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rik Juni 2017

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8 KÖLN / DÜSSELDORF<br />

SEXARBEIT<br />

Studienergebnisse zur Situation männlicher<br />

ESCORTS<br />

Der Anteil von männlichen Sexarbeitern<br />

ist deutlich gestiegen.<br />

Darüber hinaus sind männliche<br />

Escorts an schwulen Szeneorten oder<br />

an öffentlichen Plätzen immer weniger<br />

anzutreffen, vielmehr verlagern<br />

sich ihre Anbahnungsaktivitäten<br />

fast vollständig in die einschlägigen<br />

Internetportale. Dies ist das Ergebnis<br />

einer Studie der Aidshilfe NRW zur<br />

Lebenslage von Escorts in Dortmund,<br />

Essen, Düsseldorf und Köln.<br />

Die 125 Befragten waren von 17 bis 54<br />

Jahre alt, im Durchschnitt 28,6 Jahre und<br />

damit über fünf Jahre älter als in der Studie<br />

von 2008 (23 Jahre). Etwa die Hälfte der<br />

Befragten gibt an, auch privat am liebsten<br />

nur mit Männern Sex zu haben. Die andere<br />

Hälfte erklärt, privat gerne mit Männern<br />

und Frauen (28%) oder nur mit Frauen<br />

(24%) Sex zu haben.<br />

Mit der aktuellen Befragung ist es gelungen,<br />

mehr ausländische Escorts zu erreichen,<br />

insgesamt 41,4% der Befragten. Sie stammen<br />

aus anderen EU-Ländern (25,6% aus<br />

Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Rumänien)<br />

und aus West-Balkanländern, die nicht in<br />

der EU sind (8,8%). Personen aus anderen<br />

EU-Staaten, insbesondere aus Bulgarien<br />

und Rumänien bilden den größten Teil<br />

der Escorts in den Szenetreffpunkten der<br />

Erhebungsorte. Sie leben in der Mehrheit<br />

in prekären Lebensverhältnissen und<br />

ohne Krankenversicherung. Der Anteil<br />

von Escorts mit Migrationshintergrund ist<br />

deutlich gestiegen.<br />

Die befragten Escorts haben sehr unterschiedliche<br />

Einstellungen zur Sexarbeit.<br />

Diese reichen von Sexarbeit als Erwerbstätigkeit<br />

über Sexarbeit als homosexueller<br />

Lebensstil, hierunter auch Migranten aus<br />

anderen EU-Ländern, bis zur Sexarbeit als<br />

Überlebensstrategie. Die sexuelle Orientierung<br />

spielt dabei eine entscheidende Rolle,<br />

insbesondere für heterosexuell orientierte<br />

Escorts ist das Thema Sexarbeit ein kaum<br />

berührbares Tabu.<br />

Auch der biografische Zugang zur Welt<br />

der Sexarbeit erweist sich als prägend für<br />

Einstellungen und Handlungskompetenz.<br />

Einige Interviewpartner waren Opfer von<br />

sexuellem Missbrauch, sexueller Ausbeutung<br />

und Vernachlässigung in Kindheit<br />

und Jugend. Viele leiden bis heute unter<br />

multiplen gesundheitlichen Belastungen.<br />

Andere Interviewpartner nennen als Motiv<br />

den Wunsch, Spaß mit Geldverdienen zu<br />

verbinden. Weitere Interviewpartner hatten<br />

schon vor ihrem Einstieg eine positive Einstellung<br />

zu Sexarbeit, fanden die Verdienstmöglichkeit<br />

attraktiv oder wollten Schulden<br />

begleichen. 11% der Befragten haben<br />

angegeben, mit der Sexarbeit in erster Linie<br />

ihren Drogenkonsum zu finanzieren.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass<br />

es sich um Individuen in sehr unterschiedlichen<br />

Lebenslagen handelt, die<br />

drei Gruppen zuzuordnen sind: 1. Heterosexuell<br />

orientierte Migranten in prekären<br />

Lebensverhältnissen, überwiegend ohne<br />

Krankenversicherung und mit eher geringer<br />

Schulbildung. 2. Personen mit multiplen<br />

gesundheitlichen und sozialen Belastungen,<br />

zum Teil aus Kindheit und Jugend. 3. Homound<br />

bisexuelle Escorts in eher gesicherten<br />

Lebensverhältnissen.<br />

Insgesamt gaben 62,4% an, „immer“<br />

Kondome zu benutzen, das sind ca. 5%<br />

weniger als in der Studie 2008. In der<br />

Studie 2008 gab es einen Zusammenhang<br />

zwischen dem Grad der Informiertheit<br />

über HIV/Aids und Safer Sex. Das heißt<br />

je höher das „Wissensniveau“ zu Übertragungswegen<br />

und Präventionsmöglichkeiten<br />

war, desto höher war die Anwendung<br />

von Kondomen und Safer Sex Regeln. Die<br />

Interviewpartner weisen zum Thema Prävention<br />

eine Vielfalt von Verhaltens- und<br />

Denkmustern auf. Diese reichen von der<br />

konsequenten Anwendung des Kondoms,<br />

dem Eingehen mehr oder weniger<br />

bewusster Risiken auf Grund der prekären<br />

Lebensverhältnisse bis zu der Auffassung,<br />

die Kunden seien selbst schuld, wenn sie<br />

sich nicht schützen. Es wurde deutlich,<br />

dass in der Gruppe mit dem höchsten<br />

Wissensniveau und den im Vergleich stabileren<br />

Lebensverhältnissen die Bereitschaft<br />

zur Verwendung von Kondomen<br />

und Safer Sex stark gesunken ist.

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