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Vorstadtsalat - Klaus Bädicker

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Das kleine Haus Nr.5 duckte sich neben dem schon<br />

arg zerzausten Wohnhaus Nr.2 am Eingang der Joachimstraße.<br />

Sein Schicksal wollte es aber nicht erleiden.<br />

Wie zur Ermahnung zeigte es seine offene<br />

Flanke, ließ im Giebel sein Alter als Warnung hervortreten.<br />

18.Jahrhundert im Kern, wie man wohl fachmännisch<br />

sagt. Selten für Berlin. Die hier so deutlich<br />

ablesbare mittelalterliche Hausform sollte dennoch<br />

einem Abrißbeschluß weichen müssen. Sozialistische<br />

Planwut, Neubauten als Wundpflaster für verpfuschte<br />

Baupolitik zu setzen, heiligte die Mittel.<br />

Ducken half da nicht. Die Plankommision des Bezirkes<br />

hatte es schon beschlossen: Schwerin baut.<br />

Im Sommer 1989 waren bereits vereinzelte Versuche<br />

einer Auflehnung gegen gedankenlose Abrißerscheinungen<br />

zu verzeichnen, im Bauaktiv und in<br />

sich erstmals bildenden Bürgerinitiativen. Auch die<br />

Denkmalpflege, zu dieser Zeit beinahe einflußlos<br />

oder mundtot gemacht, wehrte sich massiv dagegen.<br />

Der propagierte Wohnungsneubau, Volkswille<br />

laut Parteibeschluß, grub zu tiefe Einschnitte in die<br />

alte Substanz des Viertels. Die Unfähigkeit eines<br />

sorgsamen Umganges mit überkommener Geschichte<br />

in gebauter Form gab also den Planungsanalphabeten<br />

das Argument und den Bauarbeitern<br />

die Schaufel in die Hand. Im August 89 war es so<br />

weit; das Haus starb, still und schnell.<br />

Die eventuellen Verhinderer waren ja in einem unruhigen<br />

Urlaub, manche schon in Ungarn und weiter<br />

weg. Der einstige ABV des Viertels, Bernhard, ein<br />

sonst durchaus musikalischer Mensch, hatte seine<br />

Kindheit in diesem Haus verbracht. Er aber weinte<br />

diesem, seinem Kindheitshause, keine Träne nach:<br />

„...Die niedrigen Decken, kleine Zimmer, und über-<br />

Brandwandzeichen<br />

Joachimstraße 5<br />

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