />
nahe Bundestagswahl – seine Erfahrungen<br />
mit dem kleineren Koalitionspartner,<br />
den Linken. Zudem beleuchten wir,<br />
wie es aktuell um die Dauerbaustelle am<br />
Großflughafen BER bestellt ist.<br />
Darüber hinaus lesen Sie wie gewohnt<br />
aktuelle Nachrichten und Reportagen aus<br />
den neuen Bundesländern sowie einen<br />
informativen Ratgeberteil.<br />
Die nächste Ausgabe von<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> erscheint am<br />
22. Juni <strong>2017</strong>.<br />
PERSONENREGISTER<br />
Al-Wazir, Tarek 25<br />
Amely, Tobias 56<br />
Antmann, Bernhard 44<br />
Aumüller, Jürgen 23<br />
Backhaus, Till 20<br />
Bester, Dietrich 10<br />
Beucke, Karl 6<br />
Buggenhagen, Pamela 59<br />
Bunsen, Hartmut 29<br />
Dahl, Robert 26<br />
Dobelli, Rolf 56<br />
Döring, Karl 60/61<br />
Dubs, Kirsten 19<br />
Dulig, Martin 32<br />
Ermrich, Michael 8<br />
Felgentreu, Fritz 43<br />
Ferriss, Timothy 56<br />
Ferse, Kristin 62<br />
Finck-Krämer, Ute 43<br />
Fischer, Bernd 12/13<br />
Foth, Rolf-Barnim 59<br />
Friedersdorf, Kevin 59<br />
Fromm, Matthias 20<br />
Geisenberger, Markus 11<br />
Geller, Bernd 61<br />
Gerber, Albrecht 10<br />
Glawe, Harry 12<br />
Gleicke, Iris 10<br />
Grätz, Christopher 24/25<br />
Gröhler, Klaus-Dieter 43<br />
Grosse, Gunnar 64<br />
Grunow, Peter 61<br />
Grütters, Monika 43<br />
Gysi, Gregor 43<br />
Haacker, Frank 59<br />
Haseloff, Reiner 11<br />
Havemann, Frank 26<br />
Herrmann, Ulrike 56<br />
Hintzen, Ullrich 62<br />
Hoffmeister, Katy 59<br />
Högl, Eva 43<br />
Hufenbach, Werner 6<br />
Hummelsheim, Edgar 59<br />
Jaich, Hans 18<br />
Jaich, Ingo 18<br />
Jaich, Till 18<br />
Jarchow, Torsten 59<br />
Kahnemann, Daniel 56<br />
Kitz, Volker 56<br />
Kiziltepe, Cansel 44<br />
Kleditzsch, Torsten 62<br />
Klemkow, Martin 59<br />
Kluttig, Jürgen 62<br />
Knuth, Lara 7<br />
Kochan, Manfred 61<br />
Krüger, Harald 52*<br />
Künast, Renate 44<br />
Lengsfeld, Philipp 44<br />
Liebich, Stefan 44<br />
Liwanow, Dmitri 61<br />
Lorenzen, Kai 59<br />
Lötzsch, Gesine 44<br />
Luczak, Jan-Marco 44<br />
Ludwig, Matthias 20<br />
Mallok, Jörn 10<br />
Manca, Danilo 6<br />
Markus, Kathleen 63<br />
Mertzsch, Norbert 61<br />
Meyer, Jens-Uwe 41<br />
Mindrup, Klaus 45<br />
Morgernstern, Falk 18<br />
Mutlu, Özcan 47<br />
Nauerth, Jannik A. 9<br />
Neubert, Tobias 7<br />
Niroumand, Ramin 25<br />
Nordmann, Jürgen 8<br />
Pätzold, Martin 45<br />
Pau, Petra 45<br />
Paukstat, Rolf 59<br />
Paus, Lisa 46<br />
Peter, Lars 8<br />
Pfannkuche, Jens 31<br />
Pohle, Dagmar 45<br />
Pohlmann, Bernhard 28/29<br />
Prahtel, Anke 61<br />
Prinzhorn, Gerald 8<br />
Ragnitz, Joachim 9, 37<br />
Rawert, Mechthild 46<br />
Reichel, Henning 62<br />
Reimche, Maxim 10<br />
Reizel, Michael 49<br />
Reuschel, Mathias 7<br />
Rossknecht, Kurt 10<br />
Rudolph, Stefan 62<br />
Sadownitschi, Viktor 61<br />
Schäfer, Bodo 56<br />
Schäfer, Martina 57<br />
Scheer, Jutta 61<br />
Schiekel, Peter 7<br />
Schilg, Sonja 22/23<br />
Schmidt, Matthias 46<br />
Schönwälder, Gertrud 61<br />
Schramm, Bernd-Erwin 61<br />
Schreiber, Holger 26<br />
Schröder, Mathias 27<br />
Schröder, Wolfgang 27<br />
Schulz, Swen 46<br />
Schulze, Reinhard 63<br />
Schwarzer, Christina 46<br />
Sellering, Erwin 14/15<br />
Shi, Mingde 34-36<br />
Sinner, Alexander 8<br />
Sommer, Romy 19<br />
Speitkamp, Winfried 6/7<br />
Steffel, Frank 46<br />
Strelecky, John 56<br />
Ströbele, Hans-Christian 47<br />
Tank, Azize 47<br />
Thieme, Lutz 7<br />
Thomas, Bernd 61<br />
Thon, Hans 59<br />
Tiefensee, Wolfgang 7, 10<br />
Uhden, Ron 54/55<br />
Voigt, Markus 58<br />
von Grünhagen, Lutz 61<br />
Wagenknecht, Sahra 56<br />
Wassermann, Holger 6<br />
Wawzyniak, Halina 47<br />
Wegner, Kai 47<br />
Weiger, Hubert 48<br />
Weitz, Ulrich 65<br />
Wellmann, Karl-Georg 47<br />
Wendt, Marian 6<br />
Wenthin, Marko 25<br />
Willems, Franz-Josef 63<br />
Winkelvos, Olaf 27<br />
Woidke, Dietmar 66<br />
Woitendorf, Tobias 12/13<br />
Wollseifer, Hans Peter 48<br />
Xi, Jinping 6<br />
Xu, Baozhi 31/32<br />
Zypries, Brigitte 30, 58<br />
Foto: Visions-AD/fotolia.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>
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