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Nach zehn Jahren: Zusammentreffen mit einem ... - Birseck Magazin

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Hochgenuss<br />

<strong>Nach</strong> <strong>zehn</strong> <strong>Jahren</strong>:<br />

<strong>Zusammentreffen</strong> <strong>mit</strong><br />

<strong>einem</strong> Lebenskünstler<br />

Vor <strong>zehn</strong> <strong>Jahren</strong> porträtierten wir das Wirken des Goldschmiedemeisters und<br />

Lebenskünstlers Willi Inauen aus Mendrisio. Was ist seither passiert?<br />

Text und Fotos von Werner Thüring<br />

Im Borgo von Mendrisio<br />

herrscht emsiges Treiben. Morgen<br />

wird zum fünzigsten Mal<br />

das Fest der Trauben gefeiert:<br />

«Sagra dell’Uva del Mendrisiotto».<br />

Die historische Altstadt<br />

des 7000-Seelen-Städtchens<br />

bildet die pittoreske Kulisse für<br />

ein Fest der Begegnung und<br />

der Freude. Mitten in der Vorbereitungsszenerie<br />

treffe ich<br />

Willi Inauen (66), Goldschmiedemeister,<br />

Maler, Lebenskünstler<br />

und früher auch Kaminfeger.<br />

Der gebürtige Appenzeller<br />

kam schon <strong>mit</strong> jungen <strong>Jahren</strong>,<br />

der Liebe wegen, in den Südzipfel<br />

der Schweiz. Vor <strong>zehn</strong><br />

<strong>Jahren</strong> sind wir uns das erste<br />

Mal begegnet. Es war mein<br />

erstes Personenporträt, das im<br />

<strong>Birseck</strong>Fenster März 1997 erschienen<br />

ist. Die Begegnung<br />

war für mich eindrucksvoll und<br />

einprägend. Gespannt war ich<br />

auf das neuerliche <strong>Zusammentreffen</strong>,<br />

immerhin sind wir<br />

beide <strong>zehn</strong> Jahre älter geworden.<br />

Von seiner Spontaneität<br />

und s<strong>einem</strong> visionären Geist<br />

hat Willi Inauen in den <strong>Jahren</strong><br />

nichts verloren. Im Gegenteil –<br />

es scheint als hätte er nun im<br />

© <strong>Birseck</strong><strong>Magazin</strong>, Winter 2006/07, Seite 8<br />

Halbruhestand noch mehr Zeit<br />

Ideen zu entwickeln, die er<br />

realisieren will.<br />

Lichter des Lebens<br />

Willi Inauen führt mich in sein<br />

Atelier, das heute von s<strong>einem</strong><br />

Sohn Ivan geführt wird. Vorbei<br />

an kostbaren Goldschmiedearbeiten<br />

führt uns der Weg<br />

die Treppe hoch zu dem Raum,<br />

wo das Lebenswerk von Willi<br />

Inauen steht: Das «Kreuz von<br />

Monte Generoso». Das Meisterwerk<br />

der Goldschmiedekunst<br />

besteht aus zwölf Kuben,<br />

die die Monate im Leben<br />

des Menschen symbolisieren.<br />

Die quadratischen Flächen der<br />

Kuben sind von Edelsteinplatten<br />

belegt, eingefasst in Gold<br />

und Silber und zusätzlich ausgeschmückt<br />

<strong>mit</strong> geschliffenen<br />

Edelsteinen. Eine Innenbeleuchtung<br />

lässt jeden Kubus <strong>mit</strong> s<strong>einem</strong><br />

inneren Leben erstrahlen.<br />

Zuoberst befindet sich ein geschmiedetes<br />

römisches Kreuz,<br />

versehen <strong>mit</strong> Figuren, die das<br />

Ich und das Du symbolisieren.<br />

ICHsen und DUsen nennt sie<br />

der Meister. Er wollte ein Werk<br />

schaffen, das einen Bezug zu<br />

Region und Brauchtum (historische<br />

Prozession am Karfreitag),<br />

zum Glauben und zum<br />

menschlichen Dasein schafft.<br />

Über viele Jahre hinweg arbeitete<br />

er daran, bis es vollendet<br />

war, so wie es sich heute vor<br />

mir präsentiert. Die Vielfalt und<br />

Intensität der optischen Eindrücke<br />

lässt meine Augen fast<br />

überquellen. Mit der Kamera<br />

halte ich das auf mich Einwirkende<br />

fest – ein besonderer<br />

Lichtblick in m<strong>einem</strong> Leben.<br />

Der Menschenfreund<br />

Zwischen dem Hämmern der<br />

Budenbauer und dem Lärm<br />

der vorbeirollenden Vespas<br />

setzen wir uns zum Gespräch<br />

und <strong>einem</strong> Bierchen vor die<br />

Bar Central, im Herzen des<br />

mediterran anmutenden Städtchens.<br />

Kaum habe ich mein<br />

Notizheft bereitgelegt, wird<br />

Willi Inauens ausgeprägter<br />

Kontakt zu den Menschen<br />

offenbar. Er ist ein Mann <strong>mit</strong><br />

besonderem Charme, den er


grosszügig an die zufällig<br />

vorbeigehenden Mitmenschen<br />

verschenkt: «ciao Bella, salve<br />

Caro …». «Ich liebe die Menschen<br />

und bekomme von ihnen<br />

auch viel zurück», meint<br />

Willi Inauen. Seine unverblümte<br />

und direkte Ausdrucksart<br />

scheint ihm mehr Freunde<br />

als Feinde zu schaffen. Sie<br />

macht ihn fassbar und jeder<br />

weiss woran er <strong>mit</strong> ihm ist.<br />

Doch nicht alles in Inauens<br />

Leben ist harmonisch und<br />

reibungslos verlaufen, wie<br />

man auf den ersten Blick zu<br />

glauben scheint. Bei s<strong>einem</strong><br />

Wirken hat es oft intensive<br />

Überzeugungsarbeit gekostet,<br />

bis er zu dem kam, was er sich<br />

vorgestellt hatte. Manchmal<br />

musste er auch Ideen begraben,<br />

weil er <strong>mit</strong> ihnen auf<br />

unüberwindbare Hindernisse<br />

stiess. In solchen Fällen zieht<br />

Willi Inauen ohne zu zögern<br />

ein nächstes Projekt aus<br />

der Schublade, das er <strong>mit</strong><br />

noch mehr Eifer zu realisieren<br />

beginnt. «Ich will meinen<br />

Mitmenschen auch aufzeigen,<br />

dass man <strong>mit</strong> Mut und Wille im<br />

Leben einiges erreichen kann<br />

und dass man sich von Rückschlägen<br />

nicht ‹ins Bockshorn<br />

jagen lassen› soll.»<br />

Symbole für den Frieden<br />

Willi Inauen bewohnte <strong>mit</strong> seiner<br />

Familie bis vor kurzem das<br />

Castello Doragno in Rovio, das<br />

er als Ruine kaufte und zu <strong>einem</strong><br />

herrschaftlichen Sitz ausbaute.<br />

Der Unterhalt des historischen<br />

Gebäudes und des<br />

grossen Umschwungs wurde<br />

dem Mittsechziger zu aufwendig.<br />

So entschloss er sich das<br />

Anliegen zu verkaufen. Während<br />

meiner Fotosession im<br />

Atelier klingelt das Mobiltelefon<br />

des Hausherrn. Mit Genugtuung<br />

und Freude erzählt er<br />

mir nachher, dass dem Verkauf<br />

nun endlich nichts mehr im<br />

Wege stehe und er würdige<br />

<strong>Nach</strong>folger für sein Schloss gefunden<br />

habe.<br />

Im Dörfchen Rovio, über dem<br />

Lago di Lugano und am Fusse<br />

des Monte Generoso, verbrachte<br />

einst der deutsche<br />

Schriftsteller Gerhart Hauptmann<br />

einige Monate im Parkhotel.<br />

Dort schrieb er im Jahr<br />

1918 den wenig bekannten<br />

Roman «Der Ketzer von Saona».<br />

Eine Begegnung <strong>mit</strong> dem Inhaber<br />

der Verlagsrechte für den<br />

italienischen Sprachraum verschaffte<br />

Willi Inauen die Möglichkeit,<br />

eine Spezialausgabe<br />

für die italienische Schweiz<br />

<strong>mit</strong>zugestalten. Ein treffendes<br />

Beispiel dafür, was sein offenes<br />

Zugehen auf Menschen<br />

bewirkt. Und wenn er vom<br />

Inhalt des literarischen Werkes<br />

schwärmt, leuchten seine<br />

Augen und die Stimme schwingt<br />

vor Begeisterung: «Das Thema<br />

ist heute noch aktuell – das<br />

solltest du unbedingt lesen.»<br />

Und schon habe ich ein <strong>mit</strong><br />

Widmung versehenes Exemplar<br />

im Reisegepäck.<br />

Die Verständigung unter den<br />

Menschen beschäftigt Willi<br />

Inauen. Symbole für den Frieden<br />

möchte er noch schaffen,<br />

bestehend aus zwölf Häusern<br />

wie grosse Kuben, verteilt auf<br />

verschiedene Standorte auf<br />

unserem Erdball. Von dieser<br />

Idee konnte Willi Inauen bereits<br />

Investoren in der Schweiz<br />

und Repräsentanten fernöstlicher<br />

Staaten begeistern. Es<br />

braucht allerdings noch viel<br />

weitere Überzeugungsarbeit,<br />

Aufwand und Einsatz, bis er<br />

genaueres über sein «jüngstes<br />

Kind» erzählen kann.<br />

Ich hoffe, es vergehen nicht<br />

wiederum <strong>zehn</strong> Jahre, bis wir<br />

uns wieder begegnen und ich<br />

von Willi Inauens aktuellen<br />

Projekten und neusten Visionen<br />

erfahren darf. !<br />

© <strong>Birseck</strong><strong>Magazin</strong>, Winter 2006/07, Seite 9

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