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Stadionzeitung_Nr11_Hannover

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Die Bundesliga lernte Leonardo Bittencourt zunächst von der Ersatzbank aus kennen. Er zappelte, durfte aber nicht fliegen.<br />

Das tut er seit letztem Sommer in <strong>Hannover</strong>. Seit Dezember als Stammspieler mit der Lizenz zum Abheben.<br />

Text: Max Sprick<br />

Wenn er sich freut, verschränkt Leonardo Bittencourt die Arme<br />

hinter seinem Rücken. Dann schlägt er sie auf und ab. Wenn Bittencourt<br />

Tore schießt, jubelt er wie ein Schmetterling und denkt dabei an Rio de<br />

Janeiro, denkt an 30 Grad, Strand und Brasilien. Das Heimatland seines<br />

Vaters und seiner Cousins. „Für sie jubele ich immer so“, sagt Bittencourt.<br />

Weil der eine Cousin nach seiner Geburt am Herzen operiert wurde, später<br />

sehr dünn war und seine Knochen beim Kicken am Rücken sichtbar<br />

waren. „Die Leute haben Schmetterling<br />

zu ihm gesagt.“ Wegen seiner Cousins<br />

trägt er das Wort „Drillinge“ auf dem<br />

Arm tättowiert. „Weil wir uns so ähnlich<br />

sind“, sagt Bittencourt.<br />

Seit der 20-Jährige im Dezember zum<br />

ersten Mal den Schmetterling für <strong>Hannover</strong><br />

96 gemacht hat, ist er Stammspieler.<br />

Vorher meist eingewechselt, spielt<br />

Bittencourt nun in der Startelf, meist<br />

auf der linken Außenbahn und noch<br />

drei weitere Male als Schmetterling. Im<br />

Niedersachsen-Derby gegen Wolfsburg<br />

traf er doppelt. Bittencourt zeigt wieder,<br />

was er kann. Das Jahr auf der Ersatzbank<br />

von Borussia Dortmund hat er hinter sich<br />

gelassen. Beim BVB durften statt seiner<br />

Arme nur seine Beine zappeln - „immer,<br />

wenn ich dort auf der Bank saß.“ Und das<br />

tat der deutsche U21-Nationalspieler oft,<br />

nur fünf Mal spielte er in der Bundesliga<br />

in schwarz-gelb, nur einmal durfte er<br />

seine Arme hinter dem Rücken flattern<br />

lassen. „Ein zweites Jahr hätte ich das<br />

nicht gerne gemacht, weil ich einfach zu<br />

gerne Fußball spiele“, sagt er. Nachdem<br />

er bei Energie Cottbus den Zweitliga-<br />

Durchbruch geschafft hatte, wurde seine<br />

Entwicklung bei der Borussia gebremst.<br />

Deswegen ging er nach <strong>Hannover</strong>, wo er sich wohl fühlt, weil es lockerer<br />

für ihn geworden ist, als in Dortmund. „Das entspricht eher meinem<br />

Naturell“, sagt er. Ein Naturell, geprägt vom brasilianischen Einfluss<br />

seines Vaters Franklin, der für Leipzig und Cottbus in der Bundesliga<br />

spielte. Ein Naturell, in dessen Mittelpunkt neben dem Fußball seine<br />

Familie steht. Der Vater, sein wichtigster Ansprechpartner in Sachen<br />

Fußball, gibt ihm immer mit auf den Weg: „Leo bleib ruhig, du bist zu<br />

ehrgeizig, sei geduldiger.“<br />

Vielleicht auch aus eigenem Antrieb. Papa Franklin schoss seinerzeit insgesamt<br />

sechs Bundesliga-<br />

Tore in 61 Spielen. Sohn<br />

Leo steht nach 21 Einsätzen<br />

bei fünf Toren. Ein Schmetterling<br />

noch, und der Fillius<br />

übertrumpft seinen Vater.<br />

Rund um das Drillings-Tattoo<br />

findet sich auf Bittencourts<br />

Arm die Landkarte<br />

Brasiliens. Obwohl er in<br />

Leipzig geboren wurde<br />

und in Cottbus aufwuchs,<br />

obwohl er für die Nachwuchsmannschaften<br />

des<br />

DFB spielt und statt der Copacabana<br />

den Marschsee<br />

vor der Tür hat, bestimmt<br />

das Heimatland seiner Familie<br />

nicht nur Bittencourts<br />

Gedanken beim Torjubel,<br />

sondern auch sein Herz.<br />

„Da schlagen nun mal zwei<br />

Herzen“, rezitiert er Goethe.<br />

Für wen er im Sommer<br />

bei der Weltmeisterschaft<br />

jubelt, will er deswegen<br />

nicht beantworten müssen.<br />

Wichtiger sind erstmal die<br />

Schmetterlinge.<br />

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