17.05.2017 Aufrufe

Asha Rajashekhar

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

deaf studies<br />

Die Taubengemeinschaft zu Zeiten des<br />

Postkolonialismus (und von „Hearing Privileges“?)<br />

Die hörende Dominanzgruppe und die gehörlose Minderheitengruppe im Blickfeld<br />

der Diskussionen zu „Audismus“ und „Linguizismus“<br />

Von asha rajashekhar<br />

I have a dream ...<br />

for Sign Language and Sign<br />

Language Users in order that Hearing<br />

and Deaf might live with<br />

mutual respect and attention.<br />

Einleitung<br />

290 DZ 88 11<br />

Im nachfolgenden Artikel soll der aktuell geführte wissenschaftliche Diskurs<br />

rund um die Begriffe „Audismus“ und „Linguizismus“ 1 im Kontext<br />

der Frage nach möglicherweise vorhandenen Privilegien der Hörendengemeinschaft<br />

betrachtet werden. Hierbei soll untersucht werden, inwieweit<br />

Mechanismen des Postkolonialismus und der Begriff der „Hearing Privileges“<br />

– in Anlehnung an „White Privileges“ – geeignet sind, um die Situation<br />

der Taubengemeinschaft bzw. das Verhältnis der Hörendengemeinschaft<br />

zu Letzterer zu beschreiben.<br />

Es stellt sich die Frage, inwieweit in einer Gemeinschaft, die auf die hörende<br />

Mehrheitsgesellschaft ausgerichtet ist, Taube 2 automatisch und strukturell<br />

bedingt Benachteiligungen erfahren. Diese Benachteiligungen werden<br />

in den unterschiedlichsten Lebensbereichen, wie z. B. in der Bildung,<br />

bei den Berufschancen und in Bezug auf die Teilhabe an der Gesellschaft<br />

im Allgemeinen konkret sichtbar. Hörende als Angehörige der Mehrheitsgesellschaft<br />

partizipieren (sofern keine anderen benachteiligend wirkenden<br />

Kriterien vorliegen) reibungsloser und ohne schwerwiegende Diskriminierung<br />

am öffentlichen Leben. Bei Tauben ist das nicht der Fall. Ihre Biografien<br />

sind von zahlreichen, gesellschaftlich konstruierten Blockaden gekennzeichnet.<br />

Diese Unterdrückungshandlungen sind z. T. derart schwerwiegend,<br />

dass sie sich ein Leben lang hemmend auf die Biografie des tauben<br />

Betroffenen auswirken. Als ein konkretes Beispiel sei hier nur der allzu<br />

oft verwehrte Gebärdenspracherwerb genannt.<br />

Die nachfolgende Auseinandersetzung mit dem Konzept „Hearing Privileges“<br />

stellt eine sozial-/kulturwissenschaftliche Annäherung an die Frage<br />

nach Unterdrückungsmechanismen gegenüber tauben Menschen dar. Die<br />

Überlegungen rund um dieses Konzept im Kontext der Taubengemeinschaft<br />

sollen Mechanismen demaskieren, die oftmals subtil sind und sich diskriminierend<br />

und unterdrückend auf Taube auswirken.<br />

White Privileges – Black Harm<br />

Male Privileges – Women Harm<br />

The Privileges of ‚Being Normal‘<br />

– Disability Harm<br />

Heterosexual Privileges<br />

– Queer Harm<br />

Hearing Privileges – Deaf Harm<br />

Privilegien, Macht, Bevorzugung, Dominanz<br />

... Die Existenz von Privilegien<br />

impliziert, dass es gleichzeitig<br />

nicht Privilegierte gibt.<br />

Was bewirken Privilegien bei<br />

Menschen? Was bewirken Unrecht<br />

und Unterprivilegierung? Menschen<br />

stellen sich über andere Menschen.<br />

Menschen üben Macht über andere<br />

Menschen aus. Menschen fügen anderen<br />

Menschen Leid zu. – Was erwächst<br />

für die Menschen, die unterdrücken,<br />

und für die, die unterdrückt<br />

werden, aus diesen Leiderfahrungen?<br />

1 Die Termini „Audismus“ und „Linguizismus“<br />

benennen die Unterdrückung der<br />

tauben Minderheitengruppe und ihrer Gebärdensprache<br />

durch die hörende Mehrheitsgesellschaft,<br />

wobei „Lingui zis mus“<br />

insbesondere auf Vorurteile gegenüber<br />

Minderheitensprachen und deren Sprechern<br />

verweist.<br />

2 Ich verwende die Bezeichnung „taub“/<br />

„Taube“ in Anlehnung an Helmut Vogel<br />

(vgl. 2010, 52 ff.). Die Bezeichnung „gehörlos“/„Gehörlose“<br />

geht von einem Defizitansatz<br />

aus und benennt die Menschen dieser<br />

Gruppe anhand des Merkmals, das sie gerade<br />

nicht haben. Eine solche Bezeichnung erscheint<br />

mir ungeeignet. Stattdessen bevorzuge<br />

ich die Bezeichnung „Taube“, weil sie<br />

die Menschen dieser Kulturgemeinschaft<br />

viel besser charakterisiert.<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)


disability studies<br />

Die Geschichte der Menschheit<br />

füllt Bibliotheken mit Dokumenten,<br />

die vom Leid und der Scham erzählen,<br />

die dadurch entstehen, dass sich<br />

Menschen über andere Menschen<br />

stellen. Leid und Scham entstehen<br />

auf beiden Seiten – auf der Seite der<br />

‚Täter‘ und auf der Seite der ‚Opfer‘,<br />

auf der Seite der ‚Normalen‘, Weißen,<br />

Männer, Heteros, Hörenden und auf<br />

der Seite der ‚Andersartigen‘, Schwarzen,<br />

Frauen, Homos, Tauben. Möchte<br />

man das Leid und die Scham ernst<br />

nehmen, ist es an der Zeit, sich mit<br />

den Strukturen, die Leid und Scham<br />

auslösen, auseinanderzusetzen.<br />

Wenden wir uns nun bei der Suche<br />

nach möglichen Ursachen und<br />

bei der Suche nach Möglichkeiten,<br />

die Leidquelle abzustellen, den Konzepten<br />

„postkoloniale Mechanismen“<br />

und „Hearing Privileges“ zu.<br />

Kolonialismus und Postkolonialismus<br />

in Bezug auf<br />

taube Menschen<br />

„Kolonisation“ bezieht sich im eigentlichen<br />

Sinne des Wortes auf die Erschließung<br />

und Besetzung unbekannter<br />

Territorien. Mit dieser ‚Erschließung‘,<br />

die durch die Europäer<br />

in den vergangenen Jahrhunderten<br />

insbesondere in Amerika, Afrika<br />

und Teilen Asiens erfolgte, gingen die<br />

wirtschaftliche Ausbeutung und die<br />

3 Ich gebe hier mit den Worten Benteles (2001, 411) zu bedenken: „Es ist zu ermitteln, ob<br />

der Patient überhaupt ein Patient, das heißt behandlungsbedürftig ist. Dieses Problem<br />

taucht normalerweise nicht auf, da der Patient aus eigenem Antrieb den Arzt aufsucht,<br />

und zwar deshalb, weil er sich krank, also behandlungsbedürftig fühlt. Bei einer CI-Implantation<br />

liegt der Fall anders. Aus der Sicht der Gehörlosengemeinschaft ist ein taub geborenes<br />

Kind nicht krank. Es ist auch kein Patient. Es ist anders als ein hörendes Kind, hat<br />

aber eine ebenso positive Lebensoption.“<br />

4 In diesem Kontext muss auf den Mailänder Kongress (1880) verwiesen werden, auf dem<br />

zahlreiche Taubstummenlehrer versammelt waren, die anschließend der „Oralen Methode“<br />

in vielen Ländern zum Durchbruch verhalfen.<br />

5 Samuel Heinicke (1727–1790) wird als Begründer der „Oralen Methode“ angesehen.<br />

allgemeine Kontrolle bzw. z. T. auch<br />

starke Unterdrückung der Ureinwohner,<br />

ihrer Sprachen und Lebensformen<br />

einher (vgl. Osterhammel 1995).<br />

Auch nach dem Ende der Kolonialzeit,<br />

das sich in zahlreichen Ländern im<br />

20. Jahrhundert vollzog, sind die Folgen<br />

der Kolonisation, d. h. die postkolonialen<br />

Auswirkungen und Gesellschaftsmechanismen,<br />

spürbar.<br />

Typische Kolonisationsmechanismen<br />

lassen sich jedoch auch bei<br />

andersartigen Herrschaftsbeziehungen<br />

feststellen. Auch das Machtverhältnis<br />

zwischen Hörenden und Tauben<br />

und die ‚Herrschaft‘ Hörender<br />

über die Körper und die Gebärdensprache<br />

Tauber weist zahlreiche Parallelen<br />

zu Kolonisations- und Postkolonisationsmechanismen<br />

auf. So<br />

haben in den vergangenen Jahrhunderten<br />

– bis in die Gegenwart hinein<br />

– zahlreiche hörende Mediziner<br />

an den Körpern Tauber herumexperimentiert,<br />

sie mit Blutegeln, Flüssigkeiten<br />

im Ohr, Elektrizität und<br />

CIs traktiert (vgl. Schreibweis 2009,<br />

25 ff.) und hierdurch paradoxerweise<br />

eigentlich gesunde Menschen in<br />

Patienten verwandelt. 3<br />

Und auch hörende Pädagogen<br />

haben in Vergangenheit und Gegenwart<br />

vielfach nur aus der eigenen Lebenswelt<br />

heraus, d. h. aus dem Blickwinkel<br />

des Sprechens und Hörens,<br />

taube Kinder betrachtet und unterrichtet.<br />

Die Erziehung folgte dabei<br />

meist dem Ansatz der sogenannten<br />

Oralen Methode, die sich insbesondere<br />

um Artikulations- und Ableseübungen<br />

bemüht(e). 4 Dementsprechend<br />

beschreibt Rieger Heinickes 5<br />

Sprach- und Pädagogikverständnis<br />

wie folgt: „Die tönende Denkart dagegen<br />

verzeichnet der Phonozentrist<br />

Heinicke als Klangidyll und damit<br />

die Annexion der Taubstummen als<br />

erste Pädagogenpflicht“ (1994, 164).<br />

Hörende Pädagogen, die der „Oralen<br />

Methode“ anhingen bzw. anhängen,<br />

versuch(t)en nicht, sich in die<br />

Fähigkeiten und Bedürfnisse Tauber<br />

hineinzuversetzen und ihrer Gebärdensprache<br />

und Taubenkultur achtsam<br />

zu begegnen, sondern press(t)en<br />

Erstere mit Gewalt in das eigene hörende<br />

Lebensmuster. In dieser Weise<br />

agierten seinerzeit auch Kolonialherren<br />

auf Kontinenten wie z. B. Afrika<br />

und brachten ihrer Meinung nach<br />

‚Kultur und Zivilisation in kulturlose<br />

Gemeinschaften‘. Welch ignorantes<br />

und arrogantes Meinungsbild seiner<br />

selbst und anderer kommt hier zutage!<br />

Was sie tatsächlich taten, ist, die<br />

eigene Kultur fremden Gemeinschaften,<br />

die über Jahrhunderte hinweg<br />

für sich funktioniert haben, überzustülpen.<br />

Auch ‚hörende Kolonialherren‘<br />

haben mit der „Oralen Methode“<br />

Jahrhunderte lang ‚Kultur und Zivilisation‘<br />

verbreitet, um ‚die ach so armen<br />

Tauben vor dem Untergang zu<br />

bewahren‘. Was weiße und hörende<br />

Kolonialherren mit dieser Methode<br />

bewirkt haben, sind m. E. der kulturelle<br />

Kahlschlag der beherrschten<br />

Gemeinschaften, die innere Schieflage,<br />

tief sitzende Wunden und ein<br />

großes Misstrauen gegenüber den<br />

ehemaligen ‚Herren über schwarze<br />

und taube Schützlinge‘ und letzten<br />

Endes auch bei einigen Weißen und<br />

DZ 88 11<br />

291<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)


deaf studies<br />

292 DZ 88 11<br />

Hörenden ein Scham- und Schuldgefühl,<br />

das mit der Erkenntnis einhergeht,<br />

falsch gehandelt zu haben.<br />

Es kommt mir geradezu paradox<br />

vor, dass man bei einem tauben Kind<br />

den Lern- und Kommunikationsfokus<br />

auf Bereiche gelegt hat und legt,<br />

die an das Hören gebunden sind. Ist<br />

es denn für Hörende so schwer zu verstehen<br />

und zu akzeptieren, dass Taube<br />

nicht hören und dass bei dieser Gruppe<br />

von Menschen jenseits des Hörens<br />

eine reiche Kultur und Sprache gewachsen<br />

sind, die eine Existenzberechtigung<br />

haben? Offensichtlich ja! Mit<br />

diesem Artikel möchte ich also nicht<br />

nur die Tauben erreichen, um mit ihnen<br />

Unterdrückungsmechanismen<br />

gegenüber ihrer eigenen Kulturgruppe<br />

zu diskutieren, sondern insbesondere<br />

auch Hörende, um ihnen diese<br />

ungerechten, leiderzeugenden Unterdrückungsmechanismen<br />

vor Augen<br />

zu führen und sie dazu zu ermuntern,<br />

das Andere auszuhalten, d. h. der<br />

Taubheit und der Gebärdensprache<br />

innerhalb der Dominanzgruppe der<br />

Hörenden eine Tür zu öffnen und ihr<br />

mit Neugier zu begegnen.<br />

Indem man als Hörender bisher<br />

den Fokus darauf gelegt hat, Taube<br />

um jeden Preis sprechend und auf<br />

der Basis grausamer Operationen<br />

gar hörend zu machen, um so auch<br />

die Reibungsfläche, die für Hörende<br />

von Tauben ausgeht, zu minimieren,<br />

übt man auf eine skandalöse Art<br />

und Weise Macht über Taube aus.<br />

Man zwingt sie, sich unnatürlich zu<br />

verbiegen und statt ihrer Gebärdensprache,<br />

zu der sie einen natürlichen<br />

und vollständigen Zugang haben, die<br />

akustische Lautsprache zu verwenden,<br />

die sie nicht hören.<br />

Die Geschichte des herrischen<br />

Umgangs hörender Mediziner und<br />

Pädagogen mit Tauben zeigt deutliche<br />

Parallelen zu den genannten kolonialen<br />

Machtverhältnissen auf. Die<br />

heute noch spürbaren Nachwehen<br />

dieser Unterdrückungsgeschichte,<br />

z. B. die Identitätsbrüche und -suche<br />

tauber Menschen, das Verhältnis zur<br />

eigenen Gebärdensprache usw., gehen<br />

auf derartige postkoloniale Mechanismen<br />

zurück.<br />

Ein besonderer Aspekt des<br />

(Post-)Kolonialismus:<br />

„Linguizismus“<br />

„Die Beherrschung der jeweiligen Sprache der ehemaligen<br />

Kolonialherren und Unterdrücker – Englisch, Französisch,<br />

Portugiesisch – ist für viele angesehene Berufe Voraussetzung<br />

– diese Sprachen sind die schulischen Unterrichtssprachen,<br />

sie sind die Sprachen, in der die akademische<br />

Forschung stattfindet, sie und nicht die eigenen<br />

Muttersprachen sind die Sprachen mit Prestige.“<br />

Innerhalb dieser postkolonialen Mechanismen<br />

möchte ich den Linguizismus<br />

– d. h. die Herabsetzung der eigenen<br />

(Minderheiten-)Sprache und<br />

die Diskriminierung der Sprachgruppe<br />

aufgrund dieser eigenen Sprache<br />

– besonders hervorheben, weil er im<br />

Kontext des Umgangs mit Gebärdensprache<br />

besonders wichtig ist.<br />

Der Linguizismus tritt in postkolonialen<br />

Gesellschaften häufig zu Tage.<br />

So kommentiert Ngugi Wa Thiong’o<br />

(2006), dass die heutige Situation<br />

in Afrika tief vom Linguizismus geprägt<br />

sei. In den afrikanischen Ländern<br />

genießen die ehemaligen Kolonialsprachen<br />

in der Regel ein weitaus<br />

höheres Ansehen als die afrikanischen<br />

Sprachen. Die Beherrschung<br />

der jeweiligen Sprache der ehemaligen<br />

Kolonialherren und Unterdrücker<br />

– Englisch, Französisch, Portugiesisch<br />

– ist für viele angesehene Berufe<br />

Voraussetzung – diese Sprachen<br />

sind die schulischen Unterrichtssprachen,<br />

sie sind die Sprachen, in der die<br />

akademische Forschung stattfindet,<br />

sie und nicht die eigenen Muttersprachen<br />

sind die Sprachen mit Prestige.<br />

So beschreibt Ngugi Wa Thiong’o,<br />

wie er mit seiner afrikanischen Muttersprache<br />

aufgewachsen ist und<br />

welchen Schock er dann beim Schuleintritt<br />

erlebte: „And then I went to<br />

school, a colonial school, and this harmony<br />

was broken. The language of<br />

my education was no longer the language<br />

of my culture“ (2006, 265).<br />

Interessant ist in diesem Kontext<br />

auch die Untersuchung Niedrigs<br />

(2003) über das Verhältnis afrikanischer<br />

jugendlicher Flüchtlinge<br />

in Deutschland zu ihren Sprachressourcen.<br />

Die meisten Jugendlichen<br />

sprechen zahlreiche Sprachen. Bei der<br />

Befragung der Jugendlichen wird die<br />

subtile Sprachhierarchisierung deutlich<br />

sichtbar. Die europäischen Spra­<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)


disability studies<br />

chen erfahren gegenüber den eigenen<br />

afrikanischen Muttersprachen<br />

eine deutliche Aufwertung. Sie hat<br />

man in der Lebenspraxis als prestigevoll<br />

erfahren. Der Wert der eigenen<br />

afrikanischen Muttersprachen hingegen<br />

wird von den Sprechern deutlich<br />

geringer eingeschätzt. So erzählt<br />

der 20-jährige Patrik aus Sierra Leone<br />

im Interview: „Ah, ich spreche [lacht]<br />

meine Sprache Zime und Krio und<br />

ja, ein bisschen Limba und ein bisschen<br />

Mende, nur ein bisschen, nicht<br />

ganz gut. Ja, und Englisch, meine Liebe!“<br />

(Niedrig 2003, 309). Auf die Frage,<br />

ob er Englisch besonders möge,<br />

antwortet Patrik: „Ja, ich liebe Englisch<br />

mehr als Zime. Weil wenn du<br />

in Sierra Leone in die Schule gehst<br />

oder in den Kindergarten, kannst du<br />

nur Englisch reden. Ja, wenn du zur<br />

Schule gehst, redest du nur Englisch.<br />

Kein Zime oder andere Sprachen, andere<br />

als Englisch“ (ebd.). Dass dieser<br />

Zustand ein negatives Gefühl gegenüber<br />

der eigenen Sprache hervorruft<br />

und tiefe Brüche in die eigene Identität<br />

reißt, liegt m. E. auf der Hand.<br />

Die Kolonialsprachen haben eigentlich<br />

nichts mit der eigenen, afrikanischen<br />

Identität zu tun, sondern stehen<br />

im Kontext der kolonialen Unterdrückungserfahrung.<br />

Diese wiederum<br />

ist zwangsläufig natürlich auch<br />

Teil der eigenen Identität geworden,<br />

ruft jedoch zahlreiche widersprüchliche<br />

und schmerzhafte Gefühle hervor.<br />

Das Verhältnis zur eigenen afrikanischen<br />

Sprache ist ebenfalls völlig<br />

schräg, wird sie doch, wie die Interviews<br />

mit den Jugendlichen zeigen,<br />

von vielen Sprechern nicht als<br />

prestigevoll und nützlich empfunden,<br />

sondern zur ‚Sprache für Zuhause‘<br />

degradiert.<br />

Liest man diese postkoloniale Erfahrung<br />

und dieses Gefühl zur eigenen<br />

Muttersprache der afrikanischen<br />

Jugendlichen im Kontext von Gebärdensprachen,<br />

werden auch hier wieder<br />

gewisse Parallelen sichtbar. So erfuhr<br />

die Lautsprache gegenüber der<br />

Gebärdensprache über zahlreiche<br />

Jahrhunderte hinweg eine allgemeine<br />

Aufwertung, sodass sowohl bei Hörenden<br />

als auch bei den Tauben selbst die<br />

Lautsprache als höherwertig und die<br />

Gebärdensprache nicht als Sprache<br />

wahrgenommen wurde. Viele Taube<br />

waren davon überzeugt, wie z. B. der<br />

taube Louie Fant (1980, 193) erklärt,<br />

dass ihre Gebärdensprache nur eine<br />

„ungrammatische Parodie“ der Lautsprache<br />

sei. Von diesem Irrtum haben<br />

sich auch die Gebärdensprachverwender<br />

selbst befreien müssen.<br />

Erst in jüngerer Zeit wird die Gebärdensprache<br />

als natürliche Sprache<br />

– zunehmend auch ganz offiziell<br />

– anerkannt. Diese Anerkennung<br />

führt zum einen dazu, dass sowohl<br />

Hörende als auch Taube ihre<br />

Vorurteile – Aufwertung der Lautsprache<br />

und Abwertung der Gebärdensprache<br />

– langsam abbauen, zum<br />

anderen geht sie mit einer Emanzipierung<br />

der Taubengemeinschaft 6<br />

einher. Taube haben durch die Jahrhunderte<br />

währende Degradierung<br />

ihrer eigenen Sprache die Achtung<br />

gegenüber dieser Sprache und somit<br />

gegenüber sich selbst verloren. Ein<br />

solcher Schritt führt bis zu einem gewissen<br />

Grad von Selbstverlust, der<br />

die Tauben auch nach der Anerkennung<br />

der Gebärdensprache tief prägt.<br />

6<br />

Am Rande sei erwähnt: Auch für die Hörendengemeinschaft impliziert dieser Schritt gewissermaßen<br />

eine Emanzipation von bisher gültigen und fehlgeleiteten Ressentiments<br />

gegenüber der Gebärdensprache und Taubenkultur.<br />

Für das Selbstwertgefühl und die eigene<br />

Identitätsfindung war die Anerkennung<br />

der Gebärdensprache in<br />

Deutschland ein großer Schritt.<br />

„White Privileges“ – „Hearing<br />

Privileges“?<br />

Der Diskurs rund um das Konzept<br />

„White Privileges“ begann in den USA<br />

in den 90er-Jahren. Die Strukturen<br />

der Unterdrückung, die dabei demaskiert<br />

und diskutiert werden, lassen<br />

sich an vielen Stellen auf das Verhältnis<br />

zwischen Hörenden und Tauben<br />

übertragen. Es soll in diesem Artikel<br />

deshalb von „Hearing Privileges“ gesprochen<br />

werden. Die Auseinandersetzung<br />

mit diesem Konzept und der<br />

Hörend-/Tauben-Gesellschaft gibt<br />

vielfach wichtige Hinweise und Antworten<br />

auf die einleitend provokativ<br />

gestellten Fragen und Hypothesen.<br />

Der Diskurs um die Auswirkungen<br />

von Leid und Unterprivilegierung<br />

von z. B. Schwarzen, Frauen und Homosexuellen<br />

wird bereits seit den<br />

60er-Jahren intensiv, kontrovers<br />

und immer wieder auch öffentlich<br />

geführt. So ist dazu in den vergangenen<br />

50 Jahren auch eine beachtliche<br />

Ansammlung an wissenschaftlicher<br />

Literatur verfasst worden und es haben<br />

sich zahlreiche universitäre und<br />

außeruniversitäre Forschungszentren<br />

und Studiengänge etabliert, die<br />

vielen unter den Namen „Black Studies“,<br />

„Queer Studies“ usw. vertraut<br />

sind. Man fragt sich, warum innerhalb<br />

dieses Diskurses die Unterdrückung<br />

der Tauben durch die hörende<br />

Mehrheitsgesellschaft in den vergangenen<br />

Jahrzehnten derart unterrepräsentiert<br />

war.<br />

Wie verhält es sich mit den Strukturen<br />

und Auswirkungen der „Hearing<br />

Privileges“ und wie verhält es sich<br />

DZ 88 11<br />

293<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)


deaf studies<br />

294 DZ 88 11<br />

im Kontext dessen mit den „Deaf Human<br />

Rights“ und „Deaf Experiences of<br />

Harm“? Mit Fragen und Perspektiven,<br />

die in Bezug auf die „Hearing Privileges“<br />

und Mechanismen des Postkolonialismus<br />

entstehen, setzt sich insbesondere<br />

das Wissenschaftsfeld der<br />

„Deaf Studies“ auseinander.<br />

Was ist ein Privileg?<br />

Schauen wir uns einleitend eine<br />

knappe, allgemeine Definition zu<br />

„Privileg“ an: „aus lat. Privilegium<br />

‚besondere Verordnung, Ausnahmegesetz;<br />

Vorrecht‘ zu privus ‚gesondert,<br />

einzeln‘ [...]: einem Einzelnen,<br />

einer Gruppe vorbehaltenes Recht,<br />

Vor-, Sonderrecht“ (Duden. Das große<br />

Fremdwörterbuch 2000, 1088). Schon<br />

diese allgemeine Definition macht<br />

zahlreiche Facetten sichtbar: Ein Privileg<br />

beinhaltet „Sonderrechte“, wodurch<br />

sich die Frage stellt, was damit<br />

für den Menschen einhergeht. Eine<br />

bestimmte Gruppe wird aufgrund bestimmter<br />

Kriterien gegenüber anderen<br />

bevorteilt. Ein solches Kriterium<br />

kann die Hautfarbe, das Geschlecht,<br />

die sexuelle Orientierung, der soziale<br />

Status, der körperliche Zustand, das<br />

Alter, das Sprechen einer bestimmten<br />

Sprache, die Zugehörigkeit zu einer<br />

bestimmten kulturellen Gruppe<br />

etc. sein. Die Vielfalt der hier beispielhaft<br />

aufgelisteten Kriterien gibt<br />

einen Hinweis darauf, wie komplex<br />

und vielschichtig diese Thematik ist.<br />

Die Vielfalt an Kriterien verweist<br />

gleichzeitig auch auf ein weiteres<br />

Problem: das der Zuordnung. Jeder<br />

Mensch kann hinsichtlich eines Kriteriums<br />

Privilegierter und hinsichtlich<br />

eines anderen Kriteriums Diskriminierter<br />

sein. Insofern muss jeder<br />

kritisch hinterfragen, an welcher<br />

Stelle er andere Menschen durch persönliche<br />

Vorrechte überrollt und an<br />

welcher Stelle er selbst überrollt wird.<br />

Privilegierung wirkt häufig subtil<br />

und unerkannt im Stillen. Daraus<br />

folgt, dass man diskriminierende<br />

Vorrechte ganz bewusst benennen<br />

muss, um die Ignoranz und Naivität<br />

insbesondere der sorglosen Dominanzgruppen<br />

aufzulösen. Auf diese<br />

Art und Weise wird die Privilegierung<br />

aus ihrem Versteck hervorgeholt<br />

und für alle sichtbar auf die Bühne<br />

der öffentlichen kritischen Diskussion<br />

gestellt.<br />

„Whiteness“-Diskurs<br />

Amesberger und Halbmayr betrachten<br />

in ihrer Studie Das Privileg der Unsichtbarkeit<br />

(2008) das Konzept „Rassismus“<br />

aus dem Blickwinkel der „Dominanzkultur“<br />

und des konkreten<br />

körperlichen Merkmals des ‚Weißseins‘.<br />

Ihre Definition von Rassismus<br />

lautet, dass einer Gesellschaftsgruppe<br />

eine hierarchische Gliederung der<br />

sozialen Welt zugrunde liege, die von<br />

Rassisierung, Ausgrenzungspraktiken<br />

und differenzierenden Machtpraktiken<br />

bestimmt sei (vgl. 2008,<br />

1). Rassismus ist demzufolge sowohl<br />

ein Gedankengut, eine Ideologie als<br />

auch ganz konkrete, diskriminierende<br />

soziale Praxis. Innerhalb des Forschungsgebiets<br />

„Critical Whiteness<br />

Studies“ müssen aus diesem Grund,<br />

so Amesberger und Halbmayr (2008,<br />

5), auch die Themen „Rassismus“ und<br />

„Fremdenfeindlichkeit“ intensiv untersucht<br />

werden.<br />

Um das Konzept „Whiteness“<br />

wurde in den USA seit geraumer Zeit<br />

eine heftige Diskussion entfacht. Innerhalb<br />

dieser Diskussion wurde offenbar,<br />

dass „Whiteness“ in unserer<br />

Gesellschaft nur allzu oft mit einem<br />

rassistischen Wirkungssystem der<br />

Privilegierung und Dominanz einhergeht.<br />

Wirkt sich der schlichte Fakt<br />

seiner Hautfarbe für den jeweiligen<br />

„Die Vielfalt an Kriterien verweist gleichzeitig auch auf ein<br />

weiteres Problem: das der Zuordnung. Jeder Mensch kann<br />

hinsichtlich eines Kriteriums Privilegierter und hinsichtlich<br />

eines anderen Kriteriums Diskriminierter sein.“<br />

Menschen in Bezug auf gesellschaftliche<br />

Teilhabe und Menschenbild positiv<br />

bzw. negativ aus, ist das völlig inakzeptabel<br />

und es muss diesbezüglich<br />

in aller Deutlichkeit von „Rassismus“<br />

gesprochen werden.<br />

Amesberger und Halbmayr (2008,<br />

82 f.) fassen in ihrer Untersuchung<br />

unterschiedliche Charakteristika von<br />

Privilegierung zusammen. Beispiele<br />

für Ausgrenzungsformen sind die<br />

allgemeine negative Stereotypisierung<br />

von Nicht-Weißen, die Segregation<br />

von Schwarzen (so sind sie z. B.<br />

in Schulbüchern, im Film, in der Literatur<br />

gegenüber Weißen unterrepräsentiert)<br />

und die konkrete Diskriminierung<br />

von Schwarzen (z. B. bei<br />

Dienstleistungen). Die „Whiteness“-<br />

Privilegierung bewirke eine räumli­<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)


disability studies<br />

che, horizontale und vertikale Segregation<br />

(ebd., 82 f.).<br />

l Mit „räumlicher Segregation“ ist<br />

die Ghettoisierung gemeint, die dadurch<br />

entsteht, dass eine große Anzahl<br />

Schwarzer räumlich isoliert in<br />

ärmeren Vierteln wohnt. Eine Gettoisierung<br />

entstehe, wenn sich innerhalb<br />

der Bevölkerung eine dahingehende<br />

Erwartungshaltung<br />

etabliert hat, dass Schwarze typischerweise<br />

in einem bestimmten<br />

Viertel wohnen und dass Weiße<br />

typischerweise sich von diesen<br />

Vierteln fernhalten und dort nicht<br />

wohnen.<br />

l Der Begriff „horizontale Segregation“<br />

bezieht sich auf die Aufgliederung<br />

der Arbeitswelt in Berufszweige,<br />

die typischerweise eher<br />

von Schwarzen bzw. von Weißen<br />

abgedeckt werden. Zu hoch angesehenen<br />

Berufsfeldern haben<br />

Schwarze oftmals schlechtere Zugangschancen,<br />

sodass sie zahlenmäßig<br />

unterrepräsentiert sind.<br />

l Das Konzept „vertikale Segregation“<br />

bezieht sich auf die Hierarchiestrukturen<br />

innerhalb eines<br />

Berufszweigs. In der Regel wirken<br />

auch hier „Whiteness“-Mechanismen.<br />

So haben Schwarze schlechtere<br />

Chancen auf höhere Positionen<br />

als Weiße.<br />

Es stellt sich die Frage, wie solch subtile<br />

Machtstrukturen aufgebrochen<br />

werden können. Die Lösung dieses<br />

Problems ist m. E. ausgesprochen<br />

schwer, denn wie kann ich bei einem<br />

bestimmten Verhalten mit Sicherheit<br />

wissen, ob es sich um Privilegierung<br />

bzw. Diskriminierung handelt?<br />

Wie kann ich, um es an einem konkreten<br />

Beispiel zu verdeutlichen, als<br />

Weißer z. B. bei einem Jobangebot wissen,<br />

ob mir dieser Job auch angeboten<br />

worden wäre, wenn ich schwarz<br />

wäre? Und wie kann ich als Schwarzer,<br />

wenn ich z. B. einen Job nicht erhalte,<br />

wissen, ob ich diesen Job bekommen<br />

hätte, wenn ich weiß wäre?<br />

Das heißt im Umkehrschluss, dass es –<br />

auch wenn ich als Individuum der privilegierten<br />

Gruppe – d. h. als Weißer –<br />

diesen Machtmechanismen kritisch<br />

gegenüberstehe – es nicht einfach<br />

sein wird, mich diesen gesellschaftlich<br />

etablierten Diskriminierungspraktiken<br />

zu widersetzen.<br />

Fassen wir zusammen: „Whiteness“<br />

bezieht sich also auf die positive<br />

Konnotation, die mit dem Kriterium<br />

der weißen Hautfarbe gesellschaftlich<br />

einhergeht. Und „Whiteness“<br />

bedeutet für Nicht-Weiße Diskriminierung.<br />

Als Beispiel seien die<br />

USA angeführt – dort finden sich folgende<br />

benachteiligte Hauptgruppen:<br />

die indigenen Völker (Indianerstämme),<br />

die Schwarzen (ehemals verschleppte<br />

Sklaven) und die Latinos<br />

(südamerikanische Einwanderer).<br />

Diese Befunde sollen im nächsten<br />

Abschnitt auf das Verhältnis zwischen<br />

Hörenden und Tauben übertragen<br />

werden – analog zu „Whiteness“<br />

ließe sich hier von „Hearingness“<br />

sprechen.<br />

„Hearingness“: Privilegien Hörender<br />

Sucht man nach Aspekten von „Hearingness“<br />

in unserer Gesellschaft,<br />

werden zahlreiche Mechanismen der<br />

Diskriminierung von Tauben durch<br />

Hörende, so z. B. ein schiefes Menschenbild<br />

Hörender in Bezug auf Taube<br />

oder Brüche in der Identität tauber<br />

Menschen, sichtbar.<br />

Einleitend soll das Konzept „Hearing<br />

Privileges“ an einem konkreten<br />

Beispiel verdeutlicht werden: Wenn<br />

gebärdensprachkompetente, hörende<br />

Menschen in Anwesenheit von Tauben<br />

sprechen, statt zu gebärden, empfinde<br />

ich dies als äußerst unsensible<br />

Grobheit, denn diese Hörenden können<br />

sowohl sprechen als auch gebärden.<br />

Die anwesenden Tauben sind jedoch<br />

darauf angewiesen, dass die Hörenden<br />

gebärden, um am Gespräch<br />

teilhaben zu können. Insofern erklärt<br />

es sich von selbst, dass die Hörenden<br />

sich den Tauben öffnen und den Minimalschritt<br />

des Mehraufwands betreiben,<br />

d. h. ihren Sprachkode wechseln,<br />

um Ausgrenzung zu vermeiden und<br />

den Tauben die Möglichkeit zu geben,<br />

sich am Gespräch zu beteiligen.<br />

Die Diskriminierung von Tauben<br />

hat dabei einen zweifachen Charakter:<br />

Zum einen handelt es sich um<br />

Audismus, zum anderen um den bereits<br />

diskutierten Linguizismus. Des<br />

Weiteren erfolgen die Diskriminierungen<br />

auf zwei Ebenen: Erstens<br />

auf der Ebene der ‚Hörendennorm‘,<br />

mit der einhergeht, dass derjenige,<br />

der nicht hört, dieser zweifelhaften<br />

‚Norm‘ nicht entspricht und zweitens<br />

auf der Ebene der ‚dominanten Lautsprache‘,<br />

mit der einhergeht, dass die<br />

jeweilige Landesgebärdensprache herabgesetzt<br />

wird. Würden die Mitglieder<br />

einer (Mehrheits-)Gesellschaft<br />

kritisch mit ihrem Selbstverständnis<br />

von „Mehrheit“ und „Norm“ sowie<br />

der Begleiterscheinung der „Dominanz<br />

einer Sprache“ umgehen, dürften<br />

m. E. die negativen Auswirkungen<br />

von „Norm“ und „Dominanzsprache“<br />

nicht derart stark ausgeprägt<br />

sein, wie sie mir in der momentanen<br />

gesellschaftlichen Praxis erscheinen.<br />

„Hearingness“-Diskurs<br />

Nach langen Jahren des Kampfes<br />

wurde die Gebärdensprache in<br />

Deutschland endlich als Sprache<br />

DZ 88 11<br />

295<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)


deaf studies<br />

296 DZ 88 11<br />

anerkannt (Behindertengleichstellungsgesetz<br />

2002). Die Mühlen in<br />

den Köpfen der Menschen mahlen<br />

jedoch in einem langsamen Tempo<br />

und so haben wir gegenwärtig die Situation,<br />

dass die Gebärdensprache de<br />

jure zwar anerkannt ist, nicht aber de<br />

facto! Die Taubengemeinschaft fühlt<br />

sich und ihre Gebärdensprache noch<br />

immer nicht voll akzeptiert und respektiert,<br />

fühlt sich also bis zu einem<br />

gewissen Grade noch kolonisiert. In<br />

diesem Kontext argumentiert Tuccoli<br />

(2008), dass Hörende die Gebärdensprache<br />

barrierefrei erlernen könnten,<br />

Taube sich die Lautsprache jedoch<br />

aufgrund des fehlenden Hörvermögens<br />

hart antrainieren müssten<br />

und nie einen barrierefreien Zugang<br />

hätten. Allein die körperlichen Charakteristika<br />

von Hörenden und Tauben<br />

machen deutlich, dass vielleicht<br />

eher die Hörenden auf Taube zugehen<br />

sollten, dass vielleicht – provokativ<br />

formuliert – Hörende sich in die<br />

Taubengemeinschaft integrieren sollten,<br />

anstatt von Tauben zu erwarten,<br />

dass diese sich für Hörende verbiegen.<br />

Zur Verdeutlichung des Gemeinten<br />

möchte ich an dieser Stelle von<br />

einer persönlichen Erfahrung berichten,<br />

die ich als taube ausländische<br />

Studentin an der Gallaudet University<br />

in Washington D. C. 2007 gemacht<br />

habe. Um an Seminaren teilnehmen<br />

zu können, musste ich als Gaststudentin<br />

vor Semesterbeginn mit jedem<br />

Professor sprechen. Als erstes<br />

traf ich mich mit Dr. H-Dirksen L.<br />

Bauman, Professor für Deaf Studies.<br />

Wir unterhielten uns ganz selbstverständlich<br />

in Gebärdensprache und<br />

ich hielt ihn für taub. Ich musste unser<br />

Gespräch kurz unterbrechen und<br />

war sehr erstaunt, als ich ihn nach<br />

meiner Rückkehr telefonieren sah.<br />

Aus Höflichkeit wollte ich den Raum<br />

„Die Mühlen in den Köpfen der Menschen mahlen jedoch<br />

in einem langsamen Tempo und so haben wir gegenwärtig<br />

die Situation, dass die Gebärdensprache de jure<br />

zwar anerkannt ist, nicht aber de facto!“<br />

verlassen. Stattdessen forderte mich<br />

Bauman jedoch auf zu bleiben und<br />

erklärte der Person am anderen Ende<br />

der Leitung unter gleichzeitigem Gebärden,<br />

dass er gerade Sprechstunde<br />

mit einer Studentin habe und später<br />

zurückrufen würde. Nachdem er aufgelegt<br />

hatte, meinte er zu mir, dass<br />

ich doch bei einem Telefonat nicht<br />

rausgehen müsse. Hörende könnten<br />

das Gespräch doch auch mit anhören.<br />

Und dann erklärte er weiter, an<br />

der Gallaudet University sei es ganz<br />

normal, dass man parallel zum Sprechen<br />

am Telefon auch gebärde, damit<br />

Taube barrierefrei alle Informationen<br />

mitbekommen oder sich am<br />

Telefongespräch beteiligen könnten,<br />

wenn sie etwas beizutragen hätten.<br />

Es war für mich ausgesprochen<br />

erhellend zu sehen, dass taube und<br />

hörende Professoren an dieser Universität<br />

für Taube alle gebärdensprachkompetent<br />

sind und miteinander<br />

gebärden. Das zeigt mir, dass<br />

beide Gruppen, Taube und Hörende,<br />

sich von den fehlgeleiteten Ressentiments<br />

gegenüber der Gebärdensprache<br />

emanzipiert haben und die Hörenden<br />

die Kultur der Tauben nicht<br />

ignorieren, sondern an ihr teilhaben<br />

möchten. Auf diese Weise wurden<br />

die Privilegien der Hörenden aufgelöst<br />

– Audismus und Linguizismus<br />

haben keine Basis mehr. Auch scheinen<br />

sich Taube und Hörende bewusst<br />

zu sein, welch hohen Stellenwert die<br />

Gebärdensprache insbesondere für<br />

Taube hat, aber auch für Hörende haben<br />

kann.<br />

Auch in Deutschland gibt es immer<br />

mehr ‚kleine Inseln‘ (insbesondere<br />

im Hochschulbereich), die der Gesellschaft<br />

ein solches konstruktives<br />

Miteinander vorleben. So unterrichten<br />

am Institut für Deutsche Gebärdensprache<br />

(IDGS, Universität Hamburg)<br />

zahlreiche taube Dozenten und<br />

ein tauber Professor, sodass viele Veranstaltungen<br />

in Gebärdensprache<br />

stattfinden. Es wäre wünschenswert,<br />

wenn auch hörende Professoren und<br />

Dozenten wie an der Gallaudet University<br />

sich dem Unterricht in Gebärdensprache<br />

öffneten. Auch die Hochschule<br />

Magdeburg schreibt sich eine<br />

‚antiaudistische Lehre‘ auf die Fahnen<br />

und bezeichnet sich als „Hochschule<br />

ohne Audismus – Hochschule mit Gebärdensprache!“<br />

7 . Vielleicht wecken<br />

diese ‚Inseln‘ auch ein allgemeingesellschaftliches<br />

Interesse an der Gebärdensprache,<br />

sodass man sie als<br />

Hörender z. B. auch bald wie andere<br />

Fremdsprachen bereits in der Schule<br />

lernen kann.<br />

7 Vgl. http://www.sgw.hs-magdeburg.de/gsd/intern/wp/?page_id=1167 (29. 04. 10).<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)


disability studies<br />

Im gegenwärtigen nach wie vor<br />

vorhandenen ‚Kolonialsystem‘ der<br />

hörenden Dominanzgesellschaft<br />

kommen leider noch viele der von<br />

Amesberger und Halbmayr (2008)<br />

dargelegten Privilegierungsmechanismen<br />

zur Wirkung. Tuccoli setzt<br />

sich in ihrer Masterarbeit (2008) mit<br />

Formen der „Hearing Privileges“ auseinander<br />

und beschreibt in diesem<br />

Kontext ihre Privilegierung gegenüber<br />

der Taubengemeinschaft:<br />

I am privileged to:<br />

1. Overhear conversations at various<br />

places around campus<br />

Hearing all these side conversations<br />

keeps me informed on what<br />

is happening around campus.<br />

2. Hear spoken „private“ conversations<br />

Many hearing people feel that<br />

speaking without signing makes<br />

it a private conversation. However,<br />

I can hear them so how can it<br />

be private?<br />

3. Speak in my first language to<br />

an English-speaking non-signer<br />

who is visiting from off campus<br />

This gives me the privilege to<br />

connect with this person on a<br />

personal level without the dependency<br />

of paper/pencil or an<br />

interpreter.<br />

4. Join/participate fully in spoken<br />

conversations with other hearing<br />

and hard of hearing people<br />

5. Communicate fully with hearing<br />

staff members all over campus<br />

in my first language<br />

There are many hearing staff<br />

members on the campus with limited<br />

signing skills which allows me<br />

to communicate with them easily.<br />

There is no miscommunication<br />

or struggling to understand each<br />

other in another language.<br />

6. Having my problems be solved<br />

on campus within minutes<br />

I often walk into places such as<br />

the financial aid office where<br />

those in senior positions are<br />

hearing. I’m able to explain my<br />

problem and have it resolved<br />

within a few minutes without<br />

miscommunication. I’ve witnessed<br />

other deaf students who<br />

are not able to do this due to<br />

communication breakdowns between<br />

ASL and English.<br />

7. Follow conversations fully<br />

through the use of Simultaneous<br />

Communication<br />

Simultaneous communication<br />

has been proven to benefit hearing<br />

people since the spoken language<br />

tends to take over sign language.<br />

Many instructors on campus<br />

tend to use simultaneous<br />

communication in their classrooms.<br />

I’m able to hear everything<br />

without having to watch<br />

the person’s signs or lipread.<br />

8. Know the difference when someone<br />

is voicing or not while using<br />

Simultaneous Communication<br />

There are deaf people who are<br />

opposed to signing with voice.<br />

I am sometimes asked by other<br />

deaf people if the person who<br />

they are communicating with is<br />

using voice or not.<br />

9. Little communication problems<br />

with take-out delivery people<br />

Many students on campus including<br />

myself order take out<br />

from pizza to Chinese food. I<br />

have often witnessed problems<br />

with them bringing the wrong<br />

food order, misunderstanding<br />

the price, or just the person trying<br />

to tell them simply their food<br />

is here. All these delivery people<br />

are hearing therefore, I can communicate<br />

with them easily to resolve<br />

any problem they may occur.<br />

Every so often, I will have a<br />

deaf student ask me to interpret<br />

for them because the delivery<br />

people become too frustrated to<br />

try and resolve whatever issues<br />

that may have occurred.<br />

I also have a cell phone that allows<br />

hearing delivery people to<br />

call me anytime when my food<br />

is ready. Deaf students can’t give<br />

them the VP number located in<br />

the lobby since the delivery person<br />

wouldn’t be able to call it<br />

from their cell phone. Sometimes,<br />

the delivery person will arrive<br />

early, wait, and then leave because<br />

they can’t contact the deaf<br />

person to let them know their<br />

food is ready. Or sometimes, the<br />

delivery people go to the wrong<br />

dorm building and are unable to<br />

contact the deaf person.<br />

Last semester October 2007, some<br />

Deaf students used VP (video<br />

phone) to place an order for Chinese<br />

food. The people at the Chinese<br />

place told them they didn’t<br />

want to work with Deaf people<br />

any more and would not deliver<br />

to them. They hung up on the<br />

Deaf students. I’ve never had to<br />

worry about being discriminated<br />

against when ordering take-out.<br />

10. Call another hearing person for<br />

information without worrying<br />

if they will hang up on me<br />

This goes with number 9. I never<br />

have to worry about anyone becoming<br />

frustrated with me to the<br />

point where they will hang up.<br />

11. Overhearing other people’s<br />

phone conversations<br />

This gives me the privilege of<br />

staying in tuned with my surroundings.<br />

DZ 88 11<br />

297<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)


deaf studies<br />

298 DZ 88 11<br />

12. Distinguish the difference between<br />

a casual phone call and<br />

an „emergency“ phone call<br />

Many hearing students try to<br />

justify their reasons for being<br />

on the phone in a public place<br />

where there are many Deaf students.<br />

They often claim their call<br />

is an „emergency“. However, I<br />

know different.<br />

13. Write essays/papers easily in<br />

my first language<br />

English is often a deaf person’s<br />

second language. Many Deaf<br />

students struggle with having to<br />

write papers in English. English<br />

being my first, I don’t have this<br />

same kind of problem.<br />

14. Getting information straight in<br />

my first language from another<br />

hearing person without the use<br />

of an interpreter (guest speakers)<br />

15. Not needing to wait for an interpreter<br />

to arrive in order to communicate<br />

with a hearing nonsigning<br />

professor or staff member<br />

16. Hearing a lecture given by a<br />

hearing non-signing person<br />

while reading, at the same time,<br />

other handouts without looking<br />

at an interpreter<br />

17. Hearing group discussions and<br />

lectures from people visiting the<br />

campus without relying on an<br />

interpreter<br />

18. Knowing when lectures begin<br />

without the use of flashing<br />

lights to get my attention. This<br />

is in the case of a hearing speaker<br />

(Tuccoli 2008, 85 ff.).<br />

Ausblick<br />

„Ich würde gerne nicht länger das Gefühl haben müssen,<br />

dass die Gebärdensprache von Hörenden nur als – ich<br />

nenne es mal provokativ – exotisch und irgendwie spannend<br />

vereinnahmt wird, sondern dass die Hörenden versuchen,<br />

den Tauben wirklich zu begegnen.“<br />

Bei der Auseinandersetzung mit dem<br />

Thema dieses Artikels haben sich mir<br />

zahlreiche Fragen gestellt: Wird die<br />

Gebärdensprache aufgrund unbewusster<br />

Privilegien Hörender weiterhin<br />

unterjocht? Welchen Stellenwert<br />

hat die Gebärdensprache? Wie<br />

kann man diese „Wertediskussion“<br />

um Sprachen entschärfen?<br />

Die aufgezeigten Aspekte der<br />

‚postkolonialen Situation‘ Tauber und<br />

der „Hearing Privileges“ führen zu einer<br />

schwerwiegenden Benachteiligung<br />

Tauber. Audismus und Linguizismus<br />

werden zu Herrschaftsmechanismen<br />

gegenüber Tauben. Hörende<br />

müssen sich darüber klar werden,<br />

dass Taube eine Sprach- und Kulturgemeinschaft<br />

bilden, die es zu achten<br />

gilt. Taube wiederum müssen eine<br />

echte Begegnung mit sich selbst wagen,<br />

der eigenen Identität nachspüren,<br />

sich aus alten Fesseln befreien<br />

und von Abhängigkeiten gegenüber<br />

Hörenden emanzipieren. Seitens der<br />

Hörenden würde ich mir ein echtes<br />

Interesse an den Tauben wünschen.<br />

Ich würde gerne nicht länger das Gefühl<br />

haben müssen, dass die Gebärdensprache<br />

von Hörenden nur als –<br />

ich nenne es mal provokativ – exotisch<br />

und irgendwie spannend vereinnahmt<br />

wird, sondern dass die Hörenden<br />

versuchen, den Tauben wirklich<br />

zu begegnen. Eine solche Begegnung<br />

geht viel weiter! Ein solcher<br />

Schritt bedeutet für einen Hörenden,<br />

den Tauben echtes Interesse entgegenzubringen,<br />

bei sich selbst Unsicherheit<br />

zuzulassen, der Kultur der<br />

Tauben jenseits der Hörendenkultur<br />

begegnen zu wollen und unsicheres<br />

Neuland zu betreten.<br />

‚Weiß-Sein‘ wirkt sich, wie Amesberger<br />

und Halbmayr (2008) verdeutlichen,<br />

innerhalb der Gesellschaft als<br />

ungerechte Diskriminierung aus –<br />

das Gleiche gilt für das Hörend-Sein,<br />

wie Tuccoli (2008) ausführt. Das heißt,<br />

Weiße und Hörende werden aus der<br />

Gesamtgemeinschaft ‚ausgegrenzt‘<br />

und erhalten, wie dargelegt, gegenüber<br />

Farbigen und Tauben Vorteile,<br />

z. B. im Bereich der Bildung, des Informationszugangs,<br />

der gesellschaftlichen<br />

Teilhabe, der Karrieremöglichkeiten<br />

usw. In den Black Studies und den<br />

Gender Studies wird das Konzept „Privileg<br />

der Unsichtbarkeit“ fächerübergreifend<br />

im Kontext verschiedenster<br />

Lebenssituationen diskutiert. Gegenwärtig<br />

wird im Rahmen der Deaf<br />

Studies endlich auch die Übertragung<br />

dieses Konzeptes auf die Situation der<br />

Taubengemeinschaft gewagt.<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten,<br />

dass Linguizismus und Audismus<br />

und auch „Hearing Privileges“<br />

(post-)koloniale Mechanismen sind.<br />

Ladd weist darauf hin, dass die Erfüllung<br />

der Menschenrechte für die Taubengemeinschaft<br />

auf solch einer Ba­<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)


disability studies<br />

sis nicht möglich sei (vgl. Ladd 2003,<br />

170). Das „Nicht-Hören“ und „Nicht-<br />

Sprechen“ wird seit Langem lediglich<br />

aus der Perspektive der Hörenden<br />

und insofern als Makel und Störfaktor<br />

wahrgenommen. Das mag<br />

vielleicht daran liegen, dass man als<br />

Hörender nicht versucht hat, sich in<br />

die Situation der Tauben einzufühlen<br />

und aus dieser Empathie heraus<br />

die Identität und Notwendigkeit dieser<br />

Kulturgemeinschaft nachzuvollziehen.<br />

Dass man Taubheit und die<br />

Verwendung der Gebärdensprache<br />

schlicht als ‚anders-als-hörend-sein‘<br />

und als ‚anders-als-die-Lautsprache‘<br />

wahrnimmt und die Gebärdensprachverwender<br />

als weitere Sprachgruppe<br />

akzeptiert und respektiert, geht mit<br />

diesem Versuch des Nachvollziehens<br />

der Fremdperspektive einher.<br />

Da der Aspekt der Sprache und des<br />

Sprach(un)vermögens im Kontext des<br />

Menschenbilds in Bezug auf Taube<br />

eine enorm wichtige Rolle spielt, soll<br />

an dieser Stelle abschließend auf eines<br />

deutlich hingewiesen werden:<br />

Hörend zu sein geht generell mit der<br />

Verwendung der Lautsprache 8 einher.<br />

Hörende verwenden in der Kommunikation<br />

ihren Hörsinn zur Sprachrezeption<br />

und ihre Artikulationsorgane<br />

zur Sprachproduktion. Als gleichwertiges<br />

Pendant verwenden Taube<br />

die Gebärdensprache! Sie wird visuell<br />

über die Augen wahrgenommen<br />

und mit dem ganzen Körper, insbesondere<br />

den Händen, produziert.<br />

Literatur<br />

Amesberger, Helga & Brigitte Halbmayr<br />

(2008): Das Privileg der Unsichtbarkeit.<br />

Wien: Braumüller.<br />

Bentele, Katrin (2000): „Das Cochlea-<br />

Implantat: Versuch einer ethischen<br />

Bewertung (Teil II)“. In: Das Zeichen<br />

53, 406–417.<br />

Duden. Das große Fremdwörterbuch<br />

(2000). Mannheim und Leipzig: Dudenverlag.<br />

Fant, Louie (1980): „Drama and Poetry<br />

in Sign Language: A Personal<br />

Reminiscence“. In: Charlotte Baker<br />

& Robin Baker (Hg.): Sign Language<br />

and the Deaf Community: Essays in<br />

Honor of William C. Stokoe. Silver<br />

Spring: National Association of the<br />

Deaf, 193–200.<br />

Ladd, Paddy (2003): Understanding<br />

Deaf Culture – In Search of Deafhood.<br />

Clevedon: Multilingual Matters.<br />

Ngugi Wa Thiong’o (2006): „The Language<br />

of African Literature“. In: Bill<br />

Ashcroft; Gareth Griffiths & Helen<br />

Tiffin (Hg.): The Post-Colonial Studies<br />

Reader. Cornwall: Routledge,<br />

261–267.<br />

Niedrig, Heike (2003): „Bildungsinstitutionen<br />

im Spiegel der sprachlichen<br />

Ressourcen von afrikanischen<br />

Flüchtlingsjugendlichen“. In: Ursula<br />

Neumann; Heike Niedrig; Joachim<br />

Schroeder & Louis Henri<br />

Seuk wa (Hg.): Lernen am Rande der<br />

Gesellschaft. Bildungsinstitutionen<br />

im Spiegel von Flüchtlingsbiografien.<br />

Münster: Waxmann, 303–346.<br />

Osterhammel, Jürgen (1995): Kolonialismus:<br />

Geschichte, Formen, Folgen.<br />

München: Beck.<br />

Rieger, Stefan (1994): „Unter Sprechzwang.<br />

Verstehen zwischen Otologie<br />

und Ontologie“. In: Michael<br />

Wetzel & Herta Wolf (Hg.): Der<br />

Entzug der Bilder: visuelle Realität.<br />

München: Fink, 161–182.<br />

Schreibweis, Anna (2009): NICHT ver-<br />

STEHen sondern SEHen. Skizzen einer<br />

freien Gebärdenpoesie. Universität<br />

Hamburg [Magisterarbeit, unveröff.].<br />

Tuccoli, Tiffany (2008): Hearing privileges<br />

at Gallaudet? Gallaudet University<br />

[Masterarbeit, unveröff.].<br />

Vogel, Helmut (2010): „Taubsein:<br />

vom Aufbruch einer Bewegung“.<br />

In: MENSCHEN 2, 52–55.<br />

i<br />

<strong>Asha</strong> <strong>Rajashekhar</strong> hat an der<br />

Universität Hamburg Erziehungswissenschaft,<br />

Gehörlosen-<br />

und Geistigbehindertenpädagogik<br />

sowie Geografie für<br />

das Lehramt an Sonderschulen<br />

studiert und dieses Studium<br />

mit dem Ersten Staatsexamen<br />

abgeschlossen. Sie absolviert<br />

zurzeit ihr Referendariat an der<br />

Abteilung II des Bildungszentrums<br />

Hören und Kommunikation<br />

Hamburg.<br />

DZ 88 11<br />

299<br />

8 Als Ausnahme gelten hier CODAS (Children of Deaf Adults): Sie wachsen als Hörende in<br />

der Regel mit der Gebärdensprache als erster Muttersprache auf.<br />

E-Mail: asha.rajashekhar@<br />

googlemail.com<br />

Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!