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Hört! - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design

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18 o.T. ium<br />

Kleines<br />

<strong>Kunst</strong>lexikon<br />

RAINER UNRUH KLÄRT<br />

DIE BEGRIFFE | FOLGE 18<br />

Z WIE ZUKUNFT<br />

Freuen wir uns auf 2008. <strong>Das</strong> Jahr wird<br />

spannend. Der Kaffeesatz lässt keinen<br />

Zweifel zu: Im Januar erlebt Jonathan<br />

Meese sein Coming-out: Er verliebt sich<br />

in Eva Hermann. Sie ist die einzige Frau<br />

BUCH-TIPPS<br />

Bücher,<br />

nicht nur <strong>für</strong><br />

Weihnachten<br />

ARCHITEKTUR ZWISCHEN DEN MEEREN<br />

Bis zum vergangenen Jahr begann <strong>für</strong> Bahnreisende<br />

ein Besuch in Travemünde auf dem<br />

Abstellgleis: Grasüberwachsene Bahnsteige<br />

führten in eine feuchte, dunkle Halle, durch<br />

deren zerbrochene Fensterscheiben eine steife<br />

Brise wehte. Heute empfängt ein restaurierter,<br />

lichtdurchfluteter Jugendstilbau mit<br />

bemalter Holzdecke, großen Fensterflächen<br />

<strong>und</strong> einem schwarz-weißen Fußbodenmosaik<br />

die Ostseeurlauber.<br />

Der Strandbahnhof Travemünde ist eines von<br />

insgesamt 45 Beispielen <strong>für</strong> gelungene <strong>Architektur</strong>,<br />

welche die schleswig-holsteinische<br />

Architekten- <strong>und</strong> Ingenieurkammer in ihrem<br />

dritten, auch äußerlich sehr ansprechendem<br />

Band über <strong>Architektur</strong> im nördlichsten B<strong>und</strong>esland<br />

präsentiert. Öffentlich oder privat,<br />

städtisch oder ländlich, Kultur- oder Industriebauten:<br />

Die Herausgeber haben bei ihrer Auswahl<br />

alle Bauaufgaben berücksichtigt. Gegliedert<br />

in die Rubriken „Um- <strong>und</strong> Weiterbauen“,<br />

„Die kleine Form“ <strong>und</strong> „Neubauten“ werden<br />

die Gebäude anhand sachk<strong>und</strong>iger, teilweise<br />

literarischer Texte, schöner Außen- <strong>und</strong> Innenaufnahmen,<br />

sowie Gr<strong>und</strong>rissen vorgestellt.<br />

Dabei erfährt der Leser nicht nur allerhand über<br />

<strong>Architektur</strong>, sondern auch über Schleswig-<br />

außer seiner Mutti, die sich nicht an den<br />

Hakenkreuzen auf seinen Bildern stört. Ein<br />

Klatschblatt beauftragt Annie Leibowitz,<br />

sämtliche Geschlechtsorgane <strong>und</strong> Nazi-<br />

Symbole in Meeses Werk auf einer 120-<br />

Seiten-Fotostrecke zu dokumentieren.<br />

Der Chefredakteur schwärmt: <strong>Das</strong> ist die<br />

Sextinische Kapelle des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Ich habe schon mal 5000 Viagra-Aktien<br />

geordert. Im März kündigt Damien Hirst<br />

an, künftig als <strong>Kunst</strong>lehrer zu arbeiten. Im<br />

April sickert durch, dass er durch sämtliche<br />

Aufnahmeprüfungen gerasselt ist. Im Juni<br />

erklärt Guido Westerwelle, er werde sich<br />

nackt von Norbert Bisky porträtieren lassen,<br />

wenn die FDP nicht 15 Prozent bei den<br />

Holstein, beispielsweise, dass es in der Kleinstadt<br />

Heide eine Fachhochschule gibt oder<br />

in Lübeck ein ganz neuer Stadtteil entsteht.<br />

| CHRISTIN SPRINGER<br />

Klaus Alberts, Ulrich Höhns (Hg.), <strong>Architektur</strong> in Schleswig-<br />

Holstein 2000-2007, Dölling <strong>und</strong> Galitz Verlag, 152 Seiten,<br />

34,80 Euro<br />

HINGEHEN, ABER NICHT WEITERSAGEN!<br />

<strong>Kunst</strong>halle, Alster, Strandperle. Och. Kann<br />

man nicht mal was anderes machen? Schon.<br />

Man kann den Nachmittag am Hang über<br />

dem Hafen auf sanft geschwungenen Rasenbodenwellen<br />

verdösen - dort, wo das Künstlerprojekt<br />

Park Fiction die öde Kehre am Ende<br />

der Bernhard-Nocht-Straße zu einem der gelungensten<br />

Plätze Deutschlands hat werden<br />

lassen. Dann sich auf verschlungenen Wegen<br />

quer durch verwilderte Hafenareale zur Oberhafenkantine<br />

durchschlagen, um dort, im<br />

winzigsten Wirtshaus Hamburgs, Labskaus<br />

nach Art von Tim Mälzers Mutter zu essen.<br />

Und den Abend dann auf der Dachterrasse<br />

des SIDE, des stilvollsten Hamburger Hotels,<br />

ausklingen lassen.<br />

Auf 26 Exkursionsideen <strong>und</strong> zu allerhand<br />

Hintergr<strong>und</strong>infos kommt, wer sich vom Kompendium<br />

„Stille Winkel in Hamburg“ führen<br />

lässt. Zur Autorin hat der Ellert & Richter<br />

Verlag eine wahre Expertin bestimmt: die<br />

Hamburger <strong>Kunst</strong>- <strong>und</strong> Kulturautorin Anna<br />

Brenken - wohnt sie doch, wie ihre Fre<strong>und</strong>e<br />

wissen, an einem der schönsten stillen Flecken<br />

Hamburgs.<br />

| KARIN SCHULZE<br />

Anna Brenken: Stille Winkel in Hamburg,<br />

Ellert & Richter, 128 S.,12,95 Euro<br />

nächsten Wahlen hole. Im August dementiert<br />

Westerwelle Gerüchte, Bisky werde ihn beim<br />

Sprung aus den Wolken malen. Im September<br />

erklärt Mike Kelley das Ende seiner Künstler-<br />

Laufbahn. Er wolle künftig als Micky-Maus-<br />

Darsteller im Disneyland Paris posieren. Einen<br />

Monat später wird bekannt, dass Andy Warhol<br />

Jean-Michel Basquiats <strong>Kunst</strong> als Ethno-Kitsch<br />

<strong>für</strong> Ahnungslose bezeichnet haben soll. Die<br />

Preise fallen ins Bodenlose. Im November<br />

werden Basquiat-Zeíchnungen auf dem<br />

Basar der Gesamtschule Steilshoop <strong>für</strong> zehn<br />

Euro angeboten. Im Dezember wird Meese<br />

Nachfolger von Pocher in der Sendung Schmidt<br />

<strong>und</strong> Pocher. Pocher war nicht pubertär genug,<br />

begründet ein ARD-Sprecher den Wechsel.<br />

EINE MOTTE MACHT DESIGN-KARRIERE<br />

Männer umschwirren mich wie Motten das<br />

Licht: Nicht nur die Diva des deutschen Films<br />

konnte ein Lied davon singen, auch die ecuadoranische<br />

<strong>Design</strong>erin Belén Mena hat im<br />

Umgang mit allem, was um sie kreist, Erfahrung.<br />

Sie allerdings kehrte den Pachangas,<br />

den ausgelassenen Parties in Quito, den<br />

Rücken zu, um sich den realen Motten, die<br />

im nächtlichen Regenwald ihrer Heimat ihr<br />

w<strong>und</strong>ersames Wesen treiben, zuzuwenden.<br />

In Neumondnächten beobachtete sie die<br />

Nachtfalter, „pflückte“ sie im Morgengrauen<br />

von den Blättern <strong>und</strong> lichtete sie ab.<br />

Aus ihrer Passion ist nun ein faszinierendes<br />

Bilderbuch entstanden. Für Mena wurde die<br />

Motte zum F<strong>und</strong>us eines unermeßlichen Repertoirs<br />

an Mustern, die sie in unzähligen<br />

Variationen dreht, spiegelt <strong>und</strong> in einen ornamentalen<br />

Mikrokosmos verwandelt.<br />

Ein wenig erinnert ihre Leidenschaft an <strong>Design</strong>er<br />

des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts, an Christopher<br />

Dresser etwa, der aus einer Pflanze oder einer<br />

Blüte die visuelle Essenz der Erscheinungen<br />

zu abstrahieren verstand. Bei Mena wirkt<br />

es verständlicherweise moderner. Und demokratischer.<br />

Ihrem aufwendig gestalteten, in<br />

dunklem Seideneinband erschienenen Buch<br />

liegt eine CD <strong>für</strong> PC <strong>und</strong> Mac mit 100 Mustern<br />

zur freien Nutzung bei. So können die Leser<br />

Menas Werk weiterspinnen <strong>und</strong> nebenbei<br />

Marlene Dietrichs Weise von den tänzelnden<br />

Motten fröhlich vor sich hinpfeifen.<br />

| WOLF JAHN<br />

Belén Mena, Pachanga - Grafikdesign-<br />

Inspirationen aus dem cloud forest,<br />

Verlag Hermann Schmidt, 336 S., 68 Euro

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