Izbrisani - Pavlova hiša
Izbrisani - Pavlova hiša
Izbrisani - Pavlova hiša
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Der Umstand, dass Ideologie bestritten wird, sagt schon aus, dass eine solche<br />
exisitiert.<br />
Ampak ideologija najbolje deluje takrat ko je naslovniki niti ne prepoznajo in<br />
torej a priori in pravičniško zanikajo vsakršen njen obstoj.<br />
ISBN:3-900181-14-4<br />
Boris Jaušovec<br />
winter/zima 2005/2006 Jahresschrift des Pavel-Hauses – Letni zbornik Pavlove hiše<br />
winter/zima 2005/2006<br />
Jahresschrift des Pavel-Hauses – Letni zbornik Pavlove hiše
Der Pavelhaus-Chor unter der Leitung von Bruno<br />
Petrischek. Eine Aufnahme vom Oktober 2005. Zbor Pav-<br />
love hiše pod vodstvom Bruna Petrischka. – Posnetek oktob-<br />
ra leta 2005.<br />
Impressum.<br />
Medieninhaber:<br />
Artikel VII-Kulturverein für Steiermark – Kulturno društvo Ğlen 7 za avstrijsko Štajersko<br />
Elisabethinergasse 34, 8020 Graz, Österreich / Avstrija<br />
Telefon / Fax +43 (0) 316/ 77 13 83<br />
Pavelhaus – <strong>Pavlova</strong> hiša<br />
Laafeld / Potrna 30, 8490 Bad Radkersburg, Österreich / Avstrija<br />
Telefon / Fax + 43 (0) 3476/ 3862<br />
www.pavelhaus.at, pavel.haus@nextra.at<br />
Redaktion – redakcija: Michael Petrowitsch, Susanne Weitlaner<br />
Gestaltung, Satz & Layout – oblikovanje: Roman Klug, 2.U.S.2. / grafics solutions<br />
Fotonachweis – fotografije: wenn nicht anders angegeben Pavelhaus – kadar ni drugače navedeno <strong>Pavlova</strong> hiša<br />
Übersetzung & Lektorat – prevod & lektorat: Susanne Weitlaner, Peter Pirnath, Barbara Predin, Sonja Wakounig<br />
Förderer – pokrovitelj: Bundeskanzleramt der Republik Österreich, Abt. Volksgruppenförderung – Urad zveznega kanclerja<br />
Republike Avstrije, oddelek za subvencioniranje etničnih skupin<br />
ISBN:3-900181-14-4
Sommerausstellung 2005 – poletna razstava<br />
Bildgalerie – galerija slik I<br />
3
Inhaltsverzeichnis – Vsebina<br />
Inhaltsverzeichnis – Vsebina<br />
Zum Geleit .....................................................5<br />
Spremna beseda .............................................7<br />
Preveč nacionalizma,<br />
premalo patriotizma .....................................9<br />
Zu viel Nationalismus,<br />
zu wenig Patriotismus ................................12<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“– Die „Ausgelöschten“ ...............15<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“ ....................................................21<br />
Interview mit Matevž Krivic .....................26<br />
Intervju z Matevžem Krivicem ..................29<br />
Usodna privlačnost juga ..............................33<br />
Schicksalhafter Charme des Südens ..........37<br />
Zeit der Übergänge in Europa ..................... 41<br />
Čas prehodov v Evropi ................................46<br />
Die Universität Graz setzt Akzente ...........53<br />
Univerza Gradec postavlja poudarke ..........56<br />
Grenzen erzählen ........................................ 61<br />
Meje pripovedujejo ......................................67<br />
Moč šibkih ...................................................71<br />
Die Kraft der Schwachen ............................ 76<br />
Auf der Suche<br />
nach einer versunkenen Kultur ..................81<br />
Iskanje davno minule kulture .....................86<br />
Julius Franz Schütz .....................................91<br />
Julius Franz Schütz (SLO) ..........................94<br />
Die Rotunde von Selo .................................97<br />
Rotunda v Selu ............................................99<br />
Niemals vergessen! .................................... 101<br />
Nikoli pozabiti ..........................................104<br />
4<br />
Mariborski judje nekoč ............................. 107<br />
Die Juden von Maribor einst ................... 114<br />
Verleugnung, Vergessen<br />
und Verdrängen .........................................121<br />
Zanikanje, pozabljanje<br />
in izpodrinjanje .........................................129<br />
Kalt-Warm .................................................135<br />
Toplo-Hladno ............................................143<br />
Graz im slowenischen Volkslied ............... 149<br />
Gradec v slovenskih narodnih pesmih ..... 151<br />
Legionäre aus dem Süden ..........................153<br />
Savo Ekmečić im Gespräch .......................157<br />
Legionarji z Juga ........................................159<br />
Pogovor s Savom Ekmečićem ....................163<br />
Wir haben oft auch hinübergeschaut .......165<br />
Zazreti se tja preko in odvrniti pogled ..... 176<br />
Trate v Evropski uniji ................................185<br />
Trate in der Europäischen Union .............. 191<br />
Jüdisches Schicksal ....................................195<br />
Judovska usoda ..........................................222<br />
Slovenci po svetu .......................................237<br />
Slowenen in der Welt ................................242<br />
Und sie bewegt sich doch … ....................247<br />
In vendar se premika … ............................260<br />
Protestantismus in der Steiermark ...........270<br />
Protestantizem na slovenskem<br />
štajerskem ..................................................278<br />
Dejavniki razvoja Slovenije .......................286<br />
Entwicklungsfaktoren Sloweniens ...........296
Zum Geleit<br />
� Text: Michael Petrowitsch<br />
Zum Geleit<br />
Das Jahr 2005 war eine ereignisreiches. Abgesehen von den politischen Veränderungen im Land<br />
Steiermark wurden neue Pläne des Vereins ausformuliert, die positiv aufgenommen wurden. Etwa<br />
gibt es die Idee, slowenische topographische Orts- und Flurbezeichnungen in Form von Kulturtafeln<br />
zu visualisieren. Ein Unterfangen, das auch auf slowenischer Seite anzudenken wäre und<br />
neben dem historischen Aspekt einen wirtschaftlich-touristischen hätte. Man denke an Südfrankreich<br />
oder Irland. Auch in Sachen Schul- und Kindergartenpolitik war der Verein aktiv. Ein<br />
interkultureller Kindergarten im Süden der Steiermark wäre ein Meilenstein in der Geschichte der<br />
steirischen Minderheitenpolitik, dieser Vorschlag ist bei ausgewählten Multiplikatoren auf Gehör<br />
gestoßen und hat eine nachhaltige Diskussion in Gang gesetzt.<br />
Mit der vorliegenden Jahresschrift versammeln wir auch heuer wieder verschiedene Positionen<br />
aus breit gefächerten Sparten. Vier Essays eröffnen den Reigen. Gründungsmitglied Boris<br />
Jaušovec geht der Frage nach, wieviel Abwehrnationalismus ein Land verträgt, während Herwig<br />
Höller anhand der „<strong>Izbrisani</strong>“-Diskussion die Frage stellt, was an Identität und Nichtidentität in<br />
einer modernen Gesellschaft möglich ist. Kulturelle Manifestationen in Beziehung zwischen Slowenien<br />
und den Bruderländern setzt Tanja Petrović und spricht vom mangelnden gesellschaftlichen<br />
und politischen Engagement in der slowenischen Kulturlandschaft. Gleichsam visionär ließ<br />
Wolfgang Petritsch anlässlich des Symposions „Geist und Gegenwart“ auf Schloss Seggau noch vor<br />
der Ablehnung der EU Verfassung in Frankreich mit provokanten Thesen aufhorchen. Er konstatierte<br />
ein Unbehagen: Europa ist in Europa nicht beliebt. Er sprach weiters von einer Verlagerung<br />
Österreichs und der angrenzenden Südslavia ins Zentrum des Kontinents.<br />
Roberta Maierhofer von der Karl Franzens Universität Graz führt uns mit ihrem Beitrag über die Brückenfunktion<br />
zwischen der Grazer Uni und Südosteuropa in den wissenschaftlichen Teil. Angelika<br />
Brechelmaiers Wanderausstellung „Grenzen erzählen“ durften wir im März des Jahres beherbergen,<br />
und Irena Destovniks wissenschaftliche Arbeit über Frauen im Zeitalter der bäuerlichen Wirtschaft<br />
„Die Kraft der Schwachen“ läutete das neue Jahr ein. Die Beiträge der Autorinnen geben einen Überblick<br />
über die Ausstellungen. Das Übermurgebiet und seine versunkene jüdische Kultur und der<br />
5
Zum Geleit<br />
südsteirische Heimatdichter<br />
Franz<br />
Schütz prägten die<br />
Themenbereiche<br />
von Elisabeth Arlt.<br />
Marjan Toš von der<br />
Synagoge in Maribor<br />
stellt in einem<br />
kurzen Abriss das<br />
jüdische Leben in<br />
Maribor über die<br />
Jahrhunderte vor.<br />
Erfreuliches gibt es von Seiten der jungen Wissenschaftsgeneration<br />
zu berichten. Das Autorenkollektiv<br />
Grilj – Hadler – Hammer betrachtet<br />
den sensiblen Bereich Slavizität der<br />
Steiermark mit einem zeitgemäßen Blick und<br />
löst ihn aus dem leider im universitären Bereich<br />
noch stark ethnozentristisch gedeuteten<br />
Begriff des Kulturerbes, indem sie ihn in einen<br />
emanzipatorischen übersetzen.<br />
Vorstandsmitglied Robert Muscherlins reiches<br />
Arbeitsfeld führte ihn diesmal ins Kulturtouristische.<br />
Er arbeitet mit Jugendlichen<br />
den Wellness- und Thermenboom auf, eine<br />
Ausstellung im Pavelhaus war ein erstes Ergebnis,<br />
sein Beitrag ein zweites. Prof. Erich Prunč<br />
publizierte bereits in den Sechzigerjahren eine<br />
kleine Studie zum Thema: Graz im slowenischen<br />
Volkslied. Eine Idee, die wir gerne noch<br />
einmal aufnehmen und in absehbarer Zeit weiterführen<br />
wollen.<br />
Bereits in Umsetzung ist eine Studie über slowenische<br />
und andere südslawische Torjäger,<br />
die in Österreich reussierten. Wolfgang Kühnelt,<br />
Signallesern wohl bekannt, wird uns<br />
nächstes Jahr mit einem neuen Band über dieses<br />
Thema in unserer wissenschaftlichen Reihe<br />
beehren. Elisabeth Schobers Band in dieser<br />
Reihe liegt bereits in den Händen des Layou-<br />
6<br />
Der Pavelhaus-Chor anlässlich eines Auftritts auf den Grazer Kasematten im Juli 2005 – zbor Pavlove hiše ob<br />
nastopu na graškem Kasematten v juliju 2005<br />
ters. Ihre intensiven Feldforschungsarbeiten<br />
im Radkersburger und Murecker Gebiet über<br />
die zwischenstaatlichen Wechselbeziehungen<br />
in Zusammenhang mit dem EU-Beitritt wird<br />
hier mit einem kleinen Vorgeschmack beworben.<br />
Auch Sonja Bezjak gehört zur jüngsten<br />
Generation wissenschaftlicher Mitarbeiter, die<br />
das vorliegende Signal bereichern. Sie setzt sich<br />
regionalgeschichtlich mit dem kleinen Grenzort<br />
Trate auseinander und fragt nach der regionalen<br />
Bedeutung der europäischen Einigung.<br />
Der akribisch arbeitende Historiker Franz Joseph<br />
Schober wirbt ebenfalls für seine 2006<br />
im Pavelhaus-Verlag erscheinende Publikation.<br />
Seine spannende Arbeit über jüdische Schicksale<br />
im südoststeirisch-slowenischen Grenzgebiet<br />
würdigt sein eigenes Streben nach Neuem<br />
und Unentdecktem im steirisch-slowenischenungarischen<br />
Umfeld. Marjan Šrimpf, Freund<br />
des Pavelhauses und RTV-Urgestein, stellt uns<br />
in einem kurzen, aber prägnanten Überblick<br />
den Exodus der Slowenen in alle Welt vor und<br />
wirft einen Blick auf Gegenwart und Zukunft<br />
der in Südamerika lebenden Nachfahren.<br />
Der Historiker Hans Peter Wassermann begab<br />
sich in die Region Leutschach an der südsteirischen<br />
Weinstraße, um anhand von erhaltenen<br />
Chroniken Geschichtsschreibung zurechtzu-
Michael Petrowitsch<br />
rücken. Ein Projekt, das sich in breiterer Form<br />
in nächster Zeit mit einer Publikation in unserer<br />
wissenschaftlichen Reihe wieder finden<br />
wird. Anja Zaltas Beitrag zum Protestantismus<br />
in der Untersteiermark und dessen Entwicklung<br />
bis zur Gegenwart und Jernej Zupančičs<br />
Analyse über die nationale Entwicklung Sloweniens<br />
in der neuen Union runden die Jahresschrift<br />
ab.<br />
Als besonderes Zuckerl freue ich mich, eine CD<br />
beilegen zu können, die die Arbeit von Bruno<br />
Petrischek und des Pavelhaus-Chors entsprechend<br />
würdigt.<br />
Keine Jahresschrift ohne Kollektiv: Ein Dank<br />
an die layoutorische Wendigkeit Roman Klugs,<br />
an die sprachliche Zurechtbiegung durch Peter<br />
Pirnaths, an die fachspezifische Unterstützung<br />
der ÜbersetzerInnen und natürlich der koeditorischen<br />
Weitsicht von Susanne Weitlaner.<br />
Spremna beseda<br />
Spremna beseda<br />
Leto 2005 je bilo polno energije. Če odmislimo<br />
politične spremembe v Deželi Štajerski<br />
so bili formulirani in sprejeti novi pozitivni<br />
načtrti društva. Kot recimo ideja, imena slovenskih<br />
topografskih krajev in rek vizualizirati<br />
v obliki kulturnih tabel. Početje, katerega<br />
bi si bilo mogoče omisliti tudi na slovenski<br />
strani in ob zgodovinskih aspektih predstaviti<br />
tudi gospodarsko-turistično stran. Človek<br />
misli pri tem na južno Francijo in Irsko. Tudi<br />
v zadevah šolske ni predšolske politike je bilo<br />
društvo aktivno. Interkulturni otroški vrtec na<br />
jugu Štajerske bi lahko bil mejnik v zgodovini<br />
štajerske manjšinske politike, ta predlog je pri<br />
izbranih multiplikatorjih naletel na posluh in<br />
spravil v pogon trajno diskusijo.<br />
S pričujočim letnim zbornikom smo tudi letos<br />
ponovno zbrali različne pozicije iz širokega<br />
spektra panog.<br />
Štirje eseji odpirajo ples. Ustanovni član Boris<br />
Jaušovec sledi vprašanju, koliko obrambnega<br />
nacionalizma lahko prenesa ena dežela,<br />
medtem ko Herwig Höller sledi vprašanju na<br />
osnovi vprašanja izbrisanih, kaj je mogoče na<br />
podlagi identitete in ne-identitete v moderni<br />
družbi. Kulturne manifestacije in odnos med<br />
Slovenijo in bratskimi deželami opisuje Tanja<br />
Petrović in govori o pomankljivem družbenem<br />
in političnem angažmaju v slovenski kulturni<br />
podobi. Tako rekoč vizionarsko je govoril<br />
Wolfgang Petritsch na simpoziju Geist und<br />
Gegenwart / Miselnost in sedanjost na gradu<br />
Seggau še pred zavrnitvijo EU ustave v Franciji<br />
in postavil provokatne teze v posluh. Evropa<br />
v Evropi ni priljubljena je ugotovil in postavil<br />
Avstrijo in sosednje Južne Slovane v center.<br />
Roberta Maierhofer iz Karl Franzens univer-<br />
7
Spremna beseda<br />
ze iz Gradca nas s svojim prispevkom popelje<br />
čez most znanstvenega in izobraževalnega<br />
dela med Graško univerzo in jugovzhodno<br />
Evropo. Potujočo razstavo Angelike Brechelmaier<br />
„Grenzen erzählen/Meje pripovedujejo“<br />
smo gostili marca tega leta. Znanstveno delo<br />
Irene Destovnik o ženskah v času kmečkega<br />
gospodarstva „Moč šibkih“ je naznanilo novo<br />
leto. Prekmurje in njegova davno minula judovska<br />
kultura in južnoštajerski domovinski<br />
pesnik Franz Schütz sta oblikovala tematska<br />
področja Elisabeth Arlt. Marjan Toš iz mariborske<br />
Sinagoge predstavlja v kratkem obrisu<br />
judovsko življenje v Mariboru skozi stoletja.<br />
Razveseljivo od mlajše znanstvene generacije.<br />
Avtorski kolektiv Grilj – Hadler – Hammer<br />
je opazoval senzibilno področje Slovanstva na<br />
Štajerskem s času primernim emancipatornim<br />
pogledom in pojem kulturne dediščine, ki je<br />
na univerzitetnem področju žal še zelo močno<br />
etnocentristično pojmovan, rešili iz spon ter ga<br />
emancipatorno predelali.<br />
Bogato delovno področje je člana predsedstva<br />
Roberta Muscherlina tokrat popeljalo v kulturno-turistični<br />
sektor, z madino je obdelal termalni<br />
in wellness boom. Prof. Erich Prunč je že<br />
v 60ih delal na manjši študiji o imenu Gradec<br />
v slovenskih narodnih pesmih. Ideja, ki smo jo<br />
radi še enkrat sprejeli in v doglednem času nadaljevali.<br />
Že v končni fazi je študija o slovenskih<br />
in drugih južnoslovanskih nogometaših, ki<br />
so uspevali v Avstriji. Wolfgang Kühnelt, poznan<br />
bralcem Signala, nas bo že v prihodnjem<br />
letu počastil z novo knjigo na to temo za našo<br />
znanstveno zbirko. Knjiga Elisabeth Schober<br />
je že v rokah našega layouterja. Njeno intenzivno<br />
terensko raziskovalno delo na področju<br />
Radgone in Cmureka o meddržavnih izmenjavah<br />
v sklopu EU-pristopa, je tukaj predstavljeno<br />
tako za pokušino.<br />
8<br />
Tudi Sonja Bezjak sodi k mlajši generaciji znanstvenih<br />
sodelavcev, ki so obogatili pričujoč<br />
Signal. Ukvarja se z regionalno zgodovino malega<br />
obmejnega mesta Trate in z regionalnim<br />
pomenom evropskega združevanja. Natančno<br />
in temeljito delo zgodovinarja Franza Josepha<br />
Schoberja bo kot publikacija pravtako izšla<br />
2006 v založbi Pavlove hiše. Njegovo napeto<br />
delo o judovski usodi na južnoštajerskemslovenskem<br />
obmejnem območju časti njegovo<br />
stremenje po novem in neodkritem v<br />
štajersko-slovensko-madžarskem habitusu.<br />
Marjan Šrimpf, prijatelj Pavlove hiše in RTVprakamnina,<br />
nam v kratkem, vendar pregnantnem<br />
pregledu predstavi slovenski eksodus<br />
po vsem svetu in pogled sedanjosti in prihodnosti<br />
v južni Ameriki živečih potomcev.<br />
Zgodovinar Hans Peter Wassermann se je podal<br />
na področje Lučan na južnoštajerski vinski<br />
cesti, da bi na podlagi obstoječih kronik popravil<br />
zgodovinopisje. Projekt, ki se bo v naslednjem<br />
času v širši obliki našel kot publikacija<br />
naše znanstvene zbirke. Prispevek Anje Zalta<br />
o protenstantizmu na Spodnjem Štajerskem<br />
in njegov razvoj do danes ter analiza Jerneja<br />
Zupančiča o razvoju v novem združenju,<br />
zaokrožata letni zbornik.<br />
Veseli me, da lahko kot posebno poslastico<br />
priložimo zgoščenko, ki delu Bruna Petrischeka<br />
in zbora Pavlove hiše daje ustrezno priznanje.<br />
Nobenega letnega zbornika brez kolektiva:<br />
Hvala okretnosti layouterja Romana Kluga,<br />
jezikovnemu lektoriranju Petra Pirnatha, strokovni<br />
podpori prevajalcev/k in seveda daljnovidnosti<br />
sourednice Susanne Weitlaner.
Preveč nacionalizma, premalo patriotizma<br />
Esej<br />
� Text: Boris Jaušovec<br />
Preveč nacionalizma, premalo patriotizma<br />
Nekoč so rekli in verjeli, da obstajata dve različici nacionalizma. Prvi je agresiven, torej nevaren<br />
in vreden vsega obsojanja, drugi pa je defenziven, torej upravičen in pravičen. Dilema je stara,<br />
podobno kot tista o osvajalni, napadalni, in pravični, obrambni vojni. In ni razrešena.<br />
Slovenci so pri sebi v svoji zgodovini do nedavnega v veliki večini prepoznavali zgolj obrambni<br />
nacionalizem. Ta naj bi bil viden predvsem v visokem vrednotenju ohranjanja lastnega jezika, torej<br />
slovenščine, in lastne kulture, ki da se je najbolj profilirala skozi pesništvo in literaturo. Zato ni<br />
naključje, da je na najbolj slikovitem trgu v prestolnici Ljubljani postavljen spomenik največjemu<br />
slovenskemu pesniku Francetu Prešerenu in ne morda kakšnemu spretnemu slovenskemu diplomatu<br />
ali generalu, kakor svoje najznamenitejše trge ponavadi okrasijo številni drugi narodi. Seveda je<br />
slovenski nacionalizem premogel še druge dimenzije, ne nazadnje, ko je šlo za najhujše čase, tudi<br />
vojaško, ki pa so bile tudi zmeraj razumljene kot obrambne. Slovenci v zgodovini pač niso osvajali<br />
tujih ozemelj, sploh pa ne z orožjem. Če je že prihajalo do spopadov, naj bi bila to zgolj obramba<br />
slovenskega etničnega ozemlja. Seveda je takšna obramba lahko upravičena – težava nastane, če si<br />
neko ozemlje v resnici delita dve ali več etnij.<br />
Vendar pustimo zgodovino, ki bi zlahka našla tudi drugačne interpretacije; denimo, čemu je<br />
asimilacijski pritisk zmeraj v slovenski družbi bil zelo visok in nadpovprečno uspešen. Slovenci<br />
so večino svoje zgodovine preživeli v večnacionalnih tvorbah. Takšna je bila tako rekoč tisočletna<br />
habsburška monarhija, takšna je bila manj kot stoletje trajajoča Jugoslavija. V takšnih razmerah<br />
lažje razumemo teorijo o defenzivnem nacionalizmu, čeprav je ni treba nujno odobravati.<br />
Vendar se je leta 1991 zgodovina temeljito spremenila. Takrat je Slovenija postala suverena država<br />
in samostojen subjekt mednarodnega prava. V slovenski ustavi po zaslugi takrat močnih liberalnih<br />
ali bolje libertarnih krogov sicer ne piše, da naj bi bila Slovenija država slovenskega naroda, torej zgolj<br />
nacionalna država. Prav zato bi morala biti država odgovorna za dobro počutje vseh državljanov<br />
in ne zgolj Slovencev, ki živijo v njej. Vendar se zdi, da to odgovornost, ki jo torej nalaga ustava,<br />
9
Preveč nacionalizma, premalo patriotizma<br />
vsakokratna oblast razume in prevzema precej<br />
po svoje. Če je približno ducat let vladavine<br />
LDS v Sloveniji zaznamoval precej uspešni<br />
pragmatizem, ki pa mu kritiki upravičeno<br />
dodajajo aroganco, lahko to nemara še najlepše<br />
ponazorimo prav z odnosom eldeesovskih<br />
vlad do nacionalnih in drugih manjšin.<br />
Verbalno so bile te vlade z Drnovškom ali<br />
Ropom na čelu vseeno naklonjene manjšinam<br />
in drugim odrinjenim skupinam. Vendar pa<br />
v resnici za izboljšanje njihovega statusa v<br />
smislu parole „vsi drugačni, vsi enakopravni“,<br />
ki so jo sicer ponavljale do onemoglosti, niso<br />
znale ali hotele poskrbeti. Zato se je pod temi<br />
vladami zgodil škandal z izbrisanimi, ko je<br />
prva poosamosvojitvena, Demosova vlada, v<br />
stilu balkanskih etničnih čiščenj – tokrat sicer<br />
po slovensko v rokavicah in na računalnikih<br />
– preprosto vsem prebivalcem iz drugih<br />
jugoslovanskih republik, ki niso zaprosili<br />
za državljanstvo, izbrisala status stalno<br />
naseljenih prebivalcev in s tem vseh pravic, ki<br />
k takemu statusu gredo. Tudi položaj Romov<br />
se v Sloveniji pod eldeeseovskimi vladami ni<br />
izboljšal. Za vse, kar Romi imajo, je poskrbela<br />
že bivša socialistična oblast, šele ob koncu<br />
eldeesovske vladavine so Romi v svojih okoljih<br />
dobili direktne mandate v mestnih svetih, kar<br />
pa ni šlo brez odporov v premnogih lokalnih<br />
skupnostih. Tudi tako imenovane nove<br />
manjšine še niso dobile primernih pravic in<br />
zaščite; drugače je bilo s Staroavstrijci, ki pa so<br />
bolj pomenili zastavek v politični trgovini med<br />
Ljubljano in Dunajem. LDS je pač v svojem<br />
pragmatizmu zaznavala latentni, v resnici<br />
pa zelo slabo prikriti slovenski šovinizem,<br />
ignorantsko pa se je izogibala odkritemu<br />
soočenju z njim tudi zaradi političnih<br />
računic, saj je morala pri svojem koalicijskem<br />
vladanju prevečkrat računati na glasno ali<br />
10<br />
tiho podporo stalne sopotnice vseh slovenskih<br />
vlad: Jelinčičeve Slovenske nacionalne stranke.<br />
Aroganca do omenjenih manjšin je bila<br />
tako zgolj zunanji, najbolj opazen izraz teh<br />
pritlehnih dilem liberalcev.<br />
Lani oktobra je v Sloveniji oblast prevzela<br />
desnosredinska koalicija na čelu z Janševo SDS.<br />
Janeza Janše se sicer ne da direktno primerjati<br />
s koroškim populističnim glavarjem Jörgom<br />
Haiderjem ali celo s francoskim desničarjem<br />
Jeanom Mariejem le Penom, kakor so storili<br />
nekateri slovenski in tuji, tudi avstrijski<br />
mediji. Za to vlogo je mnogo bolj primeren že<br />
omenjeni Jelinčič, res pa je, da njegova vloga<br />
bolj spominja na slabega kabaretista kakor<br />
na politika z jasnim premočrtnim kurzom.<br />
Premočrtno je samo to, da, tudi tokrat formalno<br />
v opoziciji, Jelinčič sedanji vladi spet dvori in<br />
jo celo hvali, da je mnogo boljša od prejšnjih<br />
eldeeseovskih. Zakaj? Jelinčič ni ravno neumen<br />
in je tudi opazil, da je ta vlada do manjšin,<br />
kot so izbrisani, nove manjšine, Romi, pa<br />
tudi homoseksualci in mlade samske ženske,<br />
ubrala mnogo manj ambivalentno politiko.<br />
Retorika te vlade je namreč, za razliko od<br />
eldeesovske, ki je morda koga še prepričala, da<br />
le ni tako hudo, veliko bolj neizprosna in, kar<br />
je še posebej odbijajoče, čeprav značilno za vse<br />
evropske politične sile podobne provenience,<br />
nezmotljivo pravičniška. O izbrisanih se tako<br />
govori samo še kot o špekulantih, rešitev zanje<br />
se sicer išče z ustavnim zakonom, ki bi po<br />
preizkušenem scenariju, kakor ga že poznamo<br />
tudi iz Avstrije, obšel odločbo ustavnega<br />
sodišča, v resnici pa niti tega ni pričakovati v<br />
doglednem času. Razen če bi to vlado spodbudil<br />
zunanji pritisk, kar pa je malo verjetno. Tudi<br />
Romi postajajo pravzaprav vse bolj problem<br />
kriminala in pomanjkanja discipline, ne pa
nemara socialni problem in problem siceršnje<br />
družbene odrinjenosti. Ilustrativen primer<br />
slednjega je osnovna šola v Bršljinu pri Novem<br />
mestu, kjer je novi šolski minister po vsej<br />
verjetnosti precej namišljen gordijski vozel<br />
problema discipline romskih otrok rešil na<br />
sumljivo „izviren“ način. Namreč s segregacijo<br />
romskih otrok. Formalno sicer otroke v<br />
Bršljinu ločujejo v različne klopi po šolskem<br />
uspehu, toda romski otroci, tudi tisti z boljšim<br />
učnim uspehom, so vendarle pristali skupaj<br />
in ločeni od „belih“ ali „civilnih“ vrstnikov.<br />
Gremo naprej. Če LDS nikakor ni mogla<br />
sprejeti zakona o registraciji istospolnih porok,<br />
je desna vlada s tem prav pohitela. Seveda na<br />
način, ki homoseksualno poroko jasno loči<br />
od poroke hetroseksualnega para. Kajti, kot<br />
so ugotavljali vladajoči, „zakon o istospolnih<br />
skupnostih nikoli ne more biti diskriminacijski<br />
v primerjavi z zakonom o zakonski zvezi, ker<br />
gre za popolnoma različni stvari“. Očitana<br />
diskriminatornost omenjenega zakona torej<br />
sploh ni prepoznana, ker naj bi bila očitno<br />
naravno stanje stvari. Kakor vselej v takih<br />
primerih pa je lahko zgolj ideološko stanje<br />
stvari. Ampak ideologija najbolje deluje takrat,<br />
ko je naslovniki niti ne prepoznajo in torej a<br />
priori in pravičniško zanikajo vsakršen njen<br />
obstoj. To velja tudi za ideologijo nacionalizma<br />
v Sloveniji. Takrat, ko vam bodo najbolj<br />
zatrjevali, da ga ni, je že na delu. Skratka,<br />
namesto pragmatične arogance dobivamo tudi<br />
v Sloveniji, z besedami svetovalca nekdanjega<br />
češkega predsednika Havla Jirija Pehe, čas<br />
nesramnega populizma. In primitivizma,<br />
dodajamo.<br />
Vendar je pri tem pomembna razlika. To<br />
namreč ni primitivizem ljudi, temveč oblasti.<br />
Ko so konec 15. stoletja iz slovenskih mestec<br />
Preveč nacionalizma, premalo patriotizma<br />
zabrisali oziroma nagnali Žide, je bil tega sicer<br />
kriv habsburški monarh, pa čeprav so se tega<br />
ljudje menda veselili. Ko so konec 20. stoletja<br />
v Sloveniji po tihem izbrisali izbrisane, je bila<br />
tega kriva slovenska država, pa če to prizna ali<br />
ne, ne pa njeni državljani.<br />
Človek bi si v Sloveniji zaželel več državljanske<br />
zavesti. Zato, da bi vrednota postala patriotizem<br />
in ne nacionalizem. S tem bi morda lahko<br />
elegantno razrešili tudi dilemo, izpostavljeno na<br />
začetku teksta, o obrambnem in napadalnem<br />
nacionalizmu. Nacionalisti namreč niso nujno<br />
tudi patrioti. Patrioti, ki so nacionalisti, pa<br />
domovini dokazljivo delajo škodo. Tako se pač<br />
lahko zgodi, da slovenska katoliška cerkev, ki<br />
od Slovencev terja denimo višjo rodnost, svojo<br />
banko proda Avstrijcem. Ali to, da desničarji<br />
prodajo svojo televizijo, namreč TV3, Hrvatu,<br />
nato pa v imenu pravičnejše razporeditve<br />
medijskega prostora zakonsko uzurpirajo kar<br />
javno televizijo. Primera, kakršna sta omenjena,<br />
sta možna prav zato, ker nacionalisti še zdaleč<br />
niso patrioti, pa če se to sliši še tako absurdno.<br />
Patrioti so sposobni terjati pravico in zaščito<br />
za vse prebivalce svoje domovine, nacionalisti<br />
česa podobnega ne morejo, ker te iste prebivalce<br />
delijo na naše in nenaše, na prave in tuje. In<br />
tako umetno ohranjajo konflikte, ki domovini<br />
in njenim ljudem ne koristijo.<br />
11
Zu viel Nationalismus, zu wenig Patriotismus<br />
Zu viel Nationalismus, zu wenig<br />
Patriotismus<br />
Einst sagte und glaubte man, dass es gäbe zwei<br />
Varianten von Nationalismus gebe. Der Erstere<br />
sei aggressiv, also gefährlich und verachtenswert,<br />
der Zweitere aber defensiv und somit<br />
berechtigt und gerecht. Das Dilemma ist alt,<br />
ähnlich jenem vom aggressiven Eroberungskrieg<br />
und vom gerechten Abwehrkrieg.<br />
Bis vor nicht allzu langer Zeit haben die Slowenen<br />
aus ihrer Geschichte ausschließlich den<br />
Abwehrnationalismus herausgelesen. Dieser<br />
sei vor allem im hohen Stellenwert erkennbar,<br />
den die Erhaltung der eigenen Sprache und der<br />
eigenen Kultur, die sich vor allem durch Poesie<br />
und Literatur manifestiere, einnimmt. So<br />
ist es kein Zufall, dass auf dem malerischsten<br />
Platz in der slowenischen Hauptstadt ein<br />
Denkmal für den größten slowenischen Dichter,<br />
France Prešeren, steht und nicht etwa für<br />
einen gewandten Diplomaten oder einen fähigen<br />
General, wie dies bei zahlreichen anderen<br />
Nationen der Fall ist. Der slowenische Nationalismus<br />
hatte natürlich auch andere Dimensionen,<br />
nicht zuletzt aufgrund schlimmer<br />
Kriegszeiten eine militärische, doch wurde er<br />
immer als Abwehr verstanden. Die Slowenen<br />
haben in ihrer Geschichte eben keine fremden<br />
Territorien erobert. Kam es zum bewaffneten<br />
Kampf, diente dieser bloß der Verteidigung des<br />
slowenischen ethnischen Territoriums. Natürlich<br />
kann eine solche Abwehr berechtigt sein,<br />
ein Problem entsteht aber dann, wenn auf einem<br />
Territorium zwei oder mehrere Volksgruppen<br />
leben.<br />
In der Geschichte war der Assimilationsdruck<br />
auf die slowenische Gesellschaft immer sehr<br />
hoch und überdurchschnittlich erfolgreich. Die<br />
12<br />
Slowenen lebten in ihrer Geschichte in multinationalen<br />
Systemen, wie in der über Jahrhunderte<br />
existierenden Habsburgermonarchie oder<br />
in Jugoslawien, das nicht einmal hundert Jahre<br />
lang bestand. In diesem Kontext erscheint die<br />
Theorie von einem defensiven Nationalismus<br />
verständlicher, obwohl man ihr nicht unbedingt<br />
zustimmen muss. Die Geschichte nahm<br />
1991 eine entscheidende Wende. Slowenien<br />
wurde ein souveräner Staat und ein völkerrechtlich<br />
selbständiges Subjekt. Die slowenische<br />
Verfassung besagt aber nicht, dass Slowenien<br />
der Staat des slowenischen Volkes, also<br />
ein Nationalstaat sei, was das Verdienst der zu<br />
jenem Zeitpunkt starken liberalen bzw. libertären<br />
Kreise ist. Gerade deswegen müsste der<br />
Staat für das Wohl aller Bürger Sorge tragen,<br />
nicht nur für die Slowenen. Doch es hat zuweilen<br />
den Anschein, dass diese verfassungsmäßige<br />
Verantwortung von den jeweils an der<br />
Macht stehenden Politikern negiert wird.<br />
Zwar standen die zwölf Regierungsjahre der<br />
Liberalen Demokratie (LDS) im Zeichen eines<br />
relativ erfolgreichen Pragmatismus, wobei Kritiker<br />
der Regierung allerdings auch Arroganz<br />
vorwarfen, doch kann man das zuvor Gesagte<br />
gerade durch das Verhältnis der LDS-Regierungen<br />
zu nationalen und anderen Minderheiten<br />
belegen. Verbal waren diese Regierungen,<br />
sowohl unter Drnovšek als auch unter Rop,<br />
den Minderheiten und anderen Randgruppen<br />
wohlgesinnt. Doch in der Realität konnten<br />
oder wollten sie, im Sinne der andauernd<br />
wiederholten Parole „alle anders, alle gleich“,<br />
ihre Lage nicht wesentlich verbessern. So gab<br />
es unter diesen Regierungen den Skandal mit<br />
den Ausgebürgerten, als nach der Erreichung<br />
der staatlichen Unabhängigkeit die erste DE-<br />
MOS-Regierung im Stil der balkanischen ethnischen<br />
Säuberungen – zwar auf slowenische
Art über den Schreibtisch, sozusagen mit „Glacéhandschuhen“<br />
– allen Bürgern aus anderen<br />
ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken,<br />
die nicht um die Staatsbürgerschaft angesucht<br />
hatten, den Aufenthaltsstatus und damit auch<br />
alle daraus resultierenden Rechte aberkannte.<br />
Auch die Lage der Roma verbesserte sich unter<br />
der LDS nicht. Alle Rechte, die die Roma<br />
an genießen, wurden noch unter den ehemaligen<br />
kommunistischen Machthabern festgeschrieben,<br />
erst gegen Ende der LDS-Regierung<br />
wurden den Roma in ihrem Siedlungsgebieten<br />
Direktmandate in den Stadträten zugestanden,<br />
oft gegen starke Widerstände in den<br />
betroffenen Gemeinden. Auch die so genannten<br />
neuen Minderheiten (aus dem ehemaligen<br />
jugoslawischen Raum) genießen nur unzureichenden<br />
Rechtsschutz. Anders verhielt es mit<br />
den „Altösterreichern“, doch diese stellten eher<br />
ein Objekt im Polithandel zwischen Ljubljana<br />
und Wien dar. Die LDS registrierte zwar in ihrem<br />
Pragmatismus den latenten und schlecht<br />
getarnten slowenischen Chauvinismus, doch<br />
mied sie aus Ignoranz und wegen des politischen<br />
Kalküls eine offene Auseinandersetzung<br />
mit dieser Geisteshaltung, weil sie allzu oft auf<br />
eine offene oder stillschweigende Unterstützung<br />
ihrer Koalition durch die ständige Begleiterin<br />
aller slowenischen Regierungen, die Nationalpartei<br />
von Zmago Jelinčič, angewiesen war.<br />
Die Arroganz gegenüber den erwähnten Minderheiten<br />
war also auch ein Ausdruck dieses politischen<br />
Dilemmas der Liberaldemokraten.<br />
Im Oktober 2004 kam die Mitte-Rechts Regierung<br />
mit Janez Janšas Slowenischer Demokratischer<br />
Partei (SDS) an der Spitze an die Macht.<br />
Janša ist mit dem populistischen Kärntner Landeshauptmann<br />
Jörg Haider oder gar mit dem<br />
französischen Ultrarechten Jean-Marie le Pen<br />
Zu viel Nationalismus, zu wenig Patriotismus<br />
nicht direkt vergleichbar, obwohl einige slowenische<br />
und auch österreichische Medien solche<br />
Vergleiche ansstellten. Der zuvor erwähnte<br />
Jelinčič passt eher in dieses Bild, obwohl seine<br />
Rolle mehr an einen schlechten Kabarettisten<br />
erinnert. Aufgefallen ist er vor allem seine<br />
Anbiederungsveruche; formal in der Opposition,<br />
lobt er sogar die gegenwärtige Regierung,<br />
die die bislang beste sei. Warum? Jelinčič geht<br />
mit dem weit weniger ambivalenten Kurs dieser<br />
Regierung gegenüber den nationalen Minderheiten,<br />
Ausgebürgerten, den durch den<br />
Zusammenbruch Jugoslawiens entstanden<br />
neuen Minderheiten, Roma, Homosexuellen<br />
und jungen, alleinstehenden Frauen, konform.<br />
Die Rethorik dieser Regierung ist zum Unterschied<br />
von jener der LDS kompromisslos, was<br />
für alle europäischen Kräfte dieser Provenienz<br />
charakteristisch ist. Die Ausgebürgerten werden<br />
als Spekulanten dargestellt, es wird zwar<br />
eine verfassungskonforme Lösung angestrebt,<br />
diese soll aber nach dem bereits in Österreich<br />
erprobten Szenario nur das Urteil des Verfassungsgerichtshofes<br />
umgehen, aber selbst eine<br />
formale Lösung ist in naher Zukunft nicht zu<br />
erwarten. Mit ernsthaftem Druck von außen<br />
ist indessen auch nicht zu rechnen. Die Frage<br />
der Roma wird immer mehr als Kriminalitätsproblem<br />
dargestellt und nicht als soziales Problem<br />
von Gruppen am Rand der Gesellschaft<br />
gesehen. Ein Musterbeispiel hierfür stellt die<br />
Praxis an der Grundschule in Bršljin bei Novo<br />
mesto dar, wo der neue Bildungsminister das<br />
vorgebliche Problem mit den Roma mit einer<br />
Trennung der Romakinder von den anderen<br />
„löste”. Formell werden die Kinder in Bršljin<br />
anhand des schulischen Erfolgs separiert,<br />
doch auch diejenigen Romakinder, die in der<br />
Schule besser abschneiden, werden nichtsdestotrotz<br />
von den „weißen” oder „zivilisierten”<br />
13
Zu viel Nationalismus, zu wenig Patriotismus<br />
Altersgenossen getrennt.Hinsichtlich gleichgeschlechtlicher<br />
Partnerschaften lehnt die LDS<br />
deren Gleichstellung ab. Denn, so stellten die<br />
Regierenden fest,„ein unterschiedliches Gesetz<br />
über gleichgeschlechtliche Beziehungen<br />
gegenüber dem Ehegesetz kann niemals eine<br />
Diskriminierung bedeuten, weil es sich um<br />
zwei vollkommen verschiedene Dinge handelt“.<br />
Hierbei geht es um einen rein ideologischen<br />
Standpunkt. Hinsichtlich der Leugnung<br />
der Existenz ideologischer Positionen gilt dasselbe<br />
für den Nationalismus in Slowenien. Der<br />
Umstand, dass Ideologie bestritten wird, sagt<br />
schon aus, dass eine solche existiert. Letztlich<br />
folgt auch in Slowenien, um es mit den Worten<br />
des Havel-Beraters Jiři Peha auszudrücken,<br />
der „pragmatischen Arroganz die Zeit des unverschämten<br />
Populismus“; die Zeit des Primitivismus,<br />
könnte man hinzufügen.<br />
Es handelt sich hierbei nicht um den Primitivismus<br />
eines Menschen von der Straße, sondern<br />
um denjenigen der Machthaber. Die Vertreibung<br />
der Juden aus den slowenischen Ländern<br />
Ende des 15. Jahrhunderts wurde von den<br />
Habsburgern angeordnet, wobei dies angeblich<br />
auf die Zustimmung der Bevölkerung traf. Als<br />
man Ende des 20. Jahrhunderts in Slowenien<br />
stillschweigend Menschen ausbürgerte, lag das<br />
in der Verantwortung des slowenischen Staates<br />
und nicht seiner Bürger, auch wenn dies bestritten<br />
wird.<br />
Man würde sich in Slowenien mehr bürgerrechtliches<br />
Bewusstsein wünschen, womit<br />
Patriotismus und nicht Nationalismus zu den<br />
allgemeinen Werten zählen würde. So könnte<br />
man auch das am Anfang dargestellte Dilemma<br />
zwischen abwehrendem und aggressivem<br />
Nationalismus lösen. Nationalisten sind näm-<br />
14<br />
lich nicht unbedingt auch Patrioten, denn sie<br />
fügen ihrer Heimat erwiesenermaßen Schaden<br />
zu. So verkauft die slowenische katholische<br />
Kirche, die von den Slowenen mehr Gebärfreudigkeit<br />
fordert, die in ihrem Besitz befindliche<br />
Bank an österreichische Investoren. Die slowenischen<br />
Rechten wiederum verkauften ihren<br />
Fernsehkanal TV3 an einen Kroaten, um dann<br />
unter dem Vorwand einer gerechteren Verteilung<br />
des medialen Raumes das öffentliche<br />
Fernsehen per Gesetz zu vereinnahmen. Beide<br />
Beispiele belegen, dass Nationalisten keine<br />
Patrioten sind, wenn dies auch auf den ersten<br />
Blick absurd klingen mag. Patrioten treten für<br />
die Rechte aller Bürger ihrer Heimat ein, Nationalisten<br />
hingegen unterscheiden zwischen<br />
den „Unseren“ und den „Fremden“. So werden<br />
Konflikte künstlich geschürt und prolongiert,<br />
Konflikte, die der Heimat und ihren Bürgern<br />
großen Schaden zufügen.<br />
O AVTORJU – ZUR PERSON<br />
Boris Jaušovec<br />
Boris Jaušovec je urednik sobotne priloge „V<br />
soboto“ v dnevniku Večer, ki izhaja v Mariboru.<br />
– Boris Jaušovec ist Redakteur der Samstagbeilage<br />
„V soboto“ der slowenischen Tageszeitung<br />
Večer.
„<strong>Izbrisani</strong>“ – Die „Ausgelöschten“<br />
Eine unerfreuliche Never Ending Story<br />
� Text: Herwig Höller<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />
Auch im Sommer 2005 waren die so genannten „<strong>Izbrisani</strong>“ („Ausgelöschten“) einmal mehr eines<br />
der zentralen innenpolitischen Themen Sloweniens. Mehr als 13 Jahre nachdem ein Fremdengesetz,<br />
dem der slowenische Verfassungsgerichtshof wiederholt Verfassungswidrigkeit bescheinigte 1 ,<br />
18.305 aus anderen ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken stammende Einwohner des Landes<br />
aus den Melderegistern gelöscht hat, harrt das Problem nach wie vor einer befriedigenden Lösung.<br />
1992 wurden mit dieser Streichung Tausende der gesetzlichen Grundlage ihrer Existenz beraubt.<br />
Aber auch im Jahre 2005 dauern humanitäre und soziale Konsequenzen an, wie extreme, kafkaesk<br />
anmutende Beispiele immer wieder illustrieren.<br />
Beginn der Hungerstreikaktion der CIIA, Grenzübergang Šentilj, 2.7.2005 – Začetek gladovne stavke CIIA, mejni prehod Šentilj, 2.7.2005<br />
15
„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />
So etwa der Fall des gebürtigen albanisch-kosovarischen<br />
Rom Ali Berisha, der mit seiner<br />
Familie seit 1987 in Maribor wohnte und dort<br />
regulär gemeldet war. Von seinem „Izbris“, seiner<br />
„Auslöschung“ – so in einem Brief Berishas<br />
an den Aktivisten Aleksandar Todorović –<br />
habe er im Mai 1993 erfahren, als er von einem<br />
zweiwöchigen Besuch bei Verwandten in<br />
Deutschland zurückgekehrt sei: „Am Grenzübergang<br />
bei Maribor [Šentilj-Spielfeld] verlangte<br />
der Zollbeamte meinen Reisepass, den<br />
ich ihm aushändigte. Als er sah, dass ich einen<br />
jugoslawischen Pass habe, sagte er mir,<br />
dass dieser nicht mehr gelte, und ich, da ich<br />
Albaner sei, in den Kosovo zurückkehren müsse.<br />
Als ich ihm sagte, dass ich in Maribor lebe<br />
und dort meinen ständigen Wohnsitz habe,<br />
erwiderte er, dass in Slowenien nur Platz für<br />
Slowenen sei. Als ich ihm sagte, dass ich mir<br />
am nächsten Tag von den Behörden einen neuen<br />
Pass ausstellen lassen wolle, antwortete er,<br />
dass ich in ein Gefängnis nach Ljubljana kommen<br />
werde, wo Albaner, Serben, Kroaten und<br />
Roma zusammengesammelt werden.“ Vom<br />
Grenzübergang ging es tatsächlich direkt in<br />
die Schubhaft nach Ljubljana, anschließend<br />
wurde Berisha per Flugzeug nach Albanien<br />
abgeschoben, in ein Land, in dem er noch nie<br />
gewesen war und auch niemanden kannte.<br />
Dort konnte er allerdings einen albanischen<br />
Polizisten bestechen, der ihn tags darauf in<br />
ein Flugzeug zurück nach Ljubljana setzte, wo<br />
er erneut in Schubhaft genommen wurde. Er<br />
konnte jedoch aus der Schubhaft fliehen und<br />
begab sich aus Furcht vor einer wiederholten<br />
Abschiebung nach Deutschland. Von dort will<br />
man ihn nun, im Sommer 2005, erneut abschieben,<br />
dieses Mal in den Kosovo. In Slowenien<br />
hat Berisha auch nach den Urteilen des<br />
Verfassungsgerichtshofes, die – wie oben er-<br />
16<br />
wähnt – die Verfassungswidrigkeit der „Auslöschung“<br />
feststellten, keinerlei Status. Auch<br />
wenn dies der Staatsbürger Serbiens und Montenegros<br />
erst mit Verspätung registrierte: Am<br />
27. Februar 1992 waren er und weiterte 18.304<br />
ex-jugoslawische Staatsbürger aus den slowenischen<br />
Melderegistern gestrichen worden.<br />
Die Geschichte der „Auslöschung“ ergab sich<br />
aus dem Zerfall der Sozialistischen Föderativen<br />
Republik Jugoslawien und der Entstehung<br />
neuer, unabhängiger Staaten. Nachdem sich<br />
in einer Volksabstimmung am 23. Dezember<br />
1990 fast neunzig Prozent für die Unabhängigkeit<br />
ausgesprochen hatten, beschloss das Parlament<br />
Sloweniens im Juni 1991 grundlegende<br />
Gesetze, darunter das Staatsbürgerschaftsgesetz.<br />
Darin ist u. a. festgelegt, dass Menschen,<br />
die die jugoslawische und die slowenische<br />
Staatsbürgerschaft 2 besaßen, automatisch zu<br />
Staatsbürgern des unabhängigen Sloweniens<br />
wurden, und dass jugoslawische Staatsbürger,<br />
die am Tag der Volksabstimmung ihren<br />
ordentlichen Wohnsitz in Slowenien hatten,<br />
innerhalb von sechs Monaten die slowenische<br />
Staatsbürgerschaft beantragen konnten.<br />
174.000 Betroffene stellten Anträge, 171.000<br />
davon wurde auch die slowenische Staatsbürgerschaft<br />
verliehen.<br />
Die Tücke lag allerdings im Fremdengesetz,<br />
das ebenfalls im Juni 1991 beschlossen wurde:<br />
Alle Einwohner Sloweniens, die die Staatsbürgerschaft<br />
einer anderen ehemaligen jugoslawischen<br />
Teilrepublik besaßen und keinen Antrag<br />
stellten oder deren Anträge die Behörden abgelehnt<br />
hatten, wurden zwei Monate nach Ende<br />
der Antragsfrist plötzlich wie „Fremde“ ohne<br />
jeglichen Status behandelt. Sie verloren durch<br />
die Löschung aus den Melderegistern Wohnsitz,<br />
Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis,
Sozial-, Kranken- und Pensionsversicherung<br />
usw. Ein Umstand, der zwangsläufig beträchtliche,<br />
insbesondere soziale Auswirkungen<br />
nach sich zog.<br />
Es mag unterschiedliche Gründe gegeben haben,<br />
die die Betroffenen bewogen haben, die<br />
slowenische Staatsbürgerschaft trotz eines<br />
Wohnsitzes im Lande nicht zu beantragen. Einer<br />
davon bestand wohl im Wunsch, die Staatsbürgerschaft<br />
der Heimatrepublik zu behalten,<br />
ohne sich dabei der Konsequenzen bewusst<br />
zu sein. Bekannte Intellektuelle und Künstler<br />
nichtslowenischer Abstammung, wie z. B. die<br />
aus die Kroatien gebürtige Künstlerin und Philosophin<br />
Marina Gržinić oder der Vertreter der<br />
Neuen Slowenische Kunst, Dušan Mandić, dessen<br />
serbischer Vater als Offizier der Jugoslawischen<br />
Volksarmee in Slowenien stationiert war,<br />
stellten rechtzeitig Anträge. Ingesamt fällt auf,<br />
dass vor allem Menschen aus den unteren sozialen<br />
Schichten von der Streichung betroffen<br />
sind, von denen sich wohl eine Mehrzahl der<br />
drastischen Konsequenzen einer Nichtbeantragung<br />
der Staatsbürgerschaft nicht bewusst<br />
war.<br />
Als verschärfend erwies sich auch der Umstand,<br />
dass die „Auslöschung“ (siehe Interview<br />
mit Matevž Krivic) – im Gegensatz zur Praxis<br />
in Rechtsstaaten – ohne Bescheid erfolgte.<br />
Die „Ausgelöschten“ wurden von Amts wegen<br />
nicht verständigt. Die Monstrosität und<br />
die Konsequenzen der „Auslöschung“ scheinen<br />
Eingeweihten von Anfang an klar gewesen<br />
zu sein: Noch vor der Beschließung des<br />
Gesetzes hatte die Abgeordnete Metka Mencin<br />
einen Abänderungsantrag eingebracht,<br />
der allen Bewohnern Sloweniens aus anderen<br />
ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken,<br />
die am Stichtag ihren Wohnsitz in Slowenien<br />
hatten, eine permanente Aufenthaltserlaubnis<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />
France Cukjati (Mitte) in Graz – France Cukjati (v sredini) v Gradcu,<br />
18.7.2005<br />
Ein Anti-„<strong>Izbrisani</strong>“-Grafitto im Zentrum von Ljubljana, Juni 2005<br />
– Grafit proti „izbrisanim“ v centru Ljubljane. (Das ist Raub. Die so<br />
genannten „Ausgelöschten“, 4.4.2004 – dagegen. Die Frage beim Referendum<br />
am 4. April 2004 lautete: Sind sie für ein technisches Gesetz<br />
zur Lösung des <strong>Izbrisani</strong>-Problems. – Vprašanje na referendumu 4.<br />
aprila 2004 se je glasilo: Ste za tehnični zakon za rešitev vprašanja<br />
izbrisanih.)<br />
gewährt hätte, wodurch das Problem der „<strong>Izbrisani</strong>“<br />
erst gar nicht entstanden wäre. Dieser<br />
Antrag wurde aber von einer Mehrheit im Parlament<br />
abgelehnt. Lokale Behörden weigerten<br />
sich zunächst, das Gesetz zu exekutieren und<br />
ohne Bescheid Menschen aus den Registern<br />
zu streichen. Daraufhin ordnete der damalige<br />
Staatssekretär im Innenministerium, Slavko<br />
Debelak, am 27. Februar 1992 alle Meldeäm-<br />
17
„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />
ter an, die betroffenen Personen zu streichen 3 .<br />
Wie hatte es dazu kommen können? Der seinerzeit<br />
ebenfalls „ausgelöschte“ Filmemacher<br />
Dimitar Anakiev aus Tolmin, der vergangenes<br />
Jahr den Dokumentarkurzfilm Zradirani (Ausradiert)<br />
drehte und nun an einer filmischen<br />
Fortsetzung arbeitet, sieht die „Auslöschung“<br />
als „klassischen Akt einer ethnischen Säuberung,<br />
die jedoch auf versteckte und intelligente<br />
Art“ vollzogen worden sei, indem sie als<br />
gesetzliches Problem oder sogar als Computerfehler<br />
dargestellt werde. Man versuche auf politischer<br />
Ebene bis zum heutigen Tag mit großem<br />
Einsatz, das Wesen der „Auslöschung“ zu<br />
verdecken. Der ehemalige Verfassungsrichter<br />
Matevž Krivic sieht indessen die offizielle Einbürgerung<br />
von 170.000 Južnjaki (Südländer),<br />
d. h. Menschen aus den südlichen Republiken<br />
des ehemaligen Jugoslawiens, als den zentralen<br />
politischen Kontext 4 . Diese Einbürgerung<br />
sei für die politische Rechte und auf die auf die<br />
Politik und die öffentliche Meinung einflussreichen<br />
rechten, ausländerfeindlichen Zirkel ein<br />
großer Schock gewesen. Mitte der Neunzigerjahre<br />
sei deshalb sogar versucht worden, den<br />
170.000 Eingebürgerten die Staatsbürgerschaft<br />
wieder zu entziehen. Die „Auslöschung“ von<br />
18.000 als Kompensation für eine empörte<br />
ausländerfeindliche Rechte?<br />
Die meisten Betroffenen selbst wussten zunächst<br />
auch nichts von ihrem Unglück, viele<br />
„Ausgelöschte“ erfuhren erst durch Zufälle,<br />
dass ihnen etwas Gravierendes widerfahren<br />
war. Aufgrund dessen war auch kein organisierter<br />
Protest gegen das erlittene Unrecht möglich<br />
– erst 2002 formierte sich um den Serben<br />
Aleksandar Todorović, der mit seiner slowenischen<br />
Frau Mitte der Achtzigerjahre nach Ptuj<br />
gezogen war, die erste, vor allem aktivistischaktionistisch<br />
tätige „<strong>Izbrisani</strong>“-NGO, Društvo<br />
18<br />
izbrisanih prebivalcev Slovenije/Verband der ausgelöschten<br />
Einwohner Sloweniens. Todorović hat<br />
sich zwischenzeitlich mit dem Rechtsvertreter<br />
dieser NGO überworfen und eine neue Vereinigung<br />
gegründet. Schon Mitte der Neunzigerjahre<br />
waren vereinzelte Beschwerden beim<br />
slowenischen Verfassungsgericht eingebracht<br />
worden, aber erst 1999 fällte dieser die erste<br />
Entscheidung in der Causa und erklärte die<br />
„Auslöschung“ als verfassungswidrig und forderte<br />
eine verfassungskonforme Lösung innerhalb<br />
von 6 Monaten. Die Materie war und ist<br />
in rechtlicher Hinsicht sehr komplex. Einerseits<br />
hatten es zahlreiche „Ausgelöschte“ unter<br />
großem Aufwand geschafft, als Ausländer<br />
neu im Land registriert zu werden sowie Aufenthalts-<br />
und Beschäftigungsbewilligungen<br />
zu bekommen. Andererseits wurden seit 1999<br />
zwei weitere Gesetze zur Causa beschlossen,<br />
die allerdings vom Verfassungsgerichtshof teilweise<br />
wieder aufgehoben wurden. Ein Teil der<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“ erhielt auf diese Weise ihren verfassungswidrig<br />
verlorenen Status wieder zurück.<br />
Auch wurde 2004 ein Referendum gegen die<br />
„Ausglöschten“ abgehalten. Sowohl Fragestellung<br />
als auch Ausgang machen das Verhältnis<br />
des politischen Mainstreams Sloweniens zu<br />
den „<strong>Izbrisani</strong>“ deutlich. Die Frage am 4. April<br />
2004 lautete: „Sind Sie dafür, dass das Gesetz<br />
zur Ausführung des 8. Punktes der Entscheidung<br />
des Verfassungsgerichts der Republik<br />
Slowenien, Nummer U-I-246/02-28 (EPA<br />
956-III), in Kraft tritt, das am 25.11.2003 vom<br />
Državni zbor (Nationalrat) der Republik Slowenien<br />
beschlossen wurde?“ Um die Frage zu<br />
verstehen: Ein Jahr zuvor, am 3. April 2003,<br />
hatte das Verfassungsgericht im Punkt 8 seiner<br />
Entscheidung festgehalten, dass den am<br />
26.2.1992 „Ausgelöschten“ rückwirkend das<br />
Aufenthaltsrecht zurückzugeben sei. Die Ant-
wort war eindeutig: Bei einer Wahlbeteiligung<br />
von 31,5% stimmten 94,7% gegen die Rückgabe<br />
des Status, 3,8% dafür, 1,5% ungültig. Von<br />
einer Kompensation und weiteren Schritten einer<br />
Reparatur war dabei noch gar keine Rede.<br />
Nach wie vor gibt es in die Illegalität abgedrängte<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“ in und außerhalb des Landes,<br />
es wurde auch keinerlei Kompensation für<br />
zerstörte Existenzen geleistet, und man ignorierte<br />
Urteile des Verfassungsgerichtshofes.<br />
Um auf diesen Umstand hinzuweisen und<br />
ungelöste Probleme<br />
der „Ausgelöschten“Sloweniens<br />
erneut<br />
zu thematisieren,<br />
organisierte<br />
die Civilna iniciativa<br />
izbrisanih<br />
aktivistov/Zivile<br />
Initiative ausgelöschter<br />
Aktivisten<br />
(CIIA) schließlich<br />
ab im 2005<br />
einen Hungerstreik<br />
an jenem<br />
Ort, an dem<br />
die Odyssee Berishas<br />
1993 ihren<br />
Ausgang genommen hatte. Am Grenzübergang<br />
Spielfeld-Šentilj verweigerten zunächst neun<br />
Mitglieder der Initiative die Nahrungsaufnahme<br />
und forderten eine politischen Lösung des<br />
Problems – insbesondere im Falle Berishas. 24<br />
Tage später brachen auch CIIA-Sprecher Aleksandar<br />
Todorović und der Aktivist Ilija Ivanović<br />
in Ljubljana ihren Hungerstreik erfolglos ab.<br />
Dennoch war das mediale Echo in Sloweniens<br />
Medien beträchtlich, und insbesondere Innen-<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />
minister Dragutin Mate, der die Hungerstreikenden<br />
ignorierte, wurde heftig kritisiert. So<br />
etwa in einem Kommentar des Journalisten<br />
Dejan Pušenjak in der Tageszeitung Delo: „Jeder<br />
normale Bürger würde sich vom Innenminister<br />
erwarten, dass er zu den Hungerstreikenden<br />
fährt und Ihnen sagt: ,Im Namen des<br />
Staates, den ich repräsentiere, entschuldige ich<br />
mich für das Unrecht, das Ihnen der Staat zugefügt<br />
hat, als ich noch nicht Minister war.<br />
Ich bitte Sie, den Hungerstreik zu beenden,<br />
und bitte Sie ferner um Ihre Geduld: Wir arbeiten<br />
an einer<br />
Lösung, die für<br />
Sie und für uns<br />
– die Behörden<br />
– annehmbar<br />
sein wird.´“ 5<br />
Während der Innenministeruntätig<br />
blieb, wurde<br />
die offizielle Politik<br />
zumindest<br />
auf parlamentarischer<br />
Ebene<br />
aktiv. In die letzte<br />
Sitzung des<br />
Beginn der Hungerstreikaktion der CIIA, Grenzübergang Šentilj, 2.7.2005, Fortsetzung<br />
– Začetek gladovne stavke CIIA, mejni prehod Šentilj, 2.7.2005, nadaljevanje<br />
Državni zbor vor<br />
der Sommerpause,<br />
am 14. Juli 2005, wurde der Ombudsmann<br />
für Menschenrechtsfragen, Matjaž Hanžek, geladen,<br />
und man debattierte viereinhalb Stunden<br />
über das Problem. Mit einer – zumindest aus<br />
Hanžeks Sicht – ernüchternden Bilanz: „Es gibt<br />
ein größeres Problem mit dem fehlenden Verständnis<br />
oder mit dem fehlenden Willen, die<br />
Problematik zu verstehen. Anhand der Tatsache,<br />
wie Abgeordnete Staatsbürgerschaft und<br />
Aufenthaltstitel der Ausgelöschten durchein-<br />
19
„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />
anderbringen, sieht man, dass sie noch nicht<br />
verstehen, worum es geht.“ 6 Wenige Tage später<br />
kündigte der konservative Parlamentspräsident<br />
France Cukjati in Graz und später auch<br />
in Ljubljana an, dass der Innenminister bis<br />
Herbst ein Gesetz einbringen werde, mit dem<br />
das erlittene Unrecht wieder gutgemacht würde.<br />
Eine Erklärung, die skeptisch bis sehr kritisch<br />
(Siehe Interview mit Krivic) aufgenommen<br />
wurde. Bislang (Mitte September) ist<br />
nichts passiert.<br />
20<br />
ANMERKUNGEN<br />
1 Entscheidungen des slowenischen Verfassungsgerichtshofs, Nr. U-I-<br />
284/94 v. 4.2.1999, veröffentl. in: Uradni list RS, št. 14/1999 bzw. Nr. U-I-<br />
246/2 v. 3.4.2004, veröffentl. in: Uradni list RS, št. 36/2003.<br />
2 Die Tatsache, dass es in der Sozialistische Föderative Republik<br />
Jugoslawien eine doppelte Staatsbürgerschaft gab, die des Bundesstaates<br />
und die der Teilrepublik, scheint vielen Einwohnern Jugoslawiens nicht<br />
bewusst gewesen sein. In jugoslawischen Zeiten hatte dies auch keine<br />
Konsequenzen.<br />
3 Mekina Borut, Izbrisala jih je depeša št. 0016/4-14968, in: Večer,<br />
25.02.2004, S. 3.<br />
4 Matevž Krivic, Postskriptum, in: Jasminka Dedić – Vlasta Jalušičm – Jelka<br />
Zorn, The erased. Organized innocence and the politics of exclusion. Hg.<br />
v. Peace Institute. Institute for Contemporary Social and Political Studies.<br />
Ljubljana 2003, S.160.<br />
5 Dejan Pušenjak, Po čem je danas smrt, in: Delo, 16.7.2005.<br />
6 Suzana Lovec, Pogovor: Matjaž Hanžek, varuh človekovih pravic, in:<br />
Dnevnik, 18.7.2005.
„<strong>Izbrisani</strong>“<br />
Prav nič razveseljiva neskončna<br />
zgodba.<br />
Tudi poleti 2005 so bili tako imenovani<br />
izbrisani v Sloveniji že spet ena osrednjih<br />
notranjepolitičnih tem. Več kot trinajst let po<br />
tistem, ko je stopil v veljavo zakon o tujcih,<br />
ki ga je ustavno sodišče ponovno ocenilo kot<br />
protiustavnega 1 , in ki je iz registra stalno<br />
prijavljenih izbrisal 18.305 prebivalcev dežele<br />
iz drugih jugoslovanskih republik, ta problem<br />
še kar naprej čaka na primerno rešitev. Leta<br />
1992 so bili s tem izbrisom tisoči oropani<br />
zakonskih podlag za svojo eksistenco. A še<br />
v letu 2005 so, kot vedno znova opozarjajo<br />
mnogi kafkajansko ekstremni primeri, vidne<br />
mnoge humanitarne in socialne posledice.<br />
Takšen primer je Ali Berisha, albanskokosovski<br />
Rom, ki s svojo družino že od leta<br />
1987 živi v Mariboru, kjer je bil do svojega<br />
„izbrisa“ tudi redno prijavljen. Za svoj „izbris“<br />
je Berisha – tako je zapisal v svojem pismu<br />
aktivistu za pravice izbrisanih Aleksandru<br />
Todoroviću – izvedel maja 1993, ko se je vrnil<br />
z dvotedenskega obiska pri svojih sorodnikih<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“<br />
v Nemčiji: „Na mejnem prehodu pri Mariboru<br />
je carinik od mene zahteval potni list, ki<br />
sem mu ga tudi izročil. Ko je videl, da imam<br />
jugoslovanski potni list, mi je rekel, da ta več ne<br />
velja, ter da sem Albanec in se moram kot tak<br />
vrniti na Kosovo. Ko sem mu rekel, da živim v<br />
Mariboru in imam tam tudi stalno bivališče,<br />
mi je s povzdignjenim glasom odvrnil, da je<br />
v Sloveniji prostor le za Slovence. Ko sem ga<br />
prosil, naj me spusti, da si bom naslednji dan<br />
dal pri pristojnih izdati nov potni list, mi je<br />
rekel, da lahko pridem le še v zapor v Ljubljani,<br />
Hungerstreikaktion der CIIA, Grenzübergang Šentilj, 2.7.2005, Medien und A. Todorović – Gladovna stavka CIIA, mejni prehod Šentilj, 2.7.2005,<br />
mediji in A. Todorović<br />
kjer zbirajo Albance, Srbe, Hrvate in Rome.“ Z<br />
mejnega prehoda je šel direktno v zbirni center<br />
v Ljubljani, nato pa so ga z letalom izgnali v<br />
Albanijo – v državo, kjer ni bil še nikoli in kjer<br />
ni niti nikogar poznal. Tam mu je sicer uspelo<br />
podkupiti nekega albanskega policista, ki ga je<br />
dan zatem spravil v letalo nazaj proti Ljubljani,<br />
kjer pa so ga ponovno priprli v zbirnem centru<br />
za tujce. Iz zbirnega centra mu je sicer uspelo<br />
pobegniti in podal se je na beg pred ponovnim<br />
izgonom – v njemu neznano državo Nemčijo.<br />
Od tam pa ga hočejo zdaj, poleti 2005, ponovno<br />
izgnati, tokrat na Kosovo. V Sloveniji nima<br />
Berisha niti po razsodbi ustavnega sodišča<br />
nikakršnega statusa. In kot je ta državljan<br />
Srbije in Črne gore opazil šele z zamudo: 27.<br />
21
„<strong>Izbrisani</strong>“<br />
februarja 1992 so bili on in še<br />
njegovi 18.304 jugoslovanski<br />
sodržavljani izbrisani iz<br />
registra oseb, prijavljenih<br />
v Sloveniji. Ta zgodba o<br />
„izbrisu“ je tesno povezana<br />
z razpadom Socialistične<br />
federativne republike<br />
Jugoslavije in nastankom<br />
novih neodvisnih držav na<br />
ozemljih nekdanjih federalnih<br />
republik. Po tistem, ko se je na<br />
plebiscitu 23. decembra 1990<br />
skoraj 90 odstotkov volilnih<br />
upravičencev v Sloveniji<br />
izreklo za neodvisnost, je<br />
slovenski parlament junija 1991 sprejel temeljne<br />
zakone nove suverene države, med njimi tudi<br />
zakon o državljanstvu. Po eni strani so postali<br />
ljudje, ki so imeli tako jugoslovansko (državno)<br />
kot slovensko (republiško) državljanstvo 2 ,<br />
avtomatsko državljani neodvisne Slovenije. Po<br />
drugi strani pa so lahko drugi jugoslovanski<br />
državljani, ki so imeli na dan plebiscita o<br />
neodvisnosti v Sloveniji prijavljeno stalno<br />
prebivališče, pridobili slovensko državljanstvo<br />
v naslednjih šestih mesecih. Zahtevke je vložilo<br />
174.000 oseb, od tega je bilo 171.000 osebam<br />
slovensko državljanstvo tudi dodeljeno.<br />
A bistvo problema se skriva v zakonu o<br />
tujcih 3 , ki je bil prav tako sprejet junija 1991:<br />
vse prebivalce Slovenije z državljanstvi drugih<br />
jugoslovanskih republik, ki niso vložili zahteve<br />
za slovensko državljanstvo ali jim je bila<br />
zahteva zavrnjena, so dva meseca po izteku<br />
roka za pridobitev državljanstva naenkrat<br />
začeli obravnavati kot „tujce“ brez vsakršnega<br />
statusa. Zato so z izbrisom iz registra stalno<br />
prijavljenega prebivalstva izgubili tudi<br />
22<br />
Hungerstreikaktion der CIIA, 17.7.2005 – gladovna stavka CIIA, 17.7.2005<br />
nastanitveni naslov, pravico do stalnega<br />
prebivanja in dela, socialnega, bolniškega in<br />
pokojninskega zavarovanja itd. Ta okoliščina<br />
je prinesla še druge omembe vredne učinke,<br />
posebno na socialnem področju.<br />
Najbrž so ljudje, ki kljub stalnemu prebivališču<br />
v državi niso vložili zahteve po slovenskem<br />
državljanstvu, imeli za to zelo različne razloge<br />
– hoteli so na primer obdržati državljanstvo<br />
svoje domače republike, ne da bi se pri tem<br />
zavedali morebitnih posledic svoje odločitve.<br />
Znani intelektualci in umetniki neslovenskega<br />
porekla – kot na primer filozofinja in umetnica<br />
Marina Gržinić, ki je po rodu Hrvatica, ali<br />
član Neue Slowenische Kunst Dušan Mandić,<br />
katerega srbski oče je bil nastanjen v Sloveniji<br />
kot oficir Jugoslovanske ljudske armade – so<br />
svoje zahteve večinoma vložili pravočasno.<br />
Nasploh je očitno, da so bili prizadeti predvsem<br />
ljudje iz nižjih socialnih slojev, ki se večinoma<br />
sploh niso zavedali drastičnih posledic<br />
nevložitve zahtev po državljanstvu.<br />
Kot otežilna se je izkazala tudi okoliščina,
Hungerstreikaktion der CIIA, hungerstreikende Aktivisten Todorović und Ivanović (von rechts),<br />
17.7.2005 – gladovna stavka CIIA aktivistov Todorović in Ivanović (z desne), 17.7.2005<br />
da so „izbrisi“ (glej intervju z Matevžem<br />
Krivicem) stopil v veljavo brez izdanih<br />
odločb, ki so v pravnih državah sicer običajna<br />
praksa. „<strong>Izbrisani</strong>“ niso bili o tem niti uradno<br />
obveščeni. Kot kaže, pa je bila monstruoznost<br />
posledic „izbrisa“ že od vsega začetka povsem<br />
jasna posvečenim: še pred sprejetjem zakonov<br />
je neka poslanka predlagala spremembo, ki bi<br />
omogočila vsem prebivalcem Slovenije iz drugih<br />
jugoslovanskih republik pridobiti dovoljenja<br />
za stalno bivališče, a predlog je bil večinsko<br />
zavrnjen. Tudi lokalni uradniki so sprva<br />
oklevali pri izvajanju zakona in črtanju ljudi<br />
iz registrov brez predhodnih odločb: takratni<br />
državni sekretar v notranjem ministrstvu<br />
Slavko Debelak je vsem policijskim postajam<br />
brisanje omenjene skupine ukazal – z depešo,<br />
poslano 27. februarja 1992. 4<br />
Kako je lahko sploh prišlo do tega? Svoj čas<br />
prav tako izbrisani filmar Dimitar Anakiev<br />
iz Tolmina, ki je lani posnel film Zradirani in<br />
trenutno pripravlja filmsko nadaljevanje, na<br />
primer prikazuje izbris kot „klasično dejanje<br />
etničnega čiščenja, ki pa je bilo opravljeno<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“<br />
na prikrit in inteligenten<br />
način“ in predstavljeno kot<br />
zakonski problem ali celo kot<br />
računalniška napaka. Vse do<br />
danes se skuša na političnem<br />
nivoju na vse kriplje prikriti<br />
bistvo „izbrisa“. V nasprotju<br />
s tem pa razume nekdanji<br />
ustavni sodnik Matevž<br />
Krivic kot osrednji politični<br />
kontekst 5 uradno podelitev<br />
državljanstva 170.000<br />
„Južnjakom“ (prebivalcem<br />
južnih republik nekdanje<br />
Jugoslavije). Ta je bila za<br />
politično desnico, pa tudi<br />
za javno mnenje pod njenim vplivom in v<br />
do tujcev sovražnih krogih, velik šok. Sredi<br />
devetdesetih so zato celo poskušali doseči, da bi<br />
tem 170.000 ljudem državljanstvo spet odvzeli.<br />
„Izbris“ 18.000 ljudi torej kot kompenzacija za<br />
šokirano ksenofobično „desnico“?<br />
Večina prizadetih sprva niti sama ni vedela<br />
za svojo nesrečo; mnogi „izbrisani“ so šele<br />
po nesrečnih slučajih sploh izvedeli, da se<br />
jim je pripetilo nekaj otežujočega. Pri takem<br />
ozadju tudi ni bil mogoč noben organiziran<br />
protest proti povzročeni krivici – šele leta<br />
2002 se je okrog Srba Aleksandra Todorovića,<br />
ki se je s svojo slovensko ženo preselil na<br />
Ptuj v osemdesetih, zbralo prvo in predvsem<br />
aktivistično-akcionistično delujoče združenje<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“-NGO (Društvo izbrisanih<br />
prebivalcev Slovenije); Todorović se je medtem<br />
sicer sprl s pravnim zastopnikom NGO<br />
(Krivicem) in ustanovil novo društvo.<br />
Že sredi devetdesetih so bile na slovensko<br />
ustavno sodišče vložene prve posamezne<br />
pritožbe, šele leta 1999 pa je bil sprejet prvi<br />
23
„<strong>Izbrisani</strong>“<br />
sklep v tej zadevi, ki je razglasil, da je bil<br />
izbris v nasprotju z ustavo. Zahteval pa je tudi<br />
uskladitev zadevnih zakonov z ustavo v roku<br />
šestih mesecev. Ta naloga je bila in je ostala<br />
s pravnega vidika vse doslej zelo težavna. Po<br />
eni strani so se uspeli mnogi „izbrisani“ z<br />
mnogo truda in stroškov v Sloveniji na novo<br />
prijaviti kot tujci ter dobiti dovoljenja za<br />
stalno prebivanje in zaposlitev. Po drugi strani<br />
sta bila po letu 1999 v zvezi s tem sprejeta<br />
še dva zakona, ki pa ju je ustavno sodišče<br />
spet razglasilo za delno neveljavna. Še nekaj<br />
„izbrisanih“ je spet dobilo povrnjen pravni<br />
status, ki jim je bil protiustavno odvzet. Kljub<br />
temu pa „izbrisani“ v Sloveniji in na tujem<br />
še vedno ne morejo računati na kakršnekoli<br />
odškodnine za uničene eksistence in prezrte<br />
sodbe ustavnega sodišča.<br />
Leta 2004 je bil izveden tudi referendum (de<br />
facto) proti izbrisanim. Tako predlagana<br />
vprašanja kot pričakovani izid sta bila glede na<br />
razmerja med glavnimi političnimi tokovi v<br />
Sloveniji za „izbrisane“ pričakovana. Vprašanje<br />
4. aprila 2004 se je glasilo: „Ali se strinjate, da<br />
stopi v veljavo zakon o izvedbi 8. točke odločbe<br />
ustavnega sodišča Republike Slovenije, številka<br />
U-I-246/02-28 (EPA 956-III), ki ga je državni<br />
zbor Republike Slovenije sprejel 25. 11. 2003?“<br />
Če hočemo vprašanje razumeti: Več kot leto<br />
poprej, 3. aprila 2003, je ustavno sodišče v 8.<br />
točki svojega sklepa ugotovilo, da naj se 26.<br />
2. 1992 izbrisanim vrne pravica do stalnega<br />
prebivališča z veljavo za nazaj. V nasprotju<br />
s tem pa je bil odgovor povsem jasen: pri<br />
volilni udeležbi 31,5 % je proti vrnitvi statusa<br />
glasovalo 94,7 %, za 3,8 %, neveljavnih pa je<br />
bilo 1,5 % glasovnic. In pri tem sploh ni bilo<br />
govora o odškodninah in nadaljnjih korakih<br />
pri odpravi posledic izbrisa.<br />
24<br />
Da bi opozorila na to okoliščino in pospešila<br />
obravnavo nerešenih problemov „izbrisanih“,<br />
je Civilna iniciativa izbrisanih aktivistov<br />
(CIIA) končno od 2. julija 2005 naprej<br />
organizirala gladovno stavko prav na kraju,<br />
kjer se je leta 1993 začela Berisheva odisejada.<br />
Na mejnem prehodu Šentilj-Spielfeld je devet<br />
članov CIIA sprva odklanjalo uživanje hrane<br />
in zahtevalo rešitev problema – še posebno v<br />
primeru Berisha. 24 dni kasneje sta govorec<br />
CIIA Aleksandar Todorović in aktivist Ilija<br />
Ivanović v Ljubljani prekinila neuspešno<br />
gladovno stavko. Kljub temu je bil odmev<br />
v slovenskih medijih znaten, še posebej pa<br />
je bil deležen ostrih kritik notranji minister<br />
Dragutin Mate, ker se za gladovno stavkajoče<br />
sploh ni zmenil. Tako na primer v komentarju,<br />
ki ga je v dnevniku Delo objavil novinar Dejan<br />
Pušenjak: „[…] Kajti vsak normalen državljan<br />
bi od svojega notranjega ministra pričakoval,<br />
da se bo odpeljal do gladovno stavkajočih in<br />
jim rekel: ‚V imenu države, ki jo predstavljam,<br />
se vam opravičujem za krivico, ki vam jo je<br />
storila ta država, ko še nisem bil njen minister.<br />
Prosim vas za prekinitev gladovne stavke in<br />
za nadaljnje potrpljenje; prizadevamo si za<br />
rešitev, ki bo za vas in za nas – oblastnike –<br />
sprejemljiva. […]“ 6<br />
Medtem ko je notranji minister ostajal ob<br />
strani, se je uradna politika zganila vsaj na<br />
parlamentarni ravni. Na zadnjem zasedanju<br />
državnega zbora pred poletnimi počitnicami,<br />
14. julija 2005, je bil k razpravi o tem problemu,<br />
ki je trajala štiri ure, povabljen varuh človekovih<br />
pravic Matjaž Hanžek. Z – vsaj s Hanžkovega<br />
vidika – streznjujočim učinkom: „[…] veliko<br />
težav je z manjkajočim razumevanjem ali<br />
s pomanjkanjem volje do razumevanja tega<br />
problema. Že glede na to, kako poslanci mešajo
državljanstvo in stalno bivališče izbrisanih, je<br />
jasno, da sploh še ne razumejo, zakaj pri tem<br />
gre.“ 7<br />
Nekaj dni kasneje je konzervativni predsednik<br />
parlamenta France Cukjati v Gradcu in nato še<br />
v Ljubljani napovedal, da bo notranji minister<br />
do jeseni pripravil zakon, ki bo odpravil<br />
prizadejane krivice. Ta izjava je bila sprejeta<br />
skeptično do ostro kritično (glej intervju z<br />
Matevžem Krivicem). Doslej (sredi septembra)<br />
se ni zgodilo še nič.<br />
OPOMBE<br />
1 Sklepi ustavnega sodišča Republike Slovenije, št. U-I-284/94, 4. februar<br />
1999, objavljeno v: Uradni list RS, št. 14/1999, oz. št. U-I-246/2, 3. april<br />
2004, objavljeno v: Uradni list RS, št. 36/2003.<br />
2 Dejstva, da je v SFRJ obstajalo dvojno državljanstvo, zvezno in republiško,<br />
se mnogi prebivalci Jugoslavije očitno niso zavedali. V časih Jugoslavije to<br />
niti ni bilo pomembno.<br />
3 Natančneje okoliščina, navedena v členu 81 zakona o tujcih, ki se je že<br />
pred sprejemom zakona junija 1991 zdela mnogim sporna. Poslanka Metka<br />
Mencin je maja 1991 predlagala spremembo, po kateri bi tudi v Sloveniji<br />
živeči jugoslovanski državljani z republiškimi državljanstvi drugih republik in<br />
stalnim prebivališčem v Sloveniji na dan plebiscita avtomatsko dobili stalno<br />
dovoljenje za bivanje. Če bi bil ta predlog sprejet, problem z „izbrisanimi“<br />
sploh ne bi nastal. A večina v parlamentu je takrat glasovala proti.<br />
4 Glej: Borut Mekina: Izbrisala jih je depeša št. 0016/4-14968. Večer, 25. 02.<br />
2004, str. 3.<br />
5 Krivic, Matevž: Postskriptum, str. 160: v: Dedić, Jasminka, Jalušič, Vlasta in<br />
Zorn Jelka: The erased: organized innocence and the politics of exclusion.<br />
Ljubjana 2003, Peace Institute, Institute for Contemporary Social and<br />
Political Studies.<br />
6 Dejan Pušenjak: Po čem je danas smrt. Delo, 16. 7. 2005, str. 5.<br />
7 Lovec, Suzana: Pogovor: Matjaž Hanžek, varuh človekovih pravic. Dnevnik,<br />
18. 7. 2005.<br />
ZUR PERSON – O AVTORJU<br />
Herwig G. Höller<br />
*1974 in Rottenmann, Slawistik- und Physikstudien<br />
in Graz und Moskau. Seit 1998 freier<br />
Kunstkritiker, zahlreiche Publikationen in<br />
springerin, CAMERA AUSTRIA, Spike und in<br />
anderen Medien. Seit 2000 zudem Referent für<br />
Medien, Video, Film im Forum Stadtpark (bis<br />
2003, nach Strukturreform im Forum Stadtpark<br />
Mitglied des Programmforums, zuständig für<br />
die angesprochenen Bereiche), Lehrbeauftragter<br />
am Institut für Slawistik der Karl-Franzens-Universität<br />
Graz. Seit 2005 Mitarbeit<br />
beim „Falter Steiermark“. – Herwig G. Höller<br />
rojen 1974 v Rottenmannu, študij slavistike in<br />
fizike v Gradcu in v Moskvi. Od 1998 svobodni<br />
umetnostni kritik, številčne publikacije v revijah<br />
springerin, CAMERA AUSTRIA, Spike in drugih<br />
medijih. Od 2000 referent za medije, video, film v<br />
Forum Stadtpark (do 2003, po strukturni reformi<br />
v Forum Stadtparku član programskega<br />
foruma, pristojen za zgoraj navedena področja),<br />
predavatelj na Inštitutu za slavistiko Karl-<br />
Franzens-Universität Gradec. Od 2005<br />
sodelavec pri „Falter Steiermark“.<br />
„<strong>Izbrisani</strong>“<br />
25
Interview mit Matevž Krivic<br />
Interview mit Matevž Krivic, von<br />
Herwig Höller<br />
Matevž Krivic, Sie sind Rechtsvertreter der „Društvo<br />
izbrisanih prebivalcev Slovenije“ [Verband der ausgelöschten<br />
Einwohner Sloweniens], einer NGO, die<br />
sich für die Rechte der so genannten „Ausgelöschten“<br />
einsetzt. Wann und wie haben Sie erstmals erfahren,<br />
dass es ein „<strong>Izbrisani</strong>“-Problem gibt?<br />
Als Verfassungsrichter (1990–1998), als wir in<br />
den Jahren 1994–1995 mit ersten Fällen konfrontiert<br />
waren, die aber von juristisch ungebildeten<br />
Menschen sehr unklar formuliert waren.<br />
Sie bekamen von den Behörden auch keine<br />
Bescheide gegen die man klagen hätte können<br />
– das war ein großes Problem für sie, und darin<br />
besteht auch eine Erklärung für die Tatsache,<br />
dass von über 18.000 „Ausgelöschten“ nur<br />
einige wenige Fälle vor Gericht kamen. Ich<br />
konnte mich mit meinen Ansichten über dieses<br />
Problem im Verfassungsgericht zuerst sehr<br />
lange nicht durchsetzen – erst im Juni 1998,<br />
einige Monate vor dem Ende der Amtszeit des<br />
ersten Verfassungsgerichtes, konnte ich schließlich<br />
eine vorläufige Lösung ausarbeiten, die –<br />
überraschenderweise – sogar mit 6:1 Stimmen<br />
angenommen wurde. Unsere Nachfolger im<br />
Verfassungsgericht brachten dann schon im Februar<br />
1999 diese ersten beiden Fälle zu einem<br />
Abschluss und stellten fest, dass die „Auslöschung“,<br />
die am 26. Februar 1992 stattgefunden<br />
hatte (sozusagen geheim, ohne jegliche Bescheide),<br />
keine gesetzliche Grundlage hat und dass<br />
das Gesetz sofort korrigiert werden müsse, um<br />
eine verfassungskonforme Lösung der entstandenen<br />
Probleme zu ermöglichen.<br />
Seit wann beschäftigen Sie sich intensiv mit der<br />
Thematik?<br />
26<br />
In den Jahren 1999–2001 war ich so sehr mit<br />
anderen schwierigen verfassungsrechtlichen<br />
Problemen beschäftigt (zuerst mit der Beseitigung,<br />
der skandalösen verfassungsgerichtlichen<br />
Fälschung des Resultats des Referendums<br />
über die Einführung des Mehrheitswahlsystems,<br />
was erst mit einer Verfassungsänderung<br />
im Jahre 2000 möglich war, und dann mit der<br />
Klage vor dem neuen Verfassungsgericht gegen<br />
den Vertrag zwischen Slowenien und dem Vatikan),<br />
dass ich sogar die oben erwähnte Entscheidung<br />
vom Februar 1999 nicht kannte.<br />
Erst zehn Jahre nach der „Auslöschung“, als<br />
drei Betroffene in Ptuj im Februar 2002 den<br />
ersten Verein der „Ausgelöschten“ gegründet<br />
hatten, begann ich sofort als dessen Rechtsvertreter<br />
zu fungieren.<br />
Im Jahre 2003 hat der slowenische Verfassungsgerichtshof<br />
ihrer Klage gegen die gesetzlichen Grundlagen,<br />
die zur Löschung von etwa 18.000 aus anderen<br />
jugoslawischen Republiken stammenden<br />
Einwohnern Sloweniens aus den Melderegistern<br />
führten, Recht gegeben und diese Löschung als verfassungswidrig<br />
erklärt. Könnten Sie kurz erklären,<br />
warum der „Izbris“ verfassungswidrig war?<br />
Wie ich schon sagte: Weil er keine gesetzliche<br />
Grundlage hatte und weil er darüber hinaus<br />
„geheim“ (ohne jeglichen Bescheid) ausgeführt<br />
wurde. Die beiden Gründe sind natürlich eng<br />
miteinander verbunden: Wenn man keine gesetzliche<br />
Grundlage für einen Verwaltungsakt<br />
hat, kann man auch keinen Bescheid darüber<br />
ausstellen. Um einen solchen illegalen Verwaltungsakt<br />
mit sehr schwer wiegenden Konsequenzen<br />
dennoch auszuführen, bedarf es<br />
schon „wichtiger“ politischer Gründe… Aber,<br />
um gegenüber unseren Politikern nicht ungerecht<br />
zu sein: Sie wussten damals – und wissen<br />
auch heute noch – nur sehr wenig über juridi-
sche Angelegenheiten Bescheid. Trotzdem sind<br />
sie, in erster Linie die damalige „DEMOS“-Regierung<br />
und deren Innenminister Igor Bavčar<br />
(aber später auch alle Drnovšek-Regierungen)<br />
politisch in vollem Umfang für diesen skandalösen<br />
Umgang mit den Menschenrechten<br />
verantwortlich. Noch viel größere Verantwortung<br />
hatte indessen der damalige Staatssekretär<br />
Slavko Debelak, ein Verwaltungsrechtler,<br />
der die Politiker mit politisch erwünschten „juridischen<br />
Erklärungen“ versorgte…<br />
Dennoch kam es ein Jahr später zu einem Referendum,<br />
das im Wesentlichen gegen die „<strong>Izbrisani</strong>“ gerichtet<br />
war. Dieses Problem ist bislang nicht gelöst<br />
worden…<br />
Ja, für Slowenien als vorgeblichen Rechtsstaat<br />
eine erstaunliche und wirklich traurige<br />
Geschichte: Dieses Referendum hätte als offensichtlich<br />
verfassungswidrig vom Verfassungsgericht<br />
verboten werden sollen, aber der<br />
Parlamentspräsident versäumte die Frist für einen<br />
Anruf des Verfassungsgerichts um einen<br />
Tag, und dieses konnte nun nichts mehr unternehmen.<br />
Ein weiteres Paradoxon: Das Referendum<br />
annullierte nur ein Gesetz, das ohnehin<br />
verfassungswidrig war, weil es nur 4.000<br />
anstelle von 12.000 (wie es das Verfassungsgerichtsurteil<br />
verlangt hatte) „ausgelöschten“<br />
Personen ihren Status zurückgeben wollte.<br />
Aber es folgten noch weitere, noch unglaublichere<br />
Absurditäten. Erstens: Trotz der Annullierung<br />
des von ihm eingebrachten Gesetzes<br />
setzte Innenminister Dr. Bohinc in den<br />
folgenden Monaten eben dieses nicht mehr<br />
bestehende Gesetz um und missachtete somit<br />
das Verfassungsgerichtsurteil, indem nur<br />
4.000 statt 12.000 Bescheide ausstellte. Zweitens:<br />
Die damalige Opposition drohte ihm<br />
im Parlament mit einem Strafverfahren, weil<br />
Interview mit Matevž Krivic<br />
er überhaupt die vom Verfassungsgericht verlangten<br />
Bescheide auszugeben begann (dann<br />
stellte er nach 4.000 Bescheiden die Ausgabe<br />
ein). Aber auch diese 12.000 stellen nur zwei<br />
Drittel von insgesamt 18.305 „Ausgelöschten“<br />
dar. Für die übrigen 6.000 verlangte das Verfassungsgericht<br />
die Verabschiedung eines Sondergesetzes<br />
innerhalb von sechs Monaten, also<br />
bis Oktober 2003. Die damalige „linke“ Regierung<br />
brachte ein derartiges Gesetz aber erst im<br />
Oktober des folgenden Jahres ein, dass noch<br />
dazu unzulänglich war, weil es das Problem<br />
nur zum Teil gelöst hätte. Aber auch das ging<br />
der Opposition zu weit, und es gelang ihr mit<br />
einer Reihe von Vorschlägen über ein Referendum,<br />
die alle vom Verfassungsgericht abgewiesen<br />
wurden, die Verabschiedung des Gesetzes<br />
zu verhindern. Jetzt befindet sich die damalige<br />
Opposition an der der Regierung und will von<br />
einem solchen Gesetz nichts mehr wissen …<br />
Auf meine Frage, wie es um die Lösung der „<strong>Izbrisani</strong>“-Problematik<br />
steht, antwortete mir der Vorsitzende<br />
des slowenischen Državni zbor [Nationalrat],<br />
France Cukjati, am 18. Juli 2005 in Graz, dass das<br />
slowenische Innenministerium noch im Herbst ein<br />
Gesetz einbringen und damit das erlittene Unrecht<br />
wieder gutmachen würde. Kurz danach wiederholte<br />
Cukjati diese Aussage auch in Slowenien, woraufhin<br />
Sie in einem Leserbrief an die Tageszeitung „Delo“<br />
(23.7.2005) auf das Schärfste protestierten und<br />
meinten: „Von einer echten Absicht der Lösung des<br />
Problems zu sprechen, ist reiner Hohn.“ Gibt es wirklich<br />
keine politische Absicht, das Problem zu lösen?<br />
In der Tat nicht. Der neue Regierungschef<br />
Janša und andere haben seit ihrem Wahlsieg<br />
mindestens zehnmal wiederholt, dass sie nur<br />
gemeinsam mit der Opposition im Wege eines<br />
speziellen Verfassungsgesetzes dieses Problem<br />
zu „lösen“ bereit sind. Und das heißt: gar<br />
27
Interview mit Matevž Krivic<br />
nicht. Warum? Weil dieses Problem unter die<br />
einfache Gesetzgebung fällt und nicht durch<br />
ein Verfassungsgesetz lösbar ist. Mit einem<br />
Verfassungsgesetz will die Regierung nur die<br />
verfassungsgerichtliche Kontrolle des Gesetzes<br />
vermeiden – obwohl schon zwei Verfassungsgerichtspräsidenten<br />
öffentlich davor gewarnt<br />
haben, auf diese Weise die Verfassung<br />
zu missachten. Die Opposition hat diesen Weg<br />
klar abgelehnt, und so ist auch die oben zitierte<br />
Aussage von Cukjati nur leeres Gerede. Mehr<br />
noch: eine absichtliche Täuschung der Bürger.<br />
Wenn in der slowenischen Öffentlichkeit über die<br />
Lösung des Problems gesprochen wird, werden immer<br />
zwei gesetzliche Varianten in den Raum gestellt.<br />
Einerseits ein Gesetz mit Verfassungsrang, andererseits<br />
ein „systemisches Gesetz“. Für welche Variante<br />
treten Sie ein?<br />
In Betracht kommt nur ein einfaches Gesetz,<br />
man kann es auch „systemisch“ nennen. Für<br />
ein solches Gesetz – im Einklang mit dem<br />
Verfassungsgerichtsurteil von 2003 – hätte<br />
die Regierung eine ausreichende Mehrheit im<br />
Parlament, will es aber um keinen Preis verabschieden.<br />
Ein Gesetz, das die Rechte der „Ausgelöschten“<br />
nicht anerkennt, würde vor dem<br />
Verfassungsgericht keinen Bestand haben.<br />
Ähnlich wie in Kärnten, wo Haider dem Erkenntnis<br />
des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes<br />
schon seit 2001 nicht Folge leistet.<br />
Aber dort geht es „nur“ um slowenische Ortstafeln<br />
– hier geht es um elementare Menschenrechte<br />
von 18.305 Personen, die von der Regierung<br />
gesetzwidrig verletzt worden sind.<br />
Was würde eine Entschädigung der Betroffenen kosten,<br />
was müsste alles abgegolten werden? Seinerzeit<br />
war einmal von Kosten in der Höhe von 600 Milliarden<br />
Tolar die Rede – ist das realistisch?<br />
28<br />
Niemand hat davon eine Ahnung, die erwähnte<br />
Zahl ist frei erfunden. Sicher ist nur eines:<br />
Dass eine Entschädigung gemäß Zivilrecht<br />
nur fünf Jahre nach Schadenseintritt möglich<br />
ist. Jegliche Entschädigung für in den Jahren<br />
1992–2000 erlittenes Unrecht ist somit schon<br />
heute ausgeschlossen. Wir haben natürlich ein<br />
eigenes Gesetz für diesen speziellen Fall gefordert,<br />
aber die Politiker werden ein solches Gesetz<br />
niemals verabschieden. Und bevor wir<br />
mit dieser Frage vor das Straßburger Gericht<br />
kommen, wird es sicher noch zehn bis 15 Jahre<br />
dauern …<br />
Im Juli organisierte eine weitere NGO, die „Civilna<br />
iniciativa izbrisanih aktivistov“ (CIIA), einen Hungerstreik<br />
an der österreichisch-slowenischen Grenze,<br />
um auf das Problem aufmerksam zu machen. Sie<br />
distanzierten sich von dieser Aktion und kritisierten<br />
deren Organisator, Aleksandar Todorović (Večer,<br />
4.7.2005). Die CIIA erwiderte ihrerseits, dass sie<br />
kein Recht hätten, den Hungerstreik zu kommentieren,<br />
und es war auch der Vorwurf zu hören, dass<br />
sie alle Aktivitäten eingestellt hätten, weil sie auf<br />
eine offizielle Lösung warteten, die aus der Sicht<br />
der CIIA nicht absehbar sei. Können Sie zu diesem<br />
Streit Stellung beziehen?<br />
Nein, für uns alle ist es besser, diese leidigen<br />
Fragen nicht öffentlich zu diskutieren. In einer<br />
derartigen Situation beschränke ich mich<br />
auf unumgängliche Reaktionen auf öffentliche<br />
Angriffe. So auch hier: Die angebliche „Einstellung<br />
aller Aktivitäten“ unseres Vereins ist<br />
eine Lüge. In den Monaten vor den Wahlen<br />
haben wir nur deshalb von öffentlichen Manifestationen<br />
abgesehen, um nicht noch mehr<br />
Xenophobie unter den Wählern zu erwecken.<br />
Ich möchte lieber nicht ausführlicher auf diese<br />
Frage eingehen.
Andererseits, wie sehen sie Todorović und seine Aktivitäten,<br />
die zumindest diesen Sommer durchaus<br />
medienwirksam waren?<br />
Ich kann nur wiederholen, was ich Herrn<br />
Todorović seit Juni 2004 schon vielmals gesagt<br />
und geschrieben habe: „Wenn wir schon nicht<br />
mehr zusammenarbeiten können, so sollten<br />
wir uns zumindest nicht gegenseitig angreifen.<br />
Wir werden alle deine konstruktiven Initiativen<br />
unterstützen, nur höre mit den ungerechten<br />
Angriffen und Lügen auf!“ Er hat<br />
damit leider nicht aufgehört, aber trotzdem<br />
haben wir seinen letzten öffentlichen Protest<br />
an der Grenze im Juli öffentlich unterstützt.<br />
Nur von der Methode des Hungerstreiks haben<br />
wir uns wegen der Gesundheitsgefährdung der<br />
Beteiligten distanziert. Vor allem aber habe ich<br />
für den Rom Ali Berisha, dessen Schicksal der<br />
Hauptgrund für den Hungerstreik war, konkrete<br />
Schritte in die Wege geleitet, um ihm<br />
die Rückkehr nach Slowenien rechtlich zu ermöglichen.<br />
Das Verfahren ist im Gange, es ist<br />
natürlich auch möglich, dass es keinen Erfolg<br />
bringt. Aber erst dann sollte man andere Methoden<br />
in Betracht ziehen.<br />
Welche Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten<br />
Monaten? Wann ist mit einer Lösung zu rechnen?<br />
Die einzige Hoffnung für uns besteht in der<br />
Ausübung von Druck durch internationale<br />
Organisationen, vor allem vom Komissär für<br />
Menschenrechte, Gil Robles, und der Kommission<br />
gegen Intoleranz (ECRI) – Institutionen des<br />
Straßburger Europarates (nicht der EU). Aber<br />
die slowenische Regierung zeigt sich gegen<br />
Kritik von europäischen Institutionen unempfänglich.<br />
Die größte Schande für Slowenien als<br />
vorgeblichen Rechtsstaat ist vielleicht die Tatsache,<br />
dass das Land mit einer solchen menschenrechtsfeindlichen<br />
Regierung 2008 den<br />
Intervju z Matevžem Krivicem<br />
Vorsitz in der EU übernehmen soll. In dieser<br />
Welt ist scheint alles möglich – nur die Durchsetzung<br />
der Menschenrechte gegenüber einer<br />
feindlich gesinnten Staatsmacht ist anscheinend<br />
unerreichbar.<br />
Intervju z Matevžem Krivicem<br />
Herwig Höller<br />
Matevž Krivic, Vi ste pravni zastopnik „Društva<br />
izbrisanih prebivalcev Slovenije“, ki se zavzema za<br />
pravice tako imenovanih „izbrisanih“. Kdaj in kako<br />
ste prvič izvedeli za problem „izbrisanih“?<br />
Kot ustavni sodnik (1990-1998), ko smo bili<br />
v letih 1994-95 soočeni s prvimi primeri, ki<br />
pa so bili od pravno neukih ljudi zelo nejasno<br />
formulirani. Od oblasti tudi niso prejeli<br />
nobenih odločb, da bi proti njim lahko vložili<br />
tožbe – to je bil za njihov velik problem in prav<br />
v tem je tudi obrazložitev dejstva, da so od več<br />
kot 18.000 „izbrisanih“ prišli pred sodišča le<br />
nekateri redki primeri. Jaz s svojimi pogledi na<br />
ta problem na ustavnem sodišču najprej zelo<br />
dolgo nisem mogel prodreti – in šele junija<br />
1998, nekaj mesecev pred iztekom mandata<br />
prve zasedbe ustavnega sodišča, sem končno<br />
lahko pripravil neko preliminarno rešitev, ki<br />
pa je bila (presenetljivo) sprejeta celo s 6 : 1.<br />
Naši nasledniki na ustavnem sodišču so nato<br />
že februarja 1999 ta dva prva primera pripeljali<br />
do konca in zelo jasno odločili, da izbris, ki<br />
se je zgodil 26. februarja 1992 (tako rekoč<br />
tajno, brez vsakih odločb), ni imel nikakršne<br />
zakonske podlage in da je treba zakon takoj<br />
popraviti, da bi s tem omogočili rešitev nastalih<br />
problemov v skladu z ustavo.<br />
Od kdaj se intenzivno ukvarjate s to tematiko?<br />
29
Intervju z Matevžem Krivicem<br />
V letih 1999-2001 sem bil tako okupiran z<br />
drugimi težkimi ustavnopravnimi problemi<br />
(najprej s problemom, kako odstraniti<br />
škandalozno ustavnosodno potvorbo izida<br />
referenduma o uvedbi večinskega volilnega<br />
sistema, kar je bilo možno šele s spremembo<br />
ustave leta 2000, in nato s tožbo pred novim<br />
ustavnim sodiščem proti pogodbi Slovenije z<br />
Vatikanom), da celo prej omenjene odločitve<br />
iz februarja 1999 nisem poznal (je pa tudi v<br />
medijih ostala popolnoma zamolčana). Šele<br />
točno deset let po „izbrisu“, ko so trije izbrisani<br />
na Ptuju (pri Mariboru) februarja 2002<br />
ustanovili prvo društvo izbrisanih, sem začel<br />
takoj delovati kot njihov pravni zastopnik.<br />
Leta 2003 je slovensko ustavno sodišče ugodilo<br />
vaši tožbi proti zakonskim podlagam, ki so<br />
pripeljale do izbrisa okrog 18.000 iz drugih<br />
jugoslovanskih republik izvirajočih prebivalcev<br />
Slovenije iz prijavnih registrov in je ta izbris<br />
razglasilo za protiustaven. Ali lahko na kratko<br />
pojasnite, zakaj je bil izbris protiustaven?<br />
Kot sem že povedal: ker ni imel nobene<br />
zakonske podlage in dodatno še zato, ker je<br />
bil izpeljan „tajno“ (brez vsake odločbe). Oba<br />
razloga sta seveda tesno povezana: če za neki<br />
upravni akt ni nobene zakonske podlage, potem<br />
o tem tudi ne moreš izdati nikakršne odločbe.<br />
Da nekdo kljub temu izvede tak nezakonit<br />
upravni akt z zelo težkimi posledicami, mora<br />
za to že imeti „važne“ politične razloge…<br />
Toda, da ne bi bil do naših politikov krivičen:<br />
o pravu in pravnih vprašanjih so takrat vedeli<br />
– in vedo še danes – zelo zelo malo. Kljub temu<br />
so seveda, v prvi vrsti takratna „Demosova“<br />
vlada in notranji minister Igor Bavčar (toda<br />
kasneje tudi vse Drnovškove vlade) v polnem<br />
obsegu politično odgovorni za ta škandalozni<br />
odnos do človekovih pravic – toda še veliko<br />
30<br />
večja odgovornost leži na takratnem državnem<br />
sekretarju Slavku Debelaku, ki je bil magister<br />
prava in je politike oskrboval s politično<br />
zaželenimi „pravnimi razlagami“…<br />
Vendar pa je eno leto kasneje prišlo do<br />
referenduma, ki je bil v bistvu uperjen proti<br />
„izbrisanim“ in problem vse do danes pravno<br />
še ni rešen…<br />
Da, to je bila za Slovenijo kot domnevno pravno<br />
državo nova presenetljiva in res žalostna<br />
zgodba: ta referendum bi moral biti kot očitno<br />
protiustaven od ustavnega sodišča prepovedan,<br />
toda predsednik parlamenta je predlog na<br />
ustavno sodišče vložil en dan prepozno –<br />
in ustavno sodišče ni moglo storiti ničesar.<br />
Nadaljnji paradoks: z uspešnim referendumom<br />
je bil samo odstranjen (razveljavljen) neki<br />
zakon, ki je bil tako in tako protiustaven<br />
(ker je hotel vrniti sporni status samo 4.000<br />
„izbrisanim“ osebam namesto 12.000, kot je to<br />
zahtevala sodba ustavnega sodišča). Toda sledili<br />
so še nadaljnji, še bolj neverjetni paradoksi.<br />
Prvič, kljub razveljavitvi zakona, ki ga je on<br />
sam predlagal, je notranji minister dr. Bohinc<br />
v naslednjih mesecih izvršil točno ta ne več<br />
obstoječi zakon in ne sodbo ustavnega sodišča,<br />
izdal je torej samo 4.000 namesto 12.000<br />
odločb! In drugič: takratna opozicija mu je v<br />
parlamentu grozila s kazenskim postopkom,<br />
ker je sploh začel izdajati te, od ustavnega<br />
sodišča zahtevane odločbe (in nato je končal<br />
pri 4.000 odločbah, namesto da bi izdal vseh<br />
12.000)! Toda teh 12.000 ljudi sta le dve tretjini<br />
od vseh 18.305 izbrisanih – za preostalih 6.000<br />
je ustavno sodišče zahtevalo, da bi bilo treba v<br />
šestih mesecih, torej do oktobra 2003, sprejeti<br />
poseben zakon. Prejšnja „leva“ vlada je tak<br />
(ampak slab, le polovico problemov rešujoč)<br />
zakon predložila šele oktobra 2004, ampak tudi<br />
to je bilo za takratno opozicijo preveč in ji je z
mnogimi novimi zahtevami za referendum, ki<br />
pa so bile od ustavnega sodišča vse zavrnjene,<br />
vendarle uspelo, da je sprejetje takega zakona<br />
v prejšnjem zakonodajnem obdobju preprečila.<br />
Sedaj je ta opozicija prišla na oblast – in noče o<br />
takem zakonu nič več slišati…<br />
Na moje vprašanje, kaj je sedaj z reševanjem<br />
problematike „izbrisanih“, mi je predsednik<br />
slovenskega državnega zbora France Cukjati 18.<br />
julija v Gradcu odgovoril, da bo slovensko notranje<br />
ministrstvo še jeseni predložilo zakon in da bodo s<br />
tem vse pretrpljene krivice spet odpravljene. Kmalu<br />
za tem je Cukjati to izjavo ponovil tudi v Sloveniji,<br />
nakar pa ste Vi v pismu bralca v dnevniku Delo<br />
(23. 7.) najostreje protestirali in menili: „Govoriti o<br />
resnem namenu reševanja tega problema je navadno<br />
norčevanje.“ Ali res ni političnega namena rešiti ta<br />
problem?<br />
Res ga ni. Novi šef vlade Janša in drugi so<br />
od volilne zmage naprej najmanj desetkrat<br />
ponovili, da so pripravljeni ta problem „rešiti“<br />
samo skupaj z opozicijo s posebnim „ustavnim<br />
zakonom“, drugače pa nič. In to pomeni: nič.<br />
Zakaj? Zato, ker je ta problem vprašanje<br />
navadne zakonodaje in ni rešljiv z ustavnim<br />
zakonom. Z ustavnim zakonom bi se želela<br />
vlada samo izogniti ustavnosodni kontroli<br />
zakona – čeprav sta že dva predsednika<br />
ustavnega sodišča posvarila pred takim<br />
kršenjem ustave, ki da bo po njunih besedah<br />
tudi ostalo brez uspeha. Opozicija je ta način<br />
reševanja jasno odklonila – in tako so tudi<br />
navedene Cukjatijeve besede zgolj prazne<br />
besede. Še slabše: namerno zavajanje naivne<br />
publike.<br />
Kadar se v slovenski javnosti govori o zakonskih<br />
rešitvah tega problema, se vedno govori o dveh<br />
zakonskih variantah: po eni strani o ustavnem<br />
Intervju z Matevžem Krivicem<br />
zakonu, po drugi strani o „sistemskem zakonu“. Za<br />
katero varianto se zavzemate Vi?<br />
Samo navaden zakon (lahko se seveda<br />
imenuje tudi „sistemski“) pride v poštev. Za<br />
sprejetje takega zakona ima vlada zadostno<br />
večino v parlamentu – toda tega noče narediti.<br />
Pravicam „izbrisanih“ nasproten zakon ne<br />
bi imel nobenih izgledov pred ustavnim<br />
sodiščem – zakona v skladu s sodbo ustavnega<br />
sodišča iz leta 2003 pa vlada za nobeno ceno<br />
noče narediti. Podobno kot na Koroškem, kjer<br />
Haider že dolgo noče slediti odločbi avstrijskega<br />
ustavnega sodišča. Ampak tam gre „samo“<br />
za slovenske krajevne napise – tu pa gre za<br />
elementarne človekove pravice 18.305 ljudi, ki<br />
jih je nezakonito prekršila vlada sama.<br />
Koliko pa bi poprava krivic in odškodnina znašala,<br />
kaj vse bi moralo biti kompenzirano? Enkrat<br />
se je govorilo o 600 milijardah tolarjev – je to<br />
realistično?<br />
Nihče nima pojma o tem – omenjena številka<br />
je popolnoma izmišljena. Gotovo je le eno: da<br />
je odškodnina (v skladu s civilno zakonodajo)<br />
možna samo pet let od nastanka škode. Vsaka<br />
odškodnina za (velike) škode v letih 1992-<br />
2000 je torej že danes popolnoma nedosegljiva.<br />
Mi smo seveda zahtevali poseben zakon za<br />
ta posebni primer, toda naši politiki ne bodo<br />
takega zakona nikoli sprejeli. In preden bomo s<br />
tem vprašanjem lahko prišli pred strassburško<br />
sodišče, bo trajalo gotovo še 10 ali 15 let…<br />
Julija je neka druga nevladna organizacija,<br />
„Civilna iniciativa izbrisanih aktivistov“ (CIIA),<br />
organizirala gladovno stavko na avstrijsko-slovenski<br />
meji, da bi opozorila na nerešenost problema. Vi ste<br />
se od te akcije distancirali in ste kritizirali, da je<br />
organizator gladovne stavke Aleksandar Todorović<br />
odklonil Vašo prošnjo, da bi se vprašanje najprej<br />
31
Intervju z Matevžem Krivicem<br />
razjasnilo po pravni poti (Večer, 4. 7. 2005). CIIA<br />
pa je odgovorila, da vi nimate nobene pravice<br />
komentirati gladovne stavke in slišati je bilo tudi<br />
očitek, da ste ustavili vse aktivnosti, ker ste čakali na<br />
uradno rešitev, ki pa je po mnenju CIIA ni mogoče<br />
pričakovati. Ali lahko komentirate ta spor?<br />
Ne, za vse nas je bolje, če o teh bolečih<br />
vprašanjih ne razpravljamo v javnosti. Ob vsaki<br />
taki priložnosti se omejim le na najnujnejše<br />
odgovore na javne napade. Tako tudi tukaj:<br />
domnevna „ustavitev vseh aktivnosti“ našega<br />
društva je laž. V mesecih pred volitvami smo<br />
se samo odpovedali javnim manifestacijam, da<br />
ne bi med volivci vzbudili še več ksenofobije. Že<br />
iz Vašega vprašanja si lahko vsak predstavlja,<br />
da je do razcepa med nami junija 2004 prišlo<br />
zaradi različnih pogledov na metode našega<br />
boja. Globlje v to vprašanje pa raje ne bi šel.<br />
Kako pa gledate na Todorovića in njegove<br />
aktivnosti, ki so bile vsaj to poletje vsekakor medijsko<br />
učinkovite?<br />
Lahko le ponovim, kar sem od junija 2004<br />
gospodu Todoroviću že velikokrat rekel in<br />
napisal: „Če ne moremo več skupaj delati, se<br />
vsaj medsebojno ne napadajmo. Mi bomo<br />
podprli vse tvoje dobre iniciative – samo<br />
prenehaj z nepravičnimi napadi in z lažmi!“<br />
On s tem žal ni prenehal, kljub temu pa smo<br />
njegov zadnji javni protest na meji (julija)<br />
javno podprli, le od metode gladovne stavke<br />
smo se distancirali (zaradi ogrožanja življenj<br />
nedolžnih ljudi). Predvsem pa sem za Roma<br />
Alija Berisho, katerega usoda je bila glavni<br />
razlog za stavko, naredil konkretne korake, da<br />
bi mu omogočil vrnitev v Slovenijo po pravni<br />
poti. Postopki so v teku – gotovo je možno, da<br />
bodo tudi to neuspešno. A šele potem bodo<br />
morda tudi druge metode lahko učinkovitejše.<br />
32<br />
Kakšen razvoj pričakujete v naslednjih mesecih, s<br />
kakšnimi koraki je treba računati? In kdaj lahko<br />
pričakujemo rešitev?<br />
Edino upanje za nas so možni pritiski<br />
mednarodnih instanc, predvsem komisarja<br />
za človekove pravice gospoda Gila Roblesa in<br />
komisije proti nestrpnosti (ECRI) – oboje sta<br />
instituciji strassburškega Sveta Evrope (ne EU).<br />
Toda naša vlada ne kaže niti nasproti kritikam<br />
iz evropskih institucij nobenega spoštovanja.<br />
Največja sramota za Slovenijo kot domnevno<br />
pravno državo je morda dejstvo, da bi Slovenija<br />
s takšno, človekovim pravicam sovražno vlado,<br />
morala leta 2008 prevzeti predsedovanje EU. V<br />
tem svetu je res vse mogoče – le spoštovanje<br />
človekovih pravic nasproti njim sovražni<br />
državni oblasti je skoraj nedosegljivo.
Usodna privlačnost<br />
juga<br />
Odnos Slovencev do kulture bivših<br />
jugoslovanskih republik<br />
� Text: Tanja Petrović<br />
O AVTORJU – ZUR PERSON<br />
Tanja Petrović<br />
Tanja Petrović, jezikoslovka (diplomirala<br />
1998 in magistrirala 2002 v Beogradu,<br />
doktorirala 2005 v Ljubljani), zaposlena na<br />
Znanstvenoraziskovalnem centru v Ljubljani in<br />
Balkanološkem inštututu v Beogradu. Ukvarja<br />
se z antropološko lingvistiko, vprašanji manjšin<br />
ter kulturnimi procesi na prostorih bivše<br />
Jugoslavije – Tanja Petrović arbeitet als<br />
Sprachwissenschaftlerin (Diplom 1998, Magisterium<br />
2002 in Belgrad, Doktorat 2005 in<br />
Ljubljana) am Wissenschaftsforschungsinstitut<br />
in Ljubljana und am Institut für Balkanologie in<br />
Belgrad. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit<br />
antropologischer Linguistik, Minderheitenfragen<br />
und kulturellen Prozessen auf dem Gebiet<br />
des ehemaligen Jugoslawiens.<br />
Usodna privlačnost juga<br />
Maja 2004 je Republika Slovenija kot prva in najuspešnejša med državami na območju bivše<br />
Jugoslavije postala del velike evropske družine. V obdobju po praznovanju prve obletnice članstva<br />
v Evropski skupnosti in po štirinajstih letih samostojnosti Slovenije se mi zdi smiselno postaviti<br />
vprašanje, kakšen je odnos Slovenije in Slovencev do ostankov zapuščine nekoč skupne države. Po<br />
skoraj poldrugem desetletju propada skupne države, njene bivše republike na svetovnem političnem<br />
zemljevidu nastopajo kot neodvisne države in v skladu s tem, kljub nekaterim težavam in odprtim<br />
vprašanjem, čedalje bolj urejajo medsebojne odnose. Kaj pa je z individualnim in kolektivnim<br />
spominom, nastalim v teku sedemdesetih letih obstoja Jugoslavije? Jugoslovansko nasledstvo<br />
in skupni spomin, ki ju delijo nekdanji državljani Jugoslavije, ne glede na njihove medsebojne<br />
razlike in izvirno različne kulturne tradicije, v veliki meri še vedno oblikujeta na teh prostorih tudi<br />
odnos in distanco do drugega in tujcev: 1 tako na mednarodnih športnih dogodkih, kjer v primeru,<br />
da se “naša” nacionalna reprezentanca ne kvalificira ali izpade iz tekmovanja, bivši Jugoslovani<br />
navijamo za “druge naše”, torej za reprezentanco ene izmed nekdanjih jugoslovanskih republik. Iz<br />
istega razloga v prodajalnah CD plošč v Ljubljani glasba, ki nastaja na prostorih bivše Jugoslavije,<br />
ni razvrščena na policah skupaj s tujo glasbo, temveč ima poseben status in je označena kot „bivša<br />
domača glasba”. Odnos do bivših jugoslovanskih republik je ne nazadnje v Sloveniji drugačen tudi<br />
zaradi velikega števila ljudi, ki prihajajo iz tistih prostorov in so danes prebivalci ali državljani<br />
Republike Slovenije. Kakšen je pravzaprav ta odnos? Kako se oblikuje in kdo ga oblikuje?<br />
V nadaljevanju tega besedila bomo nekaj pozornosti posvetili odnosu Slovencev do Srbije in srbske<br />
kulture in ob tem skušali najti odgovor na predhodno postavljena vprašanja.<br />
V zadnjih letih Slovenci zelo radi hodijo v Srbijo. Po desetletju molčanja in ignoriranja je v Sloveniji<br />
nastopilo „ponovno odkrivanje” Srbije. In kakšna je ta Srbija? V seriji oddaj slovenske nacionalne<br />
33
Usodna privlačnost juga<br />
televizije „Čez planke”, kjer voditeljica<br />
predstavlja druge države in življenjske navade<br />
v teh državah, je bila ena oddaja namenjena<br />
spoznavanju Srbije in Črne gore. Srbija je bila<br />
predstavljena kot precej bizarno carstvo turbofolka,<br />
velik del oddaje so posvetili prav avtorjem<br />
in izvajalcem te glasbene zvrsti. V oddaji je bila<br />
na široko predstavljena Svetlana Ražnatović<br />
alias Ceca, s katero se je novinarka pogovarjala<br />
v prostorih nogometnega kluba „Obilić”,<br />
katerega direktorstvo je Ceca podedovala od<br />
ubitega moža Željka Ražnatovića Arkana, enega<br />
najhujših vojnih zločincev na prostoru bivše<br />
Jugoslavije. Scenarij oddaje je veliko prostora<br />
namenil tudi zelo nenavadnim osebnostim,<br />
kot je Giovanni, žigolo, ki obratuje v Vrnjački<br />
Banji, najbolj znanih srbskih toplicah, kjer<br />
za denar kratkočasi gospe v zrelih letih. Niti<br />
besede ni bilo namenjene srbskim pisateljem,<br />
igralcem, znanstvenikom. Niti besede o<br />
gledaliških, filmskih in glasbenih festivalih.<br />
Nič drugačne podobe Srbije ne ponujajo svojim<br />
klientom številne slovenske potovalne agencije,<br />
ki organizirajo tako obiske Beograda za novo<br />
leto in vikend popotovanja kot tradicionalna<br />
potovanja v Gučo na Sabor trubača. Med<br />
glavne atrakcije Beograda agencije predlagajo<br />
ogled hiše Cece Ražnatović in nepozabni<br />
žur na enem izmed beograjskih splavov na<br />
Savi, kjer se predvaja prepoznavna turbo-folk<br />
glasba.<br />
S tem ni nič narobe. Ponudba je odvisna v<br />
veliki meri od zahtev trga in potemtakem<br />
je razumljivo, da je taka, kot je: ponuja se<br />
pravzaprav to, kar je najlažje prodati. Pa vendar<br />
Slovenci poznajo tudi druge plati srbske kulture:<br />
poslušajo srbski rok, gledajo srbske gledališke<br />
predstave in filme. V Srbijo gredo tudi iz drugih<br />
razlogov in ne samo zaradi poceni zabave. O<br />
takšni Srbiji pa v slovenskih medijih ne slišimo<br />
34<br />
skoraj nič. Kaj povprečno informiranemu<br />
Slovencu pade na pamet, če ga povprašamo<br />
o glasbenem festivalu v Srbiji? Trobentači v<br />
Guči, seveda: par vročih avgustovskih dni nore<br />
zabave ob balkanski glasbi in balkanski hrani<br />
v močno alkoholizirani atmosferi. Kaj pa je z<br />
EXIT-om, največjim balkanskim festivalom<br />
sodobne glasbe, ki se je v tem letu že petič<br />
odvijal v Novem sadu? Na začetku julija 2005<br />
je na EXIT odpotovalo veliko mladih Slovenk<br />
in Slovencev. Tako kot leto poprej in leta pred<br />
tem. V slovenskem medijskem prostoru je<br />
vendarle ta dogodek dobil zelo malo prostora.<br />
Bilo je nekako tako: kdor je vedel in ga je<br />
dogajanje festivala zanimalo, je lahko o EXITu<br />
dobil informacije. Ostala javnost pa o tem<br />
ni mogla veliko zvedeti, saj so mediji o tem<br />
poročali zelo skopo. EXIT je urbani dogodek<br />
svetovnih razmer, pravi evropski festival na<br />
Balkanu. Zakaj nihče v Sloveniji ne govori o<br />
balkanski kulturi, ki je istočasno zelo evropska,<br />
ki je urbana in primerljiva s kulturo ostalih<br />
svetovnih metropol? Zakaj je za slovenski<br />
prostor zanimiv samo tisti del srbske kulture,<br />
ki ima močen priokus neokusa? Če bi šlo za<br />
državo, ki je od Slovenije oddaljena tisoče<br />
kilometrov in o kateri Slovenci vedo zelo malo,<br />
bi lahko poiskali razlago v nerazumevanju<br />
in nevednosti. Tukaj pa očitno gre za nekaj<br />
drugega.<br />
Čeprav si nekateri slovenski intelektualci<br />
prisotnost jugonostalgije med Slovenci in<br />
njihova potovanja v Srbijo razlagajo z izključno<br />
ekonomskega vidika ter navajajo kot pararelni<br />
primer današnjim potovanjem v Srbijo<br />
potovanja na Češkoslovaško pred leti, je težko<br />
verjeti, da mladi Slovenci množično praznujejo<br />
novo leto v Beogradu samo zato, kjer je tam<br />
vse poceni. Je mogoče povod za obisk tudi to,<br />
da v novoletni noči na beograjskih trgih igrajo
najbolj znane srbske rok in pop skupine, ki<br />
so drugače zelo priljubljene tudi v Sloveniji?<br />
So mogoče koncerti Ramba Amadeusa, „Van<br />
Gogha”, „Darkwood duba” in ostalih – torej<br />
spet zelo urbani glasbeni dogodek, ki ga Beograd<br />
za vsako novo leto ponuja svojim prebivalcem<br />
in gostom – to, kar mlade Slovenke in Slovence<br />
vleče v srbsko prestolnico? Ne nazadnje, kaj<br />
pa so Slovenci (in vsi ostali) vedeli o češki in<br />
slovaški glasbi in kulturi, ko so tja množično<br />
potovali na zelo poceni zimske počitnice?<br />
Še bolj jasno se pokaže, da ekonomska razlaga<br />
zanimanja Slovencev za Srbijo ni ne edina<br />
ne najbolj verjetna, če pogledamo sodobno<br />
kulturno produkcijo na slovenskem prostoru:<br />
kot primer lahko navedemo sodobno slovensko<br />
kinematografijo. Trije najbolj gledani slovenski<br />
filmi po letu 1991 so „Kajmak in marmelada”<br />
(2003), „Outsider” (1997) in „Nikogršnja<br />
zemlja” (2001) 2 . Prvi na lestvici, “Kajmak in<br />
marmelada”, je zgodba o ljubezni med Slovenko<br />
in Bosancem. Avtor filma in nosilec glavne<br />
vloge, Branko Ðurić (sarajevski igralec, ki že<br />
vrsto let živi v Ljubljani, znan na celotnem<br />
prostoru bivše Jugoslavije po vlogi v legendarni<br />
TV nadaljevanki iz osemdesetih let „Top lista<br />
nadrealista” in član nekdanje rock-skupine<br />
„Bombaj štampa”), se v filmu subtilno igra s<br />
stereotipi o Slovencih in Bosancih, nastalimi<br />
v njihovem neposrednem stiku bivanja v<br />
slovenskem prostoru. Film „Outsider” (režija<br />
Andrej Košak) govori o težavah mladeniča<br />
iz etnično mešanega zakona: oče je bosanski<br />
oficir JLA, mati pa Slovenka, gospodinja.<br />
Družina se zaradi očetove službe pogosto<br />
seli po celi Jugoslaviji, zgodba pa se začne z<br />
njenim prihodom v Ljubljano leta 1979. V<br />
filmu se togi principi jugoslovanskega oficirja<br />
soočajo s pogledi njegovega sina, oblikovanimi<br />
pod močnim vplivom ljubljanske punk-<br />
Usodna privlačnost juga<br />
kulture. Tretji na lestvici je film „Nikogaršnja<br />
zemlja” (režija Danis Tanović), čigar zgodba je<br />
umeščena v z vojno zajeto Bosno in obravnava<br />
usodo treh vojakov, pripadajočim sovražnim<br />
vojskami, ki se znajdejo na nikogaršnji zemlji.<br />
Kot je razvidno iz pravkar podanih kratkih<br />
opisov, so vsi trije najbolj gledani slovenski<br />
filmi v samostojni Sloveniji tako ali drugače<br />
povezani z bivšo Jugoslavijo. Filmski kritik in<br />
teoretik Marcel Stefančič jr. je napisal, da „če<br />
hoče slovenski film zelo potegniti in postati<br />
mega hit, mora biti zgodba nekako povezana<br />
z bivšo Jugoslavijo… Če hoče slovenski film<br />
v Sloveniji uspeti, ne sme ignorirati Bosancev,<br />
‘Bosancev’ (splošni naziv za vse, ki prihajajo<br />
južno od reke Kolpe, T. P.) in drugih ‘južnjakov’.<br />
Jug je del formule za uspeh.” 3 Skupno znanje in<br />
skupni spomini na jugoslovanski prostor očitno<br />
še vedno v veliki meri vplivajo na kulturno<br />
podobo post-jugoslovanskih družb.<br />
Če je že tako, kako lahko razložimo poudarjanje<br />
zgolj zelo drugačnih in zelo bizarnih aspektov<br />
srbske kulture v slovenskem javnem diskurzu?<br />
In, če vprašanje postavimo na raven „navadnih<br />
ljudi”, tj. porabnikov kulture – zakaj Slovenci<br />
množično obožujejo Ceco Ražnatović in na<br />
„saboru” v Guči nosijo majice s portreti haaških<br />
obtožencev Ratka Mladića in Radovana<br />
Karadžića? Beograjski novinar Teofil Pančić v<br />
tedniku „Vreme” to slovensko oboževanje srbskih<br />
bizarnosti, ta „antiglobalizacijski turizem”,<br />
razlaga kot del širšega „turbolevičarskega<br />
diskurza, ki nasprotuje establišmentu, Evropski<br />
skupnosti in zvezi NATO”. Kot nekdo, ki že pet<br />
let živi med Beogradom in Ljubljano ter dobro<br />
pozna situacijo v obeh okoljih in se v obeh počuti<br />
doma, lahko ponudim bolj kompleksen odgovor<br />
na postavljeno vprašanje, odgovor, ki ima dva<br />
dela, ki sta med sabo vseskozi povezana, saj se<br />
prepletata in podpirata. Orientalizirana podoba<br />
35
Usodna privlačnost juga<br />
Srbije kot hedonističnega raja za radovedne,<br />
zabave željne in od resnega dela utrujene<br />
slovenske turiste, raja, polnega bizarnih scen<br />
in oseb, je en izmed načinov, kako slovenska<br />
družba, posebno ta njen del, ki sodeluje v<br />
oblikovanju javnega mnenja, poskuša upravičiti<br />
pojav ti. „jugonostalgije”, zelo prisoten na vseh<br />
prostorih bivše države. Jugonostalgija se namreč<br />
marsikaterim zdi neprimerna in nezdružljiva<br />
z zgodbo o uspehu samostojne Slovenije.<br />
Zanimanje za Srbijo in ohranjevanje skupnega<br />
kulturnega prostora je nekaterim lažje sprejeti<br />
v kolonizacijskem ključu, kot zanimanje za<br />
nekaj, kar je zelo drugačno in zelo oddaljeno, pri<br />
čemer ni nevarnosti identifikacije – z bizarnimi<br />
scenami čaščenja vojnih zločincev ali tem,<br />
kar se dogaja na „določeni vrsti beograjskih<br />
splavov”, se je namreč težko identificirati, razen<br />
na sproščenih, razposajenih in neobvezujočih<br />
počitnicah. Vse to je zelo daleč od doma, kjer<br />
je resno življenje. Doma je Evropa. „Normalne”,<br />
evropske, urbane, univerzalno ovrednotene<br />
manifestacije kulture, kot je recimo srbska, se pri<br />
tem, razumljivo, ignorirajo. Drugi del odgovora<br />
je povezan s vsesplošno komercializacijo<br />
slovenske družbe in njenih vrednot: vredno<br />
in sprejemljivo je to, kar je najlažje prodati, in<br />
tukaj se vse bolj pogosto končajo vse razprave<br />
o kakovosti in okusu. 4 V takem diskurzu<br />
se da vse relativizirati; tako je že omenjana<br />
Ceca Ražnatović dobila neverjeten prostor v<br />
slovenskih medijih v času njenega koncerta v<br />
maju l. 2005, celo na nacionalni televiziji, ki<br />
naj bi skrbela za kulturno politiko v državi.<br />
Povezano s prvim delom odgovora pa je dejstvo,<br />
da je omenjena gospa na veliko reklamirana kot<br />
„ikona srbske glasbe”, in se je v medijih celo<br />
pojavljal argument, da njen koncert v slovenski<br />
prestolnici potrjuje, da se v Sloveniji skrbi za<br />
kulturne potrebe Srbov, ki v tej državi živijo v<br />
36<br />
velikem številu. Argument, ki ga je veliko Srbov<br />
v Sloveniji (vključno z avtorico tega besedila)<br />
doživelo kot žaljiv, saj so zanje C. Ražnatović<br />
in njen soprog ter njena glasba najizrazitejši<br />
simbol časov in vrednot režima Slobodana<br />
Miloševića, zaradi katerega je nenazadnje<br />
veliko od njih tudi zapustilo Srbijo. Čeprav to ni<br />
dejstvo, ki je v Sloveniji neznano, je izenačevanje<br />
vseh že preverjeno učinkovit mehanizem<br />
orientalizacije. Lahkotno sprejemanje takih<br />
vrednot in takih mehanizmov, ki so zadnje<br />
čase značilni za slovensko družbo, bi težko<br />
ne povezali s trenutno politično in družbeno<br />
situacijo v Republiki Sloveniji. Kot se zdi, je<br />
ravno današnji čas, bolj kot kadarkoli pred tem,<br />
ožigosan s pomanjkanjem politične in družbene<br />
angažiranosti kulturnih delavcev. Ali pa je<br />
naključje, da je prav skupina „Laibach”, za katero<br />
lahko rečemo, da je prava „slovenska glasbena<br />
ikona”, in to po svetovno priznanih merilih, in<br />
istočasno ena izmed redkih glasbenih skupin na<br />
slovenski sceni, katerih člani ob muziki izražajo<br />
tudi čvrsto politično stališče in zagovarjajo<br />
določene družbene vrednote, dobila drastično<br />
zmanjšano denarno podporo Ministrstva za<br />
kulturo Republike Slovenije, ki sofinancira<br />
najkvalitetnejše izvajalce javnih kulturnih<br />
programov s področja uprizoritvene, glasbene,<br />
vizualne ter intermedijske umetnosti? 5<br />
OPOMBE<br />
1 Prav zaradi skupne zgodovine večnacionalne države Jugoslavije šteje<br />
zgodovinarka Maria Todorova Slovenijo za del Balkana, ker “zgodovine<br />
Balkana v 20. stoletju ni možno predstaviti, če se območje nekdanje<br />
Jugoslavije ne obravnava kot celota” (prim. Maria Todorova, Introduction:<br />
Learning Memory, Remembering Identity, v: “Balkan Identities, Nation and<br />
Memory”, Maria Todorova (ed.), New York: New York University Press 2004,<br />
str. 13, opomba 27).<br />
2 Vir: Več kot 100.000 gledalcev, “Mladina”, 5. januar 2004.<br />
3 Več kot 100.000 gledalcev, “Mladina”, 5. januar 2004.<br />
4 To je, recimo, bilo zelo razvidno v diskusiji o slovenskem turbo-folku v oddaji<br />
“Trenja” na POP-TV 3. februarja 2005.<br />
5 Prim. Izjavo za javnost skupine „Laibach” ob vložitvi tožbe zoper državo v<br />
časopisu „RockOnNet”, 11. marec 2005, http://www.rockonnet.com/clanek.<br />
php?id=2&article=2930.
Schicksalhafter Charme des<br />
Südens<br />
Die Beziehung der Slowenen zur<br />
Kultur der ehemaligen jugoslawischen<br />
Teilrepubliken<br />
Im Mai 2004 wurde Slowenien als erster und<br />
erfolgreichster der auf dem Gebiet des ehemaligen<br />
Jugoslawiens entstandenen Staaten Teil<br />
der großen europäischen Familie. In der Zeit<br />
nach den Feiern anlässlich der einjährigen Mitgliedschaft<br />
in der EU und nach 14 Jahren der<br />
Unabhängigkeit Sloweniens erscheint es mir<br />
sinnvoll, sich die Frage zu stellen, wie die Beziehung<br />
Sloweniens und seiner Bürger zum<br />
Rest des einstigen gemeinsamen Staates aussieht.<br />
Fast eineinhalb Jahrzehnte nach dem<br />
Zerfall Jugoslawiens versuchen die ehemaligen<br />
Teilrepubliken als unabhängige Staaten, trotz<br />
verschiedener Probleme und offener Fragen, die<br />
zwischenstaatlichen Beziehungen zu verbessern.<br />
Wie aber verhält es sich mit der individuellen<br />
und kollektiven Erinnerung, die im Laufe<br />
des über 70-jährigen Bestehens Jugoslawiens<br />
entstanden ist? Die gemeinsame Erinnerung,<br />
die die ehemaligen Bürger Jugoslawiens ungeachtet<br />
ihrer kulturellen Unterschiede miteinander<br />
teilen, stellt noch immer in großem Maße<br />
sowohl Nähe als auch Distanz zum Anderen<br />
und auch gegenüber Dritten her. 1 Das tritt beispielsweise<br />
bei internationalen Sportereignissen<br />
zutage: Wenn „unsere“ Nationalmannschaft<br />
ausscheidet, drücken wir als vormalige<br />
Jugoslawen für „unser ehemaliges“ Team, d. h.<br />
für die Mannschaft einer der ehemaligen Teilrepubliken<br />
Jugoslawiens die Daumen. Dasselbe<br />
gilt für die Musikgeschäfte, wo auf dem Gebiet<br />
des ehemaligen Jugoslawiens produzierte<br />
Schicksalhafter Charme des Südens<br />
Musik nicht internationalen Gruppen zugeordnet<br />
wird, sondern als „ehemalige jugoslawische<br />
Musik“ einen besonderen Status einnimmt.<br />
Die Beziehung gegenüber den anderen<br />
ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken ist<br />
in Slowenien schon deswegen eine besondere,<br />
weil viele Bürger des ehemaligen Jugoslawiens<br />
heute Einwohner oder sogar Staatsbürger Sloweniens<br />
sind. Wie sieht diese Beziehung aus<br />
und wie ist sie entstanden?<br />
In weiterer Folge wird in diesem Artikel das<br />
Augenmerk auf die Beziehung der Slowenen<br />
zu den Serben und deren Kultur gerichtet, wobei<br />
der Versuch unternommen wird, Antworten<br />
auf die zuvor gestellten Fragen zu finden.<br />
Viele Slowenen besuchen seit einigen Jahren<br />
immer häufiger Serbien. Nach einem Jahrzehnt<br />
der „Eiszeit“ wird Serbien von den Slowenen<br />
„aufs Neue entdeckt“. Wie sieht dieser Staat<br />
aus? Eine Folge der Serie Čez planke (Über die<br />
Zaunlatte) im staatlichen slowenischen Fernsehen,<br />
in der andere Länder und deren Bräuche<br />
vorgestellt werden, wurde Serbien und Montenegro<br />
gewidmet. Serbien wurde als ein bizarres<br />
Reich des Turbofolks (eine Mischung aus<br />
Disco, Rap, Techno, Bauchtanz und serbischen<br />
Liedern) präsentiert, und einen Großteil der<br />
Sendung widmete man den Interpreten dieser<br />
Musikrichtung. Mit Svetlana Ražnatović alias<br />
Ceca führte eine Journalistin in den Räumen<br />
des Fußballklubs Obilić ein Interview. Die<br />
Leitung des Klubs erbte sie von ihrem getöteten<br />
Mann Željko Ražnatović alias Arkan, der<br />
als einer der größten Kriegsverbrecher im ehemaligen<br />
Jugoslawien gilt. In der Sendung erschienen<br />
auch viele außergewöhnliche Persönlichkeiten,<br />
wie z. B. Giovanni, ein Gigolo, der<br />
in Vrnjačka Banja, dem bekanntesten Kurort<br />
Serbiens, aktiv ist und für Geld Damen reiferen<br />
Alters die Langeweile vertreibt. Kein Wort<br />
37
Schicksalhafter Charme des Südens<br />
über serbische Schriftsteller, Schauspieler und<br />
Forscher. Kein Wort über Theater-, Film- oder<br />
Musikfestivals.<br />
Ein ähnliches Bild von Serbien wird von den<br />
slowenischen Reisebüros vermittelt, die Silvester-Reisen<br />
nach Belgrad, Wochenendausflüge<br />
oder längere Reisen nach Guča zum Turbofolk-<br />
Festival (Sabor Trubača) organisieren. Zu den<br />
von den Reisebüros angebotenen Topattraktionen<br />
von Belgrad zählt das Haus von „Ceca“<br />
Ražnatovič und eine unvergessliche Party auf<br />
einem Floß auf der Save mit Turbofolkmusik.<br />
Weil das Angebot von der Nachfrage bestimmt<br />
wird, ist es verständlich, das das offeriert wird,<br />
was sich am besten verkaufen lässt. Dennoch<br />
kennen die Slowenen auch andere Seiten der<br />
serbischen Kultur: Sie hören serbische Rockmusik,<br />
besuchen serbische Theaterstücke und sehen<br />
sich serbische Filme an. Billige Partys sind<br />
nicht der einzige Grund, warum die Slowenen<br />
nach Serbien fahren. Doch über diese andere<br />
Seite Serbiens wird in den slowenischen Medien<br />
fast gar nichts berichtet.<br />
Was fällt einem durchschnittlich informierten<br />
Slowenen ein, wenn man ihn über ein Musikfestival<br />
in Serbien befragt? Die Trompeter<br />
in Guča, einige heiße Sommertage im August<br />
mit wilder Partylaune, balkanischer Musik<br />
und balkanischem Essen in einer alkoholgetränkten<br />
Atmosphäre. Was ist mit dem EXIT,<br />
einem der größten Festivals für moderne Musik<br />
auf dem Balkan, das im Jahre 2005 in Novi<br />
Sad schon zum fünften Mal veranstaltet wurde?<br />
Anfang Juli 2005 nahmen viele junge Slowenen<br />
und Sloweninnen an dieser Veranstaltung<br />
teil, wie bereits 2004 und in den Jahren<br />
davor. In den slowenischen Medien wurde diesem<br />
Ereignis aber nur wenig Platz eingeräumt,<br />
obwohl EXIT ein Festival von internationaler<br />
Dimension ist. Warum spricht kein Mensch in<br />
38<br />
Slowenien über die Kultur des Balkans, die zugleich<br />
sehr europäisch, urban und mit der Kultur<br />
von Weltmetropolen vergleichbar ist? Warum<br />
ist für Slowenien nur derjenige Teil der<br />
serbischen Kultur interessant, der einen starken<br />
Geruch von Geschmacklosigkeit hat? Wenn es<br />
um einen Staat ginge, der Tausende Kilometer<br />
von Slowenien entfernt wäre und über den die<br />
Slowenen nur wenig Ahnung hätten, könnte<br />
man die Erklärung in Unwissenheit und Unverständnis<br />
suchen. Hier handelt es sich aber<br />
offensichtlich um etwas anderes.<br />
Obwohl einige slowenische Intellektuelle die<br />
„Jugonostalgie“ unter den Slowenen und deren<br />
Reisen nach Serbien ausschließlich mit<br />
wirtschaftlichen Aspekten begründen und als<br />
paralleles Beispiel die Reisen in die Tschechoslowakei<br />
vor einigen Jahren anführen, ist es<br />
schwer vorstellbar, dass die Slowenen massenweise<br />
das neue Jahr in Belgrad feiern, nur weil<br />
dort alles billig ist. Kann es auch daran liegen,<br />
dass in der Silvesternacht in den Straßen von<br />
Belgrad die bekanntesten serbischen Rock &<br />
Pop Gruppen auftreten, die auch in Slowenien<br />
sehr populär sind? Sind vielleicht die Konzerte<br />
von Rambo Amadeus, Van Gogh, Darkwood dub<br />
und anderen – also wiederum ein urbanes Musikereignis<br />
– das die Stadt Belgrad jedes Jahr<br />
zu Silvester für die Bürger und Gäste veranstaltet,<br />
gerade das, was die jungen Slowenen an<br />
der serbischen Metropole so fasziniert? Und<br />
nicht zuletzt: Was wussten die Slowenen (und<br />
auch all die anderen) über die tschechische und<br />
slowakische Musik und Kultur, als sie massenweise<br />
dorthin auf billigen Winterurlaub gefahren<br />
sind?<br />
Es zeigt sich, dass das slowenische Interesse an<br />
Serbien nicht alleine mit wirtschaftlichen Faktoren<br />
zu erklären ist, vor allem wenn wir einen<br />
Blick auf die moderne slowenische Kulturpro-
duktion werfen. Als Beispiel könnte man die<br />
zeitgenössische slowenische Filmproduktion<br />
anführen. Die drei beliebtesten slowenischen<br />
Filme nach 1991 sind Kajmak in marmelada<br />
(Kajmak und Marmelade), 2003; Outsider, 1997<br />
und Nikogaršnja zemlja (Niemandsland), 2001.<br />
Der auf Platz eins der Beliebtheitsskala rangierende<br />
Film Kajmak in marmelada mit mehr als<br />
100.000 Zuschauern 2 ist eine Liebesgeschichte<br />
zwischen einer Slowenin und einem Bosnier.<br />
Der Filmautor und Hauptdarsteller Branko<br />
Jurić 3 spielt im Film mit den gegenseitigen Vorurteilen,<br />
die Slowenen und Bosnier voneinander<br />
haben. Der Film Outsider (Regisseur Andrej<br />
Košak) zeigt die Probleme eines Jugendlichen<br />
aus einer Mischehe: Sein bosnischer Vater war<br />
Offizier in der JNA (Jugoslovenska Narodna<br />
Armija/Jugoslawische Volksarmee) und seine<br />
Mutter slowenische Hausfrau. Die Arbeit des<br />
Vaters verlangt von der Familie häufige Übersiedlungen.<br />
Die Geschichte beginnt mit deren<br />
Ankunft in Ljubljana im Jahre 1979. Im Film<br />
kollidieren die starren Prinzipien des jugoslawischen<br />
Offiziers und die Denkweise seines Sohnes,<br />
die stark von der Punk-Kultur in Ljubljana<br />
beeinflusst ist. Der dritte Film auf der Beliebtheitsskala,<br />
Nikogaršnja zemlja (Regisseur Danis<br />
Tanović), spielt im bosnischen Kriegsgebiet<br />
und berichtet vom Schicksal dreier Soldaten,<br />
die verschiedenen feindlichen Armeen angehören<br />
und im Niemandsland aufeinander treffen.<br />
Die drei beliebtesten slowenischen Filme sind<br />
also auf irgendeine Weise mit dem ehemaligen<br />
Jugoslawien verbunden. Der Filmkritiker Marcel<br />
Stefančič meint dazu: „Wenn ein slowenischer<br />
Film erfolgreich oder sogar ein Megahit<br />
werden sollte, muss die Geschichte irgendwie<br />
mit dem ehemaligen Jugoslawien verbunden<br />
sein. […] Wenn ein slowenischer Film Erfolg<br />
haben will, darf er die ,Bosnier’ 4 und andere<br />
Schicksalhafter Charme des Südens<br />
,Südländer’ 5 nicht ignorieren. Der Süden ist<br />
eine Erfolgsgarantie“. Die gemeinsame Erinnerung<br />
an das ehemalige Jugoslawien trägt noch<br />
immer viel zur kulturellen Ausprägung der<br />
postjugoslawischen Gesellschaften bei.<br />
Wie kann man sich indessen die Betonung<br />
der sehr unterschiedlichen Rezeption der verschiedenen,<br />
zum Teil bizarren Aspekte der<br />
serbischen Kultur in der slowenischen Öffentlichkeit<br />
erklären? Stellen wir die Frage vom<br />
Niveau „der einfachen Leute“, d. h. der Kulturverbraucher,<br />
aus: Warum vergöttern die Slowenen<br />
massenweise „Ceca“ Ražnatović und wieso<br />
tragen sie beim Sabor in Guča T-Shirts mit<br />
der Porträts der Kriegsverbrecher Ratko Mladić<br />
und Radovan Karadžić? Der Belgrader Journalist<br />
Teofil Pančić beschreibt in der Wochenzeitung<br />
Vreme die slowenische Verherrlichung<br />
der serbischen Absonderlichkeit und den „Antiglobalisierungstourismus“<br />
als einen Teil des<br />
breiten „turbolinken Diskurses, der sich gegen<br />
das politische Establishment, die EU und die<br />
NATO richtet.“ Als jemand, der schon fünf<br />
Jahre zwischen Belgrad und Ljubljana lebt,<br />
die beiden Umfelder sehr gut kennt und sich<br />
in beiden zuhause fühlt, kann ich eine komplexere,<br />
aus zwei Teilen bestehende Antwort<br />
auf die gestellte Frage geben: Das orientalisierte<br />
Bild Serbiens als ein hedonistisches Paradies<br />
für die Neugierige, Partyhungrige und slowenische<br />
Touristen, die des Alltagstrotts überdrüssig<br />
sind, ein Paradies voll bizarrer Szenen<br />
und Personen, ist nur eine Möglichkeit, die so<br />
genannte „Jugonostalgie“, die in allen Ländern<br />
des ehemaligen Jugoslawien existiert, zu rechtfertigen.<br />
Diese „Jugonostalgie“ scheint vielen<br />
mit der Erfolgsgeschichte des unabhängigen<br />
Sloweniens unvereinbar. Das Interesse für Serbien<br />
und die Beibehaltung des gemeinsamen<br />
Kulturraumes ist für einige leichter im Sinne<br />
39
Schicksalhafter Charme des Südens<br />
eines Interesse für etwas, das anders und weit<br />
weg ist, wobei keine Identifikationsgefahr besteht,<br />
zu verstehen – mit bizarren Szenen der<br />
Ehrung von Kriegsverbrechern oder mit dem,<br />
was auf gewissen Belgrader Flößen passiert,<br />
kann man sich nur schwer identifizieren. Dies<br />
gelingt nur in ungezwungener und ausgelassener<br />
Urlaubsatmosphäre. All dies passiert weit<br />
weg von zu Hause, wo sich das ernste Leben<br />
abspielt. Zu Hause wartet Europa. „Normale“,<br />
europäische, urbane, universell bewertbare<br />
Kulturmanifestationen werden dabei logischerweise<br />
ignoriert. Der zweite Teil der Antwort<br />
hängt mit der allgemeinen Kommerzialisierung<br />
der slowenischen Gesellschaft und ihrer<br />
Werte zusammen: Wertvoll und akzeptabel ist<br />
nur das, was sich verkaufen lässt, und an diesem<br />
Punkt enden immer öfter die Diskussionen<br />
über Qualität und Geschmack 6 . In einem<br />
solchen Diskurs kann man alles relativieren;<br />
die bereits erwähnte „Ceca“ Ražnatović bekam<br />
zur Zeit ihres Konzerts in Ljubljana im Mai<br />
2005 unglaublich viel Raum in den slowenischen<br />
Medien, sogar im staatlichen Fernsehen,<br />
das eigentlich einen Kulturauftrag zu erfüllen<br />
hätte. Mit dem ersten Teil der Antwort ist der<br />
Umstand verbunden, dass die genannte Sängerin<br />
sehr häufig als „Ikone der serbischen Musik“<br />
angesehen wird und in den Medien sogar<br />
das Argument auftauchte, dass ihr Konzert in<br />
der slowenischen Metropole gezeigt habe, dass<br />
die Slowenen auch an die Kulturbedürfnisse<br />
der zahlreichen in Slowenien lebenden Serben<br />
denken. Ein Argument, das viele Serben in Slowenien<br />
(einschließlich der Autorin dieses Artikels)<br />
als sehr beleidigend empfanden, da für<br />
diese Menschen sowohl „Ceca“ Ražnatović,<br />
ihr Ehemann wie auch ihre Musik das bezeichndste<br />
Symbol für das Miloševič-Regime<br />
sind und viele Serben wegen der damaligen po-<br />
40<br />
litischen Situation das Land verlassen haben.<br />
Dieser Umstand ist in Slowenien nicht unbekannt,<br />
und das „Über-den-Kamm-Scheren“ aller<br />
stellt einen bewährten Mechanismus des<br />
Orientalismus dar. Die unreflektierte Annahme<br />
solcher Mechanismen, die in der letzten<br />
Zeit für die slowenische Gesellschaft charakteristisch<br />
sind, lässt sich mit der derzeitigen<br />
politischen und gesellschaftlichen Situation in<br />
Slowenien erklären. Wie es scheint, ist gerade<br />
die heutige Zeit – mehr als je zuvor – durch<br />
den Mangel an politischem und gesellschaftlichem<br />
Engagement der Kulturschaffenden geprägt.<br />
Oder ist es nur ein Zufall, dass das Kulturministerium<br />
ausgerechnet der Musikgruppe<br />
Laibach, die man nach internationalen Maßstäben<br />
wahrlich als „slowenische Musikikone“<br />
bezeichnen kann und die zugleich eine der<br />
wenigen slowenischen Musikgruppen ist, deren<br />
Mitglieder politische Positionen einnehmen<br />
und für bestimmte gesellschaftliche Werte eintreten,<br />
die Subventionen drastisch kürzte? 7<br />
ANMERKUNGEN<br />
1 Gerade wegen der gemeinsamen Geschichte im Vielvölkerstaat Jugoslawien<br />
zählt die Historikerin Maria Todorova Slowenien zu einem Teil des Balkans.<br />
Man könne nämlich „die Geschichte des Balkans im 20. Jahrhundert nicht<br />
richtig darstellen, wenn man das Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens nicht<br />
als eine Einheit betrachtet“ (vgl. Maria Todorova, Intoduction: Learning<br />
Memory, Remembering Identity, in: Maria Todorova (Hg.), Balkan Identities,<br />
Nation and Memory. New York 2004, S. 13.<br />
2 Mladina, 5.1.2004.<br />
3 Schauspieler aus Sarajevo, der schon viele Jahre in Ljubljana lebt und<br />
der im ehemaligen Jugoslawien wegen seiner Rolle in der legendären TV-<br />
Serie aus den 80-er Jahren Top lista nadrealista (Topliste des Surrealisten)<br />
bekannt ist und auch Mitglied der Rock-Gruppe Bombaj štampa war.<br />
4 Sammelbegriff für alle Bewohner südlich des Flusses Kolpa.<br />
5 Auf Slowenisch južnjaki: Bezeichnug für die Bewohner der südlichen<br />
ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken.<br />
6 Dies kam z. B. in der Diskussion über die slowenische Turbofolkmusik in der<br />
Sendung „Trenja“ (POP TV) am 3.2.2005 zum Ausdruck.<br />
7 Vgl. Öffentlichkeitserklärung der Musikgruppe Laibach anlässlich der<br />
Klageerhebung gegenüber dem Staat Slowenien in der Zeitschrift RockOnNet<br />
(www.rockonnet.com/clanek.php?id=2&article=2930), 11.3.2005.
Zeit der Übergänge in Europa<br />
Ein Thesenpapier<br />
� Text: Wolfgang Petritsch<br />
Zeit der Übergänge in Europa<br />
Das nachfolgend wiedergegebene Thesenpapier wurde für den Pfingstdialog auf Schloss Seggau (11.<br />
bis 14. Mai 2005) vorbereitet und im Rahmen des Forums Politik am 12. Mai – also noch vor der<br />
Ablehnung des EU-Verfassungsvertrages durch Frankreich und die Niederlande – präsentiert.<br />
Der Titel des Forums Politik „Zeit der Übergänge in Europa“ drückt die vorherrschende europäische<br />
Befindlichkeit treffend aus. Europa befindet sich in der Tat in einer Phase der Übergänge<br />
– „Übergang“ im Singular wäre zu wenig, um den widersprüchlichen Zustand des Kontinents zu<br />
beschreiben; ein Blick zu unseren Nachbarn genügt: Vor genau einem Jahr hat die EU ihre bislang<br />
größte Erweiterung erfahren. Zehn neue Staaten, darunter unsere östlichen, nördlichen und südlichen<br />
Nachbarn, sind der Union beigetreten. Vor wenigen Tagen (am 25. April) haben Bulgarien<br />
und Rumänien in Brüssel ihre Beitrittsverträge unterschrieben, beide sollen voraussichtlich 2007<br />
beitreten. Kroatien wird derzeit noch von einem General – den in seiner Heimat viele immer noch<br />
für einen Helden halten, der jedoch vom Haager Tribunal der Kriegsverbrechen bezichtigt wird<br />
– vom Verhandlungsbeginn abgehalten; die europäische Ampel steht dort derzeit auf „gelb“.<br />
„Wie geht es weiter?“ lautet die Titel-Frage. Um einigermaßen treffsicher die Frage nach der zukünftigen<br />
Entwicklung Europas beantworten zu können, muss nach dem „Woher kommen wir?“<br />
und „Wo stehen wir heute?“ geforscht werden. Eines steht fest: Die Europäische Union präsentiert<br />
sich in diesen Tagen nicht in bester Verfassung. Wenn es in diesem Europa überhaupt zu einem<br />
die nationalen Grenzen überschreitenden öffentlichen Diskurs kommt, dann – fast ausschließlich<br />
– über negativ besetzte Themen.<br />
Was sind im Augenblick die dominanten „europäischen“ Themen?<br />
• Das drohende „Nein“ der Franzosen zur EU-Verfassung und die Suche nach einem „Plan B“,<br />
• Arbeitsplätze, die ostwärts wandern (wobei der „Osten“ immer öfter in China oder Indien<br />
liegt),<br />
• der Euro als „Teuro“,<br />
• „grenzenlose“ Kriminalität,<br />
41
Zeit der Übergänge in Europa<br />
• illegale Arbeitskräfte, zunehmender Migrationsdruck,<br />
• das Versagen „der EU“ oder „Brüssels“ angesichts<br />
rasanter Globalisierung<br />
• und natürlich das Thema „Türkei“.<br />
Diese Stichworte verweisen auf ein diffuses<br />
Unbehagen – eine EU-Skepsis – weiter Bevölkerungskreise,<br />
das sich im Stimmverhalten bei<br />
europäischen Urnengängen (und immer öfter<br />
auch bei lokalen Wahlen) manifestiert.<br />
Europa ist in Europa nicht beliebt. Auch in<br />
Österreich ist die EU-Begeisterung an einem<br />
neuerlichen Tiefpunkt angelangt, die europäische<br />
Identität ist so schwach ausgeprägt wie<br />
seit zehn Jahren nicht. Nur 30 Prozent sehen<br />
die EU als eine gute Sache an – bloß im traditionell<br />
EU-abgewandten Großbritannien gibt<br />
es mit 29 Prozent noch weniger Zustimmung.<br />
Die Negativwahrnehmung der EU erreicht<br />
derzeit europaweit neue Höhepunkte, obgleich<br />
es Entwicklungen gibt, die (gerade aus österreichischer<br />
Sicht) zweifellos die Bezeichnung<br />
„historisch“ verdienen.<br />
Denn: Die jüngste Erweiterung um acht zentral-<br />
und osteuropäische Staaten bedeutet:<br />
• das Ende der Zweiteilung Europas und damit<br />
• die „Rückkehr“ Österreichs ins Zentrum<br />
des Kontinents;<br />
• die tatsächliche „Erweiterung“ der wirtschaftlichen<br />
Möglichkeiten (wird besonders<br />
von Österreichs Klein- und Mittelbetrieben<br />
und Banken genutzt);<br />
• vor allem aber bedeutet die jüngste EU-Erweiterung<br />
die Ausdehnung und Konsolidierung<br />
der Sicherheits- und Friedenszone Europa<br />
Richtung Osten und Südosten.<br />
Allerdings: Die gewaltigen Herausforderungen<br />
42<br />
und Probleme, mit denen das europäische Einigungsprojekt<br />
konfrontiert ist, dürfen keinesfalls<br />
klein geredet werden – sie sind sowohl endogener<br />
als auch exogener Natur.<br />
Die EU befindet sich in einer „Transformationskrise“.<br />
• Die EU-Verfassung ist Chiffre und Synonym<br />
für den Anfang vom Ende des europäischen<br />
Nationalstaates, der ohnehin bereits<br />
viele seiner Funktionen eingebüßt hat.<br />
Die Verfassung schafft etwa mit dem Amt<br />
des Präsidenten und des Außenministers<br />
erstmals eine sichtbare EU-Repräsentanz;<br />
das aufgewertete EU-Parlament würde in<br />
zunehmenden Maße gemeinsam mit der<br />
Staatenvertretung im Rat über die europäischen<br />
Gesetze entscheiden. Schließlich<br />
sieht die europäische Verfassung die längst<br />
überfällige Vereinfachung der komplexen<br />
innereuropäischen Entscheidungsabläufe<br />
vor. Das mit 350 Seiten voluminös ausgefallene<br />
Dokument signalisiert sowohl effizientere<br />
Entscheidungsregeln für die EU-<br />
Institutionen als auch mehr Einfluss der<br />
Bürger und des EU-Parlamentes; kurz, das<br />
dringend notwendige demokratische Mehr.<br />
Ob dies europäische Realität wird, ist alles<br />
andere als sicher.<br />
• Der institutionalisierte Zwiespalt des europäischen<br />
Wirtschafts- und Sozialsystems<br />
zwischen neoliberalem amerikanisch-asiatischem<br />
Marktwirtschaftsmodell und<br />
kontinentaleuropäischem Sozialstaatsmodell<br />
wurde durch den Beitritt der transatlantisch<br />
orientierten osteuropäischen Staaten<br />
dramatisch verstärkt. Ein Kompromiss<br />
zwischen den beiden Modellen ist wohl<br />
nicht möglich.<br />
• Die EU-Kommission, das Instrument der
„Vergemeinschaftung“ Europas, tendiert<br />
zu neoliberalen Lösungen – siehe die so genannte<br />
„Bolkenstein-Direktive“ zur vollständigen<br />
Liberalisierung des Dienstleistungsbereiches<br />
(trade in services) – die bei<br />
EU-Gründern wie Frankreich auf heftige<br />
Ablehnung stoßen.<br />
• Der Stabilitäts- und Wachstumspakt – hier folge<br />
ich dem Urteil des amerikanischen Nobelpreisträgers<br />
Joseph E. Stiglitz – ist ein<br />
problematisches, weil rigide und mechanistisch<br />
angelegtes Disziplinierungsinstrument;<br />
die kürzlich erfolgte Reform ist Flickwerk.<br />
• Die Europäische Zentralbank verfolgt unbeirrt<br />
eine einseitig auf die Eindämmung der<br />
Inflation ausgerichtete Politik. Dies war bei<br />
der Einführung des Euro notwendig und<br />
richtig. Die Folgen rigider monetärer Orthodoxie<br />
haben jedoch die nationalen Regierungen<br />
in Form von geringem Wachstum<br />
und steigenden Arbeitslosenraten zu<br />
tragen; neue Arbeitsplätze sind europaweit<br />
Mangelware.<br />
• Nach der Erweiterung drohen die europäischen<br />
Steuer- und Sozialsysteme womöglich<br />
noch weiter auseinander zu klaffen<br />
(flat tax, „Steuer- und Sozialdumping“,<br />
krasse Unterschiede bei Pensionen und anderen<br />
staatlichen Transferzahlungen). Dies<br />
belastet die Solidarität der Nettozahler mit<br />
den auf „light governance“ setzenden osteuropäischen<br />
Nettoempfängern.<br />
Vor allem aber:<br />
• Das Zusammenwachsen Europas folgt<br />
überwiegend ökonomischen Effizienzkriterien,<br />
der Schaffung eines einheitlichen<br />
Wirtschaftsraumes und weniger der Berücksichtigung<br />
der – im weitesten Sinne<br />
Zeit der Übergänge in Europa<br />
– „kulturellen“ und gesellschaftlichen Bedürfnisse,<br />
den individuellen Wünschen<br />
und ideellen Zielen seiner Bürger. Der europäische<br />
Bürger hat zunehmend das Gefühl,<br />
zum Objekt wirtschaftlicher Interessen<br />
geworden zu sein. Gesellschaftliche<br />
Solidarität und soziale Gerechtigkeit haben<br />
im politischen Diskurs keinen Platz mehr.<br />
Überhaupt hat die Politik ihre Leitfunktion<br />
an „die Wirtschaft“ – wer immer das auch<br />
sein mag – abgetreten. Außerdem: Wenn<br />
das europäische Projekt auf gemeinsamen<br />
Wertvorstellungen gründet, dann fehlt<br />
dem zusammenwachsenden Kontinent immer<br />
noch das kulturelle Bindemittel; denn<br />
europäische Einheit setzt die Berücksichtigung<br />
der kulturellen Vielfalt voraus. Erst<br />
mit dem Faktor Kultur wird eine „europäische<br />
Öffentlichkeit“ möglich, und man<br />
wird der drohenden De-Legitimierung des<br />
europäischen Projektes und seiner Errungenschaften<br />
wirksam und nachhaltig entgegentreten<br />
können.<br />
• Was nach den Erweiterungen der vergangenen<br />
zehn Jahre fehlt, ist eine „Erweiterung<br />
in den Köpfen“ – eine intellektuell-geistige<br />
Europäisierung der Bürger jenseits alter und<br />
neuer Demarkationslinien.<br />
„Erweiterung und Vertiefung“ als Erfolgsstrategie?<br />
Wenn die EU-Verfassung bei den<br />
bevorstehenden Referenden nicht die erforderliche<br />
Zustimmung erhält, ist erstmals die<br />
bewährte Strategie „Erweiterung und Vertiefung“<br />
in Frage gestellt.<br />
Denn gerade die jüngste Erweiterungsrunde<br />
wurde unter der Voraussetzung verhandelt,<br />
dass die nun zur Disposition stehende Verfassung<br />
dem Fortschritt des Integrationsprozesses,<br />
der enorm gewachsenen Zahl der Mitglie-<br />
43
Zeit der Übergänge in Europa<br />
der und der daraus resultierenden Komplexität,<br />
um nicht zu sagen „Unregierbarkeit“ Europas,<br />
Rechnung trägt. Diese integrationspolitische<br />
Gleichung – die Dialektik und Parallelität<br />
von Erweiterung und Vertiefung – scheint<br />
nun ernsthaft in Gefahr. Das ist das eigentlich<br />
Neue an der gegenwärtigen prekären Situation.<br />
Für unsere Nachbarn in Südosteuropa wären<br />
die möglichen Folgen unter Umständen<br />
gravierend. Die nächste Erweiterung um Bulgarien<br />
und Rumänien wäre zwar nicht gefährdet,<br />
wohl aber der Zeitpunkt des Beitrittes. Für<br />
Kroatien bedeutete ein Nein Frankreichs wohl<br />
eine zusätzliche Verzögerung des Verhandlungsbeginnes.<br />
In weiterer Folge müssten die<br />
restlichen Staaten des „Westbalkans“ – ohnehin<br />
belastet mit der Lösung der „Statusfragen“<br />
– noch länger im Wartesaal verbringen; eine<br />
bedauerliche Perspektive.<br />
Hier gilt es, gemeinsame europäische Antworten<br />
zu formulieren und „Kollateralschäden“ so<br />
klein wie möglich zu halten; im Hinblick auf<br />
die EU-Präsidentschaft keine geringe Herausforderung<br />
für Österreich.<br />
Zeit der Übergänge? Der Versuch, vier Fragezeichen<br />
aufzustellen. Europa Grenzen-los?<br />
Was in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />
als westeuropäisches Projekt begann,<br />
sich aber bereits damals „europäisch” nannte,<br />
erweiterte sich in alle europäischen Himmelsrichtungen,<br />
um schließlich vor einem Jahr die<br />
vom Kalten Krieg gezogene Demarkationslinie<br />
zu überschreiten. Nun ist der Südosten<br />
an der Reihe – und mit der Türkei sind Fragen<br />
zu Geographie und Grenzen des Kontinentes,<br />
aber auch der längst überfällige Diskurs über<br />
die geistigen Grundlagen und Identität(en) Europas,<br />
Grundsatzfragen der Zukunft des Einigungsprojektes,<br />
nicht mehr länger aufschieb-<br />
44<br />
bar. Endlich europäische Themen, könnte<br />
man sagen; grundlegende Fragen, die eine aktive<br />
Öffentlichkeit, und zwar die europäische<br />
Öffentlichkeit, benötigen und diese wohl auch<br />
schaffen werden.<br />
Friedensprojekt Europa? Nach innen hat die<br />
europäische Integration weiten Teilen des Kontinentes<br />
eine in ihrer Dauer und Produktivität<br />
historisch einmalige Friedensperiode beschert.<br />
Die gilt es zu verlängern, auszubauen und auszudehnen.<br />
Aber wie?<br />
Die EU ist zum „Global Player“ geworden, und<br />
das in einer unübersichtlich gewordenen Welt<br />
mit neuartigen Bedrohungen, Ungewissheiten<br />
und Herausforderungen. Im Gefolge von<br />
9/11 und dem von den USA erklärten „Krieg<br />
gegen den Terror“ rüstet das „Friedensprojekt<br />
Europa“ auf. Es bilden sich „Battle Groups“<br />
und „Schnelle Eingreiftruppen“, die „Verlegefähigkeit“<br />
von europäischen Truppen ist konzeptionell<br />
aufbereitet, „Transportkapazitäten“<br />
werden als dringend notwendig erachtet; eine<br />
etwas verschämt als Europäische Verteidigungsagentur<br />
bezeichnete Einrichtung ist im Aufbau;<br />
ihre Aufgaben umfassen explizit aber auch<br />
„Ermittlung des operativen Bedarfs“ und die<br />
„Rüstung“.<br />
Dies kontrastiert mit einem sich ausbreitenden<br />
Gefühl der Skepsis gegenüber militärischen Lösungen,<br />
wie es etwa in den europaweiten Demonstrationen<br />
vom Feber 2003 gegen den Irakkrieg<br />
spontan zum Ausdruck gebracht worden<br />
ist. Jürgen Habermas und Jacques Derrida haben<br />
diese Friedensmanifestationen als „Signal<br />
für die Geburt einer europäischen Öffentlichkeit“<br />
gedeutet. In der Tat sind damals Millionen<br />
Europäer für eine friedliche Lösung auf<br />
die Straße gegangen – oftmals gegen die politischen<br />
Intentionen ihrer eigenen Regierungen.
Bürger haben den Slogan vom „Friedensprojekt<br />
Europa“ wörtlich genommen; eine vertane<br />
Chance für einen möglichen alternativen<br />
Gesellschaftsentwurf und für die Stärkung der<br />
europäischen Gemeinsamkeit und gemeinsamer<br />
Werte. Denn eher früher als später wird<br />
sich Europa zu entscheiden haben, wo es als<br />
„Global Player“ zwischen den Extrempositionen<br />
der US-Militarisierung der Außen- und<br />
Sicherheitspolitik und einer – kurzfristig unrealistischen<br />
– pazifistischen Position seine Rolle<br />
sieht. Dazwischen aber liegt das weite Feld<br />
von militärischer „hard power“ und den jetzt<br />
schon erfolgreich angewendeten europäischen<br />
„soft power“- Bereichen. Wo und wie sich Europa<br />
im 21. Jahrhundert in der globalen Sicherheitspolitik<br />
und ihres praktischen Einsatzes<br />
positionieren wird, sollte eigentlich schon heute<br />
eine kritische europäische Öffentlichkeit interessieren.<br />
Weiter bemerkenswert: Die traditionellen parteipolitischen<br />
Muster befinden sich im europäischen<br />
Kontext in Auflösung: Konservative,<br />
Liberale und Sozialdemokraten stehen etwa in<br />
der Irak-Frage sowohl auf derselben als auch auf<br />
der gegnerischen Seite. Die Namen Blair und<br />
Berlusconi, Chirac und Schröder bezeichnen<br />
eine neue europäische Entwicklung. Das traditionelle<br />
Links-Rechts-Schema des 20. Jahrhunderts<br />
hat seine Ausschließlichkeit eingebüßt.<br />
So verlief etwa die politische Konfliktlinie in<br />
der Irak-Frage tendenziell zwischen dem westlichen<br />
„Alt-Europa“ und dem östlichen „Neu-<br />
Europa“. Die Zustimmung für militärische<br />
Lösungen (und damit für den momentanen<br />
US-Kurs) ist im ehemaligen kommunistischen<br />
Bereich der EU größer als im westlichen Teil.<br />
Dies bedeutet eine weitere potentielle Konfliktlinie<br />
für eine gemeinsame europäische Sicherheits-<br />
und Friedenspolitik.<br />
Zeit der Übergänge in Europa<br />
Europa als Wirtschafts- und Sozialunion?<br />
Die radikale Vision des friedlichen Zusammenlebens<br />
der Völker und Nationen Europas nach<br />
dem Zeitalter der „europäischen Bürgerkriege“<br />
begann mit der pragmatischen Verknüpfung<br />
der beiden damals noch kriegswichtigen Grundstoffe<br />
Kohle und Stahl (Europäische Gemeinschaft<br />
für Kohle und Stahl – EGKS); dies führte zur Europäischen<br />
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und<br />
schließlich zur Europäischen Union.<br />
Das europäische Wirtschaftsmodell der sozialen<br />
Marktwirtschaft, die traditionelle Rolle<br />
des Staates, stieß noch in den achtziger Jahren<br />
des vorigen Jahrhunderts auf breite politische<br />
und gesellschaftliche Unterstützung. Die<br />
Unterschiede wirtschaftspolitischer Praxis in<br />
(West)Europa waren gradueller Natur.<br />
Das europäische Sozialmodell – „Sozialstaat“,<br />
„soziale Marktwirtschaft“ oder wie immer die<br />
Bezeichnungen des „Grand Bargain“ zwischen<br />
Arbeitgebern und Arbeitnehmern lauteten<br />
– hatte sich als Gegenentwurf zum Kommunismus<br />
erfolgreich erwiesen und den europäischen<br />
Einigungsprozess beschleunigt. Die<br />
Quadratur des Kreises schien gelungen, demokratische<br />
Freiheit und sozioökonomische Sicherheit<br />
erreicht.<br />
Mit Ausnahme der anglo-amerikanischen<br />
Variante Thatchers, die von Blairs „Drittem<br />
Weg“ großteils übernommen wurde, hat sich<br />
in Europa erst im Zuge der Globalisierungsdebatte<br />
seit den frühen neunziger Jahren eine<br />
neue gesellschaftliche Konkurrenzsituation –<br />
sozusagen eine „innerwestliche“ – entwickelt.<br />
Das neoliberale Gesellschaftsmodell stellt das<br />
traditionelle europäische Wirtschafts- und Sozialmodell<br />
in Frage. Die neuen europäischen<br />
Instrumente – Stabilitäts- und Wachstumspakt,<br />
Europäische Zentralbank, Lissabon-Agenda – stellen<br />
sich als unflexibel, einseitig auf Inflations-<br />
45
Zeit der Übergänge in Europa — Čas prehodov v Evropi<br />
bekämpfung ausgerichtet oder schlicht als<br />
unrealistisch heraus. Sie geben keine wachstumspolitische<br />
Antwort auf die spezifischen<br />
europäischen Herausforderungen (wie etwa<br />
Stand und Zustand der europäischen Einigung;<br />
demographische Trends, u. a.). Die Zustimmung<br />
zur Europäischen Union, die immer<br />
noch für steigenden Wohlstand steht, nimmt<br />
weiter ab. Politische Reformen und Korrekturen<br />
im Sinne einer effizienten Reform – nicht<br />
Abschaffung – des bewährten europäischen<br />
Modells, lahmen. Wohl auch deshalb, weil es<br />
keine Verständigung über das „Nachfolgemodell“<br />
gibt: Soll es das amerikanisch-asiatische<br />
sein oder ein reformiertes europäisches Sozialstaatsmodell?<br />
Solange es jedoch über diese<br />
Frage keine grundlegende Verständigung gibt,<br />
solange werden Projekte wie eine „europäische<br />
Verfassung“, die diesen Namen auch verdient,<br />
den Keim des Scheiterns in sich tragen.<br />
Die gegenwärtige Krise kann aber auch als<br />
Chance zur gründlichen Neuorientierung des<br />
europäischen Einigungsprojektes verstanden<br />
werden.<br />
Europa als Elitenprojekt? Europa ist nicht von<br />
„unten“ gewachsen. Es waren einige beherzte<br />
Visionäre – Monet, Schumann, auch De Gaulle<br />
und Adenauer – die dem Kriegskontinent eine<br />
radikal andere politische Entwicklung als Vision<br />
mit auf den Weg aus den Trümmern des<br />
Zweiten Weltkrieges gegeben hatten. Der auf<br />
„bloß“ wirtschaftliche Einigung der entwickelten<br />
Industriestaaten Westeuropas beschränkte<br />
Integrationsprozess hatte damit von vorne<br />
herein gute Chancen auf Erfolg; der demokratischen<br />
Legitimation, einer Massenbasis sozusagen,<br />
bedurfte es die längste Zeit nicht; Europa<br />
war das Projekt der politischen Eliten<br />
schlechthin. Diese Linie blieb in Zeiten hoher<br />
46<br />
wirtschaftlicher Zuwachsraten und ständigen<br />
Ausbaus des Wohlfahrtsstaates ohne größere<br />
Probleme. Mangelnde demokratische Legitimation<br />
wurde durch wirtschaftliche Erfolgsbilanzen<br />
zum Wohle breiter Bevölkerungskreise<br />
scheinbar wettgemacht. Heute ist in Europa<br />
vieles anders. Die „Zeit der Übergänge“ gilt in<br />
besonderem Maße für die überfällige Verbreiterung<br />
der europäischen Legitimationsbasis.<br />
Wie aber geht es weiter? Die neue Qualität<br />
Europas, für die eine Verfassung ein Signal<br />
wäre, verlangt aber auch, dass die Union aus<br />
den Bürotürmen des Elitenprojektes tritt und<br />
sich um eine breite demokratische Legitimierung<br />
bemüht. Die Union muss sich daher zu<br />
einem von der Mehrheit seiner Bürger mitbestimmten<br />
und aktiv unterstützten demokratischen<br />
und sozialen Europa wandeln.<br />
Čas prehodov v Evropi<br />
Ta tezni spis je bil pripravljen za Pfingstdialog<br />
– Binkoštni dialog na gradu Seggau (11. do 14.<br />
maja 2005) in predstavljen v okviru „Foruma<br />
politike“ dne 12. maja – torej še pred zavrnitvijo<br />
Evropske ustave pogodbe s strani Francije in<br />
Nizozemske.<br />
Naslov „Foruma politike“ ČAS PREHODOV<br />
V EVROPI točno izraža prevladujočo evropsko<br />
razpoloženost. Evropa se dejansko nahaja v fazi<br />
prehodov – „prehod“ v ednini bi bil premalo,<br />
da bi opisal protislovno stanje kontinenta; že<br />
en pogled do naših sosedov zadostuje: Pred<br />
točno enim letom je EU doživela do sedaj svojo<br />
največjo širitev. Deset novih držav, med drugimi<br />
so v EU pristopili naši vzhodni, severni in južni<br />
sosedi. Pred nekaj dnevi (25. aprila) sta Bolgarija
in Romunija v Bruslju podpisali svoji pristopni<br />
izjavi, obe naj bi pristopili predvidoma leta<br />
2007. Hrvaško trenutno zadržuje pred začetki<br />
pogajanj še general – katerega imajo v domovini<br />
še zmeraj mnogi za junaka, čeprav ga je Haaški<br />
tribunal obtožil vojnih zločinov. Evropski<br />
semafor torej kaže „rumeno“.<br />
Kako bo šlo naprej? se glasi vprašanje iz<br />
naslova. Da bi kolikor lahko toliko točno<br />
odgovorili na vprašanje bodočega razvoja<br />
Evrope, moramo raziskati „od kod prihajamo<br />
mi?“ in „kje stojimo danes?“.<br />
Nekaj je zagotovo: Evropska unija se v teh<br />
dneh ne predstavlja najbolje.<br />
Če v tej Evropi sploh pride do javnega diskurza<br />
preko nacionalnih meja, potem – skoraj<br />
izključno – preko negativno ovrednotenih<br />
tem.<br />
Kaj so v tem trenutku dominantne „evropske“<br />
teme?<br />
• Grozilni francoski „ne“ k Evropski ustavi in<br />
iskanje po nekem planu B<br />
• delovna mesta, ki potujejo proti vzhodu<br />
(pri čemer leži „vzhod“ zmeraj pogosteje na<br />
Kitajskem ali v Indiji)<br />
• evro je „drag“<br />
• „brezmejna“ kriminaliteta<br />
• ilegalne delovne sile, naraščajoč migracijski<br />
pritisk<br />
• neuspeh „EU“ ali „Bruslja“ spričo bliskovite<br />
globalizacije<br />
• in seveda tema „Turčija“.<br />
Te iztočnice opozarjajo na difuzno nelagodje<br />
– EU-skepso – velikih krogov prebivalstva,<br />
ki se manifestirajo v volilnem obnašanju ob<br />
evropskih volitvah (vse pogosteje tudi pri<br />
lokalnih volitvah).<br />
Čas prehodov v Evropi<br />
Evropa v Evropi ni priljubljena. Tudi v<br />
Avstriji je EU-navdušenje nedavno prispelo<br />
na najnižjo točko, evropska identiteta je tako<br />
šibko oblikovana, kot ni bila zadnjih deset let.<br />
Samo 30 odstotkov vidi EU kot dobro stvar<br />
– samo tradicionalno EU-odbijajoča Velika<br />
Britanija ocenjuje nekoliko slabše, namreč z 29<br />
odstotki.<br />
Negativno zaznavanje EU je doseglo trenutno<br />
po vsej Evropi nov padec, čeprav obstajajo<br />
razvoji, ki (prav z avstrijskega stališča)<br />
nedvomno zaslužijo oznako “zgodovinski”.<br />
Kajti: najmlajša razširitev pomeni razširitev za<br />
osem centralnoevropskih in vzhodnoevropskih<br />
držav,<br />
• konec delitve Evrope in s tem<br />
• „vrnitev“ Avstrije v center kontinenta<br />
• dejansko „razširitev“ gospodarskih<br />
možnosti (korist imajo posebno avstrijska<br />
mala in srednja podjetja ter banke)<br />
• predvsem pa pomeni najmlajša širitev EU<br />
raztezanje in konsolidacijo varnostnih in<br />
mirovnih con Evrope v smeri vzhoda in<br />
jugovzhoda.<br />
Seveda: velikanski izzivi in problemi, s<br />
katerimi je konfrontiran evropski združitveni<br />
projekt, ne smejo biti pisani z malo – so tako<br />
endogene kot tudi eksogene narave.<br />
EU se nahaja v „transformacijski krizi“.<br />
• EU-ustava je šifra in sinonim za začetek<br />
in konec evropskih nacionalnih držav,<br />
katere so tako in tako izgubile že veliko<br />
svojih funkcij. Ustava ustvarja s funkcijo<br />
predsednika in zunanjim ministrom prvič<br />
vidno predstavništvo EU; postopno bo prišlo<br />
do povzdignjene vrednosti EU-parlamenta<br />
in Sveta državnih predstavnikov, ki bodo<br />
odločali o evropskih zakonih. Končno<br />
47
Čas prehodov v Evropi<br />
predvideva evropska ustava že davno<br />
zakasnelo poenostavitev kompleksnih<br />
notranje-evropskih odločitvenih potekov.<br />
350 strani dolg, voluminozen in nenavaden<br />
dokument signalizira tako učinkovitejša<br />
odločitvena pravila za EU-institucije kot tudi<br />
večji vpliv državljanov in EU-parlamenta;<br />
na kratko, nujno potreben demokratični<br />
Več. Ali bo to postala evropska realiteta, je<br />
vse prej kot gotovo.<br />
• Institucionalizirano neskladje<br />
evropskega gospodarskega in socialnega<br />
sistema med neoliberalnim ameriškoazijskim<br />
tržnogospodarskim<br />
modelom in kontinentalno-evropskim<br />
socialnodržavnim modelom se je z<br />
vstopom transatlantsko orientiranih<br />
vzhodnoevropskih držav dramatično<br />
povečalo. Kompromis med obema<br />
modeloma bržkone ni možen.<br />
• EU-komisija, instrument „vseskupne“<br />
Evrope, tendira k neoliberalni rešitvi – glej<br />
tako imenovano „Bolkenstein direktivo“<br />
k dokončni liberalizaciji storitvenega<br />
področja (trade in services) – ki je pri<br />
ustanoviteljicah EU, kot je Francija, naletela<br />
na ostro odklonitev.<br />
• Pakt stabilnosti in razvoja – tukaj sledim<br />
sodbi ameriškega Nobelovega nagrajenca<br />
Josepha E. Stiglitzkega – je problematičen,<br />
saj je rigidno in mehanistično zasnovan<br />
instrument kazenskih ukrepov; pred<br />
kratkim izvedena reforma je krparija.<br />
• Evropska centralna banka neomajno<br />
sledi enostransko na inflacijo orientirano<br />
politiko. To je bilo ob vpeljavi evra potrebno<br />
in pravilno. Posledice rigidne monetarne<br />
ortodoksije pa nosijo nacionalne vlade<br />
v obliki majhne rasti in vzpenjajoče se<br />
brezposelnosti; nova delovna mesta so<br />
48<br />
v celotni evropski skupnosti blago, ki ga<br />
primanjkuje.<br />
• Po razširitvi grozi evropskemu davčnemu<br />
in socialnemu sistemu verjetno še naprej<br />
zijanje vsaksebi (flat tax, „davčni in socialni<br />
dumping“, drastične razlike pri rentah in<br />
pokojninah ter drugih državnih transfernih<br />
plačilih). To obremenjuje solidarnost neto<br />
plačnikov s tako imenovanimi „light<br />
governance“ evropskimi neto prejemniki.<br />
Predvsem pa:<br />
• Zraščanje Evrope v eno sledi pretežno<br />
ekonomskim kriterijem učinkovitosti,<br />
ustvarjanju enotnega gospodarskega<br />
prostora; vse manj pa upoštevanju v najširšem<br />
smislu „kulturnih“ in družbenih potreb,<br />
individualnih želja in idejnih ciljev svojih<br />
državljanov. Evropski državljan ima vse bolj<br />
občutek, da postaja objekt gospodarskih<br />
interesov. Družbena solidarnost in socialna<br />
pravičnost nimata več prostora v političnem<br />
diskurzu. Nasploh je politika svojo vodilno<br />
funkcijo prepustila „gospodarstvu“ – kdor<br />
koli že to je. Vrh vsega: če evropski projekt<br />
temelji na skupnih predstavah o vrednotah,<br />
potem manjka zraščajočemu se kontinentu<br />
kulturnega veziva; evropska enotnost<br />
predpostavlja upoštevanje kulturnih<br />
raznolikosti. Šele s faktorjem kulture bo<br />
mogoča „evropska javnost“, bo grozeča delegitimacija<br />
evropskega projekta in njenih<br />
pridobitev učinkovita in bo mogla trajno<br />
stopiti nasproti.<br />
• Kar manjka razširitvi preteklih deset-, let,<br />
je „razširitev v glavah“ – intelektualnoduševna<br />
evropeizacija državljanov onstran<br />
starosti in demarkacijskih linij.
„Razširitev IN poglobitev“ kot strategija<br />
uspeha? Če EU-ustava ob bližajočem se<br />
referendumu ne prejme potrebne privolitve, je<br />
zanesljiva strategija „razširitve in poglobitve“<br />
prvič postavljena pod vprašaj.<br />
Saj so prav ob najmlajšem razširitvenem krogu<br />
izhajali iz predpostavke, da je na razpolago<br />
dana ustava koncipirana kot – upoštevajoč<br />
razvoj integracijskih procesov, enormnega<br />
povečanja števila članic in iz tega izhajajoče<br />
kompleksnosti – „zmožna upravljanja“ Evrope.<br />
Ta integracijsko-politična računica – dialektika<br />
IN vzporednost razširitve in poglobitve –<br />
izgleda sedaj resno ogrožena.<br />
To je pravzaprav novo pri sedanji neugodni<br />
situaciji. Za naše sosede v jugovzhodni<br />
Evropi bi bile v določenih okoliščinah mogoče<br />
posledice hude. Naslednja širitev z Bolgarijo<br />
in Romunijo naj ne bi bila ogrožena, pač pa<br />
čas njunega pristopa. Za Hrvaško bi pomenil<br />
francoski “ne” najbrž dodatno upočasnitev<br />
začetka pogajanj. Kot nadaljnja posledica bi<br />
morale ostale države „zahodnega Balkana“<br />
– že tako obremenjene z rešitvijo „statusnih<br />
vprašanj“ – še dlje časa preživeti v čakalnici,<br />
kar je obžalovanja vredna perspektiva.<br />
Tukaj velja formulirati skupne evropske<br />
odgovore in kolikor mogoče držati<br />
„kolateralno škodo“ na vajetih; z ozirom na<br />
EU-predsedovanje nikakor ne majhen izziv za<br />
Avstrijo.<br />
Čas prehodov? Poskus, postavitve štirih<br />
vprašajev. Evropa brez meja? Kar se je v<br />
petdesetih letih prejšnjega stoletja začelo kot<br />
zahodnoevropski projekt – že takrat se je<br />
imenoval „evropski“ – in se razširilo na vse<br />
evropske strani neba, je končno pred letom dni<br />
prekoračil demarkacijsko linijo hladne vojne.<br />
Sedaj je na vrsti jugovzhod… in s Turčijo so na<br />
Čas prehodov v Evropi<br />
vrsti vprašanja geografije in meja kontinenta,<br />
pa tudi že davno zapadel diskurz o duhovnih<br />
temeljih in identiteti/-ah Evrope, načelnih<br />
vprašanjih prihodnosti združitvenega projekta;<br />
vprašanja, katerih se ne da več odrivati.<br />
… Končno evropske teme, bi lahko rekel<br />
človek, temeljna vprašanja, ki potrebujejo<br />
aktivno javnost, namreč evropsko javnost, in<br />
kateri bodo tudi kos.<br />
Evropa projekt miru? Navznoter je evropska<br />
integracija prostranim delom kontinenta v<br />
svojem trajanju in produktivnosti naklonila<br />
zgodovinsko enkratno obdobje miru. To velja<br />
podaljšati, nadgraditi in raztegniti. Ampak<br />
kako?<br />
EU je postala „global player“, in to v novonastalem<br />
nepreglednem svetu z nevarnostmi novega<br />
tipa, negotovostmi in izzivi. V spremstvu z<br />
9/11 in s s strani ZDA napovedano „vojno proti<br />
terorizmu“ se je oborožil „Evropski projekt<br />
miru“. Nastale so „battle groups“ in hitre<br />
intervencijske enote, „sposobnost prestavitve“<br />
evropskih enot je bila koncepcionalno<br />
obdelana, „transportne kapacitete“ naj bi bile<br />
nujno potrebne; ena nekoliko sramežljiva,<br />
„Evropska obrambena agentura“ imenovana<br />
ustanova, je v gradnji; njene naloge zajemajo<br />
eksplicitno tudi „odkrivanje operativnih<br />
potreb“ in „oboroževanje“.<br />
To je v kontrastu z razširjajočim se<br />
občutkom skepse do vojaških rešitev, kot<br />
recimo v času spontanih demonstracij po<br />
vsej Evropi februarja 2003 proti Iraški vojni.<br />
Jürgen Habermas in Jacques Derrida sta te<br />
manifestacije miru tolmačila kot „signal<br />
za rojstvo evropske javnosti“. Dejansko so<br />
takrat milijoni Evropejcev za mirno rešitev<br />
odšli na ulice – dostikrat proti političnim<br />
nameram njihove lastne vlade. Državljani so<br />
49
Čas prehodov v Evropi<br />
slogan Evropa projekt miru vzeli dobesedno;<br />
zamujena priložnost za možen alternativni<br />
družbeni osnutek in za krepitev evropskih<br />
skupnih potez ter vrednot. Kajti prej kot<br />
pozneje se bo Evropa odločala, kje vidi svojo<br />
vlogo kot „global player“, med ekstremnima<br />
pozicijama militarizacije zunanje in varnostne<br />
politike po vzoru ZDA in neko – kratkoročno<br />
nerealistično – pacifistično pozicijo. Vmes pa<br />
leži prostrano polje, od vojaškega „hard power“<br />
in sedaj že uspešno uporabljenih evropskih<br />
„soft power“ področij. Kje in kako se bo<br />
pozicionirala Evropa v 21. stoletju v globalni<br />
varnostni politiki in s svojim praktičnim<br />
posredovanjem, bi pravzaprav moralo že danes<br />
zanimati kritično evropsko javnost.<br />
Dalje omembe vredno: Tradicionalen<br />
strankarsko-politični vzorec v evropskem<br />
kontekstu je v razkroju: konzervativni,<br />
liberalni in socialni-demokrati stojijo ob<br />
vprašanju Iraka tako na isti kot tudi na<br />
strani opozicije. Imena Blair in Berlusconi,<br />
Chirac in Schröder označujejo nov evropski<br />
razvoj. Tradicionalen levo-desni vzorec 20.<br />
stoletja je svojo izključnost zapravil. Tako<br />
približno poteka politična konfliktna linija<br />
ob vprašanju Iraka tendenčno med zahodno<br />
„staro Evropo“ in vzhodno „novo Evropo“.<br />
Privolitev za vojaško rešitev (in s tem trenutno<br />
usmeritev ZDA) je v bivšem komunističnem<br />
območju EU večja kot v zahodnem delu. To<br />
pomeni dodatno potenciano konfliktno linijo<br />
za skupno evropsko varnostno in mirovno<br />
politiko.<br />
Evropa kot gospodarska in socialna unija?<br />
Radikalna vizija miroljubnega skupnega<br />
življenja ljudstev in narodov Evrope po dobi<br />
„evropskih državljanskih vojn“ se je začela<br />
s pragmatično povezavo takratnih dveh še<br />
50<br />
vojaško pomembnih prvin :premoga in jekla<br />
(ECCS); to je vodilo k Evropski gospodarski<br />
skupnosti (EGS) in končno k Evropski uniji.<br />
Evropski gospodarski model socialnega tržnega<br />
gospodarstva in tradicionalna vloga države<br />
sta še v osemdesetih letih prejšnjega stoletja<br />
naletela na široko politično in družbeno<br />
podporo. Razlike gospodarsko-politične prakse<br />
v (zahodni) Evropi so bile gradualne.<br />
Evropski socialni model – „socialna država“,<br />
„socialno tržno gospodarstvo“ ali kakor<br />
koli se je že glasila oznaka „Grand Bargain“<br />
med delodajalci in delojemalci – se je kot<br />
protiosnutek v primerjavi s komunizmom<br />
izkazal za uspešnega in je evropski združitveni<br />
proces pospešil. Kvadratura kroga je bila videti<br />
uspešna, demokratična svoboda IN socialnoekonomska<br />
varnost dosežena.<br />
Z izjemo angleško-ameriške variante<br />
Thatcherjeve, katero je Blair s svojo „tretjo potjo“<br />
večinoma prevzel, se je v Evropi šele v teku<br />
globalizacijske debate iz zgodnjih devetdesetih<br />
let razvil nov družbeni konkurenčni položaj<br />
– takorekoč „notranje-zahodni“. Neoliberalni<br />
družbeni model postavlja tradicionalen evropski<br />
gospodarski in socialni model pod vprašaj.<br />
Novi evropski instrumenti – Pakt stabilnosti<br />
in rasti, Evropska centralna banka, Lizbonska<br />
deklaracija – se izkažejo kot nefleksibilni,<br />
enostransko usmerjeni k zatiranju inflacije ali<br />
končno kot nerealistični. Ne dajejo nobenega<br />
novega političnega odgovora na specifične<br />
evropske izzive (kot so položaj in stanje<br />
evropske združitve, demografske tendence<br />
itn.). Odobravanje Evropske unije, ki še<br />
zmeraj velja za naraščajočo blaginjo, še zmeraj<br />
upada. Politične reforme in korekture v smislu<br />
učinkovite reforme – ne ukinitve – zanesljivega<br />
evropskega modela šepajo. Verjetno tudi zato,<br />
ker ne obstaja komunikacija o „naslednjem
modelu“: Naj bi to bil ameriško-azijski ali<br />
reformirani evropski socialnodržavni model?<br />
Dokler pa o teh vprašanjih ne bo obstajala<br />
temeljna komunikacija, tako dolgo bodo<br />
projekti kot „evropska ustava“, ki to ime tudi<br />
zasluži, v sebi nosili klico neuspeha. Trenutna<br />
kriza pa je lahko tolmačena kot priložnost za<br />
temeljito reorientacijo evropskega združitvenega<br />
projekta.<br />
Evropa kot projekt elit? Evropa ni zrasla „od<br />
spodaj“. Bilo je veliko srčnih vizionarjev –<br />
Monet, Schumann, tudi De Gaulle in Adenauer<br />
-, ki so vojnemu kontinentu dali radikalno<br />
drugačen političen razvoj kot vizijo na pot<br />
iz ruševin 2. svetovne vojne. Saj na „golo“<br />
gospodarsko združitev razvitih industrijskih<br />
držav zahodne Evrope omejen integracijski<br />
proces je imel že od samega začetka dobre<br />
možnosti za uspeh; demokratična legitimacija,<br />
masovna baza takorekoč, pa je v zadnjem času<br />
ni potrebovala; Evropa je bila kratko malo<br />
projekt političnih elit.<br />
Ta linija je ostala v času visoke gospodarske<br />
stopnje rasti in nenehne izgradnje državne<br />
blaginje brez večjih problemov. Pomanjkanje<br />
demokratične legitimacije je bilo skozi<br />
gospodarsko bilanco uspeha v korist širših<br />
krogov prebivalstva navidezno nadoknadeno.<br />
Danes je v Evropi veliko drugače. „Čas<br />
prehodov“ velja v večini za zapoznelo razširitev<br />
evropske legitimacijske baze. Kako pa bo šlo<br />
naprej? Nova kvaliteta Evrope – za katero bi<br />
lahko bila ustava signal – pa tudi zahteva, da<br />
Unija izstopi iz pisarniških stolpov elitnega<br />
projekta in se potrudi za široko demokratično<br />
legitimacijo. Unija se mora zatorej spremeniti<br />
v eno, v katerem soodloča večina državljanov<br />
in aktivno podpira demokratično in socialno<br />
Evropo.<br />
ZUR PERSON – O AVTORJU<br />
Wolfgang Petritsch<br />
Der Autor ist österreichischer Vertreter bei den<br />
Vereinten Nationen in Genf und war zwischen<br />
1998 und 2002 in verschiedenen EU- und internationalen<br />
Funktionen in Südosteuropa tätig.<br />
– Avtor je avstrijski predstavnik pri Združenih<br />
narodih v Ženevi in je med 1998 in 2002<br />
opravljal različne funkcije EU in mednarodne<br />
naloge v jugovzhodni Evropi.<br />
Čas prehodov v Evropi<br />
51
Bildgalerie – galerija slik II<br />
Der Steirische Kulturlandesrat Kurt Flecker eröffnet im März 2005 die Ausstellung „Grenzen erzählen“ – Kurt Flecker član deželne vlade za kuturo je<br />
marca 2005 otvoril razstavo „Meje pripovedujejo“<br />
Workshopbetrieb im Pavelhaus: Juli 2005, Besuch aus Ungarn – delavnica v Pavlovi hiši: julij 2005, obisk iz Madžarske<br />
52
Die Universität Graz setzt Akzente<br />
Gesamtuniversitärer Schwerpunkt „Südöstliches Europa“<br />
� Text: Roberta Maierhofer<br />
Die Universität Graz setzt Akzente<br />
Seit Jahrzehnten ist die Universität Graz in vielfältiger Weise mit den Regionen des südöstlichen<br />
Europas durch intensive Zusammenarbeit verbunden. Es handelt sich dabei um einen weiten Bogen<br />
von Partnerschaften, in deren Rahmen verschiedene Zielsetzungen in Wissenschaft, Forschung,<br />
Ausbildung und Wirtschaft verfolgt werden. Ihre traditionelle Rolle in diesem Raum hat die Universität<br />
seit den politischen Veränderungen und angesichts der wachsenden politischen und wirtschaftlichen<br />
Perspektiven gefestigt und dazu genutzt, an der Entwicklung des gemeinsamen europäischen<br />
Bildungsraums maßgeblich mitzuwirken.<br />
In der Kooperation mit Südosteuropa stärkt die Universität Graz nicht nur ihre regionale Vernetzung<br />
und die gesamteuropäische Dimension ihrer Identität als Bildungsinstitution. Diese Schwerpunktsetzung<br />
bedeutet eine Steigerung der Attraktivität sowohl der Universität Graz als auch des<br />
Wissenschaftsstandortes Graz im Rahmen transatlantischer internationaler Kooperationen.<br />
Im Vizerektorat für Internationale Beziehungen der Universität Graz wurde bereits im Jahre 2000 ein<br />
gesamtuniversitärer Schwerpunkt Südöstliches Europa als profilbildender Kern des Universitätsentwicklungskonzeptes<br />
definiert und stellt im Entwicklungsplan der Universität eines der entscheidenden<br />
strategischen Konzepte dar, um die zahlreichen Aktivitäten zu bündeln und besser<br />
koordinieren zu können.<br />
Seither entstand eine Vielzahl neuer Programme und Kooperationen, die dem wachsenden Interesse<br />
sowohl seitens der Studierenden, Lehrenden und Forscher/innen der Universität Graz als auch<br />
der Partnerinstitutionen, aber auch der Universität Graz und ihrer Partneruniversitäten als Institutionen<br />
Rechnung tragen. Der Bogen der gemeinsamen Aktivitäten spannt sich über Forschungsschwerpunkte<br />
an den einzelnen Fakultäten bis hin zu gesamtuniversitären Partnerschaften, Netzwerk-<br />
und Projektbeteiligungen.<br />
Vergleicht man die Mobilitätszahlen der letzten Studienjahre, so ergibt sich ein Bild, das der Strategie<br />
der Universität Graz Recht gibt. Mehr und mehr Grazer Studierende entscheiden sich für einen<br />
Studienaufenthalt an einer südosteuropäischen Partnerinstitution.<br />
In gemeinsamen Aktivitäten mit dem südöstlichen Europa im Rahmen von Netzwerken (Coimbra<br />
Group, Utrecht Network, ARGE Alpe Adria, Donaurektorenkonferenz) sowie Programmen wie TEM-<br />
53
Die Universität Graz setzt Akzente<br />
PUS (Trans- European Mobility Programme<br />
for University Studies), CEEPUS (Central European<br />
Exchange Program for University Studies),<br />
MOEL-Plus (Mittel- und Osteuropäische<br />
Länder) etc. bemüht sich die Universität<br />
Graz, dem steigenden Interesse an Kooperationen<br />
mit dieser für den Bildungsstandort Graz<br />
außerordentlich wichtigen Region gerecht zu<br />
werden.<br />
Darüber hinaus wurden an der Universität Graz<br />
zahlreiche Schwerpunktprogramme ins Leben<br />
gerufen, wie etwa die Stipendienprogramme<br />
mit den Universitäten Zagreb/Kroatien und<br />
Niš/Serbien sowie das Abschluss-Stipendium,<br />
mit dem das Vizerektorat für Internationale Beziehungen<br />
zahlreiche Studierende aus Nicht-EU/<br />
EWR-Ländern beim Abschluss ihres Diplom-,<br />
Lehramts- oder Dissertationsstudiums an der<br />
Universität Graz unterstützen konnte, wobei<br />
mehr als 80% der Stipendien an Studierende<br />
aus Südosteuropa vergeben wurden.<br />
Gemeinsam mit der Kommission der Europäischen<br />
Bischofskonferenzen bei der Europäischen Union<br />
(COMECE) und der Diözese Graz-Seckau entwickelt<br />
die Universität Graz zurzeit die Sommeruniversität<br />
Seggau (Beginn: 2006) mit dem<br />
Ziel der Profilierung künftiger Führungskräfte<br />
für Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft<br />
und Religion. Interdisziplinäre Begegnung<br />
und Zusammenarbeit zwischen Lehrenden<br />
und Studierenden mit den Schwerpunkten<br />
Ost- und Südosteuropa stehen dabei ebenso im<br />
Mittelpunkt des 14-tägigen Programmes wie<br />
das Aufzeigen kultur- und geistesgeschichtlicher<br />
Dimensionen der aktuellen europäischen<br />
Integration.<br />
Bietet sich mit all den erwähnten Programmen<br />
vorrangig Lehrenden und Studierenden<br />
die Möglichkeit, ihre Fachkenntnisse zu erweitern,<br />
so versteht es die Universität Graz darü-<br />
54<br />
ber hinaus als ihre Aufgabe, als „Lebenspartnerin“<br />
die Schwerpunktsetzung „Südöstliches<br />
Europa“ der breiten Öffentlichkeit zugänglich<br />
zu machen, wie sie es ab Wintersemester<br />
2005/2006 mit der überfakultären Vortragsreihe<br />
„SOE-Akademie“ vorhat.<br />
Dass es sich nicht nur um eine strategische<br />
Schwerpunktsetzung der Universität Graz<br />
handelt, sondern diese von der Region mit großer<br />
Überzeugung mitgetragen wird, beweist<br />
die Unterstützung zweier wegweisender Projekte<br />
durch den Zukunftsfonds Steiermark. In<br />
konsequenter Weiterentwicklung der bereits<br />
geleisteten Arbeit dokumentieren die Projekte<br />
das ernsthafte Bemühen der Universität<br />
Graz, die im Entwicklungsplan verankerte<br />
Profilsetzung umzusetzen und über die Universitäten<br />
hinaus, nachhaltig gesellschaftliche,<br />
wirtschaftliche und politische Wirkung zu erzielen.<br />
Die Umsetzung des ersten Projektes „Die<br />
Steiermark – Internationaler Qualifizierungsstandort<br />
für Südosteuropa-Kompetenz“<br />
(http://international.uni-graz.at/soe) berücksichtigt<br />
wirtschaftliche, wissenschaftliche und<br />
kulturelle Gesichtspunkte gleichermaßen und<br />
stellt einen Meilenstein auf dem Weg der Universität<br />
Graz zu einem gesamtuniversitären<br />
Kompetenzzentrum dar. Ziel dieses über den<br />
Zukunftsfonds Steiermark geförderten Projektes<br />
ist es, die Nachhaltigkeit des bisher Erreichten<br />
für die Region zu festigen und in Zusammenarbeit<br />
mit Partnerinstitutionen aus dem südöstlichen<br />
Europa die Kooperation wesentlich<br />
auszubauen und damit die Annäherung der<br />
Bildungslandschaften voranzutreiben. Die thematische<br />
Bandbreite der Projekte umfasst:<br />
• Menschenrechte und wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
in Südosteuropa<br />
• Südosteuropa-Forschungsprojekt
• Südosteuropa-Symposium<br />
• Südosteuropa-Sommerakademie<br />
• Kompetenzzentrum Südosteuropa<br />
• Datenbank Wirtschaft – Recht – Umwelt<br />
in Südosteuropa<br />
• Regional Policies in Europe<br />
• Übersetzer- und Dolmetscherausbildung<br />
Deutsch – Albanisch in Graz und Shkodër<br />
• Historische Anthropologie im südöstlichen<br />
Europa<br />
• International Short Course SEE-HEAD<br />
• Master of Medical Sciences Alpe-Adria<br />
• Studierendenaustauschprojekt mit südeuropäischen<br />
Universitäten<br />
Mit einem zweiten Projektantrag legt die Universität<br />
Graz den Grundstein für eine einzigartige<br />
Innovation in der steirischen Bildungslandschaft:<br />
Im Rahmen des Zukunftsfonds-Projektes<br />
Joint Degrees (http://international.uni-graz.at/<br />
jd/) erarbeitet die Universität Graz sechs Forschungsprojekte.<br />
Es handelt sich hiebei um<br />
ein von mehreren Universitäten gemeinsam<br />
geplantes Studium auf „Bologna-Magister/<br />
Magistra-Ebene“, bei dem mehrere Partnerinstitutionen<br />
als multinationale Konsortien gemeinsame<br />
Curricula entwickeln.<br />
Vor allem die Stärkung der europäischen Dimension<br />
des Studiums und die Erhöhung der<br />
Attraktivität des Europäischen Bildungsraums<br />
stehen dabei im Mittelpunkt. Mit dem Joint<br />
Degree in Südosteuropäischer Geschichte sowie<br />
der Beteiligung südosteuropäischer Universitäten<br />
an einigen der fünf weiteren Programme<br />
(Jüdische Studien, Frauen- und Geschlechterforschung,<br />
Umweltsystemwissenschaften, Alpen-Adria<br />
Joint Degree in Amerikanistik/Anglistik<br />
und Lateinamerika-Studien) bietet sich<br />
die Universität Graz einmal mehr als Brücke in<br />
vielerlei Hinsicht an: Einerseits wird für Österreich<br />
der Weg nach Südosteuropa geöffnet, an-<br />
Die Universität Graz setzt Akzente<br />
dererseits wird im Sinne einer gesamteuropäischen<br />
Integration „Europa“ die Möglichkeit<br />
geboten, sich erweitert zu verstehen.<br />
Die Zusammenarbeit mit den Universitäten<br />
Ljubljana (Slowenien) und Cluj (Rumänien)<br />
im Rahmen des Teilprojektes Südosteuropäische<br />
Geschichte ist nur einer von vielen Bereichen,<br />
in denen die Universität Graz erfolgreich mit<br />
Partnerinstitutionen aus dem südöstlichen Europa<br />
an der Annäherung beider Bildungsräume<br />
und der gemeinsamen Umsetzung des Bologna-<br />
Prozesses zusammenarbeitet. Das Projekt zielt<br />
u. a. auch auf verstärkte gemeinsame Qualitätssicherung<br />
sowie gegenseitige Anerkennung<br />
akademischer Grade und Qualifikationen ab.<br />
Langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit verbindet<br />
die Universität Graz mit ihren Partnerinstitutionen<br />
in Slowenien, den Universitäten<br />
Ljubljana (Univerza v Ljubljani), Maribor<br />
(Univerza v Mariboru), mit denen bereits seit<br />
1990 bzw. 1992 gesamtuniversitäre Partnerschaften<br />
und weitere zahlreiche bilaterale Abkommen<br />
bestehen.<br />
Über bilaterale Kooperationen hinaus sind die<br />
Universitäten Graz und Ljubljana auch im Rahmen<br />
des UTRECHT Network aktiv. So findet<br />
alljährlich eine Summer School des Netzwerkes<br />
in Ljubljana statt, an dem zahlreiche Studierende<br />
der Universität Graz teilnehmen und<br />
Lehrende an der Programmgestaltung mitwirken.<br />
Beide Universitäten gestalten gemeinsam<br />
im Steering Committee des UTRECHT Network<br />
die Schwerpunkte des Netzwerkes mit.<br />
Eine einzigartige Form der Zusammenarbeit<br />
fanden die Universitäten Graz und Maribor<br />
im Rahmen des Gemeinsamen Hörsaals Maribor:<br />
Studierende beider Universitäten besuchten<br />
Lehrveranstaltungen an der jeweiligen<br />
Partneruniversität, die automatisch an der<br />
Heimatuniversität anerkannt wurden. Studie-<br />
55
Univerza Gradec postavlja poudarke<br />
renden aller Fakultäten sowohl aus Graz wie<br />
auch aus Maribor bot sich so die Möglichkeit,<br />
vom Studienangebot beider Universitäten zu<br />
profitierten. Die Wirtschaftskammer Steiermark<br />
unterstützte dieses Programm durch die Übernahme<br />
der Reisekosten.<br />
Dies sind nur einige Beispiele von vielen, die<br />
verdeutlichen, wie es der Universität Graz gelingt,<br />
mit ihrer Schwerpunktsetzung einen<br />
Mehrwert nicht nur für die Institution, sondern<br />
für die gesamten Region zu schaffen.<br />
In Zusammenarbeit mit unseren langjährigen<br />
verlässlichen Partnerinstitutionen wird die<br />
Universität Graz auch weiterhin eine aktive<br />
Rolle in der regionalen wie internationalen Bildungslandschaft<br />
spielen.<br />
Univerza Gradec postavlja<br />
poudarke<br />
Skupno univerzitetno težišče<br />
„Jugovzhodna Evropa“<br />
Že desetletja je univerza v Gradcu na veliko<br />
načinov in v intenzivnem sodelovanju<br />
povezana z regijami Jugovzhodne Evrope.<br />
Gre za obširen lok partnerstev, v katerega<br />
okviru sledi ciljem znanosti, raziskovanja,<br />
izobraževanja in gospodarstva. To tradicionalno<br />
pozicijo je Univerza, odkar je prišlo do<br />
političnih sprememb in spričo naraščajočih<br />
političnih in gospodarskih perspektiv v tem<br />
prostoru, utrdila in uporabila za odločilno<br />
sodelovanje pri razvoju skupnega evropskega<br />
izobraževalnega okvira.<br />
V kooperaciji z „Jugovzhodno Evropo“<br />
krepi Univerza Gradec ne le regionalno<br />
prepletenost in vseevropsko dimenzijo<br />
56<br />
njene identitete kot izobraževalne ustanove.<br />
Težišče pomeni stopnjevanje atraktivnosti<br />
tako Univerze Gradec kot tudi znanstvenega<br />
središča Gradec v okviru transatlantskih<br />
mednarodnih sodelovanj. V uradu rektorjevega<br />
namestnika za mednarodne odnose Univerze<br />
Gradec so že leta 2000 definirali skupno<br />
univerzitetno težišče „Jugovzhodna Evropa“<br />
kot profil izobraževanja, jedro univerzitetnega<br />
razvojnega koncepta in predstavlja v<br />
izobraževalnem planu Univerze odločilen<br />
strateški koncept, namenjen boljši povezanosti<br />
in koordinaciji številnih aktivnosti.<br />
Od takrat je nastalo veliko število novih<br />
programov in kooperacij, ki upoštevajo<br />
naraščajoč interes tako študentov, profesorjev<br />
in raziskovalcev Univerze Gradec, kot tudi<br />
partnerskih institucij, pa tudi Univerzo Gradec<br />
in njene partnerske univerze kot institucije. Lok<br />
skupnih aktivnosti se razteza od raziskovalnih<br />
težišč posameznih fakultet do skupnih<br />
univerzitetnih partnerstev, povezovanj in<br />
udeležb pri projektih.<br />
Primerjava (statistik) mobilnosti zadnjih<br />
študijskih let daje sliko, ki potrjuje strategijo<br />
Univerze Gradec. Zmeraj več graških študentov<br />
se odloča za študijsko bivanje [izmenjavo] na<br />
kateri od jugovzhodnih partnerskih institucij.<br />
S skupnimi aktivnostmi z Jugovzhodno<br />
Evropo v okviru povezovanj (Coimbra<br />
Group, Utrecht Network, ARGE Alpe Adria,<br />
Donaurektorenkonferenz – Rektorska<br />
konferenca Donava), kot tudi s programi<br />
TEMPUS (Trans- European Mobility<br />
Programme for University Studies), CEEPUS<br />
(Central European Exchange Program for<br />
University Studies), MOEL-Plus (Mittel- und<br />
Osteuropäische Länder) itn., se Univerza<br />
Gradec trudi, zadostiti naraščajoči interes za<br />
sodelovanje z regijo, ki je za izobraževalno
središče Gradec osrednjega pomena. Še več,<br />
na Univerzi Gradec so priklicali v življenje<br />
programe in težiščna področja, kot recimo<br />
štipendijske programe z univerzama Zagreb/<br />
Hrvaška in Niš/Srbija, kot tudi štipendijo za<br />
zaključek študija, s katero urad namestnika<br />
za internacionalne odnose podpira številne<br />
študente/ke, ki niso iz dežel EU/EWR, pri<br />
zaključku njihove diplome, zaključnem izpitu<br />
ali dizertaciji na Univerzi Gradec, pri čemer<br />
je bilo več kot 80 % štipendij dodeljenih<br />
študentom/kam iz Jugovzhodne Evrope.<br />
Skupaj s Komisijo evropske škofovske<br />
konference pri Evropski uniji (COMECE)<br />
in Škofijo Gradec-Seckau razvija trenutno<br />
Univerza Gradec poletno univerzo Seggau<br />
(začetek: 2006) s ciljem profiliranja bodočih<br />
vodilnih kadrov v politiki, upravi, znanosti<br />
in religiji. Interdisciplinarno srečanje in<br />
sodelovanje med profesorji in študenti<br />
s težiščem na Vzhodni in Jugovzhodni<br />
Evropi je prav tako v središču pozornosti 14dnevnega<br />
programa, kot tudi predstavitev<br />
kulturnozgodovinske in duhovnozgodovinske<br />
dimenzije aktualne evropske integracije.<br />
Tako kot omenjeni programi prednostno<br />
ponujajo možnost profesorjem in študentom,<br />
da svoje ekspertize sestavijo in nadgradijo,<br />
tako razume Univerza Gradec to dejavnost<br />
kot svojo nalogo, biti „življenjska družica“<br />
težišču „Jugovzhodne Evrope“ in jo predstaviti<br />
širši javnosti, kar načrtuje za zimski semester<br />
2005/2006 v okviru medfakultetne serije<br />
predavanj „SOE-Akademije“.<br />
Da ne gre le za strateško težišče Univerze<br />
Gradec, temveč da jo z močnim prepričanjem<br />
podpira celotna regija, dokazuje sodelovanje<br />
dveh vodilnih projektov „Zukunftsfonds<br />
Steiermark – Štajerskega sklada prihodnosti“. Z<br />
doslednim nadaljnjim razvojem že opravljenega<br />
Univerza Gradec postavlja poudarke<br />
dela dokumentirajo projekti resna prizadevanja<br />
Univerze Gradec, ki uresničujejo v razvojnih<br />
načrtih določene odločitve o profilu in tako<br />
tudi skozi univerzitetno dejavnost dosegajo<br />
trajno družbeno, gospodarsko in politično<br />
delovanje.<br />
Izvedba prvega projekta „Štajerska –<br />
mednarodno kvalifikacijsko mesto za<br />
kopmpetenco Jugovzhodne Evrope“ (http://<br />
international.uni-graz.at/soe) upošteva v enaki<br />
meri gospodarske, znanstvene in kulturne<br />
vidike ter predstavlja enega od mejnikov<br />
na poti Univerze Gradec do splošnega<br />
univerzitetnega kompetenčnega centra. Cilj<br />
tega, preko Štajerskega sklada prihodnosti<br />
dotiranega projekta, je stabilnost do sedaj<br />
doseženega za to regijo utrditi in v sodelovanju<br />
s partnerskimi institucijami iz Jugovzhodne<br />
Evrope sodelovanje bistveno nadgraditi ter s<br />
tem pospešiti zbližanje izobraževalnih krajin.<br />
Tematska širina projekta zajema:<br />
• človekove pravice in gospodarsko<br />
sodelovanje v Jugovzhodni Evropi<br />
• raziskovalni projekt Jugovzhodna Evropa<br />
• simpozij Jugovzhodna Evropa<br />
• poletna akademija Jugovzhodna Evropa<br />
• center kompetence Jugovzhodna Evropa<br />
• banka podatkov gospodarsko-pravno okolje<br />
v Jugovzhodni Evropi<br />
• regionalne politike v Evropi<br />
• izobraževanje tolmačev in prevajalcev<br />
nemško-albansko v Gradcu in Skadru<br />
(Albanija)<br />
• zgodovinska antropologija v Jugovzhodni<br />
Evropi<br />
• International Short Course SEE-HEAD<br />
• Master of Medical Sciences Alpe-Adria<br />
• projekt izmenjave študentov/k z<br />
južnoevropskimi univerzami.<br />
Z drugim projektnim predlogom polaga<br />
57
Univerza Gradec postavlja poudarke<br />
Univerza Gradec mejnik za edinstveno inovacijo<br />
štajerske izobraževalne krajine: V okviru<br />
projekta-sklada prihodnosti pod naslovom<br />
„Joint Degrees“ je Univerza Gradec izdelala<br />
šest tako imenovanih Joint Degrees (http://<br />
international.uni-graz.at/jd/). Gre torej za<br />
skupno načrtovan študij več univerz na stopnji<br />
„Bologna-Magister – bolonjskega magistra“, pri<br />
čemer razvija več partnerskih institucij skupen<br />
kurikulum kot multinacionalni konzorcij.<br />
Predvsem krepitev evropske dimenzije študija<br />
kot tudi povečanje atraktivnosti evropskega<br />
izobraževalnega prostora je pri tem v središču<br />
pozornosti. Z Joint Degree iz jugovzhodne<br />
evropske zgodovine kot tudi z udeležbo<br />
jugovzhodnih univerz pri nekaj od petih<br />
nadaljnjih programov (Judovske študije,<br />
Ženske raziskave in raziskave spolov kot tudi<br />
znanosti sistema okolja, Alpe-Adria Joint<br />
Degree iz amerikanistike/anglistike, študiji<br />
latinske Amerike) se Univerza Gradec ponuja<br />
še enkrat več kot most v mnogoterih pomenih:<br />
po eni strani bo za Avstrijo odprta pot proti<br />
jugovzhodni Evropi, po drugi strani bo v<br />
smislu evropske integracije ponujena možnost,<br />
razumeti „Evropo“ kot razširjeno skupnost.<br />
Sodelovanje z Univerzo Ljubljana (Slovenija) in<br />
Univerzo Cluj (Romunija) v okviru podprojekta<br />
„Jugovzhodna evropska zgodovina“ je le eno od<br />
mnogih področij, pri katerih uspešno sodeluje<br />
Univerza Gradec s partnerskimi institucijami<br />
iz „Jugovzhodne Evrope“ pri približevanju obeh<br />
izobraževalnih prostorov in skupni izvedbi<br />
bolonjskih procesov. Projekt stremi med drugim<br />
tudi k povečani skupni zagotovitvi kvalitete,<br />
kot tudi obojestranskemu priznavanju<br />
akademskih stopenj in kvalifikacij.<br />
Dolgoletno uspešno sodelovanje združuje<br />
Univerzo Gradec s partnerskima institucijama<br />
iz Slovenije, z Univerzo v Ljubljani in Mariboru,<br />
58<br />
s katerima že od leta 1990 oz. 1992 obstaja<br />
skupno univezitetno partnerstvo in številni<br />
bilateralni dogovori.<br />
Z vidika bilateralnih kooperacij sta Univerza<br />
Gradec in Univerza Ljubljana aktivni tudi v<br />
okviru UTRECHT Networka. Tako v Ljubljani<br />
vsako leto prirejajo poletno šolo Networka,<br />
ki se je udeležujejo mnogi študenti/ke in<br />
profesorji Univerze Gradec, ki sodelujejo tudi<br />
pri oblikovanju programa. Obe univerzi skupaj<br />
oblikujeta težišča sodelovanja v Steering<br />
Committeeju UTRECHT Networka.<br />
Edinstveno obliko sodelovanja sta našli<br />
Univerza Gradec in Maribor v okviru „skupnih<br />
predavalnic Maribor“. Šudenti in študentke obeh<br />
univerz so obiskovali predavanja partnerskih<br />
univerz, ki so bila avtomatsko priznana tudi<br />
na domači univerzi. Tako graškim kot tudi<br />
mariborskim študentom/kam vseh fakultet<br />
se je ponudila možnost izkoristiti študijsko<br />
ponudbo obeh univerz. Štajerska gospodarska<br />
zbornica je podprla ta program s prevzemom<br />
stroškov prevoza.<br />
To je le nekaj primerov od mnogih, ki<br />
ponazarjajo, kako uspeva Univerzi Gradec s<br />
svojim težiščnim pristopom ustvariti presežno<br />
vrednost – ne le za institucijo, temveč za<br />
celotno regijo.<br />
V sodelovanju z našimi dolgoletnimi<br />
zanesljivimi partnerji bo Univerza Gradec tudi<br />
nadalje igrala aktivno vlogo v regionalni in<br />
internacionalni izobraževalni krajini.
ZUR PERSON – O AVTORJU<br />
Roberta Maierhofer<br />
Vizerektorin für Internationale Beziehungen<br />
und Frauenförderung der Karl-Franzens Universität<br />
Graz • Studium der Anglistik/Amerikanistik<br />
und Germanistik, Lehramt (1985) und<br />
Doktorat (1992), Universität Graz • Studium<br />
der Vergleichenden Literaturwissenschaften,<br />
(1987), State University of New York, Binghamton.<br />
• Venia Docendi für das Fach „Amerikanistik“.<br />
• Fulbright Professor, University<br />
of Pennsylvania, Philadelphia, USA (1995).<br />
• Adjunct Associate Professor der Binghamton<br />
University, NY (seit 1996). • Paul Petry<br />
Preis für Alterswissenschaften (1998).<br />
• Vizerektorin für Internationale Beziehungen<br />
nach UOG 93 (1999-2003). • Vizerektorin für Internationale<br />
Beziehungen und Frauenförderung<br />
nach UG 2002 (ab 2003). – izr. univ. prof. mag.<br />
dr. Roberta Maierhofer, M.A., namestnica<br />
rektorja za mednarodne odnose in podporo<br />
žensk, Karl-Franzens Universität Graz. • Študij<br />
anglistike/amerikanistike in germanistike,<br />
diploma (1985) in doktorat (1992),<br />
Univerza Gradec. • Študij primerjalne<br />
književnosti (1987), State University of<br />
New York, Binghamton. • Venia Docendi<br />
za predmet amerikanistika. • Fulbright<br />
Professor, University of Pennsylvania,<br />
Philadelphia, USA (1995). • Adjunct Associate<br />
Professor, Binghamton University, NY<br />
(od 1996). • Nagrada Paul Petry za znanosti<br />
tretjega življenjskega obdobja (1998).<br />
• Namestnica rektorja za internacionalne<br />
odnose po UOG 93 (1999-2003). • Namestnica<br />
rektorja za internacionalne odnose in podporo<br />
žensk po UG 2002 (od 2003). Univerza<br />
Gradec postavlja poudarke Skupno univerzitetno<br />
težišče „Jugovzhodna Evropa“.<br />
Univerza Gradec postavlja poudarke<br />
59
Bildgalerie – galerija slik III<br />
Der mazedonische Kurator Oliver Musovik spricht anlässlich der Eröffnung im Juli 2005. – govor makedonskega kuratorja Oliverja Musovika na otvoritvi<br />
julija 2005<br />
60
Grenzen erzählen<br />
Reflexionen zur Wanderausstellung<br />
„Geschichte und Geschichten der Nachbarschaft“<br />
Putovní výstava „Historie a příběhy sousedství“ 1<br />
� Text: Angelika Brechelmacher<br />
Als ARGE grenzen erzählen hatten sich Tanja Täuber, Gabriela Miechtner und ich vor mehr als zwei<br />
Jahren die Aufgabe gestellt, den öffentlichen Diskurs zum nachbarschaftlichen Verhältnis zwischen<br />
Tschechen/innen und Österreichern/innen, der seit Beginn der Verhandlungen zur bisher<br />
größten Erweiterung der Europäischen Union in österreichischen Medien eingesetzt hatte, zu hinterfragen.<br />
Welche Bilder, welche Stereotype begründeten die in Meinungsumfragen vordergrün-<br />
Rübenernte bei Znojmo – spravilo pese pri kraju Znojmo<br />
Grenzen erzählen<br />
61
Grenzen erzählen<br />
dig konstatierten „Ängste der Österreicher/innen“<br />
2 vor dem EU-Beitritt der Tschechischen<br />
Republik? In wessen Namen pochten politische<br />
Machtzirkel auf vereinheitlichend „nationale“<br />
Interessen, die durch den Beitritt der<br />
Nachbarstaaten gefährdet würden? [Gemeint<br />
ist der Diskurs medialer und politischer Eliten,<br />
die in den politischen Zentren den Topos der<br />
„Angst der Bevölkerung“ zur Durchsetzung eigener<br />
Interessen hervorhoben (FPÖ, Gewerkschaft,<br />
Bauernbund etc.)] Wie blickte man an<br />
der so genannten „Peripherie“, in der Grenzregion<br />
selbst, der Erweiterung entgegen? Überwogen<br />
auch hier national bis nationalistisch<br />
geprägte „Ängste“ oder hatte sich längst ein regionales,<br />
grenzüberschreitendes Bewusstsein<br />
entwickelt, das in der Bundeshauptstadt Wien<br />
einfach (noch) nicht wahrgenommen wurde?<br />
Diese und ähnliche Fragen beschäftigten<br />
uns. Wir erwarteten Antworten in der Region<br />
selbst, auf beiden Seiten der Grenze, am besten<br />
von derjenigen Generation, die nachbarschaftliches<br />
Zusammenleben noch vor der Errichtung<br />
des Eisernen Vorhangs erlebt hatte.<br />
Grenzen erzählen – Sammeln von Erinnerungen.<br />
Die Interviewserie „Frauen-Leben<br />
an der Grenze“ eröffnete 2003 eine Reihe von<br />
grenzübergreifenden Projekten der ARGE grenzen<br />
erzählen in der österreichisch-tschechischen<br />
Grenzregion Weinviertel-Südmähren. Die älteste<br />
Generation hat mit der Zwischenkriegszeit<br />
eine Periode erlebt, in der Kontakt zwischen<br />
den Ethnien Alltag war. Viele Frauen<br />
und Männer beherrschten neben der Muttersprache<br />
auch die Sprache der Nachbarn/innen.<br />
Fünfzehn biographisch-narrative Interviews<br />
mit elf durchschnittlich 80-jährigen Frauen und<br />
vier Männern derselben Generation erlaubten<br />
uns Einblick in die Kindheit und Jugend dies-<br />
62<br />
seits und jenseits der österreichisch-tschechischen<br />
Grenze, in die nachbarschaftlichen Beziehungen,<br />
aber auch in die Verfolgungen 1938<br />
und die Zwangsaussiedlungen 1945. In den Interviews<br />
trafen wir bisweilen auf stereotype<br />
ethnische Abgrenzungen und Abwertungen.<br />
Die Erzählungen von persönlichen Begegnungen<br />
aber stellten Brüche dieser Stereotype dar<br />
und spiegelten sehr wohl nachbarschaftliche<br />
Nähe. Die Klischees und ihre Brüche, die persönlichen<br />
Erfahrungen im Alltag standen im<br />
Mittelpunkt unseres Interesses.<br />
Zuhören und Hinschauen. Die Erzählenden<br />
sprachen auf Tschechisch und Deutsch, häufiger<br />
auf Deutsch. Bisweilen wechselten sie<br />
mitten in der Geschichte in die andere Sprache.<br />
Manche beklagten, die meisten Vokabeln<br />
seit der Schulzeit vergessen zu haben.<br />
Als wir dann im Sommer 2004 mit allen Interviewpartnern/innen<br />
aus der Interviewserie<br />
„Frauen-Leben an der Grenze“ in Retz den internationalen<br />
Workshop Grenzen erzählen veranstalteten,<br />
funktionierte die Verständigung<br />
jedenfalls wunderbar. In einer großen Erzählrunde<br />
sprachen Frauen und Männer aus Suchohrdly,<br />
Retzbach, Brno, Hohenau, Bulhary<br />
und Poysdorf über ihr Leben in der Grenzregion<br />
und die Beziehung zu den Nachbarn und<br />
Nachbarinnen. Jedes Statement wurde simultan<br />
in die jeweils andere Sprache übersetzt.<br />
Zwei Stunden Zuhören, ohne Unterbrechung,<br />
mit hoher Aufmerksamkeit und gegenseitigem<br />
Respekt. Trotz ihres teilweise hohen Alters<br />
und trotz der Beschwerlichkeit der Anreise<br />
hatten rund dreißig Personen teilgenommen.<br />
Gemeinsames Mittagessen, Jause und Plaudern<br />
in kleineren Gruppen, gelöste Stimmung<br />
bis zum Schluss der Veranstaltung.
Katarina Eder aus Unterretzbach und Terezia Líčeniková aus Bulhary<br />
beim internationalen Workshop Grenzen erzählen, Retz 2004 –<br />
Katarina Eder iz Unterretzbacha in Terezia Líčeniková iz Bulharya na<br />
internacionalnem workshopu Meje pripovedujejo, Retz 2004<br />
Alle unsere Gesprächspartner und -partnerinnen<br />
hatten wir mehrmals zu Hause besucht.<br />
Mit Tonband und Kamera dokumentierten<br />
wir die Gesprächssituationen. Die transkripierten<br />
Interviews legten wir den Erzählern/innen<br />
nochmals vor, Missverständnisse wurden<br />
korrigiert. Immer neue Erinnerungen kamen<br />
hoch, Ergänzungen, Einschübe. Viel Zeit nahmen<br />
wir uns für die Auswahl der persönlichen<br />
Fotos, die in der Ausstellung zum Abschluss<br />
der Projektserie dokumentiert werden sollten.<br />
Wir saßen lange Nachmittage in Suchohrdly,<br />
Hohenau und den anderen Orten und blätterten<br />
gemeinsam in den alten Fotos. Zu jedem<br />
Ludmila Štanclovás Leidenschaft galt dem Schauspiel in einer Laiengruppe,<br />
mit der sie in den späten Zwanzigerjahren in Znojmo und den umliegenden<br />
Dörfern auftrat. Ludmila Štanclová verstarb im Frühjahr 2005.<br />
– Strast Ludmile Štanclová je bila igra v gledališki amaterski skupini, s<br />
katero je nastopala v poznih dvajsetih letih v Znojmovem in okoliških<br />
vaseh. Ludmila Štanclová je umrla spomladi 2005.<br />
Grenzen erzählen<br />
Foto neue Geschichten, die Schicksale der Eltern<br />
und Großeltern, der Tanten und Onkel.<br />
Wie sollten wir den Faden behalten, den Blickwinkel<br />
der Ausstellung auf die gemeinsame<br />
Kindheit und Jugend, die Nachbarschaft in der<br />
Grenzregion?<br />
Wir zeichneten alle Gespräche auf, transkripierten<br />
und übersetzen die Texte. Die Vorbereitung<br />
der letzten und größten Station unserer<br />
eigenen Reise durch die Geschichten und<br />
die Geschichte der Grenzregion begann. Die<br />
zweisprachige Wanderausstellung „Geschichte<br />
und Geschichten der Nachbarschaft“ – Putovní<br />
výstava „Historie a příběhy sousedství“<br />
und der deutsch-tschechischsprachige Film<br />
„grenzen erzählen“ – „vyprávéní z pohraniči“<br />
sollten das Erlebte sichtbar machen, unabhängig<br />
von politischen Einstellungen und historischer<br />
Übereinstimmung. Den alltäglichen<br />
und auch besonderen „Geschichten der Nachbarschaft“<br />
wollten wir in dieser Ausstellung<br />
Raum geben.<br />
Der sozialanthropologische Blickwinkel. 3<br />
„Grenzen erzählen“ – entwächst der ethnologischen<br />
Annahme, dass Kulturen lebendig und in<br />
ständiger Bewegung sind. Nachbarschaftliches<br />
Interagieren verschiedener ethnischer Gemeinschaften<br />
kann auf staatlicher Ebene von nationaler<br />
Ab- bzw. Ausgrenzung begleitet sein.<br />
Dieses Ineinanderfließen unterschiedlicher<br />
gesellschaftlicher Dynamiken entpuppte sich<br />
im Lauf der Interviewserie als Schwerpunkt<br />
der Forschung. Nicht nur nachbarschaftliches<br />
Zusammenleben und grenzüberschreitende<br />
Festlichkeiten, sondern auch Zwangsaussiedlungen<br />
und traditionelle Vorurteile flossen in<br />
die Erzählungen ein. Unser „Ziel war es […],<br />
die individuellen Selbst- und Weltbilder so zu<br />
63
Grenzen erzählen<br />
Eröffnung in Poysdorf / Weinmarkt – otvoritev v Poysdorfu / Weinmarktu<br />
erkunden und ernstzunehmen, wie sie erzählt<br />
wurden. […] Die historische Tiefe [der] Untersuchungen<br />
hingegen war weitgehend vom<br />
kollektiven Gedächtnis selbst bestimmt: Die<br />
Geschichte konnte miteinfließen, soweit sie<br />
eben eine wahrnehmbare Rolle in den Erinnerungen<br />
und Identitätsbildern der Gewährsleute<br />
spielt.“ 4 .<br />
Aufbau und Gestaltung der Wanderausstellung.<br />
Die Ausstellung wurde als virtueller Spaziergang<br />
an der Grenze gestaltet. Wir hielten<br />
uns an einen groben chronologischen Verlauf.<br />
Nicht eingehalten wurde der einheitliche/vereinheitlichende<br />
Blickwinkel. Als Gestalterinnen<br />
der Ausstellung hüpften wir hin und her,<br />
horchten hüben und drüben, fügten zusammen<br />
und trennten, indem wir die erzählten<br />
Passagen von dieseits und jenseits der Grenze<br />
aneinanderreihten, eine einheitliche, national<br />
bekömmliche Sichtweise verweigernd.<br />
Wir brachten die Erzählungen nur am Rande<br />
mit so genannten historischen Fakten in Verbindung.<br />
Auf einer einleitenden Tafel listeten<br />
wir einige einschneidende Ereignisse von der<br />
Zwischenkriegszeit an bis in die Sechzigerjahre<br />
auf. „Manchmal weiß man nicht mehr, in<br />
64<br />
welcher Zeit und auf welcher Seite der Grenze<br />
man in den Erzählungen gerade eintaucht,<br />
aber vielleicht ist das ja auch die zentrale Aussage“,<br />
schrieb einer unserer Besucher ins Gästebuch.<br />
Das war in unserem Sinn.<br />
Im chronologischen Verlauf folgen wir zunächst<br />
den Lebensabschnitten unserer Gesprächspartner/innen:<br />
Kindheit und Schule dokumentiert die ersten<br />
Jahre im Leben unserer Interviewpartner/innen.<br />
Viele von ihnen waren in dieser Zeit beider<br />
Sprachen mächtig.<br />
Festlichkeiten spielten in den erzählten Biografien<br />
eine wichtige Rolle. Sie waren Momente<br />
kultureller Begegnung. Kirtage und Hochzeiten<br />
boten Gelegenheit zu verwandtschaftlichen<br />
Besuchen über die Grenze. Steroetype Darstellungen<br />
boten Grundlage für kulturelle Vergleiche:<br />
„Die haben tanzen können, die Südmährer!<br />
Wie die Südmährer haben tanzen können,<br />
hat niemand tanzen können. Die haben tanzt,<br />
links und rechts!“ 5<br />
Landwirtschaft – Kleiner Grenzverkehr<br />
– Lehrjahre – Schwere Zeiten dokumentieren<br />
Broterwerb und lokale und grenzüberschreitende<br />
wirtschaftliche Verflechtungen<br />
in der Region. Auch Schmuggelgeschichten,<br />
liebevoll „Kleiner Grenzverkehr“ genannt,<br />
werden schmunzelnd zum Besten gegeben:<br />
„Ån d’ Schuach håd mas dakennt, ob de von<br />
drüm woan. De håm olle hintn nua die Noht<br />
ghåbt, jå? Die unsan habm des Bandl då hintn<br />
rauf ghåbt – und wånn wea die Schuach mit<br />
da Noht hintn ghåbt hat, da håt ma gwußt,<br />
des san die büllichen Bata-Schuach. Do sand<br />
d’ Lei mit so rechte Hatscha einigångan und<br />
die hams dånn drinnan bein Hoamgehn in an<br />
Åcka gwoafm und håm si die neichn Schuach<br />
ånzogn.“ 6
Brüche der Nachbarschaft fasst die Erzählungen<br />
zur nachbarschaftliche Situation vom „Anschluss“<br />
Österreichs an das nationalsozialistische<br />
Deutschland 1938 und der Annektierung<br />
tschechoslowakischer Gebiete durch die Nazionalsozialisten<br />
bis zur Antwort der tschechoslowakischen<br />
Regierung bei Kriegsende, der<br />
rigorosen Zwangsaussiedlung der deutschsprachigen<br />
Bevölkerung ab 1945, zusammen.<br />
Im Kulturhaus von Bulhary – V kulturnem domu Bulharyja<br />
Im Kulturhaus von Suchohrdly bei Znojmo – V kulturnem domu<br />
Suchohrdly-ja pri Znojmovem<br />
Leben an der Grenze richtet den Blick nochmals<br />
auf die Veränderungen im Grenzraum<br />
Grenzen erzählen<br />
und den damit verbundenen Wandel sozialer<br />
Begegnungen nach dem Zweiten Weltkrieg, in<br />
der kommunistischen Ära und nach der Öffnung<br />
der Grenzen 1989. Mit kurzen biografischen<br />
Texten werden die Erzähler/innen zum<br />
Abschluss der Ausstellung vorgestellt. Fotoporträts<br />
geben die Situation des Erzählens wieder.<br />
Eine zweisprachige Landkarte vereinfacht das<br />
Wiederauffinden von erwähnten Ortschaften.<br />
Terezia Líčeniková vor den Abbildungen ihrer Eltern – Terezia Líčeniková<br />
pred fotografijami svojih staršev<br />
Maria Marschitz bei der Eröffnung im Kulturhaus von Bulhary – Maria<br />
Marschitz ob otvoritvi v kulturnem domu Bulharyja<br />
Sie benennt die Ortschaften im südmährischen<br />
Raum in beiden Sprachen und ermög-<br />
65
Grenzen erzählen<br />
licht die räumliche Zuordnung der Erzählungen.<br />
Der letzte Teil der Ausstellung schließlich<br />
dokumentiert die Wanderung der Ausstellung<br />
selbst, im Zickzack durch die Ortschaften des<br />
Weinviertels und Südmährens, nach Retz, Suchohrdly<br />
u Znojmo, Poysdorf, Bulhary u Mikulova<br />
bis in die Kreishauptstadt Brno und ins<br />
Museumsquartier in Wien. Beim Aufbau des<br />
virtuellen Grenzspaziergangs in den Gemeinden<br />
wurde uns nicht nur praktische Hilfe zuteil,<br />
die Darstellungen auf den Tafeln wurden<br />
jeweils bereits vor der Eröffnung interessiert<br />
kommentiert und ergänzt, Personen und Orte<br />
wurden wiedererkannt.<br />
Zu den Eröffnungen kamen unsere Interviewpartner/innen<br />
als Ehrengäste. Manche von ihnen<br />
begleiteten die Ausstellung sogar durch<br />
mehrere Orte. Die letzte Station führte uns<br />
schließlich ganz in den Süden Österreichs, an<br />
die Grenze zu Slowenien, ins Pavel-Haus bei<br />
Bad Radkersburg.<br />
66<br />
ANMERKUNGEN<br />
1 Ein Projekt der ARGE grenzen erzählen in Kooperation mit Česky Svaz<br />
Žen / jihomoravská krajská organizace und der ÖAR Regionalberatung<br />
GmbH.<br />
2 Vgl. Angelika Brechelmacher, Österreichs Politik auf der Suche nach<br />
europäischer Identität – eine Analyse des politischen und medialen<br />
Diskurses zur Entwicklung und Akzeptanz von „europäischer Identität“ zur<br />
Zeit des österreichischen Ratsvorsitzes, in: Helmut Gruber – Florian Menz –<br />
Oswald Panagl (Hg.), Sprache und politischer Wandel. Frankfurt u. a. 2003,<br />
S. 131-150. – Angelika Brechelmacher, Identity by way of demarcation – the<br />
discourse on the expansion of the European Union in Austria´s leading daily<br />
papers, in: Anna Duszak (Hg.), Us and Others – Social identities across<br />
languages, discourses and cultures. Amsterdam – Philadelphia 2002, S.<br />
293-320.<br />
3 Zitiert aus: Angelika Brechelmacher – Tanja Täuber – Gabriela Miechtner,<br />
Putovní výstava „Historie a příběhy sousedství“ | Wanderausstellung<br />
„Geschichte und Geschichten der Nachbarschaft“. Katalog zur<br />
gleichnamigen Ausstellung und DVD „grenzen erzählen“. Wien 2005.<br />
4 Katharina Eisch, Grenze. Eine Ethnographie des bayrisch-böhmischen<br />
Grenzraums. München, 1996.<br />
5 Franziska Autrieth, Kleinriedenthal, März 2004.<br />
6 Maria Exel sen., Mitterretzbach, Dezember 2003.
Meje pripovedujejo<br />
refleksije potujoče razstave<br />
„Geschichte und Geschichten der<br />
Nachbarschaft“ – „Zgodovina in zgodbe<br />
sosedstva“ | Putovní výstava „Historie a<br />
příběhy sousedství“ 1<br />
Kot ARGE grenzen erzählen – meje pripovedujejo<br />
smo si Tanja Täuber, Gabriela Miechtner<br />
in jaz pred več kot dvema letoma zadale<br />
nalogo, pogledati v ozadje javnega diskurza<br />
o sosedskih odnosih med Čehi/njami in<br />
Avstrijci/kami, ki je, od začetka pogajanj ob<br />
največji širitvi Evropske unije doslej, zagrabila<br />
avstrijske medije. Kakšne prispodobe,<br />
stereotipe, centralno ugotovljene „strahove“<br />
„Avstrijcev/k“ 2 utemeljujejo z raziskavami<br />
javnega mnenja pred EU-pristopom Češke<br />
republike? Je to bil le diskurz mestnih centrov,<br />
ki potiska naprej nacionalne interese? Kakšen<br />
je pogled na tako imenovano „periferijo“,<br />
v sami obmejni regiji, glede na širitev? Ali<br />
tudi tam prevladujejo nacionalni in vse do<br />
nacionalistično oblikovanih „strahov“, ali pa<br />
se je že zdavnaj razvila regionalna, čezmejna<br />
zavest, ki v glavnem mestu Dunaju enostavno<br />
(še) ni zaznana? Ta in podobna vprašanja<br />
so nas zanimala. Odgovore smo si obetali<br />
v regiji sami, na obeh straneh meje, najraje<br />
od generacije, ki je sosedsko skupno življenje<br />
doživela še pred postavitvijo železne zavese.<br />
Meje pripovedujejo – zbiranje spominov.<br />
Serija intervjujev „Frauen-leben an der Grenze“<br />
– „Žensko življenje na meji“ je 2003 odprla niz<br />
čezmejnih projektov ARGE meje pripovedujejo<br />
v avstrijsko-češki obmejni regiji Weinviertel<br />
– Južna Moravska. Najstarejša generacija je z<br />
Meje pripovedujejo<br />
medvojnim časom doživela periodo, v kateri<br />
je bil stik med etnijama del vsakdana. Veliko<br />
žensk in moških je ob materinščini obvladalo<br />
tudi jezik sosedov, češko in nemško, nemško<br />
in češko. Petnajst biografsko-narativnih<br />
intervjujev z enajstimi povprečno 80-letnimi<br />
ženskami in štirimi moškimi iste generacije<br />
nam je omogočilo vpogled v otroštvo in<br />
mladost tostran in onstran avstrijsko-češke<br />
meje, v sosedske odnose, pa tudi v preganjanje<br />
leta 1938 in v prisilno izselitev leta 1945. V<br />
intervjujih smo včasih naleteli na stereotipe<br />
etnične razmejitve in razvrednotenja. Zgodbe<br />
osebnih srečanj pa so pokazale zlom teh<br />
stereotipov in so vsekakor zrcalile sosedsko<br />
bližino. Klišeji in njihov zlom, osebne izkušnje<br />
v vsakdanjiku, so bili v središču našega<br />
interesa.<br />
Poslušati in gledati. Pripovedovalci/ke so<br />
govorili po češko in nemško, pogosteje po<br />
nemško. Včasih so sredi zgodbe zamenjali<br />
jezik. Nekateri/e so tožili/e, da so večino besed<br />
iz šolskega časa pozabili/e. Ko smo poleti 2004<br />
z vsemi intervjuvanimi iz serije intervjujev<br />
„Žensko življenje na meji“ organizirali v Retzu<br />
internacionalni workshop „Meje pripovedujejo“,<br />
je razumevanje potekalo vsekakor čudovito.<br />
Na velikem pripovednem omizju so govorile<br />
ženske in moški iz Suchohrdlyja, Retzbacha,<br />
Brna, Hohenaua, Bulharyja in Poysdorfa o<br />
svojem življenju v obmejni regiji in o odnosih<br />
s sosedi in sosedami. Vsaka izjava je bila<br />
simultano prevedena v en ali drug jezik.<br />
Dve uri poslušanja, brez prekinitev, z veliko<br />
pozornosti in medsebojnega spoštovanja. Kljub<br />
njihovi deloma visoki starosti in napornemu<br />
prihodu je sodelovalo okrog trideset oseb.<br />
Skupno kosilo, malica in klepet v manjših<br />
skupinah, so pripomogli k sproščenemu<br />
67
Meje pripovedujejo<br />
počutju do konca prireditve. Vse naše partnerje<br />
in partnerke pogovora smo večkrat obiskali<br />
doma. Z magnetofonskim trakom in kamero<br />
smo dokumentirali pogovorne situacije.<br />
Prepisane intervjuje smo še enkrat predložili<br />
pripovedovalcem/kam, nesporazumi so bili<br />
popravljeni. Zmeraj znova so na plano privreli<br />
novi spomini, dopolnitve, vrinjeni odstavki.<br />
Veliko časa smo si vzeli pri izboru osebnih<br />
fotografij, ki naj bi dokumentirale razstavo ob<br />
koncu projektne serije. Veliko popoldnevov<br />
smo presedeli v Suchohrdlyju in Hohenauu<br />
in drugih krajih in skupno listali po starih<br />
fotografijah. K vsaki fotografiji nove zgodbe,<br />
usode staršev in starih staršev, tet in stricev.<br />
Kako naj obdržimo [rdečo] nit, zorni kot<br />
razstave na otroštvo in mladost, sosedstvo v<br />
obmejni regiji?<br />
Posneli smo vse pogovore, jih zapisali in<br />
prevedli. Priprava zadnje in največje postaje<br />
našega potovanja skozi zgodbe in zgodovino<br />
obmejne regije se je začela. Dvojezična potujoča<br />
razstava „Zgodovina in zgodbe sosedstva“<br />
| Putovní výstava „Historie a příběhy<br />
sousedství“ in film v nemškem in češkem<br />
jeziku „Meje pripovedujejo“ | „vyprávéní z<br />
pohraniči“ naj bi doživeto naredila vidno,<br />
neodvisno od političnih naravnanosti in<br />
zgodovinskih analogij. Vsakdanjemu in tudi<br />
posebnim „zgodbam iz sosedstva“ smo želeli<br />
dati mesto na tej razstavi.<br />
Socialno-antropološki zorni kot. 3 Raziskava<br />
„meje pripovedujejo“ izhaja iz etnološke<br />
predpostavke, da so kulture žive in v<br />
nenehnem premikanju. Sosedsko medsebojno<br />
delovanje različnih etničnih skupnosti<br />
lahko na državni ravni spremlja nacionalna<br />
razmejitev oz. izključevanje. To prehajanje<br />
različnih družbenih dinamik se je v teku serije<br />
68<br />
intervjujev izkazalo kot težišče raziskave. Ne<br />
samo sosedsko skupno življenje in čezmejne<br />
slovesnosti, temveč tudi prisilno izseljevanje<br />
in tradicionalni predsodki so vpleteni v<br />
pripovedovanja. Naš „cilj je bil […] individualne<br />
lastne podobe in podobe o svetu raziskati<br />
in jemati resno, kot so bile pripovedovane.<br />
[…] Zgodovinska globina raziskav pa je bila<br />
nasprotno v veliki meri določena s samim<br />
kolektivnim spominom: Zgodovina je bila<br />
dodana, v kolikor je igrala zaznavno vlogo v<br />
spominih in podobah identitete zaupnikov/<br />
c.“(Eisch 1996) 4 .<br />
Postavitev in oblikovanje potujoče razstave.<br />
Razstava je bila oblikovana kot sprehod ob<br />
osvetljenih inštalacijah vzdolž meje. Držale<br />
smo se grobega kronološkega poteka. Nismo pa<br />
se držale enotnega/poenotenega zornega kota.<br />
Kot oblikovalke razstave poskakujemo sem ter<br />
tja, prisluškujemo tod in onstran, spajamo in<br />
ločujemo, tako da nizamo pripovedovane pasaže<br />
tostran in onstran meje in s tem zavračamo<br />
enoten nacionalni pogled. Pripovedi smo<br />
samo obrobno povezale s tako imenovanimi<br />
zgodovinskimi dejstvi. Na uvodnem panoju<br />
smo naštele nekatere odločilne dogodke od<br />
medvojnega časa do šestdesetih let. „Včasih<br />
človek ne ve več, v katerem času in na kateri<br />
strani meje se je pravkar zatopil v zgodbe, toda<br />
mogoče je prav to ključna izjava,“ je zapisal<br />
eden naših obiskovalcev v knjigo gostov. To je<br />
bil tudi naš namen.<br />
V kronološkem poteku sledimo življenjskemu<br />
obdobju naših pogovornih partnerjev/ic:<br />
Otroštvo in šola dokumentira prva leta življenja<br />
naših intervjuvancev/k. Mnogi od njih so bili<br />
v tistem času dvojezični.<br />
Slovesnosti so igrale v pripovedovanih<br />
biografijah pomembno vlogo. Bile so trenutki
kulturnih srečanj. Sejmi in poroke so nudili<br />
priložnost sorodstvenih obiskov čez mejo.<br />
Stereotipni prikazi ponujajo osnovo za<br />
kulturne primerjave: „Ti so znali plesati, ti<br />
južni Moravci! … tako kot so znali plesati<br />
južni Moravci, tako ni znal plesati nihče. Ti so<br />
plesali, levo in desno!“ 1<br />
Kmetijstvo – maloobmejni promet – učna<br />
doba – težki časi dokumentirajo zaslužek in<br />
lokalno ter čezmejno gospodarsko prepletenost<br />
v regiji. Tihotapske zgodbe, ljubko imenovane<br />
„maloobmejni promet“, ponazarjajo najbolje:<br />
„Po čevljih smo jih prepoznali, ali ti prihajajo<br />
od tam preko. Ti [čevlji] so vsi imeli samo en<br />
šiv od zadaj, da? Naši so imeli odzadaj trak<br />
– in, če je imel nekdo čevlje s šivom od zadaj,<br />
smo vedeli, to so poceni Bata čevlji. Od tam<br />
so ljudje prišli z res pošvedranimi čevlji, na<br />
poti domov pa so se preobuli in stare vrgli na<br />
njivo.“ 5<br />
Prelomi sosedstva združijo zgodbe sosedskega<br />
položaja od priključitve Avstrije k nacistični<br />
Nemčiji 1938 in anektiranja čehoslovaškega<br />
področja s strani nacistov do odgovora<br />
čehoslovaške vlade konec vojne, rigoroznega<br />
prisilnega izseljevanja nemškogovorečega<br />
prebivalstva od 1945.<br />
Življenje na meji usmerja pogled še enkrat na<br />
spremembe v obmejnem prostoru in s tem<br />
povezano spreminjanje socialnih srečanj po<br />
drugi svetovni vojni, v komunistični dobi in<br />
po odprtju meja 1989.<br />
S kratkimi biografijami so ob koncu razstave<br />
predstavljeni/e pripovedovalci/ke. Fotografski<br />
portreti prikazujejo situacijo pripovedovanja.<br />
Dvojezičen zemljevid poenostavlja iskanje<br />
omenjenih krajev. V obeh jeziki so poimenovani<br />
kraji v južnomoravskem prostoru in s tem<br />
omogočajo prostorsko določitev zgodb.<br />
Zadnji del razstave končno dokumentira<br />
potujočo razstavo samo, v cikcaku skozi kraje<br />
Weinviertela in Južne Moravske, proti Retzu,<br />
Suchohrdlyju in Znojmovem, Poysdorfu,<br />
Bulharyju in Mikulovaji do okrožnega<br />
glavnega mesta Brno in v muzejsko bivališče<br />
na Dunaju. Pri postavitvi inštalacij v občinah<br />
nismo dobile le praktične pomoči, predstavitve<br />
na panojih so bile še pred otvoritvami z<br />
zanimanjem komentirane in dopolnjene, osebe<br />
in kraji prepoznani. K otvoritvam so prišli naši<br />
intervjuvanci/ke kot častni/e gostje. Nekateri/<br />
e od njih so spremljali/e razstavo skozi več<br />
krajev. Zadnja postaja nas je peljala čisto na jug<br />
Avstrije, na mejo s Slovenijo, v Pavlovo hišo v<br />
Radgono.<br />
OPOMBE<br />
Meje pripovedujejo<br />
1 Projekt ARGE grenzen erzählen – meje pripovedujejo je kooperacija z/s<br />
kooperací: Česky Svaz Žen – jihomoravská krajská organizace in ÖAR<br />
Regionalberatung GmbH<br />
2 prim. Brechelmacher, Angelika (2003): Österreichs Politik auf der Suche<br />
nach europäischer Identität – eine Analyse des politischen und medialen<br />
Diskurses zur Entwicklung und Akzeptanz von „europäischer Identität“ zur<br />
Zeit des österreichischen Ratsvorsitzes – Avstrijska politika na poti iskanja<br />
evropske identitete – analiza političnega in medijskega diskurza za razvoj<br />
in akceptanco „evropskih identitet“ v času avstrijskega predsedovanju<br />
svetu, v: Gruber, Helmut; Menz, Florian; Panagl, Oswald (Hg.): Sprache<br />
und politischer Wandel – Jezik in politična sprememba. Frankfurt et al.:<br />
Peter Lang. S. 131-150. – Brechelmacher, Angelika (2002): Identity by way<br />
of demarcation – the discourse on the expansion of the European Union in<br />
Austria´s leading daily papers. v: Duszak, Anna (2002) (ed.): Us and Others<br />
– Social identities across languages, discourses and cultures. Amsterdam<br />
– Philadelphia: John Benjamins. S. 293-320. und 2002).<br />
3 Citirano iz: Brechelmacher, Angelika; Täuber, Tanja; Miechtner, Gabriela<br />
(2005): Putovní výstava „Historie a příběhy sousedství“ | Wanderausstellung<br />
– Potujoča razstava „Geschichte und Geschichten der Nachbarschaft“/<br />
„Zgodovina in zgodbe sosedstva“, katalog k istoimenski razstavi in DVD<br />
grenzen erzählen – meje pripovedujejo. Wien: ARGE grenzen erzählen<br />
4 Eisch, Katharina (1996): Grenze. Eine Ethnographie des bayrischböhmischen<br />
Grenzraums – Meja: Etnografija bavarsko-češkega obmejnega<br />
prostora<br />
5 Maria Exel sen., Mitterretzbach, december 2003<br />
69
70<br />
ZUR PERSON – O AVTORJU<br />
Angelika Brechelmacher<br />
Dr in Angelika Brechelmacher arbeitet als Sozialanthropologin und Sprachwissenschaftlerin<br />
in Wien. Sie interessiert sich für kollektive Ab- und<br />
Ausgrenzung, sprachlich konstruierte Identitäten, ihre Verflechtungen<br />
und Brüche. Als Shiatsu-Trainerin ist sie in der Erwachsenenbildung tätig.<br />
– Dr in Angelika Brechelmacher dela kot socialna antropologinja in<br />
jezikovna raziskovalka na Dunaju. Zanima se za kolektivno razmejitev in<br />
izključevanje, jezikovno konstituirane identitete, njihovo prepletenosti in<br />
navade. Kot predavateljica shiatsuja deluje pri izobraževanju odraslih.<br />
DANKSAGUNG<br />
Unser Dank gilt allen unseren Interviewpartnerinnen und -partnern für ihr<br />
Vertrauen in unsere Arbeit und die offene und herzliche Atmosphäre bei den<br />
gemeinsamen Begegnungen. Ausstellung und Film werden demnächst auf<br />
der Homepage der ARGE grenzen erzählen www.grenzenerzaehlen.at installiert<br />
und ab November 2005 virtuell begehbar sein. Interessierte können<br />
den Katalog zur Ausstellung inklusive Film „vyprávéní z pohraniči“ | „grenzen<br />
erzählen“ als DVD unter angelika.brechelmacher@uni-klu.ac.at bestellen.<br />
Meje pripovedujejo<br />
– Naša zahvala velja vsem našim intervjuvancen/kam za zaupanje pri našem<br />
delu in za odprto in prisrčno vzdušje pri skupnih srečanjih. Razstava in film<br />
bosta kmalu umeščena na spletno stran ARGE grenzenerzählen – www.<br />
grenzenerzaehlen.at in od novembra 2005 kot virtualni sprehod po razstavi.<br />
Zainteresirani lahko naročijo razstavni katalog skupaj s filmom „vyprávéní<br />
z pohraniči“ | „grenzen erzählen – meje pripovedujejo“ kot DVD na naslovu<br />
angelika.brechelmacher@uni-klu.ac.at.<br />
PROJEKTTEAM – PROJEKTNA SKUPINA<br />
Dr in Angelika Brechelmacher (Projektleiterin), Gabriela Miechtner, Maga<br />
Tanja Täuber, Tina Hochkogler. Projektsupervision: Dr. Harald Payer,<br />
ÖAR Regionalberatung GmbH. Kooperationspartnerinnen in der Tschechischen<br />
Republik: RN Dr in Bronislava Milinková und Mgr. Margita Březnová/<br />
ČSŽ – Tschechischer Frauenverband/Kreis Südmähren. – Dr in Angelika<br />
Brechelmacher (vodja projekta), Gabriela Miechtner, Maga Tanja Täuber,<br />
Tina Hochkogler. Projektni nadzor: Dr. Harald Payer, ÖAR Regionalberatung<br />
GmbH. Partnerji kooperacije v Češki republiki: RN Dr in Bronislava Milinková<br />
in Mgr. Margita Březnová / ČSŽ – Češko žensko združenje / okrožje Južna<br />
Moravska.<br />
FÖRDERUNGEN – PODPORE<br />
Die Austellung wurde von Regionalentwicklungsfonds EFRE Wien, Kulturreferat<br />
der NÖ Landesregierung und Frauenbüro der Stadt Wien gefördert,<br />
die Videoproduktion durch das Kulturreferat der Stadt Wien. Finanzielle<br />
Unterstützung der tschechischen Partnerinnen: Österreichisches Kulturforum<br />
in Prag. Mit Unterstützung des Weinviertelfestivals 2004. – Dotacije:<br />
Razstava je bila podprta s strani Regionalentwicklungsfonds EFRE<br />
Wien (Sklada regionalnega razvoja EFRE Dunaj), Kulturreferat der NÖ<br />
Landesregierung (Kulturnega referata deželne vlade Spodnje Avstrije), in<br />
Frauenbüro der Stadt Wien (Ženske pisarne mesta Dunaja, video produkcija<br />
s strani), Kulturreferat der Stadt Wien (Kulturnega referata mesta Dunaja).<br />
Finančna podpora čeških partnerjev: Österreichisches Kulturforum in Prag<br />
(Avstrijski kulturni forum iz Prage). V sodelovanju z Weinviertelfestivalom<br />
2004.
Moč šibkih<br />
Ženske v času kmečkega gospodarjenja<br />
� Text: Irena Destovnik<br />
Moč šibkih<br />
V prispevku izhajam iz ugotovitev, ki sem jih opisala v knjigi Moč šibkih, Ženske v času kmečkega<br />
gospodarjenja 1 in prikazala na razstavi z istim naslovom. Način življenja žensk iz kmečkega in<br />
podkmečkega sloja sem raziskovala v Šentjanžu v Rožu in na Šentjanških Rutah, vaških skupnostih<br />
na dvojezičnem območju južne Koroške, in sicer v obdobju druge polovice 19. in prve polovice<br />
20. stoletja. 2 Omenjene ženske so zapustile sledi le v skopih zaznamkih v rojstnih, poročnih in<br />
mrliških matičnih knjigah ter v notarskih aktih, predvsem v sklepih o odpravninah in ženitnih<br />
pogodbah. Spomin nanje ohranjajo tudi njihove potomke, katerih mentalni svet se predvsem pri<br />
starejših ni bistveno spremenil. Tradicionalni svet se je zrušil šele po drugi svetovni vojni, ko se je<br />
vaška skupnost odprla navzven, družina pa zaprla navznoter.<br />
Statistični podatki kažejo naslednjo sliko: leta 1883 je v obeh vaseh živelo 265 ljudi, vsi so bili<br />
Slovenci, leta 1900 je tu živelo sedem Nemcev, leta 1910 pet, ob popisu prebivalstva leta 2002 pa<br />
se je za govorce slovenskega jezika opredelilo okoli 23 odstotkov prebivalcev. Poklicna struktura<br />
nekdaj kmečkega slovenskokoroškega prebivalstva, ki je danes v primerjavi z nemško krepko v<br />
prid slovensko govorečim, se je začela spreminjati po letu 1957. Takrat je bila ustanovljena Zvezna<br />
gimnazija za Slovence, pozneje pa še dve dvojezični višji šoli.<br />
Z raziskavo sem hotela dokazati pomembnost gospodarske vloge žensk, ki so jo imele ženske<br />
v času kmečkega gospodarjenja, kar pa v izbranem okolju ni bila lahka naloga. Viri, ki so na<br />
razpolago, hkrati dokazujejo njihovo gospodarsko in družbeno podrejenost. Ker pa sem želela<br />
oporekati mnenju o manjvrednosti dela, ki ni ovrednoteno z denarjem, sem ženske iskala tam, kjer<br />
so bile najbolj prisotne in dejavne. Hkrati pa sem želela posledice delitve produkcije in reprodukcije<br />
povezati s spremembami pojmov ženska, mati in gospodinja, saj je to vplivalo na današnji pomen<br />
in položaj žensk tako v zasebnem kot javnem življenju.<br />
Čeprav smo si ženske predvsem v 20. stoletju priborile številne politične pravice in pravice na<br />
področju izobraževanja, zaposlitve ter socialnega varstva, analiza teh pravic pokaže, da ohranjajo<br />
starodavne mite o ženski in moški naravi. Iluzijo linearnega razvoja je, poleg tega, da sta v 16.<br />
stoletju cerkev in država reprodukcijo ljudi potisnili v »božje roke«, v obdobju industrializacije<br />
porušil predvsem izgon žensk iz produkcijskega procesa. Moški so zasedli zunanji prostor, ženski<br />
71
Moč šibkih<br />
pa ostale v zasebnem. V kmečki ekonomiji,<br />
ki je bila hišno in družinsko organizirana ter<br />
brez ločnice med družinskim življenjem in<br />
pridobitnim delom, so bile ženske kot delovna<br />
sila na obeh področjih nepogrešljive. Tako<br />
razloge za spolno delitev dela kot razliko med<br />
vsakokratnim pomenom ženskega dela in<br />
družbenim položajem žensk lahko prepoznamo<br />
le, če upoštevamo vsa dela, ki so jih ženske<br />
opravljale. Sodobna delitev dela na plačano<br />
in neplačano delo je podobo ženskega dela<br />
precej popačila. Koncept dela in naš odnos do<br />
njega se stalno spreminjata; kaj se na področju<br />
neplačanega ženskega dela vrednoti kot delo<br />
in kaj kot prostočasna aktivnost, določa cena<br />
storitve na trgu. Tudi današnje pojmovanje<br />
kmečkega dela se je zaradi agrarnega prevrata<br />
oblikovalo šele v drugi polovici 18. in v prvi<br />
polovici 19. stoletja.<br />
Čeprav so zaradi proletarizacije moške delovne<br />
sile – leta 1935 je bilo v obeh vaseh kar 45,1<br />
odstotka kajžarjev z manj kot petimi hektarji<br />
zemlje – prvi gostači, označeni kot industrijski<br />
delavci, v matičnih knjigah zapisani že leta<br />
1888, pa njihovih družin še ne moremo označiti<br />
kot delavske ali obrtniške. Sieder 3 piše, da so<br />
prvi delavci družino kot gospodarsko skupnost<br />
zamenjali s plačano zaposlitvijo, njihove<br />
žene pa so za preživetje opravljale dela, ki so<br />
presegala reprodukcijske naloge. Njihov način<br />
preživetja je zaradi agrarnega ozadja še dolgo<br />
temeljil na dvojni ekonomiji. Sieder je ta tip<br />
družine poimenoval na pol odprta družinska<br />
struktura. V zaprtih družinskih strukturah<br />
ženske opravljajo samo reprodukcijske naloge.<br />
Kmečko gospodarstvo je temeljilo na lastnini<br />
zemlje in njej ustreznemu številu delovne sile,<br />
temelj za poroko in lastno samostojnost je<br />
bila dediščina. Na Koroškem je veljalo načelo<br />
nedeljivosti oziroma pravo enega dednega<br />
72<br />
prevzemnika. Praviloma je dedoval najstarejši<br />
sin, ki je moral ob prevzemu izplačati tako<br />
imenovane odpravljene dediče. Prav zaradi<br />
tega se je v kmečkem okolju izoblikoval<br />
raznolik podkmečki sloj prebivalstva, ki se je<br />
od kmečkega razlikoval zgolj glede socialne<br />
strukture. Socialni statusi ženinov in nevest<br />
pričajo o socialni endogamiji, vendar pa so se<br />
znotraj slojev, vezanih na kmečko ekonomijo,<br />
te meje lažje prekoračevale, kot pa med drugimi<br />
sloji. Za večino ljudi so bili začasni izhodi iz<br />
privilegiranih kmečkih slojev predvsem pred<br />
poroko skorajda pravilo. Večje število kmečkih<br />
sinov in hčera si je pred prevzemom lastništva<br />
ali poroko služilo kruh kot hlapci ali dekle.<br />
Neporočene kmečke hčere so po prevzemu<br />
lastništva enega od sorojencev v matičnih<br />
knjigah označene kot dekle ali gostačice.<br />
Pari brez otrok so si zagotovili preživetje in<br />
ohranitev kmetije tako, da so posest izročili<br />
kakemu sorodniku ali dolgoletnemu poslu.<br />
Pred industrializacijo je spolna delitev dela veljala<br />
samo za moške. Ženske so vedno opravljale vsa,<br />
moški pa le tako imenovana moška dela, to pa<br />
je bilo povezano predvsem z ugledom. Bolj<br />
kot so posamezna delovna opravila povezana<br />
s samopreskrbo oziroma preživetjem družine<br />
in ne prinašajo neposrednega zaslužka, bolj<br />
postajajo ženska; bolj kot so tržno usmerjena in<br />
povezana z zaslužkom, bolj so moška. Namen<br />
porazdelitve vlog na temelju spola je določanje<br />
mesta vsake osebe doma in v družbi, oziroma,<br />
kot pravi Margaret Mead 4 , moški lahko dela<br />
karkoli, da le to v njegovem okolju ne velja<br />
za žensko delo. Kljub kulturnim razlikam je<br />
vzorec univerzalen: ob prekoračitvi se moške<br />
zasmehuje, ženske pa hvali. Tako moški kot<br />
ženske so s ponosom pripovedovali o ženskah,<br />
ki so opravljale moška dela, nihče pa ni<br />
nobenega pomena pripisoval tipičnim ženskim
opravilom. Odgovori žensk o vrednotenju<br />
lastnega dela odražajo družbeno vrednotenje.<br />
Kljub jasni spolni obeleženosti posameznih del<br />
in enosmernim prekoračitvam pa je v primerjavi<br />
s kasnejšo delitvijo dela po spolu mogoče<br />
za nazaj govoriti o dopolnjujočih oblikah<br />
delitve dela med zakoncema. Če dokazujemo<br />
gospodarsko nepogrešljivost žensk le s tem,<br />
da so opravljale najtežja fizična dela, na neki<br />
način utrjujemo odnos, ki ga ima potrošniška<br />
družba do gospodinjstva. Ker denar v družinski<br />
ekonomiji ni bil nekaj običajnega, so ženske<br />
s posebnimi strategijami poskrbele za čim<br />
manjše stroške pri oskrbi družine s prehrano,<br />
obleko, zdravjem in izobraževanjem.<br />
Večina avtorjev razume kmečki način<br />
gospodarjenja kot kombinacijo bivanja in dela,<br />
ki ženskam omogoča hkratno opravljanje<br />
produkcijske in reprodukcijske vloge. Kljub<br />
visokemu moralnemu pomenu materinstva,<br />
na katerem je gradila predvsem cerkev, pa je<br />
bila ženska pomembnejša kot delovna sila.<br />
Kmečka ekonomija je tudi nezakonskim<br />
materam in njihovim otrokom omogočala<br />
preživetje, saj so bili nepogrešljivi za kmečko<br />
družbo, ki je potrebovala številno delovno<br />
silo. Iz ekonomskih razlogov je bila Koroška<br />
dežela z najmanjšim številom poročenih<br />
ljudi in največjim deležem nezakonskih<br />
otrok. Leta 1890 jih je bilo na Koroškem 45,<br />
na območju celotne Avstro-Ogrske pa 15<br />
odstotkov. Med letoma 1832 in 1945 se je v<br />
obeh vaških skupnostih rodilo 17 odstotkov<br />
nezakonskih otrok. Več kot polovico so jih<br />
rodile hčere večjih posestnikov, le 15 odstotkov<br />
je bilo dekel, 24 odstotkov pa gostačic. Številke<br />
ilustrirajo ekonomsko ozadje velikega števila<br />
nezakonskih otrok, načine preživetja njihovih<br />
mater pa opisujejo posamezne življenjske<br />
zgodbe.<br />
Moč šibkih<br />
Rodnost se je začela zmanjševati šele, ko<br />
zemlja ni bila več pogoj za preživetje, skrb<br />
za nepreskrbljene družinske člane pa se je<br />
iz družinske mreže prenesla na državne<br />
ustanove. Državni skrbstveni sistem je družino<br />
razbremenil skrbi za šibkejše družinske člane;<br />
splošna socialnopolitična zakonodaja, ki so jo<br />
države Srednje in Zahodne Evrope sprejemale<br />
v zadnjih letih 19. in prvih letih 20. stoletja,<br />
je bila odgovor na probleme industrijskega<br />
kapitalizma. Čeprav je vlada že leta 1909<br />
sprejela prvi predlog kmečkega zavarovanja,<br />
ta ni bila sprejet, saj naj bi kmetje zaradi<br />
neustrezne posestne strukture in številčne<br />
prevlade malih kmetov ne prenesli finančnih<br />
bremen socialnega zavarovanja. V Avstriji so<br />
se kmetje lahko zdravstveno zavarovali šele<br />
leta 1965, pokojninsko pa leta 1969.<br />
Niti kmečke družine niti medsebojnih čustev<br />
njenih članov ni mogoče obravnavati ločeno<br />
od kmečke ekonomije. Ljudje so se pri izbiri<br />
zakonskega partnerja dobro zavedali, da je<br />
lastnina zemlje temelj preživetja ne le zanje,<br />
temveč tudi za druge družinske člane. Zaradi<br />
ponotranjenih vrednot so nezavedno upoštevali<br />
ekonomske zahteve, ki niso dopuščale izbire<br />
ter jim ni bilo kam uiti. V obdobju tako<br />
imenovanega baby-booma sredi 20. stoletja<br />
se je prvič v evropski zgodovini lahko vsak<br />
odrasel in polnoleten državljan poročil brez<br />
zakasnitve. Takrat se je ustanovitev družine<br />
spremenila iz privilegija v družbeno normo.<br />
Spomin na otroke, ki so umrli v prvih treh<br />
letih življenja, se v družinskem spominu ni<br />
ohranjal. Podatki iz rojstnih in mrliških knjig<br />
pričajo, da je bila smrtnost otrok največja v<br />
prvem letu. Prvi babiški tečaji v Celovcu so se<br />
začeli že leta 1753; pouk naj bi bil vse do leta<br />
1893 v slovenskem jeziku. Splošno bolnišnico,<br />
v kateri so uredili tudi porodniški oddelek, so<br />
73
Moč šibkih<br />
zgradili leta 1784. Od ustanovitve bolnišnice<br />
do prvega poroda ženske iz Šentjanža, to je<br />
leta 1933, je minilo celih 149 let. Ta podatek ne<br />
govori o težavah uvajanja strokovno vodenih<br />
porodov na podeželje, saj porodnišnice dolgo<br />
niso bile namenjene poročenim ženskam in<br />
vdovam, temveč praktičnemu učenju babic<br />
na nezakonskih materah in drugih ženskah<br />
v stiski. V vasi so ženskam vse do leta 1842<br />
pri porodu pomagale neizprašane babice. Od<br />
tega leta je tudi avstrijski kazenski zakonik<br />
predvideval hude kazni za opravljanje porodne<br />
pomoči brez izobrazbe oziroma dovoljenja.<br />
S pripovedovanjem o ženskah kot skupini, ki<br />
se o kontracepciji med seboj v preteklosti ni<br />
pogovarjala, so se ženske izognile osebnim<br />
izpovedim. Krščanska morala je od njih<br />
zahtevala, da so smele biti ali device ali matere,<br />
ne pa samostojna spolna bitja. Da kot spolna<br />
bitja niso obstajale, potrjujejo izjave, da večina<br />
deklic ni opazila materine nosečnosti, tabu pa<br />
so bili tudi pogovori o menstruaciji.<br />
Zaposleno mater kot predmet sočutja je<br />
ustvarilo šele določeno obdobje. Do kmečkih<br />
žensk in žensk iz podkmečkega sloja, ki so<br />
morale zaradi dela svoje otroke prepuščati<br />
drugim osebam, puščati same brez varstva ali<br />
pa jih za pastirje ali pestrne prepuščati drugim<br />
kmetom, imajo ljudje povsem drugačen odnos,<br />
kot do zunaj doma zaposlenih žensk. Iste<br />
ženske, ki so vse življenje trdo delale na kmetiji<br />
in hkrati skrbele za otroke, danes nasprotujejo<br />
zaposlovanju žensk.<br />
Kmalu po prvih razgovorih z ženskami, ki<br />
so obe vlogi v preteklosti še združevale, sem<br />
postavila trditev, da je povečana zaščita žensk<br />
na področju medicinskega varstva predvsem<br />
v zvezi z zaščito materinstva potekala hkrati<br />
z zmanjševanjem pomena žensk na področju<br />
produkcije. Zanimalo me je, kdaj sta se ti<br />
74<br />
pravici izoblikovali in zakaj. Ali so bili ti ukrepi<br />
sprejeti zaradi žensk samih ali zaradi utrjevanja<br />
ideologije, ki je žensko po ločitvi produkcije<br />
in reprodukcije izrinila iz delovnega procesa.<br />
Izkazalo se je, da zakonodaja s področja<br />
zaščite materinstva s svojo vsebino oblikuje in<br />
vzdržuje mnenje o primarni oziroma naravni<br />
vlogi žensk, ki naj bi bila predvsem skrb za<br />
otroke in druge družinske člane.<br />
Zaradi takratnega načina dela je prevladujoči<br />
družbeni diskurz, ki ga je oblikovala cerkev,<br />
kot največjo vrednoto poudarjal delavnost<br />
ženske in njeno skrb za druge. Družbeno<br />
zaželeno žensko telo še ni bilo fizično šibko<br />
telo, temveč objekt, s katerim se dela; človek<br />
je bil vreden toliko, kolikor je lahko s svojim<br />
telesom naredil. Noseče ženske so brez vsake<br />
zaščite delale do poroda in takoj po njem.<br />
Ker ženske še niso bile odvisne od nihanj na<br />
trgu delovne sile, na družbeno konstrukcijo<br />
ženskega telesa medicina še ni imela vpliva. Z<br />
njeno pomočjo je država pozneje uravnavala<br />
dostop do zaposlitve zunaj doma in si na ta<br />
način v času, ki je ženskam kot smisel življenja<br />
narekoval materinstvo, zagotavljala rezervno<br />
armado poceni delovne sile. Šele feministične<br />
raziskave skrbstvene zakonodaje so pokazale,<br />
da ima navzven sicer nevtralna zakonodaja<br />
drugačne posledice za moške kot za ženske.<br />
Socialna in medicinska skrb za mater in<br />
otroka sta nujni; z njima je nekaj narobe,<br />
kadar sta utemeljeni na ideologiji in povezani<br />
s prebivalstveno politiko. Zakonodaja, ki k<br />
izpolnjevanju določenih ciljev usmerja vse<br />
ženske, ne upošteva pa njihovih interesov, je<br />
problematična. Danes se nataliteta znižuje<br />
predvsem v državah s konzervativno spolno<br />
ideologijo in slabo organizirano družbeno<br />
skrbjo za otroke. Stopnja družbene skrbi je<br />
vedno odvisna od stanja na trgu delovne
sile: ko država potrebuje ženske kot delovno<br />
silo, hkrati pa ne želi, da bi se rodilo manj<br />
otrok, poskrbi za zaščitne ukrepe, med<br />
povečano brezposelnostjo pa se državna<br />
zaščita materinstva zmanjša, prednost pri<br />
zaposlovanju imajo moški, v ospredju pa je<br />
ideologija, usmerjena v družinske vrednote.<br />
Kot piše Steinman 5 , je moderna družba sicer<br />
ustvarila možnosti za enakopravnost med<br />
moškimi in ženskami, ohranila ali celo okrepila<br />
pa je razliko med moškostjo in ženskostjo.<br />
Tudi splošno veljavne psihološke in vzgojne<br />
znanosti, ki določajo temeljne karakteristike<br />
otrokovega razvoja, otežujejo odločitve žensk<br />
za zaposlitev zunaj doma. Denise Riley 6 je z<br />
razčlenitvijo obstoječih psiholoških razprav o<br />
razvoju otroka in njegovi življenjski odvisnosti<br />
od matere ugotovila, da so te nastajale v tesni<br />
zvezi s konkretnimi vladnimi zahtevami, z<br />
demografsko politiko, s politiko zaposlovanja<br />
in programi političnih strank. Christiane<br />
Olivier 7 piše, da človek ne more brez tveganja<br />
tako radikalno ločiti produkcije od reprodukcije.<br />
Ločitev je imela posledice za oba spola, tako na<br />
področju delitve dela kot vsebine družinskih<br />
vlog, predvsem pa je vplivala na odnos med<br />
zasebnim družinskim življenjem in javnim<br />
svetom dela. Gospodinjsko delo se je začelo<br />
opravljati v imenu ljubezni, pravo pridobitno delo<br />
pa naj bi potekalo zunaj doma. Tudi tehnizacija<br />
kmetijstva je hkrati z intimizacijo družine<br />
ženske vedno bolj izrinjala iz produkcije. S<br />
spremenjenima vlogama gospodinje in matere,<br />
ki nista več le funkcionalni, temveč sta hkrati<br />
nosilki posebnih simbolnih pomenov, sta se<br />
začela zasebni in javni prostor ločevati tudi<br />
na podeželju. Izvor ambivalentnega odnosa<br />
do žensk v današnji družbi vedno več avtoric<br />
in avtorjev išče v ideologiji, ki je izključno<br />
ženskam naprtila odgovornost za otroke. Po<br />
Giddensu 8 ima prevlada matere v zgodnji skrbi<br />
za otroka globoke psihološke posledice za oba<br />
spola. Danes se psihična struktura pri majhnih<br />
deklicah in dečkih oblikuje ob odsotnosti očeta,<br />
zaradi česar se ti ne morejo naučiti bistvenega<br />
za komunikacijo v odraslosti, to je spoštovanja<br />
drugega zaradi njega samega. Predvsem pa<br />
otroci v podobi matere ne prepoznajo kulturno<br />
dostopne in spoštovane podobe ženske, ker<br />
jo doživljajo le v njeni materinski funkciji. S<br />
strategijami združevanja obeh vlog se ženska<br />
danes spoprijema, kot da je to njen zasebni<br />
problem. Demokratizacija zasebnega življenja<br />
bi uspela le – o tem sta pisala Giddens in<br />
Olivierjeva -, če bi otroci od prvega dne rasli<br />
skupaj z žensko in moškim, ki bi se svobodno in<br />
suvereno gibala na vseh področjih družbenega<br />
življenja.<br />
O AVTORJU – ZUR PERSON<br />
Irena Destovnik<br />
Irena Destovnik je diplomirana univerzitetna<br />
etnologinja in sociologinja kulture. Ima<br />
status samostojne ustvarjalke na področju<br />
kulture-kustosinje in je stalna zunanja<br />
sodelavka Slovenske prosvetne zveze v<br />
Celovcu. – Irena Destovnik ist diplomierte Ethnologin<br />
und Kultursoziologin. Sie ist im Kulturbereich<br />
selbständig tätig (u. a. als Kustos) und<br />
ist ständige externe Mitarbeiterin beim Slowenischen<br />
Kulturverband in Klagenfurt.<br />
OPOMBE<br />
Moč šibkih<br />
1 Irena Destovnik: Moč šibkih, Ženske v času kmečkega gospodarjenja.<br />
Slovenska prosvetna zveza (izd.), Drava (zal.), Celovec 2002, 240 str.<br />
2 Naročnik raziskave je bila Slovenska prosvetna zveza v Celovcu, ena od<br />
obeh osrednjih kulturnih organizacij koroških Slovencev.<br />
3 Reinhard Sieder, Socialna zgodovina družine. Ljubljana 1998, S. 174–176.<br />
4 Vgl. Michael Mitterauer, Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in<br />
vorindustrieller Zeit, in: Beiträge zur historischen Sozialkunde 11, Salzburg<br />
1981, S. 81.<br />
5 Vgl. Ann Oakley, Gospodinja. Ljubljana 2000, S. 97.<br />
6 Vgl. Eva Bahovec, Predavanje za uvod: Feminizem in materinstvo, in: Delta<br />
– Revija za ženske študije in feministično teorijo 1–2. Ljubljana 1995, S.<br />
47.<br />
7 Christiane Olivier, Die Söhne des Orest. Ein Plädoyer für Väter. München<br />
1997, S. 197.<br />
8 Anthony Giddens, Preobrazba intimnosti: Spolnost, ljubezen in erotika v<br />
sodobnih družbah. Ljubljana 2000, S. 135–136.<br />
75
Die Kraft der Schwachen<br />
Die Kraft der Schwachen<br />
Die Frauen im Zeitalter der bäuerlichen<br />
Wirtschaft<br />
Dieser Beitrag geht von den Feststellungen<br />
aus, die ich im Buch „Moč šibkih, Ženske v<br />
času kmečkega gospodarjenja“ (Die Kraft der<br />
Schwachen, Die Frauen im Zeitalter der bäuerlichen<br />
Wirtschaft) 1 getroffen habe und die<br />
bei der gleichnamigen Ausstellung dargestellt<br />
wurden. Ich untersuchte die Lebensweise der<br />
Frauen aus der Schicht der Bauern sowie der<br />
Knechte und Mägde in St. Johann im Rosental<br />
und in Rabenberg – in Dorfgemeinschaften im<br />
zweisprachigen Gebiet Südkärntens – zur Zeit<br />
der zweiten Hälfte des 19. und der ersten Hälfte<br />
des 20. Jahrhunderts. 2 Die genannten Frauen<br />
hinterließen ihre Spuren nur in knappen<br />
Vermerken in Geburten- und Sterbebüchern,<br />
Heiratsregistern und Notariatsakten, meistens<br />
in den Beschlüssen über Abfertigungen und<br />
in Heiratsverträgen. Die Erinnerung an diese<br />
Frauen bewahren auch die weiblichen Nachkommen,<br />
deren mentale Welt sich vor allem<br />
bei älteren Frauen kaum geändert hat. Die traditionelle<br />
Welt brach erst nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg zusammen, als sich die Dorfgemeinschaft<br />
nach außen hin öffnete, die Familie sich<br />
hingegen nach innen zurückzog.<br />
Die statistischen Daten zeigen folgendes Bild:<br />
Im Jahre 1883 lebten in beiden Dörfern 265<br />
Menschen, und zwar ausschließlich Slowenen;<br />
im Jahre 1900 lebten hier sieben Deutschsprachige,<br />
im Jahre 1910 fünf, bei der Volkszählung<br />
2002 definierten sich 23% der Bevölkerung als<br />
slowenischsprachig. Die berufliche Struktur<br />
der einst bäuerlichen slowenischsprachigen<br />
Bevölkerung in Kärnten begann sich nach dem<br />
Jahr 1957 zu ändern. Damals wurde das Bun-<br />
76<br />
desgymnasium für Slowenen gegründet, später<br />
folgten noch zwei weitere zweisprachige<br />
höhere Schulen.<br />
Mit der vorliegenden Studie wollte ich die Bedeutung<br />
der wirtschaftlichen Rolle der Frauen<br />
darlegen, die sie in den Zeiten des bäuerlichen<br />
Wirtschaftens spielten, was im ausgewählten<br />
Umfeld sicherlich keine leichte Aufgabe war.<br />
Die zur Verfügung stehenden Quellen belegen<br />
die zugleich wirtschaftliche und soziale<br />
Schlechterstellung der Frauen. Da ich aber<br />
der Auffassung widersprechen wollte, dass Arbeit,<br />
die nicht bezahlt wird, minderwertig sei,<br />
suchte ich die Frauen dort, wo sie am stärksten<br />
vertreten waren. Zugleich wollte ich die Folgen<br />
der Produktions- und Reproduktionsteilung<br />
mit den Veränderungen des Begriffes der<br />
Frau, Mutter und Hausfrau verbinden, da genau<br />
dies großen Einfluss auf die Position der<br />
Frau sowohl im privaten als auch im öffentlichen<br />
Leben hatte.<br />
Obwohl sich die Frauen vor allem im 20. Jahrhundert<br />
politische Rechte, Rechte im Bereich<br />
der Ausbildung, des Berufs und des Sozialrechts<br />
erkämpft haben, zeigt eine Analyse,<br />
dass diese den altertümlichen Mythos über<br />
die Natur von Mann und Frau aufrechterhalten.<br />
Die Illusion einer linearen Entwicklung<br />
ist, abgesehen davon, dass im 16. Jahrhundert<br />
sowohl die Kirche als auch der Staat die Menschenreproduktion<br />
in die „Hände Gottes“ legten,<br />
in der Industrialisierungsperiode vor allem<br />
mit der Verdrängung der Frau aus dem Produktionsprozess<br />
zerstört worden. Die Männer besetzten<br />
den äußeren, öffentlichen Raum, die<br />
Frauen blieben im privaten Bereich.<br />
In der bäuerlichen Wirtschaft, die auf Haushalt<br />
und Familie basierte und wo es keine<br />
Trennlinie zwischen Familienleben und Erwerbstätigkeit<br />
gab, waren die Frauen als Ar-
eitskraft in beiden Bereichen unabkömmlich.<br />
So können wir sowohl die Gründe für die geschlechtliche<br />
Arbeitsteilung als auch die Unterschiede<br />
zwischen der Bedeutung der Arbeit<br />
und der gesellschaftlichen Lage der Frauen nur<br />
dann erkennen, wenn wir alle Arbeiten in Betracht<br />
ziehen, die von Frauen erledigt wurden.<br />
Die moderne Arbeitsteilung in bezahlte und<br />
unbezahlte Arbeit führt zu einem verfälschten<br />
Bild der Frauenarbeit. Die Arbeitsabläufe und<br />
unsere Einstellung dazu ändern sich ständig;<br />
was im Bereich der unbezahlten Frauenarbeit<br />
als Arbeit bewertet wird und was zur Freizeitaktivität<br />
zählt, bestimmt der Dienstleistungspreis<br />
am Markt. Auch die heutige Auffassung<br />
der Bauernarbeit hat sich erst mit der Agrarrevolution<br />
in der zweiten Hälfte des 18. und in<br />
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts herausgebildet.<br />
Infolge der Proletarisierung der männlichen Arbeitskraft<br />
– im Jahre 1935 besaßen in den beiden<br />
Dörfern 45,1 % der Keuschler weniger als 5<br />
ha Anbaufläche – wurden die ersten Bewohner<br />
bereits im Jahre 1888 im Personenstandbuch<br />
als industrielle Arbeiter eingetragen. Dennoch<br />
können ihre Familien noch nicht als Arbeiter-<br />
oder Handwerkerfamilien bezeichnet werden.<br />
Reinhard Sieder 3 schreibt, dass bei den ersten<br />
Arbeitern die Familie als wirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft<br />
von der Lohnarbeit abgelöst<br />
wurde, ihre Frauen übten die für das Überleben<br />
notwenigen Arbeiten aus. Die Lebensweise basierte<br />
wegen des agrarischen Hintergrundes<br />
noch lange auf dieser Doppelwirtschaft. Sieder<br />
bezeichnet diese Art der Familie als halboffene<br />
Familienstruktur. In geschlossenen Familienstrukturen<br />
hingegen üben die Frauen nur die<br />
Mutterrolle aus.<br />
Die bäuerliche Wirtschaft basierte auf Landeigentum<br />
und einer entsprechenden Zahl an<br />
Die Kraft der Schwachen<br />
Arbeitskräften, die Grundlage für Heirat und<br />
eigene Selbstständigkeit war die Erbschaft.<br />
In Kärnten galt das Prinzip der Unteilbarkeit<br />
des Besitzes bzw. eines einzigen Erbfolgers.<br />
In der Regel erbte der älteste Sohn, der bei der<br />
Übernahme die abgefertigten Erben auszahlen<br />
musste. Gerade dies war der Grund, dass<br />
sich eine bäuerliche Unterschicht bildete, die<br />
sich von den Bauern in der sozialen Struktur<br />
unterschied. Der soziale Status der Brautpaare<br />
zeugt von einer sozialen Endogamie, jedoch<br />
konnten innerhalb der Bevölkerungsschichten,<br />
die von der Landwirtschaft lebten, die Grenzen<br />
leichter überschritten werden als bei anderen<br />
Bevölkerungsgruppen. Für die Mehrheit<br />
der Menschen war der vorübergehende Austritt<br />
aus der privilegierten bäuerlichen Schicht<br />
vor der Ehe fast die Regel. Viele Bauernsöhne<br />
und Bauerntöchter verdingten sich vor der Besitzübernahme<br />
oder vor der Heirat als Knechte<br />
oder Mägde. Unverheiratete Bauerntöchter<br />
wurden nach der Besitzübernahme durch eines<br />
der Geschwister im Standesregister als<br />
Mägde oder Inwohner bezeichnet. Kinderlose<br />
Paare sicherten sich das Überleben und den Erhalt<br />
ihres Bauernhofs durch die Übergabe des<br />
Besitzes an einen Verwandten oder an einen<br />
langjährigen Dienstboten.<br />
Vor der Industrialisierung galt die geschlechtliche<br />
Arbeitsteilung nur für Männer. Frauen erledigten<br />
immer alle Arbeiten, Männer nur die<br />
so genannten Männerarbeiten, was vor allem<br />
mit dem Ansehen zu tun hatte. Je mehr eine<br />
Arbeit mit der Selbstversorgung bzw. mit der<br />
Sicherung des Überlebens der Familie zu tun<br />
hat und keine direkten Gewinne bringt, desto<br />
mehr wird sie zur so genannten Frauenarbeit;<br />
je mehr sie marktorientiert und mit einem Verdienst<br />
verbunden ist, desto mehr wird sie zur<br />
so genannten Männerarbeit. Der Sinn der Rol-<br />
77
Die Kraft der Schwachen<br />
lenverteilung auf Basis der Geschlechter liegt in<br />
der Stärkung der Position jedes Individuums in<br />
der Familie und in der Gesellschaft bzw., wie<br />
Margaret Mead 4 sagt, könne der Mann alle Arbeiten<br />
erledigen, solange diese in seinem Umfeld<br />
nicht als „Frauenarbeiten“ bezeichnet werden.<br />
Trotz kultureller Unterschiede gilt dieses<br />
Muster als universell: Bei Übertretung dieser<br />
Schranke werden die Männer verspottet, die<br />
Frauen hingegen gelobt. Sowohl Männer als<br />
auch Frauen waren voll Anerkennung über diejenigen<br />
Frauen, die so genannte Männerarbeiten<br />
erledigten, niemand jedoch maß den typischen<br />
Frauenarbeiten eine Bedeutung zu. Die<br />
Antworten der Frauen über die Bewertung der<br />
eigenen Arbeit reflektieren deren gesellschaftliche<br />
Bewertung. Trotz der klaren geschlechtlichen<br />
Prägung einiger Arbeiten kann man –<br />
im Vergleich mit der späteren geschlechtlichen<br />
Arbeitsteilung – im Nachhinein von einer ergänzenden<br />
Form der Arbeitsteilung zwischen<br />
den Eheleuten sprechen.<br />
Die meisten Autoren verstehen die bäuerliche<br />
Art des Wirtschaftens als eine Einheit aus Leben<br />
und Arbeit, die es den Frauen ermöglicht,<br />
gleichzeitig Produktions- und Mutterrolle zu<br />
meistern. Trotz der hohen moralischen Bewertung<br />
der Mutterschaft, die vor allem die Kirche<br />
betonte, war die der Rolle Frau als Arbeitskraft<br />
wichtiger. Die bäuerliche Wirtschaft ermöglichte<br />
auch den unehelichen Müttern und ihren<br />
Kindern das Überleben, vor allem deshalb,<br />
weil sie für die bäuerliche Gesellschaft, die viele<br />
Arbeitskräfte brauchte, unabkömmlich waren.<br />
Diese wirtschaftlichen Gesichtspunkte waren<br />
ein Grund dafür, dass Kärnten die niedrigste<br />
Zahl an verheirateten Personen und den größten<br />
Anteil an unehelichen Kindern aufwies.<br />
Im Jahre 1890 betrug dieser Anteil in Kärnten<br />
45, in der gesamten Donaumonarchie hinge-<br />
78<br />
gen nur 15 Prozent. Zwischen 1832 und 1945<br />
kamen in den beiden Dorfgemeinschaften 17<br />
Prozent der Kinder unehelich zur Welt. Mehr<br />
als die Hälfte brachten die Töchter der großen<br />
Grundbesitzer zur Welt, nur 15 Prozent der ledigen<br />
Mütter waren Mägde und 24 Prozent<br />
Inwohnerinnen. Diese Zahlen illustrieren den<br />
wirtschaftlichen Hintergrund der vielen unehelichen<br />
Kinder.<br />
Die Geburtenrate begann erst zu sinken, als<br />
die Agrarwirtschaft nicht mehr eine Voraussetzung<br />
für das Überleben war. Die Sorge um<br />
unversorgte Familienmitglieder wurde von<br />
den Familien auf die staatlichen Institutionen<br />
übertragen. Das staatliche Fürsorgesystem<br />
nahm den Familien die Versorgung der schwächeren<br />
Familienmitglieder ab. Die allgemeine<br />
sozialpolitische Gesetzgebung, die von den<br />
mittel- und westeuropäischen Ländern Ende<br />
des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
eingeführt wurde, war eine Reaktion<br />
auf die Probleme des industriellen Kapitalismus.<br />
Obwohl die Regierung schon im Jahre<br />
1909 die erste Gesetzesvorlage für eine Sozialversicherung<br />
der Bauern einbrachte, wurde das<br />
Gesetz nicht beschlossen, weil man der Meinung<br />
war, dass die Bauern wegen der ungünstigen<br />
Besitzstruktur – die Mehrheit waren<br />
Kleinbauern – die finanzielle Last der Sozialversicherung<br />
nicht tragen können. In Österreich<br />
wurde die bäuerliche Sozialversicherung<br />
erst im Jahre 1965 eingeführt, die Pensionsversicherung<br />
1969.<br />
Die Entwicklungen in der Landwirtschaft können<br />
nicht getrennt von der emotionalen Situation<br />
der bäuerlichen Bevölkerung betrachtet<br />
werden. Die Menschen waren sich bei der Partnersuche<br />
der Tatsache bewusst, dass Grundbesitz<br />
die Basis für die Gründung einer Familie<br />
ist. Erst in der so genannten Baby-Boom-Periode
Mitte des 20. Jahrhunderts konnte zum ersten<br />
Mal in der Geschichte Europas jeder volljährige<br />
Bürger heiraten, die Gründung einer Familie<br />
war nicht länger ein Privileg der Besitzenden,<br />
sondern wurde zur gesellschaftlichen Norm.<br />
Die Daten aus dem Geburten- und Sterbebuch<br />
belegen, dass die Sterberate der Kinder im ersten<br />
Lebensjahr am höchsten war. Die ersten<br />
Hebammenkurse wurden in Klagenfurt bereits<br />
im Jahre 1753 durchgeführt, der Unterricht<br />
wurde bis 1893 in slowenischer Sprache<br />
abgehalten. Das allgemeine Krankenhaus, in<br />
dem auch eine Entbindungsstation eingerichtet<br />
war, wurde im Jahre 1784 errichtet. Dennoch<br />
kam es dort erst ab dem Jahre 1933 zu<br />
Entbindungen in größerer Zahl. Die Krankenhäuser<br />
wurden lange nicht von verheirateten<br />
Frauen aufgesucht, sondern dienten in erster<br />
Linie einem praxisorientierten Unterricht für<br />
Hebammen an unehelichen Müttern und anderen<br />
Frauen in Not. Auf dem Land halfen bis<br />
zum Jahr 1842 vor allem nicht geschulte Hebammen<br />
bei den Entbindungen. Ab diesem Jahr<br />
sah das österreichische Strafgesetzbuch strenge<br />
Strafen für die Ausübung der Geburtenhilfe<br />
ohne Ausbildung bzw. Zulassung vor.<br />
Aus Interviews geht hervor, dass Sexualität<br />
und Verhütung in der Vergangenheit ein stark<br />
tabubehaftetes Thema waren, selbst wenn<br />
Frauen unter sich waren. Das war vor allem<br />
eine Folge der katholischen Moralverstellung,<br />
die die Frau entweder als Jungfrau oder Mutter,<br />
nicht aber als eigenständiges geschlechtliches<br />
Wesen sah. Das bekräftigen auch Aussagen,<br />
wonach die meisten Mädchen die Schwangerschaft<br />
ihrer Mütter nicht bemerkten.<br />
Während es bei Bäuerinnen als normal betrachtet<br />
wurde, dass sie ihre Kinder auf Grund der<br />
Arbeit anderen Personen anvertrauen mussten<br />
oder sie ohne Aufsicht ließen, wurden berufs-<br />
Die Kraft der Schwachen<br />
tätige Frauen, die das Gleiche taten, scheel angesehen.<br />
In Gesprächen mit Frauen, die in der Vergangenheit<br />
Mutterschaft und Beruf vereinten,<br />
zeigte sich, dass sich diese heute gegen die Berufstätigkeit<br />
von Frauen aussprechen. Darüber<br />
hinaus konnte ich feststellen, dass durch die<br />
Einführung Mutterschaftsschutzes die Bedeutung<br />
der Frau im Bereich der Produktion sank.<br />
Mein Interesse bestand vor allem in der Frage,<br />
vor welchem Hintergrund die Gesetze über<br />
den Mutterschaftsschutz eingeführt wurden.<br />
Wurden diese Maßnahmen wegen der Frauen<br />
selbst ergriffen oder wollte man dadurch jene<br />
Ideologie verfestigen, die die Frauen aus dem<br />
Arbeitsprozess hinausdrängte. Es stellte sich<br />
heraus, dass die Intention des Mutterschaftsschutzes<br />
darin bestand, den Frauen ihre „natürliche“<br />
Rolle zuzuweisen, die primär in der<br />
Sorge um die Kinder und andere Familienmitglieder<br />
bestehe. Dieses Bild der Frau als Mutter<br />
und Fürsorgerin wurde auch stark von der Kirche<br />
geprägt.<br />
Ein schlanker Körper stellte damals kein Idealbild<br />
dar, denn er war Ausdruck physischer<br />
Schwäche, und dem Menschen wurde soviel<br />
Wert beigemessen, als er körperlich leisten<br />
konnte. Schwangere Frauen arbeiteten ohne<br />
jedweden Schutz bis zur Entbindung und auch<br />
danach setzen sie ihre Arbeit gleich wieder<br />
fort.<br />
Feministische Untersuchungen der auf den ersten<br />
Blick geschlechtsneutralen Sozialgesetzgebung<br />
zeigten, dass diese unterschiedliche Folgen<br />
für Frauen und für Männer hatte.<br />
Soziale Rechte und medizinische Versorgung<br />
von Mutter und Kind sind zweifelsfrei erforderlich<br />
und wünschenswert, dürfen aber nicht<br />
für ideologische und bevölkerungspolitische<br />
Ziele instrumentalisiert werden. Die Gebur-<br />
79
Die Kraft der Schwachen<br />
tenrate sinkt vor allem in Ländern mit einer<br />
wertkonservativen Vorstellung der Geschlechterrolle<br />
und einem Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen.<br />
Der Stellenwert der staatlichen<br />
Obsorge für Mutter und Kind hängt<br />
immer von der Arbeitsmarktsituation ab:<br />
Wenn Frauen als Arbeitskräfte benötigt werden<br />
und gleichzeitig ein Absinken der Geburtenrate<br />
verhindert werden soll, sorgt der Staat<br />
für soziale Maßnahmen, während hingegen in<br />
Zeiten steigender Arbeitslosigkeit der staatliche<br />
Mutterschutz sinkt. Am Arbeitsmarkt haben<br />
Männer gegenüber Frauen den Vorrang, und<br />
es rückt eine auf konservativen Familienwerten<br />
basierende Ideologie in den Vordergrund.<br />
Wie Ann Steinmann 5 schreibt, schuf die moderne<br />
Gesellschaft zwar die Möglichkeit der<br />
Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau,<br />
zugleich wurde aber der Unterschied zwischen<br />
Männlichkeit und Weiblichkeit bewahrt oder<br />
sogar gestärkt.<br />
Denise Riley 6 stellte im Vergleich psychologischer<br />
Abhandlungen bezüglich der Kindesentwicklung<br />
fest, dass diese Forschungen unter<br />
Einflussnahme konkreter Forderungen der<br />
jeweiligen Regierung bezüglich der Bevölkerungs-<br />
und Beschäftigungspolitik zustande<br />
kamen.<br />
Christiane Olivier 7 vertritt die Meinung, dass<br />
man die Erwerbstätigkeit von der Familienplanung<br />
nicht völlig trennen kann. Eine Trennung<br />
hat für beide Geschlechter Folgen – sowohl bei<br />
der Arbeitsteilung als auch im Bereich der Rollenverteilung<br />
in den Familien. Vor allem aber<br />
beeinflusst sie die Beziehung zwischen Familienleben<br />
und Arbeitswelt. Die Haushaltsarbeit<br />
erledigt man als „Zeichen der Liebe“, doch<br />
die „richtige“ Erwerbstätigkeit sollte außerhalb<br />
der eigenen vier Wände stattfinden. In der<br />
Landwirtschaft wurden die Frauen durch die<br />
80<br />
Technisierung immer mehr aus der Produktionsrolle<br />
gedrängt. Die Rolle der Hausfrau und<br />
Mutter, wurde nicht mehr nur funktionell gesehen,<br />
sondern bekam auch einen besonderen<br />
symbolischen Wert beigemessen, und so begannen<br />
sich auch auf dem Land privater und<br />
beruflicher Bereich zu trennen.<br />
Die Ursache der ambivalenten Beziehung der<br />
heutigen Gesellschaft gegenüber Frauen wird<br />
von immer mehr Autorinnen und Autoren in<br />
der Ideologie gesucht, die den Frauen die Verantwortung<br />
für die Kinder zuweist. Nach Anthony<br />
Giddens 8 hat die bedeutende Rolle der<br />
Mutter in der Anfangsphase der Kindererziehung<br />
sowohl für die Frau als auch für den<br />
Mann tief greifende psychologische Konsequenzen.<br />
Die psychische Struktur der Kinder<br />
wird heute durch die Abwesenheit des Vaters<br />
geprägt, weshalb sie grundlegende Kenntnisse<br />
für die Kommunikation im Erwachsenalter<br />
nicht erlernen können, d. h. das Respektieren<br />
des Anderen. Die Demokratisierung des privaten<br />
Lebens kann nur dann erfolgreich sein –<br />
darüber diskutierten schon Anthony Giddens<br />
und Christiane Olivier – wenn die Kinder mit<br />
beiden Elternteilen aufwachsen, die sich beide<br />
in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens<br />
frei und souverän bewegen können.<br />
ANMERKUNGEN<br />
1 Irena Destovnik, Moč šibkih, Ženske v času kmečkega gospodarjenja. Hg v.<br />
Slovenska prosvetna zveza. Klagenfurt/Celovec 2002.<br />
2 Der Auftraggeber der vorliegenden Studie ist der Slowenische Kulturverband<br />
in Klagenfurt, eine der beiden zentralen Kulturorganisationen der Kärntner<br />
Slowenen.<br />
3 Reinhard Sieder, Socialna zgodovina družine. Ljubljana 1998, S. 174–176.<br />
4 Vgl. Michael Mitterauer, Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in vorindustrieller<br />
Zeit, in: Beiträge zur historischen Sozialkunde 11, Salzburg 1981, S.<br />
81.<br />
5 Vgl. Ann Oakley, Gospodinja. Ljubljana 2000, S. 97.<br />
6 Vgl. Eva Bahovec, Predavanje za uvod: Feminizem in materinstvo, in: Delta<br />
– Revija za ženske študije in feministično teorijo 1–2. Ljubljana 1995, S.<br />
47.<br />
7 Christiane Olivier, Die Söhne des Orest. Ein Plädoyer für Väter. München<br />
1997, S. 197.<br />
8 Anthony Giddens, Preobrazba intimnosti: Spolnost, ljubezen in erotika v<br />
sodobnih družbah. Ljubljana 2000, S. 135–136.
Auf der Suche nach einer<br />
versunkenen Kultur<br />
Jüdisches Leben im Übermurgebiet<br />
� Text: Elisabeth Arlt<br />
An einem trüben Spätherbsttag begebe ich mich auf den Weg in das Übermurgebiet um mich auf<br />
die Suche nach der einst reichen jüdischen Kultur in dieser Gegend zu machen.<br />
Mein erstes Ziel ist Lendava, eine kleine Stadt direkt an der Grenze zu Ungarn. Mein Weg führt<br />
durch Murska Sobota, die Bezirkshauptstadt, auf dem Rückweg möchte ich auch hier Halt machen.<br />
Die Straße Richtung Lendava ist an diesem Tag – und nicht nur an diesem – stark befahren,<br />
ist es doch die Hauptroute nach Ungarn und Kroatien, viel Schwerverkehr zeugt von der Tat-<br />
Gedenkpark – spominski park<br />
Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />
81
Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />
sache, dass die sich bereits seit einigen Jahren<br />
im Bau befindliche Autobahn dringend fertig<br />
gestellt gehört. Zwischendurch immer wieder<br />
Traktoren, die den Verkehr aufhalten und darauf<br />
hinweisen, dass das Prekmurje seit jeher<br />
landwirtschaftlich intensiv genütztes Gebiet<br />
war und ist. Hat das Gebiet im Sommer ohne<br />
Zweifel seinen Reiz, flaches Land, Maisäcker<br />
soweit das Auge reicht, beschleicht einen im<br />
Spätherbst leichtes Unbehagen angesichts der<br />
abgeernteten, kahlen Felder, der nassen Kälte,<br />
des morastigen Bodens und des Nebels, der<br />
sich wie ein Leintuch über das Land legt.<br />
Die Strecke von Radkersburg nach Lendava<br />
beträgt etwa 50 Kilometer, was allerdings im<br />
Windschatten eines LKWs, den zu überholen<br />
die durch die Witterung bedingte schlechte<br />
Sicht unmöglich macht, leicht zum Geduldspiel<br />
werden kann.<br />
Endlich erreiche ich Lendava und, oh Wunder,<br />
der Nebel lichtet sich. Trotzdem präsentiert<br />
sich die kleine Stadt nicht von ihrer besten Seite.<br />
Vielleicht liegt es am Wetter, aber ich kann<br />
mich einer gewissen Tristesse nicht erwehren.<br />
Lendava ist eine sehr alte Stadt und hat eine<br />
bewegte Geschichte. Das bereits im 13. Jahrhundert<br />
errichtete Schloss thront auf den Lendavske<br />
gorice, jenen Hügeln die das größte zusammenhängende<br />
Weinbaugebiet Sloweniens<br />
ausmachen, erhaben über der Stadt. Wie viele<br />
Städte in dieser Gegend hatte auch Lendava<br />
unter den Türkeneinfällen vom 16. bis ins frühe<br />
18. Jahrhundert erheblich zu leiden.<br />
Die östlichste Stadt Sloweniens hat heute<br />
etwa 4.000 Einwohner und ist vor allem wegen<br />
ihrer Thermalquellen bekannt. Eigentlich<br />
ist man in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />
durch puren Zufall auf die heilenden<br />
Quellen gestoßen. Ursprünglich hatte man<br />
nach Erdöl gesucht…<br />
82<br />
Eine weitere Besonderheit Lendavas ist seine<br />
über 1.000 Jahre währende Zweisprachigkeit,<br />
Slowenen und Ungarn lebten seit jeher<br />
einträchtig nebeneinander, bis zum Jahr 1919<br />
gehörte Lendava ebenso wie das gesamte<br />
Übermurgebiet zu Ungarn, nach den Friedensverträgen<br />
von Saint Germain wurde das Land<br />
dem neu gegründeten SHS Staat zugesprochen.<br />
Noch heute hört man oft die ungarische<br />
Sprache, auch die Namen der Menschen in dieser<br />
Gegend sind zu einem Großteil ungarisch.<br />
Lendava besaß über zwei Jahrhunderte ein<br />
überaus reiches jüdisches Leben. Der große<br />
Zuzug von Juden vor allem aus Westungarn<br />
begann im frühen 18. Jahrhundert, als die Türkengefahr<br />
gebannt war und die öde daliegende<br />
Landschaft wieder besiedelt werden musste.<br />
Da während der Türkeneinfälle ein Großteil<br />
der ansässigen Bevölkerung getötet oder durch<br />
Seuchen hinweggerafft worden war, war man<br />
bestrebt, für das brachliegende Land Neusiedler<br />
zu gewinnen. Dazu gehörten die Juden<br />
zunächst nicht, war es ihnen doch seit jeher<br />
untersagt, Land zu besitzen. Eine andere so<br />
genannte Randgruppe profitierte jedoch von<br />
der Notwendigkeit der Neuansiedelungen. Die<br />
Roma, seit Jahrhunderten „fahrendes Volk“,<br />
wurden in dieser Gegend angesiedelt, sie wurden<br />
sesshaft gemacht und leben bis heute im<br />
Prekmurje. Ähnlich wie die Juden hatten auch<br />
sie seit Beginn ihrer Sesshaftigkeit mit Anfeindungen<br />
durch die einheimische Bevölkerung<br />
zu kämpfen, jedoch aus anderen Gründen als<br />
die Juden. Resultierten Neid und Missgunst<br />
gegenüber den Juden vorwiegend aus deren<br />
Geschäftstüchtigkeit und Geschick in finanziellen<br />
Dingen, erfuhren die Roma Repressalien<br />
wegen ihrer Unangepasstheit und auf Grund<br />
von Vorurteilen.
Im Prekmurje erlangten die Juden jedoch hohes<br />
Ansehen, sie waren in die Gemeinschaft<br />
integriert, ja, sie waren ein wichtiger Teil derselben,<br />
arbeiteten bevorzugt als Händler, das<br />
heißt, sie verkauften Waren, die andere dringend<br />
brauchten und trugen somit ganz wesentlich<br />
zu einem neuen Wohlstand in der Gegend<br />
bei, der ohne sie nicht möglich gewesen<br />
wäre. Darüber hinaus bildeten die Juden in<br />
diesen ausschließlich von der Landwirtschaft<br />
geprägten Gebieten so etwas wie eine geistige<br />
Oberschicht, die regen kulturellen Austausch<br />
mit anderen Städten, vor allem Budapest, das<br />
durch die neue, in den Jahren 1907/08 erbaute<br />
Eisenbahnlinie relativ leicht zu erreichen war,<br />
pflegte.<br />
Erst unter Joseph II. erlangten die Juden Gleichberechtigung.<br />
Zuvor war unter Maria Theresia<br />
1744 eine eigene Judensteuer eingeführt worden,<br />
die erst 1846 aufgehoben wurde. Dennoch<br />
brachte das Toleranzpatent Josephs II. für die<br />
Juden große Erleichterungen; erstmals durften<br />
sie öffentliche Schulen besuchen, Berufe erlernen<br />
und Besitz erwerben. 1783 erhielten sie das<br />
Recht, sich in Städten niederzulassen. Dieses<br />
Recht war ihnen 1496 unter Kaiser Maximilian<br />
I. aberkannt worden, die Juden mussten<br />
fliehen. So verlor beispielsweise auch die Stadt<br />
Radkersburg ihre jüdische Gemeinde.<br />
Erst nach der Aufhebung der Judensteuer im<br />
Jahr 1846 waren die Juden einige Zeit völlig<br />
gleichberechtigt, doch bereits im letzten Drittel<br />
des 19. Jahrhunderts begann sich in zunehmendem<br />
Maße der Antisemitismus in der Gesellschaft<br />
zu etablieren.<br />
Von ihren neuerworbenen Rechten machten<br />
auch die Juden im Prekmurje Gebrauch.<br />
Die Industrialisierung, die im 19. Jahrhundert<br />
Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />
in großem Umfang einsetzte, brachte auch der<br />
Landwirtschaft erheblichen Nutzen. Vor allem<br />
Mühlen, Getreidespeicher, aber auch Lederfabriken,<br />
Fleischereien, Brauereien und Geschäfte<br />
mit landwirtschaftlichem Gerät befanden sich<br />
in jüdischem Besitz.<br />
Ein wichtiger Geschäftszweig war das Geld-<br />
und Bankwesen, das sich auch auf das Wirtschaftsleben<br />
im Übermurgebiet positiv auswirkte.<br />
Heute ist davon nicht mehr viel zu bemerken.<br />
Ich parke mein Auto an der Hauptstraße<br />
gegenüber der Kirche. Hier soll sich irgendwo<br />
die ehemalige Synagoge befinden. Ich finde<br />
sie nicht, muss einen Passanten fragen. Sie sei<br />
ganz nah, sagt man mir, gleich hier, hinter dem<br />
Supermarkt. Ich gehe ein paar Treppen hinunter,<br />
gesichtslose Wohnblocks umringen einen<br />
Parkplatz, linker Hand macht sich recht protzig<br />
das erst vor einigen Jahren neu errichtete<br />
Volks- und Kulturhaus der Gemeinde Lendava<br />
aus. Fast hätte ich das kleine, unscheinbare<br />
Gebäude übersehen. Ja, das könnte sie gewesen<br />
sein! Neu renoviert und doch irgendwie<br />
gesichtslos. Als Warenlager des benachbarten<br />
Supermarkts hätte die Synagoge lange gedient,<br />
erklärt mir der junge Mann, der mir aufsperrt,<br />
wahrscheinlich hat sie dieser Umstand vor<br />
dem endgültigen Abbruch bewahrt. Drinnen<br />
ist alles sauber renoviert, man kann sich vorstellen,<br />
wie es früher einmal ausgesehen hat,<br />
als es in Lendava noch einen Rabbiner gab, der<br />
die Gottesdienste abhielt. Heute dient die Synagoge<br />
als Ausstellungsraum für Künstler und<br />
als Konzertsaal. Oben auf der Galerie befindet<br />
sich eine Schautafelausstellung, die das einst<br />
blühende Leben der ehemaligen jüdischen Gemeinde<br />
Lendavas anschaulich dokumentiert.<br />
83
Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />
Die ehemalige Synagoge in Lendava – nekdanja sinagoga v Lendavi<br />
Bis 1995 sei auch die alte jüdische Schule<br />
noch gestanden, erfahre ich, gleich gegenüber<br />
der Synagoge, sie musste dem neuen Volkshaus<br />
weichen. Sonst sieht man in Lendava<br />
nichts mehr an jüdischen Spuren, ich bedanke<br />
mich für die Auskunft und fahre weiter, lasse<br />
Lendava hinter mir und begebe mich Richtung<br />
Dolga Vas, das einige Kilometer westlich<br />
liegt. Ein kleines Dorf an der Hauptstraße, ich<br />
muss wieder fragen, diesmal eine ältere Frau,<br />
die gerade am katholischen Friedhof ein Grab<br />
schmückt. Wo denn der jüdische Friedhof sei,<br />
will ich wissen. Es tue ihr leid, das wisse sie<br />
nicht, antwortet sie. Ob es an meinem schlechten<br />
Slowenisch lag? Ich fahre weiter und sehe<br />
schließlich rechter Hand ein etwas verwildertes,<br />
zugewachsenes Gebäude. Dahinter muss<br />
der Friedhof sein, ich bin am Ziel! Ein besonderer<br />
Ort. Ich gehe durch ein gelbes Häuschen<br />
und befinde mich mitten auf dem Friedhof.<br />
Schön ist es hier, der Spätherbst zaubert eine<br />
84<br />
interessante Stimmung auf die Gräber, deren<br />
Inschriften erstaunlich gut zu lesen sind. Ich<br />
sehe zum Großteil deutsche Namen, deutsche<br />
Inschriften. Es sind Steine auf manche Gräber<br />
gelegt, ein schöner Brauch, das gibt Hoffnung.<br />
Hoffnung, dass diese Menschen, von denen die<br />
meisten, wie auf vielen Grabsteinen nachträglich<br />
vermerkt, in Auschwitz umgebracht wurden,<br />
nicht vergessen sind. Dass es sie gegeben<br />
hat und dass sie diese Gegend für Jahrhunderte<br />
geprägt haben. Ich gehe zu einem geschmückten<br />
Grab, Kerzen und Gestecke befinden sich<br />
an seinem Stein. Es sieht neu aus, und ich beuge<br />
mich hinunter, um die Inschrift zu lesen.<br />
„Lajos Blau 1903-1998“, steht darauf geschrieben.<br />
Er war der letzte Jude in Lendava. Mit<br />
ihm ist eine Ära, die schon vorüber war, endgültig<br />
zu Ende gegangen.<br />
Ein jüdischer Friedhof ist nach altem Ritus<br />
in verschiedene Sektoren geteilt, Männer, un-<br />
Foto: Elisabeth Arlt
verheiratete Frauen, Kinder. Ob das hier auch<br />
noch so ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen,<br />
es scheint, als seien die Grabsteine zum<br />
Teil nachträglich neu angeordnet worden. Den<br />
Friedhof soll auch eine schöne Mauer umgeben<br />
haben, jetzt sieht man nichts mehr davon, zuviel<br />
Unkraut wuchert um die Gräber und die<br />
einst die Grabmäler schmückenden Thujen<br />
sind meterhoch gewachsen und weisen eine<br />
zum Teil groteske Schieflage auf.<br />
Trotzdem ist das ein guter Ort, an dem ich<br />
mich befinde. Es lässt sich ein Teil der Vergangenheit<br />
rekonstruieren, unvorstellbar, wie es<br />
möglich war, eine so fest mit der Gegend verwachsene<br />
Kultur in so kurzer Zeit einfach auszulöschen.<br />
In der Mitte des Friedhofs befindet sich ein<br />
Mahnmal für die Opfer des Faschismus, ein<br />
aus Stein gemeißelter Baumstamm soll an die<br />
vielen Menschen erinnern, die in Auschwitz<br />
ihr Leben verloren.<br />
Es wird kalt, ich werfe noch einen letzten<br />
Blick auf die vielen Grabsteine, dann fahre ich<br />
zurück, jedoch nicht ohne als letzter Station<br />
meiner Reise auf jüdischen Spuren noch dem<br />
Spominski Park in Murska Sobota einen Besuch<br />
abzustatten.<br />
Fast übersieht man den kleinen Park, ich habe<br />
zwar von seiner Existenz gehört, ihn nur durch<br />
Zufall gefunden. Direkt an der Hauptstraße<br />
aus Rakič ankommend liegt linker Hand eine<br />
kleine Parkanlage. Alte Grabsteine des zerstörten<br />
jüdischen Friedhofs hat man hier in einem<br />
Halbkreis angeordnet, zur Erinnerung, wie der<br />
Name schon sagt, an etwas, was es nicht mehr<br />
gibt. Schwer vorstellbar eigentlich: In Murska<br />
Sobota gab es einst drei Synagogen und eine lebendige<br />
jüdische Gemeinde, heute findet man<br />
– wie so oft – keine Spuren mehr. Murska Sobota<br />
wurde nach dem 2. Weltkrieg modern<br />
Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />
ausgebaut. Die sogenannte „dritte Synagoge“,<br />
die größte und schönste, wurde erst im Jahr<br />
1956 aus Baufälligkeit abgerissen, nachdem sie<br />
nach Vertreibung und Vernichtung der Juden<br />
als Stall und Warenlager genützt worden war.<br />
Eine weitere Synagoge, die „erste“ und kleinste<br />
wurde sogar erst Mitte der 90er Jahre, als<br />
sie bereits so verfallen war, dass man sie kaum<br />
mehr als Gebäude ausmachen konnte, ebenfalls<br />
abgerissen.<br />
Alles weg, auch hier, der Spominski Park ist das<br />
letzte Zeugnis.<br />
Es leben noch einige wenige Juden im Prekmurje,<br />
die meisten wurden ermordet, die wenigen,<br />
die überlebten, emigrierten vornehmlich nach<br />
Israel oder in die Vereinigten Staaten. Die, die<br />
zurückgekehrt sind, sind oft zum evangelischen<br />
Glauben konvertiert.<br />
Ich fahre nachdenklich zurück. Könnte man<br />
doch einige Jahre in der Geschichte ungeschehen<br />
machen. Ich hätte noch viele Fragen.<br />
85
Iskanje davno minule kulture<br />
Der jüdische Friedhof von Dolga Vas – judovsko pokopališče v Dolgi Vasi<br />
Iskanje davno minule kulture<br />
Judovsko življenje v Prekmurju<br />
Nekega oblačnega poznojesenskega dne se<br />
odpravim na pot v Prekmurje, da bi poiskala<br />
nekoč bogato judovsko kulturo na tem<br />
področju.<br />
Moj prvi cilj je Lendava, majhno mesto<br />
neposredno ob madžarski meji. Pot me vodi<br />
skozi Mursko Soboto, okrajno glavno mesto, ob<br />
povratku bi rada tudi tukaj naredila postanek.<br />
Cesta v smeri Lendave je tega dne – in ne<br />
samo tega – močno prometna, je glavna pot<br />
proti Madžarski in Hrvaški. Veliko težkega<br />
prometa priča o dejstvu, da nujno velja že leta<br />
v izgradnji nahajajočo se avtocesto dokončati.<br />
86<br />
Vmes zmeraj traktorji, ki zadržujejo promet<br />
in opozarjajo na to, da je Prekmurje že od<br />
nekdaj bilo intenzivno kmetijsko izkoriščano<br />
zemljišče in je še.<br />
Kot ima področje poleti nedvomno svoje čar,<br />
ravnina, polja s koruzo, dokler seže oko, se v<br />
pozni jeseni priplazi lahno nelagodje spričo<br />
pospravljenih, ogolelih polj, vlažnega mraza,<br />
močvirnih tal in megle, ki se kot mrtvaški prt<br />
vleče čez deželo.<br />
Pot med Radgono in Lendavo je dolga približno<br />
50 kilometrov, kar v zavetrju tovornjaka, ki<br />
ga je ob slabem vremenu nemogoče prehiteti,<br />
vsekakor lahko postane igra potrpežljivosti.<br />
Končno pridem do Lendave in – o, čudež –<br />
megla se je dvignila. Kljub temu se majhno<br />
mesto ne predstavlja v svojem najboljšem
oblačilu. Morda zaradi vremena, vendar se ne<br />
morem ubraniti določeni turobnosti. Lendava<br />
je zelo stara in ima bogato zgodovino. Že v<br />
13. stoletju zgrajeni grad kraljuje vzvišen nad<br />
mestom v Lendavskih goricah, tistih gričih, ki<br />
tvorijo največje povezano vinorodno območje<br />
Slovenije. Kot mnoga mesta na tem področju<br />
je tudi Lendava v času turških vdorov od 16. do<br />
začetka 18. stoletja močno trpela.<br />
Najbolj vzhodno mesto Slovenije ima danes<br />
približno 4.000 prebivalcev in je poznano<br />
predvsem zaradi svojih termalnih vrelcev.<br />
Pravzaprav so v 60-ih letih prejšnjega stoletja<br />
naključno naleteli na zdravilne vrelce. Sprva so<br />
iskali nafto...<br />
Nadaljnja posebnost Lendave je več kot 1.000<br />
let trajajoča dvojezičnost, Slovenci in Madžari<br />
že od nekdaj žive eden ob drugem. Do leta<br />
1919 je Lendava, tako kot celotno Prekmurje,<br />
pripadala Madžarski, po St. Germainskih<br />
mirovnih pogodbah je bila dežela dodeljena<br />
Sloveniji. Še danes je pogosto slišati madžarski<br />
jezik, tudi priimki v Prekmurju so pogosto<br />
madžarski.<br />
Lendava je imela več kot dve stoletji nadvse<br />
bogato judovsko življenje.<br />
Veliko priseljevanje Judov, predvsem iz<br />
zahodne Madžarske, se je začelo v zgodnjem<br />
18. stoletju, ko je bila turška nevarnost<br />
pregnana in je bilo potrebno pusto pokrajino<br />
ponovno poseliti. V času turških vdorov je<br />
bila večina tamkajšnjih prebivalcev umorjena<br />
ali so jih pobrale kužne bolezni, tako so si<br />
prizadevali neobdelano zemljo prepustiti tako<br />
imenovanim novim priseljencem. K tem v<br />
začetku niso sodili Judje, saj jim je bilo že od<br />
nekdaj prepovedano posedovati zemljo. A neka<br />
druga, tako imenovana marginalna skupina,<br />
je le imela korist od potrebe po ponovni<br />
poselitvi. Rome, že stoletja potujoče ljudstvo,<br />
Iskanje davno minule kulture<br />
so naselili na tem področju. Ti so se ustalili in<br />
žive še danes v Prekmurju. Podobno kot Judje<br />
so tudi Romi že od samega začetka bili boje s<br />
sovražnostjo tamkajšnjega prebivalstva, vendar<br />
iz drugačnih razlogov. Medtem ko je pri Judih<br />
sledila predvsem iz zavisti in nevoščljivosti,<br />
izhajajočih iz njihove poslovne sposobnosti in<br />
spretnosti v finančnih zadevah, je pri Romih<br />
izhajala iz njihove neprilagojenosti in podobnih<br />
represalij na podlagi predsodkov.<br />
V Prekmurju so Judje vendarle prišli do visokega<br />
ugleda, bili so integrirani v skupnost, da, bili<br />
so pomemben del istih, čeprav so bili pretežno<br />
trgovci. To se pravi, dodali so produkte, ki so<br />
jih drugi nujno potrebovali, in tako bistveno<br />
pripomogli k novi blaginji področja, ki brez<br />
njih ne bi bila mogoča.<br />
Prav tako se je v tej pretežno kmetijski<br />
pokrajini razvil neke vrste višji duhovni sloj,<br />
ki je negoval živahno kulturno izmenjavo z<br />
drugimi mesti, predvsem z Budimpešto, ki je<br />
bila z novo, v letih 1907/08 zgrajeno železniško<br />
linijo, relativno lahko dosegljiva.<br />
Šele pod Jožefom II. so Judje dosegli<br />
enakopravnost. Pod Marijo Terezijo je bil leta<br />
1744 uveden poseben judovski davek, ki je bil<br />
razveljavljen šele leta 1846.<br />
Kljub temu je prinesel tolerančni patent Jožefa<br />
II. za Jude veliko olajšanje; prvič so smeli<br />
obiskovati javne šole, priučiti se poklica in<br />
pridobiti posest. 1783 so dobili pravico naseliti<br />
se v mestih. Ta pravica jim je bila leta 1496 pod<br />
cesarjem Maksimiljanom I. odvzeta, Judje so<br />
morali zbežati. Tako je na primer tudi mesto<br />
Radgona izgubilo svojo judovsko četrt.<br />
Šele po razveljavitvi judovskega davka leta<br />
1846 so bili Judje nekaj časa popolnoma<br />
enakopravni, vendar se je že v zadnji tretjini<br />
19. stoletja začel v družbi okrepljeno uveljavljati<br />
antisemitizem.<br />
87
Iskanje davno minule kulture<br />
Svoje novo pridobljene pravice so izkoristili<br />
tudi Judje v Prekmurju. Na veliko se je začela<br />
industrializacija, eden do takrat v tej okolici<br />
neznanih fenomenov, ki je tudi kmetijstvu<br />
prinesel znatno korist. Predvsem mlini,<br />
kašče za žito, pa tudi tovarne usnja, mesnice,<br />
pivovarne, trgovine s kmetijskimi orodji, so<br />
bile v judovski lasti. Pomembna panoga je bila<br />
denar in bančništvo, ki je pozitivno učinkovala<br />
tudi na gospodarsko življenje v Prekmurju.<br />
Danes od tega ni opaziti prav mnogo. Avto<br />
parkiram na glavni cesti nasproti cerkve. Tu<br />
nekje naj bi se nahajala nekdanja sinagoga. Ne<br />
najdem je, moram vprašati mimoidočega. Je<br />
prav blizu, so mi rekli, tik za samopostrežnico.<br />
Grem nekaj stopnic navzdol, brezizrazni<br />
stanovanjski bloki obkrožajo parkirišče, na<br />
levi strani se bohoti pred nekaj leti novozgrajen<br />
narodni in kulturni dom občine Lendava. Skoraj<br />
bi spregledala majhno, neugledno stavbo. Da,<br />
to bi lahko bila!<br />
Na novo prenovljena, pa vendar nekako<br />
neizrazita. Dolgo je sinagoga služila kot<br />
skladišče bližnjemu supermarketu, mi je<br />
razložil mladi mož, ki mi je odklenil; verjetno<br />
jo je ta okoliščina obvarovala pred dokončnim<br />
rušenjem. Znotraj je vse lepo prenovljeno,<br />
lahko si je predstavljati, kako je bilo vse skupaj<br />
videti včasih, ko je v Lendavi še bil rabin, ki je<br />
vodil bogoslužje.<br />
Danes služi sinagoga kot razstavni prostor za<br />
umetnike in kot koncertna dvorana. Zgoraj<br />
na galeriji se nahaja razstavna preglednica, ki<br />
nazorno dokumentira nekoč cvetoče življenje<br />
nekdanje judovske skupnosti Lendave.<br />
Do 1995 je stala še stara judovska šola, sem<br />
izvedela, takoj nasproti sinagoge; umakniti se<br />
je morala novemu narodnemu domu.<br />
Sicer v Lendavi ni več videti judovskih sledi.<br />
Zahvalim se za informacije in se peljem<br />
88<br />
naprej, Lendavo pustim za seboj in se napotim<br />
v smeri Dolge Vasi, ki leži nekaj kilometrov<br />
zahodno. Majhna vas ob glavni cesti. Spet<br />
moram vprašati, tokrat starejšo gospo, ki<br />
krasi na katoliškem pokopališču neki grob.<br />
Kje je judovsko pokopališče, želim izvedeti.<br />
Opravičuje se, da ne ve, odgovori. Morda zaradi<br />
moje slovenščine? Peljem naprej in vidim<br />
končno na desni strani nekoliko podivjano<br />
poraslo zgradbo. Zadaj bo pokopališče, na cilju<br />
sem.<br />
Poseben kraj. Grem skozi rumeno hišico in<br />
se znajdem sredi pokopališča. Lepo je tukaj,<br />
pozna jesen pričara zanimivo razpoloženje na<br />
grobove, katerih napisi so presenetljivo dobro<br />
ohranjeni. Vidim veliko nemških priimkov,<br />
nemške napise, večinoma pravzaprav. Na<br />
nekatere grobove so položili kamne – lepa<br />
navada, to daje upanje. Upanje, da tile<br />
ljudje, od katerih večina, kot je na mnogih<br />
grobovih naknadno zabeleženo, je bila ubita<br />
v Auschwitzu, niso pozabljeni. Da so obstajali<br />
in da so to področje za stoletja zaznamovali.<br />
Grem k nekemu okrašenemu grobu, sveče in<br />
aranžmaji se nahajajo na [nagrobnem] kamnu.<br />
Videti je nov in sklonim se, da bi prebrala napis.<br />
“Lajos Blau 1903-1998,“ je bilo zapisano. Bil<br />
je zadnji Jud iz Lendave. Z njim je dokončno<br />
odšlo obdobje, ki je že davno minilo.<br />
Judovsko pokopališče je po starem običaju<br />
razdeljeno na različne sektorje: moški,<br />
neporočene ženske , otroci. Ali je tukaj tudi<br />
tako, se ne da več razbrati; kaže, kot da so<br />
nekatere nagrobne kamne naknadno na novo<br />
razvrstili. Pokopališče naj bi bilo obdano z<br />
lepim zidom, sedaj od tega ni videti ničesar<br />
več, preveč plevela raste okoli grobov, in tuje,<br />
ki so nekoč krasile grobove, so meter visoko in<br />
so deloma groteskno poševno.<br />
Kljub temu je to dober kraj, na katerem
se nahajam. Mogoče je rekonstruirati del<br />
preteklosti, neverjetno, da je bilo mogoče eno,<br />
tako močno v to področje zasidrano kulturo, v<br />
tako kratkem času enostavno izbrisati.<br />
V sredini pokopališča se nahaja spominsko<br />
obeležje žrtvam fašizma, iz kamna izklesano<br />
deblo naj bi spominjalo na mnoge žrtve, ki so v<br />
Auschwitzu morale pustiti svoja življenja.<br />
Hladno postaja, poslednjič še pogledam na<br />
mnoge nagrobnike, potem se peljem nazaj, toda<br />
ne brez obiska zadnje postaje mojega potovanja<br />
po judovskih sledovih, „Spominskega Parka“ v<br />
Murski Soboti.<br />
Prav mogoče je prezreti majhen park, za<br />
njegovo eksistenco sem že slišala, našla pa sem<br />
ga le po naključju. Neposredno ob glavni cesti,<br />
prihajajoč iz Rakičana, stoji na desni strani<br />
majhen park. Stare nagrobnike razdejanega<br />
judovskega pokopališča so tukaj razvrstili<br />
v polkrog, v spomin, kot že naslov pove, na<br />
nekaj, kar več ne obstaja.<br />
Težko predstavljivo pravzaprav, v Murski<br />
Soboti so bile nekoč tri sinagoge in živa<br />
judovska skupnost – danes, kot tolikokrat,<br />
nobene sledi več. Murska Sobota je bila po 2.<br />
svetovni vojni povečana, mesto je moderno<br />
oblikovano. Tako imenovano „tretjo sinagogo“,<br />
največjo in najlepšo, so porušili šele leta 1956,<br />
zaradi propadanja ali morda bolj zato, ker je<br />
bila po pregonu in uničenju Judov uporabljana<br />
kot hlev in skladišče.<br />
Nadaljnjo sinagogo, „prvo“ in najmanjšo, so<br />
porušili šele sredi 90-ih let 20. stoletja, potem,<br />
ko je bila že tako propadla, da jo je bilo težko<br />
prepoznati kot zgradbo.<br />
Ničesar več, tudi tukaj, Spominski Park je<br />
zadnje pričevanje.<br />
V Prekmurju živi še nekaj Judov, večina<br />
je bila umorjenih. Nekaj malega teh, ki so<br />
preživeli je emigriralo v Izrael ali v Združene<br />
države Amerike. Ti, ki so se vrnili, so pogosto<br />
prestopili v evangeličansko vero.<br />
Razmišljujoč vozim nazaj. Ko bi lahko nekaj<br />
let v zgodovini zbrisali... Imela bi še mnogo<br />
vprašanj.<br />
ZUR PERSON – O AVTORJU<br />
Elisabeth Arlt<br />
Iskanje davno minule kulture<br />
Mag.ª Elisabeth Arlt ist Kunsthistorikerin und<br />
arbeitet an verschiedenen Projekten im Kulturbereich<br />
in der Steiermark und in Südosteuropa.<br />
– Mag.ª Elisabeth Arlt je umetnostna<br />
zgodovinarka in sodeluje pri raznoraznih<br />
projektih na področju kulture na Štajerskem in v<br />
jugovzhodni Evropi.<br />
89
Bildgalerie – galerija slik IV<br />
Prof. Christian Brünner und der Bürgermeister von Tuzla sprechen anlässlich des Symposions. Wieviel Minderheit(en) verträgt Europa? – Pogovor med<br />
prof. Christianom Brünnerjem in županom Tuzle na simpoziju. Koliko manjšin prenese Evropa?<br />
90
Julius Franz Schütz<br />
(K)ein steirischer Heimatdichter<br />
� Text: Elisabeth Arlt<br />
Eine sehr interessante, jedoch heute weitestgehend unbekannte<br />
Figur in der steirischen Literaturszene der ersten Hälfte des 20.<br />
Jahrhunderts stellt zweifelsohne Julius Franz Schütz dar. Schütz,<br />
1889 in Mureck geboren, entdeckte schon früh seine Begabung<br />
zum Schreiben. Einer seiner Lehrer am Grazer Bischöflichen<br />
Gymnasium erkannte das Talent des Knaben und förderte ihn.<br />
Nichtsdestotrotz begann Schütz an der Grazer Universität ein<br />
Jusstudium, das er auch abschloss. Mit einer Erbschaft des Vaters<br />
bedacht, war es Schütz’ Plan, als Dichter unbeschwert leben zu<br />
können. Der Erste Weltkrieg und die damit einhergehende Inflation<br />
machten diesen Traum jedoch zunichte.<br />
Schon während seiner Studienzeit begab sich Schütz auf ausgedehnte<br />
Reisen, vor allem innerhalb Europas, aber auch nach Nordafrika,<br />
die sein Leben und Werk nachhaltig prägen sollten.<br />
Julius Franz Schütz<br />
Julius Franz Schütz bei einer Lesung in<br />
der Steiermärkischen Landesbibliothek –<br />
Julius Franz Schütz na literarnem večeru v<br />
Štajerski deželni knjižnici<br />
Schütz fand eine Anstellung an der Steiermärkischen Landesbibliothek, die er ab dem Jahr 1939<br />
auch leitete.<br />
Nach 1912 gelang es ihm, einen Verlag zu finden, der seine Gedichte, die stark expressionistische<br />
Züge aufweisen, veröffentlichte. Seine Werke wurden von anderen Verlagen jedoch auch abgelehnt,<br />
mit der Begründung, er würde am Leser vorbeischreiben, diesen nicht berühren, ihn allenfalls<br />
erstaunen. Das kränkte ihn zwar, wie aus seiner Korrespondenz ersichtlich ist, ließ ihn jedoch<br />
nicht resignieren.<br />
Auffallend ist die Wandlungsfähigkeit seiner Literatur, der häufige Stilwandel, der als geradezu<br />
charakteristisch für ihn galt. Ebenso der schonungslose Naturalismus, mit dem er Dinge beschrieb<br />
und sich Themen annahm, die den Leser mehr verstörten als unterhielten.<br />
Was ihn nicht nur in seinem Werk, sondern auch als Menschen auszeichnete beschreiben viele seiner<br />
Zeitgenossen wie folgt: Schütz stand mit vielen Künstlern in regem Kontakt, darüber hinaus<br />
gehörten auch Wissenschaftler anderer Disziplinen, wie der Maler Max Robathin, der Botaniker<br />
91
Julius Franz Schütz<br />
Verschiedene Darstellungen Schütz‘ - različne upodobitve Schütza<br />
Herbert Lamprecht, der vor allem in Schweden<br />
wirkte, und der Rektor der Leobener Montanuniversität<br />
Franz Platzer, die alle wie Schütz<br />
ebenfalls in Mureck geboren wurden, zu seinem<br />
umfangreichen Bekanntenkreis.<br />
Interessant aus heutiger Sicht in Leben und<br />
Werk Schütz’ ist seine Heimatliebe, die entgegen<br />
der in dieser Zeit vorherrschenden Gesinnung<br />
weder deutschtümelnd noch von nationalsozialistischem<br />
Gedankengut geprägt<br />
war. In vielen Gedichten, aber auch Romanen<br />
beschreibt er das südsteirische Weinland, die<br />
Gegend seiner Kindheit in und um Mureck.<br />
Gleichzeitig jedoch hatte er großes Interesse<br />
an fremden Kulturen, vor allem an asiatischen,<br />
deren Sprachen er zum Teil beherrschte. Erhalten<br />
ist eine umfangreiche Sammlung an asiatischer<br />
Kunst, die er zum Teil von seinen Reisen<br />
mitbrachte, zum Teil von Freunden geschenkt<br />
bekommen hatte.<br />
Überaus reich war seine Korrespondenz. Die<br />
deutsch-kroatische Dichterin Camilla Lucerna<br />
gehörte ebenso zu seinen Freunden wie<br />
auch der spätere Nobelpreisträger Ivo Andrić.<br />
Schütz bemühte sich, slawische Sprachen zu<br />
lernen und hielt sich des Öfteren in Zagreb<br />
auf, wo er Lesungen abhielt und freundschaftliche<br />
Kontakte pflegte.<br />
Für ihn ging durch die Grenzziehung nicht ein<br />
Land verloren, wie es von vielen seiner Zeitgenossen<br />
empfunden wurde, sondern er betrach-<br />
92<br />
tete es als persönlichen Gewinn, neue Sprachen<br />
zu lernen und sich mit anderen Kulturen<br />
vertraut zu machen.<br />
Nachdem 1949 seine Frau Grete nach langer<br />
schwerer Krankheit verstorben war, litt Schütz<br />
unter zunehmender Einsamkeit. Obwohl er<br />
fest im gesellschaftlichen Leben integriert war<br />
und auch einen großen Freundeskreis besaß,<br />
ist ab diesem Zeitpunkt eine gewisse Todessehnsucht<br />
zu verspüren. Es kränkte ihn sehr,<br />
dass seine Werke zwar gelobt wurden, er aber<br />
von der Öffentlichkeit mehr oder weniger ignoriert<br />
wurde.<br />
Ein Anliegen waren ihm die jungen Dichter,<br />
die er förderte und unterstützte. Dass er, der<br />
sich selbst als Junger über die verbohrten Alten<br />
kritisch geäußert hatte, diesem Grundsatz treu<br />
blieb, zeigt sich, als er Anfang der 50er Jahre das<br />
damals neu gegründete und unter den alteingesessenen<br />
Dichtern höchste Empörung hervorrufende<br />
Forum Stadtpark mit ganzer Kraft<br />
unterstützte. Einer dieser jungen Dichter, Alfred<br />
Kolleritsch, der wie Schütz auch aus der<br />
Gegend um Mureck stammte, wies ihm später<br />
auch in der von ihm initiierten Publikation<br />
„Lichtungen“ einen ehrenden Platz zu.<br />
Julius Franz Schütz, der 1961 kinderlos starb,<br />
hinterließ seinem Heimatort Mureck, dem er<br />
bis zu seinem Tod eng verbunden blieb, sein<br />
Haus am Murecker Hauptplatz, und das sich<br />
darin befindliche Mobiliar und seine überaus
umfangreiche Bibliothek, die heute in der Landesbibliothek<br />
aufbewahrt wird, mit der Auflage,<br />
daraus ein Museum zu schaffen.<br />
Das geschah auch Anfang der 70er Jahre, als<br />
Teile der Schützwohnung zu einem Heimatmuseum,<br />
dem damaligen Standard entsprechend,<br />
zu einem Heimatmuseum umgestaltet<br />
wurden. Bis vor kurzem in schlechtem, unzeitgemäßem<br />
Zustand, wurde heuer eine Sichtung<br />
der Objekte samt Zustandsbestimmung<br />
Julius Franz Schütz<br />
Julius Franz Schütz‘ Haus am Hauptplatz von Mureck, in dem heute das Stadtmuseum untergebracht ist. – hiša Juliusa Franza Schütza na Glavnem<br />
trgu v Cmureku, v kateri je danes Mestni muzej.<br />
veranlasst und Maßnahmen zur Restaurierung<br />
diverser Möbel, Kleingegenstände und Schriftstücke<br />
in die Wege geleitet, die durch unsachgemäße<br />
Lagerung bereits Schaden erlitten hatten.<br />
Wenn alles gut geht, soll in nächster Zeit<br />
ein neues, modern adaptiertes Museum eröffnet<br />
werden, das diesem berühmten Sohn Murecks<br />
ein gebührendes Andenken zukommen<br />
lassen und ihn vor dem Vergessen bewahren<br />
soll.<br />
93<br />
Foto: JUZ Mureck
Julius Franz Schütz<br />
Julius Franz Schütz<br />
Štajerski domači pesnik, ali tudi ne<br />
Zelo zanimivo, vendar danes širši publiki<br />
nepoznano figuro štajerske literarne scene<br />
prve polovice 20. stoletja, predstavlja prav<br />
gotovo Julius Franz Schütz. Schütz, rojen 1889<br />
v Cmureku, je že zgodaj odkril nadarjenost za<br />
pisanje. Eden od učiteljev na graški škofovski<br />
gimnaziji je prepoznal dečkov talent in ga<br />
podpiral.<br />
Kljub temu je začel Schütz na Graški univerzi<br />
študirati pravo, katerega je tudi zaključil.<br />
Računajoč na očetovo dediščino, je bil Schützov<br />
načrt neobremenjeno živeti kot pesnik. Prva<br />
svetovna vojna in z njo povezana inflacija sta<br />
te sanje naredili nične.<br />
Že v času študija se je podal na dolga potovanja<br />
predvsem po Evropi, pa tudi v severno Afriko,<br />
ki naj bi njegovo življenje in delo trajno<br />
zaznamovala.<br />
Schütz je našel službo v Štajerski deželni<br />
knjižnici, katero je od leta 1939 tudi vodil.<br />
Po 1912 mu je uspelo najti založbo, ki je<br />
njegove pesmi z močnimi ekspresionističnimi<br />
potezami objavila. Njegova dela so bila s strani<br />
drugih založb zavrnjena tudi z obrazložitvijo,<br />
da piše mimo bralcev, da se teh ne dotakne,<br />
kvečjemu osupne. To ga je sicer prizadelo, kar<br />
je vidno tudi iz njegove korespondence, vendar<br />
zato ni obupal.<br />
Pozornost vzbuja njegova literatura zaradi<br />
zmožnosti spremembe, pogoste menjave stila,<br />
ki je zanj naravnost karakteristična. Prav<br />
tako neprizanesljiv naturalizem, s katerimi je<br />
opisoval stvari in izbrane teme, ki spravljajo<br />
bralca bolj iz ravnotežja kot zabavajo.<br />
Kar ga odlikuje ne samo v njegovem delu,<br />
temveč tudi kot človeka, opisuje veliko<br />
94<br />
njegovih sodobnikov: Schütz je bil z mnogimi<br />
umetniki v živahnih stikih, k tem so spadali<br />
tudi znanstveniki drugih disciplin, kot slikar<br />
Max Robathin, botanik Herbert Lamprecht,<br />
ki je deloval predvsem na Švedskem, kot tudi<br />
rektor leobenske Montanuniversität – rudarske<br />
univerze Franz Platzer, ki so vsi, kot Schütz,<br />
bili rojeni v Cmureku; ti so bili del njegovega<br />
obsežnega kroga znancev.<br />
Zanimivo z današnjega vidika Schützovega<br />
življenja in dela je njegovo domoljubje, ki je<br />
bilo v nasprotju z v tistem času prevladujočim<br />
prepričanjem. Oblikovano ni bilo niti<br />
nemškutarsko niti nacistično. V mnogih<br />
pesmih pa tudi romanih opisuje južni štajerski<br />
vinorodni okoliš, okolico svojega otroštva v<br />
in okoli Cmureka. Istočasno pa so ga zelo<br />
zanimale druge kulture, predvsem azijske,<br />
katerih jezike je deloma obvladal. Ohranjena<br />
je obsežna zbirka azijske umetnosti, ki jo je<br />
deloma prinesel s svojih potovanj, deloma kot<br />
darilo dobil od svojih prijateljev.<br />
V enem od njegovih pisem je razbrati žalost<br />
mladega moža, potem ko je bila njegova<br />
ljubljena Untersteiermark – Spodnja Štajerska z<br />
novo nastalo mejo ločena. Vendar je bil dovolj<br />
daljnoviden, da ga ni zapopadlo takrat široko<br />
razširjeno topo sovraštvo do vsega slovenskega.<br />
V tem smislu ni bilo slišati kakršne koli njegove<br />
izjave niti ni mogoče najti takšnega mišljenja v<br />
njegovem delu.<br />
Nadvse bogata je bila njegova korespondenca.<br />
Nemško-hrvaška pesnica Camilla Lucerna<br />
je prav tako štela k njegovim prijateljem kot<br />
tudi kasnejši Nobelov nagrajenec Ivo Andrić.<br />
Prizadeval si je naučiti se slovanskih jezikov<br />
in je večkrat obiskal Zagreb, kjer je imel<br />
predavanja in je gojil prijateljske stike.<br />
Zaradi nastanka meje zanj ni bila izgubljena<br />
dežela, kot so to čutili mnogi njegovi sodobniki,
temveč je to obravnaval kot osebno pridobitev,<br />
učiti se novih jezikov in se seznaniti z drugimi<br />
kulturami.<br />
Potem ko je 1949 po dolgi in težki bolezni<br />
umrla njegova žena Grete, je Schütz trpel vse<br />
večjo osamljenost. Čeprav je bil trdno vključen<br />
v družbeno življenje in je imel velik krog<br />
prijateljev, je od tega trenutka mogoče občutiti<br />
hrepenenje po smrti. Zelo ga je žalilo, da je<br />
njegovo delo sicer hvaljeno, njega samega pa je<br />
javnost bolj ali manj ignorirala.<br />
Ena od potreb mu je bila podpirati mlade<br />
pesnike. Ker se je sam, kot mlajši, kritično<br />
izrazil o zadrtosti starih in ostal zvest temu<br />
načelu, je v začetku 50-ih let z vso močjo<br />
podpiral takrat novo ustanovljeni Forum<br />
Stadtpark, ki je izzval skrajno ogorčenje pri<br />
starejših pesnikih. Eden teh mladih pesnikov,<br />
Alfred Kolleritsch, ki je tako kot Schütz prihajal<br />
iz okolice Cmureka, mu je kasneje v z njegove<br />
strani iniciirani publikaciji Lichtungen – Jase<br />
dodelil častitljivo mesto.<br />
Julius Franz Schütz, ki je 1961 umrl, brez<br />
otrok, je zapustil svojemu domačemu kraju<br />
Cmureku, s katerim je ostal tesno povezan<br />
vse do svoje smrti, svojo hišo na cmureškem<br />
Glavnem trgu, v hiši nahajajoče se pohištvo<br />
in nadvse obsežno knjižnico, ki je danes<br />
shranjena v deželni knjižnici, z zahtevo, naj iz<br />
tega ustvarijo muzej.<br />
To se je tudi zgodilo v začetku 70-ih let<br />
prejšnjega stoletja, ko so del Schützovega<br />
stanovanja v skladu s takratnim standardom<br />
preoblikovali v domovinski muzej.<br />
Za do pred kratkim v slabem, nesodobnem<br />
stanju nahajajoči se domovinski muzej je<br />
bila letos dana pobuda poskrbeti za ogled in<br />
določitev stanja objektov in izpeljavo ukrepov<br />
za restavracijo različnega pohištva, majhnih<br />
predmetov in listin, katere so se zaradi<br />
Julius Franz Schütz<br />
nestrokovnega skladiščenja poškodovale. Če<br />
bo šlo vse po sreči, naj bi v kratkem odprli nov,<br />
moderno adaptiran muzej, ki naj bi bil primeren<br />
spominu na tega slavnega sina Cmureka, in ga<br />
tako obvarovati pred pozabo.<br />
95
Die Rotunde von Selo<br />
Südansicht der Rotunde von Selo – južni pogled na rotundo iz Sela<br />
96<br />
Foto: Elisabeth Arlt
Die Rotunde von Selo<br />
Eine kunsthistorische Besonderheit<br />
� Text: Elisabeth Arlt<br />
Die Rotunde von Selo<br />
Ein besonders interessantes Beispiel romanischer Baukunst in Slowenien befindet sich nahe der<br />
Ortschaft Selo im Goričko, wie diese Landschaft im äußersten Nordosten Sloweniens, unweit der<br />
ungarischen Grenze genannt wird.<br />
Mitten in einer Wiese steht die kleine romanische Rundkirche, die, so versteckt in der üppigen<br />
frühsommerlichen Vegetation, kaum auszumachen ist.<br />
Und doch handelt es sich hier um den seltenen Kirchentyp der Rotunde, der in dieser Form im<br />
Prekmurje einzigartig ist. Im benachbarten Ungarn findet man Vertreter dieses Typs häufiger.<br />
In Österreich ist dieser Kirchentyp ebenfalls selten, in den alpinen Regionen so gut wie gar nicht<br />
vertreten, teilweise baute man – wie beispielsweise im niederösterreichischen Petronell – Karner in<br />
Rotundenform, Kirchen jedoch nie.<br />
Die Rotunde von Selo ist dem Heiligen Nikolaus geweiht. Nikolaus ist der Patron der Kinder, Schüler,<br />
Richter, Reisenden, Pilger, Seefahrer, Fischer und anderer.<br />
Von außen ist der Bau sehr schlicht, man stellt sich die Kirche, wenn man sie von Bildern her<br />
kennt, größer vor. Ein Sockel aus Natursteinen begradigt das unebene Gelände, darüber erhebt<br />
sich ein Ziegelbau, der durch Lisenen gegliedert ist. Den Abschluss der Wand bildet ein Zackenfries,<br />
über das direkt das mit Schindeln gedeckte Dach samt kleinem aufgesetztem Glockenturm<br />
anschließt.<br />
An der Südseite befinden sich drei schmale Fenster, die einzige Lichtquelle, sieht man von der Türe<br />
und einer weiteren sehr schmalen Fensteröffnung in der Apsis ab.<br />
Betritt man die Rotunde ist man zuerst von den beeindruckenden Wandmalereien fasziniert, die<br />
beinahe den gesamten Innenraum bedecken.<br />
Stilistisch scheinen die Malereien, die al secco, also auf trockenen Grund gemalt wurden, älter zu<br />
sein, als sie es tatsächlich sind. Man hat auch als Kunsthistoriker durchaus Probleme mit der Datierung.<br />
Die stark akzentuierten Umrisse, die dann farbig ausgemalt wurden, geben den Malereien<br />
einen etwas blockhaften starren Charakter, auch die perspektivische Darstellung, fehlt gänzlich.<br />
Tatsächlich sind die Malereien erst Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden, wie in dem vor Ort<br />
erhältlichen Führer nachzulesen ist, stilistische Ähnlichkeiten sind mit den Fresken der Johannes-<br />
97
Die Rotunde von Selo<br />
kapelle von Pürgg in der Obersteiermark zu erkennen,<br />
deren Entstehungszeit jedoch bereits<br />
in das 12. Jahrhundert datiert werden kann.<br />
So verwundert der für das späte Entstehungsdatum<br />
künstlerisch sehr anachronistisch anmutende<br />
Stil. Ist es die Abgeschiedenheit der<br />
Landschaft, die sich den damals zeitgemäßen<br />
Trends in der Malerei verschlossen zeigte; man<br />
weiß es nicht. In der Kuppel, gleichsam im<br />
Zentrum des Raumes, befindet sich eine ausdrucksvolle<br />
Darstellung des gekreuzigten und<br />
des auferstandenen Christus in einer Mandorla,<br />
umgeben von den Darstellungen der vier<br />
Evangelisten samt den ihnen zugeschriebenen<br />
Attributen.<br />
Darunter ist die Passion Christi in sehr figurenreichen,<br />
detailverliebten Darstellungen abgebildet.<br />
Dem Betrachter wird, indem er sich<br />
um die eigene Achse dreht, die gesamte Leidensgeschichte<br />
Christi erzählt.<br />
Diese mittelalterlichen Bildergeschichten, deren<br />
Künstler bis auf einige wenige Ausnahmen<br />
immer unbekannt sind, dienten dazu, die des<br />
Schreibens Unkundigen über die Geschehnisse<br />
in der Bibel zu unterweisen.<br />
Die Wandmalerei wurde im Laufe der Zeit bis<br />
hin zum Ende des Mittelalters immer realistischer,<br />
das Starre, Blockhafte in der Darstellung<br />
wurde überwunden und biblische Szenen, wie<br />
auch die Leiden Christi, immer drastischer und<br />
bewegter dargestellt. Ist Christus in der Romanik<br />
noch der still Leidende, der über den Tod<br />
triumphiert und auch als Gekreuzigter noch<br />
eine stolze und herrschaftliche Haltung einnimmt,<br />
so ändert sich das in den folgenden<br />
Jahrhunderten. Das geht so weit, dass Christus<br />
in der gotischen Malerei als menschlich,<br />
als Leidender, von Wunden übersät, dargestellt<br />
wird. Dieser Messias muss erst sein Menschsein<br />
hinter sich lassen, und das wird oft dras-<br />
98<br />
tisch ausgedrückt. Im Hoch und Spätmittelalter<br />
übernahmen dann die Glasfenster diese<br />
Rolle, die, da die Wände der Gotteshäuser immer<br />
aufgelöster wurden, stetig an Bedeutung<br />
gewannen.<br />
In dieser romanischen Kirche wird das Hauptaugenwerk<br />
hingegen noch völlig auf die Wandmalereien<br />
gelegt.<br />
Erwiesen ist, dass die Kirche, die Mitte des<br />
13. Jahrhunderts erbaut wurde, anfangs keine<br />
Wandmalereien besessen hatte, die heute vorhandenen<br />
wurden, wie schon erwähnt, erst<br />
Mitte des 14. Jahrhunderts geschaffen.<br />
Leider kam es in den Jahren 1845/46 zu Umbauarbeiten,<br />
die sehr unbedacht durchgeführt<br />
worden waren und unter anderem den Abbruch<br />
der Apsis zur Folge hatten. Ihr wieder<br />
erlangtes Aussehen verdankt die Kirche, die<br />
heute den Status einer Kapelle hat, zwei großen<br />
Renovierungen 1956 bzw. in den Jahren<br />
1978/79. Diese Renovierungen beinhalteten<br />
unter anderem auch die Wiedererrichtung der<br />
verlorenen Apsis und die sachgemäße Renovierung<br />
der Wandmalereien.<br />
Dass das mit Sorgfalt geschah, ist heute gut<br />
ersichtlich. Bei den Malereien blieb die Farbigkeit<br />
weitestgehend erhalten, ohne jedoch, wie<br />
bei so mancher unsachgemäßer Restaurierung,<br />
übermalt zu wirken. Natürlich haben die al secco<br />
aufgetragenen Farbschichten nie eine solche<br />
Haltbarkeit und Leuchtkraft wie die auf noch<br />
feuchtem Putz aufgetragene Freskomalerei,<br />
trotzdem kann man sich noch ein gutes Bild<br />
über die ursprüngliche Farblichkeit machen.<br />
Wer also mit dem Gedanken spielt, einen Ausflug<br />
ins Goričko zu unternehmen, der sollte es nicht<br />
versäumen, Selo zu besuchen, die Landschaft zu<br />
genießen und dieses schöne Beispiel romanischer<br />
Baukunst auf sich wirken zu lassen.
Rotunda v Selu<br />
Kulturno-zgodovinska posebnost<br />
Posebno zanimiv primer romanskega<br />
stavbarstva v Sloveniji se nahaja v kraju Selo<br />
na Goričkem, kakor se imenuje ta pokrajina na<br />
skrajnem severovzhodu Slovenije nedaleč od<br />
madžarske meje.<br />
Sredi travnika stoji majhna romanska okrogla<br />
cerkev, ki jo je le težko zapaziti, skrito v<br />
bohotni zgodnjepoletni vegetaciji.<br />
In vendar gre tukaj za redek tip cerkve v<br />
obliki rotunde, ki je v Prekmurju edinstven.<br />
V sosednji Madžarski je mogoče predstavnike<br />
takšnega tip najti pogosteje.<br />
V Avstriji je takšen tip cerkve prav tako redek, v<br />
alpskih regijah tako rekoč nezastopan, deloma<br />
se je gradilo – kot na primer v Spodnji Avstriji<br />
– v tej obliki kostnice, vendar ne cerkev.<br />
Rotunda v Selu je posvečena svetemu<br />
Miklavžu. Miklavž je zaščitnik otrok, šolarjev,<br />
sodnikov, popotnikov, romarjev, pomorcev,<br />
ribičev in drugih.<br />
Od zunaj je zgradba zelo preprosta – človek<br />
si predstavlja cerkev, če jo pozna iz slik,<br />
večjo. Podstavek iz naravnega kamna<br />
uravnava neraven teren, nad tem se dviguje<br />
opečnata zgradba, ki je razčlenjena z linicami.<br />
Zaključek stene tvori nazobčana obrobna<br />
letev, neposredno nad njo je s skodlami pokrita<br />
streha z majhnim zvonikom.<br />
Na južni strani se nahajajo tri ozka okna, edini<br />
viri svetlobe, če odmislimo vrata in zelo ozke<br />
okenske odprtine apside.<br />
Ob vstopu v rotundo človeka najprej<br />
prevzamejo stenske slikarije, ki pokrivajo<br />
skoraj celotno notranjščino.<br />
Stilistično so slikarije, al secco, torej naslikane<br />
na suho površino, videti starejše, kot v<br />
Rotunda v Selu<br />
resnici so. Človek ima, tudi kot umetnostni<br />
zgodovinar, težavo z datiranjem. Močno<br />
poudarjeni obrisi, ki so bili nato barvno<br />
izpolnjeni, dajejo slikarijam nekoliko tog<br />
karakter, manjka tudi prikaz iz perspektive.<br />
Dejansko so slikarije nastale šele v sredini 14.<br />
stoletja, kot je mogoče prebrati iz tamkajšnje<br />
brošure s podatki, stilistične podobnosti je<br />
mogoče najti s freskami iz Johanneskapelle<br />
– Janezove kapele v Pürggu v Zgornji Avstriji,<br />
katerih čas nastanka pa je mogoče datirati že<br />
v 12. stoletje. Tako čudi – za tako pozen čas<br />
nastanka – umetniško zelo anahronističen<br />
stil.<br />
Ali je to posledica odmaknjenosti pokrajine,<br />
ki je bila nedostopna takratnim sodobnim<br />
trendom v slikarstvu, ne ve se.<br />
V kupoli, tako rekoč v centru prostora, se<br />
nahaja izrazita upodobitev križanega in od<br />
mrtvih vstalega Kristusa v mandoli, obdanega<br />
z upodobitvami štirih evangelistov skupaj z<br />
njihovimi atributi.<br />
Na stenah je podrobno upodobljen Kristusov<br />
pasion z mnogimi figurami. Opazovalcu je,<br />
če se zavrti okoli svoje osti, prikazano celotno<br />
Kristusovo trpljenje.<br />
Te srednjeveške slike zgodb, katerih slikarji z<br />
nekaj malega izjemami večinoma niso znani,<br />
so služile kot napotki nepismenim o napisanem<br />
v bibliji.<br />
Stensko slikarstvo je sčasoma tja do konca<br />
srednjega veka postajalo vedno bolj realistično;<br />
okorno, togo v upodobitvah, je bilo preseženo.<br />
Biblijske scene in Kristusovo trpljenje so bile<br />
upodobljene zmeraj bolj drastično in ganljivo.<br />
Če je Kristus v romaniki še tiho trpeči, ki slavi<br />
zmago nad smrtjo in tudi kot križani zavzema<br />
ponosno in gosposko držo, se to spremeni v<br />
naslednjih stoletjih. To gre tako daleč, da je<br />
Kristus v gotskem slikarstvu upodobljen kot<br />
99
Rotunda v Selu<br />
človeški, kot trpeči, posejan z ranami. Ta mesija<br />
mora najprej pustiti za seboj svoje človečanstvo<br />
in to je pogosto drastično prikazano.<br />
V visokem in poznem srednjem veku<br />
prevzamejo to vlogo steklena okna, saj so<br />
stene božjih hiš postale s tem bolj razgibane in<br />
so okna tako zmeraj bolj pridobila pomen.<br />
V tej romanski cerkvi pa je nasprotno, glavna<br />
pozornost je še docela usmerjena na stenske<br />
slikarije.<br />
Dokazano je, da je cerkev, ki je bila zgrajena<br />
sredi 13. stoletja, bila v začetku brez današnjih<br />
stenskih poslikav. Kot je že bilo omenjeno,<br />
ustvarjene so bile šele v sredini 14. stoletja.<br />
Žal je v letih 1845/46 je prišlo do adaptacijskih<br />
del, ki so bila nepremišljeno izvedena in so med<br />
drugim imela za posledico rušenje apside. Za<br />
svojo ponovno prvotno podobo dolguje cerkev,<br />
Die Rotunde von Selo: Fresken im Inneren – rotunda iz Sela: notranje freske<br />
100<br />
ki ima danes status kapelice, zahvalo dvema<br />
velikima prenovama v letih 1956 oz. 1978/79.<br />
Ta renoviranja so med drugim vsebovala<br />
ponovno postavitev izgubljene apside in<br />
strokovno adaptacijo stenskih slikarij.<br />
Da se je to zgodilo skrbno, je vidno še danes.<br />
Pri slikarijah je barvitost pretežno ohranjena,<br />
ne da bi, kot pri mnogih nestrokovnih<br />
prenovah, delovala prebarvano. Seveda nimajo<br />
al secco nanešene barvne plasti nikoli takšne<br />
trajnosti in luminoznosti kot na vlažen omet<br />
naneseno freskno slikarstvo, kljub temu pa<br />
si lahko človek ustvari dobro sliko o prvotni<br />
barvitosti.<br />
Kdor se torej igra z mislimi, narediti izlet na<br />
Goričko, ta naj ne pozabi obiskati Sela, uživati<br />
v pokrajini in se prepustiti vplivu tega lepega<br />
primera romanskega stavbarstva.
Niemals vergessen!<br />
Jüdische Kultur in Slowenien<br />
� Text: Elisabeth Arlt<br />
Niemals vergessen!<br />
Erika Fürst, eine der wenigen im Übermurgebiet verbliebenen Menschen jüdischen Glaubens lebt<br />
heute in Murska Sobota. Auf Vermittlung von Franc Kuzmic vom Pokrajinski muzej in Murska Sobota<br />
bekam ich die Möglichkeit, ein Interview mit ihr zu führen.<br />
Ihre Kindheit in Murska Sobota sei sehr schön gewesen, beginnt Frau Fürst zu erzählen, ihre Eltern<br />
hätten ein Transportunternehmen gehabt, noch vorwiegend mit Pferden, ja, Pferde liebe sie<br />
immer noch sehr. Sie hätte eine unbeschwerte Kindheit gehabt, zusammen mit ihrer Schwester.<br />
Die Familie war angesehen und wohlhabend.<br />
Die jüdische Kultur sei vielfältig gewesen in Murska Sobota in den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg.<br />
Nachdem das Komitat Vas in den Friedensverträgen von Saint Germain im Jahr 1919 von<br />
Ungarn an den neu gegründeten SHS Staat abgetreten werden musste, änderte sich für die Einwohner<br />
einiges. Viele Bewohner des Prekmurje, darunter auch Juden, wollten Ungarn bleiben und<br />
zogen aus diesem Grund auf das verbliebene ungarische Staatsgebiet; der Großteil blieb jedoch.<br />
Drei Synagogen gab es in Murska Sobota, einen Rabbiner, koschere Fleischereien, Schulen, ein Kulturzentrum,<br />
kurz, das jüdische Leben war ein wichtiger Bestandteil dieser Gegend. Eine weitere<br />
Stadt mit vielen jüdischen Einwohnern stellte Lendava, die östlichste Stadt Sloweniens dar. Auch<br />
dort gab es eine Synagoge, eine Schule, einen jüdischen Sportverein, reiches kulturelles Leben.<br />
Bereits in den 20er Jahren überschattete jedoch die beginnende Wirtschaftskrise – wie beinahe<br />
überall – auch das Leben der Bewohner des Übermurgebietes.<br />
Frau Fürst ging in Murska Sobota in die Schule, sie erzählt, es sei eine schöne, sorgenfreie Zeit für<br />
sie gewesen. Ihre Schulfreunde seien zumeist Katholiken und Protestanten gewesen, sie habe sich<br />
nie anders gefühlt, die Kinder seien gute Freunde gewesen.<br />
Auch als die Nationalsozialisten im Jahr 1933 in Deutschland die Macht übernahmen, gab es in<br />
dieser Gegend noch keinen Grund zur Beunruhigung. Zu weit weg schienen diese Geschehnisse<br />
zu sein, zu sicher fühlten sich die Bewohner des Prekmurje.<br />
Es sollte bis zum April 1941 dauern, als deutsche Truppen in das Gebiet einmarschierten, das daraufhin<br />
wieder Ungarn zugesprochen wurde.<br />
Ab diesem Zeitpunkt begannen die Repressalien vor allem gegen Juden und Roma. Jüdische Ge-<br />
101
Niemals vergessen!<br />
Elisabeth Arlt im Gespräch mit Frau Fürst – Elisabeth Artl v pogovoru z gospo Fürst<br />
schäfte wurden beschmiert und verwüstet,<br />
viele jüdische Menschen verloren ihre Arbeit,<br />
die ersten begannen über Emigration nachzudenken.<br />
Bald steigerten sich die Auswüchse<br />
von Hass und Gewalt, und es fanden erste<br />
Verhaftungen statt.<br />
Auch Erika Fürst und ihre Familie wurden verhaftet<br />
und ins Konzentrationslager Auschwitz<br />
deportiert.<br />
Ihr Vater wurde in Auschwitz ermordet, sie<br />
kehrte mit ihrer Mutter und ihrer Schwester<br />
nach ihrer Befreiung nach Murska Sobota zurück.<br />
Warum sie zurückgekehrt seien, möchte ich<br />
wissen, warum sie nicht wie die meisten Überlebenden<br />
ausgewandert sei, nach Israel oder in<br />
die Vereinigten Staaten.<br />
Sie wisse es nicht genau, antwortet Frau Fürst.<br />
Aber Murska Sobota sei ihre Heimat gewesen,<br />
der Ort, an dem sie ihr Leben verbracht hatte,<br />
bis zu jenem Tag im Sommer 1941.<br />
Hart sei es schon gewesen, nach dem Krieg,<br />
ohne Wohnung, ohne Nahrung, ohne Vater,<br />
nichts so wie früher, keine Verwandten, keine<br />
Freunde, die Überwindung, mit Mitmenschen<br />
zu kommunizieren, die noch vor kurzem einer<br />
Ideologie verfallen waren, die ihr und ihrer Fa-<br />
102<br />
milie den Vater und sie selbst fast das Leben<br />
gekostet hätte. Aber sie habe es geschafft und<br />
bereue es nicht, hier geblieben zu sein.<br />
Ich bemerke, heute ist der 27. Jänner 2005.<br />
Heute, vor genau 60 Jahren wurde das Konzentrationslager<br />
Auschwitz-Birkenau befreit,<br />
im letzten Moment und doch um Jahre zu<br />
spät. Hat Frau Fürst den Termin für das Interview<br />
absichtlich gewählt? Erinnert sie sich daran,<br />
wie es war, zurück ins Leben zu gehen?<br />
Es begannen Jahre des Wiederaufbaues, der<br />
Neuorientierung in einem jungen Staat, der<br />
nichts anderes wollte, als wirtschaftlich erfolgreich<br />
zu sein<br />
Für Minderheiten gab es keinen Platz. Man<br />
war froh, die Deutschen los zu sein, auch die<br />
Sowjets, es sollte nur Jugoslawen geben in einem<br />
neuen Staat, der Jugoslawien hieß.<br />
In den 40er Jahren gab es von Seiten der jugoslawischen<br />
Regierung Repressalien in Form<br />
einer Art „Judengesetzgebung“, die jüdischen<br />
Mitbürgern den Hochschulzugang verweigerte<br />
oder willkürlich den Handel mit gewissen<br />
Produkten, vornehmlich Lebensmitteln, verbot.<br />
Von der Öffentlichkeit wurde dieses Vorgehen<br />
scharf kritisiert, es gab Protestmärsche<br />
und Kundgebungen.<br />
Fotos(2): Pavel-Haus
Unter Tito war die Lage mehr oder weniger ruhig,<br />
die jüdische Bevölkerung Jugoslawiens hatte<br />
zwar keine Unterdrückung zu befürchten,<br />
wurde jedoch als Minderheit auch nicht wahrgenommen<br />
und hatte keine Sonderrechte.<br />
Nach Titos Tod kam es in den 90er Jahren in<br />
Kroatien immer wieder zu antisemitischen<br />
Äußerungen seitens des Präsidenten Franjo<br />
Tudjman, die lange Zeit seine Wahlkampfparolen<br />
untermalten. In Slowenien gab es, zumindest<br />
von offizieller Seite, keine derartigen<br />
Aussagen.<br />
Frau Fürst arbeitete lange in Murska Sobota,<br />
jetzt ist sie in Pension und genießt es, wie sie<br />
versichert.<br />
Leid tue ihr, dass sie nicht zum Gottesdienst<br />
gehen könne, es gäbe keine Synagoge mehr,<br />
die nächste Möglichkeit, eine Synagoge zu<br />
besuchen, wäre nach Ljubljana oder Graz zu<br />
fahren. Aber sie fahre in der Dunkelheit nicht<br />
mehr so gerne mit dem Auto, ja, das mache sie<br />
schon etwas traurig, aber so sei es eben.<br />
In Maribor, das auch eine große jüdische Gemeinde<br />
besessen hatte, leben heute nur noch<br />
einige wenige Juden. Die im Kern gotische Synagoge,<br />
die nur aus dem Grund, dass man sie<br />
bereits im Mittelalter zu einer katholischen<br />
Kirche umgewandelt hatte, erhalten geblieben<br />
ist, dient heute als Ausstellungsraum für verschiedene<br />
wechselnde Ausstellungen. Letzten<br />
Winter wurde dort eine Schautafelausstellung<br />
zum Thema Shoa mit dem Titel „Holokavst<br />
1933-1945 – Pogum da se spominjamo / Holocaust<br />
1933-1945 – der Mut, sich zu erinnern“<br />
gezeigt.<br />
Sie ist, wie auch die ebenfalls erhaltene Synagoge<br />
in Lendava hübsch renoviert, ja, man hat<br />
seine Pflicht getan, aber als geschichtskundiger<br />
Besucher beschleicht einen ein klammes<br />
Gefühl, wenn man die weißen Wände be-<br />
Niemals vergessen!<br />
trachtet. Beide Gebäude wirken kalt und leer,<br />
zweckentfremdet, da können auch ein neuer<br />
Dachstuhl und moderne Fenster nichts daran<br />
ändern, auch ein Gebäude lebt von seiner<br />
Funktion.<br />
Juden in Slowenien: ein schwieriges Thema,<br />
das nicht aufgearbeitet ist.<br />
Es gebe eine jüdische Gemeinschaft in Ljubljana,<br />
erzählt mir Frau Fürst, sie treffe sich regelmäßig<br />
in einem Privathaus irgendwo in der<br />
Stadt, wo, wisse sie selbst nicht genau. Der<br />
Rabbiner sei Italiener, er komme einmal die<br />
Woche aus Triest, sei der slowenischen Sprache<br />
nicht sehr mächtig. Es kämen aber viele<br />
Menschen, vorwiegend Junge. Viele davon<br />
seien keine Juden, würden aus Sympathie und<br />
Interesse an der jüdischen Kultur die Gottesdienste<br />
und Kulturveranstaltungen besuchen.<br />
Sie selbst sei jedoch noch nie dort gewesen.<br />
Man müsse sich damit abfinden, dass Slowenien<br />
eben ein Staat ohne Juden sei, nicht mehr<br />
und nicht weniger.<br />
Erika Fürst ist es wichtig, ihre Geschichte<br />
möglichst vielen jungen Leuten zu erzählen.<br />
Deshalb sei sie oft in Schulen eingeladen, das<br />
mache ihr Freude, obwohl ihre Geschichte so<br />
traurig ist, sei es für sie immer ein gutes Gefühl,<br />
Jugendlichen die Augen zu öffnen und Sorge zu<br />
tragen, dass sich diese dunklen Kapitel der Geschichte<br />
nie mehr wiederholen mögen.<br />
103
Nikoli pozabiti<br />
Nikoli pozabiti<br />
Judovska kultura v Sloveniji<br />
Erika Fürst, ena od majhnega števila ljudi<br />
judovske vere iz Prekmurja, živi danes v Murski<br />
Soboti. S posredovanjem Franca Kuzmiča iz<br />
Pokrajinskega muzeja iz Murske Sobote sem<br />
dobila priložnost z njo narediti intervju.<br />
Njena mladost v Murski Soboti je bila zelo<br />
lepa, začne pripovedovati gospa Fürst, njeni<br />
starši so imeli transportno podjetje, pretežno<br />
še s konji – da, konje ima še zmeraj zelo rada.<br />
Imela je brezskrbno mladost, skupaj s svojo<br />
sestro. Družina je bila ugledna in premožna.<br />
Judovska kultura je bila v Murski Soboti<br />
raznolika v letih vse do prve svetovne vojne.<br />
Potem, ko je madžarska županija Vas po<br />
mirovnih pogodbah iz Saint Germaina leta<br />
1919 pripadla novonastali državi SHS, se je<br />
za prebivalce veliko spremenilo. Veliko, tudi<br />
judovskih, prebivalcev Prekmurja je želelo<br />
ostati na Madžarskem in so se iz tega razloga<br />
preselili nazaj na Madžarsko, velika večina pa<br />
je ostala.<br />
V Murski Soboti so obstajale tri sinagoge, rabin,<br />
košer mesnice, šole, kulturni center – na kratko,<br />
judovsko življenje je bilo pomemben sestavni<br />
del tega področja. Drugo mesto z mnogo<br />
judovskimi prebivalci je predstavljala Lendava,<br />
najbolj vzhodno mesto Slovenije. Tudi tam je<br />
bila sinagoga, šola, judovsko športno društvo,<br />
bogato kulturno življenje.<br />
Toda že v 20-ih letih prejšnjega stoletja je<br />
začetna gospodarska kriza – kot skoraj povsod<br />
– zasenčila življenje prebivalcev Prekmurja.<br />
Gospa Fürst je v Muski Soboti hodila v šolo.<br />
Pripoveduje, da je bil to lep, brezskrben čas<br />
zanjo. Njeni sošolci so bili večinoma katoliki<br />
in protestanti, nikoli se ni počutila drugačna,<br />
104<br />
otroci so bili dobri prijatelji. Tudi ko so nacisti<br />
od leta 1933 v Nemčiji pridobivali moč, na<br />
tem področju še ni bilo nobenega razloga za<br />
vznemirjenje. Predaleč so se zdeli ti dogodki,<br />
preveč sigurne so se počutili prebivalci<br />
Prekmurja. Vse do aprila 1941, ko so nemške<br />
čete vkorakale v z madžarske strani ponovno<br />
osvojeno področje in ga okupirale.<br />
Od tega trenutka so se začele represalije<br />
predvsem proti Judom in Romom. Judovske<br />
trgovine so zamazali in opustošili, veliko Judov<br />
je izgubilo službo, prvič so začeli razmišljati o<br />
emigraciji. Kmalu so se stopnjevale zlorabe,<br />
sovraštvo in nasilje, prišlo je do prvih aretacij.<br />
Tudi Erika Fürst in njena družina so bili<br />
aretirani in deportirani v koncentracijsko<br />
taborišče Auschwitz.<br />
Njen oče je bi v Auschwitzu umorjen, ona pa se<br />
je z mamo in sestro vrnila v Mursko Soboto.<br />
Zakaj so se vrnile, sem hotela vedeti, zakaj se<br />
niso kot večina preživelih izselile v Izrael ali<br />
Združene države.<br />
Ne ve prav točno, odgovori gospa Fürst. Toda<br />
Murska Sobota je bila njena domovina, kraj, na<br />
katerem je preživela svoje življenje, do tistega<br />
dne poleti 1941.<br />
Težko je že bilo, po vojni, brez stanovanja,<br />
hrane, brez očeta, ne tako kot nekoč, nobenih<br />
sorodnikov, prijateljev; samopremagovanje,<br />
komuniciranje s soljudmi, ki so še pred kratkim<br />
podlegli ideologiji, ki je njo in njeno družino<br />
skoraj stala življenja in pobrala očeta. Ampak<br />
uspela je in ne obžaluje, da je ostala.<br />
Pripomnim, danes je 27. januar 2005.<br />
Danes, točno pred 60 leti, je bilo osvobojeno<br />
koncentracijsko taborišče Auschwitz-Birkenau;<br />
v zadnjem trenutku, pa vendar leta prepozno.<br />
Ali je gospa Fürst namenoma izbrala ta<br />
datum za intervju? Se spominja, kako je bilo,<br />
vrniti se v življenje? Začela so se leta obnove,
eorientacija mlade države, ki ni želela nič<br />
drugega kot gospodarsko uspeti.<br />
Za manjšine ni bilo prostora. Človek je bil vesel,<br />
da se je rešil Nemcev, tudi Sovjetov, bili naj bi<br />
le Jugoslovani v novi državi, ki se je imenovala<br />
Jugoslavija.<br />
V 40-ih letih prejšnjega stoletja je s strani<br />
jugoslovanske vlade prišlo do represalij v<br />
obliki neke vrste „judovske zakonodaje“, ki je<br />
preprečevala judovskim sodržavljanom vpis<br />
na visoke šole ali samovoljno prepovedala<br />
trgovanje z določenimi proizvodi, pretežno z<br />
živili. S strani javnosti je bil to ravnanje ostro<br />
kritizirano, izvedeni so bili protestni pohodi in<br />
zborovanja.<br />
Pod Titom je bil položaj več ali manj miren,<br />
judovskemu prebivalstvu Jugoslavije se sicer ni<br />
bilo treba bati zatiranja, vendar kot manjšina<br />
niso bili zaznani in niso imeli posebnih<br />
pravic.<br />
Po Titovi smrti je prihajalo v 90-ih letih<br />
prejšnjega stoletja na Hrvaškem zmeraj znova<br />
do antisemitskih izjav s strani predsednika<br />
Franja Tudjmana, ki so pogosto dopolnjevale<br />
njegova predvolilna gesla. V Sloveniji v<br />
tem oziru vsaj z uradne strani ni bilo nič<br />
objavljeno.<br />
Gospa Fürst je dolgo časa delala v Murski<br />
Soboti, sedaj pa je v pokoju in uživa, kot<br />
zatrjuje.<br />
Žal ji je, da ne more k bogoslužju, nobene<br />
sinagoge ni več, najbližja možnost obiskati<br />
sinagogo je peljati se v Ljubljano ali v Gradec.<br />
Vendar se ne vozi več rada z avtom, ko se<br />
stemni; da, to jo že žalosti, vendar tako pač<br />
je.<br />
V Mariboru, ki je tudi imel veliko judovsko<br />
skupnost, živi danes le še nekaj Judov. V jedru<br />
gotska sinagoga, ki je samo iz razloga, da so jo že<br />
v srednjem veku spremenili v katoliško cerkev,<br />
Nikoli pozabiti<br />
ostala ohranjena, služi danes kot razstavni<br />
prostor za različne izmenjujoče se razstave.<br />
Zadnjo zimo so prikazali razstavno preglednico<br />
na temo Shoa z naslovom „Holokavst 1933-<br />
1945 – Pogum, da se spominjamo“.<br />
Ta je, tako kot ohranjena sinagoga v Lendavi,<br />
lepo renovirana, da, dolžnost so izpolnili,<br />
vendar obide zgodovinsko izkušenega<br />
obiskovalca tesen občutek, ko opazuje bele<br />
zidove. Obe zgradbi delujeta hladno in prazno,<br />
uporabljeni sta za druge namene, pri tem ne<br />
more nič spremeniti niti novo ostrešje, niti<br />
moderma okna, zgradba tudi živi od svoje<br />
funkcije.<br />
Judje v Sloveniji: zapletena tema, ki ni<br />
obdelana.<br />
V Ljubljani obstaja judovska skupnost,<br />
pripoveduje gospa Fürst, srečujejo se redno v<br />
privatni hiši nekje v mestu; kje, sama ne ve<br />
točno. Rabin je Italijan, enkrat tedensko prihaja<br />
iz Trsta, slovenskega jezika pa ne obvlada prav<br />
dobro. Prihaja pa veliko ljudi, predvsem mladih.<br />
Veliko od njih ni judovske vere, iz simpatije<br />
in zanimanja za judovsko kulturo obiskujejo<br />
bogoslužje in kulturne prireditve. Sama pa še<br />
nikoli ni bila tam.<br />
Človek se mora sprijazniti s tem, da je Slovenija<br />
država brez Judov, nič več in nič manj.<br />
Za Eriko Fürst je pomembno, da lahko svojo<br />
zgodbo pove čim več mladim. Zato je pogosto<br />
povabljena v šole, to jo veseli, čeprav je njena<br />
zgodba tako žalostna. Zmeraj ima dober<br />
občutek, mladim odpreti oči in upuštevajoč,<br />
da se to temno poglavje zgodovine nikoli več<br />
ne bi ponovilo.<br />
105
Bildgalerie – galerija slik V<br />
Prof. Helmut Konrad spricht anlässlich der Veranstaltung zum Gedenkjahr im Mai 2005 – govor prof. Helmuta Konrada na prireditvi ob spominskem<br />
letu maja 2005<br />
106
Mariborski judje nekoč<br />
Obnovljena nekdanja sinagoga danes<br />
� Text: Marjan Toš<br />
Mariborski judje nekoč<br />
Na slovenskem narodnostnem ozemlju srečujemo Jude predvsem od 12. stoletja naprej, vzporedno<br />
z nastankom meščanskih naselij. Tako po številu kot po gospodarski vlogi, ki so jo odigrali, so bili<br />
Judje oziroma njihove skupnosti pomembne zlasti v Mariboru, na Ptuju, v Celju, v Ljubljani, v Gorici,<br />
Trstu in v nekaterih koroških mestih. Ohranjene listine pričajo, da je njihova dejavnost segala preko<br />
deželnih meja in da je bila mobilnost judovskega življa izredno velika. V gospodarskem pogledu so<br />
bila omenjena mesta preko judovskega življa povezana s celotno srednjo Evropo. 1 Nasploh so Judje<br />
v preteklosti srednjeveške Evrope odigrali izjemno pomembno vlogo, saj so s svojo dejavnostjo<br />
na gospodarskem in kulturnem področju prispevali k njenemu napredku in so sooblikovali njeno<br />
podobo. Njihova glavna gospodarsko-pridobitna dejavnost, trgovanje na daljavo, predvsem v<br />
zgodnjem srednjem veku, in denarni posli v kasnejših stoletjih, so jih pripeljali v skoraj vse dele<br />
Evrope. Judje so bili zaradi svoje gospodarske dejavnosti, zlasti trgovanja in denarništva, navezani<br />
na tedanja gospodarska in prometna središča. Naselili so se torej tam, kjer so našli pogoje za svojo<br />
gospodarsko in s tem življenjsko eksistenco. 2<br />
Kot povsod drugod, so se Judje tudi na slovenskem Štajerskem naselili v krajih ob pomembnih<br />
gospodarskih poteh. Tako so se nastanili tudi v Mariboru, kjer so se križale pomembne poti,<br />
ki so vodile na zahod proti Koroški, na jug proti Slovenski Bistrici, prek Celja do Ljubljane in v<br />
smeri morja, na sever proti deželnemu glavnemu mestu Gradcu, vzhodna pot pa je povezovala<br />
Maribor s Ptujem in s potmi, ki so vodile na Ogrsko. V Mariboru so Judje predstavljali pomemben<br />
del mestnega prebivalstva in so s svojo dejavnostjo pustili trajne sledi v njegovi zgodovini. Še<br />
posebej odločilna in pomembna je bila v srednjeveškem Mariboru gospodarska dejavnost Judov,<br />
ki so držali trdne povezave z mnogimi takratnimi vplivnimi gospodarskimi in tudi kulturnimi<br />
središči. V Mariboru so se Judje naselili in živeli v jugovzhodnem delu mesta na območju, ki je<br />
obsegalo današnjo Židovsko in Ključavničarsko ulico, del današnje Ulice kneza Koclja, spodnji del<br />
Vetrinjske ulice in del glavnega trga. Judovsko občino je vodil judovski mojster, verske obrede in<br />
tudi pravne zadeve pa so opravljali v sinagogi, ki je bila verjetno zgrajena že v drugi polovici 13.<br />
stoletja. Sinagoga je bila tudi sicer versko, duhovno in kulturno središče vsake judovske skupnosti<br />
oziroma četrti. Kjerkoli so se namreč Judje naselili, povsod so zgradili sinagogo (shodnico) za<br />
107
Mariborski judje nekoč<br />
Sinagoga v Mariboru – Synagoge in Maribor<br />
molitev, branje Tore in urejanje skupnih zadev.<br />
Judom je bilo prepovedano živeti v mestu, ki<br />
ni imelo sinagoge. V njej so tudi prenočevali<br />
popotniki, saj so zmeraj dobili kako odvečno<br />
klop ali vsaj prazen kot. Sinagoga je s pročeljem<br />
obrnjena proti jeruzalemskemu templju, in<br />
čeprav je to posvetna ustanova, v kateri imajo<br />
duhovniki le manjšo vlogo, ji pravijo »malo<br />
svetišče«. 3 Mariborska sinagoga naj bi bila<br />
prvič izpričana že v času druge polovice 13.<br />
stoletja, omenja pa se leta 1429, ko so v njej<br />
tudi opravljali pravne posle. Ob sinagogah je<br />
bila ponavadi šola in ob njej kopališče s tekočo<br />
vodo za obredne kopeli. Za Maribor Vladimir<br />
Travner navaja, da naj bi bila šola »domnevno v<br />
židovskem stolpu« in naj bi jo bili zgradili okoli<br />
leta 1477. Tega leta naj bi namreč cesar Friderik<br />
III. naročil radgonskemu judovskemu mojstru<br />
Muschu, naj Judu Davidu črta plačilo globe<br />
dvanajstih goldinarjev, ki bi jih moral plačati<br />
za gradnjo talmudske šole v Mariboru. Isti<br />
avtor tudi omenja, da naj bi bilo že omenjeno<br />
kopališče za obredne kopeli mariborskih Judov<br />
»tik pod sinagogo ob mestnem obzidju ob<br />
Dravi. Ob mariborski sinagogi naj bi bilo tudi<br />
108<br />
pokopališče, pri čemer pa isti<br />
avtor poudarja, da po verskih<br />
predpisih pokopališče ne bi<br />
smelo biti poleg sinagoge. Ker<br />
pa je bil prostor v mariborskem<br />
judovskem getu omejen, se<br />
Judje na to prepoved niso<br />
mogli ozirati. Trditev opira na<br />
nagrobnike, ki so bili najdeni<br />
znotraj mestnega obzidja. 4<br />
Že leta 1367 je bilo judovsko<br />
pokopališče v Mariboru zunaj<br />
mesta, na prostoru zahodno<br />
od današnjega Vodnikovega<br />
trga. Mariborska sinagoga je<br />
kot preprosta ravnokrilna stavba zagotovo<br />
obstajale prej, preden je poleg nje živel prvi<br />
znani rabin Abraham (umrl leta 1379).<br />
Obokali so jo v prvi četrtini 15. stoletja, preden<br />
je postala občasni sedež vrhovnega rabinata<br />
za Štajersko, Koroško in Kranjsko. Izjemno<br />
pomemben in znan je bil rabin Israel Isserlein<br />
(1390 ?-1460 ?). Judovska četrt v Mariboru<br />
je v 15. stoletju, ko je ekonomski potencial<br />
judovskega prebivalstva v tem mestu dosegel<br />
največjo moč, obsegala desetino obzidanega<br />
mesta. Čeprav so Judje kot posebna skupina<br />
mestnega prebivalstva živeli znotraj mestnega<br />
obzidja v posebni četrti , to še ne pomeni,<br />
da so živeli izključno v svojem getu. Primeri<br />
Maribora, Ljubljane in Velikovca kažejo, da<br />
je nek majhen del judovskega življa prebival<br />
tudi zunaj zanj določene četrti. Znano je tudi,<br />
da so bile posamezne meščanske družine<br />
lastnice nepremičnin tudi v judovski četrti.<br />
Povsem razumljivo je seveda, da obe skupini<br />
prebivalstva nista nikoli živeli pod isto streho.<br />
Mariborske davčne knjige iz druge polovice 15.<br />
stoletja na primer pričajo, da so si Judje pridobili<br />
zunaj svoje četrti kar lepo število nepremičnin.
Pri teh presojah pa moramo biti previdni, saj<br />
so si Judje nekatere hiše pridobili le začasno,<br />
in to na račun zapadlega dolga, ter v njih niso<br />
prebivali. Take nepremičnine so običajno tudi<br />
odprodali. 5<br />
Judje so bili kot del mestnega prebivalstva<br />
dolžni skrbeti in prispevati tudi za obrambo<br />
mesta. Ko so v letu 1465 Mariborčani popravljali<br />
mestno obzidje in utrdbe ob judovski četrti<br />
od Židovske ulice do Salzburškega dvora, so<br />
zlasti za les in njegov prevoz ter za zidarje<br />
porabili večjo količino denarja. Mestni sodnik<br />
Sebald Mitterhueber je tedaj potrdil, da so<br />
Judje prispevali štirideset funtov denarjev.<br />
Medtem ko je bilo srednjeveško prebivalstvo<br />
vezano na en kraj: podložniki so bili zavezani<br />
grudi (glebae adscripti) in so se smeli odseliti<br />
s svoje kmetije le s privoljenjem zemljiškega<br />
gospoda, tudi obrtniki se v mestih zlasti zaradi<br />
posedovanja delavnic niso selili, judovski živelj<br />
pa je bil izjemno mobilen. Trgovski posli so<br />
Jude pripeljali daleč na tuje in mnogi so tam<br />
tudi ostali, saj so dobili bistveno boljše pogoje<br />
za bivanje in za opravljanje gospodarske<br />
dejavnosti. O veliki mobilnosti judovskega<br />
prebivalstva pričajo tudi mnoge listine za<br />
Maribor in kažejo na močno povezanost<br />
mariborskih judovskih družin in sorodstvene<br />
vezi predvsem z graškimi in ljubljanskimi Judi.<br />
Mnoge mariborske judovske družine so se v<br />
14. in 15. stoletju preselile v deželno glavno<br />
mesto Gradec. Glavni gospodarski dejavnosti<br />
Judov sta bili trgovina in denarništvo.<br />
Trgovske zveze mariborskih Judov (pa tudi<br />
celjskih) so segale do Dubrovnika in Benetk<br />
ter do Dunaja in Prage. Velike dobičke je<br />
judovskemu prebivalstvu prinašala trgovina<br />
z beneškim blagom. S svojimi zvezami so<br />
posredovali med domačo in tujo trgovino in<br />
s tem koristili gospodarstvu domačih naselij. 6<br />
Mariborski judje nekoč<br />
Mariborski Judje so imeli tudi nemajhen delež<br />
v vinski trgovini, ki jim je prinašala lepe<br />
dohodke. Vinski pridelek so ali preprodajali ali<br />
pa prodajali vino, ki so si ga pridobili na račun<br />
zapadlega dolga. Mnoge judovske družine iz<br />
Maribora so postale tudi lastnice vinogradov<br />
v mariborski okolici (podobna ocena velja<br />
tudi za ptujske Jude). Nekateri dolžniki so<br />
namreč Judom zastavljali kot posojilojemalci<br />
vinogradniške komplekse, in ker dolga niso<br />
mogli poravnati, so upniki postali lastniki<br />
zemlje. Pri tem pa je zanimivo, da so si<br />
Judje na veliko prizadevali tako pridobljene<br />
nepremičnine čimprej prodati. Mariborski<br />
Judje so vino zaradi boljših zaslužkov na veliko<br />
prodajali tudi v koroških mestih. Najbolj<br />
razširjena gospodarska dejavnost judovskega<br />
življa v Mariboru pa so bili denarni posli,<br />
zlasti posojanje denarja na obresti, kar je<br />
bilo krščanskemu prebivalstvu s cerkvenimi<br />
predpisi prepovedano. Med njihovimi dolžniki<br />
srečujemo vse plasti takratnega prebivalstva.<br />
Od začetka 15. stoletja, zlasti pa od sredine<br />
stoletja, se je položaj Judov na Štajerskem<br />
močno poslabšal. Splošna gospodarska kriza<br />
in konkurenca krščanskega prebivalstva pri<br />
trgovanju in celo v kreditnih poslih sta bili iz<br />
dneva v dan večji, restrikcij deželnega kneza, ki<br />
so jih od njega terjali meščani in plemstvo, pa<br />
je bilo vedno več. V drugi polovici 15. stoletja<br />
so bili Judje že popolnoma izrinjeni iz večjih<br />
trgovskih poslov, vse bolj pa tudi iz kreditnih<br />
in denarnih dejavnosti, kar je močno oslabilo<br />
njihovo gospodarsko moč. Poleg občutnega<br />
slabšanja gospodarskega položaja Judov je<br />
v 15. stoletju naraščalo splošno sovraštvo<br />
do Judov, ki se je zrcalilo tudi v Mariboru.<br />
Nerazpoloženje do Judov je imelo svoje<br />
korenine v gospodarskih, socialnih in verskih<br />
razmerah tedanje dobe. Stopnjevala se je verska<br />
109
Mariborski judje nekoč<br />
Sinagoga v Mariboru – Synagoge in Maribor<br />
nestrpnost krščanskega prebivalstva do Judov,<br />
in to še posebej v času naravnih katastrof<br />
ter gospodarskih, socialnih in duhovnih<br />
kriz. Posledica je bila preganjanje judovskega<br />
prebivalstva, začasni ali trajni izgoni iz mest in<br />
celih dežel. 7 Zahteve za rigorozne ukrepe zoper<br />
Jude so se okrepile po smrti cesarja Friderika<br />
III.(1493). Njegov naslednik Maksimilijan I. je<br />
ugodil prošnji štajerskih in koroških deželnih<br />
stanov in 18. marca 1496 ukazal, da morajo<br />
Judje oditi s Štajerske. Že 9. marca 1496 je<br />
izdal podoben ukaz za Jude na Koroškem. Za<br />
Jude na Štajerskem, torej tudi v Mariboru, je<br />
veljal rok za izselitev do 6. januarja naslednjega<br />
leta (1497) in v roku šestih mesecev naj bi<br />
bile poravnane vse njihove terjatve. Nekateri<br />
mariborski Judje so se začasno zatekli najprej v<br />
Ljubljano, od koder so morali oditi po cesarjevi<br />
odredbi o izgonu Judov s Kranjske leta 1515. 8<br />
Del mariborskih Judov se je preselil v mesta<br />
ob severnem in celo južnem Jadranu in na<br />
ozemlje Beneške republike. Mariborski Judje so<br />
v italijanskem okolju dobili ime »Morpurgo«,<br />
ki se je ponekod ohranilo do današnjih dni.<br />
Očitno je bila mariborska judovska skupnost<br />
110<br />
tako močna, da je pustila svoje<br />
sledi celo v poimenovanjih. 9<br />
Z izgonom Judov iz Maribora<br />
je bilo najbolj prizadeto prav<br />
mariborsko mesto, ki je postalo<br />
osiromašeno v gospodarskem in<br />
kulturnem pogledu. Z izgonom<br />
Judov so vse njihove ustanove<br />
v Mariboru propadle, sinagogo<br />
sta že leta 1497 kupila zakonca<br />
Barbara in Bernardin Druckher,<br />
ki sta si tudi sicer pridobila<br />
največ nekdanje judovske<br />
posesti. Sinagogo sta preuredila<br />
v cerkev vseh svetnikov. To<br />
se je po vsej verjetnosti zgodilo že leta 1501.<br />
Delovala je kot katoliška cerkev vse do reform<br />
Jožefa II., ko je bila skupaj s kaplanijo izročena<br />
vojski. Ta je zgradbo nekdanje sinagoge<br />
uporabljala kot skladišče do leta 1811, nato pa<br />
je zgradba prešla v meščanske roke. Objekt je<br />
doživel tudi več prezidav in dozidav in zgornji<br />
del etaže je bil spremenjen celo v stanovanje. 10<br />
Leta 1992 je bila sinagoga razglašena za<br />
kulturni in zgodovinski spomenik. 11 Pripravljen<br />
je bil tudi celoviti program njene obnove, ki so<br />
ga zasnovali strokovnjaki in sodelavci Zavoda<br />
za varstvo naravne in kulturne dediščine iz<br />
Maribora. 12 Leta 1992 se je začela prenova<br />
in rekonstrukcija objekta, ki je bil pred tem<br />
zaradi nerešenih lastniških razmerij nekaj<br />
časa tudi zaprt. Tega leta so strokovnjaki<br />
izdelali natančne arhitektonske posnetke in<br />
vzporedno z raziskavami začeli pripravljati<br />
konservatorski program in konservatorski<br />
projekt potrebnih posegov. Zaradi izjemnih<br />
kvalitet sinagoge v širšem prostoru so se namreč<br />
odločili, da je treba sinagogo rekonstruirati v<br />
tisti obliki in obsegu, za katero so imeli dovolj<br />
materialnih podatkov in dokazov. 13 Vzporedno
z raziskavami in sprotnimi ugotovitvami<br />
o pomenu posameznih prostorov, lokaciji in<br />
obliki posameznih okenskih odprtin, so<br />
strokovnjaki opravili nekatere korekcije, ki so<br />
jih vodile k prvemu cilju – iz amorfne gradbene<br />
substance izluščiti kvalitetno arhitekturo<br />
nekdanje sinagoge, takšne, kot je bila pred<br />
letom 1500. 14 Arheološke raziskave v prostoru<br />
nekdanje sinagoge kljub svoji temeljitosti<br />
niso dale konkretnejših rezultatov, ki bi dali<br />
podatke o morebitnih starejših gradbenih fazah<br />
sinagoge. Judje so prvič arhivsko izpričani<br />
v drugi polovici 13. stoletja, v Mariboru pa<br />
naj bi se bili naselili že sredi 13. stoletja,<br />
ko naj bi se prvič omenjala tudi sinagoga. 15<br />
Neposrednih sledov te prve sinagoge, ki bi bili<br />
stilno opredeljivi v obstoječi stavbni substanci,<br />
niso našli. Arheološko poročilo omenja v<br />
substrukturi le ostanke zidov, ki imajo gradbeno<br />
značilnost iz obdobja romanike. Ne glede na<br />
starejše vabljive špekulacije o gradbeni starosti<br />
in gradbeni kontinuiteti mariborske sinagoge<br />
so se strokovnjaki omejili na najdbe, ki so dajale<br />
podatke o njeni velikosti, njeni pojavnosti ter<br />
arhitekturnih elementih in jo opredelili kot<br />
objekt, ki je v zdajšnji materialno dokumentirani<br />
podobi nastal v obdobju ekonomskega in<br />
kulturnega razcveta mariborskih Judov, to<br />
je sredi 15. stoletja. 16 Glede na zadovoljivo<br />
število materialnih podatkov o videzu in<br />
arhitektonski ter konstrukcijski organizaciji<br />
zadnje gradbene faze sinagoge in na izjemnost<br />
judovskega kultnega objekta v Mariboru so se<br />
odločili za rekonstrukcijo celote iz srede 15.<br />
stoletja z vsemi podrobnostmi, ki so jih uspeli<br />
pridobiti med raziskavami stavbe. Obnova<br />
je trajala več let, za javnost je bila nekdanja<br />
judovska sinagoga odprta 1. aprila 2001 leta.<br />
Že leta 1999 je bil izdelan in potrjen elaborat s<br />
predlogom vsebinske zasnove ter organizacije<br />
Mariborski judje nekoč<br />
izvajanja programa v obnovljeni nekdanji<br />
judovski sinagogi Maribor, ki sta ga pripravila<br />
Peter Može iz Pokrajinskega muzeja Maribor<br />
in Daniel Sajko iz Mestne občine Maribor. 17 S<br />
posebno pogodbo je bila obnovljena sinagoga<br />
predana v začasno upravljanje Pokrajinskemu<br />
muzeju Maribor. Ta z njo upravlja še danes.<br />
Temeljni program, ki ga določa narava objekta<br />
in njegova zgodovina, je program ohranjanja,<br />
negovanja in prezentacije judovske kulturne<br />
dediščine na prostoru današnje Slovenije. Tak<br />
program ustreza tudi določilom Sporazuma<br />
med vlado Republike Slovenije in vlado ZDA<br />
o zaščiti in ohranjanju nekaterih kulturnih<br />
predmetov in dobrin. 18 Omenjeni sporazum<br />
obe državi podpisnici zavezuje k ohranjanju<br />
kulturnih dobrin in spomenikov, ki so<br />
dediščina narodnih, verskih ali etničnih skupin<br />
– žrtev genocida med 2. svetovno vojno. Za<br />
izvajanje sporazuma sta zadolžena Ministrstvo<br />
za zunanje zadeve Republike Slovenije –<br />
sektor za mednarodno kulturno sodelovanje<br />
in Ministrstvo za kulturo Republike Slovenije<br />
– uprava za kulturno dediščino. V skladu z že<br />
omenjenim elaboratom naj bi imela obnovljena<br />
nekdanja judovska sinagoga v Mariboru v prvi<br />
vrsti funkcijo muzejskega informacijskega<br />
centra, ki bo informiral o zgodovini judovstva<br />
na območju Maribora in celotne Slovenije in<br />
ki bo prezentiral različne spomenike judovske<br />
kulturne dediščine. Različne programske<br />
usmeritve, ki naj bi sestavljale celoviti program<br />
bodočega muzejskega in dokumentacijskega<br />
centra judovske kulturne dediščine Slovenije,<br />
so bile delovno poimenovane »Center judovske<br />
kulturne dediščine Maribor«, ki pa zaradi<br />
še ne dorečenih statusno-organizacijskih in<br />
finančnih vprašanj še ni zaživel. Kljub temu<br />
so nastali zametki bodočega tovrstnega centra<br />
in vzpostavljeno je delovno sodelovanje z<br />
111
Mariborski judje nekoč<br />
nekaterimi podobnimi<br />
centri in ustanovami<br />
iz domovine in<br />
tujine. Vprašanja<br />
okoli bodočega centra<br />
judovske dediščine v<br />
Mariboru so znova<br />
izjemno aktualna in<br />
z njimi naj bi se bolj<br />
intenzivno ukvarjalo tudi kulturno ministrstvo.<br />
Nasploh je doslej prevladalo stališče, da bo<br />
dejavnost v obnovljeni nekdanji mariborski<br />
sinagogi omejena na vsebine in programe,<br />
ki bodo direktno povezani z muzejskodokumentacijskim<br />
oziroma informacijskim<br />
centrom po eni strani in po drugi predstavljali<br />
javni kulturni program, ki ga definira<br />
mesto z drugimi kulturnimi ustanovami in<br />
izvajalci programov. Ta segment dejavnosti<br />
je od leta 2001 že zaživel, pri čemer je od<br />
vsega začetka prevladalo stališče, da morajo<br />
biti ponujeni programi vsebinsko raznoliki,<br />
kakovostni in tematsko občasno prilagojeni<br />
prezentaciji judovske kulturne dediščine in<br />
aktualne kulturne ponudbe ustvarjalcev iz<br />
države Izrael oziroma judovskih ustvarjalcev<br />
iz Evrope in ZDA. Ta programski sklop se v<br />
Sinagogi 19 uspešno uveljavlja, saj je obnovljena<br />
sinagoga zaživela kot manjši mestni kulturnoprireditveni<br />
center za glasbene večere,<br />
koncerte, radijska omizja, predavanja,<br />
pogovore, občasne likovne razstave in podobne<br />
oblike kulturnega ustvarjanja. Zaradi dobre<br />
akustike ga zelo rade uporabljajo manjše<br />
glasbene skupine komornega značaja in tudi<br />
manjše vokalne skupine. Dobro je zaživelo tudi<br />
sodelovanje z drugimi mariborskimi kulturnimi<br />
ustanovami (Narodni dom, Društvo likovnih<br />
umetnikov Maribor, Univerza, različne srednje<br />
šole, festival kreativnosti Magdalena, Mladinski<br />
112<br />
Nagrobnik rabina – Grabstein<br />
des Rabbiners<br />
Pečat judovskega sodnika – Siegel<br />
des jüdischen Richters<br />
kulturni center,<br />
Zveza kulturnih<br />
društev, Mariborska<br />
knjižnica, Sinagoga<br />
Lendava), tako da je<br />
obnovljena nekdanja<br />
sinagoga eno od<br />
pomembnejših žarišč<br />
kulturnega dogajanja v mariborskem starem<br />
mestnem jedru. Vzpostavljeno je tudi korektno<br />
sodelovanje z Judovsko skupnostjo Slovenije in<br />
z veleposlaništvom države Izrael na Dunaju.<br />
Sinagoga je kot izjemno pomemben kulturnozgodovinski<br />
spomenik nadvse privlačna za<br />
mnoge domače in predvsem tuje turiste. Med<br />
njimi je iz leta v leto več gostov iz Izraela in<br />
Judov iz vseh delov sveta, od Avstralije do<br />
ZDA. Statistični podatki o obiskovalcih (tako<br />
tistih, ki prihajajo na kulturne prireditve, kot<br />
turistov) potrjujejo ocene, da je obisk prireditev<br />
in sinagoge kot kulturno-zgodovinskega<br />
spomenika v okviru turističnih programov<br />
domačih in tujih agencij dokaj stabilen. Leta<br />
2001 je bilo zabeleženih 6629 obiskovalcev,<br />
leta 2002, ko je bila izvedena načrta promocija,<br />
je bilo 16.426 obiskovalcev, leta 2003 je prišlo v<br />
sinagogo 9425 obiskovalcev, lani pa 8794. Med<br />
obiskovalci je tudi veliko mladih, ki so jim<br />
na voljo pedagoški programi in organizirana<br />
vodenja v okviru pouka zgodovine ali<br />
predmeta državljanska vzgoja in etika ter<br />
izbirnih predmetov o verstvih. Vse več pa<br />
je povpraševanja po strokovnem gradivu<br />
in literaturi, ki se nanaša na zgodovino<br />
mariborskih in slovenskih Judov, saj je med<br />
dijaki in študenti kar nekaj zanimanja za<br />
pisanje seminarskih oziroma diplomskih nalog<br />
na judovsko tematiko. Programi in celotna<br />
dejavnost sinagoge v Mariboru je deležna nadvse<br />
korektne in permanentne medijske podpore
in pozornosti, kar je še posebej pomembno<br />
za učinkovito promocijo. Objekt je pogosto<br />
zanimiv za različne prireditve in srečanja<br />
drugih ustanov in organizacij civilne družbe.<br />
Čeprav je organizacijsko vezan na Pokrajinski<br />
muzej Maribor, je dejavnost dovolj fleksibilna<br />
in prilagojena potrebam ciljnih skupin, odprt<br />
pa tudi izven formalnega delovnega časa.<br />
Sinagoga v Mariboru je zanimiva tudi za<br />
številne visoke obiske protokolarnega značaja.<br />
Obnovljena nekdanja sinagoga torej omogoča<br />
izvajanje kulturnih vsebin in programov<br />
ter zagotavlja osnovne pogoje za postopno<br />
ustanovitev muzejskega dokumentacijskega<br />
ali informacijskega centra, ki bi ob ustrezni<br />
državni (in najbrž tudi mednarodni) podpori<br />
lahko prerasel v »Center judovske kulturne<br />
dediščine Slovenije«.<br />
OPOMBE<br />
Mariborski judje nekoč<br />
1 Vlado Valenčič, Židje v preteklosti Ljubljane, Ljubljana, 1995, 5.<br />
2 Jože Mlinarič, Mariborski Židje v zadnjih desetletjih pred izgonom iz mesta,<br />
njihov izgon in sledovi, Pokrajinski arhiv Maribor, Katalogi 7. Prim. Jože<br />
Mlinarič, Judje na slovenskem Štajerskem do njihove prisilne izselitve v<br />
letu 1496, v: Judovski zbornik, ČZN 1-2, Maribor ,2000, 50-70. Prim. Janez<br />
Marolt, History of Jews in Slovenia, KC Sinagoga Maribor, Maribor 2002.<br />
3 Alan Unterman, Judovstvo, Mali leksikon, Ljubljana, 2001, 252.<br />
4 V.Travner, Mariborski ghetto, v:Kronika slovenskih mest II ( 1935 ), 155-156.<br />
Prim. Jože Mlinarič,Judje na slovenskem Štajerskem do njihove prisilne<br />
izselitve v letu 1496, v:Judovski zbornik, ČZN 1-2, Maribor, 2000, 50-70.<br />
5 Jože Mlinarič, Judje na slovenskem Štajerskem do njihove prisilne izselitve<br />
1496, v: Judovski zbornik, ČZN 1-2, Maribor, 2000, 54. Prim. Mariborska<br />
davčna knjiga za leto 1465, StLA, Gradivo za zgodovino Maribora XVII, 42<br />
in Jože Mlinarič, Gradivo za zgodovino Maribora XVII, 17,25, 72, 76, 78 in<br />
103.<br />
6 Ibid.,57.<br />
7 Vlado Valenčič, Židje v preteklosti Ljubljane, Ljubljana, 1992, 26-31.<br />
8 Ibid.<br />
9 Janez Marolt, History of Jews in Slovenia, KC Sinagoga Maribor, 2002.<br />
Avtor navaja, da ga je ob obisku Izraela presenetil napis na trgovini ob<br />
severnih vratih v Jeruzalem z oznako » Morpurgo store« in obisk trgovine je<br />
potrdil njegovo predvidevanje, da gre za potomce mariborskih Judov.<br />
10 Marjan Toš, Programska zasnova in dejavnost obnovljene nekdanje<br />
judovske sinagoge v Mariboru, rokopis, KC Sinagoga, 2005.<br />
11 Medobčinski uradni Vestnik, 5/92.<br />
12 Strokovno skupino so sestavljali Ivan Tušek in Mihela Kajzer-Cafnik za<br />
arheologijo, Janez Mikuž za umetnostno zgodovino; Marjan Teržan za<br />
restavratorstvo, Irena Krajnc-Horvat za arhitekturo in Miran Ježovnik za<br />
statiko.<br />
13 Zavod za varstvo naravne in kulturne dediščine Maribor<br />
14 Janez Mikuž, Nekdanja židovska četrt in nekdanja sinagoga v Mariboru, v:<br />
Judovski zbornik, ČZN, 1-2, 2000, 166.<br />
15 Ibid.<br />
16 Ibid., 167.<br />
17 Mariborska sinagoga – predlog vsebinske zasnove ter organizacije<br />
izvajanja programa, Maribor, junij 1999. Elaborat je potrdil Strokovni kolegij<br />
Pokrajinskega muzeja Maribor dne 16. 3. in 13. 9. 1999.<br />
18 Uradni list Republike Slovenije, 57/96.<br />
19 Objekta se je dobro oprijel naziv Kulturni center (KC ) Sinagoga Maribor, v<br />
javnosti pa je prepoznan tudi po krajšem imenu Sinagoga Maribor. Lastnica<br />
objekta je Mestna občina Maribor.<br />
113
Die Juden von Maribor einst<br />
Die Juden von Maribor einst<br />
Die renovierte ehemalige Synagoge<br />
heute<br />
Auf dem Gebiet Sloweniens begegnen wir<br />
den Juden vor allem ab dem 12. Jahrhundert,<br />
was zeitlich mit der Gründung der städtischen<br />
Siedlungen zusammenfällt. Sowohl auf Grund<br />
ihrer Zahl als auch wegen der wirtschaftlichen<br />
Rolle, die den Juden damals zukam, waren sie<br />
vor allem in Maribor, Ptuj, Celje, Ljubljana<br />
Gorica, Triest und in einigen Kärntner Städten<br />
von besonderer Bedeutung. Die überlieferten<br />
Urkunden bezeugen, dass sich die Aktivitäten<br />
der Juden über die Landesgrenzen<br />
hinaus erstreckten und ihre Mobilität immer<br />
stärker zunahm. In wirtschaftlicher Hinsicht<br />
waren die erwähnten Städte durch die Juden<br />
mit ganz Mitteleuropa verbunden 1 . Im Mittelalter<br />
leisteten die Juden auf wirtschaftlichem<br />
und kulturellem Gebiet einen wichtigen Beitrag<br />
zum Fortschritt Europas und prägten seine<br />
Gestalt mit. Vor allem im Frühmittelalter<br />
war der Fernhandel ihr Haupterwerb, in den<br />
folgenden Jahrhunderten hingegen dominierten<br />
die Geldgeschäfte, die sie in nahezu allen<br />
Teile Europas betrieben. Die Juden waren auf<br />
Grund ihres wirtschaftlichen Engagements,<br />
insbesondere wegen ihrer Handels- und Geldgeschäfte,<br />
an die damaligen Wirtschafts- und<br />
Verkehrszentren gebunden. Sie ließen sich dort<br />
nieder, wo sie die Voraussetzungen für ihre Erwerbstätigkeit<br />
fanden2 .<br />
Wie überall sonst, siedelten sich die Juden auch<br />
in der slowenischen Steiermark in Orten an<br />
den wichtigen Handelswegen an. So kamen sie<br />
auch nach Maribor, eine am Kreuzungspunkt<br />
bedeutender Handelswege gelegene Stadt, von<br />
wo die Handelsrouten in westlicher Richtung<br />
nach Kärnten, in Richtung Süden nach Slo-<br />
114<br />
venska Bistrica, weiter über Celje nach Ljubljana<br />
und schließlich an die Küste sowie in Richtung<br />
Norden in die Landeshauptstadt Graz<br />
führten. In östlicher Richtung waren Maribor<br />
und Ptuj mit den nach Ungarn führenden<br />
Handelswegen verbunden.<br />
Im mittelalterlichen Maribor stellten die Juden<br />
einen wichtigen Teil der Stadtbevölkerung<br />
dar und hinterließen unübersehbare Spuren.<br />
Auf Grund ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten<br />
pflegten sie intensive Kontakte mit zahlreichen<br />
anderen wirtschaftlichen und kulturellen<br />
Zentren in Mitteleuropa. In Maribor machten<br />
sich die Juden im südöstlichen Stadtteil ansässig,<br />
der die heutige Židovska ulica (Judengasse),<br />
die Ključavničarska ulica (Schlossergasse),<br />
einen Teil der heutigen Straße Kneza Koclja,<br />
den unteren Teil der Vetrinjska ulica und einen<br />
Teil des Hauptplatzes umfasste. Die jüdische<br />
Gemeinde wurde von einem Judenmeister geführt,<br />
die Gottesdienste, aber auch die Rechtsangelegenheiten<br />
wurden in der Synagoge, die<br />
bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts<br />
errichtet worden war, abgewickelt.<br />
Die Synagoge war das religiöse, geistige und<br />
kulturelle Zentrum jeder jüdischen Gemeinschaft<br />
beziehungsweise jeden Judenviertels.<br />
Juden durften nicht in einer Stadt ohne ein jüdisches<br />
Gotteshaus leben. Die Synagoge ist mit<br />
ihrer Vorderfront nach dem Jerusalemer Tempel<br />
ausgerichtet; obwohl sie ein Profanbau ist,<br />
in dem den Priestern eine untergeordnete Rolle<br />
zukam, nannte man sie „eine kleine Kultstätte<br />
3 “. Die Synagoge von Maribor soll zum<br />
ersten Mal bereits in zweiter Hälfte des 13.<br />
Jahrhunderts bezeugt worden sein, urkundlich<br />
erwähnt wurde sie allerdings erst im Jahre<br />
1429. In der unmittelbaren Nähe der Synagoge<br />
wurden üblicherweise eine Schule gebaut und<br />
ein Ritualbad errichtet.
Gemäß Vladimir Travner, befand sich die um<br />
das Jahr 1477 errichtete Schule im Judenturm.<br />
Weiters führt Travner an, dass sich das bereits<br />
erwähnte jüdische Ritualbad in Maribor<br />
unmittelbar unter der Synagoge an der Stadtmauer<br />
an der Drau befunden habe. Neben der<br />
Synagoge soll auch ein jüdischer Friedhof gewesen<br />
sein, wobei Travner betont, dass dieser<br />
gemäß den jüdischen religiösen Geboten nicht<br />
neben der Synagoge stehen hätte dürfen. Da<br />
aber der Raum im jüdischen Ghetto sehr begrenzt<br />
war, konnten sich die Bewohner nicht<br />
an dieses Verbot halten. Travners These untermauern<br />
auch die Grabsteine, die innerhalb der<br />
Stadtmauer gefunden wurden 4 . Bereits im Jahre<br />
1367 befand sich der jüdische Friedhof außerhalb<br />
der Stadt, westlich des heutigen Platzes<br />
Vodnikov trg.<br />
Als ein schlichtes, symmetrisches Gebäude<br />
muss die Synagoge in Maribor aber bereits<br />
früher existiert haben, noch bevor in ihrer<br />
Nachbarschaft der erste namentlich überlieferte<br />
Rabbiner Abraham residierte (1379 gestorben).<br />
Ihre Auswölbungen erhielt die Synagoge<br />
im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts,<br />
bevor sie als vorübergehender Sitz des Obersten<br />
Rabbinats für Steiermark, Kärnten und<br />
Krain genutzt wurde. Eine bedeutungsvolle<br />
Persönlichkeit war der Rabbiner Israel Isserlein<br />
(1390–1460).<br />
Als das wirtschaftliche Potential der Juden<br />
von Maribor im 15. Jahrhundert seinen Höhepunkt<br />
erreichte, machte das jüdische Viertel<br />
ein Zehntel des ummauerten Stadtgebiets aus.<br />
Obwohl die Juden als besondere Gemeinschaft<br />
der Stadtbevölkerung innerhalb der Stadtmauer<br />
in einem eigenen Viertel wohnten, bedeutete<br />
dies jedoch nicht, dass sie ausschließlich<br />
in ihrem Ghetto lebten. Beispiele aus Maribor,<br />
Ljubljana und Völkermarkt belegen, dass ein<br />
Die Juden von Maribor einst<br />
kleiner Teil der jüdischen Gemeinschaft auch<br />
außerhalb seines Viertels wohnte. Darüber hinaus<br />
ist bekannt, dass einige Bürgerfamilien<br />
auch Eigentümer von Liegenschaften im jüdischen<br />
Viertel waren. Dennoch steht fest, dass<br />
beide Bevölkerungsgruppen nie unter einem<br />
Dach wohnten.<br />
So bezeugen beispielsweise die Steuerbücher<br />
von Maribor aus der zweiten Hälfte des 15.<br />
Jahrhunderts, dass die Juden außerhalb ihres<br />
Viertels eine beträchtliche Zahl von Liegenschaften<br />
erworben hatten. Dabei ist allerdings<br />
zu berücksichtigen, dass sich einige Häuser<br />
nur vorübergehend in ihrem Besitz befanden,<br />
als Folge unbeglichener Schulden, bewohnt<br />
hatten sie sie jedoch nie. Normalerweise verkauften<br />
sie solche Liegenschaften umgehend<br />
weiter 5 .<br />
Die Juden waren als Teil der Stadtbevölkerung<br />
verpflichtet, zur Verteidigung der Stadt beizutragen.<br />
Als im Jahre 1465 die Stadtmauer und<br />
die Festungsbauten entlang des jüdischen Viertels<br />
– von der Židovska ulica (Judengasse) bis<br />
zum Salzburski dvor (Salzburger Hof) – erneuert<br />
wurden, mussten die Juden 40 Pfund aufbringen.<br />
Während der Großteil der mittelalterlichen Bevölkerung<br />
an einen Ort – an die Scholle (glebale<br />
adscripti) – gebunden war und die Untertanen<br />
ihre Bauernhöfe nur mit der Zustimmung<br />
des Grundherrn verlassen durften – auch die<br />
städtischen Handwerker wanderten nur selten<br />
ab – war die Mobilität der Juden sehr hoch.<br />
Handelsgeschäfte führten sie in fremde Länder,<br />
wo sich viele von ihnen, wenn sie bessere<br />
Lebensbedingungen vorfanden, ansiedelten.<br />
Die große Mobilität der jüdischen Bevölkerung<br />
bestätigen zahlreiche Urkunden der Stadt Maribor.<br />
Sie bezeugen eine starke Verbundenheit<br />
zwischen den jüdischen Familien aus Maribor<br />
115
Die Juden von Maribor einst<br />
mit den Juden von Graz und Ljubljana. Zahlreiche<br />
jüdische Familien aus Maribor zogen im<br />
14. und 15. Jahrhundert in die Landeshauptstadt<br />
Graz.<br />
Die Handelsverbindungen der Juden von Maribor<br />
(wie auch derjenigen von Celje) reichten<br />
von Dubrovnik und Venedig bis nach Wien<br />
und Prag. Große Gewinne erzielten sie durch<br />
den Handel mit venezianischen Waren. 6 Die<br />
Juden von Maribor erwirtschafteten auch im<br />
Weinhandel beträchtliche Gewinne. Schuldner<br />
gaben den Juden ihre Weinberge zum Pfand,<br />
da sie aber die Schulden nicht begleichen konnten,<br />
wurden die Gläubiger zu Landbesitzern.<br />
Interessant ist dabei die Tatsache, dass die Juden<br />
bestrebt waren, die auf diese Art erworbenen<br />
Liegenschaften möglichst bald weiterzuverkaufen.<br />
Die Juden von Maribor verkauften<br />
den Wein wegen besserer Verdienste auch in<br />
den Kärntner Städten. Die meisten Juden betrieben<br />
auch Kreditgeschäfte, weil das Zinsnehmen<br />
nach der kirchlichen Lehre Christen<br />
verboten war. Unter ihren Gläubigern waren<br />
damals alle Bevölkerungsschichten zu finden.<br />
Seit dem Beginn, vor allem aber seit der Mitte<br />
des 15. Jahrhunderts, verschlechterte sich die<br />
Lage der Juden in der Steiermark wesentlich.<br />
Die allgemeine Wirtschaftskrise und die Konkurrenz<br />
der christlichen Bevölkerung im Handel<br />
und sogar im Kreditwesen wurden von Tag<br />
zu Tag größer, Bürger und Adel forderten vom<br />
Landesfürsten immer neue Beschränkungen<br />
für die wirtschaftlichen Aktivitäten der Juden.<br />
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts<br />
wurden die Juden fast völlig aus den größeren<br />
Handelsgeschäften und aus den Kredit- und<br />
Geldgeschäften verdrängt, was ihr wirtschaftliches<br />
Potential schmälerte. Neben der deutlichen<br />
Verschlechterung der Wirtschaftslage<br />
nahm der allgemeine Antijudaismus stark zu,<br />
116<br />
der auch an Maribor nicht vorüberging. Die<br />
Aversionen gegen die Juden hatten ihre Wurzeln<br />
in den wirtschaftlichen, sozialen und religiösen<br />
Verhältnissen der damaligen Zeit. Die<br />
religiöse Intoleranz der Christen gegenüber<br />
den Juden nahm, insbesondere zur Zeit von<br />
Naturkatastrophen, wirtschaftlichen, sozialen<br />
und geistigen Krisen, zu. All dies mündete in<br />
der vorübergehenden oder permanenten Ausweisung<br />
der Juden. 7 Die Forderungen nach rigorosen<br />
Maßnahmen gegen die Juden nahmen<br />
nach dem Tode des Kaisers Friedrich III. (1493)<br />
weiter zu. Sein Nachfolger, Maximilian I., gab<br />
den Forderungen des steiermärkischen und<br />
kärntnerischen Landesstands nach und befahl<br />
am 18. März 1496 die Ausweisung der Juden<br />
aus der Steiermark; bereits am 9. März 1496<br />
erließ er einen ähnlichen Befehl betreffend die<br />
Juden in Kärnten. Die steiermärkischen Juden,<br />
also auch diejenigen aus Maribor, waren<br />
gezwungen, bis zum 6. Jänner des folgenden<br />
Jahres auszuwandern. Zusätzlich mussten<br />
sie binnen sechs Monaten alle ausstehenden<br />
Schulden begleichen.<br />
Einige Juden aus Maribor fanden vorübergehend<br />
Zuflucht in Ljubljana, von wo aus sie<br />
nach dem Erlass des Kaisers über die Ausweisung<br />
aller Juden aus dem Land Krain im Jahre<br />
1515 neuerlich fliehen mussten 8 . Andere zogen<br />
in die Städte an der Adria. Die Juden aus<br />
Maribor wurden von ihrer italienischen Umgebung<br />
„Morpurgo“ genannt. Diesem Namen<br />
kann man ab und zu noch heute begegnen.<br />
Offensichtlich war die jüdische Gemeinschaft<br />
von Maribor so stark, dass sie ihre Spuren sogar<br />
bei den Benennungen hinterließ 9 . Die Ausweisung<br />
der Juden aus Maribor traf die Stadt<br />
selbst schwer, die dadurch in wirtschaftlicher<br />
und kultureller Hinsicht verarmte. Die jüdischen<br />
Einrichtungen verfielen, und die Syna-
goge wurde – wie auch der Großteil des einst<br />
jüdischen Besitzes – bereits 1497 vom Ehepaar<br />
Barbara und Bernandin Druckner gekauft.<br />
Das Ehepaar ließ die Synagoge zur Allerheiligenkirche<br />
umgestalten. Dazu kam es höchstwahrscheinlich<br />
bereits im Jahr 1501. Die Funktion<br />
einer katholischen Kirche hatte sie bis zur<br />
Einführung der Reformen von Joseph II., als<br />
sie samt ihrer Kaplanei dem Militär übergeben<br />
wurde. Dieses benutzte die ehemalige Synagoge<br />
bis 1811 als Lagerhaus, danach kam das Gebäude<br />
in Besitz der Bürger. Die Anlage wurde<br />
mehrmals um- und ausgebaut, der obere Teil<br />
des Geschosses wurde sogar in eine Wohnung<br />
umgebaut 10 .<br />
1992 wurde die Synagoge zum kulturellen und<br />
historischen Denkmal erklärt 11 . Im gleichen<br />
Jahr erarbeiteten Experten und Mitarbeiter des<br />
Instituts für den Schutz des Natur- und Kulturerbes<br />
Maribor 12 einen Plan für ihre Generalrenovierung.<br />
Ein Jahr später begann man auch mit<br />
dem Umbau und der Rekonstruktion des Gebäudes,<br />
das zuvor wegen ungeklärter Besitzverhältnisse<br />
eine Zeit lang geschlossen bleiben<br />
musste. Im gleichen Jahr machten die Experten<br />
detaillierte architektonische Aufnahmen<br />
und begannen parallel zu den Forschungen das<br />
konservatorische Programm vorzubereiten.<br />
Man entschloss sich, die Synagoge in derjenigen<br />
Form zu rekonstruieren, für die man<br />
genügend Materialien und Quellen gesammelt<br />
hatte 13 . Parallel zu den Forschungsarbeiten<br />
über die Bedeutung der einzelnen Räume,<br />
des Standortes und der Form der Fensteröffnungen<br />
führten die Fachleute einige Umbauten<br />
durch, die sie ein Stück näher an ihr erstes<br />
Ziel brachten: Sie meißelten aus einer formlosen<br />
Bausubstanz die wertvolle Architektur der<br />
ehemaligen Synagoge, die bereits vor dem Jahre<br />
1500 bestanden hatte, heraus 14 . Trotz aller<br />
Die Juden von Maribor einst<br />
Sorgfältigkeit erbrachten die archäologischen<br />
Forschungen jedoch keine konkreten Resultate,<br />
die eventuell auf noch frühere Bauphasen<br />
oder -zustände der Synagoge schließen ließen.<br />
Archivalisch sind die Juden zum ersten Mal in<br />
der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts belegt,<br />
in Maribor sollen sie sich jedoch bereits Mitte<br />
des 13. Jahrhunderts niedergelassen haben, als<br />
auch die Synagoge zum ersten Mal schriftlich<br />
erwähnt wurde. 15 Unmittelbare Spuren der<br />
ersten Synagoge, die in ihrer baulichen Form<br />
der heutigen entsprochen haben soll, wurden<br />
allerdings nie gefunden. Der archäologische<br />
Fachbericht erwähnt lediglich, dass in der Substruktur<br />
Mauerreste gefunden wurden, die der<br />
Romanik zuzuordnen sind. Ungeachtet verschiedener<br />
Spekulationen über die Entstehung<br />
der Synagoge, beschränkten sich die Experten<br />
auf diejenigen Funde, die verlässliche Angaben<br />
über ihre Größe, Architekturelemente und ihr<br />
Erscheinungsbild lieferten, als sie zur Zeit der<br />
wirtschaftlichem und kulturellen Blüte der Juden<br />
in Maribor, Mitte des 15. Jahrhunderts,<br />
entstanden ist. 16<br />
Auf Grund der ausreichenden Menge an Befunden<br />
über die architektonische und konstruktionsbedingte<br />
Form der Synagoge in ihrer letzten<br />
Bauphase hat man sich darauf geeinigt, sie<br />
mit allen während der Forschungsarbeiten gesammelten<br />
Details neu zu errichten. Die Renovierungsarbeiten<br />
dauerten mehrere Jahre. Am<br />
1. April 2001 öffnete die renovierte ehemalige<br />
jüdische Synagoge ihre Tore der Öffentlichkeit.<br />
Bereits 1999 wurde ein Fachbericht mit dem<br />
Vorschlag über ein inhaltliches Programm und<br />
über organisatorische Belange der Synagoge erstellt.<br />
Das Programm wurde von Peter Može<br />
vom Regionalmuseum Maribor und Daniel Sajko<br />
von der Stadtgemeinde Maribor konzipiert 17 .<br />
Mittels eines Sondervertrages wurde die Syn-<br />
117
Die Juden von Maribor einst<br />
agoge dem Regionalmuseum zur vorübergehenden<br />
Verwaltung übergeben, unter dessen Zuständigkeit<br />
sie noch heute fällt.<br />
Das auf die Charakteristik des Gebäudes und<br />
seine Geschichte ausgerichtete Grundsatzprogramm<br />
ist der Erhaltung, der Pflege und der<br />
Präsentation des jüdischen Kulturerbes auf<br />
dem Gebiet des heutigen Sloweniens verpflichtet.<br />
Dieses Programm entspricht auch den Bestimmungen<br />
des Abkommens zwischen der<br />
slowenischen und der US-Regierung über den<br />
Schutz und die Erhaltung von Kulturgütern. 18<br />
Das Abkommen verpflichtet beide Staaten zur<br />
Erhaltung der Kulturgüter und -denkmäler, die<br />
das Erbe nationaler, religiöser und ethnischer<br />
Gemeinschaften – Völkermordopfer des II.<br />
Weltkrieges – darstellen. Zur Umsetzung des<br />
Abkommens haben sich die Abteilung für internationale<br />
Kulturzusammenarbeit des Ministeriums<br />
für äußere Angelegenheiten der Republik Slowenien<br />
und die Verwaltung für das kulturelle Erbe des<br />
Kulturministeriums der Republik Slowenien verpflichtet.<br />
Im Einklang mit dem erwähnten Fachbericht<br />
soll die ehemalige jüdische Synagoge in erster<br />
Linie die Funktion eines Museums und Informationszentrums<br />
haben, das über die Geschichte<br />
des Judentums in Maribor und ganz<br />
Slowenien informiert und verschiedene Denkmäler<br />
des jüdischen Kulturerbes zur Schau<br />
stellt. Die unterschiedlichen Programmrichtungen,<br />
die Teil des Programmganzen des<br />
künftigen Museums und Dokumentationszentrums<br />
des jüdischen Kulturerbes Sloweniens darstellen<br />
sollen, bekamen den Arbeitstitel „Zentrum<br />
des jüdischen Kulturerbes Maribor“. Dieses hat<br />
allerdings wegen noch ungelöster organisatorischer<br />
und finanzieller Fragen seine Aktivitäten<br />
noch nicht zu entfalten begonnen. Es entstanden<br />
trotzdem konkrete Ansätze für die Tätig-<br />
118<br />
keit eines künftigen derartigen Zentrums, und<br />
es wurde bereits eine Zusammenarbeit mit einigen<br />
vergleichbaren slowenischen, aber auch<br />
ausländischen Zentren und Einrichtungen initiiert.<br />
Fragen um das künftige Zentrum des<br />
jüdischen Kulturerbes in Maribor sind neuerdings<br />
wieder sehr aktuell geworden, mit ihnen<br />
sollte sich auch das Kulturministerium intensiv<br />
auseinandersetzen. Im Allgemeinen überwog<br />
bislang die Meinung, dass die Aktivitäten<br />
in der ehemaligen Synagoge auf Inhalte und<br />
beschränkt sein sollten, die unmittelbar mit<br />
dem Museum sowie dem Dokumentations-<br />
und Informationszentrum verbunden sind<br />
und zugleich ein öffentliches Kulturprogramm<br />
darstellen, das von der Stadt im Einklang mit<br />
anderen Kultureinrichtungen und Programmträgern<br />
bestimmt wird.<br />
Diesen Grundsätzen entsprechend, entfaltete<br />
die Synagoge ab 2001 ihre Aktivitäten, wobei<br />
man von Anfang großen Wert auf ein hohes<br />
künstlerisches Niveau und auf inhaltliche<br />
Vielfältigkeit legte. Thematisch sollte das Programm<br />
auch auf die Darstellung des jüdischen<br />
Kulturerbes ausgerichtet und dem aktuellen<br />
kulturellen Angebot israelischer beziehungsweise<br />
der in Europa und in den Vereinigten<br />
Staaten lebenden jüdischen Künstler angepasst<br />
werden.<br />
Eine solche Ausrichtung des Programms setzt<br />
sich bereits erfolgreich durch, und die renovierte<br />
Synagoge 19 wurde als ein kleines Kultur-<br />
und Veranstaltungszentrum für Musikabende,<br />
Konzerte, Vorlesungen, Gespräche,<br />
Bilderausstellungen u. Ä. neu belebt. Wegen<br />
der guten Akustik werden hier von kleineren<br />
Kammermusikgruppen und Vokalgruppen<br />
oftmals Konzerte abgehalten. Initiiert wurde<br />
auch eine Zusammenarbeit mit anderen Kultureinrichtungen<br />
in Maribor (Kulturhaus Na-
odni dom, Verband bildender Künstler Maribor,<br />
Universität Maribor, verschiedene Mittelschulen,<br />
Festival der Kreativität Magdalena, Jugendkulturzentrum,<br />
Bund der Kulturvereine, Bibliothek<br />
Maribor). Somit wurde die Synagoge zu einem<br />
der wichtigsten Treffpunkte des Kulturgeschehens<br />
im alten Stadtkern von Maribor. Darüber<br />
hinaus wurde eine korrekte Zusammenarbeit<br />
zwischen der slowenischen jüdischen Gemeinschaft<br />
und der israelischen Botschaft in Wien<br />
hergestellt.<br />
Als außerordentlich wichtiges kulturhistorisches<br />
Denkmal ist die Synagoge eine höchst<br />
interessante Sehenswürdigkeit für einheimische,<br />
insbesondere aber für ausländische Touristen.<br />
Unter ihnen finden sich immer mehr<br />
Gäste aus Israel und Juden aus aller Welt, von<br />
Australien bis zu den USA. Die Besucherstatistik<br />
zeigt, dass die Frequenz der Besucher sowohl<br />
der kulturellen Veranstaltungen als auch<br />
der Synagoge als kulturhistorisches Denkmal<br />
selbst relativ stabil ist. Im Jahre 2001 wurden<br />
6.629 Besucher verzeichnet, ein Jahr später,<br />
nach einer Werbekampagne, bereits 16.426. Im<br />
Jahre 2003 kamen 9.425 Besucher, im Vorjahr<br />
waren es 8.794.<br />
Unter den Besuchern befanden sich viele Schüler,<br />
für die eigene Führungen angeboten werden.<br />
Die Nachfrage nach Fachliteratur, die sich<br />
auf die Geschichte der slowenischen Juden bezieht,<br />
steigt ständig, weil unter den Schülern<br />
und Studenten großes Interesse am Thema Judentum<br />
besteht. Die Aktivitäten der Synagoge<br />
in Maribor genießen große Aufmerksamkeit in<br />
den Medien, was für eine wirkungsvolle Vermarktung<br />
von großem Vorteil ist. Das Gebäude<br />
ist auch ein interessanter Austragungsort<br />
für verschiedene Veranstaltungen und Treffen<br />
anderer Institutionen und Organisationen.<br />
Die renovierte ehemalige Synagoge ermöglicht<br />
Die Juden von Maribor einst<br />
die Durchführung einer Reihe von kulturellen<br />
Veranstaltungen und stellt die Voraussetzung<br />
für die schrittweise Gründung des Museums<br />
sowie des Dokumentations- und Informationszentrums<br />
dar, das mithilfe staatlicher (vielleicht<br />
auch internationaler) Unterstützung zu<br />
einem „Zentrum des jüdischen Kulturerbes<br />
Sloweniens“ wachsen soll.<br />
119
Die Juden von Maribor einst<br />
ANMERKUNGEN<br />
1 Vlado Valenčič, Židje v preteklosti Ljubljane. Ljubljana 1992, S. 5 (Die<br />
Juden in der Geschichte Ljubljanas).<br />
2 Jože Mlinarič, Mariborski Židje v zadnjih desetletjih pred izgonom iz mesta,<br />
njihov izgon in sledovi. Pokrajinski arhiv Maribor, Katalogi 7 (Die Juden<br />
Maribors in den letzten Jahrzehnten vor ihrer Vertreibung aus der Stadt,<br />
ihre Vertreibung und Spuren. Archiv des Regionalmusems Maribor); vgl.<br />
Jože Mlinarič, Judje na slovenskem Štajerskem do njihove prisilne izselitve<br />
v letu 1496, in: Judovski zbornik, ČZN 1–2. Maribor 2000, S. 50–70 (Die<br />
Juden in der slowenischen Steiermark bis zu ihrer Zwangsaussiedlung im<br />
Jahre 1496); vgl. Janez Marolt, History of Jews in Slovenia, KC Sinagoga<br />
Maribor. Maribor 2002 (Geschichte der Juden in Slowenien).<br />
3 Alan Unterman, Judovstvo, Mali leksikon. Ljubljana 2001, S. 252. (Das<br />
Judentum, Kleines Lexikon).<br />
4 Vladimir Travner, Mariborski ghetto, in: Kronika slovenskih mest II (1935), S.<br />
155–156. (Das Ghetto von Maribor); vgl. Jože Mlinarič, Judje na slovenskem<br />
Štajerskem, S. 50–70.<br />
5 Jože Mlinarič, Judje na slovenskem Štajerskem, S. 54; vgl. Mariborska<br />
davčna knjiga za leto 1465, StLA, Gradivo za zgodovino Maribora XVII, 42<br />
(Steuerbuch von Maribor anno 1465) u. Jože Mlinarič, Gradivo za zgodovino<br />
Maribora XVII, S. 17, 25, 72, 76, 78, 103 (Literatur über die Geschichte von<br />
Maribor).<br />
6 Ebd., S. 57.<br />
7 Vlado Valenčič, Židje v preteklosti Ljubljane. Ljubljana 1992, S. 26–31.<br />
8 Ebd.<br />
9 Janez Marolt, History of Jews in Slovenia, KC Sinagoga. Maribor 2002.<br />
Der Autor schreibt, dass ihm während eines Besuchs in Israel ein<br />
Geschäftsschild in Jerusalem auffiel, auf dem „Morpurgo store“ stand.<br />
Der Besuch des Geschäfts bestätigte seine Vermutung, dass es sich um<br />
Nachkommen der Juden von Maribor handelte.<br />
10 Marjan Toš, Programska zasnova in dejavnost obnovljene nekdanje<br />
judovske sinagoge v Mariboru, KC Sinagoga, Manuskript. Maribor 2005<br />
(Programmentwurf und die Aktivitäten der renovierten ehemaligen<br />
jüdischen Synagoge in Maribor).<br />
11 Medobčinski uradni Vestnik, 5/92 (Interkommunales amtliches<br />
Mitteilungsblatt).<br />
12 Das Fachteam bildeten: Ivan Tušek und Mihela Kajzer-Cafnik für<br />
Archäologie, Janez Mikuž für Kunstgeschichte, Marjan Teržan für<br />
Restauration, Irena Krajnc-Horvat für Architektur und Miran Ježovnik für<br />
Statik.<br />
13 Zavod za varstvo naravne in kulturne dediščine Maribor (Institut für den<br />
Schutz des Natur- und Kulturerbes Maribor).<br />
14 Janez Mikuž, Nekdanja židovska četrt in nekdanja sinagoga v Mariboru, in:<br />
Judovski zbornik, ČZN, 1–2. Maribor 2000, S. 166 (Das ehemalige jüdische<br />
Viertel und die ehemalige Synagoge in Maribor).<br />
15 Ebd.<br />
16 Ebd., S. 167.<br />
17 Synagoge Maribor – Vorschlag über den inhaltlichen Entwurf und<br />
Organisation der Programmdurchführung, Juni 1999. Der Bericht wurde<br />
vom Fachkollegium des Regionalmuseums Maribor am 16.3. u. 13.9.1999<br />
genehmigt.<br />
18 Amtsblatt der Republik Slowenien, 57/96.<br />
19 Die offizielle Bezeichnung lautet „Kulturni Center (KC) Sinagoga Maribor“<br />
(Kulturzentrum Synagoge Maribor), in der Öffentlichkeit ist auch der<br />
Kurzname „Synagoge Maribor“ bekannt. Das Gebäude befindet sich im<br />
Besitz der Gemeinde Maribor.<br />
120<br />
O AVTORJU – ZUR PERSON<br />
Marjan Toš<br />
Mag. Marjan Toš, profesor zgodovine in<br />
geografije, kustos Pokrajinskega muzeja<br />
Maribor v Sinagogi. Veliko se ukvarja s<br />
proučevanjem sodobne lokalne zgodovine<br />
Slovenskih goric, zlasti obdobja 1941-1945 in<br />
po letu 1945. Je avtor, urednik in sourednik<br />
številnih zbornikov, avtor prispevkov v<br />
Književnih listih Dela, Večera in drugih<br />
časopisov. Redno objavlja tudi v Časopisu<br />
za zgodovino in narodopisje v Mariboru, kot<br />
publicist in novinar se ukvarja tudi z ekološko<br />
problematiko in sodeluje kot član uredniškega<br />
odbora strokovnih revij LOVEC in RIBIČ. Je<br />
dolgoletni strokovni komentator balkanskega<br />
dogajanja za zunanjepolitično uredništvo Radia<br />
Maribor, pisec knjižnih ocen in predstavitev za<br />
kulturno-umetniški program Radia Maribor in<br />
avtor številnih dokumentarnih in javnih oddajah<br />
v okviru dokumentarno-feljtonskega programa<br />
Radia Maribor. V zadnjih letih se še posebej<br />
ukvarja s proučevanjem zgodovinskega<br />
spomina na slovenske Jude po letu 1945. To<br />
je tudi tema njegovega doktorskega študija na<br />
Fakulteti za podiplomske humanistične študije<br />
ISH v Ljubljani. – Mag. Marjan Toš unterichtet<br />
Geschichte und Geographie, ist Kustos des<br />
Regionalmuseums in der Synagoge in Maribor.<br />
Er beschäftigt sich sehr intensiv mit der<br />
modernen lokalen Geschichte der Slovenske<br />
Gorice / Windischen Büheln, insbesondere<br />
aber mit dem zeitraum 1941-1945 und danach.<br />
Er ist Autor, Herausgeber und Mitherausgeber<br />
zahlreicher Sammelbände und von Beiträgen,<br />
die in den Zeitungen Delo, Vecer u. a.<br />
veröffentlicht werden. Regelmäßig erscheinen<br />
auch Artikel in der Zeitschrift für Geschichte<br />
und Volkskunde in Maribor. Als Publizist<br />
beschäftigt er sich auch mit Problemen der<br />
Ökologie und arbeitet als Redaktionsmitglied<br />
bei den Zeitschriften LOVEC (Der Jäger) und<br />
RIBIC (Der Fischer) mit. Toš fungiert seit<br />
Jahren als wissenschaftlicher Kommentator der<br />
Ereignisse am Balkan für die außenpolitische<br />
Redation von Radio Maribor und ist ebendort<br />
auch im Kulturbereich tätig. In den letzten<br />
Jahren forscht er intensiv an der Geschichte der<br />
slowenischen Juden nach 1945. Dies ist auch<br />
Thema seines Doktorats an der Universität in<br />
Ljubljana.
Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />
Das slowenischen Kulturerbe in der Steiermark – Eine Bestandsaufnahme<br />
� Text: Benjamin Grilj, Simon Hadler und Mathias Hammer<br />
Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />
Das von Prof. Moritz Csaky im Wintersemester 2003/04 an der Karl-Franzens-Universität Graz<br />
geleitete Seminar mit dem Titel „Cultural Heritage – National Heritage?“ war Ausgangspunkt<br />
dieser Studie. Der Begriff des „Kulturerbes“ im Kontext einer erweiterten Bedeutung von Kultur<br />
führte uns zu der Frage, was ein historisch gewachsenes kulturelles Element ist, jedoch nicht in<br />
den Kanon des nationalen oder auch regionalen Kulturerbes fällt. Es zeigte sich, dass die slawische<br />
Kultur in der Steiermark, obwohl über Jahrhunderte und bis heute tief verankert, ein interessantes<br />
Beispiel für die Ein- und Ausschließungsmechanismen von kulturellem Erbe darstellt. So soll im<br />
Folgenden aufgezeigt werden, wo das slawische Erbe in der Steiermark seine Spuren hinterlassen<br />
hat, wie es gleichzeitig jedoch immer mehr an den Rand des kollektiven Bewusstseins gedrängt<br />
wurde oder ganz daraus verschwunden ist. Im Mittelpunkt der Arbeit steht besonders die Bedeutung<br />
der Sprache als kulturelles Erbe.<br />
Die Sprache wurde in der Steiermark um die Jahrhundertwende Gegenstand des Konflikts zwischen<br />
Deutschsprachigen und Slowenen, zwei Gruppen, die sich vor dem Auftauchen des Nationalismusdiskurses<br />
aufgrund der multikulturell-sprachlichen Kommunikations- und Interaktionszusammenhänge,<br />
die in der Süd- und Untersteiermark vorherrschten, nicht eindeutig mit einer<br />
der beiden Nationalitäten identifizierten. Hintergrund dieses neuen Konflikts war eine ethnozentristische<br />
Sichtweise von kulturellem Erbe, die mit der Entstehung nationaler Ideen zusammenhängt.<br />
Wird Sprache im Sinne einer nationalen Standardsprache bzw. einer identitätsstiftenden<br />
Komponente als Kulturgut, das es zu bewahren gilt, angesehen, führt dies dazu, sie als statisch<br />
und potentiell von anderen isoliert aufzufassen. Der Begriff der „Sprachgrenze“ steht exemplarisch<br />
für diese aus der Außenansicht einer Region entsprungene Konstruktion von Differenz. Diese<br />
Idee war eine entscheidende Komponente im „Volkstumskampf“. Der von der deutschnationalen<br />
Ideologie geschaffene Mythos einer durch Überfremdung bedrohten Grenzregion, die verteidigt<br />
werden muss, findet auch in der aktuellen Tagespolitik nach wie vor Verwendung. Nachdem die<br />
betreffende Landschaft im Sinne der nationalen Identität aufgeladen worden war, wurde die Anwesenheit<br />
der slowenischen Bevölkerung als Eingriff in eine ursprünglich „deutsche“ Gegend dar-<br />
121
Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />
gestellt. Um dem entgegenzuwirken, bemühte<br />
man sich, die deutschen Sprachinseln miteinander<br />
zu verbinden und ausweiten. 1<br />
Gleichzeitig war die Annahme einer solchen<br />
– fiktiven – Grenze notwendig, um die Nation<br />
geographisch verorten zu können, die ja bis<br />
1918 nicht durch nationale Grenzziehungen<br />
festgelegt war. Das Bild einer klaren Trennlinie,<br />
das keine Rücksicht auf lokale Realitäten<br />
nahm, wurde unterstellt. Diese wurden dann<br />
in der Tat auch immer mehr durch den Assimilationsdruck<br />
von außen geprägt.<br />
Zu Beginn ist es notwendig, einige Begrifflichkeiten<br />
zu klären. Zwar hat gegenwärtig<br />
der Begriff des „Kulturerbes“ Konjunktur, und<br />
gerade die Steiermark konnte in den vergangenen<br />
Jahren damit werben. Doch selten wurde<br />
darüber reflektiert, was „kulturelles Erbe“<br />
bedeutet. Auszugehen ist hierbei vom Begriff<br />
„Kultur“, dessen Bedeutung sich historisch<br />
verschiedentlich gewandelt hat: Von der Landwirtschaft<br />
und dem bestellten Land – als Gegensatz<br />
zur Natur –, der Abgrenzung gegenüber<br />
dem Unzivilisierten und Barbarischen bis<br />
zur heute häufigen Gleichsetzung mit dem<br />
Kunstbegriff. In dieser Arbeit steht der Begriff<br />
jedoch in einem größeren Bedeutungszusammenhang,<br />
und wir verwenden die methodisch<br />
sinnvolle Trennung von materieller und symbolischer<br />
Kultur, wobei Letztere Sprache und<br />
Schrift beinhaltet. Trotz dieser Unterscheidung<br />
versuchen Wissenschaftler, auf beiden<br />
Ebenen denselben Fragen nachzugehen: Wie<br />
werden Güter oder Zeichen produziert und<br />
wie werden sie für den Menschen bedeutsam?<br />
Wie lassen sich die sozialen Beziehungen und<br />
Handlungsweisen verstehen, in die die Dinge<br />
des täglichen Lebens einbezogen werden?<br />
Von diesem weiten Kulturbegriff ausgehend,<br />
ist auch die Bedeutung von „kulturellem Erbe“<br />
122<br />
zu erklären. Demzufolge ist es der Teil einer<br />
Kultur oder Tradition, der noch – in welcher<br />
Form auch immer – gelebt wird, sprich im Bewusstsein<br />
der Menschen verankert ist. Das Erinnern<br />
gehört ebenso zum Leben einer Kultur<br />
und Tradition wie auch beispielsweise besondere<br />
Tänze, regionale Dialekte und Ähnliches.<br />
Daraus folgt, dass das kulturelle Erbe konstruiert<br />
ist, weil es immer vom Bewusstsein abhängt.<br />
Ein weiterer zentraler Begriff dieser Arbeit ist<br />
jener der Identität. Eine allgemeine Definition<br />
zu finden, ist nicht einfach, zu verschieden<br />
sind die gebräuchlichen Verwendungen, und<br />
allzu oft wäre ideologiekritisches Hinterfragen<br />
notwendig, um den Begriff wieder an die sozialen<br />
oder politischen Realitäten anzupassen.<br />
Die vorliegende Studie orientiert ihren Identitätsbegriff<br />
an folgendem Schema für Idealtypen<br />
regionaler Identitäten. Sie begrenzen auf<br />
unterschiedliche Weise das Selbst der Gruppe.<br />
Die Art und Weise der Definition der Merkmale,<br />
die das Selbst und damit die Gruppenzugehörigkeit<br />
festlegt, bestimmt zugleich die<br />
Grenze gegenüber dem Fremden. Damit werden<br />
Grenzüberschreitungen entweder ermöglicht<br />
oder verhindert.<br />
1. Primordial kodierte Identität beruft sich auf<br />
„natürliche“ Merkmale, wie Volk oder Rasse,<br />
und ist von Kommunikation unabhängig.<br />
Sie verhindert den Eintritt in oder den<br />
Austritt aus der Gruppe, Gemeinsamkeiten<br />
und Vertrauen lassen sich nur sehr schwer<br />
herstellen.<br />
2. Konventionell bzw. zivil und kulturell kodierte<br />
Identität beruht auf Verhaltensregeln<br />
und sozialer Routine. Sie ermöglicht die<br />
Aufnahme von Fremden oder die gleichzeitige<br />
Mitgliedschaft in mehreren Kollektiven,<br />
weil lediglich die erlernbaren Regeln
efolgt werden müssen, um dazuzugehören,<br />
wodurch die Schaffung und der Erhalt<br />
von Gemeinsamkeit und Vertrauen erleichtert<br />
werden.<br />
3. Sakral kodierte Identität wiederum beruft<br />
sich auf den Glauben, die besondere Leistungskraft<br />
und die Auserwähltheit einer<br />
Gruppe, die eine ausgezeichnete Verbindung<br />
zu einer übergeordneten Rationalität<br />
unterhält. Solche Gruppen haben häufig<br />
eine messianisch geprägte Haltung. Sakrale<br />
Kodierungen schließen sich zwar nicht<br />
unbedingt von ihrer Umwelt ab, doch ist<br />
ihnen der Drang eigen, Mitglieder anderer<br />
Gruppen zu assimilieren oder im Kontakt<br />
zu dominieren. Dennoch sind die Schaffung<br />
von Gemeinsamkeiten und die Möglichkeit<br />
von Grenzübertritten nicht ausgeschlossen.<br />
Die Qualität der Grenzziehung regelt also den<br />
Kontakt und den Austausch innerhalb der<br />
Gruppe, aber auch den Kontakt mit anderen<br />
Gruppen 2 .<br />
Diese Idealtypen kommen allerdings nie in<br />
einer „Reinform“ vor, sondern sind in unterschiedlichen<br />
Ausprägungen miteinander vermischt.<br />
So findet man zum Beispiel auf der<br />
österreichischen Seite der Steiermark ab den<br />
1890er Jahren gemeinsam mit der Betonung<br />
der ethnischen Trennung den Mythos der<br />
„besseren, da aufrichtigeren deutschen Mentalität“<br />
und der „besseren, da erfolgreicheren“<br />
Wirtschaftsweise usw., der auch das sakrale<br />
Element seiner Identität zeigt. Seit den 1890er<br />
Jahren dominierten in der gesamten Steiermark<br />
die zivilen Anteile gegenüber den primordialen<br />
Elementen der Identitätskonstruktion,<br />
sodass sie als gesellschaftlich verbundene<br />
Gruppen nebeneinander lebten.<br />
In der Arbeit wird zwar die Einteilung in pri-<br />
Verleugnung, Vergessen und Verdränge<br />
mordiale, zivil kodierte und sakral kodierte<br />
Identität übernommen, nun aber als gesetzte,<br />
worunter wir die primordiale und die sakrale<br />
subsumieren, und als gelebte, die wir als zivil<br />
kodierte Identität verstehen, bezeichnet.<br />
Entscheidend ist nun der Zusammenhang<br />
zwischen Identität und kulturellem Erbe: Das<br />
kulturelle Erbe ist, wie bereits oben erwähnt,<br />
die im Bewusstsein verankerte Kulturleistung<br />
einer Gesellschaft. Die zivile Identität entsteht<br />
aus dem Teil des kulturellen Erbes, der für den<br />
Großteil dieser Gesellschaft und/oder Gruppe<br />
relevant ist. Bei primordial oder sakral kodierter<br />
Identität erfolgt die Identifizierung mit einem<br />
von einer Autorität vorgegebenen Sachverhalt.<br />
Um die Existenz slawischer Kultur in der Steiermark<br />
auch in der heutigen Zeit nachzuweisen,<br />
sollen vorerst zwei Beispiele ausreichen:<br />
Zum einen das sprachliche Erbe, das sich in<br />
erster Linie auf Namen von Ortschaften, Flüssen,<br />
Bergen und Familien erstreckt. 3 Im 6.<br />
Jahrhundert setzte der Zuzug der Slawen in<br />
die Steiermark ein (die Landnahme der bayrischen<br />
Kolonisten erfolgte vom 9. bis zum 13.<br />
Jahrhundert). Einige wenige Beispiele belegen<br />
deren Ausbreitung über das gesamte Land:<br />
Mürz/Murica, Leoben/Liubina, Graz/Gradec,<br />
Semmering/Cemernic, Schöckel/Sekkel.<br />
Zum anderen findet sich der Hakenhof als Teil<br />
des slawischen Erbes in der Steiermark. Bei<br />
diesem sind der Wohn- und Stalltrakt in einer<br />
Linie hintereinander angeordnet und werden<br />
an der Rückseite von der Scheune abgeschlossen.<br />
Ursprünglich dürfte er aus dem Gebiet<br />
um das heutige Murska Sobota stammen. Von<br />
hier aus hat sich der Hakenhof nach Ungarn<br />
und in das Gebiet des heutigen Österreichs<br />
ausgebreitet. Die Besonderheit, die den Hakenhof<br />
im Vergleich zu den anderen „typisch<br />
123
Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />
österreichischen“ Bauernhöfen kennzeichnet,<br />
besteht darin, dass dieser die einzige Hofform<br />
ist, die nicht mittels Primogenitur weitervererbt<br />
wird. Die Geschichte der steirischen Slowenen<br />
wurde in den vergangenen 150 Jahren<br />
von Assimilation und Verdrängung geprägt.<br />
Im Folgenden sollen diese Entwicklungen<br />
nachgezeichnet werden. Man kann davon ausgehen,<br />
dass die Trennung zwischen Slowenen<br />
und Deutschsprachigen bis in das 19. Jahrhundert<br />
keine nationale war. Die Differenzierungen<br />
waren vielmehr sozialer Natur und kamen<br />
in einem Stadt-Land-Gefälle zum Ausdruck.<br />
Um die Mitte des Jahrhunderts zeichnete sich<br />
in etwa folgendes Bild ab: In den regionalen<br />
Zentren (wie etwa Radkersburg oder Leutschach)<br />
herrschte die deutsche Sprache vor, die<br />
dort ansässige slowenische Bevölkerung neigte<br />
eher zur Assimilation. Bürokratie, Politik und<br />
später auch der Unterricht sind fast gänzlich<br />
„deutsch“ kontrolliert, was aber auf die Umgebungsbevölkerung<br />
lange Zeit kaum Einfluss<br />
hatte. Hier hatte sich ein eigenes System von<br />
Zwei- u. Mischsprachigkeit entwickelt, das die<br />
Verständigung zwischen den beiden Volksgruppen<br />
möglich machte. Gesprochen wurde<br />
ein slowenischer Dialekt, sehr viele Wörter<br />
kamen auch aus dem Deutschen (laut Zeitzeugen<br />
die Hälfte 4 ); umgekehrt war auch der<br />
deutsche Dialekt stark von der slowenischen<br />
Sprache geprägt. 5<br />
Eine nationale Trennung und damit auch der<br />
Wandel zu einer gesetzten Identität dürfte<br />
erst um 1880 eingetreten sein, wobei gerade<br />
in kleineren und autarken Dörfern der Prozess<br />
nur langsam vor sich gegangen ist und immer<br />
nur von außen hineingetragen wurde.<br />
Ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung der<br />
deutschen Sprache war die Schule. Nachdem<br />
der Staat 1869 die Schulbildung von der Kir-<br />
124<br />
che übernommen hatte, wurde gerade in den<br />
gemischtsprachigen Gebieten Slowenisch<br />
meist nur so lange unterrichtet, bis die Schüler<br />
deutsch konnten. Die slowenischen Schüler<br />
hatten unter dem aufgrund mangelnder<br />
Sprachkenntnisse schlechten Schulerfolg oft<br />
sehr zu leiden, weshalb sie später ihre Muttersprache<br />
umso heftiger verleugneten.<br />
Generell kann man sagen, dass die Slowenen<br />
auf dem Gebiet der heutigen Steiermark nie<br />
ein echtes Nationalgefühl entwickeln konnten.<br />
Einige wenige Ausnahmen gab es vor dem<br />
Ersten Weltkrieg, doch seither fehlt ein solches<br />
Zugehörigkeitsgefühl völlig.<br />
Eine Zäsur bilden der Erste Weltkrieg, die Besatzung<br />
der zweisprachigen Gebiete durch<br />
SHS-Truppen und die kurze und in Wahrheit<br />
wenig spektakuläre Phase des so genannten<br />
Abwehrkampfes. Zu dieser Zeit wurde ein Klima<br />
der Polarisierung geschaffen, in dem sich<br />
die Bewohner auf einer der beiden Seiten positionieren<br />
mussten. Ausdruck dafür sind etwa<br />
die Artikel in den Zeitungen Deutsche Grenzwacht<br />
und Murska Straža 6 oder die Racheaktionen<br />
der deutschsprachigen Bevölkerung nach<br />
dem Abzug der SHS-Truppen.<br />
Vieles änderte sich nun für die slowenische Bevölkerung,<br />
die jetzt in einem eindeutig deutsch<br />
deklarierten Land lebte. Die vielfältigen Auswirkungen<br />
verstärkten den Assimilationsdruck<br />
und die Verdrängung des Slowenischen<br />
aus dem öffentlichen Raum.<br />
Trotz des massiv angewachsenen Drucks<br />
scheint die sprachliche Situation in den slowenischen<br />
Gebieten stagniert zu haben 7 . Ein<br />
Großteil der Schüler hatte beim Erlernen der<br />
deutschen Sprache weiterhin Probleme, und<br />
die in Standardslowenisch gehaltenen Messen<br />
waren schlecht besucht 8 , weil die Bevölkerung<br />
noch immer ihren eigenen Dialekt sprach.
Zwar durchschnitt nun eine Grenze den alten<br />
Lebensraum, trotzdem waren Grenzübertritte<br />
aus verschiedensten Gründen häufig. Es<br />
scheint so, als hätte die innere Ordnung gerade<br />
in der ländlichen Gegend noch überlebt (erst<br />
nach 1938 sollte der einheitliche Kulturraum<br />
endgültig zerstört werden). Nach außen hin<br />
wurde es jedoch notwendig, seine Loyalität zu<br />
Österreich und zum „Deutschtum“ offen zu<br />
bekennen. Dies zeigt sich etwa im Wahlverhalten<br />
(Christlich-Sozial, Bauernbund) und im<br />
völligen Fehlen national-slowenischer Aktivitäten.<br />
Die nationalsozialistische Herrschaft hatte<br />
für die steirischen Slowenen verhältnismäßig<br />
geringe Auswirkungen. Viel eher sollte das<br />
Kriegsende, vor allem im Gebiet von Leutschach,<br />
für die Bevölkerung noch lange prägend<br />
sein 9 . Die Loyalität der Bevölkerung zu<br />
verschiedenen mit Machtanspruch auftretenden<br />
Gruppierungen führte zu einem intensiven<br />
Drang nach Vergessen und zu dem Schweigen,<br />
das auch noch heute vorherrscht. 10<br />
Während nach 1945 die Nachbarschaft zu<br />
Tito-Jugoslawien eine neue Situation schuf<br />
und aus jedem bekennenden Slowenen quasi<br />
einen Kommunisten machte, herrschte andererseits<br />
ideologische Kontinuität vor. So wurde<br />
der Grenzland-Mythos weiterhin hochgehalten,<br />
wodurch die Region das besondere Augenmerk<br />
„volksbewusster“ Kreise auf sich zog, die den<br />
„deutschen“ bzw. den steirischen Charakter<br />
mittels verschiedener Aktivitäten und Aufrufe<br />
zu stärken versuchten. 11<br />
Prinzipiell hätten die im Staatsvertrag verankerten<br />
Minderheitenrechte den Schutz der<br />
Identität der zweisprachigen Bevölkerung in<br />
der Steiermark garantieren sollen. Doch neben<br />
historischen Ereignissen und den ungünstigen<br />
Umfeldbedingungen durch den ökonomi-<br />
Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />
schen Wandel war es insbesondere die Politik,<br />
die vor allem mit dem Mittel der Verleugnung<br />
gegen die Zweisprachigkeit ankämpfte. Gründe<br />
könnten die Gebietsansprüche Jugoslawiens,<br />
der vorherrschende Antikommunismus,<br />
der tief verankerte Grenzland-Mythos 12 oder die<br />
Beruhigung „national“-konservativer Bevölkerungsteile<br />
und auch das starke Anpassungsbedürfnis<br />
lokaler Politiker sein.<br />
Heute ist die Situation in den letzten Inseln<br />
der Zweisprachigkeit desolat. Die slowenischsprachige<br />
Minderheit ist eine aussterbende 13 ,<br />
die Jugend versteht meist nur mehr wenige<br />
Wörter Slowenisch. Man sieht sich auch nicht<br />
als eine Sprachminderheit.<br />
Welche Auswirkungen der hundert Jahre lang<br />
währende Assimilationsdruck heute hat, zeigt<br />
eine Studie über den Ort Laaken auf der Soboth.<br />
14 Obwohl von 23 Erwachsenen zwölf<br />
Slowenisch als Muttersprache angaben, wird<br />
gegenüber Außenstehenden eben diese Zweisprachigkeit<br />
geleugnet. Auch in der Region<br />
um Radkersburg existiert Zweisprachigkeit<br />
bis heute. Daneben können noch immer viele<br />
Menschen, auch wenn sie die Sprache nicht<br />
sprechen, slowenische Lieder mitsingen oder<br />
kennen zumindest noch ein paar Wörter oder<br />
Phrasen.<br />
Im Kontrast zu und in Verbindung mit dem<br />
vorherigen Abschnitt soll die Wahrnehmung<br />
slawischer Kultur und Sprache von außen, aus<br />
der Sicht der steirischen Hochkulturproduktion,<br />
dargestellt werden. Analysiert soll der<br />
durch den aufkommenden Nationalismusdiskurs<br />
vollzogene Wandel in der steirischen Historiographie<br />
werden, wie auch auf eine ähnliche<br />
Wahrnehmung in der Literatur am Beispiel<br />
Peter Roseggers hingewiesen wird.<br />
Ein erstes Werk über die steirische Geschichte<br />
aus dem Jahre 1815 15 beschreibt die slawische<br />
125
Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />
Besiedelung ab dem 6. Jahrhundert noch als<br />
besonders gewinnbringend für das nach der<br />
Völkerwanderung verwüstete Land. Die Slawen<br />
betrieben Ackerbau und brachten damit<br />
„die Wurzel aller Cultur fast in jeden Winkel<br />
dieses Landes“; auch die Wiederaufnahme des<br />
Bergbaues am Erzberg sei nur ihnen zu verdanken<br />
gewesen. 16 Die Herkunft zahlreicher Ortsnamen<br />
aus dem Slawischen findet ebenso Erwähnung.<br />
In weiterer Folge wird nicht mehr<br />
zwischen Slawen und „Deutschen“ differenziert,<br />
sondern einfach nur von den Bewohnern<br />
des Landes gesprochen.<br />
Eine Differenzierung bezüglich Körperbau,<br />
Sprache und Kleidung findet sich in dem 1844<br />
von Albert Muchar vorgelegten Geschichtswerk<br />
17 , jedoch wird noch nicht zwischen verschiedenen<br />
Charakteranlagen der Bevölkerungsgruppen<br />
unterschieden. Andererseits<br />
bezweifelt Muchar die Besiedelung der ganzen<br />
Steiermark durch Slowenen und konstruiert einen<br />
Mythos von einer „celtisch-germanischen<br />
Urbevölkerung“, die sich in der Obersteiermark<br />
gehalten habe. Auch sei der Erzberg nicht von<br />
Slowenen erschlossen worden, und überhaupt<br />
seien, bis auf wenige Ausnahmen, auch die<br />
Ortsnamen „rein deutsch“. 18 Dieser Mythos<br />
bereitete einen fruchtbaren Boden für spätere<br />
nationale Diskurse.<br />
Inwieweit dieser Mythos nachwirkte, zeigt<br />
sich daran, dass er noch 1949 von Hans Pirchegger<br />
verteidigt wurde (interessanterweise,<br />
als er slowenischen Historikern, die ihrerseits<br />
auf die Bedeutung der Ortsnamen u. a. pochten,<br />
„Geschichtsfälschung“ vorwarf). 19<br />
Schließlich machen sich Tendenzen einer negativen<br />
Charakterisierung der Slowenen immer<br />
mehr bemerkbar. In dem von Wilhelm<br />
von Gebler 1862 vorgelegten Werk über die<br />
steirische Geschichte wird von „Slawenhor-<br />
126<br />
den“ gesprochen, deren Einwanderung „wahrscheinlich<br />
nicht ohne blutige Zerstörungen“<br />
abgelaufen sei. 20 Nun wird auch eindeutig charakterlich<br />
differenziert: Der „obersteirische<br />
Mann“ sei gesund, stark, arbeitsam, aufrichtig,<br />
selbstvertrauend etc. Doch: „Die selben Eigenschaften<br />
findet man im Ganzen auch bei dem<br />
Untersteiermärker, doch je mehr man sich den<br />
Grenzen Krains und Kroatiens nähert, gibt<br />
sich auch das biegsame, kluge Wesen des Slawen<br />
kund.“ 21 Wobei biegsam und klug als „verschlagen“<br />
verstanden wird.<br />
Nach 1918 ist der „deutsche“ Charakter der<br />
Steiermark unbestritten, und die slowenische<br />
Minderheit in der Grenzregion wird ignoriert<br />
oder verleugnet. Ein Beispiel einer nationalsozialistischen<br />
Blut-und-Boden-Mythologie,<br />
die bereits die neue Selbstverständlichkeit aufzeigt,<br />
alle Steirer als „Deutsche“ zu betrachten,<br />
liefert der schon genannte Hans Pirchegger,<br />
der 1931 schreibt: „Der Bauer war zwar meist<br />
an seine Scholle gebunden, aber die Vorfahren<br />
gar vieler mögen aus Bayern, aus Franken und<br />
Schwaben gekommen sein. So fühlten sich die<br />
Steirer ganz selbstverständlich als Deutsche,<br />
man darf sagen: unbewußt. Im 16. Jahrhundert<br />
wurden sie sich dessen bewußt, sie sprachen<br />
offen aus, daß ihr Land ein Teil des Reiches<br />
sei, und nicht der schlechteste.“ 22<br />
Nach dem Krieg legte Pirchegger scheinbar seine<br />
nationalsozialistischen Ansichten ab und<br />
schrieb sein Werk um, allerdings findet sich<br />
auch noch 1949 die Verteidigung von Muchars<br />
altem Mythos. 23 Bei der Schilderung des Sprachenstreites<br />
um 1900 folgt er der Terminologie<br />
deutschnationaler Agitation. Noch bis in die<br />
jüngste Zeit galt „der Pirchegger“ als geschätztes<br />
Standardwerk.<br />
Was die Existenz einer slowenischen Minderheit<br />
auf dem Gebiet der heutigen Steiermark
etrifft, so wird dieser von der Historiographie<br />
des 20. Jahrhunderts keine Beachtung<br />
geschenkt. 24 Das heutige Verhältnis zu Slowenien<br />
mag von einer freundschaftlichen<br />
Nachbarlichkeit geprägt sein, das Bewusstsein<br />
für ein gemeinsames Erbe ist allerdings aus der<br />
Erinnerung verschwunden.<br />
Nicht nur die Geschichtsschreibung, auch die<br />
Literatur gilt es, als ein Medium der kulturellen<br />
Wahrnehmung und Produktion einer Analyse<br />
zu unterziehen. Exemplarisch ist hier Peter Rosegger<br />
angeführt, der, nicht zuletzt aufgrund<br />
der identitätsstiftenden Bedeutung seiner Person<br />
selbst, ein vorzügliches Beispiel abgibt,<br />
weil sich zeigen lässt, wie scheinbar wohlgemeinte<br />
Betrachtungen ein abschätziges Bild<br />
transportierten. In seiner Reisebeschreibung<br />
„Am Wanderstabe“ aus dem Jahre 1882 charakterisiert<br />
er die slowenischen Steirer als klug,<br />
verschlossen und melancholisch. Und: „Den<br />
Eindruck treuherziger Gemütlichkeit der deutschen<br />
Steirer fühlt man hier nicht mehr.“ 25 Den<br />
– sinngemäß „rassischen“ – Einfluss der Slowenen<br />
auf die Mittelsteirer sieht Rosegger jedoch<br />
eindeutig negativ: „So ist er auch unbeholfener<br />
und träger in seinem geistigen Leben […] Den<br />
geistigen Getränken, welche hier aus Obst und<br />
Traube gezogen werden, giebt man die Schuld;<br />
gewiß aber wirken auch andere Factoren ein –<br />
vor Allem vielleicht die unmittelbare Nachbarschaft<br />
fremder Völker, als Slaven, Magyaren,<br />
Romanen – man will das hier näher nicht untersuchen.“<br />
26 Das Nobelpreiskomitee verweigerte<br />
die Verleihung des Literaturnobelpreises<br />
1913 übrigens mit dem Verweis auf des Heimatdichters<br />
deutschnationale Ansichten und<br />
Aktivitäten bezüglich der „Südmark“. 27<br />
Kulturelles Erbe ist eine Frage des Bewusstseins.<br />
Das slawische Erbe in der Steiermark ist<br />
größtenteils in Vergessenheit geraten und ver-<br />
Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />
drängt worden. Die Vereinnahmung der Sprache<br />
im nationalen Sinne und das Bestreben,<br />
sie durch Homogenisierung und Abgrenzung<br />
zu schützen, äußerte sich in einer weitgehenden<br />
Ausmerzung jener kulturellen Zusammenhänge<br />
der Zwei- und Mehrsprachigkeit,<br />
die als nicht wünschenswert, ja bedrohlich<br />
erachtet wurden. Sprache auf eine verbindliche<br />
standardisierte Form festzulegen statt ihre<br />
lokalen Variationen als kulturelles Erbe gerade<br />
im nicht-nationalen Sinne zu sehen, resultierte<br />
letztendlich im Verlust von kulturellem<br />
Erbe und auch in einer Reduzierung der steirischen<br />
Identität. Stattdessen ist das öffentliche<br />
Bewusstsein noch vielfach mit Figuren und<br />
Denkbildern besetzt, die den nationalen Entfremdungs-Diskursen<br />
entsprangen.<br />
127
Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />
ANMERKUNGEN<br />
1 Peter M. Judson, Versuche um 1900, die Sprachgrenze sichtbar zu machen,<br />
in: Moritz Csaky – Peter Stachel (Hg.), Die Verortung von Gedächtnis. Wien<br />
2001, S.164f.<br />
2 Vgl. Bernhard Giesen, Nationale und kulturelle Identität. Studien zur<br />
Entwicklung des kollektiven Bewußtseins in der Neuzeit. Frankfurt/<br />
Main 1991 u. Max Haller, Identität und Nationalstolz der Österreicher.<br />
Gesellschaftliche Ursachen und Funktionen. Wien 1996.<br />
3 Manfred Trummer, Slawische Steiermark, in: Christian Stenner (Hg.),<br />
Slawische Steiermark. Verdrängte Minderheit in Österreichs Südosten.<br />
Wien – Köln – Weimar 1997, S. 17.<br />
4 Klaus Jürgen Hermanik – Christian Promitzer, (Hg.), Grenzenlos<br />
zweisprachig. Die Erinnerungen des Keuschlersohnes Anton Šantel (1845–<br />
1920) an seine Kindheit in Leutschach und Jugend in Marburg. Aus dem<br />
Slowenischen von Andrea Haberl-Zemljič. Graz 2002, S. 38.<br />
5 http://members.a1.net/edze/reader/slawstmk.htm (8.12.2003).<br />
6 Andrea Haberl-Zemljič, Die fünf Dörfer auf der ungarischen Seite –<br />
Historische, gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Bedingungen des<br />
Sprachwechsels in der Gemeinde Radkersburg-Umgebung 1848–1997,<br />
phil. DA. Graz 1997, S. 138ff.<br />
7 Ebd., S. 146ff.<br />
8 Christian Promitzer, Das Ideal vom „reinen Volkskörper“. Eine Chronologie<br />
des Verschwindens, in: Stenner, Slawische Steiermark, S. 148f.<br />
9 Christian Promitzer, Verlorene Brüder. Geschichte der zweisprachigen<br />
Region Leutschach in der südlichen Steiermark (19.–20. Jahrhundert). Graz<br />
1996, S. 286ff.<