Passion Genuss 01/2017 - passion_genuss_01_2017.pdf
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PASSION<br />
<strong>01</strong><br />
2<strong>01</strong>7<br />
Magazin für Gastronomie<br />
und Gemeinschaftsverpflegung<br />
www.transgourmet.de<br />
GENUSS<br />
PALAZZO<br />
MANNHEIM<br />
Transgourmet-Mitarbeiter<br />
auf ungewöhnlicher<br />
Mission<br />
S. 56<br />
PORTRÄT<br />
Selgros-Markt in Hilden in<br />
neuem Glanz S. 50<br />
REPORTAGE<br />
Pariser Großmarkt Rungis<br />
ein Ort der Superlative S. 40<br />
ZURÜCK IN<br />
DIE ZUKUNFT<br />
Wir stellen Ihnen Vor- und Weiterdenker<br />
aus Gastronomie und<br />
Gemeinschaftsverpflegung vor,<br />
für die Nachhaltigkeit auf dem Teller<br />
kein Fremdwort ist S. 12
EDITORIAL<br />
Wir verbinden<br />
Zukunft mit Herkunft<br />
Liebe Kundinnen und Kunden<br />
von Transgourmet,<br />
nachdem in den vergangenen Jahren das Thema Nachhaltigkeit in der Mitte<br />
unserer Gesellschaft angekommen ist, macht es sich nun auf den Weg in die<br />
Gastronomie und Großverpflegung. Hier stellt es die Verantwortlichen vor<br />
eine spannende Herausforderung: die notwendigen wirtschaftlichen Erwägungen<br />
mit den eigenen Überzeugungen abzugleichen.<br />
Wie hervorragend eine zukunftsweisende Verbindung von Ökologie und Ökonomie<br />
glücken kann, stellen wir Ihnen an vier Beispielen aus den Küchen von<br />
Szenegastronomie, Betriebsverpflegung sowie Klinik und Seniorenheim vor.<br />
Gemeinsam mit Transgourmet haben sich Küchenchefs und Einrichtungsleiter<br />
für einen Weg in die Zukunft entschieden, der sie auch zurück an den Ursprung<br />
führt – und das im doppelten Wortsinn. Die Erfahrungen, die diese Vor- und<br />
Weiterdenker mit unserer innovativen Eigenmarke Ursprung gemacht haben,<br />
sind eine ebenso spannende wie inspirierende Lektüre (S. 12).<br />
Frank Seipelt,<br />
Geschäftsführung (Vorsitz) Transgourmet<br />
Central & Eastern Europe GmbH<br />
Der Trend zu nachhaltiger, gesunder und <strong>genuss</strong>voller Ernährung macht auch<br />
vor den Küchen der Sternerestaurants nicht halt. Begleiten Sie uns auf dem<br />
verblüffend geschmackvollen Siegeszug des Gemüses (S. 8). Nicht nur wiederentdeckte<br />
alte Gemüsesorten lassen professionelle Feinschmecker nach<br />
Rungis pilgern. Mit Qualité de Paris-Experte Sven Bleß öffnen sich uns die Tore<br />
zu einem Großmarkt der Superlative (S. 40). Aus dem Bauch von Paris geht<br />
es mitten hinein in die Küche des Palazzo Mannheim, wo an einem Abend zwei<br />
Transgourmet-Mitarbeiter gemeinsam mit der Küchenmannschaft zu Kochlöffel<br />
und Filetiermesser greifen (S. 56).<br />
Wie erfolgreich ein gemeinsames Engagement auf dem Weg zu einer neuen<br />
Esskultur sein kann, beweist sich auch in der Seniorenverpflegung. Mit dem<br />
von Transgourmet initiierten Projekt Vom Kostenfaktor zum Glücksfaktor wurden<br />
in Kassel innovative Verpflegungskonzepte und vorbildliche Senioreneinrichtungen<br />
ausgezeichnet (S. 30).<br />
Essen als verbindendes Element, als nachhaltiger <strong>Genuss</strong> und gemeinsames<br />
Erlebnis, das ist nicht nur in der Gemeinschaftsverpflegung die Zukunft. Eine<br />
kulinarische Zukunft, die uns mit der Herkunft verbindet. Weil sie es zulässt,<br />
dass man im Alten stets auch das Neue entdecken kann. Und im Neuen das Alte.<br />
Viel Spaß beim Lesen und Entdecken wünscht Ihnen,<br />
Ihr<br />
Ihr Kontakt zu uns<br />
Der Austausch mit Ihnen ist uns wichtig!<br />
Ihre Ideen, Anregungen, was Ihnen auf<br />
der Seele brennt – Ihr Fachberater hat ein<br />
offenes Ohr dafür.<br />
Oder schreiben Sie Kevin Nolte, Ihrem<br />
Ansprechpartner von <strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong>:<br />
<strong>passion</strong>@transgourmet.de<br />
Frank Seipelt<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
3
INHALT<br />
<strong>01</strong><br />
2<strong>01</strong>7<br />
INSPIRATION<br />
News & Termine<br />
Wir informieren Sie über Foodnews &<br />
Termine, die Sie nicht verpassen sollten<br />
Seite 6<br />
TRENDS<br />
Gemüse<br />
Gemüse ist zur krönenden Zierde in<br />
der Gastro nomie geworden. Wir gehen<br />
dem Grund auf die Spur<br />
Seite 8<br />
PORTRÄT<br />
Selgros, Hilden<br />
Jacqueline Vogt erlebt den Selgros-Markt<br />
im nordrhein-westfälischen Hilden in<br />
neuem Glanz<br />
Seite 50<br />
Palazzo Mannheim<br />
Begleiten Sie unsere Transgourmet-<br />
Mitarbeiter Dominik Wetzel und<br />
René Kallien auf einer durchaus<br />
ungewöhn lichen Mission<br />
Seite 56<br />
REPORTAGE<br />
Transgourmet Ursprung<br />
Transgourmet Ursprung funktioniert<br />
immer, egal in welchen Bereichen der<br />
Gastronomie<br />
Seite 12<br />
Gemeinschaftsverpflegung<br />
Essen ist viel mehr als bloße Nahrungsaufnahme.<br />
In Kassel sprachen Fachleute<br />
zu dem Thema, vorbildliche Senioreneinrichtungen<br />
wurden vor gestellt<br />
Seite 30<br />
Rungis, Paris<br />
Werfen Sie mit uns einen Blick auf den<br />
Pariser Großmarkt, und bestaunen Sie<br />
diesen Ort der Superlative<br />
Seite 40<br />
GLOSSE<br />
Saure-Gurken-Zeit<br />
Extrawurst, Dreikäsehoch & Co:<br />
Deutsche Redewendungen aus dem<br />
Reich der Kulinarik<br />
Seite 64<br />
IMMER IM HEFT:<br />
6 Inspiration<br />
8 Trends<br />
64 Glosse<br />
66 Vorschau/Impressum<br />
12<br />
URSPRUNG<br />
XX<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
4<br />
56
INHALT<br />
30<br />
XX<br />
40<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
5
INSPIRATION<br />
News<br />
& Termine<br />
Emotionale<br />
<strong>Genuss</strong>konzepte<br />
Auch in diesem Jahr unterstützt Transgourmet<br />
Vertreter von Senioreneinrichtungen<br />
dabei, einen eigenen Ansatz<br />
für die Integration von emotionalem<br />
<strong>Genuss</strong> in die Seniorenverpflegung zu<br />
finden. Nach dem positiven Feedback<br />
der Seminarteilnehmer von 2<strong>01</strong>6 setzt<br />
Transgourmet die Seminarreihe zum<br />
Thema Emotionale <strong>Genuss</strong>konzepte in<br />
der Seniorenverpflegung in diesem Jahr<br />
fort. Erneut erwartet die Besucher<br />
im ersten Teil der Veranstaltung eine<br />
ausführliche Einführung mit praktischen<br />
Beispielen in das Thema Sinne<br />
und <strong>Genuss</strong>. Im zweiten Teil haben die<br />
Teilnehmer die Möglichkeit, ihre eigenen<br />
Konzeptideen zu erarbeiten, bzw.<br />
Umsetzungshürden und entsprechende<br />
Lösungsvorschläge zu diskutieren. Der<br />
Unkostenbeitrag pro Person beträgt<br />
75 Euro. Weitere Informationen und<br />
das Online-Anmeldeformular finden Sie<br />
unter www.kochen-fuer-senioren.de/<br />
seminare<br />
WENIGER FLEISCH<br />
DAFÜR BESSERES<br />
Das Bedürfnis vieler Konsumenten nach Aufklärung darüber, wo das<br />
Fleisch auf ihrem Tisch herkommt, spiegelt sich auch in einer Umfrage des<br />
Meinungsforschungsinstituts Forsa wider, die im Auftrag des Bundesministeriums<br />
für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter 1.000 Bundesbürgerinnen<br />
und Bürgern ab 14 Jahren durchgeführt wurde. Wie das Ergebnis der<br />
Umfrage zeigt, erfreut sich nachhaltig produziertes Fleisch immer größerer<br />
Beliebtheit, und immer mehr Verbraucher sind bereit, mehr Geld für Fleisch<br />
auszugeben, das aus artgerechter Haltung stammt: Fast alle Befragten geben<br />
an, auf jeden Fall (45 %) mehr zu zahlen oder wären eher bereit (44 %)<br />
dazu, wenn Tiere besser gehalten würden. Lediglich ein kleiner Teil sieht darin<br />
eher keine (7 %) oder auf keinen Fall (2 %) eine Notwendigkeit. In Zahlen<br />
bedeutet das: Im Durchschnitt würden die Konsumenten 16,50 Euro pro Kilogramm<br />
Fleisch aus stärker tiergerechter Haltung bezahlen, wenn im Vergleich<br />
dazu jedes Kilogramm Fleisch aus konventioneller Herstellung zehn<br />
Euro kosten würde. Die 19- bis 29-Jährigen würden für das Wohl der Tiere<br />
sogar 20 Euro bezahlen. Interessant auch das Ergebnis auf die Frage, wie<br />
jede/-r Einzelne besser darauf achten könnte, wie die Tiere gehalten wurden:<br />
82 Prozent der Befragten plädieren dafür, dass sich detaillierte Angaben<br />
zu den Haltungsbedingungen auf der Verpackung finden müssten.<br />
Quelle: BMEL-Ernährungsreport 2<strong>01</strong>6<br />
Die Termine:<br />
Chieming, 15.03.2<strong>01</strong>7<br />
Köln, 21.03.2<strong>01</strong>7<br />
Hamburg, 29.03.2<strong>01</strong>7<br />
Ulm, 06.04.2<strong>01</strong>7<br />
Berlin, 26.04.2<strong>01</strong>7<br />
Bayreuth, 17.05.2<strong>01</strong>7<br />
Bremen, 14.09.2<strong>01</strong>7<br />
Riedstadt, 15.11.2<strong>01</strong>7<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
6
INSPIRATION<br />
GIN SPIRATION<br />
Gin Tonic ist nicht mehr einfach nur Gin Tonic: Die Kombination des richtigen Gins mit dem<br />
richtigen Tonic Water hat sich in Bars rund um den Globus zu einer Wissenschaft entwickelt.<br />
Robert M. Parker jr., einer der einflussreichsten Weinkritiker der Welt, bezeichnete das Tonic<br />
Water von Fever Tree in einem Tweet als „World’s Best Tonic Water“. Es wurde im Jahr 2005 als<br />
erstes Premium Tonic weltweit eingeführt. Noch heute besteht es lediglich aus hochwertigen,<br />
natürlichen Zutaten und Aromen ohne Zusätze und ergibt durch seine ausbalancierten<br />
süßen und bitteren Aromen ein neutrales, klassisches Tonic Water. Der Name Fever Tree leitet<br />
sich von der Gelbrindenakazie, dem Fieberbaum aus Malaria-Gebieten ab, aus dessen Rinde<br />
das Chinin für alle Tonic Water gewonnen wird. Unser besonderer Tipp: Fever Tree in den Sorten<br />
Indian, Naturally light, Mediterranean und Elderflower.<br />
BAYERISCHE<br />
BIO KARTOFFELKNÖDEL<br />
Am Rande des wunderschönen Altmühltals<br />
liegt das Benediktinerkloster Plankstetten.<br />
Auf dem nahegelegenen Staudenhof, dem<br />
landwirtschaftlichen Betrieb des Klosters,<br />
ist Frater Richard der Chef. Sechsmal am<br />
Tag tauscht er Gummistiefel gegen Ordenstracht<br />
und geht beten. Das macht er<br />
seit 1991, als er den Job auf dem Staudenhof<br />
übernahm. Drei Jahre später hat er den<br />
Betrieb, der heute zu den größten Bio-Bauernhöfen<br />
Bayerns zählt, auf organisch-biologische<br />
Wirtschaftsweise umgestellt. Allein<br />
35 Hektar Ackerfläche sind mit Kartoffeln<br />
bepflanzt, von denen einige nach der Ernte zu Ursprung-Kartoffelknödeln weiterverarbeitet<br />
werden. Sie erhalten Sie bei Transgourmet Ursprung im drei Kilo-Karton (TK, 40 Stück à 75 g).<br />
Pimp your<br />
Cocktail<br />
Was in Großbritannien längst Nationalgetränk<br />
ist und zum Lieblingsgetränk<br />
der Queen gehört, gehört seit<br />
einiger Zeit auch in Deutschland zum<br />
guten Bar-Ton: Pimm’s. Der leicht bittere<br />
Kräuterlikör auf Gin-Basis trägt<br />
den Namen seines Erfinders, James<br />
Pimm. Man genießt den Likör, der<br />
einen Alkoholgehalt von 25 Volumenprozent<br />
hat, jedoch nicht pur, sondern<br />
als Longdrink, ergänzt mit einem alkoholfreien<br />
Erfrischungsgetränk. Der<br />
Klassiker unter den Pimm’s Cocktails<br />
ist Pimm’s No. 1 Cup, der 1840 in London<br />
kreiert wurde. Sie benötigen dafür<br />
folgende Zutaten: Gurke, Orange,<br />
Zitrone, Minze, 3 Teile (15 cl) Ginger<br />
Ale, 1 Teil (5 cl) Pimm's. Aufgrund des<br />
geringen Alkoholgehalts lässt sich der<br />
erfrischende Pimm’s No. 1 Cup auch bei<br />
heißen Temperaturen gut servieren.<br />
Bitte<br />
vormerken<br />
Auf der Transgourmet-Hausmesse am<br />
30.03.2<strong>01</strong>7 in Hamburg dreht sich alles<br />
um Neuheiten aus den Bereichen Food-<br />
Trends, Küchen-Know-how und Hygienetipps.<br />
Rund 130 Aussteller warten mit<br />
spannenden Produktinnovationen und<br />
abwechslungs reichen Promotions auf<br />
Sie. Informative Fachvorträge ergänzen<br />
das Programm. Zur Online-Registrierung<br />
gelangen Sie über unsere Homepage:<br />
www.transgourmet.de<br />
Interessantes aus der Ursprungs-Welt von Transgourmet lesen Sie in dieser Ausgabe auf<br />
den Seiten 12 bis 28.<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
7
TRENDS<br />
Der verblüffende<br />
Siegeszug des Gemüses<br />
Was nur hat das Gemüse verbrochen, dass es in unserer Sprache so schlecht wegkommt?<br />
Wer „Erbsen zählt“, ist bekanntlich wegen seines pingeligen Verhaltens nicht<br />
besonders beliebt. Wenn es irgendwo aussieht wie „Kraut und Rüben“, dann herrscht<br />
das Chaos. Und wenn man fehlende Teamqualität, etwa bei einer Fußballmannschaft,<br />
auf den Punkt bringen möchte, spricht man gern von einer „Gurkentruppe“.<br />
Text: Martin Maria Schwarz<br />
Warum nur wird und wurde so gern zu Gemüse<br />
gegriffen, wenn man schlecht von etwas reden<br />
möchte? Bei vielen dieser Redensarten reicht<br />
der Ursprung zurück in die Zeit zwischen dem 17. und 19.<br />
Jahrhundert. Vermutlich liegt in der Tatsache, dass in diesen<br />
ungleich ärmeren Epochen Blätter und Knollen, Wurzeln<br />
und Stauden wohl täglich und bis zum Überdruss den Speiseplan<br />
dominierten, auch der Grund für den herablassenden<br />
sprachlichen Umgang. Und die Idiome sind nachhaltig. Allen<br />
Veränderungen zum Trotz gilt immer noch, dass uns etwas<br />
„nicht die Bohne interessiert“. Aber wie sehr haben sich<br />
doch die Vorzeichen in ihr Gegenteil verkehrt.<br />
Schauplatz Spitzenküche<br />
Man braucht nur einmal die aktuellen Menükarten der<br />
Zwei- und Drei-Sternerestaurants bei uns studieren und<br />
die Anzahl der Gerichte zählen, in denen Petersilienwurzel,<br />
Knollensellerie, Lauch, Kürbis, Rosenkohl, Grünkohl, Rote<br />
Bete oder Gelbe Bete auftauchen. Man wird feststellen,<br />
dass sie für moderne Köche nahezu zur krönenden Zierde<br />
geworden sind. Für Menschen, die die Nachkriegszeit noch<br />
miterlebt haben, sind die Gemüse selbstverständliche<br />
Bestandteile ihrer eigenen Nahrungssozialisation, ohne,<br />
dass sie je mit dem Anspruch auf einen höheren <strong>Genuss</strong><br />
verbunden waren, so matschig-breiig, wie früher alles verkocht<br />
wurde. Dieser Makel ist längst beseitigt. Allein die<br />
Karriere der Roten Bete wäre eine Sonderbetrachtung wert.<br />
Vom Kinderschreck der 1970er und 80er Jahre ist sie zur<br />
Prinzessin der Gourmandise in den 2000ern aufgestiegen.<br />
Kein Wunder bei ihrem Talent, spielt sie doch gleichzeitig<br />
auf der fruchtigen wie erdigen Aromaklaviatur, glänzt, entsprechend<br />
mariniert, im Rohzustand (siehe nur die vielen<br />
Rote-Bete-Carpaccios), reüssiert gekocht, gedünstet und<br />
gebraten. Beim Kürbis hat es ähnlich funktioniert. Und auch<br />
vor dem lange wegen seiner Bitterstoffe geächteten<br />
Rosenkohl verbeugt sich heute mindestens die Hälfte<br />
der Spitzenköche, wie überhaupt die Artenvielfalt von<br />
Kohl zu einer Fundgrube kulinarischen Entdeckersinns<br />
wurde. Romanesco, Pak Choi, Spitzkohl, Sprossenkohl,<br />
Mizuna oder Red Giant sind als Folge nicht nur in die<br />
Gourmetküchen eingezogen, sondern werden dort mit<br />
großem, handwerklichem Aufwand und künstlerischem<br />
Esprit in Szene gesetzt.<br />
Das ist der zweite Coup des anhaltenden Gemüseerfolgs.<br />
Stauden, Knollen, Hülsen früchte und Wurzeln<br />
werden nicht mehr nur bloß auf dem Teller beigelegt,<br />
sondern dort regelrecht inszeniert. Da wird Blumenkohl<br />
fermentiert oder Gelbe Bete in Salzteig gebacken, da<br />
werden Rosenkohlsprossen am Strunk geschmort und<br />
vor Gästen auf die Teller geschnitten. Liegen die eigentlichen<br />
Geschmacksabenteuer und Gaumensensationen<br />
nicht längst auf diesem Feld, in Zeiten, in denen der<br />
anspruchsvolle Feinschmecker mit allen Fleischspezialitäten<br />
bis hin zum Wagyu-Rind längst vertraut ist, er<br />
Jakobsmuscheln und alle Sorten von Kaviar, alle Kreationen<br />
von Gänseleber bereits gekostet hat? Und ein<br />
perfekt gegartes Fleisch dank moderner Küchentechnik<br />
und des kochphysikalischen Wissens heute zu den<br />
Basics gehört, bzw. gehören sollte.<br />
Schauplatz Süßspeisenküche<br />
Gemüse bleibt Gemüse, und seine klassische Rolle liegt<br />
in der Nachbarschaft von Fisch, Fleisch und Soße. Diese<br />
Regel galt einmal und wird von Traditionalisten auch<br />
weiter verteidigt. Aber die Entwicklung ist erfreulicherweise<br />
weitergegangen, schließlich besitzen Tomate,<br />
Rote Bete und Karotte natürliche Süße, die es auszulo-<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
8
GEMÜSE<br />
ten gilt. Bei den avancierten Eismachern, die in den letzten<br />
zehn Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, wird<br />
es am stärksten augenfällig. An speziellen Orten wird Sellerie<br />
oder Spargel sogar reinsortig zu Eis verarbeitet, meistens<br />
aber taucht Gemüse in Kombination mit Früchten auf. Rote<br />
Bete harmoniert beeindruckend gut mit Himbeere, Tomate<br />
mit Erdbeere. Und wenn bei Desserts Erbsen in eine Verbindung<br />
mit Minze und Kokosnuss gebracht werden, dann<br />
geht es auch um den unwiderstehlichen Reiz der Kontraste.<br />
Schauplatz Bar<br />
Möhrensaft ist schon seit alters her ein geschmeidiges<br />
Gesundgetränk, sein Stammplatz war das Reformhaus.<br />
Mit dem Aufstieg des Grünen Smoothies als In-Getränk<br />
der 2<strong>01</strong>0er Jahre haben sich die Vorzeichen auch hier fundamental<br />
verändert. Keine Saftbar der Republik könnte es<br />
sich leisten, seine Läden ohne immer neue Kombinationen<br />
von Karotte, Spinat, Gurke oder Mangold hochzuziehen.<br />
Von dort war es nur ein kleiner gedanklicher Sprung, um<br />
auch bei den Alkoholika mitzuspielen. Den Anfang machte<br />
einer der heute beliebtesten Gins aus England, dem nicht<br />
nur Gurkenaroma entströmt, sondern eine Gurkenscheibe<br />
auch noch den Rand des Cocktailglases ziert. Gurkenscheiben<br />
sind auch unverzichtbarer Bestandteil des Pimm's-<br />
Cocktails, der ebenfalls aus England kommt. Und wenn<br />
nun, wie das beispielsweise in Bars in Wiesbaden, Köln oder<br />
Berlin geschieht, eine junge Generation von Cocktailmixern<br />
mit Essenzen, Extrakten oder Sirups aus Algen, Seegras und<br />
Gurken experimentieren, dann ist das nicht nur folgerichtig,<br />
sondern bedeutet einen gustatorischen Gewinn auf der<br />
Seite der geschmacklichen Vielfalt.<br />
Die gesellschaftliche Neujustierung des Essens als Teil<br />
gesundheitsbewussten Lebens hat daran einen entscheidenden<br />
Anteil. Neben dem Appell, sich mehr zu bewegen,<br />
gesellt sich der Imperativ einer vital-vitaminreichen Ernährung.<br />
Von Seiten der Ernährungswissenschaftler wird<br />
zuerst gegen das Fett, schließlich gegen die Kohlenhydrate<br />
zu Felde gezogen. Mitte der 2000er Jahre rückt<br />
das Thema Klimawandel und Ressourcenverbrauch ins<br />
Zentrum der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit. Der<br />
hohe Aufwand, den es kostet, Fleisch zu produzieren,<br />
der Fleischkonsum im Ganzen wird als Teil des Problems<br />
identifiziert und gegeißelt. Eine neue Welle von Vegetarismus<br />
und schließlich auch Veganismus hebt an und<br />
lenkt die Begehrlichkeiten quasi zwangsläufig auf das,<br />
was die Erde an Blättern, Stauden, Knollen oder auch<br />
Hülsen hervorbringt. Und wie gut steht diese Ernährung<br />
da im Selfie- und Instagram-Zeitalter, wo es nicht nur<br />
darum geht, eine gute Figur zu haben, sondern sie auch<br />
zu posten. Vorher schon hat sich auch die Gourmetküche<br />
neu orientiert. In Zeiten, in denen die Kundschaft<br />
ohnehin schon satt ist, bevor sie ins Restaurant geht, ist<br />
die berühmte Sättigungsbeilage obsolet geworden. So<br />
ziehen Kartoffeln, Reis und Nudeln eben aus der Hochküche<br />
aus und machen den Platz für kalorisch leichte<br />
Komponenten frei.<br />
Wir leben im Zeitalter der Gemüsekonjunktur. Gemüse<br />
hat gesiegt. Auf der ganzen Linie. „Da haben wir den<br />
Salat“. Aber der Salat ist köstlich. •<br />
Wie ist es zu diesem Siegeszug des Gemüses gekommen?<br />
Die Antwort fällt nicht allzu schwer. Es ist die Addition sich<br />
relativ gleichzeitig ereignender ethisch und ökologisch<br />
grundierter Strömungen und Bewegungen, in deren Kreuzungspunkt<br />
sich die Welt der Gemüse souverän als natürliche<br />
Lösung behaupten konnte.<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
9
Praktisch und umweltfreundlich<br />
Aber das ist noch nicht alles: Neben<br />
der Verbesserung von Hygiene, Sicherheit<br />
und Bequemlichkeit bietet das<br />
Duni-Sortiment auch viele umweltfreundliche<br />
Materialien, die kompostiert<br />
und FSC-zertifiziert sind. Auf<br />
diese Weise wird nicht nur die Umwelt<br />
geschont, man spart auch wertvolle<br />
Zeit, die besser im Umgang mit den<br />
Bewohnern eingesetzt werden kann.<br />
DAMIT JEDER TAG EIN<br />
BESONDERER TAG WIRD<br />
ATMOSPHÄRE UND LEBENSQUALITÄT FÜR ALTEN- & PFLEGEHEIME<br />
ATMOSPHÄRE UND LEBENSQUALITÄT<br />
„Essen und Trinken in farbenfroher Umgebung kann viel zu einer guten Stimmung<br />
und damit zum Wohlbefinden der Gäste beitragen – insbesondere in Senioren-<br />
und Pflegeheimen. Jede Mahlzeit bietet gerade hier die Möglichkeit, den<br />
Anlass zu etwas Besonderem zu machen. Duni bietet eine breite Palette praktischer<br />
Lösungen, mit deren Hilfe bei jeder Mahlzeit echte Wohlfühlatmosphäre<br />
– wir nennen das Goodfoodmood® – geschaffen werden kann.<br />
DUNI SORGT FÜR EIN LÄCHELN<br />
Im Rahmen einer stimmungsvollen,<br />
thematischen oder saisonalen Tischdekoration<br />
berühren Duni-Artikel die<br />
Sinne, regen zu Gesprächen an, wecken<br />
vielleicht sogar Erinnerungen und tragen<br />
zu einem Essen in Würde bei. Auf<br />
diese Weise nehmen Bewohner die<br />
Mahlzeiten, Imbisse und Getränke mit<br />
größerem <strong>Genuss</strong> zu sich, was zur besseren<br />
Aufnahme der benötigten Nährstoffe<br />
beitragen kann.<br />
DUNI SCHAFFT WOHL-<br />
FÜHLATMOSPHÄRE<br />
Duni Produkte gibt es in einer Vielzahl<br />
von Farben und saisonalen<br />
Motiven, die jeweils untereinander<br />
kombinierbar sind. Damit entsteht<br />
nicht nur schnell und ohne viel Aufwand<br />
gemütliche Atmosphäre, es<br />
können beispielsweise auch Tischtücher<br />
in Kontrastfarben zu den<br />
Tellern gewählt werden, eine echte<br />
Hilfe für sehgeschädigte Bewohner.
URSPRUNG<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
12
WILLIAMS BAR<br />
Zurück<br />
in die Zukunft<br />
Es mag paradox klingen. Aber einer der kulinarisch spannendsten<br />
Wege in die Zukunft führt zurück an den Ursprung. Was wie ein<br />
Rückschritt in die Vergangenheit erscheint, ist in Wirklichkeit ein<br />
großer Schritt in Richtung Zukunft.<br />
Text: Bernd Müller – Fotos: Daniela Haug, Susanne Duda<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
13
URSPRUNG<br />
Wie essen wir morgen? Und vor allem: Was?<br />
Massentierhaltung, Nachhaltigkeit, Tierernährung,<br />
Nah rungs qualität, das sind große<br />
gesellschaftliche Themen unserer Zeit, mit denen sich<br />
immer mehr verantwortungsbewusste Gastronomen,<br />
Großküchenchefs, Gourmetköche sowie Pflegeheimund<br />
Klinikleiter beschäftigen. Indem sie ihre ganz persönlichen<br />
Antworten auf diese drängenden Fragen<br />
suchen, gestalten sie alle schon heute die Zukunft<br />
unserer Ernährung mit.<br />
Einige dieser Vor- und Weiterdenker möchten wir Ihnen<br />
heute vorstellen. Es sind Menschen, die auf ihrem Weg<br />
in die Zukunft den Blick auf die Herkunft nicht verlieren.<br />
Gemeinsam mit Transgourmet sind sie schon mal<br />
vorausgegangen und berichten in diesem Magazin von<br />
ihren ganz persönlichen Erfahrungen aus den Küchen<br />
der Szenegastronomie, aus der Betriebsverpflegung,<br />
aus Klinik und Seniorenheim – und aus der Zukunft.<br />
Williams<br />
Bar & Kitchen,<br />
Düsseldorf<br />
Unser erster Besuch führt uns in eine Bar. Nicht in<br />
irgendeine, sondern in einen der spannendsten Neuzugänge<br />
der rheinischen Gastroszene: Williams Bar &<br />
Kitchen, Düsseldorf. Die kulinarisch geschulte Runde,<br />
die sich an einem der blank gescheuerten Holztische<br />
im Gastraum der Williams Bar zusammengefunden<br />
hat, ist an diesem sonnigen Dezember-Vormittag<br />
noch ganz unter sich. Erst um 17 Uhr werden sich die<br />
Türen des Düsseldorfer Szenelieblings öffnen, dessen<br />
britisch gestyltes Ambiente innerhalb kürzester Zeit<br />
bis auf den letzten lederbezogenen Platz mit erwartungsvollen<br />
Gästen gefüllt sein wird. In der überschaubaren<br />
Küche köcheln die selbst angesetzten Gemüse-,<br />
Fisch- und Fleischfonds leise vor sich hin und sorgen<br />
mit aromatischem Duft für die passende olfaktorische<br />
Untermalung einer ganz speziellen Verkostung:<br />
der Vorstellung neuer Ursprung-Produkte, die in diesem<br />
Jahr das wachsende Sortiment der Transgourmet-<br />
Eigenmarke bereichern.<br />
Konzentriert schließt Küchenchef Roland Rohm die<br />
Augen, nichts soll ihn vom Aromenspektrum ablenken,<br />
das sich gerade erstaunlich sanft auf seiner Zunge<br />
ausbreitet. Christian Drexler, Fachberater Ursprung bei<br />
Transgourmet, ist sich ziemlich sicher, was den kreativen<br />
Küchenchef an dieser feinwürzigen Kostprobe<br />
überrascht: „Das ist der mildeste Schafsbrie, den ich<br />
je probiert habe“, bestätigt er die unausgesprochenen<br />
Gedanken des Küchenchefs, „und trotzdem schmeckt<br />
er wunderbar aromatisch. Sehr reintönig, sehr kräuterig.<br />
Er stammt von einem Bio-Bauernhof im Chiemgau,<br />
auf dem bereits im 16. Jahrhundert Käse gemacht<br />
wurde. Schon die Milch ist unglaublich gut, weil die<br />
eigenen Schafe auf den Kräuterwiesen rund um den<br />
Hof ganz natürlich aufwachsen dürfen.“<br />
Authentische Hintergrundstories wie diese begeistern<br />
Roland Rohm, denn der kommunikationsfreudige<br />
Küchenchef liebt es, seinen Gästen nicht nur qualitativ<br />
herausragende Produkte näher zu bringen, sondern auch<br />
die Geschichten, die dahinterstehen: „Ich gehöre nicht<br />
zu den Köchen, die sich in der Küche verstecken. Ich will<br />
raus an den Tisch, ich brauche Feedback. Unsere Gäste<br />
sind anspruchsvoller geworden, sie wollen nicht nur mit<br />
<strong>Genuss</strong> satt werden. Sie haben heute ein viel größeres<br />
Wissen als früher. Sie haben viel höhere Ansprüche an<br />
die Produkte. Sie fragen nach Herkunft und Herstellung,<br />
und sie wollen gute Antworten. Mit den Geschichten, die<br />
hinter den Ursprung-Produkten stehen, kann ich auch<br />
den größten Wissenshunger stillen. Und das Beste: Ich<br />
kann mit gutem Gewissen das Produkt empfehlen, und<br />
der Gast kann es mit gutem Gewissen genießen.“ Roland<br />
Rohm macht eine nachdenkliche Pause. „Aber nicht nur »<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
14
WILLIAMS BAR<br />
Noch wird mit Transgourmet-Fachberater Dirk Brans<br />
(ganz oben Mitte) gefachsimpelt, dann sind sich<br />
Küchenchef Roland Rohm (oben) und Christian Drexler<br />
(links) schnell einig: Der Ursprung-Brie ist eine Wucht<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
15
URSPRUNG<br />
Küchenchef Roland Rohm: Nachhaltigkeit und beste Qualität stehen für ihn ganz oben<br />
die Gäste haben einen hohen Anspruch, was Nachhaltigkeit<br />
betrifft. Den habe ich nämlich auch. Einen sehr<br />
hohen sogar. Deshalb forcieren wir das Thema bei uns<br />
auch ganz bewusst.“ Rohm ist auf qualitativ hochwertiges<br />
Fleisch umgeschwenkt, und auch bei den frischen<br />
Gemüsen setzt er auf Herkunft und Qualität. Das Echo<br />
bei den Gästen ist extrem positiv. Ein Echo, das Fachberater<br />
Dirk Brans mit den neuen Ursprung-Produkten<br />
nochmals verstärken will.<br />
Genüsslich lässt sich der Küchenchef ein weiteres<br />
Stück vom Ursprung-Brie auf der Zunge zergehen.<br />
„Wow. Der kommt auf unsere Käseplatte, keine Frage.<br />
Damit werde ich alle Gäste überraschen, die eigentlich<br />
keinen Schafskäse mögen.“ „Dann“, lächelt Dirk Brans<br />
und reicht dem Küchenchef einen kleinen Probierlöffel,<br />
„hätte ich hier noch eine weitere Überraschung.<br />
Der geht jetzt gerade erst auf den Markt, ein Bio-Feigensenf<br />
Tessiner Art aus einer kleinen Manufaktur in<br />
Fürstenfeldbruck.“<br />
Tatsächlich führt die enge Zusammenarbeit mit den<br />
kompetenten Beratern von Transgourmet oft zu überraschenden<br />
Highlights auf der ständig wechselnden<br />
Karte in der Düsseldorfer Williams Bar. Zwar lässt sich<br />
der von der Kulinarik beseelte Küchenchef ebenso<br />
gern von den außergewöhnlichen Ursprung-Produkten<br />
überraschen wie seine Gäste, doch manchmal stellt<br />
sich auch bei Roland Rohm zunächst eine leichte Skepsis<br />
ein. Das war bei der Präsentation der 8 Blutsbrüder<br />
so, einer innovativen Mischung aus rheinischer Bratwurst<br />
und traditionellen Blutwurststückchen. Doch<br />
nach einer intensiven Verkostung der ungewöhnlichen<br />
Bratwurstkreation war die Zurückhaltung des Küchenchefs<br />
im Nu verflogen. Serviert mit geschmortem<br />
Apfel und Kartoffel-Sellerie-Stampf, avancierte die<br />
erklärungsbedürftige Neuinterpretation des rheinischen<br />
Traditionsgerichts Himmel un Äd (Himmel und<br />
Erde) in Rekordzeit zu einem nicht mehr wegzudenkenden<br />
Höhepunkt auf der Karte.<br />
Es ist Nachmittag geworden, im Minutenabstand trifft<br />
die Bar- und Küchenmannschaft des Williams ein,<br />
um die Tagesempfehlung vorzubereiten: knusprige<br />
Entenkeule, cremige Polenta und fruchtiger Cranberry-Gelee,<br />
sehr wahrscheinlich begleitet von einer<br />
spannenden Story über Herkunft und Aufzucht der<br />
Ente. Und natürlich von einem äußerst speziellen Cocktail,<br />
der mit Duck Fat aus eigener Herstellung zubereitet<br />
wird. Für den mit Entenfett bei Niedrigtemperatur<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
16
WILLIAMS BAR<br />
Nicht nur die Küche der Williams Bar beschäftigt<br />
sich mit Nachhaltigkeit, an der Bar kommen ebenfalls<br />
Ursprung-Produkte zum Einsatz<br />
konfierten Cognac hat sich der experimentierfreudige<br />
Barmann Helgi Aron Arondson von seiner isländischen<br />
Heimat inspirieren lassen. Zukunft braucht Herkunft,<br />
das gilt auch hinter der Bar.<br />
Es ist nicht nur die kulinarische Kompetenz des Küchenteams,<br />
die den Beliebtheitswert der Williams Bar<br />
senkrecht nach oben schnellen lässt. Es ist vor allem<br />
dieses zukunftsweisende Foodpairing, das weit über<br />
die - durchaus sehr empfehlenswerte - Weinbegleitung<br />
hinausgeht. Zielstrebig fragen immer mehr Gäste nach<br />
den anspruchsvollen Cocktail-Kreationen, die sie sich<br />
passend zu den Highlights auf der Speisekarte kredenzen<br />
lassen. Dazu setzen sich Chefkoch und Barchef<br />
regelmäßig zusammen, besprechen Menü und Tagesempfehlung,<br />
experimentieren mit flüssigen und festen<br />
Aromen, diskutieren und probieren, wie sich Food und<br />
Pairing sensorisch bereichern. Das Ergebnis kann sich<br />
schmecken lassen: Zur Blutsbrüderwurst hat die Barmannschaft<br />
einen Cocktail auf Altbierbasis kreiert,<br />
eine von den Dinnergästen begeistert aufgenommene<br />
Mischung aus Bourbon, Apfelmus, Zitrone, Minze und<br />
Altbier-Würzsirup. Cheers!<br />
Eine lässige Atmosphäre mit frischen, intelligent und<br />
kreativ kombinierten Speisen zu verbinden, deren<br />
Zutaten zu einem Gutteil von nachhaltig wirtschaftenden<br />
Produzenten stammen, findet ein zunehmend<br />
wachsendes Publikum, beobachtet Williams-Teamchef<br />
und Barbetreiber Tobias Eroglu die Entwicklung in der<br />
Szenegastronomie. Nicht nur das. Sie hat auch das<br />
Zeug, eine ganze Ära zu bestimmen. »<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
17
URSPRUNG<br />
Die Anspannung ist rasch verflogen:<br />
Frank Ebeling (links), Küchenleiter Betriebsgastronomie<br />
bei Infraserv Knapsack, freut sich über den Erfolg der<br />
Ursprung-Aktion<br />
figurbewusste Disponentin genauso über<br />
ihr kalorienreduziertes Gesund & Fit Menü<br />
wie der hungrige Anlagenmonteur über<br />
sein geliebtes Wiener Schnitzel.<br />
Infraserv Knapsack<br />
Betriebskantine<br />
im Chemiepark<br />
Knapsack, Hürth<br />
Gut vierzig Kilometer rheinaufwärts wartet<br />
Frank Ebeling mit großer Spannung auf die<br />
ersten Reaktionen seiner rund 500 Gäste,<br />
die heute mit einem ungewöhnlichen Event<br />
überrascht werden. Die Location: Infraserv<br />
Knapsack Betriebskantine im Chemiepark<br />
Knapsack, Hürth. Dort hat Tag Zwei eines<br />
kulinarischen Experiments begonnen, auf<br />
dessen Ergebnis Frank Ebeling mehr als<br />
gespannt ist. Bereits seit fünfzehn Jahren<br />
arbeitet der Küchenleiter für Infraserv<br />
Knapsack, einen Dienstleister für die Prozessindustrie.<br />
Das Unternehmen, das für<br />
Anlagenplanung und -bau, Anlagenservice<br />
und Standortbetrieb zuständig ist,<br />
beschäftigt über 900 Mitarbeiter. Rund<br />
500 von ihnen werden täglich von Frank<br />
Ebeling und seiner Küchenmannschaft mit<br />
einer überraschend großen Auswahl an<br />
frisch zubereiteten Speisen versorgt. So<br />
freut sich hier in der Betriebskantine die<br />
In dieser Januarwoche stehen die Gäste<br />
allerdings vor einem ganz besonderen<br />
Speiseplan. Ein tägliches Mittagsmenü mit<br />
Ursprung-Produkten steht zur Auswahl<br />
und fordert eine Entscheidung, die man<br />
hier in der Betriebskantine noch nie treffen<br />
musste. Eine Entscheidung, die über die<br />
reine Kulinarik weit hinausgeht. Die spannende<br />
Frage: Greift man in einer Betriebskantine<br />
für Tierwohl, Nachhaltigkeit und<br />
hochwertige Qualität tiefer in die Tasche<br />
als bisher gewohnt?<br />
Kompetente Entscheidungshilfe kommt<br />
von einem Marktstand, der sehr prominent<br />
in der weitläufigen Betriebskantine<br />
positioniert ist. Hier ist Hans-Jürgen<br />
Loch, ausgewiesener Experte für Gemeinschaftsverpflegung,<br />
ganz offensichtlich<br />
in seinem Element. Zusammen mit Frank<br />
Ebeling hat der langjährige Transgourmet-<br />
Fachberater diese ungewöhnliche Aktion<br />
initiiert, die den Gästen der Betriebsgastronomie<br />
Hintergrund, Herkunft und<br />
Herstellung der Ursprung-Produkte näherbringen<br />
soll. Unablässig bietet der kompetente<br />
Experte Kostproben an, erzählt<br />
Geschichten von Produkten und Produzenten,<br />
klärt über Tierwohl und nachhaltigen<br />
Anbau auf: „Die Entscheidung für Ursprung<br />
entstand bei Transgourmet aus tiefster<br />
Überzeugung und war in den Anfangsjahren<br />
eine echte Pionierleistung“, erzählt<br />
Hans-Jürgen Loch, dem Ursprung als Marke<br />
spürbar am Herzen liegt. „Die Lebensmittel<br />
werden traditionell hergestellt, sind<br />
frei von Zusatz- und Konservierungsstoffen,<br />
und unsere heimischen Produzenten<br />
garantieren eine lückenlose Nachverfolgbarkeit<br />
sowie einen verantwortungsvollen<br />
Umgang mit Natur und Umwelt.“<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
18
INFRASERV KNAPSACK<br />
Hans-Jürgen Loch (rechts), Transgourmet-Fachberater und Spezialist für Gemeinschaftsverpflegung,<br />
hat die Ursprung-Aktion gemeinsam mit Frank Ebeling initiiert<br />
Und die Tischgäste? Die zeigen sich nicht<br />
nur erstaunlich gut informiert, ihre Reaktionen<br />
sind mehr als positiv. „Liegt es daran,<br />
dass sich auch die Betriebsgastronomie<br />
gewandelt hat?“, fragen wir Frank Ebeling.<br />
„Es gibt immer mehr Menschen, die<br />
aus Respekt vor dem Tier ihr privates Einkaufsverhalten<br />
ändern. Die wollen natürlich<br />
in der Betriebsgastronomie nicht ihre<br />
Ansprüche ans Tierwohl herunterfahren“,<br />
weiß der Küchenchef. „Und die Geschichten<br />
hinter den Ursprung-Produkten sind so<br />
ganz anders als die Horrormeldungen über<br />
Massentierhaltung, die uns abends in den<br />
Nachrichten begegnen. So etwas kann das<br />
Essverhalten nachhaltig prägen, egal ob<br />
zuhause oder hier im Unternehmen.“<br />
Während Frank Ebeling den Marktstand mit<br />
frischem Nachschub an leckeren Obst- und<br />
Gemüsekostproben versorgt, beschreibt<br />
der quirlige Küchenleiter in wenigen Worten<br />
seinen kulinarischen Werdegang, der<br />
gleichermaßen von Erlebnishunger und<br />
von Wissensdurst geprägt wurde. Nach<br />
seiner klassischen Ausbildung in der gehobenen<br />
Gastronomie kochte er zunächst in<br />
diversen Luxushotels, war anschließend<br />
für den VIP-Bereich einer Eventgastronomie<br />
verantwortlich und bestand in der<br />
Zwischenzeit seine Meisterprüfung. Als er<br />
später in der Großverpflegung aufkochte,<br />
qualifizierte er sich zusätzlich zum Diätkoch<br />
und Ernährungsberater. Und da er als<br />
Leiter der Betriebsgastronomie nicht nur<br />
für die Zubereitung von Speisen, sondern<br />
vor allem für die Aufbereitung von Zahlen<br />
zuständig war, absolvierte Frank Ebeling<br />
schließlich an der Hotelmanagement-Akademie<br />
erfolgreich ein Studium zum Verpflegungsbetriebswirt.<br />
Weil seine Küchenmannschaft nicht nur für<br />
die Mitarbeiter frisch kocht, sondern auch<br />
täglich 600 Essen an die umliegenden Kindergärten<br />
ausliefert, bietet er mit seinem<br />
Stellvertreter gleich die passende Ernährungsberatung<br />
an. Denn auch die Kleinen<br />
müssen wissen, woher ihr Essen kommt,<br />
wer es produziert und wer es kocht, ist »<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
19
URSPRUNG<br />
Gästen mit den Ursprung-Produkten bieten.“<br />
Deshalb ist er von der Initiative und dem Einsatz<br />
des Fachberaters hellauf begeistert.<br />
Eine ganze Woche lang wählen die Tischgäste<br />
ein neues Gericht mit Ursprung-Fisch<br />
und -Fleisch. Für Abwechslung ist gesorgt:<br />
Mal wird eine Original Berliner Currywurst<br />
ohne Darm in fruchtiger Currysauce mit einer<br />
Apfelnote und Schmorzwiebeln serviert,<br />
mal können sich die Tischgäste auf gegrillte<br />
Medaillons vom Lübchiner Strohschwein und<br />
ein pikantes ungarisches Gulasch von der<br />
Allgäuer Färse freuen. Und der Fisch, der traditionell<br />
am Freitag auf der Karte steht, ist<br />
ein besonders feines Filet vom fangfrischen<br />
Ursprung-Wels.<br />
Am Ende der Aktionswoche haben<br />
alle gut lachen. Die Ursprung-<br />
Wurst hat dazu beigetragen, dass<br />
das kulinarische Experiment bei<br />
Infraserv Knapsack geglückt ist<br />
Frank Ebeling absolut überzeugt. Nachhaltigkeit<br />
steht dabei ganz oben auf der Agenda,<br />
und die Kinder sollen schon früh erleben, wie<br />
gut verantwortungsvoll produzierte Lebensmittel<br />
schmecken können.<br />
Mit dieser Einstellung liegt er mit Transgourmet<br />
auf einer Wellenlänge. Als ihm Hans-Jürgen<br />
Loch die Idee zu der laufenden Ursprung-<br />
Aktion vorstellte, war er sofort dabei. „Ich<br />
kann keinen Gast zwingen, mein Menü zu<br />
essen“, erklärt der kompetente Küchenleiter.<br />
„Aber ich kann ihm die Möglichkeit geben,<br />
etwas nachhaltig Produziertes und qualitativ<br />
Besonderes zu wählen. Und das will ich meinen<br />
_MG_3422.jpg<br />
Am Ende der Aktionswoche zeigt sich, welche<br />
enorme Bedeutung eine enge, vertrauensvolle<br />
Kooperation zwischen Hersteller, Lieferant<br />
und Kunde hat. Denn der Erfolg dieses kulinarischen<br />
Experiments ist, um es mit den Worten<br />
von Frank Ebeling zu sagen, „schlichtweg<br />
sensationell“. Das stellt den Küchenchef jetzt<br />
vor eine neue Herausforderung: Soll er einen<br />
festen Ursprung-Tag in der Woche etablieren<br />
oder direkt eine tägliche Ursprung-Menülinie?<br />
Das hier ist Blindext und das muss nicht so bleiben:<br />
Guide Jean führt Besuchergruppen um vier Uhr<br />
morgens durch seine Hallen<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
20<br />
_MG_3535.jpg<br />
Die Tischgäste sind begeistert von der<br />
Ursprung-Idee und nehmen die Kostproben<br />
von Frank Ebeling und Hans-Jürgen<br />
Loch gerne entgegen
CHRISTKÖNIG<br />
Ein super Team: Koch Torsten Beinroth<br />
(links), der neue Küchenleiter Frank<br />
Dornsiepen (rechts) und Transgourmet-<br />
Fachberaterin Claudia Heim<br />
Alten-Pflegeheim<br />
Christkönig,<br />
Bad Wildungen<br />
Eine Entscheidung, die eine andere visionäre<br />
Einrichtung bereits getroffen hat: das Alten-<br />
Pflegeheim Christkönig in Bad Wildungen.<br />
Eine leise Wehmut durchzieht die weihnachtliche<br />
Atmosphäre im Speisesaal des Alten-<br />
Pflegeheims Christkönig und vermischt sich<br />
mit dem verlockenden Duft der Pommerschen<br />
Ursprung-Weidegänse, die gerade zu Rotkohl<br />
und Kartoffelklößen auf den vorgewärmten<br />
Tellern angerichtet werden. Nach zwanzig Jahren<br />
verlässt der beliebte Küchenleiter, Herbert<br />
Thill (rechts im Bild), die Senioreneinrichtung<br />
in Nordhessen, und die Bewohner wissen sehr<br />
genau, wen sie da verlieren: einen außergewöhnlich<br />
sympathischen Koch und kreativen<br />
Experten in der Seniorengastronomie.<br />
Herbert Thill hat auf der ganzen Welt gekocht,<br />
war ständig unterwegs, führte ein Leben<br />
aus dem Koffer. Als ihm die Stelle im Pflegeheim<br />
Christkönig angeboten wurde, wollte er<br />
eigentlich nur ein paar Monate bleiben. Aber<br />
dann sind zwanzig Jahre daraus geworden. Der<br />
offizielle Gourmet Küchenmeister für Vollwert-<br />
Ernährung arbeitet aber nicht nur als Küchenleiter<br />
des Pflegeheims in Bad Wildungen,<br />
sondern ist auch in der Erwachsenenbildung<br />
als Referent für Kostformen und in der Heimkochausbildung<br />
äußerst gefragt.<br />
Es ist die Gerontologie, die Wissenschaft des<br />
Alters, die den energetischen Küchenmeister<br />
fasziniert. Sie hilft ihm zu verstehen, wer<br />
eigentlich sein Gast ist, und welche Bedürfnisse<br />
er hat. Kann der Bewohner im Alten-<br />
Pflegeheim Christkönig nicht mehr mit dem<br />
Besteck essen, werden die Mahlzeiten als<br />
_MG_3543.jpg<br />
»<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
21
URSPRUNG<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
22
CHRISTKÖNIG<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
23
URSPRUNG<br />
Fingerfood gereicht. Hat er Schwierigkeiten<br />
beim Kauen, wird passierte Kost zu appetitlichen<br />
Pasteten geformt, denn das Auge isst<br />
bekanntlich mit. Für Menschen mit Schluckstörungen<br />
serviert man Smoothfood, eine vollwertige<br />
Mahlzeit, die im Mund zerfällt und ein<br />
Verschlucken verhindert. Mit den innovativen<br />
Cremes, Schäumen und Gelees, die Herbert<br />
Thill als Mitbegründer der Smoothfood-Initiative<br />
auf die Teller zaubert, bringt er viel kulinarische<br />
Abwechslung in die Seniorenküche.<br />
Auch mit veganen Rezepten experimentiert<br />
der Küchenmeister äußerst gerne, der vegane<br />
Nuss-Stollen kommt bei den Bad Wildunger<br />
Heimbewohnern ebenso gut an wie seine<br />
veganen Brotaufstriche.<br />
Im Laufe der Jahre hat sich Herbert Thill viele<br />
Freiheiten bei der Gestaltung des Speiseplans<br />
erarbeitet. Dabei konnte er immer auf das<br />
Vertrauen der Heimleitung bauen, wenn es um<br />
das Budget ging. Sein Einkaufsgeschick zeigt<br />
sich, wenn es darum geht, auch mal so besondere<br />
Qualitäten wie eine Ursprung-Gans oder<br />
Frischfisch statt Tiefkühlware zu ordern. „Das<br />
leisten wir uns regelmäßig“, lächelt Herbert<br />
Thill, „und trotzdem liege ich im Jahresdurchschnitt<br />
unter meinem Budget.“<br />
Die Rechnung geht immer auf: So folgt dem<br />
leckeren Weihnachtsessen mit den Pommerschen<br />
Weidegänsen am zweiten Weihnachtstag<br />
ein schönes Stück Wild, danach stehen<br />
drei Menütage auf dem Speiseplan, an denen<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
24
CHRISTKÖNIG<br />
an frischem Futter finden, fressen die Tiere<br />
lediglich gutes Getreide. Diese hochwertige<br />
Ernährung sieht man ihrem Fleisch nicht nur<br />
an, das schmeckt man vor allem.<br />
Nach jeder Mahlzeit erkundigen sich<br />
Koch Torsten Beinroth (unten) und seine<br />
Kollegen bei ihren Gästen, ob sie mit dem<br />
Essen zufrieden waren<br />
es kein Fleisch gibt. „Das wird hier keiner vermissen“,<br />
erklärt uns der Küchenleiter. „Unsere<br />
Senioren sind in einer Zeit groß geworden, wo<br />
es nur am Sonntag Fleisch gab und viele preiswerte<br />
und trotzdem leckere Gemüsegerichte<br />
an den Wochentagen. Das funktioniert heute<br />
sogar noch besser als früher: Wir hatten noch<br />
nie so eine große Auswahl an Lebensmitteln<br />
wie heute und auch nicht so eine Vielzahl an<br />
attraktiven Zubereitungsarten.“<br />
Im Speisesaal durchdringt nur das Klappern<br />
von Messer und Gabel die erwartungsfrohe<br />
Stimmung, die Bewohner geben sich ganz dem<br />
besonderen Weihnachtsschmaus hin. „Hier<br />
sitzen viele erfahrene, gestandene Hausfrauen<br />
am Tisch, die ihr Leben lang gekocht<br />
haben“, freut sich Transgourmet-Fachberaterin<br />
Claudia Heim. „Die können den qualitativen<br />
Unterschied zu einer Mastgans deutlich herausschmecken.“<br />
Der Unterschied in der Qualität<br />
ist tatsächlich groß: Betreut von einem<br />
erfahrenen Gutsleiter und bewacht von zwei<br />
Hütehunden, grasen die freilaufenden Gänseherden<br />
entspannt auf den Weiden der weiten,<br />
wunderschönen Landschaft Mecklenburg-<br />
Vorpommerns. Neben dem, was sie draußen<br />
„Die Alten, das sind die Weisen“, sagt Herbert<br />
Thill auf dem Weg in den Speisesaal. „Die wissen,<br />
was schmeckt.“ Deshalb halten es die drei<br />
Köche des Pflegeheims wie in einem Sternerestaurant.<br />
Nach jeder Mahlzeit wandern sie<br />
von Tisch zu Tisch und erkundigen sich bei<br />
ihren Gästen, ob es ihnen geschmeckt hat.<br />
Das macht Sinn, denn aus Lob, Kritik und ganz<br />
individuellen Wünschen entsteht regelmäßig<br />
der Speiseplan. „Das ist bei unseren Senioren<br />
im Speisesaal nicht anders als in der gehobenen<br />
Gastronomie“, erläutert uns Herbert Thill.<br />
„Die Gäste wollen es schön haben, sie wollen<br />
wählen können, sie wollen Wünsche äußern,<br />
sie wollen mitentscheiden. Auch und besonders,<br />
was die Qualität der Speisen betrifft.“<br />
Qualität und Nachhaltigkeit werden im Haus<br />
Christkönig großgeschrieben. „Das Ursprung-<br />
Fleisch wird hier schon seit zwei Jahren eingesetzt“,<br />
erklärt Fachberaterin Claudia Heim.<br />
„Natürlich nicht jeden Tag, denn so hochwertige<br />
Produkte kosten auch etwas mehr. Und da<br />
die Tiere nicht am Fließband produziert werden,<br />
ist ihr Fleisch auch nicht immer verfügbar.<br />
Eigentlich genau wie früher.“<br />
Mittlerweile ist jeder Teller leer gegessen,<br />
jedes Weinglas ausgetrunken. Auch die Köche<br />
haben ihren Rundgang beendet, nur vor Herbert<br />
Thill hat sich eine Schlange von Senioren<br />
gebildet, die ihn verabschieden und ihm für<br />
seine Freundlichkeit, seine Energie und seinen<br />
Einsatz danken wollen. Und natürlich für das<br />
hervorragende Essen.<br />
Wie beruhigend für die Bewohner, dass die<br />
kulinarische Tradition im Haus Christkönig von<br />
Frank Dornsiepen auch in Zukunft weitergeführt<br />
wird. Der nachfolgende Küchenleiter<br />
hat in den vergangenen Jahren viel von seinem<br />
Küchenchef gelernt, und Koch Torsten Beinroth,<br />
der bereits zwei volle Jahrzehnte neben<br />
Herbert Thill gearbeitet hat, bleibt den kulinarisch<br />
verwöhnten Senioren ebenfalls erhalten.<br />
So wie die Ursprung-Produkte, da ist sich<br />
Claudia Heim sicher. »<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
25
URSPRUNG<br />
Küchenchef Henning Gödecke und Katrin Eberhardt, die Leiterin<br />
des Reha Klinikums, ziehen an einem Strang, wenn es um die<br />
<strong>genuss</strong>volle, frische Ernährung ihrer Patienten geht<br />
Reha Klinikum<br />
Hoher Fläming<br />
im Oberlinhaus,<br />
Bad Belzig<br />
Mit dem Einsatz von hochwertigen und nachhaltig<br />
produzierten Nahrungsmitteln sichert<br />
man sich aber nicht nur die Sympathien seiner<br />
Gäste, sondern sogar die Zukunft. Den Beweis<br />
dafür führt das Reha Klinikum Hoher Fläming im<br />
Oberlinhaus, Bad Belzig.<br />
Katrin Eberhardt folgt einer klaren Vision. Da<br />
nur gesund ist, wer gesund isst, hat die Leiterin<br />
der Rehaklinik in Bad Belzig bereits vor langen<br />
Jahren mit einer eigenen, gut ausgestatteten<br />
und hervorragend besetzten Küche den<br />
Grundstein gelegt. Seitdem bringen Küchenchef<br />
Henning Gödecke, vier ausgebildete<br />
Köche und zehn Küchenhilfen ein <strong>genuss</strong>- und<br />
liebevoll zubereitetes Menü auf den Tisch,<br />
das in seiner Qualität keine Konkurrenz in der<br />
deutschen Kliniklandschaft findet. Tag für Tag<br />
wird in der Rehaküche frisch gekocht, werden<br />
Soßen angesetzt und Fonds gezogen, kommen<br />
frisches Obst und Gemüse sowie leckere<br />
Salate auf die Teller.<br />
Und natürlich qualitativ hochwertiges Fleisch.<br />
Mit der Marke Ursprung kamen Klinikleiterin<br />
und Küchenchef zum ersten Mal in Kontakt,<br />
als sie auf Einladung von Transgourmet die<br />
Aufzucht von Mecklenburger Strohschweinen<br />
und Waldlandputen begutachten konnten.<br />
Was die beiden erfahrenen Ernährungsprofis<br />
dort an verantwortungsvoller Aufzucht und an<br />
Respekt vor dem Tier erlebten, hat sie nachhaltig<br />
beeindruckt. Seitdem liefert Transgourmet<br />
ein Sortiment an Ursprung-Fleisch und<br />
-Wurstwaren nach Bad Belzig, das von Jahr zu<br />
Jahr immer stärker wächst. Zum ersten Mal<br />
stehen in diesem Jahr sogar frische Welsfilets<br />
auf der Speisekarte der Rehaklinik. Die gesunden<br />
Tiere stammen aus einer naturnahen<br />
Fischzucht, die mit ihrer hohen Wasserqualität<br />
dafür sorgt, dass die Fische ohne jeglichen<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
26
Aufschlagen.<br />
Zum Kochen, Backen und<br />
BIS ZU<br />
58 %<br />
WENIGER<br />
FETT<br />
100 %<br />
GELING-<br />
SICHER<br />
GLUTEN<br />
FREI<br />
SCHNELL<br />
&<br />
EINFACH<br />
AUS<br />
ECHTER<br />
HEIMISCHER<br />
SAHNE<br />
Einfache Anwendung<br />
Für pikante & süße Gerichte<br />
Emulgiert mit Öl<br />
Bindet Flüssigkeiten<br />
Alkohol- & säurestabil<br />
Hitze- & tiefkühlstabil<br />
Kürzere Zubereitungszeit<br />
Längere Präsentationszeit<br />
QimiQ<br />
CLASSIC<br />
für die süße & pikante Küche<br />
Ideal für Aufstriche, Dips, Dressings,<br />
stichfeste Füllungen, schnittfeste<br />
Tortenfüllungen, Terrinen,<br />
Mayonnaise ohne Ei.<br />
QimiQ<br />
SAUCENBASIS<br />
für die warme Küche<br />
und zum Backen<br />
Ideal für Cremesuppen, Saucen,<br />
Rührei, Gratiniermassen und<br />
Übergüsse für Quiche, Tartes,<br />
etc.<br />
QimiQ<br />
WHIP<br />
zum Aufschlagen<br />
Ideal für Cremen, Mousses,<br />
Füllungen, Eclairs, Tratelettes,<br />
pikant und süß.<br />
www.QimiQ.com
URSPRUNG<br />
Hier geht’s zu unseren Ursprung-Lieferanten:<br />
www.transgourmet-ursprung.de<br />
Einsatz von Medikamenten oder Antibiotika<br />
aufwachsen können. Auch das ist Teil ihrer<br />
Vision: Mit dem Einkauf von Süßwasserfischen<br />
will Katrin Eberhardt einen Beitrag leisten, die<br />
Überfischung der Meere zu verhindern.<br />
Mit ihrem ganzheitlichen Anspruch an eine<br />
gute, gesunde Küche hat sich die Rehaklinik<br />
in Bad Belzig ein Alleinstellungsmerkmal<br />
erobert. Das beginnt schon beim Eintritt in<br />
die Klinik, wo bereits bei der Chefarzt-Begrüßung<br />
jeder Neuzugang mit den hauseigenen<br />
kulinarischen Qualitätsansprüchen vertraut<br />
gemacht wird. Und auf dem Weg in die Cafeteria<br />
empfängt eine beleuchtete Infotafel die<br />
Patienten, auf der alle regionalen Erzeuger<br />
aufgeführt sind. Hier erkennt jeder Tischgast<br />
auf den ersten Blick, wo beispielsweise<br />
auch das leckere Strohschwein-Schnitzel herkommt,<br />
das ihn im Speisesaal erwartet.<br />
Willkommen in der Welt von<br />
Transgourmet-Ursprung<br />
In Kürze online:<br />
Im Video berichten<br />
unsere Kunden über ihre<br />
Erfahrungen mit<br />
Transgourmet-Ursprung.<br />
„Wir haben schon immer auf hohem Niveau<br />
gekocht“, erklärt uns die Klinikleiterin, „und<br />
dafür von unseren Patienten viel Lob bekommen.<br />
Aber besonders wichtig für die Zukunft<br />
unserer Klinik ist es, dass wir in den Patientenbewertungen<br />
schon seit Jahren deutlich<br />
besser abschneiden als der Wettbewerb. Das<br />
sichert uns eine Art Alleinstellung.“<br />
Dass die Rehaklinik in Bad Belzig seit Jahren in<br />
der Benotung der Klinikverpflegung bundesweit<br />
auf dem Spitzenplatz liegt, ist auch den<br />
Kostenträgern nicht verborgen geblieben.<br />
Entgegen des allgemeinen Trends zur Kostenreduzierung<br />
in der Gesundheitsbranche<br />
haben sie den Verpflegungssatz in diesem<br />
Jahr erhöht. Damit honorieren sie auch das<br />
erfolgreiche Engagement der Klinikchefin,<br />
die Kooperation mit regionalen und nachhaltig<br />
produzierenden Anbietern immer weiter<br />
auszubauen. Mit der wachsenden Zahl an<br />
Ursprung-Produkten wird Transgourmet das<br />
visionäre Team um Katrin Eberhardt auch in<br />
Zukunft nach allen Kräften unterstützen. „Es<br />
ist ein weiter Weg zu mehr Nachhaltigkeit und<br />
Qualität in unserer Ernährung, und jeder einzelne<br />
Schritt erfordert viel Energie und Überzeugungskraft.<br />
Aber er lohnt sich“, resümiert<br />
Katrin Eberhardt ihre langjährige Erfahrung.<br />
Die übrigen Vor- und Weiterdenker, die wir<br />
auf unserer Reise porträtiert haben, würden<br />
ebenfalls keinen anderen Weg in die Zukunft<br />
gehen. Jeder geht ihn auf seine Weise, aber sie<br />
gehen ihn mit einem gemeinsamen Ziel. Ihre<br />
kleinen und großen Erfolge sollten uns Mut<br />
machen, ihnen zu folgen.<br />
Gesellschaftliche Veränderungen, und seien<br />
sie noch so bedeutend, müssen nicht immer<br />
in einer Revolution enden. Manchmal findet<br />
der Wandel ganz leise statt, jenseits von Hype<br />
und Marktschreierei. Und vielleicht besteht<br />
die Kunst der Veränderung ja darin, das Neue<br />
in das Bestehende zu integrieren. Damit sich<br />
Herkunft mit Zukunft verbindet. •<br />
Bei Fragen zu Transgourmet<br />
Ursprung stehen wir Ihnen gerne<br />
via Email zur Verfügung:<br />
nachhaltigkeit@transgourmet.de<br />
Demnächst online:<br />
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einfach den QR-Code<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
28
Köstliche Torte<br />
einfach gemacht<br />
Philadelphia Schnitte Klassisch<br />
Zutaten für 35 Stücke:<br />
Für den Teig<br />
450 g Mehl (Type 405)<br />
100 g feiner Zucker<br />
1 kräftige Prise Salz<br />
225 g kalte Butter<br />
2 Eier (100 g Vollei)<br />
1 TL Zitronenabrieb<br />
Zubereitung:<br />
Für die Creme<br />
20 Blatt Gelatine<br />
1,1 kg Philadelphia<br />
Doppelrahm Natur<br />
1,1 kg Joghurt (1,5 % Fett)<br />
100 ml Zitronensaft<br />
300 g feiner Zucker<br />
Backblech<br />
1. Für den Mürbeteig Mehl, Zucker, Salz, Butter, Ei und Zitronenabrieb zu einem glatten Teig verkneten. Teig<br />
in Blechgröße (530 x 325 x 40 mm) ausrollen. Boden des gefetteten Blechs mit dem Teig auslegen. Boden<br />
im Kombidämpfer bei 200 °C ca. 18 Minuten backen. Boden auskühlen lassen.<br />
2. Gelatine 5 Minuten in kaltem Wasser einweichen. Philadelphia mit Joghurt, Zitronensaft und Zucker verrühren.<br />
Gelatine ausdrücken, erwärmen und auflösen. Philadelphia Creme nach und nach unter die Gelatine rühren.<br />
3. Philadelphia Creme auf den Boden geben und die Torte mindestens 3 Stunden kühlen.<br />
Pro Stück: ca. 223 kcal/935 kJ, E 4 g, F 14 g, KH 19 g<br />
530 x 325 x 40 mm<br />
Philadelphia<br />
versch. Sorten<br />
1,65 kg Schale<br />
Weitere Tortenrezepte auf<br />
www.philadelphia-professionel.de
REPORTAGE<br />
Nahrung<br />
für die Seele<br />
Satt und froh statt abgespeist: Was Gemeinschaftsverpflegung<br />
für alte Menschen leisten<br />
kann, will Transgourmet mit dem Projekt Vom<br />
Kostenfaktor zum Glücksfaktor zeigen. In Kassel<br />
sprachen Fachleute zu dem Thema, vorbildliche<br />
Senioreneinrichtungen wurden vorgestellt.<br />
Text: Jacqueline Vogt – Fotos: Caro Hoene<br />
Glückliche Gesichter: Die Sieger aus Leutkirch freuen sich, dass<br />
ihre vorbildhafte Arbeit gewürdigt wurde (oben)<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
30
SYMPOSIUM<br />
Auf dem Podium an der Stirnseite des<br />
großen Raumes rückt der erste Redner<br />
seine Unterlagen zurecht. Vor<br />
ihm erstrecken sich lange Tafeln, weiß eingedeckt.<br />
In der Luft Gläserklirren und Stimmengewirr,<br />
süße und würzige Gerüche. In<br />
der Brüderkirche in Kassel, einem ehemaligen<br />
Gotteshaus, das heute als Tagungs- und Veranstaltungsort<br />
dient, geht es am 16. November<br />
2<strong>01</strong>6 um gutes Essen. Und um die Frage,<br />
wo die Beschäftigung mit Lebensmitteln eine<br />
Bedeutung hat, die über Nahrungsaufnahme<br />
weit hinausgeht: Es wird im Rahmen eines<br />
Symposiums ein erstes Fazit gezogen über das<br />
Transgourmet-Projekt Vom Kostenfaktor zum<br />
Glücksfaktor, das sich dem Essen in Senioreneinrichtungen<br />
widmet.<br />
An diesem Novembertag werden in Kassel<br />
außerdem auch Senioreneinrichtungen ausgezeichnet,<br />
die an einem von Transgourmet<br />
ausgeschriebenen Wettbewerb zum Thema<br />
teilgenommen haben. Sie haben präsentiert,<br />
wie in ihren Häusern die Zubereitung und der<br />
Verzehr von Mahlzeiten über ein Zurverfügungstellen<br />
von Lebenswichtigem hinausgeht,<br />
und wie glücklich das alle Beteiligten<br />
machen kann. Von denen, die mitgemacht<br />
haben, sind sechs als mögliche Preisträger<br />
nominiert worden. Nicht alle werden am Ende<br />
der Veranstaltung ausgezeichnet, aber vorbildhaft<br />
ist jeder einzelne.<br />
Die nominierten Betriebe<br />
Weit über hundert Gäste aus Wissenschaft und Politik<br />
sowie Mitarbeiter von Senioreneinrichtungen und<br />
Ehrengäste von Transgourmet Deutschland genießen<br />
die Veranstaltung in beeindruckender Kulisse<br />
Im Samariterstift im Nachbarschaftshaus<br />
Scharnhauser Park in Ostfildern zum Beispiel<br />
wachsen in einem kleinen Küchengarten<br />
Kräuter und Beeren für den Bedarf des Hauses.<br />
Und eine ehemalige Konditorin bietet<br />
regelmäßig Backnachmittage an. In Meppen<br />
konnte der dortige DRK-Kreisverband Emsland<br />
in seiner ambulanten Wohngemeinschaft<br />
für Demenzkranke ebenso wie in jedem seiner<br />
insgesamt sieben Wohnbereiche eine<br />
eigene Küche einrichten, in der die Mahlzeiten<br />
zubereitet werden. Zudem gibt es einen<br />
Tante-Emma-Laden, in dem die Bewohner die<br />
Zutaten für die Küche aussuchen können. Der<br />
DRK-Kreisverband Bitburg-Prüm hat in seinem<br />
Tagespflegehaus Limbourgs Garten in Bitburg<br />
eine sogenannte Therapieküche und in seinem<br />
Mehrgenerationenhaus, einer offenen<br />
Begegnungsstätte für alte und junge Leute,<br />
ein Schlaraffenland geschaffen: ein kleines<br />
Paradies, in dem es duftet und klingt, in dem<br />
man essen kann und Kräuter zwischen den<br />
Fingern verreiben und sich die Mahlzeiten seines<br />
Lebens ins Gedächtnis zurückholen.<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
31<br />
»
REPORTAGE<br />
Anspannung und Nervosität des<br />
Tages sind wie weggeblasen: Nach<br />
der Preisverleihung am Nachmittag<br />
ist die Freude bei allen<br />
Nominierten riesengroß<br />
Die Einrichtungen, die im Verlauf der Veranstaltung<br />
in der Brüderkirche erfahren werden,<br />
dass sie gewonnen haben, gehen mit ihren<br />
Konzepten noch ein Stück weiter. Im AWO-<br />
Sozialzentrum Jung und Alt unter einem Dach in<br />
Würzburg etwa, das sich in direkter Nachbarschaft<br />
zu einem Kindergarten befindet, den<br />
die Küche des Heims ebenfalls versorgt, hat<br />
der Hausmeister einen mobilen Koch- und<br />
Backwagen gebaut, mit dem in den verschiedenen<br />
Wohnbereichen gearbeitet wird. Zu<br />
Gelegenheiten wie etwa jahreszeitlichen Festen<br />
kochen dort außerdem die Bewohner nach<br />
einem besonderen Motto selbst. Einmal in der<br />
Woche backen sie, die Eisfrau des Hauses lässt<br />
sie immer abwechselnde, kalte Kreationen kosten.<br />
Das können auch die genießen, die Probleme<br />
mit dem Kauen und Schlucken haben.<br />
Wünsche im Blick<br />
Intensive Dialoge begleiten den Tag<br />
in der Kasseler Brüderkirche<br />
Im Seniorenzentrum Carl-Joseph in Leutkirch im<br />
Allgäu leben die Bewohner in Gruppen und jede<br />
hat eine eigene Küche. Die Küchen sind so offen<br />
gestaltet, dass auch Senioren im Rollstuhl<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
32
SYMPOSIUM<br />
Zugang dazu haben und bei der Zubereitung<br />
des Essens helfen können. Das gemeinsame<br />
Essen nicht nur als Nahrungsaufnahme, sondern<br />
auch als Ausdruck freudigen Tuns zu zelebrieren,<br />
ist dort ein tägliches Ziel, hier sind die<br />
Wünsche im Blick. Kleine Höhepunkte setzen<br />
Veranstaltungen wie das regelmäßige Sektfrühstück<br />
und ein Stammtisch in einem nahen<br />
Wirtshaus. Jeden Donnerstag bringen zwei Präsenzkräfte<br />
den fahrenden Marktwagen in die<br />
Wohnbereiche. Hier können sich Bewohner ihr<br />
Obst aussuchen und mitnehmen. Bettlägerige<br />
Senioren werden zum Wagen gefahren, damit<br />
jeder auf seine Weise aktiv sein kann. In der<br />
Caritas-Hausgemeinschaft für Senioren St. Elisabeth<br />
in Hollfeld wachsen Kräuter und Gemüse<br />
in einem essbaren Garten, der zum Haus gehört.<br />
Wo sie können, tun die Bewohner der acht<br />
Wohnbereiche in Küchenangelegenheiten mit,<br />
besonders gerne beim Einkochen von Marmelade.<br />
Frühstück und Abendessen bereiten alle<br />
in Eigenregie zu. Prinzip in St. Elisabeth ist es,<br />
die Senioren so nah wie möglich in einer familiären<br />
Alltagsstruktur mit Alltagsaufgaben und<br />
Aktivitäten wohnen zu lassen.<br />
Wenn alte Menschen sich nicht mehr alleine<br />
versorgen können, brauchen sie Hilfe und<br />
Betreuung. Dazu gehört, für ihre Mahlzeiten<br />
zu sorgen. Die Einrichtungen der Altenhilfe<br />
darin zu unterstützen und das auf eine Art und<br />
Weise zu tun, die ökonomische mit ethischer<br />
Verantwortung paart, das nennt Martin Kölle,<br />
der Deutschland-Vertriebsleiter für Gemeinschaftsverpflegung<br />
bei Transgourmet, in der<br />
Brüderkirche den „Anspruch seines Unternehmens“.<br />
Mit dem Projekt vom Kostenfaktor zum<br />
Glücksfaktor ist dieser Anspruch dokumentiert.<br />
Das Magazin politik & kommunikation hat<br />
Transgourmet dafür mit seinem renommierten<br />
Politikaward ausgezeichnet: Eine schöne<br />
Belohnung für eine Idee, die auf mehreren<br />
Ebenen verwirklicht wurde, verwirklicht wird<br />
und noch lange werden soll.<br />
»<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
33<br />
Wird es zum Sieg reichen? Bis zur Preisverleihung<br />
erfährt keiner der Nominierten,<br />
wer gewinnen wird
REPORTAGE<br />
Im Frühjahr 2<strong>01</strong>6 hatte Transgourmet Deutschland<br />
Senioreneinrichtungen im ganzen Land<br />
aufgerufen, ihre Hauskonzepte zur Verbesserung<br />
der Verpflegungsqualität und Integration<br />
von Senioren in die Auswahl und Zubereitung<br />
von Lebensmitteln einzureichen. Symposium<br />
und Preisverleihung in Kassel machen die<br />
Ergebnisse öffentlich. Vorarbeit war schon ein<br />
Jahr zuvor geleistet worden mit dem erfolgreichen<br />
Buch Wir haben einfach gekocht, das von<br />
Transgourmet finanziert und vom Umschau-<br />
Verlag publiziert wurde. Die Autoren, unter<br />
ihnen Jörg Reuter, haben Senioreneinrichtungen<br />
in Deutschland besucht, Bewohner nach<br />
ihren liebsten Rezepten gefragt, Gerichte<br />
mit ihnen zusammen zubereitet und das<br />
Ganze fotografiert. Herausgekommen ist eine<br />
Rezeptsammlung, die auch eine Überlieferung<br />
an nachfolgende Generationen ist, und ein<br />
anrührendes Dokument über Wünsche und<br />
Sehnsüchte, aber auch die Kraft alter Leute.<br />
Das Medienecho auf das Buch und die damit<br />
verbundenen Projekte war enorm und ist es<br />
noch. Fachmagazine für Pflege berichteten,<br />
ebenso die großen Publikumsmedien. Das<br />
Thema findet im Internet und auch in sozialen<br />
Netzwerken Niederschlag. Kein Wunder, es<br />
betrifft viele.<br />
Auf die Tatsache, dass derzeit rund 1,8 Millionen<br />
Menschen in Deutschland pflegebedürftig<br />
sind und 760.000 in Pflegeheimen<br />
leben, Tendenz steigend, weist auf dem<br />
Symposium in der Brüderkirche Daniela Born-<br />
Schulze, Referentin für Ernährung im Hessischen<br />
Verbraucherschutzministerium, hin. Viele<br />
alte Menschen wiesen, wenn sie in ein Heim<br />
kämen, Anzeichen von Mangelernährung auf,<br />
fügt sie hinzu. Auch deswegen komme dem<br />
Essen in einer Gemeinschaftseinrichtung und<br />
der Frage, wie es gelinge, es denen schmackhaft<br />
zu machen, die es später auch verzehren<br />
sollen, große Bedeutung zu.<br />
Auf dem Podium: Jörg Reuter, Strategieberater,<br />
Agentur Grüne Köpfe, und Mitautor des<br />
Buches Wir haben einfach gekocht (oben)<br />
„Generationenbedingt wird der Sektor Seniorenverpflegung<br />
in den nächsten Jahren stark<br />
wachsen. Wir wollen, dass dabei die Qualität<br />
wächst“, erklärt Transgourmet-Mann Martin<br />
Kölle. „Nahrung kann wie eine Liebesgabe und<br />
wie ein Wunder wirken“, weiß Helmut Kneppe,<br />
Vorstand des Kuratoriums Deutsche Altershilfe.<br />
Kneppe, ein ehemaliger Kommunalbeamter,<br />
hat im Laufe seines Berufslebens, unter anderem<br />
als Sozialdezernent im Landkreis Siegen-<br />
Wittgenstein, viele Seniorenheime gesehen<br />
und kennt die Tagesabläufe dort. „Das Thema<br />
Langeweile begegnet einem im Zusammenhang<br />
mit dem Alter sehr oft“, sagt er in seinem<br />
Vortrag in der Brüderkirche. „In vielen<br />
Heimen sind die Bewohner unterfordert“, fügt<br />
er hinzu, und: „Wer im Beruf steht und abends<br />
abgekämpft nach Hause kommt, der genießt<br />
es, sich an einen gedeckten Tisch zu setzen.<br />
Wer sein Leben lang gerne gekocht hat und<br />
im Heim nur noch fertiges Essen vorgesetzt<br />
bekommt, der langweilt sich.“<br />
Wo aber in einem Heim die alten Menschen in<br />
die Zubereitung von Frühstück und Kuchenbüffet,<br />
von Suppen und Soßen und belegten »<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
34
SYMPOSIUM<br />
Links: Daniela Born-Schulze, Referentin für<br />
Ernährung im Hessischen Verbraucherschutzministerium.<br />
Unten: Helmut Kneppe, Vorstand des<br />
Kuratoriums Deutsche Altershilfe<br />
Oben: Ernährungspsychologe Prof. Dr. Christoph<br />
Klotter, Universität Fulda. Rechts: Martin Kölle,<br />
Deutschland-Vertriebsleiter für Gemeinschaftsverpflegung<br />
bei Transgourmet<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
35
REPORTAGE<br />
Teilnehmer der Diskussionsrunde:<br />
Links: Johannes Kuther, Mitglied der Geschäftsführung<br />
Diakonisches Werk Schweinfurt e.V.<br />
Unten: Dieter Heinecke, Leiter der Zentralküche,<br />
Senioren-Pflegeheim St. Elisabeth, Köthen<br />
Oben: Lothar Kanter, Geschäftsführer, Curatio<br />
Seniorenzentrum Sinzheim. Rechts: Verpflegungsleiterin<br />
Gabriele Lerche, Seniorenwohnanlage<br />
Habichtswald Kassel<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
36
SYMPOSIUM<br />
Broten einbezogen würden, in welcher Form<br />
auch immer, da profitierten sie, berichtet<br />
Kneppe. Beim Kochen erinnerten sie sich an<br />
die Vorgänge des Kochens selbst und daran,<br />
wie sie früher mit Kartoffeln, Karotten oder<br />
Eiern umgegangen seien. Ihnen falle ein, was<br />
ihnen geschmeckt habe und was der Familie,<br />
und was wer nicht gemocht habe. Dazu die<br />
sinnlichen Eindrücke, die mit dem Kochen verbunden<br />
sind, die Gerüche, die Geräusche: Wo<br />
all das wichtig genommen werde, da könnten<br />
selbst Demente wache, frohe Augenblicke<br />
erleben, und die wögen stark, sagt Kneppe.<br />
Er zitiert eine Erkenntnis aus der Psychologie:<br />
„Ein ausgedrücktes Gefühl der Belastung<br />
verliert an negativer Kraft. Ein ausgedrücktes<br />
positives Gefühl gewinnt hinzu.“<br />
Dass eine solche Fokussierung alle Abläufe<br />
in einem Seniorenheim betreffen kann und<br />
wird und dass es nicht immer einfach ist,<br />
Verantwortliche von deren Notwendigkeit<br />
zu überzeugen, spricht die Diskussionsrunde<br />
ebenfalls an: Tagesabläufe, Einkaufswege und<br />
gegebenenfalls Kostenpläne müssen überarbeitet<br />
werden, eingespielte Gewohnheiten<br />
überdacht. Das gilt für die Heimleitung und<br />
für die Pflegenden.<br />
Und es gilt für jene, die am wichtigsten sind,<br />
wenn es um die Qualität des Essens geht.<br />
Dieter Heinecke, Teilnehmer der Diskussionsrunde<br />
und Leiter der Zentralküche eines<br />
Pflegeheims im anhaltinischen Köthen, bringt<br />
es auf den Punkt: Es seien dieselben, die sie<br />
überall bräuchten, und mit seinem Fazit neigt<br />
sich der Tag in der Brüderkirche dem Ende zu:<br />
„Die Leute in der Küche möchten bitte mit<br />
dem Herzen dabei sein.“ •<br />
Win-win-Situation<br />
Kann Essen glücklich machen? Wer gerne gut<br />
isst, wird „Ja“ sagen. Kann Essen alte Menschen<br />
in Heimen glücklich machen? Diese<br />
Frage, so lautet grob zusammengefasst ein<br />
Ergebnis des Symposiums in der Brüderkirche,<br />
wird viel zu selten gestellt. Das, obwohl mit<br />
dem Wichtig nehmen des Essens Antworten<br />
auf viele Fragen gegeben werden können.<br />
Nicht zuletzt auf die, wie ein idealer Tag in<br />
einer Gemeinschaftseinrichtung aussehen<br />
kann. „Man sollte Leute in einem Heim nicht<br />
einfach abspeisen, sondern sie soweit es geht<br />
auf eigenen Füßen stehen lassen. Das Kochen<br />
ist dazu eine gute Möglichkeit“, erklärt der<br />
Ernährungspsychologe Prof. Dr. Christoph<br />
Klotter, der an der Universität Fulda lehrt.<br />
Von einem achtsamen Umgang mit den<br />
Lebensmitteln, von der Konzentration auf die<br />
Zubereitung von Mahlzeiten als einer auch<br />
pädagogischen Arbeit profitierten Senioren<br />
und die Senioreneinrichtungen selbst, heißt es<br />
in einer Diskussionsrunde zum Abschluss des<br />
Symposiums. Von einer emotionalen Rendite<br />
ist die Rede: Gesteigertem Wohlbefinden der<br />
Bewohner folge die Linderung ihrer Beschwerden,<br />
was wiederum dazu führe, dass das Personal<br />
mehr Zeit für mehr als nur die dringend<br />
notwendige Zuwendung habe.<br />
Die Gewinne<br />
Die Gewinner des Wettbewerbs und die weiteren drei Nominierten<br />
wurden mit dem Siegel Impulsgeber für emotionalen <strong>Genuss</strong><br />
2<strong>01</strong>7 ausgezeichnet, das Transgourmet Deutschland erstmalig<br />
verliehen hat. Darüber hinaus dürfen sich die drei Siegereinrichtungen<br />
über eine von Transgourmet Deutschland finanzierte<br />
Imagekampagne freuen.<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
37
TIM AUF DER HOLUNDER-<br />
PLANTAGE IN GLOUCESTERSHIRE<br />
UNSER SIZILIANISCHER<br />
ZITRONENHAIN<br />
CHARLES BESUCHT DIE THYMIAN-<br />
FELDER IN DER PROVENCE<br />
CHARLES ERNTET GRÜNEN INGWER<br />
AN DER ELFENBEINKÜSTE EIN FARMER PRESST DIE FRISCHEN<br />
BITTERORANGEN IN TANSANIA<br />
TIM ENTFERNT DIE RINDE DES<br />
FEVER-TREE-BAUMS IM KONGO<br />
TIM BESUCHT BAUERN<br />
IN COCHIN / INDIEN.
REPORTAGE<br />
Rungis – Der Markt,<br />
auf dem die Welt einkauft<br />
Der Großmarkt in Rungis, vor den Toren von Paris, ist ein Ort der Superlative.<br />
Er gilt als weltweit größter Markt für frische Lebensmittel und<br />
liefert seine Produkte in über 45 Länder.<br />
Text: Ingo Swoboda – Fotos: Carsten Wilde<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
40
RUNGIS<br />
Von Jacques Dutronc hat man lange nichts<br />
mehr gehört. Es ist still geworden um den Pariser<br />
Chansonier und Schauspieler. Doch seine<br />
unsterbliche Ballade Il est cinq heures, Paris s’eveille<br />
aus dem Jahr 1968 rührt bis heute die Nachtschwärmer<br />
und Frühaufsteher, wenn Dutronc mit monotoner<br />
Stimme das Erwachen der Metropole um fünf Uhr<br />
morgens beschreibt. Dann machen sich Transvestiten,<br />
Stripteasetänzerinnen und die letzten Gäste aus den<br />
verruchten Bars auf den Heimweg, während die ersten<br />
Pendler aus der Banlieue die Stadt erreichen, gleichzeitig<br />
unzählige Straßenfeger die berühmten Boulevards<br />
und schicken Avenues vom Schmutz der Nacht<br />
befreien und ihnen für einen Tag ihren legendären<br />
Glanz zurückgeben.<br />
Vergessen zu erwähnen hat Jacques Dutronc in seinem<br />
Chanson den Bauch von Paris, jene legendären Markthallen<br />
in der alten Mitte der Stadt, die Èmile Zola in seinem<br />
1873 erschienenen Roman Le Ventre de Paris als<br />
Schauplatz seiner Betrachtungen dienen. Denn dort,<br />
wo seit dem Mittelalter das Pariser Nachtleben eine<br />
ganz andere, wenig glamouröse Ausrichtung hatte,<br />
wo unzählige Bäcker, Metzger, Fleischer, Fischhändler,<br />
Blumen- und Obsthändler ihre Waren anboten, war um<br />
fünf Uhr morgens weitgehend Feierabend. Dann traf<br />
man sich im Au chien qui fume auf eine heiße Zwiebelsuppe,<br />
bestellte gegrillte Schweinsfüße im Au Pied »<br />
Die Uhrzeit kann ihm die gute Laune nicht<br />
verderben: Guide Jean führt Besuchergruppen<br />
um vier Uhr morgens durch seine Hallen<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
41
REPORTAGE<br />
GRÖSSER ALS MONACO<br />
9 MRD. EURO UMSATZ/JAHR<br />
70 KILOMETER STRASSEN<br />
25.000 FAHRZEUGE/NACHT<br />
30.000 MENSCHEN/NACHT<br />
17 RESTAURANTS UND BRASSERIEN,<br />
EIGENES POLIZEIREVIER,<br />
BANK, REISEBÜRO, KINDERGARTEN,<br />
GÜTERBAHNHOF<br />
In der Fischhalle sind um kurz nach vier Uhr<br />
morgens die Geschäfte bereits gelaufen, die<br />
meisten Fische verkauft<br />
de Cochon und bewunderte die Forts des Halles, jene<br />
kräftigen, blutverschmierten Fleischträger, die bereits<br />
in den frühen Morgenstunden ausreichend Rotwein<br />
schlürften und sich einen Spaß daraus machten, eingeklemmte<br />
Autos aus der Parklücke zu tragen.<br />
Doch der Bauch von Paris ist längst Geschichte, er ist<br />
leer. Anfang März 1969 zieht der aus allen Nähten platzende<br />
Großmarkt an nur einem Tag aus dem engen historischen<br />
Stadtzentrum nach Rungis vor die Tore der<br />
Hauptstadt: eine logistische Meisterleistung. Die zwölf<br />
Pariser Markthallen müssen den Baggern weichen, und<br />
aus dem Bauch wird das Loch von Paris. Nach heftigen<br />
Diskussionen entsteht auf dem historischen Marktgelände<br />
das von den meisten Parisern äußerst ungeliebte<br />
Forum des Halles.<br />
Heute blickt die Grande Nation voller Stolz nach Rungis.<br />
Hier liegt Frankreichs kulinarische Seele, in Sachen<br />
Feinschmeckerei ist Rungis der Nabel der Welt. Denn<br />
das einst verschlafene Provinznest, nur wenige Kilometer<br />
südlich von Paris und unweit des Flughafens<br />
Orly gelegen, beherbergt den weltweit bedeutendsten<br />
Großmarkt für Lebensmittel und Blumen. Doch das<br />
ist untertrieben. Rungis ist kein Großmarkt, Rungis<br />
ist eine Stadt. Größer als Monaco, mit 234 Hektar Fläche<br />
so groß wie 330 Fußballfelder, auf denen jährlich<br />
rund neun Milliarden Euro Umsatz gemacht werden.<br />
Eine Stadt mit rund 70 Kilometern Straßen, auf denen<br />
sich Nacht für Nacht mehr als 25.000 Fahrzeuge übers<br />
Gelände drängeln, einem eigenen Polizeirevier, einer<br />
Bank, 17 Restaurants und Brasserien, einem Reisebüro,<br />
Kindergarten und eigenem Güterbahnhof. Und natürlich<br />
Hallen, die in ihren Ausmaßen an Flugzeughangars<br />
erinnern. Soweit das Auge reicht. Neun sind es allein<br />
für Obst und Gemüse, in anderen gibt es nur Blumen.<br />
Hinzu kommen Hallen für Käse und Milchprodukte,<br />
Geflügel und Wild, Rinder, Lamm, Schweine oder Innereien.<br />
Und alle voll bis unters Dach. Rungis ist ein Ort<br />
der Superlative, konkurrenzlos, ein sich schnell drehendes<br />
Karussell für Produkte aus aller Welt und ein sicheres<br />
Barometer dafür, was in den Küchen rund um den<br />
Globus gerade Trend ist. Neue und exotische Produkte<br />
tauchen hier zum ersten Mal auf, wiederentdeckte alte<br />
Gemüsesorten gehören zum Standardrepertoire, es<br />
gibt Hallen mit ausschließlich Bio-Produkten. In Rungis<br />
gibt es alles und noch viel mehr.<br />
Jede Nacht kommen rund 30.000 Menschen in die pulsierende<br />
Marktstadt, liefern Produkte, verkaufen und<br />
kaufen und transportieren sie wieder ab. Doch ohne<br />
autorisierten Passierschein als Händler oder Käufer<br />
kommt hier niemand aufs Gelände. Für Besucher bietet<br />
der Großmarkt mehrstündige Führungen an, Sven<br />
Bleß, Leiter der exklusiven Transgourmet-Range Qualité<br />
de Paris hat eine für uns organisiert. Mit unserem<br />
Guide Jean sind wir um vier Uhr morgens vor der riesigen<br />
Fischhalle verabredet. Um vier Uhr ist hier das<br />
Geschäft weitgehend passé, sind die meisten Fische<br />
verkauft, doch so stören wir als Besucher auch nicht<br />
den laufenden Betrieb. Gleich nebenan, am langen Tresen<br />
der Brasserie A la Marée, stehen schon die Fischhändler<br />
mit ihren Kunden und stoßen mit einem Glas<br />
Burgunder auf die guten Geschäfte an. »<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
42
RUNGIS<br />
Die Hallen gleichen Flugzeughangars: Wenn<br />
es leer wird, lassen sich die riesigen Dimension<br />
des Großmarkts noch besser erahnen<br />
In den Fischhallen wird akkurat gestapelt und<br />
gekühlt: Die wertvolle Fracht darf auf ihrer Reise<br />
keinen Schaden nehmen<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
43
REPORTAGE<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
44
RUNGIS<br />
Foto: Sven Bleß<br />
Als Leiter Qualité de Paris<br />
kennt Sven Bleß den Pariser<br />
Großmarkt aus dem Effeff<br />
»Das Angebot in Rungis ist so<br />
riesig und vielfältig, dass man<br />
Tage braucht, um alles zu sehen.<br />
Und natürlich, um das Beste zu<br />
finden.«<br />
Aber noch herrscht in der eiskalten Halle recht hektisches<br />
Treiben. Kleine wendige Gabelstapler fahren<br />
im Slalom zwischen den überall herumstehenden Kisten<br />
hin und her. Die Temperatur in der Halle liegt nur<br />
wenige Grad über dem Gefrierpunkt, der Boden gleicht<br />
einer riesigen Pfütze. Gellende Rufe schallen von allen<br />
Seiten durch den gigantischen Raum, die Ware muss<br />
jetzt schnellstens auf den Weg. Da muss jeder Handgriff<br />
sitzen, die Fische und Meerestiere ordentlich auf<br />
Eis liegen. Alles sicher verpackt in weißen Styroporkisten,<br />
die in Windeseile auf Paletten gestapelt werden.<br />
Länger als 36 Stunden, maximal 48, darf der Transport<br />
an jeden beliebigen Ort der Welt nicht dauern. Ein echter<br />
Knochenjob für die Männer, die mit ihren weißen<br />
Kitteln und weißen Mützen aussehen wie eine Heerschar<br />
von Eskimos. Nur am Firmenlogo auf den Jacken<br />
kann man die Firmenzugehörigkeit erkennen. Insgesamt<br />
bieten 48 Händler Fische aus allen Weltmeeren<br />
in der Halle an, auf dem gesamten Gelände sind rund<br />
1.200 Unternehmen aktiv.<br />
Szenenwechsel: Wann hat man schon mal ganze Rinderhälften<br />
von der Decke hängen sehen? Und das gleich<br />
zu hunderten. Wir staunen nicht schlecht angesichts<br />
der Menge, es riecht nach Blut und frischem Schlachtfleisch.<br />
Nur wenige Meter weiter befindet sich die Halle<br />
für Innereien. In riesigen Kübeln warten Schweinefüße,<br />
eimerweise Leber, Nieren, Zungen, Kalbsbries und Hirn<br />
auf ihren Transport. Dutzende abgekochte Kalbsköpfe<br />
hängen in Reih und Glied an blitzenden Metzgerhaken.<br />
Ein Teil der Ware kommt aus deutschen Schlachthäusern,<br />
dort ist sie fast unverkäuflich. Mehr als 50 Tonnen<br />
Innereien wechseln täglich den Besitzer, vorwiegend<br />
sind es französische Köche, die sich für das Angebot<br />
interessieren. Aber auch der Chefkoch des Weißen<br />
Hauses wurde hier schon gesichtet.<br />
In den Obst- und Gemüsehallen triumphieren bunte<br />
Farben. Palettenweise Erdbeeren mitten im November,<br />
Äpfel und Birnen in allen Farben und Formen, grüne<br />
und rote Trauben in allen Varianten und Größen, tausende<br />
von Kiwis und Orangen, Unmengen von Melonen,<br />
perfekt gestapelt zu Pyramiden. Daneben ordentlich<br />
aufgeschichtete Karotten, kistenweise frischer Knoblauch,<br />
Artischocken wie gemalt. Ein Erlebnis für die<br />
Augen. „Das Angebot in Rungis ist so riesig und vielfältig,<br />
dass man Tage braucht, um alles zu sehen. Und<br />
natürlich, um das Beste zu finden“, sagt Sven Bleß. Er<br />
muss es wissen. Schließlich ist er bei Transgourmet<br />
verantwortlich für die Linie Qualité de Paris, die ausgesuchte<br />
Premiumprodukte direkt über die Drehscheibe<br />
Pariser Großmarkt in die Gastronomie liefert. Immer<br />
auf der Suche nach den besten Produkten, beginnt sein<br />
Arbeitstag in Rungis mitten in der Nacht. Dann schläft<br />
die Seine-Metropole noch und wartet auf den Weckruf<br />
von Jacques Dutronc: Es ist fünf Uhr, Paris erwacht. Doch<br />
südlich der Stadt bereitet man sich um diese Uhrzeit<br />
auf den Feierabend vor. •<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
45
REPORTAGE<br />
Internationaler<br />
Wettbewerb<br />
Paris ist nicht nur die Hauptstadt der Haute<br />
Cuisine. Die französische Metropole ist auch<br />
Austragungsort eines der größten und<br />
renommiertesten Kochwettbewerbe, Les<br />
Chefs en Or, der von Transgourmet ins Leben<br />
gerufen wurde. Im November 2<strong>01</strong>6 trafen<br />
sich Profiköche und Auszubildende aus<br />
Deutschland, Frankreich, Österreich, Polen,<br />
Russland, Rumänien und der Schweiz, um<br />
vor einer internationalen Jury unter Vorsitz<br />
des Pariser Zwei-Sternekochs Thierry Marx<br />
(oben) ihr Können unter Beweis zu stellen.<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
46
LES CHEFS EN OR<br />
Das deutsche Team war mit Tom Gleitsmann<br />
(oben rechts) und Johannes Goll (oben links)<br />
als Sieger des nationalen Vorentscheids nach<br />
Paris gereist, unterstützt von den Jury-<br />
Mitgliedern Max Zibis (zweiter von links) und<br />
Bernd Zehner (zweiter von rechts). Genau<br />
drei Stunden Zeit hatten die Kandidaten,<br />
um ihre Kreationen aus den vorgegebenen<br />
Produkten der internationalen Jury in<br />
ihrer Kategorie zu präsentieren. Neben der<br />
geschmacklichen Qualität wurden auch die<br />
technische Umsetzung der Gerichte und die<br />
Sauberkeit am Arbeitsplatz bewertet.<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
47
REPORTAGE<br />
Die feierliche Preisverleihung des Chefs en Or fand am<br />
Abend im festlich dekorierten Pavillon Cambon Capucines<br />
statt. Rund 500 Gäste warteten im Rahmen eines<br />
Galadiners gespannt auf die Nominierung der Gewinner.<br />
Nach jedem Gang lüftete Eric Decroix (unten),<br />
Chef von Transgourmet Frankreich, das Geheimnis und<br />
präsentierte die glücklichen Gewinner.<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
48
LES CHEFS EN OR<br />
In der Kategorie Profiköche konnte der<br />
Franzose Antoine Chuard (oben links) unter<br />
großem Jubel seiner Landsleute die goldene<br />
Trophäe in Empfang nehmen. Auf Platz zwei<br />
landete Christoph Hunziker aus der Schweiz<br />
(oben Mitte), Platz drei ging an den russischen<br />
Koch Pavel Vasiliev (oben rechts).<br />
In der Kategorie Auszubildende verbuchte<br />
Silvan Oswald (unten rechts) aus der Schweiz<br />
den Sieg für sich. Platz zwei ging an Matthias<br />
Birnbach aus Österreich (unten Mitte) und<br />
Platz drei an die junge Köchin Margarita Su-<br />
Raikina aus Russland (unten links).<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
49
PORTRÄT<br />
Trocken gereiftes<br />
Rind, frischer Fisch<br />
Moderner, schöner und mit einem besseren Angebot speziell für<br />
die Gastronomie: Der umgebaute Selgros-Markt im nordrheinwestfälischen<br />
Hilden präsentiert sich in neuem Glanz.<br />
Text: Jacqueline Vogt – Fotos: Susanne Duda<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
50
SELGROS<br />
Wäre die Modernisierung eines alteingesessenen<br />
Handelsbetriebs ein<br />
Rezept, dann wären in diesem Falle<br />
die wichtigsten Zutaten eine riesige Fläche<br />
und ein Investitionsvolumen in Millionenhöhe.<br />
Hinzuzufügen wären das Engagement<br />
von mehr als 100 Mitarbeitern, die während<br />
wochenlanger Umbau- und Modernisierungsarbeiten<br />
die Geschäfte am Laufen halten,<br />
treue Kunden und eine ordentliche Portion<br />
Begeisterung auf allen Seiten. Dann käme<br />
heraus, was in Hilden bei Düsseldorf entstanden<br />
ist: Der neugestaltete Selgros Cash&Carry<br />
an der Oststraße.<br />
Ein windiger Morgen, der Himmel ist hellgrau.<br />
Auf dem Selgros-Parkplatz stehen die Autos<br />
mit ihren hochgefahrenen Kofferraumklappen<br />
und warten auf Bestückung. Ihre Fahrer<br />
laden Fleisch ein und Obst, Waschmittel und<br />
Bratpfannen. Drinnen scheint die Neonsonne<br />
auf das Land, in dem Gerhard Pastuschka<br />
Regierungschef ist. Es ist 12.000 Quadratmeter<br />
groß und hat ein Sortiment, das mehr als<br />
50.000 Produkte umfasst.<br />
Seit über 26 Jahren arbeitet der gelernte Großund<br />
Außenhandelskaufmann Pastuschka für<br />
Selgros, er stammt aus Hanau, hat sich hochgearbeitet<br />
vom Substitut zur Führungskraft.<br />
„Endlich darf ich mal einen Markt selbst eröffnen“,<br />
sagt er an diesem 8. Dezember 2<strong>01</strong>6<br />
augenzwinkernd: Denn den Hildener Selgros-<br />
»<br />
12.000 Quadratmeter groß ist der Hildener<br />
Selgros-Markt. Der verglaste Reifeschrank für<br />
Dry Aged Beef zählt zu seinen Besonderheiten<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
51
PORTRÄT<br />
Markt führt er schon seit sechs Jahren, jetzt<br />
aber sei der so umgekrempelt worden, dass es<br />
jedem seiner Kunden und Lieferanten wie eine<br />
Neueröffnung vorkommen müsse.<br />
Die Produktpalette in Hilden ist umfangreich<br />
und reichte und reicht von Obst und Gemüse<br />
über Medizinalbedarf bis hin zu Damen- und<br />
Herrenschuhen. Das Projekt Markt-Modernisierung<br />
steht auf zwei Pfeilern, einer ist die<br />
Technik, der andere das rundum erneuerte<br />
Angebot und seine bessere Präsentation. CO 2<br />
-<br />
Kälteanlagen mit Wärmerückgewinnung und<br />
Lärmschutz sind im einen Fall die Stichworte,<br />
mehr Auswahl beim Fleisch und zusätzlich frischer<br />
Fisch sind andere.<br />
Noch stärker als bisher stehen in Hilden jetzt<br />
Lebensmittel im Fokus, und insgesamt wird der<br />
Bedarf für die Gastronomie besser inszeniert.<br />
Zwar steht in jedem Selgros grundsätzlich das<br />
komplette Angebot allen Gewerbetreibenden<br />
offen, vom Arzt über den Taxifahrer und den<br />
Inhaber einer Installationsfirma bis hin zum<br />
Kioskbesitzer. Traditionell aber waren über<br />
Jahrzehnte hinweg Köche und Wirte ein großer<br />
Teil der Kunden. Heute sind sie numerisch<br />
in der Unterzahl, auch in Hilden. Sie sorgen<br />
aber in verschiedenen Abteilungen für einen<br />
erheblichen Anteil am Umsatz. Auch deswe-<br />
Neu im Sortiment von Metzgermeister Friedrich<br />
Pohlmann ist Dry Aged Beef, trocken abgehangenes<br />
Rindfleisch in verschiedenen Reifegraden<br />
gen wird in Hilden auf ihre Bedürfnisse noch<br />
stärker eingegangen als zuvor, mal abgesehen<br />
von der Tatsache, dass den Gastronomen<br />
beim Lebensmittelkauf bessere Konditionen<br />
als anderen Kunden eingeräumt werden.<br />
Neu ist nach dem Umbau in Hilden zum Beispiel<br />
der in den Non-Food-Bereich integrierte<br />
Gastroshop mit einer großen Auswahl professioneller<br />
Küchenutensilien von Töpfen bis hin<br />
zu Messern, vom Kombidämpfer bis hin zum<br />
Weinkühlschrank. Künftig werden in dieser<br />
Abteilung regelmäßige Kochvorführungen<br />
stattfinden, den Auftakt dazu machte zur<br />
Feier des vollendeten Umbaus der Küchenchef<br />
des Kreuzfahrtschiffs Queen Mary 2, Klaus<br />
Kremer, der gemeinsam mit Kochevent-Profi<br />
Christian Schneider von Tailored Food & Fitness<br />
für die Besucher kochte.<br />
Gerhard Pastuschka leitet den Hildener Selgros-<br />
Markt bereits seit sechs Jahren und freut sich über<br />
die gelungene Umgestaltung<br />
Zu den Besonderheiten in Hilden zählt die<br />
eigene Metzgerei im Markt. Vier Metzgermeister<br />
arbeiten dort und zwei Gesellen,<br />
Friedrich Pohlmann leitet sie seit 13 Jahren.<br />
Er und seine Mitarbeiter schneiden den Kunden<br />
jedes Stück nach Wunsch individuell<br />
in genauen Gewichten zu. So können die<br />
Abnehmer, wenn sie Gastronomen sind, den<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
52
SELGROS<br />
Das Hildener Selgros-Team blickt mit<br />
Stolz auf den gelungenen Eröffnungstag.<br />
Mit dabei: Rainer Holthusen, Fachberater<br />
Fisch (zweiter von links)<br />
Wareneinsatz für jedes ihrer Gerichte genau<br />
kalkulieren, immer wieder. Zahlreiche der<br />
mehr als 300 Fleischwaren, die im Angebot<br />
sind, hat die Metzgerei zudem selbst hergestellt.<br />
Hackfleisch zum Beispiel wird täglich<br />
frisch gemacht, begaste Ware gibt es in den<br />
Verkaufsregalen hier nicht. Was abends nicht<br />
verkauft ist, kommt weg.<br />
Neu anbieten kann Pohlmann jetzt Dry Aged<br />
Beef, trocken abgehangenes Rindfleisch in<br />
verschiedenen Reifegraden und Zuschnitten,<br />
vorwiegend von regionalen Produzenten. Vor<br />
dem Fenster, hinter dem die Metzger bei der<br />
Arbeit zu sehen sind, steht jetzt ein großer<br />
verglaster Reifeschrank, Dry Aged Beef prangt<br />
in großen Buchstaben darauf. Pohlmann steht<br />
daneben und beantwortet geduldig alle Kundenfragen<br />
zu der darin zu sehenden Ware. Ab<br />
und zu schneidet er ein Stück ab und brät es<br />
auf einer Grillplatte kurz an, bevor er es zum<br />
Probieren anreicht. „Manche Stücke sind so<br />
zart, dass man sie mit dem Löffel essen kann“,<br />
Hüseyin Celik hat schon als Kind mit seinem Vater<br />
bei Selgros in Hilden eingekauft. Er ist mit Herz und<br />
Seele Kundenberater<br />
»Manche Stücke sind so<br />
zart, dass man sie mit<br />
dem Löffel essen kann«<br />
erklärt er. Die Qualität hat allerdings ihren<br />
Preis: Ein Dry Aged Porterhouse ohne Knochen<br />
kostet je Kilogramm 45,90 Euro. Pohlmann<br />
kommentiert das trocken: „Ich kann mir auch<br />
keinen Porsche kaufen für VW-Geld.“<br />
Stolz auf Spitzenware ist auch Rainer Holthusen,<br />
Fachberater in der Fischabteilung und<br />
Chef über ein komplett neues Angebot: die<br />
Fischtheke. Sie liegt gegenüber der begehbaren,<br />
in zwei Temperaturzonen unterteilten<br />
Kühlkammer der Obst- und Gemüseabteilung.<br />
Die steht wie ein in allen Farben schillernder<br />
Planet in der Mitte der hohen Frischehalle,<br />
Regale, Truhen und Aufsteller wie Satelliten<br />
um sich herum.<br />
Der Hildener Selgros-Markt, erklärt Holthusen,<br />
sei erst der zehnte, in dem eine Fischtheke<br />
eingerichtet worden sei, und seit überhaupt<br />
erst sieben Jahren biete Selgros frischen Fisch<br />
an. Dass dies geschieht, ist Teil einer Offensive,<br />
mit der Qualitätsansprüche innerhalb<br />
der Transgourmet-Holding nach und nach in<br />
alle Bereiche dekliniert werden, von Zustelldiensten<br />
bis zu Cash&Carry. Zukünftig soll<br />
der Zustell- und Selbstbedienungsgroßhandel<br />
stärker als bisher verzahnt werden. Am<br />
Ende dieses Vorhabens werden zum Beispiel<br />
Gastro nomiekunden mit nur einer Kundennummer<br />
im gesamten Unternehmen geführt<br />
werden können, ganz egal bei welcher Marke<br />
sie einkaufen.<br />
»<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
53
PORTRÄT<br />
Das Angebot in der Hildener Fischtheke ist<br />
zum Teil identisch mit dem von Transgourmet<br />
Seafood. Holthusen und sein fünf Personen<br />
großes Team haben Jakobsmuscheln zu bieten<br />
und frische Sardinen, Doraden und Lachs<br />
und vieles mehr, in 1a-Qualität, aus Wildfang<br />
und zertifizierten Aquakulturen. Die Ware ist<br />
roh und geräuchert, täglich wird geliefert.<br />
Schwertfisch, Butterfisch und Thunfisch offeriert<br />
Holthusen in Sashimi-Qualität, darauf ist<br />
er besonders stolz. „Überall dort, wo der Gastronomieanteil<br />
am Kundenaufkommen entsprechend<br />
ist, wird zukünftig Fisch angeboten<br />
werden“, sagt Holthusen. Er hat für Hilden<br />
einen Fischmeister eingestellt, will künftig<br />
ausbilden und hat auch sonst viele Pläne. Etwa<br />
die, für Kunden regelmäßig Fortbildungsreisen<br />
anzubieten, dorthin, wo die Ware herkommt,<br />
die sie kaufen.<br />
Gastro-Tag<br />
ein voller Erfolg<br />
Einen Tag vor der offiziellen Eröffnung des<br />
Hildener Selgros-Marktes hatten sich die<br />
Verantwortlichen besondere Highlights für<br />
die Besucher ausgedacht.<br />
Text: Redaktion <strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong> – Fotos: Susanne Duda<br />
Holthusen ist ein großgewachsener Mann mit<br />
norddeutschem Zungenschlag, ein freundlicher<br />
Typ wie alle, mit denen Besucher in Hilden<br />
ins Gespräch kommen können. Hat der Markt<br />
ein besonders gutes Betriebsklima? Habe er,<br />
sagt Hüseyin Celik. Der Sohn eines Kioskbesitzers<br />
hat schon als Kind mit seinem Vater bei<br />
Selgros in Hilden eingekauft, als Schüler dort<br />
sein Taschengeld aufgebessert, später seine<br />
kaufmännische Ausbildung in diesem Betrieb<br />
gemacht. Seit 1991 ist er Kundenberater, und<br />
man sieht ihm und all den anderen an, welchen<br />
Spaß ihnen die Arbeit bei Selgros bereitet. •<br />
Eines der Highlights war die Veranstaltung Queen<br />
Mary 2 Küchenchef meets Selgros Hilden. Von elf<br />
bis 19 Uhr durften die Gäste Köstlichkeiten von<br />
Chefkoch Klaus Kremer genießen, die er gemeinsam<br />
mit Kochevent-Spezialist Christian Schneider an diesem<br />
Tag zubereitete. <strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong> hat die beiden<br />
gefragt, wie es zu dieser Kooperation gekommen ist.<br />
<strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong>: Herr Kremer, Sie sind mehr als vier<br />
Monate am Stück auf dem bekannten Kreuzfahrtschiff<br />
Queen Mary 2 als Küchenchef unterwegs. Haben Sie<br />
dann noch Lust, in Ihrer freien Zeit an Land zu kochen?<br />
Klaus Kremer: Ich bin Vollblutkoch und liebe meine<br />
Arbeit. Da kann ich an Land gar nicht anders: Ich biete<br />
Kochkurse an, und man kann mich als Gastkoch für<br />
kleine und große Events engagieren.<br />
<strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong>: Herr Schneider, ihre zweite Heimat ist<br />
Florida, dort haben Sie mit Ihrem Bruder eine Firma.<br />
Das ist ein weiter Weg nach Deutschland.<br />
Christian Schneider: Ja, aber Deutschland ist mein<br />
zweites Standbein. Hier arbeite auch ich als Gastkoch.<br />
<strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong>: Und wie wurde die Idee dieses Kochevents<br />
bei Selgros geboren?<br />
Selgros-Spezialisten für Sie im Einsatz<br />
Christian Schneider: Die Kooperation kam dadurch<br />
zustande, dass ich nach meiner Kochlehre die Seiten<br />
gewechselt habe und bei Selgros in Köln zwei Jahre als<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
54
SELGROS<br />
Sympathisches Duo am Werk: Klaus Kremer, Küchenchef der Queen Mary 2 (links), und Christian Schneider, Kochevent-Spezialist von<br />
Tailored Food & Fitness (rechts), beim erfolgreichen Gastrotag in Hilden<br />
Abteilungsleiter Frischfisch tätig war. Erst danach habe<br />
ich die Selbstständigkeit als Koch angestrebt. Klaus<br />
und ich kannten uns vormals noch nicht.<br />
Klaus Kremer: Ich wurde vom Geschäftsleiter des<br />
Selgros Cash&Carry Marktes Köln-Am Butzweilerhof,<br />
Jochen Wilden, einst angesprochen, ob ich mir vorstellen<br />
könnte, im Sales-Bereich eines Marktes an<br />
einer Showcooking-Station mit einem weiteren Koch<br />
kleine Köstlichkeiten für die Kunden zuzubereiten. Ich<br />
fand die Idee super, und so haben Christian und ich uns<br />
damals kennengelernt. Er hatte schon während seiner<br />
Zeit bei Selgros bei Events im Markt gekocht.<br />
<strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong>: Eine spannende Sache, die sicher auch<br />
den Tischgast und nicht nur den Gastronomen interessiert:<br />
einen Koch live zu erleben und nicht nur im Fernsehen<br />
und gleichzeitig dort einkaufen zu können, wo<br />
auch die Profis einkaufen.<br />
Klaus Kremer: Aus diesem Grund könnten wir uns für<br />
die Zukunft auch Kochkurse in den Märkten vorstellen,<br />
bei denen die Teilnehmer nicht nur mit mir oder uns<br />
kochen, sondern wir die Waren vorab im Markt einkaufen.<br />
Wir würden das mit einer Art Warenkunde verbinden,<br />
um den Teilnehmern die große Bedeutung von<br />
qualitativ hochwertigen Produkten näher zu bringen.<br />
Christian Schneider: Ja, wir haben da schon ein gewisses<br />
Sendungsbewusstsein und möchten aufklären,<br />
was hinter den Produkten steht, die Bedeutung von<br />
Saisonware und vielem mehr. Da gibt es Unzähliges zu<br />
vermitteln. Und das Interesse daran ist sicherlich groß.<br />
Viele Verbraucher orientieren sich ja heute schon stark<br />
an Bio-Ware, sie ist vor allem bei den Jüngeren Thema.<br />
Klaus Kremer: Und man könnte viele verschiedene<br />
Zielgruppen damit ansprechen: einmal das jüngere,<br />
trend-orientiertere Publikum, einmal Senioren, mit<br />
denen wir dann Gerichte aus ihrer Vergangenheit<br />
zubereiten könnten. Die Ideen sind vielfältig.<br />
<strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong>: Glauben Sie, dass Verbraucher oder<br />
Tischgäste heute eher bereit sind, höhere Preise für<br />
hochwertigere Lebensmittel zu bezahlen?<br />
Christian Schneider: Das Bewusstsein ist bei vielen<br />
da, durchaus auch in Deutschland. Aber etabliert hat<br />
es sich hier noch nicht. Sie müssen ja nur mal einen<br />
Blick in die Einkaufswagen der Konsumenten werfen,<br />
die in den Supermärkten einkaufen.<br />
Klaus Kremer: Ja, da muss noch viel Aufklärungsarbeit<br />
geleistet werden. Aber es sind schon positive Tendenzen<br />
feststellbar. Ich merke das bei meinen Gästen<br />
beispielsweise beim Frischfisch. Ein großer Teil der Verbraucher<br />
bevorzugt hierbei gute Qualität und achtet<br />
nicht in erster Linie auf den Preis.<br />
<strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong>: Das ist doch ein sehr schönes Fazit<br />
und lässt in eine positive Zukunft blicken. Wir danken<br />
Ihnen für das Gespräch und freuen uns schon darauf,<br />
Sie bei einem weiteren Kochevent in einem der Selgros-<br />
Märkte wiederzusehen. •<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
55
PORTRÄT<br />
Dienstleister<br />
aus Leidenschaft<br />
Transgourmet-Mitarbeiter sind <strong>Passion</strong>isten, denen man bei<br />
der Arbeit die Leidenschaft für hochwertige Lebensmittel<br />
anmerkt. Sie verstehen sich als echte Partner ihrer Kunden<br />
und bestreiten zuweilen ungewöhnliche Wege, wenn es<br />
darum geht, diese Partnerschaft zu optimieren.<br />
Text: Philipp Stein – Fotos: Gregor Ott<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
56
PALAZZO<br />
Ein Dezemberabend in Mannheim. Draußen<br />
liegen die Temperaturen knapp<br />
über dem Gefrierpunkt, doch hier drinnen,<br />
im Spiegelpalast am Europaplatz, streicht<br />
warmes Scheinwerferlicht über die eingedeckten<br />
Tische. Festlich angezogene Menschen<br />
prosten sich zu, an der Decke glitzern<br />
Discokugeln. Um Punkt 19.30 Uhr macht sich<br />
unter den rund 500 Zuschauern gespannte<br />
Stille breit. Eine Band fängt an zu spielen, und<br />
der Moderator betritt die Bühne. Soeben hat<br />
das Programm des Palazzo Mannheim begonnen,<br />
eine erfolgreiche Mischung aus Kleinkunst,<br />
Gastronomie und Unterhaltung.<br />
500 Menüs verlassen diesen<br />
Abend die Palazzo-Küche<br />
Anne-Marie Thiel hat für die bunte Welt<br />
der Künstler und Artisten keinen Kopf, verschwendet<br />
keinen Gedanken an die ausgebuchten<br />
Tische vor der Bühne. Sie arbeitet<br />
schon seit 16 Uhr in einem Container hinter<br />
dem Spiegelpalast, wo es zwar weniger glamourös,<br />
aber genauso geschäftig zugeht.<br />
Thiel, 29 Jahre alt, ist die Küchenchefin des<br />
Palazzo. Sie ist die Regisseurin des kulinarischen<br />
Programms, sie hat das Kommando<br />
über das viergängige Menü, das auch an diesem<br />
Abend serviert wird. Was sich Palazzo-<br />
Maître und Kochlegende Harald Wohlfahrt<br />
an Gerichten ausgedacht hat, führt sie in<br />
der Küche aus. Sie gibt den Soßen den letzten<br />
Pfiff, richtet am Pass die Gerichte an und<br />
nimmt die Teller ab, bevor das Servicepersonal<br />
mit den roten Hosenträgern das Essen<br />
nach draußen zu den Gästen bringt.<br />
Die Uhr tickt, 20 Minuten bleiben noch, bis der<br />
erste Gang serviert wird. Draußen lacht das<br />
Publikum, in der Küche bereitet die 13-köpfige<br />
Mannschaft die Vorspeise zu: mariniertes<br />
Roastbeefröllchen mit Croustillant von<br />
der Maispoularde und Gänseconfit auf asia- »<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
57
PORTRÄT<br />
Palazzo-Küchenchefin Anne-Marie Thiel (Mitte) kann<br />
auf ihr Team zählen. Heute mit dabei: Transgourmet-<br />
Mitarbeiter René Kallien (links)<br />
tischem Gemüsesalat mit geröstetem Sesam<br />
und Misocreme. Transgourmet lieferte einige<br />
Komponenten des Abends, darunter den<br />
Kabeljau für den Zwischengang und das Kalbsfilet<br />
für den Hauptgang. Und nicht nur das:<br />
Auch das Mitarbeiteressen wird in Absprache<br />
mit Transgourmet geplant, der LKW mit den<br />
frischen Produkten hält regelmäßig am Lieferanteneingang.<br />
An sechs Tagen die Woche<br />
läuft der Betrieb, nur Montag ist Ruhetag.<br />
Organisation und Disziplin<br />
Anne-Marie Thiel und ihr Team haben in<br />
einem Probedurchgang für 200 Gäste geübt.<br />
Jetzt sind sie eingespielt, alle haben im Kopf,<br />
was sie tun müssen, wenn auf dem Fließband<br />
Teller für Teller zum Anrichten durchläuft.<br />
Auch zwei neue Mitstreiter wissen an diesem<br />
Abend genau Bescheid: Dominik Wetzel (39)<br />
und René Kallien (31) haben sich unter das<br />
Küchenteam gemischt, putzen Kresse und<br />
drapieren Roastbeefröllchen. Dominik Wetzel<br />
ist im Haupt beruf Transgourmet-Verkaufsleiter<br />
in Riedstadt, am Firmensitz des Unternehmens.<br />
Er kennt Harald Wohlfahrt noch aus<br />
seiner eigenen Zeit als aktiver Koch, als man<br />
Kollegen auf der Fachmesse Chefsache traf.<br />
Ursprünglich stammt Wetzel aus Bad Kreuznach,<br />
doch hat er nach seiner Ausbildung die<br />
halbe Welt bereist. Er kochte für Roger Moore,<br />
Bruce Willis und eine Prinzessin, lebte in Manhattan<br />
und in der Schweiz. Ein Mann wie ein<br />
Baum, ein Ex-American Footballspieler, tätowiert,<br />
aber durchaus feinfühlig und mit Sinn<br />
für Humor, wie man auch im ZDF Fernsehgarten<br />
bisweilen sehen konnte – dort stand er<br />
allerdings vor der Kamera und nicht wie jetzt<br />
im Backgroundbereich. An seiner Seite arbeitet<br />
an diesem Abend René Kallien – ebenfalls<br />
Transgourmet-Mitarbeiter und Fachberater im<br />
Außendienst für Hotellerie und Gastronomie.<br />
Er fährt mit seinem Auto 52.000 Kilometer<br />
im Jahr von Kunde zu Kunde, und ist damit so<br />
etwas wie ein Transgourmet-Botschafter.<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
58
PALAZZO<br />
René Kallien (links) und Dominik Wetzel (rechts)<br />
haben sichtlich Spaß an ihrem Außeneinsatz im<br />
Palazzo-Mannheim<br />
René Kallien und Dominik Wetzel haben im<br />
täglichen Geschäft dauernd miteinander zu<br />
tun. Auch wenn sie mittlerweile eher operativ<br />
arbeiten als direkt in der Küche, wollen sie ihre<br />
Zeit dort nicht missen. „Bei meinen täglichen<br />
Kontakten zur Gastronomie frage ich stets:<br />
Was braucht ihr, was sollen wir liefern?“, erzählt<br />
René Kallien im Rückblick, wie es zu der ungewohnten<br />
Kooperation mit dem Palazzo kam.<br />
Querdenker Dominik Wetzel ist es, der die Idee<br />
hat, die beide an diesem Abend in die Küche<br />
des Palazzo führt: „Lass uns doch die Kochjacke<br />
anziehen und uns selbst an den Herd<br />
stellen“, schlägt er vor. Sein Mitarbeiter Fachberater<br />
ist sofort dabei – „gelernt ist gelernt“,<br />
sagt er und lacht. Dabei haben die beiden<br />
eigentlich nur das Unternehmensmotto ein<br />
wenig auf die Spitze getrieben. Es lautet: „Sie<br />
werden bei uns von Kollegen beraten.“<br />
Anne-Marie Thiel nimmt das Angebot gern an<br />
und schickt zwei Kollegen des ursprünglichen<br />
Küchenteams in einen Überraschungsurlaub.<br />
René Kallien und Dominik Wetzel fügen sich<br />
als temporäre Vertretung reibungslos ein,<br />
schneiden hier etwas zurecht, helfen dort<br />
beim Abschmecken. In den Pausen zwischen<br />
den Gängen lugen sie manchmal ins Publikum,<br />
wo ein Wundergeiger seine Stücke vorspielt<br />
und Akrobaten Kunststücke vorführen, die<br />
allein vom Zusehen schwindelig machen. Spät<br />
am Abend schließt sich zum letzten Mal der<br />
Vorhang, der Applaus ebbt ab, und das Publikum<br />
strömt nach Hause.<br />
Begeisterung hinter den Kulissen<br />
Um kurz vor Mitternacht machen auch die<br />
beiden Transgourmet-Mitarbeiter Feierabend.<br />
Mit Anne-Marie Thiel ziehen sie ein Fazit. „So<br />
positiv verrückt sind wirklich nur die Jungs von<br />
Transgourmet“, freut sich die Küchenchefin,<br />
und man spürt ihre Begeisterung förmlich. Die<br />
Anspannung fällt ab, zu dritt stoßen sie mit<br />
einem Glas Gin Tonic auf den überaus erfolgreichen<br />
Abend an. Sogar Palazzo-Geschäftsführer<br />
Rolf Balschbach kommt noch vorbei,<br />
gibt Dominik Wetzel einen freundschaftlichen<br />
Handschlag und ist angetan davon, wie ernst<br />
er und René Kallien ihren Job nehmen, nah am<br />
Kunden zu sein.<br />
»<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
59
PORTRÄT<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
60
PALAZZO<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
61
REPORTAGE<br />
Auch René Kallien nimmt seine Kunden<br />
an die Hand und hilft überall dort, wo man<br />
ihn braucht. Anne-Marie Thiel freuts<br />
»Wir nehmen<br />
die Menschen an<br />
die Hand«<br />
Ein außergewöhnlicher Arbeitstag geht zu<br />
Ende. Denn solche Kücheneinsätze wie der im<br />
Palazzo sind auch für die beiden Transgourmet-Fachleute<br />
nicht alltäglich. Doch beide<br />
verstehen sich als Brückenbauer, für die Veränderung<br />
zum Berufsalltag gehört. Dominik<br />
Wetzel überblickt nicht nur ein Gebiet vom<br />
Saarland bis Würzburg, von Heilbronn bis zum<br />
Taunus. Er ist auch fester Bestandteil von<br />
Cook meets Rock, einer coolen Szene-Veranstaltung<br />
und wegen der unkonventionellen<br />
Präsentation speziell bei jungem Publikum<br />
beliebt. Zwischen Tattoo-Ständen mit Star-<br />
Tätowierern findet man hier bekannte Köche<br />
wie Stefan Marquardt und Frank Buchholz<br />
an Show-Cooking-Stationen, auch Dominik<br />
Wetzel kochte hier für wohltätige Zwecke.<br />
„Wir nehmen die Menschen an die Hand“,<br />
erklärt er und meint das wörtlich. Im Gespräch<br />
mit ihm fällt immer wieder auf, dass er nicht<br />
bevormunden möchte, sondern sein tägliches<br />
Geschäft stets als Zusammenarbeit mit dem<br />
Gegenüber auffasst.<br />
Auch René Kallien begreift den Ansatz des<br />
Brückenbauens nicht nur im übertragenen<br />
Sinn. Er versteht sich tatsächlich als ganzheitlicher<br />
Ansprechpartner, der im Notfall auch zu<br />
einem Selgros-Markt fährt und für ein Dinner<br />
fehlende Ware auftreibt. Er unterstützt Kunden<br />
praktisch bei Vorbereitungen und springt<br />
als Ideengeber ein: „Ist das Menü für die Festtage<br />
schon geschrieben, sollen wir es gemeinsam<br />
schreiben?“ Die Abstimmung richtet sich<br />
selbstverständlich nach Kundenwunsch, nach<br />
vorgeplanten Schemata läuft hier nichts ab.<br />
René Kallien bringt das Transgourmet-Konzept<br />
auf den Punkt, wenn er sagt: „Nur das, was ich<br />
verkauft habe, kaufe ich ein. Es gibt kein Lager,<br />
das am Freitagnachmittag leer sein muss.“<br />
Wenn der Kunde Geflügel in Label-Rouge-Qualität<br />
wünscht, dann wird genau das tagesfrisch<br />
vom großen Rungis-Lager aus Paris besorgt.<br />
„Und wenn der Kunde handgeangelten Wolfsbarsch<br />
benötigt, dann besorgen wir ihm den<br />
auch“, fügt Dominik Wetzel hinzu.<br />
Manchmal nehmen die Transgourmet-Mitarbeiter<br />
ihre Arbeit quasi mit nach Hause:<br />
Für seine private Einzugsparty orderte René<br />
Kallien kurzerhand ein kleines besonders<br />
auf bereitetes Spanferkel über Transgourmet –<br />
seine Gäste waren begeistert. •<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
62
PALAZZO<br />
Die erfolgreiche Dinnershow im Palazzo-Mannheim unterhält<br />
an jedem Abend rund 500 Gäste auf höchstem Niveau<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
63
GLOSSE<br />
Saure-Gurken-Zeit<br />
„Wer nichts wird, wird Wirt“, sagt der deutsche Volksmund mit einem<br />
Augenzwinkern. Das ist nur ein Beispiel von sehr vielen Redewendungen,<br />
die sich mit dem Thema Essen auseinandersetzen.<br />
Text: Peter Silie<br />
Nicht nur, dass Berufsgruppen, die<br />
sich professionell um das leibliche<br />
Wohl der Bevölkerung kümmern,<br />
in der gesellschaftlichen Beliebtheitsskala<br />
in den unteren Rängen rangieren: Angefangen<br />
beim ehrenwerten Landwirt, der<br />
sprichwörtlich als Bauer für rüpelhaftes<br />
Verhalten oder als bauernschlau für eine<br />
gewisse Verschlagenheit herhalten muss,<br />
sind Gastwirt, Kellner und Koch – nicht zu<br />
vergessen Metzger und Bäcker – für die<br />
meisten Zeitgenossen zwar wichtige, aber<br />
dennoch unattraktive Berufe. Und damit<br />
nicht genug. Auch die deutsche Sprache,<br />
immerhin das wichtigste zwischenmenschliche<br />
Kommunikationsmittel und<br />
in ihrer Komplexität Gradmesser einer kulturellen<br />
Identität, verleiht in eingängigen<br />
Redewendungen dem Essen zwar eine einprägsame,<br />
aber weitgehend lieblose und<br />
teils despektierliche Bildlichkeit.<br />
Das sprachliche Dilemma beginnt schon<br />
am Morgen, wenn man „schlecht gefrühstückt“<br />
hat und damit seiner Umwelt<br />
miese Laune signalisiert. Wer „rückwärts<br />
frühstückt“, steigert das Unwohlsein in<br />
Übelkeit, weil man ihm etwas „aufs Brot<br />
geschmiert“ hat, das scheinbar schwer<br />
verdaulich ist. Ohnehin hat man hin<br />
und wieder am „harten Brot“ zu kauen,<br />
bekommt die „Butter vom Brot genommen“<br />
und wünscht manch einem unliebsamen<br />
„Schaumschläger“, dass ihm der<br />
„Bissen im Hals stecken bleiben möchte“.<br />
Triumphiert der Neid, dann gönnt man der<br />
„Extrawurst“ „nicht die Butter aufs Brot“.<br />
Hat man dagegen „den Braten gerochen“,<br />
kann man sein Gegenüber herrlich „unterbuttern“<br />
oder „in die Pfanne hauen“.<br />
Wenn „alles Käse“, wahlweise „Quark ist“,<br />
läuft es in der „Sauren-Gurken-Zeit“ nicht<br />
besonders gut. Man „backt kleine Brötchen“,<br />
ist ein bedauernswerter „Dreikäsehoch“,<br />
eine echte „Gurke“ oder „Pflaume“,<br />
eine „taube Nuss“, die „nichts in der Birne“<br />
hat und nicht „die Bohne versteht“. Oder<br />
man ist einfach nur „dumm wie Brot“.<br />
Entsprechend gelten erfolglose Aktivitäten<br />
als „brotlose Kunst“, und das Spießige<br />
bekommt mit dem Synonym „altbacken“<br />
einen „abgenudelten“ Seitenhieb aus der<br />
Welt des Bäckerhandwerks.<br />
Dagegen adeln unsere französischen<br />
Nachbarn einen guten Menschen mit dem<br />
Vergleich „bon comme le pain“. Und was in<br />
Frankreich mit „Pariser Schick“ beschrieben<br />
wird, kommt in Deutschland als „auf-<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
64
GLOSSE<br />
gebrezelt“ daher und lässt tief blicken in<br />
die deutschen Ansprüche an weibliche<br />
Ästhetik von „Landeiern“ und „Teufelsbraten“<br />
gleichermaßen. Ist die „aufgegabelte“<br />
Madame am Ende eine „treulose Tomate“<br />
oder „kalt wie Fisch“, „hat man den Salat“.<br />
Vollends in Misskredit gebracht wird die<br />
Brezel in der bayrischen Redewendung<br />
„jemanden eine Brezn geben“, was einer<br />
Beleidigung oder einer Ohrfeige gleichkommt.<br />
Auch die Konditoren bekommen<br />
ihr Fett weg und werden verbal ordentlich<br />
„durchgenudelt“, wenn vermeintlich hässliche<br />
Frauen als „Streuselkuchen“ bezeichnet<br />
werden, einem etwas „auf den Keks<br />
geht“ oder hemmungslos und rücksichtslos<br />
„abgesahnt“ wird.<br />
Wer „durch den Kakao gezogen wird“, weil<br />
er ständig „seinen Senf dazugeben“ muss,<br />
ein „ausgekochter“ und „abgebrühter“ Typ<br />
ist, „einen Sprung in der Schüssel“ oder „die<br />
Weisheit nicht mit Löffeln gefressen hat“,<br />
dem kann es schon mal passieren, dass es<br />
am Ende ums „Eingemachte“ geht, und er<br />
eine „gesalzene“ oder „gepfefferte Rechnung“<br />
aufgetischt bekommt. Im schlimmsten<br />
Fall „spuckt man ihm in die Suppe“.<br />
Dann lässt man ihn wie „eine heiße Kartoffel“<br />
fallen, „eiert nicht lange herum“, und<br />
„er muss die Suppe auslöffeln, die er sich<br />
selbst eingebrockt hat“. Es sei denn, „er<br />
gibt vorher den Löffel ab“.<br />
Wenn es im Leben mal wieder „um die<br />
Wurst geht“, hört der Spaß endgültig auf.<br />
Denn wo etwas „verwurstet“ wird, fehlt es<br />
an Qualität, und allzu schnell macht man<br />
sich zum „Hanswurst“ oder „Suppenkasper“,<br />
zum „armen Würstchen“ oder zur<br />
„doofen Nudel“. Nicht immer ist das ein<br />
Grund „stinksauer“ zu sein, die „beleidigte<br />
Leberwurst“ oder den „Trauerkloß“ zu spielen.<br />
Schließlich darf man in einer „Bananenrepublik“,<br />
in der es zugeht wie „Kraut<br />
und Rüben“ nicht erwarten, wie „ein rohes<br />
Ei“ behandelt zu werden. Ab und an gibt es<br />
„auf die Rübe“, denn nicht mit allen Zeitgenossen<br />
„ist gut Kirschen essen“. Dann gilt<br />
es „nicht im eigenen Saft zu schmoren“ und<br />
lieber „in den sauren Apfel zu beißen“. Wer<br />
„Tomaten auf den Augen“ und „einen Kloß<br />
im Hals hat“, mag bedauernswert sein, aber<br />
das macht den „Kohl auch nicht mehr fett“.<br />
„Immer der gleiche Gulasch“. Hauptsache,<br />
man wird vom Leben nicht gänzlich „durch<br />
den Fleischwolf gedreht“. •<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
65
Vorschau<br />
02<br />
2<strong>01</strong>7<br />
Haben Ihnen die Artikel aus unserer Transgourmet-Welt gefallen?<br />
Dann freuen Sie sich auf die nächste Ausgabe von <strong>Passion</strong><strong>Genuss</strong>,<br />
die sich unter anderem folgenden interessanten Themen widmet:<br />
Vom Matrosen zum Gastronom<br />
Der Niederländer Wido Arts fährt als Kapitän des<br />
Passagierschiffs Lady Anne Deutschlands Flüsse auf<br />
und ab. Seine Gäste aus dem Vereinigten Königreich<br />
lieben ihn dafür und kommen schon seit Jahren immer<br />
wieder. Transgourmet versorgt die Küche an Bord mit<br />
frischen Zutaten – eine besondere Herausforderung.<br />
Terroir: Standortfaktor – oder mehr<br />
Über keinen Begriff aus der Weinwelt wird seit mehr<br />
als zehn Jahren so erbittert gestritten wie über das<br />
Wort Terroir. Die Kontrahenten verteilen sich auf zwei<br />
Lager. Lesen Sie bei uns, worüber sie streiten.<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Transgourmet Deutschland GmbH & Co. OHG<br />
Albert-Einstein. Str. 15, 64560 Riedstadt<br />
www.transgourmet.de,<br />
www.transgourmet-cee.de<br />
Objektverantwortung<br />
Kevin Nolte<br />
Idee & Konzeption<br />
Transgourmet Deutschland GmbH & Co. OHG<br />
Neuer Umschau Buchverlag GmbH<br />
Verlag<br />
Neuer Umschau Buchverlag GmbH<br />
www.umschau-verlag.de<br />
Redaktion<br />
Sabine Rumrich<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />
Peter Blaschke, Sven Bleß, Charlotte Brandau,<br />
Susanne Duda, Daniela Haug, Julia Kirch, Bernd<br />
Müller, Kevin Nolte, Gregor Ott, Sabine Rumrich,<br />
Martin Maria Schwarz, Matthias Seidel, Philipp<br />
Stein, Ingo Swoboda, Jacqueline Vogt<br />
Druck<br />
NINO Druck GmbH, 67435 Neustadt/Weinstraße<br />
www.ninodruck.de<br />
© Transgourmet Deutschland GmbH & Co. OHG<br />
Nachdruck oder andere Arten der<br />
Veröffentlichung von Texten und Fotos<br />
bzw. das Abspeichern auf elektronischen<br />
Medien nur mit Genehmigung des<br />
Herausgebers.<br />
Druckfehler und Irrtümer vorbehalten<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
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Dressing 5 L, alle Sorten<br />
KRAFT / Miracel Whip<br />
Professional<br />
Salat-Mayonnaise, 10 kg<br />
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Professional<br />
Dressing 1L, alle Sorten<br />
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KRAFT & Bull’s-Eye /<br />
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Saucen 2 L, alle Sorten<br />
Miracel Whip<br />
Professional<br />
Salatcreme, 5 kg