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Zweizueins - Kunstpreis Preisverleihung 2016

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PREISVERLEIHUNG <strong>2016</strong>


LIEBE KUNSTFREUNDE,<br />

verfolgt man eine Vision nur entschieden genug, entwickelt<br />

sie bald die Kraft zur Realisierung; so formte sich auch<br />

„zwei:eins – Der Münchner Preis für Kunst“ aus einer Idee,<br />

für die sich rasch engagierte Mitstreiter begeisterten. Dass<br />

wir die Auszeichnung nun bereits zum zweiten Mal vergeben<br />

konnten, freut mich daher ganz besonders.<br />

Der Verdienst um den besonderen Charakter von „zwei:eins<br />

– Der Münchner Preis für Kunst“ kommt zahlreichen engagierten<br />

Akteuren aus dem Münchner Kunstleben zu. Namhafte<br />

Repräsentanten von Museen, Galerien und Stiftungen<br />

sowie Kulturschaffende fanden den Netzwerkgedanken<br />

und demokratischen Prozess ebenso inspirierend wie ich<br />

und haben ihn in der Folge mitgeprägt. In den vergangenen<br />

zwei Jahren ist unser Netzwerk kontinuierlich gewachsen;<br />

nicht zuletzt konnten wir kürzlich auch das Kulturreferat<br />

der Stadt München gewinnen.<br />

Von Medien, Institutionen und Künstlern wurde die Auszeichnung<br />

bereits sehr gut aufgenommen. Darüber hinaus<br />

beweist uns auch die Vielfalt und Relevanz der eingereichten<br />

Projekte: Mit unserem Konzept haben wir den Puls der<br />

Zeit getroffen. Dies macht uns sehr zuversichtlich, dass sich<br />

„zwei:eins“ langfristig als Institution etabliert, die beispielhaft<br />

weit über den Münchner Kulturbetrieb hinaus wirkt.<br />

Ich danke insbesondere dem Co-Initiator und meinem langjährigen<br />

Freund Martin Schütz, Vorstand der Stiftung Otto<br />

Eckart und Vorsitzender von whiteBOX e.V., Karsten Schmitz,<br />

Gründer und Vorstand der Stiftung Federkiel für zeitgenössische<br />

Kunst und Kultur, der maßgeblich an der Entwicklung<br />

dieses Preises mitgewirkt hat sowie allen Mitgliedern<br />

unseres Netzwerks für ihr Engagement, ihren langen Atem<br />

und für ihr Know-how, das sie so großzügig in unsere gemeinsame<br />

Arbeit einbringen.<br />

Ihr Frank Enzmann


DAS ZWEI:EINS-NETZWERK<br />

zwei:eins wird von einem Netzwerk getragen, vergeben und begleitet.<br />

SoNet – Soziales Netzwerk München e.V.,<br />

als Stifter von zwei:eins<br />

Castringius Stiftung,<br />

vertreten durch Frank Enzmann<br />

whiteBOX e.V. | Stiftung Otto Eckart,<br />

vertreten durch Martin Schütz<br />

Akademieverein, vertreten durch<br />

Monika Renner und Dina Renninger<br />

ARTMUC Kunstmesse,<br />

vertreten durch Raiko Schwalbe<br />

Akademie der Bildenden Künste München,<br />

vertreten durch Prof. Dieter Rehm<br />

Dörthe Bäumer, Künstlerin<br />

ERES Stiftung, vertreten durch Dr. Sabine Adler<br />

Kulturreferat der Landeshauptstadt München,<br />

vertreten durch Dr. Daniela Rippl<br />

Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung,<br />

vertreten durch Oliver Kasparek<br />

little ART, vertreten durch Elena Janker<br />

Museum Villa Stuck, vertreten durch Michael<br />

Buhrs und Roland Wenninger<br />

Nusser und Baumgart,<br />

vertreten durch Gregor Nusser<br />

PIN – Freunde der Pinakothek der Moderne e.V.,<br />

vertreten durch Katharina von Perfall<br />

Platform, vertreten durch Dr. Elisabeth Hartung<br />

Richard Stury Stiftung,<br />

vertreten durch Dr. Helmut Hess<br />

Städtische Galerie im Lenbachhaus<br />

und Kunstbau, vertreten durch<br />

Dr. Matthias Mühling<br />

Stiftung Pinakothek der Moderne,<br />

vertreten durch Anette Meister<br />

Gotlind Timmermanns, Künstlerin<br />

Münchner Stadtmuseum,<br />

vertreten durch Dr. Ulrich Pohlmann<br />

whiteBOX.art,<br />

vertreten durch Dr. Martina Taubenberger


EIN INNOVATIVER KUNSTPREIS ETABLIERT SICH<br />

„zwei:eins – Der Münchner Preis für Kunst“ ist so zukunftsweisend<br />

wie inspirierend. Denn er führt vor, wie das Kulturleben<br />

um innovative Ideen bereichert werden kann. <strong>2016</strong><br />

wurden Künstlerinnen und Künstler bereits zum zweiten<br />

Mal dazu aufgerufen, sich einem anderen Bereich – wie<br />

etwa einer Wissenschaft – zu öffnen und interdisziplinär<br />

ein Projekt zu realisieren. So stößt „zwei:eins“ Kooperationen<br />

an, die fachliche Grenzen überwinden und einen neuen,<br />

frischen Blickwinkel auf gesellschaftliche Strömungen<br />

eröffnen. Da ist es nur konsequent, dass auch die Bewerbung<br />

mittels einer Idee anhand einer Projektskizze erfolgt.<br />

Ebenso unkonventionell verlief der Weg der Entwicklung<br />

von „zwei:eins – Der Münchner Preis für Kunst“. Eine kleine<br />

Runde um den leidenschaftlichen Kunstsammler, Stifter<br />

und Netzwerker Frank Enzmann (Castringius Stiftung) und<br />

Martin Schütz (whiteBOX e.V., Stiftung Otto Eckart) konnte<br />

weitere namhafte Akteure der Münchner Kunst- und Kulturszene<br />

für die Idee gewinnen, diesen innovativen <strong>Kunstpreis</strong><br />

in einem stetig wachsenden Netzwerk weiterzuentwickeln,<br />

zu vergeben und zu begleiten.<br />

Erste Preisträgerin war 2015 Judith Egger mit ihrem Projektpartner<br />

Dieter Braun, Professor für Biophysik, mit<br />

der Arbeit „Ursprung – eine Versuchsannäherung über<br />

die Selbstorganisation der Materie des ersten Lebens“.<br />

Aktuell ausgezeichnet wurde der Konzeptkünstler Axel<br />

Dworsky mit Andreas Ruby, einem Pionier der Münchner<br />

Parkour-Szene. In ihrem Kunstprojekt „Urban Trimm dich!“<br />

erobern sie die Stadt als Frei-Turn-Raum für eine zunehmend<br />

individualisierte Gesellschaft zurück.<br />

Diese ersten Projekte beweisen durch ihre künstlerische<br />

Qualität und gesellschaftliche Relevanz, dass sich das<br />

Engagement aller Netzwerkmitglieder gelohnt hat. Das<br />

Konzept der neu geschaffenen Auszeichnung ist weit über<br />

München hinaus einmalig und besitzt die Kraft, sich über<br />

die Jahre zu einer festen Größe zu entwickeln.


Der Preisträger Alexis Dworsky und sein Projektpartner Andreas Ruby<br />

PREISTRÄGER <strong>2016</strong>: ALEXIS DWORSKY MIT SEINEM PROJEKTPARTNER ANDREAS RUBY<br />

URBAN TRIMM DICH!<br />

Der städtische Raum wird zusehends kommerzialisiert und leblos. Doch<br />

mitten in München entsteht jetzt ein frei zugänglicher Trimm-Dich-<br />

Pfad. Hierfür werden aber keine Fitnessgeräte aufgestellt, sondern bestehende<br />

Situationen radikal umgedeutet – über Mülleimer kann man<br />

prima Bocksprünge machen und während die Ampel rot ist, heißt es<br />

Hampelmann-Hüpfen. Schilder weisen auf zum Teil abstruse Übungen<br />

hin. Das irritiert den Betrachter, setzt womöglich ein Nachdenken über<br />

den öffentlichen Freiraum in Gang oder motiviert vielleicht tatsächlich<br />

zu körperlichem Aktivismus.<br />

Zur Olympiade 1972 in München erlebte die Trimm-Dich-Bewegung<br />

ihren Höhepunkt: Überall in Deutschland, vor allem in Naherholungsgebieten<br />

und nahen Waldstücken, entstanden die gleichnamigen Pfade.<br />

Dort waren die typischen naturnahen Sportgeräte aufgestellt, an denen<br />

man sich entlanghangelte, über die man sprang oder sonst wie<br />

trainierte – je fünfmal die Familienmenschen, je zehnmal die wahren<br />

Sportler. Markant waren insbesondere die Übungsschilder im charakteristischen<br />

Siebzigerjahre-Design. Die meisten Trimm-Dich-Pfade sind<br />

mittlerweile verfallen.<br />

Als Konzeptkünstler beschäftige ich mich seit Langem mit dem urbanen<br />

Freiraum, etwa in meinem Projekt „Graffiti für Blinde“. Dabei arbeite<br />

ich häufig interdisziplinär und kooperiere mit ganz unterschiedlichen<br />

Personen. Und auch hier möchte ich mit einem Experten zusammenarbeiten,<br />

der kein Bildender Künstler ist, mit Andreas Ruby aus München,<br />

einem weithin bekannten Parkour-Artisten – bei dieser Disziplin blickt<br />

man mit anderen Augen auf die Stadt, klettert athletisch auf Hauswände<br />

und springt trickreich von Mauer zu Mauer.<br />

Wer sich heute in Form bringen möchte, der geht ins Fitnessstudio,<br />

vollklimatisiert, 79,90 Euro im Monat. In unseren Städten wird es zunehmend<br />

öde. Geschäfte wandern in Shopping Malls auf der Grünen Wiese.<br />

Sogar Trendsportarten, die ursprünglich mitten in der Stadt ausgeübt<br />

wurden, etwa das Skateboardfahren, sind jetzt ins Exil in Hallen und an<br />

spezielle Plätze verbannt. Aber: Wir sind zurück und trimmen uns jetzt<br />

mittendrin!<br />

Auszug aus der Bewerbung


LAUDATIO<br />

Ohne genau zu wissen oder eingrenzen zu wollen, was man unter interdisziplinärer<br />

Kunst verstehen kann, braucht es sicher einen ergebnisoffenen Austausch<br />

zwischen neugierigen Menschen dazu. Es geht dabei nicht um eine Selbstversorgung<br />

in „fremdem“ Gebiet oder eine Kombination von Lösungsansätzen aus<br />

unterschiedlichen Teilgebieten, sondern um gemeinsam entwickelte Verständigungsprozesse,<br />

idealerweise so, dass alle Beteiligten von- und miteinander lernen.<br />

Solche Recherche- und Entwicklungsprozesse sind daher teambasiert und unkonventionell:<br />

Kollaboration in der Kunst ist antiautoritär, emanzipatorisch, experimentell.<br />

Antiautoritär, weil mit dem kollaborativen Produktionsbegriff das<br />

Genieprinzip oder das antiquierte Künstler-Meister-Verständnis infrage gestellt<br />

wird, von daher sind solche Projekte auch anti-ideologisch und antirassistisch.<br />

Emanzipatorisch sind sie grundsätzlich, weil solche Projekte als Top-Down-Systeme<br />

nie funktionieren, sondern als Bottom-up Prozesse wachsen können müssen<br />

und deshalb sind sie es auch im Rollenverständnis, in Themen- und Motivfragen<br />

und nicht zuletzt in ökonomischer Hinsicht. Und experimentell sind sie, weil jedes<br />

interdisziplinäre Projekt eine neue und einmalige Entwicklungschance darstellt.<br />

Kollaborative künstlerische Prozesse sind kritisch in Bezug auf das Verfahren<br />

selber, die Fragestellung und das Team. So sind es immer auch soziale Prozesse<br />

und ihre Vermittlung beinhaltet daher strategische Überlegungen, die über den<br />

klassischen Präsentationskontext von Kunst (white cube etc.) hinausgehen und<br />

in öffentliche Bereiche tendieren. Da solche Projekte nicht von einem medialen<br />

oder sonst wie formal festgelegten Produktionsziel ausgehen, sondern aus der<br />

Untersuchung von Phänomenen und Zusammenhängen entstehen, wird der interdisziplinäre<br />

Prozess selbst zur plastischen Masse und zum kreativen Kapital.<br />

Das Gestaltungsmaterial entsteht aus der Nutzung der vielfältigen Relationen,<br />

die sich durch die kollaborativen Recherchen und Entwicklungen herausstellen<br />

oder die neu interpretiert werden. Die soziale Einmischung ermöglicht außerdem<br />

eine neue künstlerische Positionierung des künstlerischen Aktes. Befreit<br />

von ökonomischem Zwang, schafft er Zugang auch zu einem Publikum, das<br />

nicht mit Kunst rechnet. Die Bereicherung findet daher oft im unerwarteten<br />

Rahmen statt und setzt Energien frei, die man nicht kaufen kann. Damit steht<br />

diese Form interdisziplinärer Kunst in der Tradition von Aktionskunst, Fluxus und<br />

Happening oder Cultural Hacking und anderer Verfahren, die durch Verfremdung<br />

und Irritation Aufmerksamkeit erzeugen.<br />

Mit seinen Vorstudien als Landschaftsarchitekt überblickt Alexis Dworsky als<br />

Künstler und Kunstpädagoge mit kulturanthropologischen Qualifikationen ein<br />

komplexes Gebiet, das aus sehr unterschiedlichen Teilgebieten besteht, und orientiert<br />

sich darin als gewiefter Scout und Selbstdarsteller. Das Profil trägt eine<br />

Reihe unterschiedlicher, auch widersprüchlicher Züge wie die eines Spielers<br />

und Empirikers, eines Forensikers und Ästheten, eines Naturkundlers, Ökoaktivisten<br />

und eines Clowns. Geprägt ist es aber in erster Linie durch Neugier auf<br />

jugend- und popkulturelle Phänomene und die Fähigkeit, aus unterschiedlichsten<br />

Quellen und kulturellen Forschungsfeldern zu schöpfen. Dazu kommt eine<br />

Cleverness, die Potenziale verschiedenster Methoden durch präzisen Ausdruck<br />

zu verbinden und nachhaltig zu vermitteln.<br />

Ein typischer Ansatz für diese Art von Kunstbegriff ist in dem Projekt „Mit Google<br />

Street View um die Welt reisen“ erkennbar: In einer crossmedialen Vortragsperformance<br />

nimmt er das Publikum auf eine Zimmerreise rund um den Globus<br />

mit, bei der sich mediale Konstruktionen mit lokalen Realitäten und Dienstleistungen<br />

aus dem Internet vermischen. Mit Clicks und Tricks pendelt er zwischen<br />

Kontexten und Kontinenten, ohne sich weit vom Computer zu entfernen. Auch<br />

das Projekt „In World of Warcraft auf Wanderschaft“ ist eine Mockumentary-Performance,<br />

die in ähnlicher Weise zwischen den parallelen Realitäten von Onlinespiel<br />

und Tourismus springt. Die Erzählung baut auf Videos, in denen er Episoden<br />

aus der populären Fantasy an Originalschauplätzen nachspielt und kommen-<br />

tiert. Beispielsweise in Venedig, wo er mit einer Dreifachrolle als Protagonist,<br />

Ego-Shooter und Familienvater zusammen mit Sohn, Kamera und<br />

Spielzeugwaffen auf reale Carabinieri trifft.<br />

Neben dem transmedialen Aspekt seiner Erzählungen spielt die Realitätswahrnehmung<br />

aus verschiedenen Perspektiven und physiologischen Rezeptionen<br />

eine zentrale Rolle in seiner künstlerischen Arbeit. Phänomene<br />

werden hinterfragt und als Möglichkeitsformen aufgefasst, die durch spekulative<br />

Übersetzungen in ein anderes Licht gestellt werden können. Im<br />

Rahmen der Veranstaltungsreihe „Was geht? Kunst und Inklusion“, die das<br />

Kulturreferat der Stadt München 2015 initiiert hatte, entwickelte er einen<br />

künstlerischen Empathieansatz für den Dialog zwischen Sehenden und<br />

Blinden. Mit „Graffiti für Blinde“ übersetzt er nicht nur Sprayer-Tags in Braillezeichen,<br />

sondern montiert sie direkt auf die besprühte Wand. In einigen<br />

Veranstaltungen erhielten solche mit Blindenschrift markierten Sprüche<br />

und Zeichen durch Sound-Interpretationen des Musikproduzenten Sepalot<br />

zusätzlich ein synoptisches Echo.<br />

Dworsky wird nun mit seinem neuesten Projekt „Urban Trimm Dich!“ mit<br />

dem interdisziplinären <strong>Kunstpreis</strong> „zwei:eins“ prämiert. Hier versucht<br />

der Künstler gemeinsam mit dem Parkour-Sportler Andreas Ruby den<br />

aktionistischen Spagat zwischen Trendsport und Volkskunst, indem er<br />

den Turnübungs-Kontext vom Erholungsgelände in den öffentlichen Citybereich<br />

verlagert. Im urbanen Umfeld erhalten die Anweisungstafeln für<br />

Leibesübungen subversiven Charakter, denn sie animieren nicht nur zu akrobatischen<br />

Umnutzungen raumgestalterischer Anlagen, sondern fordern<br />

allgemein zu einem „Hacking the City“ auf.<br />

Res Ingold, Professor für interdisziplinäre Projekte im Studiengang<br />

Kunstpädagogik an der Akademie der Bildenden Künste München


ÜBER ALEXIS DWORSKY<br />

Alexis Dworsky, geboren 1976, ist Konzeptkünstler. Nach seinem Studium<br />

an der Akademie der Bildenden Künste bei Res Ingold hat Dworsky bei Bazon<br />

Brock über die Kulturgeschichte des Dinosauriers promoviert. Dworsky<br />

ist freischaffend als Künstler sowie als künstlerischer Mitarbeiter an der<br />

Münchner Kunstakademie tätig. Er lebt und arbeitet in Freising, München<br />

und im Unterwegs.<br />

Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden<br />

durch Alexis Dworskys ganz unterschiedlich ausgeprägte Arbeiten. Das<br />

Interesse an der Wahrnehmung unserer Welt und deren Befragung mit<br />

künstlerischen Mitteln steht dabei im Zentrum seines Schaffens.<br />

Hierfür zieht es Dworsky immer wieder hinaus in den urbanen Freiraum. So<br />

untersucht er in seiner Arbeit „Graffiti für Blinde“ (seit 2015), wie Menschen,<br />

die nicht sehen können, die Stadt wahrnehmen. Graffitis übersetzt er dann<br />

in die Braille-Schrift, die sogenannte Blindenschrift – in Originalgröße!<br />

Auch in seinem aktuellen Projekt „Urban Trimm Dich“ beschäftigt sich<br />

Dworsky mit unserer Wahrnehmung der Stadt. Wie lassen sich bestehende<br />

Situationen neu sehen und nutzen, wenn man sie plötzlich als Sportgeräte<br />

versteht?<br />

Preise und Stipendien (Auswahl)<br />

<strong>2016</strong> „zwei:eins – Der Münchner Preis für Kunst“<br />

2015 Projekt- und Katalogförderung, Bezirk Oberbayern,<br />

LfA Förderbank Bayern, Erwin und Gisela von Steiner Stiftung<br />

2012 Projektstipendium „Junge Kunst/Neue Medien“,<br />

Kulturreferat der Landeshauptstadt München<br />

2010 Europäisches Kunststipendium Oberbayern,<br />

Artist in Residence im Baskenland<br />

2007–2010 Promotionsstipendium der Andrea von Braun Stiftung<br />

www.alexisdworsky.de<br />

www.urban-trimm-dich.de<br />

Aktionen, Ausstellungen und Veröffentlichungen (Auswahl)<br />

<strong>2016</strong> „Urban Trimm Dich!“, Interventionen im öffentlichen Freiraum, in Kooperation mit dem<br />

Parkour-Sportler Andreas Ruby<br />

<strong>2016</strong> „Die ersten Jahre der Professionalität“, Galerie der Künstler, München<br />

2015 „Graffiti für Blinde“, Interventionsreihe im urbanen Freiraum, München, Sarajevo und<br />

anderswo; im Rahmen von „Kunst und Inklusion“<br />

2015 „Flimmern“, Versuchsanordnung zur menschlichen Echo-Ortung in der Galerie Bezirk<br />

Oberbayern, München<br />

2015 „Weiße Kaninchen, rote Pillen“, Künstlerkatalog, Kerber Verlag, Bielefeld<br />

2012 „Mit Google Street View um die Welt reisen“, crossmediale Vortragsperformance, unter<br />

anderem im Gasteig, München, in der Shedhalle, Tübingen, und an der Newcastle<br />

University, England<br />

2011 „Science meets Dharma“, Symposium mit tibetischen Mönchen, westlichen Naturwissenschaftlern<br />

... und mir, Dalai Lama Institute of Higher Education, Bangalore, Indien<br />

2011 „Dinosaurier! Die Kulturgeschichte“, Buch im Wilhelm Fink Verlag, Paderborn<br />

2011 „Urbane Satelliten“, Installationsreihe im öffentlichen Freiraum, Ausstellung im Sala<br />

Amárica in Vitoria-Gasteiz, Baskenland<br />

2008 Vortragsperformance zur Gala „Von Nagel zu Nagel“ in der Kunst- und Ausstellungshalle<br />

der Bundesrepublik Deutschland, Bonn<br />

2001 „Naturdetektor“, Intervention im Abstandsgrün mit High-Tech-Placebos, Bern, Schweiz


ÜBER ANDREAS RUBY<br />

Andreas Ruby, geboren 1985, lebt in München und ist freiberuflich als Trainer,<br />

Sportlehrer, Referent und Event/Show-Organisator im Bereich Parkour<br />

tätig.<br />

Im Alter von 10 bis 14 Jahren erzielte er kleinere Erfolge als Leistungsturner.<br />

Anschließend widmete er sich voll und ganz den modernen Bewegungskünsten:<br />

Den Anfang machte ein intensives Breakdance-Training, später<br />

ergänzt durch Parkour, Freerunning und Tricking sowie durch Capoeira und<br />

Slacklining-Training. Seit seinem 20. Lebensjahr widmet er sich der Freestyle-<br />

Akrobatik. Zugleich verbesserte er sich im Wasser- und Trampolin-Springen<br />

auf ein höchstes Niveau. In den Bereichen Parkour und Freerunning ist er<br />

einer der Pioniere im deutschsprachigen Raum.<br />

Ruby ist Gründungsmitglied und Vorsitzender von FAM München e.V.; FAM<br />

steht für Free Arts of Movement (engl. „Freie Bewegungskünste“). Der Verein<br />

wurde 2008 von einer Gruppe aktiver Sportler gegründet, die eine Plattform<br />

für mehrere Trendsportarten schaffen wollten. Im Vordergrund stehen freie<br />

Bewegung und Körperkontrolle und nicht Geräte und Hilfsmittel. So leben<br />

bei FAM München e.V. unter einem Dach Parkour/Freerunning (Freestyle),<br />

Trampolin, Walltrampolin, Tricking, X-Diving (Freestyle Wasserspringen),<br />

Capoeira, Breakdance, Slacklining. Die einzelnen Sportarten/Bewegungskünste<br />

werden im Training oft separat geübt; sehr gerne werden aber auch<br />

Elemente aus verschiedenen Disziplinen zusammengefügt.<br />

www.rubymove.com


PRESSESCHAU<br />

Süddeutsche Zeitung<br />

15.11.<strong>2016</strong><br />

Städtisches Turnen<br />

Der Konzeptkünstler Alexis Dworsky und der Parkour-Sportler Andreas Ruby werden für ihr „Urban Trimm Dich!“-Projekt<br />

ausgezeichnet.<br />

Tatsächlich steht die endgültige Form von „Urban Trimm<br />

Dich!“ noch nicht fest. „Es könnte ein richtiger Trimm-Dich-<br />

Pfad werden“, sagt Alexis Dworsky, „eine Trimm-Dich-App<br />

oder ein Trimm-Dich-Tutorial auf YouTube“. Kontrovers im<br />

Sinne eines sportlich-künstlerischen Vandalismus‘ soll das<br />

Projekt, zu dem mit urban-trimm-dich.de immerhin schon<br />

eine Website existiert, aber nicht unbedingt werden. Vielmehr<br />

geht es Andreas Ruby als Parkour-Sportler darum, im<br />

Bereits bei der ersten Übung „Kletter Max“ gibt es die erste<br />

kleine Kontroverse. Denn kurz nachdem Parkour-Sportler städtischen Raum sein „Grundrecht auf Bewegung“ auszuüben.<br />

Und für Alexis Dworsky soll das Turnen im Stadtraum<br />

Andreas Ruby am Montagmorgen einen der beiden Felsen<br />

neben dem Portal der Asamkirche erklommen hat, um dort Anlass dafür sein, dass man die städtische Umgebung aus<br />

oben ein paar sportliche Posen auszuprobieren, tritt ein Aufseher<br />

aus der Kirchentüre, zusammen mit einer weiblichen wie es Ruby mit großem Schwung am Rand des Sendlin-<br />

neuen, ungewohnten Perspektiven sieht. Etwa indem man,<br />

Begleitung. Die Frau: „Ich habe dem Herrn von der Aufsicht ger-Tor-Platzes demonstriert, von Poller zu Poller springt.<br />

bereits gesagt, dass ich nicht gut finde, was Sie hier tun.“ Oder, auch diese Übung haben sich Dworsky und Ruby ausgedacht:<br />

indem man gemeinsam vor einem AfD-Plakat die<br />

Was Ruby tut? Zusammen mit dem Konzeptkünstler Alexis<br />

Dworsky das Projekt „Urban Trimm Dich!“ demonstrieren, Nackenmuskeln lockert.<br />

oder eher: einen ersten Eindruck davon vermitteln, wie das<br />

Projekt, das an diesem Donnerstag in der Whitebox mit dem Das sportliche Hin und Her des Kopfes könnte hier oder alternativ<br />

auch vor einer Pegida-Demo eine politische Dimen-<br />

„zwei:eins“-<strong>Kunstpreis</strong> ausgezeichnet wird, am Ende vielleicht<br />

ausschaut.<br />

sion erhalten. So hat das jedenfalls laut Frank Enzmann auch<br />

die 21-köpfige Jury des „zwei:eins“-Preises gesehen und das<br />

Team Dworsky & Ruby deshalb und wegen der sozialen<br />

Bezüge ihres Projekts gegenüber immerhin 20 Konkurrenten-Teams<br />

bevorzugt. Enzmann ist Vorsitzender der sozialen<br />

Castringius-Stiftung, die wiederum das 20 Stiftungen umfassende<br />

Soziale Netzwerk München (SoNet) repräsentiert,<br />

welches das „zwei:eins“-Preisgeld in Höhe von 12.000 Euro<br />

stiftet. Enzmann hat den Preis auch maßgeblich initiiert, hat<br />

das „zwei:eins“-Netzwerk mit gegründet, das neben weiteren<br />

Stiftungsvertretern aus Kuratoren, Galeristen und Künstlern<br />

aus München besteht. Diese stammen unter anderem<br />

vom Stadtmuseum, der Pinakothek der Moderne, dem<br />

Lenbachhaus oder der Villa Stuck, von der Akademie der Bildenden<br />

Künste oder der Galerie Nusser und Baumgart. Was<br />

sich insgesamt fast wie ein Who is Who der Kunstszene liest.<br />

Die aktuell 21 Netzwerk-Mitglieder haben zusammen nicht<br />

nur den Preis und sein Vergabeverfahren entworfen, sondern<br />

sie durften jeweils auch einen Künstler oder eine<br />

Künstlerin als Wettbewerbsteilnehmer vorschlagen. Bedingung<br />

dafür war, dass die Bewerber eine interdisziplinäre<br />

Projekt-Idee entwickeln und der Jury einen geeigneten Kooperationspartner<br />

dafür vorschlagen. Bei Judith Egger, die<br />

im vergangenen Jahr den ersten Preis gewonnen hat, war<br />

das der System-Biophysiker Dieter Braun, mit dem sie noch<br />

bis März ihr Gewinner-Projekt realisiert.<br />

Auch Alexis Dworsky und Andreas Ruby können sich für „Urban<br />

Trimm Dich!“ Zeit lassen, 18 Monate sind für die Realisierung<br />

eingeplant. Und dass man sie bereits jetzt nur für die<br />

Idee zu diesem Projekt prämiert, das findet Dworsky, der an<br />

der Münchner Akademie Kunst studiert und bei Bazon Brock<br />

über die Kulturgeschichte des Dinosauriers promoviert hat,<br />

dann doch recht ungewöhnlich. Tatsächlich werden die<br />

meisten der aktuell über 50 Münchner <strong>Kunstpreis</strong>e eher für<br />

bereits fertige Werke oder alternativ für das Lebenswerk<br />

eines Künstlers verliehen.<br />

Auf die Idee für „Urban Trimm Dich!“ sei er, sagt Dworsky,<br />

durch zwei frühere Arbeiten gekommen, in denen er sich<br />

mit dem Thema Blind-Sein künstlerisch beschäftigt habe.<br />

Und dabei konkret mit der Frage, wie Menschen mit einer<br />

Sehbehinderung den städtischen Raum wahrnehmen. Auch<br />

für sie ist die Stadt eine Art Hindernis-Parcours, den sie auf<br />

ihre Weise täglich meistern. Ein Parcours, der ansonsten<br />

zunehmend kommerzialisiert und öde wird, weil sich das<br />

soziale Leben, und dazu gehört eben auch der Sport, immer<br />

mehr von außen nach innen verlagert. Auch gegen diese<br />

Verödung wollen Dworsky und Ruby angehen. Mal sehen, ob<br />

ihnen das mit dem Motto „Wir sind zurück und trimmen uns<br />

jetzt mittendrin!“ gelingt.<br />

Von Jürgen Moises<br />

Abendzeitung<br />

6.11.<strong>2016</strong><br />

Münchner Preis für Kunst<br />

Wenn die Laterne<br />

zur Poledance-Stange wird<br />

Dem Konzeptkünstler Alexis Dworsky wird der<br />

Münchner Preis für Kunst verliehen.<br />

Wie lassen sich bestehende Situationen neu sehen und<br />

nutzen, wenn man sie plötzlich als Sportgeräte versteht?<br />

Mit dieser Frage hat sich der Konzeptkünstler Alexis<br />

Dworsky in seinem Projekt „Urban Trimm Dich!“ auseinandergesetzt<br />

– und da wird für Parkour-Sportler Andreas<br />

Ruby schon mal eine Laterne zur Poledance-Stange.<br />

Dafür bekommt Dworsky am Donnerstag den Münchner<br />

Preis für Kunst verliehen.


Hallo München<br />

mucbook<br />

„Unser Ziel ist es, dass die Münchner durch das Projekt ihre<br />

„Mit ihrem „Urban Trimm Dich!“-Projekt wollen die beiden<br />

Augen öffnen und die Wahrnehmung für ihre Umgebung<br />

dazu anregen, den urbanen Raum aus einem anderen Blick-<br />

und die Stadt wieder schärfen“, so Dworsky. „Sie sollen die<br />

winkel wahrzunehmen und die Stadt neu zu entdecken.<br />

Stadt aus einem anderen Blickwinkel sehen.“ Andreas Ruby<br />

„Andere Sachen machen als die, die man machen soll oder<br />

ist bereits seit 2005 Parkour-Sportler und Freerunner. Er ist<br />

machen darf. Das geht ganz einfach, mitten in der Stadt“,<br />

für den praktischen Teil des Projekts verantwortlich und<br />

sagt Dworsky. Parkour-Übungen gibt es schon in der Stadt,<br />

versucht die künstlerischen Ideen von Dworsky in die Tat<br />

sie müssen nur erkannt und genutzt werden.“<br />

umzusetzen.<br />

Die Stiftung<br />

ganz-muenchen.de<br />

„Zwei Disziplinen, eine Idee – „zwei:eins – Der Münchner<br />

„Der mit 12.000 Euro dotierte „zwei:eins – Der Münch-<br />

Preis für Kunst“. Im Rahmen eines Pressegesprächs am<br />

ner Preis für Kunst“ geht <strong>2016</strong> an den Künstler Alexis<br />

Montag, den 14. November <strong>2016</strong>, haben die Preisträger mit<br />

Dworsky und seinen Projektpartner Andreas Ruby, Trendund<br />

Actionsportler sowie Pionier der Münchner Parkour-Szene.<br />

Ausgezeichnet werden sie für ihre Projektskizze „Urban<br />

Trimm Dich!“.“<br />

muenchenarchitektur<br />

„Der Münchner Konzeptkünstler Alexis Dworsky kooperiert<br />

mit Parkour-Sportler Andreas Ruby, um mit dem Projekt „Urban<br />

Trimm Dich!“ die Wahrnehmung des urbanen Raums zu<br />

verändern. Das von Interaktion geprägte Konzept lädt ein,<br />

die Stadt aus neuen Blickwinkeln zu entdecken und durch<br />

Irritationen im gewohnten Umfeld zur Reflexion über alltägliche<br />

Handlungen und Gegebenheiten anzuregen.“<br />

Interventionen in der Sendlinger Straße ihre Projektskizze<br />

„Urban Trimm Dich!“ vorgestellt. Im zweiten Jahr seines<br />

Bestehens zeichnet die Jury von „zwei:eins – Der Münchner<br />

Preis für Kunst“ ein interdisziplinäres Projekt aus, das die<br />

künstlerischen Gattungen Performance und Sport mit Interventionen<br />

im öffentlichen Raum vereint. Der Münchner Konzeptkünstler<br />

Alexis Dworsky kooperiert mit Parkour-Sportler<br />

Andreas Ruby, um mit dem Projekt „Urban Trimm Dich!“ die<br />

Wahrnehmung des urbanen Raums zu verändern.“<br />

IMPRESSUM<br />

zwei:eins – Der Münchner Preis für Kunst<br />

vertreten durch Frank Enzmann und Martin Schulz<br />

c/o SoNet – Soziales Netzwerk München e.V.<br />

Ruffiniallee 4, 82152 Planegg<br />

Tel. +49 160 972 252 66<br />

Wir danken Frau Dr. Taubenberger und ihrem Team<br />

für die Zurverfügungstellung der whiteBOX und die<br />

Unterstützung bei der <strong>Preisverleihung</strong>.<br />

Konzept und Redaktion: Sofie Langmeier; www.langmeiers.de<br />

Grafik: Debüser & Bee; www.debueser-bee.de<br />

Logo: Ulrike von Dewitz; www.ulrikevondewitz.com<br />

Foto Umschlagseite: Alexis Dworsky; www.alexisdworsky.de<br />

Fotos Seite 19 (obere Reihe links und Mitte) und Seite 20: Simon Frey<br />

Alle anderen Fotos: Michael McKee; www.michaelmckee.de<br />

Texte Seite 3, 6: Marion Vorbeck<br />

Soweit auf den weiteren Seiten keine Autoren angegeben sind, handelt es sich um Auszüge<br />

aus der Bewerbung.<br />

Presseschau: Wir danken den Redaktionen sehr herzlich, dass wird diese Texte übernehmen<br />

durften.


www.zweizueins-kunstpreis.de

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