Asha Rajashekhar
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disability studies<br />
sis nicht möglich sei (vgl. Ladd 2003,<br />
170). Das „Nicht-Hören“ und „Nicht-<br />
Sprechen“ wird seit Langem lediglich<br />
aus der Perspektive der Hörenden<br />
und insofern als Makel und Störfaktor<br />
wahrgenommen. Das mag<br />
vielleicht daran liegen, dass man als<br />
Hörender nicht versucht hat, sich in<br />
die Situation der Tauben einzufühlen<br />
und aus dieser Empathie heraus<br />
die Identität und Notwendigkeit dieser<br />
Kulturgemeinschaft nachzuvollziehen.<br />
Dass man Taubheit und die<br />
Verwendung der Gebärdensprache<br />
schlicht als ‚anders-als-hörend-sein‘<br />
und als ‚anders-als-die-Lautsprache‘<br />
wahrnimmt und die Gebärdensprachverwender<br />
als weitere Sprachgruppe<br />
akzeptiert und respektiert, geht mit<br />
diesem Versuch des Nachvollziehens<br />
der Fremdperspektive einher.<br />
Da der Aspekt der Sprache und des<br />
Sprach(un)vermögens im Kontext des<br />
Menschenbilds in Bezug auf Taube<br />
eine enorm wichtige Rolle spielt, soll<br />
an dieser Stelle abschließend auf eines<br />
deutlich hingewiesen werden:<br />
Hörend zu sein geht generell mit der<br />
Verwendung der Lautsprache 8 einher.<br />
Hörende verwenden in der Kommunikation<br />
ihren Hörsinn zur Sprachrezeption<br />
und ihre Artikulationsorgane<br />
zur Sprachproduktion. Als gleichwertiges<br />
Pendant verwenden Taube<br />
die Gebärdensprache! Sie wird visuell<br />
über die Augen wahrgenommen<br />
und mit dem ganzen Körper, insbesondere<br />
den Händen, produziert.<br />
Literatur<br />
Amesberger, Helga & Brigitte Halbmayr<br />
(2008): Das Privileg der Unsichtbarkeit.<br />
Wien: Braumüller.<br />
Bentele, Katrin (2000): „Das Cochlea-<br />
Implantat: Versuch einer ethischen<br />
Bewertung (Teil II)“. In: Das Zeichen<br />
53, 406–417.<br />
Duden. Das große Fremdwörterbuch<br />
(2000). Mannheim und Leipzig: Dudenverlag.<br />
Fant, Louie (1980): „Drama and Poetry<br />
in Sign Language: A Personal<br />
Reminiscence“. In: Charlotte Baker<br />
& Robin Baker (Hg.): Sign Language<br />
and the Deaf Community: Essays in<br />
Honor of William C. Stokoe. Silver<br />
Spring: National Association of the<br />
Deaf, 193–200.<br />
Ladd, Paddy (2003): Understanding<br />
Deaf Culture – In Search of Deafhood.<br />
Clevedon: Multilingual Matters.<br />
Ngugi Wa Thiong’o (2006): „The Language<br />
of African Literature“. In: Bill<br />
Ashcroft; Gareth Griffiths & Helen<br />
Tiffin (Hg.): The Post-Colonial Studies<br />
Reader. Cornwall: Routledge,<br />
261–267.<br />
Niedrig, Heike (2003): „Bildungsinstitutionen<br />
im Spiegel der sprachlichen<br />
Ressourcen von afrikanischen<br />
Flüchtlingsjugendlichen“. In: Ursula<br />
Neumann; Heike Niedrig; Joachim<br />
Schroeder & Louis Henri<br />
Seuk wa (Hg.): Lernen am Rande der<br />
Gesellschaft. Bildungsinstitutionen<br />
im Spiegel von Flüchtlingsbiografien.<br />
Münster: Waxmann, 303–346.<br />
Osterhammel, Jürgen (1995): Kolonialismus:<br />
Geschichte, Formen, Folgen.<br />
München: Beck.<br />
Rieger, Stefan (1994): „Unter Sprechzwang.<br />
Verstehen zwischen Otologie<br />
und Ontologie“. In: Michael<br />
Wetzel & Herta Wolf (Hg.): Der<br />
Entzug der Bilder: visuelle Realität.<br />
München: Fink, 161–182.<br />
Schreibweis, Anna (2009): NICHT ver-<br />
STEHen sondern SEHen. Skizzen einer<br />
freien Gebärdenpoesie. Universität<br />
Hamburg [Magisterarbeit, unveröff.].<br />
Tuccoli, Tiffany (2008): Hearing privileges<br />
at Gallaudet? Gallaudet University<br />
[Masterarbeit, unveröff.].<br />
Vogel, Helmut (2010): „Taubsein:<br />
vom Aufbruch einer Bewegung“.<br />
In: MENSCHEN 2, 52–55.<br />
i<br />
<strong>Asha</strong> <strong>Rajashekhar</strong> hat an der<br />
Universität Hamburg Erziehungswissenschaft,<br />
Gehörlosen-<br />
und Geistigbehindertenpädagogik<br />
sowie Geografie für<br />
das Lehramt an Sonderschulen<br />
studiert und dieses Studium<br />
mit dem Ersten Staatsexamen<br />
abgeschlossen. Sie absolviert<br />
zurzeit ihr Referendariat an der<br />
Abteilung II des Bildungszentrums<br />
Hören und Kommunikation<br />
Hamburg.<br />
DZ 88 11<br />
299<br />
8 Als Ausnahme gelten hier CODAS (Children of Deaf Adults): Sie wachsen als Hörende in<br />
der Regel mit der Gebärdensprache als erster Muttersprache auf.<br />
E-Mail: asha.rajashekhar@<br />
googlemail.com<br />
Beitrag aus: DAS ZEICHEN 88/2011 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)