15-16_Stadionmagazin_Nr3_Hoffenheim
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Nr. 27 27<br />
BLICK<br />
ZURÜCK<br />
Christian Clemens in den folgenden Jahren ein<br />
ganz normaler Jugendlicher gewesen wäre, der<br />
in seiner Freizeit ein bisschen kickt. War er aber<br />
nicht. Er spielte in den folgenden Jahren weiterhin<br />
gar nicht so schlecht.<br />
Als er zehn Jahre alt ist, spricht ihn nach<br />
einem Schüler-Turnier ein Scout vom 1. FC Köln an.<br />
Clemens wechselt in die U11 der Geißböcke, wird<br />
insgesamt zwölf Jahre in dem Verein spielen, den<br />
sie in seiner Heimatstadt nur den „Glorreichen“<br />
rufen. Er wird eines der größten Nachwuchstalente<br />
des Clubs, geht im Sommer 2013 für knapp drei<br />
Millionen Euro zu Schalke 04.<br />
Als er 13 Jahre alt ist, überlegt Clemens aber<br />
erstmal kurz, ob er das mit dem Fußball doch<br />
sein lässt. Sein Cousin trainiert eine Basketball-<br />
Mannschaft, überredet ihn, doch mal einen anderen<br />
Sport auszuprobieren. Zwei Wochen lang wirft<br />
Clemens dann lieber auf Parkettboden orangene<br />
Gummibälle durch ein hoch hängendes Netz, statt<br />
meist weiße Lederbälle über einen Rasen zu jagen.<br />
„Durch diesen kurzen Ausflug in den Basketball<br />
wurde mir klar, dass es für mich nur Fußball gibt“,<br />
sagt er. In der Folge tut er alles, um seinen Traum<br />
zu verwirklichen. „Eine Alternative habe ich mir<br />
nie überlegt.“<br />
Er verwirklicht seinen Traum im Eiltempo.<br />
Clemens ist gerade 19 Jahre alt geworden, als<br />
nachts sein Handy klingelt und er aus dem Schlaf<br />
gerissen wird. Zvonimir Soldo ist dran. Der Trainer<br />
der FC-Profis beordert das Talent aus dessen Bett<br />
sofort nach Bremen, wo Köln am nächsten Tag<br />
bei Werder gastiert. Ein anderer Profi war krank<br />
geworden, Clemens rückte durch die Nacht-und-<br />
Nebel-Aktion erstmals in den Kader.<br />
Eine Woche später stand er dann in der Startelf<br />
gegen den FC St. Pauli. Vor dem Anpfiff gibt Lukas<br />
Podolski, den sie in Clemens Heimatstadt wie<br />
einen Prinz verehren, noch ein paar ermunternde<br />
Worte mit auf den Weg. Nicht viel später<br />
liegt Clemens blutend auf dem Rasen. „Mein<br />
Gegenspieler erwischte mich mit dem Ellenbogen<br />
im Gesicht“, erinnert er sich. Die Schmerzen?<br />
CHRISTIANS<br />
ERSTE SCHRITTE<br />
Vom Hartplatzhelden zum<br />
Bundesliga-Profi:<br />
„Wahnsinn, dass ich das<br />
geschafft habe.“<br />
Blendete er aus. „Mein erstes Bundesliga-Spiel,<br />
da war ich sowieso voller Adrenalin.“ Mit einem<br />
dicken weißen Verband um den Kopf macht er ein<br />
gutes Spiel, leitet den 1:0-Siegtreffer mit einem<br />
gewonnenen Zweikampf im Mittelfeld ein, trifft<br />
fast noch selbst. Per Kopf. Doch Paulis Keeper<br />
rettet gerade noch so. Als Clemens ausgewechselt<br />
wird, spenden ihm die Zuschauer Applaus.<br />
Drei Monate später macht er sein erstes<br />
Bundesliga-Tor, den Siegtreffer gegen Eintracht<br />
Frankfurt. Ziemlich genau ein Jahr später gelingt<br />
Clemens ein Tor, das ihm für immer lebhaft in<br />
Erinnerung bleiben wird. Gegen den SC Freiburg<br />
legt er sich einen Eckball zurecht. Und verwandelt<br />
ihn direkt. „Klar spekuliert man in so einem<br />
Moment, dass der Ball vielleicht über alle anderen<br />
hinweg ins lange Eck fliegen kann“, sagt er. „Aber<br />
dass es dann wirklich so klappt - da gehört schon<br />
auch eine Menge Glück dazu.“<br />
Man kann ihm unterstellen, dass er vielleicht<br />
weniger Glück als andere dazu braucht. Man kann<br />
ihm unterstellen, dass er das mit den direkt verwandelten<br />
Ecken einfach kann. Denn was anderen<br />
in ihrer Karriere kein einziges Mal gelingt, schaffte<br />
Clemens später nochmal. In der zweiten Liga<br />
gegen Erzgebirge Aue, in der 90. Minute.<br />
Es bleiben Erinnerungen. Schöne zwar,<br />
doch Clemens konzentriert sich lieber auf die<br />
Gegenwart. Die liegt für ihn in Mainz. „Hier<br />
gefällt es mir richtig gut“, sagt er. „Ich habe<br />
schon eine Menge positiv Eindrücke gesammelt.“<br />
In seinem Kopf. Und auf der ein oder anderen<br />
Spieltags-DVD.