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Izbrisani - Pavlova hiša

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Der Umstand, dass Ideologie bestritten wird, sagt schon aus, dass eine solche<br />

exisitiert.<br />

Ampak ideologija najbolje deluje takrat ko je naslovniki niti ne prepoznajo in<br />

torej a priori in pravičniško zanikajo vsakršen njen obstoj.<br />

ISBN:3-900181-14-4<br />

Boris Jaušovec<br />

winter/zima 2005/2006 Jahresschrift des Pavel-Hauses – Letni zbornik Pavlove hiše<br />

winter/zima 2005/2006<br />

Jahresschrift des Pavel-Hauses – Letni zbornik Pavlove hiše


Der Pavelhaus-Chor unter der Leitung von Bruno<br />

Petrischek. Eine Aufnahme vom Oktober 2005. Zbor Pav-<br />

love hiše pod vodstvom Bruna Petrischka. – Posnetek oktob-<br />

ra leta 2005.<br />

Impressum.<br />

Medieninhaber:<br />

Artikel VII-Kulturverein für Steiermark – Kulturno društvo Ğlen 7 za avstrijsko Štajersko<br />

Elisabethinergasse 34, 8020 Graz, Österreich / Avstrija<br />

Telefon / Fax +43 (0) 316/ 77 13 83<br />

Pavelhaus – <strong>Pavlova</strong> hiša<br />

Laafeld / Potrna 30, 8490 Bad Radkersburg, Österreich / Avstrija<br />

Telefon / Fax + 43 (0) 3476/ 3862<br />

www.pavelhaus.at, pavel.haus@nextra.at<br />

Redaktion – redakcija: Michael Petrowitsch, Susanne Weitlaner<br />

Gestaltung, Satz & Layout – oblikovanje: Roman Klug, 2.U.S.2. / grafics solutions<br />

Fotonachweis – fotografije: wenn nicht anders angegeben Pavelhaus – kadar ni drugače navedeno <strong>Pavlova</strong> hiša<br />

Übersetzung & Lektorat – prevod & lektorat: Susanne Weitlaner, Peter Pirnath, Barbara Predin, Sonja Wakounig<br />

Förderer – pokrovitelj: Bundeskanzleramt der Republik Österreich, Abt. Volksgruppenförderung – Urad zveznega kanclerja<br />

Republike Avstrije, oddelek za subvencioniranje etničnih skupin<br />

ISBN:3-900181-14-4


Sommerausstellung 2005 – poletna razstava<br />

Bildgalerie – galerija slik I<br />

3


Inhaltsverzeichnis – Vsebina<br />

Inhaltsverzeichnis – Vsebina<br />

Zum Geleit .....................................................5<br />

Spremna beseda .............................................7<br />

Preveč nacionalizma,<br />

premalo patriotizma .....................................9<br />

Zu viel Nationalismus,<br />

zu wenig Patriotismus ................................12<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“– Die „Ausgelöschten“ ...............15<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“ ....................................................21<br />

Interview mit Matevž Krivic .....................26<br />

Intervju z Matevžem Krivicem ..................29<br />

Usodna privlačnost juga ..............................33<br />

Schicksalhafter Charme des Südens ..........37<br />

Zeit der Übergänge in Europa ..................... 41<br />

Čas prehodov v Evropi ................................46<br />

Die Universität Graz setzt Akzente ...........53<br />

Univerza Gradec postavlja poudarke ..........56<br />

Grenzen erzählen ........................................ 61<br />

Meje pripovedujejo ......................................67<br />

Moč šibkih ...................................................71<br />

Die Kraft der Schwachen ............................ 76<br />

Auf der Suche<br />

nach einer versunkenen Kultur ..................81<br />

Iskanje davno minule kulture .....................86<br />

Julius Franz Schütz .....................................91<br />

Julius Franz Schütz (SLO) ..........................94<br />

Die Rotunde von Selo .................................97<br />

Rotunda v Selu ............................................99<br />

Niemals vergessen! .................................... 101<br />

Nikoli pozabiti ..........................................104<br />

4<br />

Mariborski judje nekoč ............................. 107<br />

Die Juden von Maribor einst ................... 114<br />

Verleugnung, Vergessen<br />

und Verdrängen .........................................121<br />

Zanikanje, pozabljanje<br />

in izpodrinjanje .........................................129<br />

Kalt-Warm .................................................135<br />

Toplo-Hladno ............................................143<br />

Graz im slowenischen Volkslied ............... 149<br />

Gradec v slovenskih narodnih pesmih ..... 151<br />

Legionäre aus dem Süden ..........................153<br />

Savo Ekmečić im Gespräch .......................157<br />

Legionarji z Juga ........................................159<br />

Pogovor s Savom Ekmečićem ....................163<br />

Wir haben oft auch hinübergeschaut .......165<br />

Zazreti se tja preko in odvrniti pogled ..... 176<br />

Trate v Evropski uniji ................................185<br />

Trate in der Europäischen Union .............. 191<br />

Jüdisches Schicksal ....................................195<br />

Judovska usoda ..........................................222<br />

Slovenci po svetu .......................................237<br />

Slowenen in der Welt ................................242<br />

Und sie bewegt sich doch … ....................247<br />

In vendar se premika … ............................260<br />

Protestantismus in der Steiermark ...........270<br />

Protestantizem na slovenskem<br />

štajerskem ..................................................278<br />

Dejavniki razvoja Slovenije .......................286<br />

Entwicklungsfaktoren Sloweniens ...........296


Zum Geleit<br />

� Text: Michael Petrowitsch<br />

Zum Geleit<br />

Das Jahr 2005 war eine ereignisreiches. Abgesehen von den politischen Veränderungen im Land<br />

Steiermark wurden neue Pläne des Vereins ausformuliert, die positiv aufgenommen wurden. Etwa<br />

gibt es die Idee, slowenische topographische Orts- und Flurbezeichnungen in Form von Kulturtafeln<br />

zu visualisieren. Ein Unterfangen, das auch auf slowenischer Seite anzudenken wäre und<br />

neben dem historischen Aspekt einen wirtschaftlich-touristischen hätte. Man denke an Südfrankreich<br />

oder Irland. Auch in Sachen Schul- und Kindergartenpolitik war der Verein aktiv. Ein<br />

interkultureller Kindergarten im Süden der Steiermark wäre ein Meilenstein in der Geschichte der<br />

steirischen Minderheitenpolitik, dieser Vorschlag ist bei ausgewählten Multiplikatoren auf Gehör<br />

gestoßen und hat eine nachhaltige Diskussion in Gang gesetzt.<br />

Mit der vorliegenden Jahresschrift versammeln wir auch heuer wieder verschiedene Positionen<br />

aus breit gefächerten Sparten. Vier Essays eröffnen den Reigen. Gründungsmitglied Boris<br />

Jaušovec geht der Frage nach, wieviel Abwehrnationalismus ein Land verträgt, während Herwig<br />

Höller anhand der „<strong>Izbrisani</strong>“-Diskussion die Frage stellt, was an Identität und Nichtidentität in<br />

einer modernen Gesellschaft möglich ist. Kulturelle Manifestationen in Beziehung zwischen Slowenien<br />

und den Bruderländern setzt Tanja Petrović und spricht vom mangelnden gesellschaftlichen<br />

und politischen Engagement in der slowenischen Kulturlandschaft. Gleichsam visionär ließ<br />

Wolfgang Petritsch anlässlich des Symposions „Geist und Gegenwart“ auf Schloss Seggau noch vor<br />

der Ablehnung der EU Verfassung in Frankreich mit provokanten Thesen aufhorchen. Er konstatierte<br />

ein Unbehagen: Europa ist in Europa nicht beliebt. Er sprach weiters von einer Verlagerung<br />

Österreichs und der angrenzenden Südslavia ins Zentrum des Kontinents.<br />

Roberta Maierhofer von der Karl Franzens Universität Graz führt uns mit ihrem Beitrag über die Brückenfunktion<br />

zwischen der Grazer Uni und Südosteuropa in den wissenschaftlichen Teil. Angelika<br />

Brechelmaiers Wanderausstellung „Grenzen erzählen“ durften wir im März des Jahres beherbergen,<br />

und Irena Destovniks wissenschaftliche Arbeit über Frauen im Zeitalter der bäuerlichen Wirtschaft<br />

„Die Kraft der Schwachen“ läutete das neue Jahr ein. Die Beiträge der Autorinnen geben einen Überblick<br />

über die Ausstellungen. Das Übermurgebiet und seine versunkene jüdische Kultur und der<br />

5


Zum Geleit<br />

südsteirische Heimatdichter<br />

Franz<br />

Schütz prägten die<br />

Themenbereiche<br />

von Elisabeth Arlt.<br />

Marjan Toš von der<br />

Synagoge in Maribor<br />

stellt in einem<br />

kurzen Abriss das<br />

jüdische Leben in<br />

Maribor über die<br />

Jahrhunderte vor.<br />

Erfreuliches gibt es von Seiten der jungen Wissenschaftsgeneration<br />

zu berichten. Das Autorenkollektiv<br />

Grilj – Hadler – Hammer betrachtet<br />

den sensiblen Bereich Slavizität der<br />

Steiermark mit einem zeitgemäßen Blick und<br />

löst ihn aus dem leider im universitären Bereich<br />

noch stark ethnozentristisch gedeuteten<br />

Begriff des Kulturerbes, indem sie ihn in einen<br />

emanzipatorischen übersetzen.<br />

Vorstandsmitglied Robert Muscherlins reiches<br />

Arbeitsfeld führte ihn diesmal ins Kulturtouristische.<br />

Er arbeitet mit Jugendlichen<br />

den Wellness- und Thermenboom auf, eine<br />

Ausstellung im Pavelhaus war ein erstes Ergebnis,<br />

sein Beitrag ein zweites. Prof. Erich Prunč<br />

publizierte bereits in den Sechzigerjahren eine<br />

kleine Studie zum Thema: Graz im slowenischen<br />

Volkslied. Eine Idee, die wir gerne noch<br />

einmal aufnehmen und in absehbarer Zeit weiterführen<br />

wollen.<br />

Bereits in Umsetzung ist eine Studie über slowenische<br />

und andere südslawische Torjäger,<br />

die in Österreich reussierten. Wolfgang Kühnelt,<br />

Signallesern wohl bekannt, wird uns<br />

nächstes Jahr mit einem neuen Band über dieses<br />

Thema in unserer wissenschaftlichen Reihe<br />

beehren. Elisabeth Schobers Band in dieser<br />

Reihe liegt bereits in den Händen des Layou-<br />

6<br />

Der Pavelhaus-Chor anlässlich eines Auftritts auf den Grazer Kasematten im Juli 2005 – zbor Pavlove hiše ob<br />

nastopu na graškem Kasematten v juliju 2005<br />

ters. Ihre intensiven Feldforschungsarbeiten<br />

im Radkersburger und Murecker Gebiet über<br />

die zwischenstaatlichen Wechselbeziehungen<br />

in Zusammenhang mit dem EU-Beitritt wird<br />

hier mit einem kleinen Vorgeschmack beworben.<br />

Auch Sonja Bezjak gehört zur jüngsten<br />

Generation wissenschaftlicher Mitarbeiter, die<br />

das vorliegende Signal bereichern. Sie setzt sich<br />

regionalgeschichtlich mit dem kleinen Grenzort<br />

Trate auseinander und fragt nach der regionalen<br />

Bedeutung der europäischen Einigung.<br />

Der akribisch arbeitende Historiker Franz Joseph<br />

Schober wirbt ebenfalls für seine 2006<br />

im Pavelhaus-Verlag erscheinende Publikation.<br />

Seine spannende Arbeit über jüdische Schicksale<br />

im südoststeirisch-slowenischen Grenzgebiet<br />

würdigt sein eigenes Streben nach Neuem<br />

und Unentdecktem im steirisch-slowenischenungarischen<br />

Umfeld. Marjan Šrimpf, Freund<br />

des Pavelhauses und RTV-Urgestein, stellt uns<br />

in einem kurzen, aber prägnanten Überblick<br />

den Exodus der Slowenen in alle Welt vor und<br />

wirft einen Blick auf Gegenwart und Zukunft<br />

der in Südamerika lebenden Nachfahren.<br />

Der Historiker Hans Peter Wassermann begab<br />

sich in die Region Leutschach an der südsteirischen<br />

Weinstraße, um anhand von erhaltenen<br />

Chroniken Geschichtsschreibung zurechtzu-


Michael Petrowitsch<br />

rücken. Ein Projekt, das sich in breiterer Form<br />

in nächster Zeit mit einer Publikation in unserer<br />

wissenschaftlichen Reihe wieder finden<br />

wird. Anja Zaltas Beitrag zum Protestantismus<br />

in der Untersteiermark und dessen Entwicklung<br />

bis zur Gegenwart und Jernej Zupančičs<br />

Analyse über die nationale Entwicklung Sloweniens<br />

in der neuen Union runden die Jahresschrift<br />

ab.<br />

Als besonderes Zuckerl freue ich mich, eine CD<br />

beilegen zu können, die die Arbeit von Bruno<br />

Petrischek und des Pavelhaus-Chors entsprechend<br />

würdigt.<br />

Keine Jahresschrift ohne Kollektiv: Ein Dank<br />

an die layoutorische Wendigkeit Roman Klugs,<br />

an die sprachliche Zurechtbiegung durch Peter<br />

Pirnaths, an die fachspezifische Unterstützung<br />

der ÜbersetzerInnen und natürlich der koeditorischen<br />

Weitsicht von Susanne Weitlaner.<br />

Spremna beseda<br />

Spremna beseda<br />

Leto 2005 je bilo polno energije. Če odmislimo<br />

politične spremembe v Deželi Štajerski<br />

so bili formulirani in sprejeti novi pozitivni<br />

načtrti društva. Kot recimo ideja, imena slovenskih<br />

topografskih krajev in rek vizualizirati<br />

v obliki kulturnih tabel. Početje, katerega<br />

bi si bilo mogoče omisliti tudi na slovenski<br />

strani in ob zgodovinskih aspektih predstaviti<br />

tudi gospodarsko-turistično stran. Človek<br />

misli pri tem na južno Francijo in Irsko. Tudi<br />

v zadevah šolske ni predšolske politike je bilo<br />

društvo aktivno. Interkulturni otroški vrtec na<br />

jugu Štajerske bi lahko bil mejnik v zgodovini<br />

štajerske manjšinske politike, ta predlog je pri<br />

izbranih multiplikatorjih naletel na posluh in<br />

spravil v pogon trajno diskusijo.<br />

S pričujočim letnim zbornikom smo tudi letos<br />

ponovno zbrali različne pozicije iz širokega<br />

spektra panog.<br />

Štirje eseji odpirajo ples. Ustanovni član Boris<br />

Jaušovec sledi vprašanju, koliko obrambnega<br />

nacionalizma lahko prenesa ena dežela,<br />

medtem ko Herwig Höller sledi vprašanju na<br />

osnovi vprašanja izbrisanih, kaj je mogoče na<br />

podlagi identitete in ne-identitete v moderni<br />

družbi. Kulturne manifestacije in odnos med<br />

Slovenijo in bratskimi deželami opisuje Tanja<br />

Petrović in govori o pomankljivem družbenem<br />

in političnem angažmaju v slovenski kulturni<br />

podobi. Tako rekoč vizionarsko je govoril<br />

Wolfgang Petritsch na simpoziju Geist und<br />

Gegenwart / Miselnost in sedanjost na gradu<br />

Seggau še pred zavrnitvijo EU ustave v Franciji<br />

in postavil provokatne teze v posluh. Evropa<br />

v Evropi ni priljubljena je ugotovil in postavil<br />

Avstrijo in sosednje Južne Slovane v center.<br />

Roberta Maierhofer iz Karl Franzens univer-<br />

7


Spremna beseda<br />

ze iz Gradca nas s svojim prispevkom popelje<br />

čez most znanstvenega in izobraževalnega<br />

dela med Graško univerzo in jugovzhodno<br />

Evropo. Potujočo razstavo Angelike Brechelmaier<br />

„Grenzen erzählen/Meje pripovedujejo“<br />

smo gostili marca tega leta. Znanstveno delo<br />

Irene Destovnik o ženskah v času kmečkega<br />

gospodarstva „Moč šibkih“ je naznanilo novo<br />

leto. Prekmurje in njegova davno minula judovska<br />

kultura in južnoštajerski domovinski<br />

pesnik Franz Schütz sta oblikovala tematska<br />

področja Elisabeth Arlt. Marjan Toš iz mariborske<br />

Sinagoge predstavlja v kratkem obrisu<br />

judovsko življenje v Mariboru skozi stoletja.<br />

Razveseljivo od mlajše znanstvene generacije.<br />

Avtorski kolektiv Grilj – Hadler – Hammer<br />

je opazoval senzibilno področje Slovanstva na<br />

Štajerskem s času primernim emancipatornim<br />

pogledom in pojem kulturne dediščine, ki je<br />

na univerzitetnem področju žal še zelo močno<br />

etnocentristično pojmovan, rešili iz spon ter ga<br />

emancipatorno predelali.<br />

Bogato delovno področje je člana predsedstva<br />

Roberta Muscherlina tokrat popeljalo v kulturno-turistični<br />

sektor, z madino je obdelal termalni<br />

in wellness boom. Prof. Erich Prunč je že<br />

v 60ih delal na manjši študiji o imenu Gradec<br />

v slovenskih narodnih pesmih. Ideja, ki smo jo<br />

radi še enkrat sprejeli in v doglednem času nadaljevali.<br />

Že v končni fazi je študija o slovenskih<br />

in drugih južnoslovanskih nogometaših, ki<br />

so uspevali v Avstriji. Wolfgang Kühnelt, poznan<br />

bralcem Signala, nas bo že v prihodnjem<br />

letu počastil z novo knjigo na to temo za našo<br />

znanstveno zbirko. Knjiga Elisabeth Schober<br />

je že v rokah našega layouterja. Njeno intenzivno<br />

terensko raziskovalno delo na področju<br />

Radgone in Cmureka o meddržavnih izmenjavah<br />

v sklopu EU-pristopa, je tukaj predstavljeno<br />

tako za pokušino.<br />

8<br />

Tudi Sonja Bezjak sodi k mlajši generaciji znanstvenih<br />

sodelavcev, ki so obogatili pričujoč<br />

Signal. Ukvarja se z regionalno zgodovino malega<br />

obmejnega mesta Trate in z regionalnim<br />

pomenom evropskega združevanja. Natančno<br />

in temeljito delo zgodovinarja Franza Josepha<br />

Schoberja bo kot publikacija pravtako izšla<br />

2006 v založbi Pavlove hiše. Njegovo napeto<br />

delo o judovski usodi na južnoštajerskemslovenskem<br />

obmejnem območju časti njegovo<br />

stremenje po novem in neodkritem v<br />

štajersko-slovensko-madžarskem habitusu.<br />

Marjan Šrimpf, prijatelj Pavlove hiše in RTVprakamnina,<br />

nam v kratkem, vendar pregnantnem<br />

pregledu predstavi slovenski eksodus<br />

po vsem svetu in pogled sedanjosti in prihodnosti<br />

v južni Ameriki živečih potomcev.<br />

Zgodovinar Hans Peter Wassermann se je podal<br />

na področje Lučan na južnoštajerski vinski<br />

cesti, da bi na podlagi obstoječih kronik popravil<br />

zgodovinopisje. Projekt, ki se bo v naslednjem<br />

času v širši obliki našel kot publikacija<br />

naše znanstvene zbirke. Prispevek Anje Zalta<br />

o protenstantizmu na Spodnjem Štajerskem<br />

in njegov razvoj do danes ter analiza Jerneja<br />

Zupančiča o razvoju v novem združenju,<br />

zaokrožata letni zbornik.<br />

Veseli me, da lahko kot posebno poslastico<br />

priložimo zgoščenko, ki delu Bruna Petrischeka<br />

in zbora Pavlove hiše daje ustrezno priznanje.<br />

Nobenega letnega zbornika brez kolektiva:<br />

Hvala okretnosti layouterja Romana Kluga,<br />

jezikovnemu lektoriranju Petra Pirnatha, strokovni<br />

podpori prevajalcev/k in seveda daljnovidnosti<br />

sourednice Susanne Weitlaner.


Preveč nacionalizma, premalo patriotizma<br />

Esej<br />

� Text: Boris Jaušovec<br />

Preveč nacionalizma, premalo patriotizma<br />

Nekoč so rekli in verjeli, da obstajata dve različici nacionalizma. Prvi je agresiven, torej nevaren<br />

in vreden vsega obsojanja, drugi pa je defenziven, torej upravičen in pravičen. Dilema je stara,<br />

podobno kot tista o osvajalni, napadalni, in pravični, obrambni vojni. In ni razrešena.<br />

Slovenci so pri sebi v svoji zgodovini do nedavnega v veliki večini prepoznavali zgolj obrambni<br />

nacionalizem. Ta naj bi bil viden predvsem v visokem vrednotenju ohranjanja lastnega jezika, torej<br />

slovenščine, in lastne kulture, ki da se je najbolj profilirala skozi pesništvo in literaturo. Zato ni<br />

naključje, da je na najbolj slikovitem trgu v prestolnici Ljubljani postavljen spomenik največjemu<br />

slovenskemu pesniku Francetu Prešerenu in ne morda kakšnemu spretnemu slovenskemu diplomatu<br />

ali generalu, kakor svoje najznamenitejše trge ponavadi okrasijo številni drugi narodi. Seveda je<br />

slovenski nacionalizem premogel še druge dimenzije, ne nazadnje, ko je šlo za najhujše čase, tudi<br />

vojaško, ki pa so bile tudi zmeraj razumljene kot obrambne. Slovenci v zgodovini pač niso osvajali<br />

tujih ozemelj, sploh pa ne z orožjem. Če je že prihajalo do spopadov, naj bi bila to zgolj obramba<br />

slovenskega etničnega ozemlja. Seveda je takšna obramba lahko upravičena – težava nastane, če si<br />

neko ozemlje v resnici delita dve ali več etnij.<br />

Vendar pustimo zgodovino, ki bi zlahka našla tudi drugačne interpretacije; denimo, čemu je<br />

asimilacijski pritisk zmeraj v slovenski družbi bil zelo visok in nadpovprečno uspešen. Slovenci<br />

so večino svoje zgodovine preživeli v večnacionalnih tvorbah. Takšna je bila tako rekoč tisočletna<br />

habsburška monarhija, takšna je bila manj kot stoletje trajajoča Jugoslavija. V takšnih razmerah<br />

lažje razumemo teorijo o defenzivnem nacionalizmu, čeprav je ni treba nujno odobravati.<br />

Vendar se je leta 1991 zgodovina temeljito spremenila. Takrat je Slovenija postala suverena država<br />

in samostojen subjekt mednarodnega prava. V slovenski ustavi po zaslugi takrat močnih liberalnih<br />

ali bolje libertarnih krogov sicer ne piše, da naj bi bila Slovenija država slovenskega naroda, torej zgolj<br />

nacionalna država. Prav zato bi morala biti država odgovorna za dobro počutje vseh državljanov<br />

in ne zgolj Slovencev, ki živijo v njej. Vendar se zdi, da to odgovornost, ki jo torej nalaga ustava,<br />

9


Preveč nacionalizma, premalo patriotizma<br />

vsakokratna oblast razume in prevzema precej<br />

po svoje. Če je približno ducat let vladavine<br />

LDS v Sloveniji zaznamoval precej uspešni<br />

pragmatizem, ki pa mu kritiki upravičeno<br />

dodajajo aroganco, lahko to nemara še najlepše<br />

ponazorimo prav z odnosom eldeesovskih<br />

vlad do nacionalnih in drugih manjšin.<br />

Verbalno so bile te vlade z Drnovškom ali<br />

Ropom na čelu vseeno naklonjene manjšinam<br />

in drugim odrinjenim skupinam. Vendar pa<br />

v resnici za izboljšanje njihovega statusa v<br />

smislu parole „vsi drugačni, vsi enakopravni“,<br />

ki so jo sicer ponavljale do onemoglosti, niso<br />

znale ali hotele poskrbeti. Zato se je pod temi<br />

vladami zgodil škandal z izbrisanimi, ko je<br />

prva poosamosvojitvena, Demosova vlada, v<br />

stilu balkanskih etničnih čiščenj – tokrat sicer<br />

po slovensko v rokavicah in na računalnikih<br />

– preprosto vsem prebivalcem iz drugih<br />

jugoslovanskih republik, ki niso zaprosili<br />

za državljanstvo, izbrisala status stalno<br />

naseljenih prebivalcev in s tem vseh pravic, ki<br />

k takemu statusu gredo. Tudi položaj Romov<br />

se v Sloveniji pod eldeeseovskimi vladami ni<br />

izboljšal. Za vse, kar Romi imajo, je poskrbela<br />

že bivša socialistična oblast, šele ob koncu<br />

eldeesovske vladavine so Romi v svojih okoljih<br />

dobili direktne mandate v mestnih svetih, kar<br />

pa ni šlo brez odporov v premnogih lokalnih<br />

skupnostih. Tudi tako imenovane nove<br />

manjšine še niso dobile primernih pravic in<br />

zaščite; drugače je bilo s Staroavstrijci, ki pa so<br />

bolj pomenili zastavek v politični trgovini med<br />

Ljubljano in Dunajem. LDS je pač v svojem<br />

pragmatizmu zaznavala latentni, v resnici<br />

pa zelo slabo prikriti slovenski šovinizem,<br />

ignorantsko pa se je izogibala odkritemu<br />

soočenju z njim tudi zaradi političnih<br />

računic, saj je morala pri svojem koalicijskem<br />

vladanju prevečkrat računati na glasno ali<br />

10<br />

tiho podporo stalne sopotnice vseh slovenskih<br />

vlad: Jelinčičeve Slovenske nacionalne stranke.<br />

Aroganca do omenjenih manjšin je bila<br />

tako zgolj zunanji, najbolj opazen izraz teh<br />

pritlehnih dilem liberalcev.<br />

Lani oktobra je v Sloveniji oblast prevzela<br />

desnosredinska koalicija na čelu z Janševo SDS.<br />

Janeza Janše se sicer ne da direktno primerjati<br />

s koroškim populističnim glavarjem Jörgom<br />

Haiderjem ali celo s francoskim desničarjem<br />

Jeanom Mariejem le Penom, kakor so storili<br />

nekateri slovenski in tuji, tudi avstrijski<br />

mediji. Za to vlogo je mnogo bolj primeren že<br />

omenjeni Jelinčič, res pa je, da njegova vloga<br />

bolj spominja na slabega kabaretista kakor<br />

na politika z jasnim premočrtnim kurzom.<br />

Premočrtno je samo to, da, tudi tokrat formalno<br />

v opoziciji, Jelinčič sedanji vladi spet dvori in<br />

jo celo hvali, da je mnogo boljša od prejšnjih<br />

eldeeseovskih. Zakaj? Jelinčič ni ravno neumen<br />

in je tudi opazil, da je ta vlada do manjšin,<br />

kot so izbrisani, nove manjšine, Romi, pa<br />

tudi homoseksualci in mlade samske ženske,<br />

ubrala mnogo manj ambivalentno politiko.<br />

Retorika te vlade je namreč, za razliko od<br />

eldeesovske, ki je morda koga še prepričala, da<br />

le ni tako hudo, veliko bolj neizprosna in, kar<br />

je še posebej odbijajoče, čeprav značilno za vse<br />

evropske politične sile podobne provenience,<br />

nezmotljivo pravičniška. O izbrisanih se tako<br />

govori samo še kot o špekulantih, rešitev zanje<br />

se sicer išče z ustavnim zakonom, ki bi po<br />

preizkušenem scenariju, kakor ga že poznamo<br />

tudi iz Avstrije, obšel odločbo ustavnega<br />

sodišča, v resnici pa niti tega ni pričakovati v<br />

doglednem času. Razen če bi to vlado spodbudil<br />

zunanji pritisk, kar pa je malo verjetno. Tudi<br />

Romi postajajo pravzaprav vse bolj problem<br />

kriminala in pomanjkanja discipline, ne pa


nemara socialni problem in problem siceršnje<br />

družbene odrinjenosti. Ilustrativen primer<br />

slednjega je osnovna šola v Bršljinu pri Novem<br />

mestu, kjer je novi šolski minister po vsej<br />

verjetnosti precej namišljen gordijski vozel<br />

problema discipline romskih otrok rešil na<br />

sumljivo „izviren“ način. Namreč s segregacijo<br />

romskih otrok. Formalno sicer otroke v<br />

Bršljinu ločujejo v različne klopi po šolskem<br />

uspehu, toda romski otroci, tudi tisti z boljšim<br />

učnim uspehom, so vendarle pristali skupaj<br />

in ločeni od „belih“ ali „civilnih“ vrstnikov.<br />

Gremo naprej. Če LDS nikakor ni mogla<br />

sprejeti zakona o registraciji istospolnih porok,<br />

je desna vlada s tem prav pohitela. Seveda na<br />

način, ki homoseksualno poroko jasno loči<br />

od poroke hetroseksualnega para. Kajti, kot<br />

so ugotavljali vladajoči, „zakon o istospolnih<br />

skupnostih nikoli ne more biti diskriminacijski<br />

v primerjavi z zakonom o zakonski zvezi, ker<br />

gre za popolnoma različni stvari“. Očitana<br />

diskriminatornost omenjenega zakona torej<br />

sploh ni prepoznana, ker naj bi bila očitno<br />

naravno stanje stvari. Kakor vselej v takih<br />

primerih pa je lahko zgolj ideološko stanje<br />

stvari. Ampak ideologija najbolje deluje takrat,<br />

ko je naslovniki niti ne prepoznajo in torej a<br />

priori in pravičniško zanikajo vsakršen njen<br />

obstoj. To velja tudi za ideologijo nacionalizma<br />

v Sloveniji. Takrat, ko vam bodo najbolj<br />

zatrjevali, da ga ni, je že na delu. Skratka,<br />

namesto pragmatične arogance dobivamo tudi<br />

v Sloveniji, z besedami svetovalca nekdanjega<br />

češkega predsednika Havla Jirija Pehe, čas<br />

nesramnega populizma. In primitivizma,<br />

dodajamo.<br />

Vendar je pri tem pomembna razlika. To<br />

namreč ni primitivizem ljudi, temveč oblasti.<br />

Ko so konec 15. stoletja iz slovenskih mestec<br />

Preveč nacionalizma, premalo patriotizma<br />

zabrisali oziroma nagnali Žide, je bil tega sicer<br />

kriv habsburški monarh, pa čeprav so se tega<br />

ljudje menda veselili. Ko so konec 20. stoletja<br />

v Sloveniji po tihem izbrisali izbrisane, je bila<br />

tega kriva slovenska država, pa če to prizna ali<br />

ne, ne pa njeni državljani.<br />

Človek bi si v Sloveniji zaželel več državljanske<br />

zavesti. Zato, da bi vrednota postala patriotizem<br />

in ne nacionalizem. S tem bi morda lahko<br />

elegantno razrešili tudi dilemo, izpostavljeno na<br />

začetku teksta, o obrambnem in napadalnem<br />

nacionalizmu. Nacionalisti namreč niso nujno<br />

tudi patrioti. Patrioti, ki so nacionalisti, pa<br />

domovini dokazljivo delajo škodo. Tako se pač<br />

lahko zgodi, da slovenska katoliška cerkev, ki<br />

od Slovencev terja denimo višjo rodnost, svojo<br />

banko proda Avstrijcem. Ali to, da desničarji<br />

prodajo svojo televizijo, namreč TV3, Hrvatu,<br />

nato pa v imenu pravičnejše razporeditve<br />

medijskega prostora zakonsko uzurpirajo kar<br />

javno televizijo. Primera, kakršna sta omenjena,<br />

sta možna prav zato, ker nacionalisti še zdaleč<br />

niso patrioti, pa če se to sliši še tako absurdno.<br />

Patrioti so sposobni terjati pravico in zaščito<br />

za vse prebivalce svoje domovine, nacionalisti<br />

česa podobnega ne morejo, ker te iste prebivalce<br />

delijo na naše in nenaše, na prave in tuje. In<br />

tako umetno ohranjajo konflikte, ki domovini<br />

in njenim ljudem ne koristijo.<br />

11


Zu viel Nationalismus, zu wenig Patriotismus<br />

Zu viel Nationalismus, zu wenig<br />

Patriotismus<br />

Einst sagte und glaubte man, dass es gäbe zwei<br />

Varianten von Nationalismus gebe. Der Erstere<br />

sei aggressiv, also gefährlich und verachtenswert,<br />

der Zweitere aber defensiv und somit<br />

berechtigt und gerecht. Das Dilemma ist alt,<br />

ähnlich jenem vom aggressiven Eroberungskrieg<br />

und vom gerechten Abwehrkrieg.<br />

Bis vor nicht allzu langer Zeit haben die Slowenen<br />

aus ihrer Geschichte ausschließlich den<br />

Abwehrnationalismus herausgelesen. Dieser<br />

sei vor allem im hohen Stellenwert erkennbar,<br />

den die Erhaltung der eigenen Sprache und der<br />

eigenen Kultur, die sich vor allem durch Poesie<br />

und Literatur manifestiere, einnimmt. So<br />

ist es kein Zufall, dass auf dem malerischsten<br />

Platz in der slowenischen Hauptstadt ein<br />

Denkmal für den größten slowenischen Dichter,<br />

France Prešeren, steht und nicht etwa für<br />

einen gewandten Diplomaten oder einen fähigen<br />

General, wie dies bei zahlreichen anderen<br />

Nationen der Fall ist. Der slowenische Nationalismus<br />

hatte natürlich auch andere Dimensionen,<br />

nicht zuletzt aufgrund schlimmer<br />

Kriegszeiten eine militärische, doch wurde er<br />

immer als Abwehr verstanden. Die Slowenen<br />

haben in ihrer Geschichte eben keine fremden<br />

Territorien erobert. Kam es zum bewaffneten<br />

Kampf, diente dieser bloß der Verteidigung des<br />

slowenischen ethnischen Territoriums. Natürlich<br />

kann eine solche Abwehr berechtigt sein,<br />

ein Problem entsteht aber dann, wenn auf einem<br />

Territorium zwei oder mehrere Volksgruppen<br />

leben.<br />

In der Geschichte war der Assimilationsdruck<br />

auf die slowenische Gesellschaft immer sehr<br />

hoch und überdurchschnittlich erfolgreich. Die<br />

12<br />

Slowenen lebten in ihrer Geschichte in multinationalen<br />

Systemen, wie in der über Jahrhunderte<br />

existierenden Habsburgermonarchie oder<br />

in Jugoslawien, das nicht einmal hundert Jahre<br />

lang bestand. In diesem Kontext erscheint die<br />

Theorie von einem defensiven Nationalismus<br />

verständlicher, obwohl man ihr nicht unbedingt<br />

zustimmen muss. Die Geschichte nahm<br />

1991 eine entscheidende Wende. Slowenien<br />

wurde ein souveräner Staat und ein völkerrechtlich<br />

selbständiges Subjekt. Die slowenische<br />

Verfassung besagt aber nicht, dass Slowenien<br />

der Staat des slowenischen Volkes, also<br />

ein Nationalstaat sei, was das Verdienst der zu<br />

jenem Zeitpunkt starken liberalen bzw. libertären<br />

Kreise ist. Gerade deswegen müsste der<br />

Staat für das Wohl aller Bürger Sorge tragen,<br />

nicht nur für die Slowenen. Doch es hat zuweilen<br />

den Anschein, dass diese verfassungsmäßige<br />

Verantwortung von den jeweils an der<br />

Macht stehenden Politikern negiert wird.<br />

Zwar standen die zwölf Regierungsjahre der<br />

Liberalen Demokratie (LDS) im Zeichen eines<br />

relativ erfolgreichen Pragmatismus, wobei Kritiker<br />

der Regierung allerdings auch Arroganz<br />

vorwarfen, doch kann man das zuvor Gesagte<br />

gerade durch das Verhältnis der LDS-Regierungen<br />

zu nationalen und anderen Minderheiten<br />

belegen. Verbal waren diese Regierungen,<br />

sowohl unter Drnovšek als auch unter Rop,<br />

den Minderheiten und anderen Randgruppen<br />

wohlgesinnt. Doch in der Realität konnten<br />

oder wollten sie, im Sinne der andauernd<br />

wiederholten Parole „alle anders, alle gleich“,<br />

ihre Lage nicht wesentlich verbessern. So gab<br />

es unter diesen Regierungen den Skandal mit<br />

den Ausgebürgerten, als nach der Erreichung<br />

der staatlichen Unabhängigkeit die erste DE-<br />

MOS-Regierung im Stil der balkanischen ethnischen<br />

Säuberungen – zwar auf slowenische


Art über den Schreibtisch, sozusagen mit „Glacéhandschuhen“<br />

– allen Bürgern aus anderen<br />

ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken,<br />

die nicht um die Staatsbürgerschaft angesucht<br />

hatten, den Aufenthaltsstatus und damit auch<br />

alle daraus resultierenden Rechte aberkannte.<br />

Auch die Lage der Roma verbesserte sich unter<br />

der LDS nicht. Alle Rechte, die die Roma<br />

an genießen, wurden noch unter den ehemaligen<br />

kommunistischen Machthabern festgeschrieben,<br />

erst gegen Ende der LDS-Regierung<br />

wurden den Roma in ihrem Siedlungsgebieten<br />

Direktmandate in den Stadträten zugestanden,<br />

oft gegen starke Widerstände in den<br />

betroffenen Gemeinden. Auch die so genannten<br />

neuen Minderheiten (aus dem ehemaligen<br />

jugoslawischen Raum) genießen nur unzureichenden<br />

Rechtsschutz. Anders verhielt es mit<br />

den „Altösterreichern“, doch diese stellten eher<br />

ein Objekt im Polithandel zwischen Ljubljana<br />

und Wien dar. Die LDS registrierte zwar in ihrem<br />

Pragmatismus den latenten und schlecht<br />

getarnten slowenischen Chauvinismus, doch<br />

mied sie aus Ignoranz und wegen des politischen<br />

Kalküls eine offene Auseinandersetzung<br />

mit dieser Geisteshaltung, weil sie allzu oft auf<br />

eine offene oder stillschweigende Unterstützung<br />

ihrer Koalition durch die ständige Begleiterin<br />

aller slowenischen Regierungen, die Nationalpartei<br />

von Zmago Jelinčič, angewiesen war.<br />

Die Arroganz gegenüber den erwähnten Minderheiten<br />

war also auch ein Ausdruck dieses politischen<br />

Dilemmas der Liberaldemokraten.<br />

Im Oktober 2004 kam die Mitte-Rechts Regierung<br />

mit Janez Janšas Slowenischer Demokratischer<br />

Partei (SDS) an der Spitze an die Macht.<br />

Janša ist mit dem populistischen Kärntner Landeshauptmann<br />

Jörg Haider oder gar mit dem<br />

französischen Ultrarechten Jean-Marie le Pen<br />

Zu viel Nationalismus, zu wenig Patriotismus<br />

nicht direkt vergleichbar, obwohl einige slowenische<br />

und auch österreichische Medien solche<br />

Vergleiche ansstellten. Der zuvor erwähnte<br />

Jelinčič passt eher in dieses Bild, obwohl seine<br />

Rolle mehr an einen schlechten Kabarettisten<br />

erinnert. Aufgefallen ist er vor allem seine<br />

Anbiederungsveruche; formal in der Opposition,<br />

lobt er sogar die gegenwärtige Regierung,<br />

die die bislang beste sei. Warum? Jelinčič geht<br />

mit dem weit weniger ambivalenten Kurs dieser<br />

Regierung gegenüber den nationalen Minderheiten,<br />

Ausgebürgerten, den durch den<br />

Zusammenbruch Jugoslawiens entstanden<br />

neuen Minderheiten, Roma, Homosexuellen<br />

und jungen, alleinstehenden Frauen, konform.<br />

Die Rethorik dieser Regierung ist zum Unterschied<br />

von jener der LDS kompromisslos, was<br />

für alle europäischen Kräfte dieser Provenienz<br />

charakteristisch ist. Die Ausgebürgerten werden<br />

als Spekulanten dargestellt, es wird zwar<br />

eine verfassungskonforme Lösung angestrebt,<br />

diese soll aber nach dem bereits in Österreich<br />

erprobten Szenario nur das Urteil des Verfassungsgerichtshofes<br />

umgehen, aber selbst eine<br />

formale Lösung ist in naher Zukunft nicht zu<br />

erwarten. Mit ernsthaftem Druck von außen<br />

ist indessen auch nicht zu rechnen. Die Frage<br />

der Roma wird immer mehr als Kriminalitätsproblem<br />

dargestellt und nicht als soziales Problem<br />

von Gruppen am Rand der Gesellschaft<br />

gesehen. Ein Musterbeispiel hierfür stellt die<br />

Praxis an der Grundschule in Bršljin bei Novo<br />

mesto dar, wo der neue Bildungsminister das<br />

vorgebliche Problem mit den Roma mit einer<br />

Trennung der Romakinder von den anderen<br />

„löste”. Formell werden die Kinder in Bršljin<br />

anhand des schulischen Erfolgs separiert,<br />

doch auch diejenigen Romakinder, die in der<br />

Schule besser abschneiden, werden nichtsdestotrotz<br />

von den „weißen” oder „zivilisierten”<br />

13


Zu viel Nationalismus, zu wenig Patriotismus<br />

Altersgenossen getrennt.Hinsichtlich gleichgeschlechtlicher<br />

Partnerschaften lehnt die LDS<br />

deren Gleichstellung ab. Denn, so stellten die<br />

Regierenden fest,„ein unterschiedliches Gesetz<br />

über gleichgeschlechtliche Beziehungen<br />

gegenüber dem Ehegesetz kann niemals eine<br />

Diskriminierung bedeuten, weil es sich um<br />

zwei vollkommen verschiedene Dinge handelt“.<br />

Hierbei geht es um einen rein ideologischen<br />

Standpunkt. Hinsichtlich der Leugnung<br />

der Existenz ideologischer Positionen gilt dasselbe<br />

für den Nationalismus in Slowenien. Der<br />

Umstand, dass Ideologie bestritten wird, sagt<br />

schon aus, dass eine solche existiert. Letztlich<br />

folgt auch in Slowenien, um es mit den Worten<br />

des Havel-Beraters Jiři Peha auszudrücken,<br />

der „pragmatischen Arroganz die Zeit des unverschämten<br />

Populismus“; die Zeit des Primitivismus,<br />

könnte man hinzufügen.<br />

Es handelt sich hierbei nicht um den Primitivismus<br />

eines Menschen von der Straße, sondern<br />

um denjenigen der Machthaber. Die Vertreibung<br />

der Juden aus den slowenischen Ländern<br />

Ende des 15. Jahrhunderts wurde von den<br />

Habsburgern angeordnet, wobei dies angeblich<br />

auf die Zustimmung der Bevölkerung traf. Als<br />

man Ende des 20. Jahrhunderts in Slowenien<br />

stillschweigend Menschen ausbürgerte, lag das<br />

in der Verantwortung des slowenischen Staates<br />

und nicht seiner Bürger, auch wenn dies bestritten<br />

wird.<br />

Man würde sich in Slowenien mehr bürgerrechtliches<br />

Bewusstsein wünschen, womit<br />

Patriotismus und nicht Nationalismus zu den<br />

allgemeinen Werten zählen würde. So könnte<br />

man auch das am Anfang dargestellte Dilemma<br />

zwischen abwehrendem und aggressivem<br />

Nationalismus lösen. Nationalisten sind näm-<br />

14<br />

lich nicht unbedingt auch Patrioten, denn sie<br />

fügen ihrer Heimat erwiesenermaßen Schaden<br />

zu. So verkauft die slowenische katholische<br />

Kirche, die von den Slowenen mehr Gebärfreudigkeit<br />

fordert, die in ihrem Besitz befindliche<br />

Bank an österreichische Investoren. Die slowenischen<br />

Rechten wiederum verkauften ihren<br />

Fernsehkanal TV3 an einen Kroaten, um dann<br />

unter dem Vorwand einer gerechteren Verteilung<br />

des medialen Raumes das öffentliche<br />

Fernsehen per Gesetz zu vereinnahmen. Beide<br />

Beispiele belegen, dass Nationalisten keine<br />

Patrioten sind, wenn dies auch auf den ersten<br />

Blick absurd klingen mag. Patrioten treten für<br />

die Rechte aller Bürger ihrer Heimat ein, Nationalisten<br />

hingegen unterscheiden zwischen<br />

den „Unseren“ und den „Fremden“. So werden<br />

Konflikte künstlich geschürt und prolongiert,<br />

Konflikte, die der Heimat und ihren Bürgern<br />

großen Schaden zufügen.<br />

O AVTORJU – ZUR PERSON<br />

Boris Jaušovec<br />

Boris Jaušovec je urednik sobotne priloge „V<br />

soboto“ v dnevniku Večer, ki izhaja v Mariboru.<br />

– Boris Jaušovec ist Redakteur der Samstagbeilage<br />

„V soboto“ der slowenischen Tageszeitung<br />

Večer.


„<strong>Izbrisani</strong>“ – Die „Ausgelöschten“<br />

Eine unerfreuliche Never Ending Story<br />

� Text: Herwig Höller<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />

Auch im Sommer 2005 waren die so genannten „<strong>Izbrisani</strong>“ („Ausgelöschten“) einmal mehr eines<br />

der zentralen innenpolitischen Themen Sloweniens. Mehr als 13 Jahre nachdem ein Fremdengesetz,<br />

dem der slowenische Verfassungsgerichtshof wiederholt Verfassungswidrigkeit bescheinigte 1 ,<br />

18.305 aus anderen ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken stammende Einwohner des Landes<br />

aus den Melderegistern gelöscht hat, harrt das Problem nach wie vor einer befriedigenden Lösung.<br />

1992 wurden mit dieser Streichung Tausende der gesetzlichen Grundlage ihrer Existenz beraubt.<br />

Aber auch im Jahre 2005 dauern humanitäre und soziale Konsequenzen an, wie extreme, kafkaesk<br />

anmutende Beispiele immer wieder illustrieren.<br />

Beginn der Hungerstreikaktion der CIIA, Grenzübergang Šentilj, 2.7.2005 – Začetek gladovne stavke CIIA, mejni prehod Šentilj, 2.7.2005<br />

15


„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />

So etwa der Fall des gebürtigen albanisch-kosovarischen<br />

Rom Ali Berisha, der mit seiner<br />

Familie seit 1987 in Maribor wohnte und dort<br />

regulär gemeldet war. Von seinem „Izbris“, seiner<br />

„Auslöschung“ – so in einem Brief Berishas<br />

an den Aktivisten Aleksandar Todorović –<br />

habe er im Mai 1993 erfahren, als er von einem<br />

zweiwöchigen Besuch bei Verwandten in<br />

Deutschland zurückgekehrt sei: „Am Grenzübergang<br />

bei Maribor [Šentilj-Spielfeld] verlangte<br />

der Zollbeamte meinen Reisepass, den<br />

ich ihm aushändigte. Als er sah, dass ich einen<br />

jugoslawischen Pass habe, sagte er mir,<br />

dass dieser nicht mehr gelte, und ich, da ich<br />

Albaner sei, in den Kosovo zurückkehren müsse.<br />

Als ich ihm sagte, dass ich in Maribor lebe<br />

und dort meinen ständigen Wohnsitz habe,<br />

erwiderte er, dass in Slowenien nur Platz für<br />

Slowenen sei. Als ich ihm sagte, dass ich mir<br />

am nächsten Tag von den Behörden einen neuen<br />

Pass ausstellen lassen wolle, antwortete er,<br />

dass ich in ein Gefängnis nach Ljubljana kommen<br />

werde, wo Albaner, Serben, Kroaten und<br />

Roma zusammengesammelt werden.“ Vom<br />

Grenzübergang ging es tatsächlich direkt in<br />

die Schubhaft nach Ljubljana, anschließend<br />

wurde Berisha per Flugzeug nach Albanien<br />

abgeschoben, in ein Land, in dem er noch nie<br />

gewesen war und auch niemanden kannte.<br />

Dort konnte er allerdings einen albanischen<br />

Polizisten bestechen, der ihn tags darauf in<br />

ein Flugzeug zurück nach Ljubljana setzte, wo<br />

er erneut in Schubhaft genommen wurde. Er<br />

konnte jedoch aus der Schubhaft fliehen und<br />

begab sich aus Furcht vor einer wiederholten<br />

Abschiebung nach Deutschland. Von dort will<br />

man ihn nun, im Sommer 2005, erneut abschieben,<br />

dieses Mal in den Kosovo. In Slowenien<br />

hat Berisha auch nach den Urteilen des<br />

Verfassungsgerichtshofes, die – wie oben er-<br />

16<br />

wähnt – die Verfassungswidrigkeit der „Auslöschung“<br />

feststellten, keinerlei Status. Auch<br />

wenn dies der Staatsbürger Serbiens und Montenegros<br />

erst mit Verspätung registrierte: Am<br />

27. Februar 1992 waren er und weiterte 18.304<br />

ex-jugoslawische Staatsbürger aus den slowenischen<br />

Melderegistern gestrichen worden.<br />

Die Geschichte der „Auslöschung“ ergab sich<br />

aus dem Zerfall der Sozialistischen Föderativen<br />

Republik Jugoslawien und der Entstehung<br />

neuer, unabhängiger Staaten. Nachdem sich<br />

in einer Volksabstimmung am 23. Dezember<br />

1990 fast neunzig Prozent für die Unabhängigkeit<br />

ausgesprochen hatten, beschloss das Parlament<br />

Sloweniens im Juni 1991 grundlegende<br />

Gesetze, darunter das Staatsbürgerschaftsgesetz.<br />

Darin ist u. a. festgelegt, dass Menschen,<br />

die die jugoslawische und die slowenische<br />

Staatsbürgerschaft 2 besaßen, automatisch zu<br />

Staatsbürgern des unabhängigen Sloweniens<br />

wurden, und dass jugoslawische Staatsbürger,<br />

die am Tag der Volksabstimmung ihren<br />

ordentlichen Wohnsitz in Slowenien hatten,<br />

innerhalb von sechs Monaten die slowenische<br />

Staatsbürgerschaft beantragen konnten.<br />

174.000 Betroffene stellten Anträge, 171.000<br />

davon wurde auch die slowenische Staatsbürgerschaft<br />

verliehen.<br />

Die Tücke lag allerdings im Fremdengesetz,<br />

das ebenfalls im Juni 1991 beschlossen wurde:<br />

Alle Einwohner Sloweniens, die die Staatsbürgerschaft<br />

einer anderen ehemaligen jugoslawischen<br />

Teilrepublik besaßen und keinen Antrag<br />

stellten oder deren Anträge die Behörden abgelehnt<br />

hatten, wurden zwei Monate nach Ende<br />

der Antragsfrist plötzlich wie „Fremde“ ohne<br />

jeglichen Status behandelt. Sie verloren durch<br />

die Löschung aus den Melderegistern Wohnsitz,<br />

Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis,


Sozial-, Kranken- und Pensionsversicherung<br />

usw. Ein Umstand, der zwangsläufig beträchtliche,<br />

insbesondere soziale Auswirkungen<br />

nach sich zog.<br />

Es mag unterschiedliche Gründe gegeben haben,<br />

die die Betroffenen bewogen haben, die<br />

slowenische Staatsbürgerschaft trotz eines<br />

Wohnsitzes im Lande nicht zu beantragen. Einer<br />

davon bestand wohl im Wunsch, die Staatsbürgerschaft<br />

der Heimatrepublik zu behalten,<br />

ohne sich dabei der Konsequenzen bewusst<br />

zu sein. Bekannte Intellektuelle und Künstler<br />

nichtslowenischer Abstammung, wie z. B. die<br />

aus die Kroatien gebürtige Künstlerin und Philosophin<br />

Marina Gržinić oder der Vertreter der<br />

Neuen Slowenische Kunst, Dušan Mandić, dessen<br />

serbischer Vater als Offizier der Jugoslawischen<br />

Volksarmee in Slowenien stationiert war,<br />

stellten rechtzeitig Anträge. Ingesamt fällt auf,<br />

dass vor allem Menschen aus den unteren sozialen<br />

Schichten von der Streichung betroffen<br />

sind, von denen sich wohl eine Mehrzahl der<br />

drastischen Konsequenzen einer Nichtbeantragung<br />

der Staatsbürgerschaft nicht bewusst<br />

war.<br />

Als verschärfend erwies sich auch der Umstand,<br />

dass die „Auslöschung“ (siehe Interview<br />

mit Matevž Krivic) – im Gegensatz zur Praxis<br />

in Rechtsstaaten – ohne Bescheid erfolgte.<br />

Die „Ausgelöschten“ wurden von Amts wegen<br />

nicht verständigt. Die Monstrosität und<br />

die Konsequenzen der „Auslöschung“ scheinen<br />

Eingeweihten von Anfang an klar gewesen<br />

zu sein: Noch vor der Beschließung des<br />

Gesetzes hatte die Abgeordnete Metka Mencin<br />

einen Abänderungsantrag eingebracht,<br />

der allen Bewohnern Sloweniens aus anderen<br />

ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken,<br />

die am Stichtag ihren Wohnsitz in Slowenien<br />

hatten, eine permanente Aufenthaltserlaubnis<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />

France Cukjati (Mitte) in Graz – France Cukjati (v sredini) v Gradcu,<br />

18.7.2005<br />

Ein Anti-„<strong>Izbrisani</strong>“-Grafitto im Zentrum von Ljubljana, Juni 2005<br />

– Grafit proti „izbrisanim“ v centru Ljubljane. (Das ist Raub. Die so<br />

genannten „Ausgelöschten“, 4.4.2004 – dagegen. Die Frage beim Referendum<br />

am 4. April 2004 lautete: Sind sie für ein technisches Gesetz<br />

zur Lösung des <strong>Izbrisani</strong>-Problems. – Vprašanje na referendumu 4.<br />

aprila 2004 se je glasilo: Ste za tehnični zakon za rešitev vprašanja<br />

izbrisanih.)<br />

gewährt hätte, wodurch das Problem der „<strong>Izbrisani</strong>“<br />

erst gar nicht entstanden wäre. Dieser<br />

Antrag wurde aber von einer Mehrheit im Parlament<br />

abgelehnt. Lokale Behörden weigerten<br />

sich zunächst, das Gesetz zu exekutieren und<br />

ohne Bescheid Menschen aus den Registern<br />

zu streichen. Daraufhin ordnete der damalige<br />

Staatssekretär im Innenministerium, Slavko<br />

Debelak, am 27. Februar 1992 alle Meldeäm-<br />

17


„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />

ter an, die betroffenen Personen zu streichen 3 .<br />

Wie hatte es dazu kommen können? Der seinerzeit<br />

ebenfalls „ausgelöschte“ Filmemacher<br />

Dimitar Anakiev aus Tolmin, der vergangenes<br />

Jahr den Dokumentarkurzfilm Zradirani (Ausradiert)<br />

drehte und nun an einer filmischen<br />

Fortsetzung arbeitet, sieht die „Auslöschung“<br />

als „klassischen Akt einer ethnischen Säuberung,<br />

die jedoch auf versteckte und intelligente<br />

Art“ vollzogen worden sei, indem sie als<br />

gesetzliches Problem oder sogar als Computerfehler<br />

dargestellt werde. Man versuche auf politischer<br />

Ebene bis zum heutigen Tag mit großem<br />

Einsatz, das Wesen der „Auslöschung“ zu<br />

verdecken. Der ehemalige Verfassungsrichter<br />

Matevž Krivic sieht indessen die offizielle Einbürgerung<br />

von 170.000 Južnjaki (Südländer),<br />

d. h. Menschen aus den südlichen Republiken<br />

des ehemaligen Jugoslawiens, als den zentralen<br />

politischen Kontext 4 . Diese Einbürgerung<br />

sei für die politische Rechte und auf die auf die<br />

Politik und die öffentliche Meinung einflussreichen<br />

rechten, ausländerfeindlichen Zirkel ein<br />

großer Schock gewesen. Mitte der Neunzigerjahre<br />

sei deshalb sogar versucht worden, den<br />

170.000 Eingebürgerten die Staatsbürgerschaft<br />

wieder zu entziehen. Die „Auslöschung“ von<br />

18.000 als Kompensation für eine empörte<br />

ausländerfeindliche Rechte?<br />

Die meisten Betroffenen selbst wussten zunächst<br />

auch nichts von ihrem Unglück, viele<br />

„Ausgelöschte“ erfuhren erst durch Zufälle,<br />

dass ihnen etwas Gravierendes widerfahren<br />

war. Aufgrund dessen war auch kein organisierter<br />

Protest gegen das erlittene Unrecht möglich<br />

– erst 2002 formierte sich um den Serben<br />

Aleksandar Todorović, der mit seiner slowenischen<br />

Frau Mitte der Achtzigerjahre nach Ptuj<br />

gezogen war, die erste, vor allem aktivistischaktionistisch<br />

tätige „<strong>Izbrisani</strong>“-NGO, Društvo<br />

18<br />

izbrisanih prebivalcev Slovenije/Verband der ausgelöschten<br />

Einwohner Sloweniens. Todorović hat<br />

sich zwischenzeitlich mit dem Rechtsvertreter<br />

dieser NGO überworfen und eine neue Vereinigung<br />

gegründet. Schon Mitte der Neunzigerjahre<br />

waren vereinzelte Beschwerden beim<br />

slowenischen Verfassungsgericht eingebracht<br />

worden, aber erst 1999 fällte dieser die erste<br />

Entscheidung in der Causa und erklärte die<br />

„Auslöschung“ als verfassungswidrig und forderte<br />

eine verfassungskonforme Lösung innerhalb<br />

von 6 Monaten. Die Materie war und ist<br />

in rechtlicher Hinsicht sehr komplex. Einerseits<br />

hatten es zahlreiche „Ausgelöschte“ unter<br />

großem Aufwand geschafft, als Ausländer<br />

neu im Land registriert zu werden sowie Aufenthalts-<br />

und Beschäftigungsbewilligungen<br />

zu bekommen. Andererseits wurden seit 1999<br />

zwei weitere Gesetze zur Causa beschlossen,<br />

die allerdings vom Verfassungsgerichtshof teilweise<br />

wieder aufgehoben wurden. Ein Teil der<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“ erhielt auf diese Weise ihren verfassungswidrig<br />

verlorenen Status wieder zurück.<br />

Auch wurde 2004 ein Referendum gegen die<br />

„Ausglöschten“ abgehalten. Sowohl Fragestellung<br />

als auch Ausgang machen das Verhältnis<br />

des politischen Mainstreams Sloweniens zu<br />

den „<strong>Izbrisani</strong>“ deutlich. Die Frage am 4. April<br />

2004 lautete: „Sind Sie dafür, dass das Gesetz<br />

zur Ausführung des 8. Punktes der Entscheidung<br />

des Verfassungsgerichts der Republik<br />

Slowenien, Nummer U-I-246/02-28 (EPA<br />

956-III), in Kraft tritt, das am 25.11.2003 vom<br />

Državni zbor (Nationalrat) der Republik Slowenien<br />

beschlossen wurde?“ Um die Frage zu<br />

verstehen: Ein Jahr zuvor, am 3. April 2003,<br />

hatte das Verfassungsgericht im Punkt 8 seiner<br />

Entscheidung festgehalten, dass den am<br />

26.2.1992 „Ausgelöschten“ rückwirkend das<br />

Aufenthaltsrecht zurückzugeben sei. Die Ant-


wort war eindeutig: Bei einer Wahlbeteiligung<br />

von 31,5% stimmten 94,7% gegen die Rückgabe<br />

des Status, 3,8% dafür, 1,5% ungültig. Von<br />

einer Kompensation und weiteren Schritten einer<br />

Reparatur war dabei noch gar keine Rede.<br />

Nach wie vor gibt es in die Illegalität abgedrängte<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“ in und außerhalb des Landes,<br />

es wurde auch keinerlei Kompensation für<br />

zerstörte Existenzen geleistet, und man ignorierte<br />

Urteile des Verfassungsgerichtshofes.<br />

Um auf diesen Umstand hinzuweisen und<br />

ungelöste Probleme<br />

der „Ausgelöschten“Sloweniens<br />

erneut<br />

zu thematisieren,<br />

organisierte<br />

die Civilna iniciativa<br />

izbrisanih<br />

aktivistov/Zivile<br />

Initiative ausgelöschter<br />

Aktivisten<br />

(CIIA) schließlich<br />

ab im 2005<br />

einen Hungerstreik<br />

an jenem<br />

Ort, an dem<br />

die Odyssee Berishas<br />

1993 ihren<br />

Ausgang genommen hatte. Am Grenzübergang<br />

Spielfeld-Šentilj verweigerten zunächst neun<br />

Mitglieder der Initiative die Nahrungsaufnahme<br />

und forderten eine politischen Lösung des<br />

Problems – insbesondere im Falle Berishas. 24<br />

Tage später brachen auch CIIA-Sprecher Aleksandar<br />

Todorović und der Aktivist Ilija Ivanović<br />

in Ljubljana ihren Hungerstreik erfolglos ab.<br />

Dennoch war das mediale Echo in Sloweniens<br />

Medien beträchtlich, und insbesondere Innen-<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />

minister Dragutin Mate, der die Hungerstreikenden<br />

ignorierte, wurde heftig kritisiert. So<br />

etwa in einem Kommentar des Journalisten<br />

Dejan Pušenjak in der Tageszeitung Delo: „Jeder<br />

normale Bürger würde sich vom Innenminister<br />

erwarten, dass er zu den Hungerstreikenden<br />

fährt und Ihnen sagt: ,Im Namen des<br />

Staates, den ich repräsentiere, entschuldige ich<br />

mich für das Unrecht, das Ihnen der Staat zugefügt<br />

hat, als ich noch nicht Minister war.<br />

Ich bitte Sie, den Hungerstreik zu beenden,<br />

und bitte Sie ferner um Ihre Geduld: Wir arbeiten<br />

an einer<br />

Lösung, die für<br />

Sie und für uns<br />

– die Behörden<br />

– annehmbar<br />

sein wird.´“ 5<br />

Während der Innenministeruntätig<br />

blieb, wurde<br />

die offizielle Politik<br />

zumindest<br />

auf parlamentarischer<br />

Ebene<br />

aktiv. In die letzte<br />

Sitzung des<br />

Beginn der Hungerstreikaktion der CIIA, Grenzübergang Šentilj, 2.7.2005, Fortsetzung<br />

– Začetek gladovne stavke CIIA, mejni prehod Šentilj, 2.7.2005, nadaljevanje<br />

Državni zbor vor<br />

der Sommerpause,<br />

am 14. Juli 2005, wurde der Ombudsmann<br />

für Menschenrechtsfragen, Matjaž Hanžek, geladen,<br />

und man debattierte viereinhalb Stunden<br />

über das Problem. Mit einer – zumindest aus<br />

Hanžeks Sicht – ernüchternden Bilanz: „Es gibt<br />

ein größeres Problem mit dem fehlenden Verständnis<br />

oder mit dem fehlenden Willen, die<br />

Problematik zu verstehen. Anhand der Tatsache,<br />

wie Abgeordnete Staatsbürgerschaft und<br />

Aufenthaltstitel der Ausgelöschten durchein-<br />

19


„<strong>Izbrisani</strong>“ — Die „Ausgelöschten“<br />

anderbringen, sieht man, dass sie noch nicht<br />

verstehen, worum es geht.“ 6 Wenige Tage später<br />

kündigte der konservative Parlamentspräsident<br />

France Cukjati in Graz und später auch<br />

in Ljubljana an, dass der Innenminister bis<br />

Herbst ein Gesetz einbringen werde, mit dem<br />

das erlittene Unrecht wieder gutgemacht würde.<br />

Eine Erklärung, die skeptisch bis sehr kritisch<br />

(Siehe Interview mit Krivic) aufgenommen<br />

wurde. Bislang (Mitte September) ist<br />

nichts passiert.<br />

20<br />

ANMERKUNGEN<br />

1 Entscheidungen des slowenischen Verfassungsgerichtshofs, Nr. U-I-<br />

284/94 v. 4.2.1999, veröffentl. in: Uradni list RS, št. 14/1999 bzw. Nr. U-I-<br />

246/2 v. 3.4.2004, veröffentl. in: Uradni list RS, št. 36/2003.<br />

2 Die Tatsache, dass es in der Sozialistische Föderative Republik<br />

Jugoslawien eine doppelte Staatsbürgerschaft gab, die des Bundesstaates<br />

und die der Teilrepublik, scheint vielen Einwohnern Jugoslawiens nicht<br />

bewusst gewesen sein. In jugoslawischen Zeiten hatte dies auch keine<br />

Konsequenzen.<br />

3 Mekina Borut, Izbrisala jih je depeša št. 0016/4-14968, in: Večer,<br />

25.02.2004, S. 3.<br />

4 Matevž Krivic, Postskriptum, in: Jasminka Dedić – Vlasta Jalušičm – Jelka<br />

Zorn, The erased. Organized innocence and the politics of exclusion. Hg.<br />

v. Peace Institute. Institute for Contemporary Social and Political Studies.<br />

Ljubljana 2003, S.160.<br />

5 Dejan Pušenjak, Po čem je danas smrt, in: Delo, 16.7.2005.<br />

6 Suzana Lovec, Pogovor: Matjaž Hanžek, varuh človekovih pravic, in:<br />

Dnevnik, 18.7.2005.


„<strong>Izbrisani</strong>“<br />

Prav nič razveseljiva neskončna<br />

zgodba.<br />

Tudi poleti 2005 so bili tako imenovani<br />

izbrisani v Sloveniji že spet ena osrednjih<br />

notranjepolitičnih tem. Več kot trinajst let po<br />

tistem, ko je stopil v veljavo zakon o tujcih,<br />

ki ga je ustavno sodišče ponovno ocenilo kot<br />

protiustavnega 1 , in ki je iz registra stalno<br />

prijavljenih izbrisal 18.305 prebivalcev dežele<br />

iz drugih jugoslovanskih republik, ta problem<br />

še kar naprej čaka na primerno rešitev. Leta<br />

1992 so bili s tem izbrisom tisoči oropani<br />

zakonskih podlag za svojo eksistenco. A še<br />

v letu 2005 so, kot vedno znova opozarjajo<br />

mnogi kafkajansko ekstremni primeri, vidne<br />

mnoge humanitarne in socialne posledice.<br />

Takšen primer je Ali Berisha, albanskokosovski<br />

Rom, ki s svojo družino že od leta<br />

1987 živi v Mariboru, kjer je bil do svojega<br />

„izbrisa“ tudi redno prijavljen. Za svoj „izbris“<br />

je Berisha – tako je zapisal v svojem pismu<br />

aktivistu za pravice izbrisanih Aleksandru<br />

Todoroviću – izvedel maja 1993, ko se je vrnil<br />

z dvotedenskega obiska pri svojih sorodnikih<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“<br />

v Nemčiji: „Na mejnem prehodu pri Mariboru<br />

je carinik od mene zahteval potni list, ki<br />

sem mu ga tudi izročil. Ko je videl, da imam<br />

jugoslovanski potni list, mi je rekel, da ta več ne<br />

velja, ter da sem Albanec in se moram kot tak<br />

vrniti na Kosovo. Ko sem mu rekel, da živim v<br />

Mariboru in imam tam tudi stalno bivališče,<br />

mi je s povzdignjenim glasom odvrnil, da je<br />

v Sloveniji prostor le za Slovence. Ko sem ga<br />

prosil, naj me spusti, da si bom naslednji dan<br />

dal pri pristojnih izdati nov potni list, mi je<br />

rekel, da lahko pridem le še v zapor v Ljubljani,<br />

Hungerstreikaktion der CIIA, Grenzübergang Šentilj, 2.7.2005, Medien und A. Todorović – Gladovna stavka CIIA, mejni prehod Šentilj, 2.7.2005,<br />

mediji in A. Todorović<br />

kjer zbirajo Albance, Srbe, Hrvate in Rome.“ Z<br />

mejnega prehoda je šel direktno v zbirni center<br />

v Ljubljani, nato pa so ga z letalom izgnali v<br />

Albanijo – v državo, kjer ni bil še nikoli in kjer<br />

ni niti nikogar poznal. Tam mu je sicer uspelo<br />

podkupiti nekega albanskega policista, ki ga je<br />

dan zatem spravil v letalo nazaj proti Ljubljani,<br />

kjer pa so ga ponovno priprli v zbirnem centru<br />

za tujce. Iz zbirnega centra mu je sicer uspelo<br />

pobegniti in podal se je na beg pred ponovnim<br />

izgonom – v njemu neznano državo Nemčijo.<br />

Od tam pa ga hočejo zdaj, poleti 2005, ponovno<br />

izgnati, tokrat na Kosovo. V Sloveniji nima<br />

Berisha niti po razsodbi ustavnega sodišča<br />

nikakršnega statusa. In kot je ta državljan<br />

Srbije in Črne gore opazil šele z zamudo: 27.<br />

21


„<strong>Izbrisani</strong>“<br />

februarja 1992 so bili on in še<br />

njegovi 18.304 jugoslovanski<br />

sodržavljani izbrisani iz<br />

registra oseb, prijavljenih<br />

v Sloveniji. Ta zgodba o<br />

„izbrisu“ je tesno povezana<br />

z razpadom Socialistične<br />

federativne republike<br />

Jugoslavije in nastankom<br />

novih neodvisnih držav na<br />

ozemljih nekdanjih federalnih<br />

republik. Po tistem, ko se je na<br />

plebiscitu 23. decembra 1990<br />

skoraj 90 odstotkov volilnih<br />

upravičencev v Sloveniji<br />

izreklo za neodvisnost, je<br />

slovenski parlament junija 1991 sprejel temeljne<br />

zakone nove suverene države, med njimi tudi<br />

zakon o državljanstvu. Po eni strani so postali<br />

ljudje, ki so imeli tako jugoslovansko (državno)<br />

kot slovensko (republiško) državljanstvo 2 ,<br />

avtomatsko državljani neodvisne Slovenije. Po<br />

drugi strani pa so lahko drugi jugoslovanski<br />

državljani, ki so imeli na dan plebiscita o<br />

neodvisnosti v Sloveniji prijavljeno stalno<br />

prebivališče, pridobili slovensko državljanstvo<br />

v naslednjih šestih mesecih. Zahtevke je vložilo<br />

174.000 oseb, od tega je bilo 171.000 osebam<br />

slovensko državljanstvo tudi dodeljeno.<br />

A bistvo problema se skriva v zakonu o<br />

tujcih 3 , ki je bil prav tako sprejet junija 1991:<br />

vse prebivalce Slovenije z državljanstvi drugih<br />

jugoslovanskih republik, ki niso vložili zahteve<br />

za slovensko državljanstvo ali jim je bila<br />

zahteva zavrnjena, so dva meseca po izteku<br />

roka za pridobitev državljanstva naenkrat<br />

začeli obravnavati kot „tujce“ brez vsakršnega<br />

statusa. Zato so z izbrisom iz registra stalno<br />

prijavljenega prebivalstva izgubili tudi<br />

22<br />

Hungerstreikaktion der CIIA, 17.7.2005 – gladovna stavka CIIA, 17.7.2005<br />

nastanitveni naslov, pravico do stalnega<br />

prebivanja in dela, socialnega, bolniškega in<br />

pokojninskega zavarovanja itd. Ta okoliščina<br />

je prinesla še druge omembe vredne učinke,<br />

posebno na socialnem področju.<br />

Najbrž so ljudje, ki kljub stalnemu prebivališču<br />

v državi niso vložili zahteve po slovenskem<br />

državljanstvu, imeli za to zelo različne razloge<br />

– hoteli so na primer obdržati državljanstvo<br />

svoje domače republike, ne da bi se pri tem<br />

zavedali morebitnih posledic svoje odločitve.<br />

Znani intelektualci in umetniki neslovenskega<br />

porekla – kot na primer filozofinja in umetnica<br />

Marina Gržinić, ki je po rodu Hrvatica, ali<br />

član Neue Slowenische Kunst Dušan Mandić,<br />

katerega srbski oče je bil nastanjen v Sloveniji<br />

kot oficir Jugoslovanske ljudske armade – so<br />

svoje zahteve večinoma vložili pravočasno.<br />

Nasploh je očitno, da so bili prizadeti predvsem<br />

ljudje iz nižjih socialnih slojev, ki se večinoma<br />

sploh niso zavedali drastičnih posledic<br />

nevložitve zahtev po državljanstvu.<br />

Kot otežilna se je izkazala tudi okoliščina,


Hungerstreikaktion der CIIA, hungerstreikende Aktivisten Todorović und Ivanović (von rechts),<br />

17.7.2005 – gladovna stavka CIIA aktivistov Todorović in Ivanović (z desne), 17.7.2005<br />

da so „izbrisi“ (glej intervju z Matevžem<br />

Krivicem) stopil v veljavo brez izdanih<br />

odločb, ki so v pravnih državah sicer običajna<br />

praksa. „<strong>Izbrisani</strong>“ niso bili o tem niti uradno<br />

obveščeni. Kot kaže, pa je bila monstruoznost<br />

posledic „izbrisa“ že od vsega začetka povsem<br />

jasna posvečenim: še pred sprejetjem zakonov<br />

je neka poslanka predlagala spremembo, ki bi<br />

omogočila vsem prebivalcem Slovenije iz drugih<br />

jugoslovanskih republik pridobiti dovoljenja<br />

za stalno bivališče, a predlog je bil večinsko<br />

zavrnjen. Tudi lokalni uradniki so sprva<br />

oklevali pri izvajanju zakona in črtanju ljudi<br />

iz registrov brez predhodnih odločb: takratni<br />

državni sekretar v notranjem ministrstvu<br />

Slavko Debelak je vsem policijskim postajam<br />

brisanje omenjene skupine ukazal – z depešo,<br />

poslano 27. februarja 1992. 4<br />

Kako je lahko sploh prišlo do tega? Svoj čas<br />

prav tako izbrisani filmar Dimitar Anakiev<br />

iz Tolmina, ki je lani posnel film Zradirani in<br />

trenutno pripravlja filmsko nadaljevanje, na<br />

primer prikazuje izbris kot „klasično dejanje<br />

etničnega čiščenja, ki pa je bilo opravljeno<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“<br />

na prikrit in inteligenten<br />

način“ in predstavljeno kot<br />

zakonski problem ali celo kot<br />

računalniška napaka. Vse do<br />

danes se skuša na političnem<br />

nivoju na vse kriplje prikriti<br />

bistvo „izbrisa“. V nasprotju<br />

s tem pa razume nekdanji<br />

ustavni sodnik Matevž<br />

Krivic kot osrednji politični<br />

kontekst 5 uradno podelitev<br />

državljanstva 170.000<br />

„Južnjakom“ (prebivalcem<br />

južnih republik nekdanje<br />

Jugoslavije). Ta je bila za<br />

politično desnico, pa tudi<br />

za javno mnenje pod njenim vplivom in v<br />

do tujcev sovražnih krogih, velik šok. Sredi<br />

devetdesetih so zato celo poskušali doseči, da bi<br />

tem 170.000 ljudem državljanstvo spet odvzeli.<br />

„Izbris“ 18.000 ljudi torej kot kompenzacija za<br />

šokirano ksenofobično „desnico“?<br />

Večina prizadetih sprva niti sama ni vedela<br />

za svojo nesrečo; mnogi „izbrisani“ so šele<br />

po nesrečnih slučajih sploh izvedeli, da se<br />

jim je pripetilo nekaj otežujočega. Pri takem<br />

ozadju tudi ni bil mogoč noben organiziran<br />

protest proti povzročeni krivici – šele leta<br />

2002 se je okrog Srba Aleksandra Todorovića,<br />

ki se je s svojo slovensko ženo preselil na<br />

Ptuj v osemdesetih, zbralo prvo in predvsem<br />

aktivistično-akcionistično delujoče združenje<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“-NGO (Društvo izbrisanih<br />

prebivalcev Slovenije); Todorović se je medtem<br />

sicer sprl s pravnim zastopnikom NGO<br />

(Krivicem) in ustanovil novo društvo.<br />

Že sredi devetdesetih so bile na slovensko<br />

ustavno sodišče vložene prve posamezne<br />

pritožbe, šele leta 1999 pa je bil sprejet prvi<br />

23


„<strong>Izbrisani</strong>“<br />

sklep v tej zadevi, ki je razglasil, da je bil<br />

izbris v nasprotju z ustavo. Zahteval pa je tudi<br />

uskladitev zadevnih zakonov z ustavo v roku<br />

šestih mesecev. Ta naloga je bila in je ostala<br />

s pravnega vidika vse doslej zelo težavna. Po<br />

eni strani so se uspeli mnogi „izbrisani“ z<br />

mnogo truda in stroškov v Sloveniji na novo<br />

prijaviti kot tujci ter dobiti dovoljenja za<br />

stalno prebivanje in zaposlitev. Po drugi strani<br />

sta bila po letu 1999 v zvezi s tem sprejeta<br />

še dva zakona, ki pa ju je ustavno sodišče<br />

spet razglasilo za delno neveljavna. Še nekaj<br />

„izbrisanih“ je spet dobilo povrnjen pravni<br />

status, ki jim je bil protiustavno odvzet. Kljub<br />

temu pa „izbrisani“ v Sloveniji in na tujem<br />

še vedno ne morejo računati na kakršnekoli<br />

odškodnine za uničene eksistence in prezrte<br />

sodbe ustavnega sodišča.<br />

Leta 2004 je bil izveden tudi referendum (de<br />

facto) proti izbrisanim. Tako predlagana<br />

vprašanja kot pričakovani izid sta bila glede na<br />

razmerja med glavnimi političnimi tokovi v<br />

Sloveniji za „izbrisane“ pričakovana. Vprašanje<br />

4. aprila 2004 se je glasilo: „Ali se strinjate, da<br />

stopi v veljavo zakon o izvedbi 8. točke odločbe<br />

ustavnega sodišča Republike Slovenije, številka<br />

U-I-246/02-28 (EPA 956-III), ki ga je državni<br />

zbor Republike Slovenije sprejel 25. 11. 2003?“<br />

Če hočemo vprašanje razumeti: Več kot leto<br />

poprej, 3. aprila 2003, je ustavno sodišče v 8.<br />

točki svojega sklepa ugotovilo, da naj se 26.<br />

2. 1992 izbrisanim vrne pravica do stalnega<br />

prebivališča z veljavo za nazaj. V nasprotju<br />

s tem pa je bil odgovor povsem jasen: pri<br />

volilni udeležbi 31,5 % je proti vrnitvi statusa<br />

glasovalo 94,7 %, za 3,8 %, neveljavnih pa je<br />

bilo 1,5 % glasovnic. In pri tem sploh ni bilo<br />

govora o odškodninah in nadaljnjih korakih<br />

pri odpravi posledic izbrisa.<br />

24<br />

Da bi opozorila na to okoliščino in pospešila<br />

obravnavo nerešenih problemov „izbrisanih“,<br />

je Civilna iniciativa izbrisanih aktivistov<br />

(CIIA) končno od 2. julija 2005 naprej<br />

organizirala gladovno stavko prav na kraju,<br />

kjer se je leta 1993 začela Berisheva odisejada.<br />

Na mejnem prehodu Šentilj-Spielfeld je devet<br />

članov CIIA sprva odklanjalo uživanje hrane<br />

in zahtevalo rešitev problema – še posebno v<br />

primeru Berisha. 24 dni kasneje sta govorec<br />

CIIA Aleksandar Todorović in aktivist Ilija<br />

Ivanović v Ljubljani prekinila neuspešno<br />

gladovno stavko. Kljub temu je bil odmev<br />

v slovenskih medijih znaten, še posebej pa<br />

je bil deležen ostrih kritik notranji minister<br />

Dragutin Mate, ker se za gladovno stavkajoče<br />

sploh ni zmenil. Tako na primer v komentarju,<br />

ki ga je v dnevniku Delo objavil novinar Dejan<br />

Pušenjak: „[…] Kajti vsak normalen državljan<br />

bi od svojega notranjega ministra pričakoval,<br />

da se bo odpeljal do gladovno stavkajočih in<br />

jim rekel: ‚V imenu države, ki jo predstavljam,<br />

se vam opravičujem za krivico, ki vam jo je<br />

storila ta država, ko še nisem bil njen minister.<br />

Prosim vas za prekinitev gladovne stavke in<br />

za nadaljnje potrpljenje; prizadevamo si za<br />

rešitev, ki bo za vas in za nas – oblastnike –<br />

sprejemljiva. […]“ 6<br />

Medtem ko je notranji minister ostajal ob<br />

strani, se je uradna politika zganila vsaj na<br />

parlamentarni ravni. Na zadnjem zasedanju<br />

državnega zbora pred poletnimi počitnicami,<br />

14. julija 2005, je bil k razpravi o tem problemu,<br />

ki je trajala štiri ure, povabljen varuh človekovih<br />

pravic Matjaž Hanžek. Z – vsaj s Hanžkovega<br />

vidika – streznjujočim učinkom: „[…] veliko<br />

težav je z manjkajočim razumevanjem ali<br />

s pomanjkanjem volje do razumevanja tega<br />

problema. Že glede na to, kako poslanci mešajo


državljanstvo in stalno bivališče izbrisanih, je<br />

jasno, da sploh še ne razumejo, zakaj pri tem<br />

gre.“ 7<br />

Nekaj dni kasneje je konzervativni predsednik<br />

parlamenta France Cukjati v Gradcu in nato še<br />

v Ljubljani napovedal, da bo notranji minister<br />

do jeseni pripravil zakon, ki bo odpravil<br />

prizadejane krivice. Ta izjava je bila sprejeta<br />

skeptično do ostro kritično (glej intervju z<br />

Matevžem Krivicem). Doslej (sredi septembra)<br />

se ni zgodilo še nič.<br />

OPOMBE<br />

1 Sklepi ustavnega sodišča Republike Slovenije, št. U-I-284/94, 4. februar<br />

1999, objavljeno v: Uradni list RS, št. 14/1999, oz. št. U-I-246/2, 3. april<br />

2004, objavljeno v: Uradni list RS, št. 36/2003.<br />

2 Dejstva, da je v SFRJ obstajalo dvojno državljanstvo, zvezno in republiško,<br />

se mnogi prebivalci Jugoslavije očitno niso zavedali. V časih Jugoslavije to<br />

niti ni bilo pomembno.<br />

3 Natančneje okoliščina, navedena v členu 81 zakona o tujcih, ki se je že<br />

pred sprejemom zakona junija 1991 zdela mnogim sporna. Poslanka Metka<br />

Mencin je maja 1991 predlagala spremembo, po kateri bi tudi v Sloveniji<br />

živeči jugoslovanski državljani z republiškimi državljanstvi drugih republik in<br />

stalnim prebivališčem v Sloveniji na dan plebiscita avtomatsko dobili stalno<br />

dovoljenje za bivanje. Če bi bil ta predlog sprejet, problem z „izbrisanimi“<br />

sploh ne bi nastal. A večina v parlamentu je takrat glasovala proti.<br />

4 Glej: Borut Mekina: Izbrisala jih je depeša št. 0016/4-14968. Večer, 25. 02.<br />

2004, str. 3.<br />

5 Krivic, Matevž: Postskriptum, str. 160: v: Dedić, Jasminka, Jalušič, Vlasta in<br />

Zorn Jelka: The erased: organized innocence and the politics of exclusion.<br />

Ljubjana 2003, Peace Institute, Institute for Contemporary Social and<br />

Political Studies.<br />

6 Dejan Pušenjak: Po čem je danas smrt. Delo, 16. 7. 2005, str. 5.<br />

7 Lovec, Suzana: Pogovor: Matjaž Hanžek, varuh človekovih pravic. Dnevnik,<br />

18. 7. 2005.<br />

ZUR PERSON – O AVTORJU<br />

Herwig G. Höller<br />

*1974 in Rottenmann, Slawistik- und Physikstudien<br />

in Graz und Moskau. Seit 1998 freier<br />

Kunstkritiker, zahlreiche Publikationen in<br />

springerin, CAMERA AUSTRIA, Spike und in<br />

anderen Medien. Seit 2000 zudem Referent für<br />

Medien, Video, Film im Forum Stadtpark (bis<br />

2003, nach Strukturreform im Forum Stadtpark<br />

Mitglied des Programmforums, zuständig für<br />

die angesprochenen Bereiche), Lehrbeauftragter<br />

am Institut für Slawistik der Karl-Franzens-Universität<br />

Graz. Seit 2005 Mitarbeit<br />

beim „Falter Steiermark“. – Herwig G. Höller<br />

rojen 1974 v Rottenmannu, študij slavistike in<br />

fizike v Gradcu in v Moskvi. Od 1998 svobodni<br />

umetnostni kritik, številčne publikacije v revijah<br />

springerin, CAMERA AUSTRIA, Spike in drugih<br />

medijih. Od 2000 referent za medije, video, film v<br />

Forum Stadtpark (do 2003, po strukturni reformi<br />

v Forum Stadtparku član programskega<br />

foruma, pristojen za zgoraj navedena področja),<br />

predavatelj na Inštitutu za slavistiko Karl-<br />

Franzens-Universität Gradec. Od 2005<br />

sodelavec pri „Falter Steiermark“.<br />

„<strong>Izbrisani</strong>“<br />

25


Interview mit Matevž Krivic<br />

Interview mit Matevž Krivic, von<br />

Herwig Höller<br />

Matevž Krivic, Sie sind Rechtsvertreter der „Društvo<br />

izbrisanih prebivalcev Slovenije“ [Verband der ausgelöschten<br />

Einwohner Sloweniens], einer NGO, die<br />

sich für die Rechte der so genannten „Ausgelöschten“<br />

einsetzt. Wann und wie haben Sie erstmals erfahren,<br />

dass es ein „<strong>Izbrisani</strong>“-Problem gibt?<br />

Als Verfassungsrichter (1990–1998), als wir in<br />

den Jahren 1994–1995 mit ersten Fällen konfrontiert<br />

waren, die aber von juristisch ungebildeten<br />

Menschen sehr unklar formuliert waren.<br />

Sie bekamen von den Behörden auch keine<br />

Bescheide gegen die man klagen hätte können<br />

– das war ein großes Problem für sie, und darin<br />

besteht auch eine Erklärung für die Tatsache,<br />

dass von über 18.000 „Ausgelöschten“ nur<br />

einige wenige Fälle vor Gericht kamen. Ich<br />

konnte mich mit meinen Ansichten über dieses<br />

Problem im Verfassungsgericht zuerst sehr<br />

lange nicht durchsetzen – erst im Juni 1998,<br />

einige Monate vor dem Ende der Amtszeit des<br />

ersten Verfassungsgerichtes, konnte ich schließlich<br />

eine vorläufige Lösung ausarbeiten, die –<br />

überraschenderweise – sogar mit 6:1 Stimmen<br />

angenommen wurde. Unsere Nachfolger im<br />

Verfassungsgericht brachten dann schon im Februar<br />

1999 diese ersten beiden Fälle zu einem<br />

Abschluss und stellten fest, dass die „Auslöschung“,<br />

die am 26. Februar 1992 stattgefunden<br />

hatte (sozusagen geheim, ohne jegliche Bescheide),<br />

keine gesetzliche Grundlage hat und dass<br />

das Gesetz sofort korrigiert werden müsse, um<br />

eine verfassungskonforme Lösung der entstandenen<br />

Probleme zu ermöglichen.<br />

Seit wann beschäftigen Sie sich intensiv mit der<br />

Thematik?<br />

26<br />

In den Jahren 1999–2001 war ich so sehr mit<br />

anderen schwierigen verfassungsrechtlichen<br />

Problemen beschäftigt (zuerst mit der Beseitigung,<br />

der skandalösen verfassungsgerichtlichen<br />

Fälschung des Resultats des Referendums<br />

über die Einführung des Mehrheitswahlsystems,<br />

was erst mit einer Verfassungsänderung<br />

im Jahre 2000 möglich war, und dann mit der<br />

Klage vor dem neuen Verfassungsgericht gegen<br />

den Vertrag zwischen Slowenien und dem Vatikan),<br />

dass ich sogar die oben erwähnte Entscheidung<br />

vom Februar 1999 nicht kannte.<br />

Erst zehn Jahre nach der „Auslöschung“, als<br />

drei Betroffene in Ptuj im Februar 2002 den<br />

ersten Verein der „Ausgelöschten“ gegründet<br />

hatten, begann ich sofort als dessen Rechtsvertreter<br />

zu fungieren.<br />

Im Jahre 2003 hat der slowenische Verfassungsgerichtshof<br />

ihrer Klage gegen die gesetzlichen Grundlagen,<br />

die zur Löschung von etwa 18.000 aus anderen<br />

jugoslawischen Republiken stammenden<br />

Einwohnern Sloweniens aus den Melderegistern<br />

führten, Recht gegeben und diese Löschung als verfassungswidrig<br />

erklärt. Könnten Sie kurz erklären,<br />

warum der „Izbris“ verfassungswidrig war?<br />

Wie ich schon sagte: Weil er keine gesetzliche<br />

Grundlage hatte und weil er darüber hinaus<br />

„geheim“ (ohne jeglichen Bescheid) ausgeführt<br />

wurde. Die beiden Gründe sind natürlich eng<br />

miteinander verbunden: Wenn man keine gesetzliche<br />

Grundlage für einen Verwaltungsakt<br />

hat, kann man auch keinen Bescheid darüber<br />

ausstellen. Um einen solchen illegalen Verwaltungsakt<br />

mit sehr schwer wiegenden Konsequenzen<br />

dennoch auszuführen, bedarf es<br />

schon „wichtiger“ politischer Gründe… Aber,<br />

um gegenüber unseren Politikern nicht ungerecht<br />

zu sein: Sie wussten damals – und wissen<br />

auch heute noch – nur sehr wenig über juridi-


sche Angelegenheiten Bescheid. Trotzdem sind<br />

sie, in erster Linie die damalige „DEMOS“-Regierung<br />

und deren Innenminister Igor Bavčar<br />

(aber später auch alle Drnovšek-Regierungen)<br />

politisch in vollem Umfang für diesen skandalösen<br />

Umgang mit den Menschenrechten<br />

verantwortlich. Noch viel größere Verantwortung<br />

hatte indessen der damalige Staatssekretär<br />

Slavko Debelak, ein Verwaltungsrechtler,<br />

der die Politiker mit politisch erwünschten „juridischen<br />

Erklärungen“ versorgte…<br />

Dennoch kam es ein Jahr später zu einem Referendum,<br />

das im Wesentlichen gegen die „<strong>Izbrisani</strong>“ gerichtet<br />

war. Dieses Problem ist bislang nicht gelöst<br />

worden…<br />

Ja, für Slowenien als vorgeblichen Rechtsstaat<br />

eine erstaunliche und wirklich traurige<br />

Geschichte: Dieses Referendum hätte als offensichtlich<br />

verfassungswidrig vom Verfassungsgericht<br />

verboten werden sollen, aber der<br />

Parlamentspräsident versäumte die Frist für einen<br />

Anruf des Verfassungsgerichts um einen<br />

Tag, und dieses konnte nun nichts mehr unternehmen.<br />

Ein weiteres Paradoxon: Das Referendum<br />

annullierte nur ein Gesetz, das ohnehin<br />

verfassungswidrig war, weil es nur 4.000<br />

anstelle von 12.000 (wie es das Verfassungsgerichtsurteil<br />

verlangt hatte) „ausgelöschten“<br />

Personen ihren Status zurückgeben wollte.<br />

Aber es folgten noch weitere, noch unglaublichere<br />

Absurditäten. Erstens: Trotz der Annullierung<br />

des von ihm eingebrachten Gesetzes<br />

setzte Innenminister Dr. Bohinc in den<br />

folgenden Monaten eben dieses nicht mehr<br />

bestehende Gesetz um und missachtete somit<br />

das Verfassungsgerichtsurteil, indem nur<br />

4.000 statt 12.000 Bescheide ausstellte. Zweitens:<br />

Die damalige Opposition drohte ihm<br />

im Parlament mit einem Strafverfahren, weil<br />

Interview mit Matevž Krivic<br />

er überhaupt die vom Verfassungsgericht verlangten<br />

Bescheide auszugeben begann (dann<br />

stellte er nach 4.000 Bescheiden die Ausgabe<br />

ein). Aber auch diese 12.000 stellen nur zwei<br />

Drittel von insgesamt 18.305 „Ausgelöschten“<br />

dar. Für die übrigen 6.000 verlangte das Verfassungsgericht<br />

die Verabschiedung eines Sondergesetzes<br />

innerhalb von sechs Monaten, also<br />

bis Oktober 2003. Die damalige „linke“ Regierung<br />

brachte ein derartiges Gesetz aber erst im<br />

Oktober des folgenden Jahres ein, dass noch<br />

dazu unzulänglich war, weil es das Problem<br />

nur zum Teil gelöst hätte. Aber auch das ging<br />

der Opposition zu weit, und es gelang ihr mit<br />

einer Reihe von Vorschlägen über ein Referendum,<br />

die alle vom Verfassungsgericht abgewiesen<br />

wurden, die Verabschiedung des Gesetzes<br />

zu verhindern. Jetzt befindet sich die damalige<br />

Opposition an der der Regierung und will von<br />

einem solchen Gesetz nichts mehr wissen …<br />

Auf meine Frage, wie es um die Lösung der „<strong>Izbrisani</strong>“-Problematik<br />

steht, antwortete mir der Vorsitzende<br />

des slowenischen Državni zbor [Nationalrat],<br />

France Cukjati, am 18. Juli 2005 in Graz, dass das<br />

slowenische Innenministerium noch im Herbst ein<br />

Gesetz einbringen und damit das erlittene Unrecht<br />

wieder gutmachen würde. Kurz danach wiederholte<br />

Cukjati diese Aussage auch in Slowenien, woraufhin<br />

Sie in einem Leserbrief an die Tageszeitung „Delo“<br />

(23.7.2005) auf das Schärfste protestierten und<br />

meinten: „Von einer echten Absicht der Lösung des<br />

Problems zu sprechen, ist reiner Hohn.“ Gibt es wirklich<br />

keine politische Absicht, das Problem zu lösen?<br />

In der Tat nicht. Der neue Regierungschef<br />

Janša und andere haben seit ihrem Wahlsieg<br />

mindestens zehnmal wiederholt, dass sie nur<br />

gemeinsam mit der Opposition im Wege eines<br />

speziellen Verfassungsgesetzes dieses Problem<br />

zu „lösen“ bereit sind. Und das heißt: gar<br />

27


Interview mit Matevž Krivic<br />

nicht. Warum? Weil dieses Problem unter die<br />

einfache Gesetzgebung fällt und nicht durch<br />

ein Verfassungsgesetz lösbar ist. Mit einem<br />

Verfassungsgesetz will die Regierung nur die<br />

verfassungsgerichtliche Kontrolle des Gesetzes<br />

vermeiden – obwohl schon zwei Verfassungsgerichtspräsidenten<br />

öffentlich davor gewarnt<br />

haben, auf diese Weise die Verfassung<br />

zu missachten. Die Opposition hat diesen Weg<br />

klar abgelehnt, und so ist auch die oben zitierte<br />

Aussage von Cukjati nur leeres Gerede. Mehr<br />

noch: eine absichtliche Täuschung der Bürger.<br />

Wenn in der slowenischen Öffentlichkeit über die<br />

Lösung des Problems gesprochen wird, werden immer<br />

zwei gesetzliche Varianten in den Raum gestellt.<br />

Einerseits ein Gesetz mit Verfassungsrang, andererseits<br />

ein „systemisches Gesetz“. Für welche Variante<br />

treten Sie ein?<br />

In Betracht kommt nur ein einfaches Gesetz,<br />

man kann es auch „systemisch“ nennen. Für<br />

ein solches Gesetz – im Einklang mit dem<br />

Verfassungsgerichtsurteil von 2003 – hätte<br />

die Regierung eine ausreichende Mehrheit im<br />

Parlament, will es aber um keinen Preis verabschieden.<br />

Ein Gesetz, das die Rechte der „Ausgelöschten“<br />

nicht anerkennt, würde vor dem<br />

Verfassungsgericht keinen Bestand haben.<br />

Ähnlich wie in Kärnten, wo Haider dem Erkenntnis<br />

des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes<br />

schon seit 2001 nicht Folge leistet.<br />

Aber dort geht es „nur“ um slowenische Ortstafeln<br />

– hier geht es um elementare Menschenrechte<br />

von 18.305 Personen, die von der Regierung<br />

gesetzwidrig verletzt worden sind.<br />

Was würde eine Entschädigung der Betroffenen kosten,<br />

was müsste alles abgegolten werden? Seinerzeit<br />

war einmal von Kosten in der Höhe von 600 Milliarden<br />

Tolar die Rede – ist das realistisch?<br />

28<br />

Niemand hat davon eine Ahnung, die erwähnte<br />

Zahl ist frei erfunden. Sicher ist nur eines:<br />

Dass eine Entschädigung gemäß Zivilrecht<br />

nur fünf Jahre nach Schadenseintritt möglich<br />

ist. Jegliche Entschädigung für in den Jahren<br />

1992–2000 erlittenes Unrecht ist somit schon<br />

heute ausgeschlossen. Wir haben natürlich ein<br />

eigenes Gesetz für diesen speziellen Fall gefordert,<br />

aber die Politiker werden ein solches Gesetz<br />

niemals verabschieden. Und bevor wir<br />

mit dieser Frage vor das Straßburger Gericht<br />

kommen, wird es sicher noch zehn bis 15 Jahre<br />

dauern …<br />

Im Juli organisierte eine weitere NGO, die „Civilna<br />

iniciativa izbrisanih aktivistov“ (CIIA), einen Hungerstreik<br />

an der österreichisch-slowenischen Grenze,<br />

um auf das Problem aufmerksam zu machen. Sie<br />

distanzierten sich von dieser Aktion und kritisierten<br />

deren Organisator, Aleksandar Todorović (Večer,<br />

4.7.2005). Die CIIA erwiderte ihrerseits, dass sie<br />

kein Recht hätten, den Hungerstreik zu kommentieren,<br />

und es war auch der Vorwurf zu hören, dass<br />

sie alle Aktivitäten eingestellt hätten, weil sie auf<br />

eine offizielle Lösung warteten, die aus der Sicht<br />

der CIIA nicht absehbar sei. Können Sie zu diesem<br />

Streit Stellung beziehen?<br />

Nein, für uns alle ist es besser, diese leidigen<br />

Fragen nicht öffentlich zu diskutieren. In einer<br />

derartigen Situation beschränke ich mich<br />

auf unumgängliche Reaktionen auf öffentliche<br />

Angriffe. So auch hier: Die angebliche „Einstellung<br />

aller Aktivitäten“ unseres Vereins ist<br />

eine Lüge. In den Monaten vor den Wahlen<br />

haben wir nur deshalb von öffentlichen Manifestationen<br />

abgesehen, um nicht noch mehr<br />

Xenophobie unter den Wählern zu erwecken.<br />

Ich möchte lieber nicht ausführlicher auf diese<br />

Frage eingehen.


Andererseits, wie sehen sie Todorović und seine Aktivitäten,<br />

die zumindest diesen Sommer durchaus<br />

medienwirksam waren?<br />

Ich kann nur wiederholen, was ich Herrn<br />

Todorović seit Juni 2004 schon vielmals gesagt<br />

und geschrieben habe: „Wenn wir schon nicht<br />

mehr zusammenarbeiten können, so sollten<br />

wir uns zumindest nicht gegenseitig angreifen.<br />

Wir werden alle deine konstruktiven Initiativen<br />

unterstützen, nur höre mit den ungerechten<br />

Angriffen und Lügen auf!“ Er hat<br />

damit leider nicht aufgehört, aber trotzdem<br />

haben wir seinen letzten öffentlichen Protest<br />

an der Grenze im Juli öffentlich unterstützt.<br />

Nur von der Methode des Hungerstreiks haben<br />

wir uns wegen der Gesundheitsgefährdung der<br />

Beteiligten distanziert. Vor allem aber habe ich<br />

für den Rom Ali Berisha, dessen Schicksal der<br />

Hauptgrund für den Hungerstreik war, konkrete<br />

Schritte in die Wege geleitet, um ihm<br />

die Rückkehr nach Slowenien rechtlich zu ermöglichen.<br />

Das Verfahren ist im Gange, es ist<br />

natürlich auch möglich, dass es keinen Erfolg<br />

bringt. Aber erst dann sollte man andere Methoden<br />

in Betracht ziehen.<br />

Welche Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten<br />

Monaten? Wann ist mit einer Lösung zu rechnen?<br />

Die einzige Hoffnung für uns besteht in der<br />

Ausübung von Druck durch internationale<br />

Organisationen, vor allem vom Komissär für<br />

Menschenrechte, Gil Robles, und der Kommission<br />

gegen Intoleranz (ECRI) – Institutionen des<br />

Straßburger Europarates (nicht der EU). Aber<br />

die slowenische Regierung zeigt sich gegen<br />

Kritik von europäischen Institutionen unempfänglich.<br />

Die größte Schande für Slowenien als<br />

vorgeblichen Rechtsstaat ist vielleicht die Tatsache,<br />

dass das Land mit einer solchen menschenrechtsfeindlichen<br />

Regierung 2008 den<br />

Intervju z Matevžem Krivicem<br />

Vorsitz in der EU übernehmen soll. In dieser<br />

Welt ist scheint alles möglich – nur die Durchsetzung<br />

der Menschenrechte gegenüber einer<br />

feindlich gesinnten Staatsmacht ist anscheinend<br />

unerreichbar.<br />

Intervju z Matevžem Krivicem<br />

Herwig Höller<br />

Matevž Krivic, Vi ste pravni zastopnik „Društva<br />

izbrisanih prebivalcev Slovenije“, ki se zavzema za<br />

pravice tako imenovanih „izbrisanih“. Kdaj in kako<br />

ste prvič izvedeli za problem „izbrisanih“?<br />

Kot ustavni sodnik (1990-1998), ko smo bili<br />

v letih 1994-95 soočeni s prvimi primeri, ki<br />

pa so bili od pravno neukih ljudi zelo nejasno<br />

formulirani. Od oblasti tudi niso prejeli<br />

nobenih odločb, da bi proti njim lahko vložili<br />

tožbe – to je bil za njihov velik problem in prav<br />

v tem je tudi obrazložitev dejstva, da so od več<br />

kot 18.000 „izbrisanih“ prišli pred sodišča le<br />

nekateri redki primeri. Jaz s svojimi pogledi na<br />

ta problem na ustavnem sodišču najprej zelo<br />

dolgo nisem mogel prodreti – in šele junija<br />

1998, nekaj mesecev pred iztekom mandata<br />

prve zasedbe ustavnega sodišča, sem končno<br />

lahko pripravil neko preliminarno rešitev, ki<br />

pa je bila (presenetljivo) sprejeta celo s 6 : 1.<br />

Naši nasledniki na ustavnem sodišču so nato<br />

že februarja 1999 ta dva prva primera pripeljali<br />

do konca in zelo jasno odločili, da izbris, ki<br />

se je zgodil 26. februarja 1992 (tako rekoč<br />

tajno, brez vsakih odločb), ni imel nikakršne<br />

zakonske podlage in da je treba zakon takoj<br />

popraviti, da bi s tem omogočili rešitev nastalih<br />

problemov v skladu z ustavo.<br />

Od kdaj se intenzivno ukvarjate s to tematiko?<br />

29


Intervju z Matevžem Krivicem<br />

V letih 1999-2001 sem bil tako okupiran z<br />

drugimi težkimi ustavnopravnimi problemi<br />

(najprej s problemom, kako odstraniti<br />

škandalozno ustavnosodno potvorbo izida<br />

referenduma o uvedbi večinskega volilnega<br />

sistema, kar je bilo možno šele s spremembo<br />

ustave leta 2000, in nato s tožbo pred novim<br />

ustavnim sodiščem proti pogodbi Slovenije z<br />

Vatikanom), da celo prej omenjene odločitve<br />

iz februarja 1999 nisem poznal (je pa tudi v<br />

medijih ostala popolnoma zamolčana). Šele<br />

točno deset let po „izbrisu“, ko so trije izbrisani<br />

na Ptuju (pri Mariboru) februarja 2002<br />

ustanovili prvo društvo izbrisanih, sem začel<br />

takoj delovati kot njihov pravni zastopnik.<br />

Leta 2003 je slovensko ustavno sodišče ugodilo<br />

vaši tožbi proti zakonskim podlagam, ki so<br />

pripeljale do izbrisa okrog 18.000 iz drugih<br />

jugoslovanskih republik izvirajočih prebivalcev<br />

Slovenije iz prijavnih registrov in je ta izbris<br />

razglasilo za protiustaven. Ali lahko na kratko<br />

pojasnite, zakaj je bil izbris protiustaven?<br />

Kot sem že povedal: ker ni imel nobene<br />

zakonske podlage in dodatno še zato, ker je<br />

bil izpeljan „tajno“ (brez vsake odločbe). Oba<br />

razloga sta seveda tesno povezana: če za neki<br />

upravni akt ni nobene zakonske podlage, potem<br />

o tem tudi ne moreš izdati nikakršne odločbe.<br />

Da nekdo kljub temu izvede tak nezakonit<br />

upravni akt z zelo težkimi posledicami, mora<br />

za to že imeti „važne“ politične razloge…<br />

Toda, da ne bi bil do naših politikov krivičen:<br />

o pravu in pravnih vprašanjih so takrat vedeli<br />

– in vedo še danes – zelo zelo malo. Kljub temu<br />

so seveda, v prvi vrsti takratna „Demosova“<br />

vlada in notranji minister Igor Bavčar (toda<br />

kasneje tudi vse Drnovškove vlade) v polnem<br />

obsegu politično odgovorni za ta škandalozni<br />

odnos do človekovih pravic – toda še veliko<br />

30<br />

večja odgovornost leži na takratnem državnem<br />

sekretarju Slavku Debelaku, ki je bil magister<br />

prava in je politike oskrboval s politično<br />

zaželenimi „pravnimi razlagami“…<br />

Vendar pa je eno leto kasneje prišlo do<br />

referenduma, ki je bil v bistvu uperjen proti<br />

„izbrisanim“ in problem vse do danes pravno<br />

še ni rešen…<br />

Da, to je bila za Slovenijo kot domnevno pravno<br />

državo nova presenetljiva in res žalostna<br />

zgodba: ta referendum bi moral biti kot očitno<br />

protiustaven od ustavnega sodišča prepovedan,<br />

toda predsednik parlamenta je predlog na<br />

ustavno sodišče vložil en dan prepozno –<br />

in ustavno sodišče ni moglo storiti ničesar.<br />

Nadaljnji paradoks: z uspešnim referendumom<br />

je bil samo odstranjen (razveljavljen) neki<br />

zakon, ki je bil tako in tako protiustaven<br />

(ker je hotel vrniti sporni status samo 4.000<br />

„izbrisanim“ osebam namesto 12.000, kot je to<br />

zahtevala sodba ustavnega sodišča). Toda sledili<br />

so še nadaljnji, še bolj neverjetni paradoksi.<br />

Prvič, kljub razveljavitvi zakona, ki ga je on<br />

sam predlagal, je notranji minister dr. Bohinc<br />

v naslednjih mesecih izvršil točno ta ne več<br />

obstoječi zakon in ne sodbo ustavnega sodišča,<br />

izdal je torej samo 4.000 namesto 12.000<br />

odločb! In drugič: takratna opozicija mu je v<br />

parlamentu grozila s kazenskim postopkom,<br />

ker je sploh začel izdajati te, od ustavnega<br />

sodišča zahtevane odločbe (in nato je končal<br />

pri 4.000 odločbah, namesto da bi izdal vseh<br />

12.000)! Toda teh 12.000 ljudi sta le dve tretjini<br />

od vseh 18.305 izbrisanih – za preostalih 6.000<br />

je ustavno sodišče zahtevalo, da bi bilo treba v<br />

šestih mesecih, torej do oktobra 2003, sprejeti<br />

poseben zakon. Prejšnja „leva“ vlada je tak<br />

(ampak slab, le polovico problemov rešujoč)<br />

zakon predložila šele oktobra 2004, ampak tudi<br />

to je bilo za takratno opozicijo preveč in ji je z


mnogimi novimi zahtevami za referendum, ki<br />

pa so bile od ustavnega sodišča vse zavrnjene,<br />

vendarle uspelo, da je sprejetje takega zakona<br />

v prejšnjem zakonodajnem obdobju preprečila.<br />

Sedaj je ta opozicija prišla na oblast – in noče o<br />

takem zakonu nič več slišati…<br />

Na moje vprašanje, kaj je sedaj z reševanjem<br />

problematike „izbrisanih“, mi je predsednik<br />

slovenskega državnega zbora France Cukjati 18.<br />

julija v Gradcu odgovoril, da bo slovensko notranje<br />

ministrstvo še jeseni predložilo zakon in da bodo s<br />

tem vse pretrpljene krivice spet odpravljene. Kmalu<br />

za tem je Cukjati to izjavo ponovil tudi v Sloveniji,<br />

nakar pa ste Vi v pismu bralca v dnevniku Delo<br />

(23. 7.) najostreje protestirali in menili: „Govoriti o<br />

resnem namenu reševanja tega problema je navadno<br />

norčevanje.“ Ali res ni političnega namena rešiti ta<br />

problem?<br />

Res ga ni. Novi šef vlade Janša in drugi so<br />

od volilne zmage naprej najmanj desetkrat<br />

ponovili, da so pripravljeni ta problem „rešiti“<br />

samo skupaj z opozicijo s posebnim „ustavnim<br />

zakonom“, drugače pa nič. In to pomeni: nič.<br />

Zakaj? Zato, ker je ta problem vprašanje<br />

navadne zakonodaje in ni rešljiv z ustavnim<br />

zakonom. Z ustavnim zakonom bi se želela<br />

vlada samo izogniti ustavnosodni kontroli<br />

zakona – čeprav sta že dva predsednika<br />

ustavnega sodišča posvarila pred takim<br />

kršenjem ustave, ki da bo po njunih besedah<br />

tudi ostalo brez uspeha. Opozicija je ta način<br />

reševanja jasno odklonila – in tako so tudi<br />

navedene Cukjatijeve besede zgolj prazne<br />

besede. Še slabše: namerno zavajanje naivne<br />

publike.<br />

Kadar se v slovenski javnosti govori o zakonskih<br />

rešitvah tega problema, se vedno govori o dveh<br />

zakonskih variantah: po eni strani o ustavnem<br />

Intervju z Matevžem Krivicem<br />

zakonu, po drugi strani o „sistemskem zakonu“. Za<br />

katero varianto se zavzemate Vi?<br />

Samo navaden zakon (lahko se seveda<br />

imenuje tudi „sistemski“) pride v poštev. Za<br />

sprejetje takega zakona ima vlada zadostno<br />

večino v parlamentu – toda tega noče narediti.<br />

Pravicam „izbrisanih“ nasproten zakon ne<br />

bi imel nobenih izgledov pred ustavnim<br />

sodiščem – zakona v skladu s sodbo ustavnega<br />

sodišča iz leta 2003 pa vlada za nobeno ceno<br />

noče narediti. Podobno kot na Koroškem, kjer<br />

Haider že dolgo noče slediti odločbi avstrijskega<br />

ustavnega sodišča. Ampak tam gre „samo“<br />

za slovenske krajevne napise – tu pa gre za<br />

elementarne človekove pravice 18.305 ljudi, ki<br />

jih je nezakonito prekršila vlada sama.<br />

Koliko pa bi poprava krivic in odškodnina znašala,<br />

kaj vse bi moralo biti kompenzirano? Enkrat<br />

se je govorilo o 600 milijardah tolarjev – je to<br />

realistično?<br />

Nihče nima pojma o tem – omenjena številka<br />

je popolnoma izmišljena. Gotovo je le eno: da<br />

je odškodnina (v skladu s civilno zakonodajo)<br />

možna samo pet let od nastanka škode. Vsaka<br />

odškodnina za (velike) škode v letih 1992-<br />

2000 je torej že danes popolnoma nedosegljiva.<br />

Mi smo seveda zahtevali poseben zakon za<br />

ta posebni primer, toda naši politiki ne bodo<br />

takega zakona nikoli sprejeli. In preden bomo s<br />

tem vprašanjem lahko prišli pred strassburško<br />

sodišče, bo trajalo gotovo še 10 ali 15 let…<br />

Julija je neka druga nevladna organizacija,<br />

„Civilna iniciativa izbrisanih aktivistov“ (CIIA),<br />

organizirala gladovno stavko na avstrijsko-slovenski<br />

meji, da bi opozorila na nerešenost problema. Vi ste<br />

se od te akcije distancirali in ste kritizirali, da je<br />

organizator gladovne stavke Aleksandar Todorović<br />

odklonil Vašo prošnjo, da bi se vprašanje najprej<br />

31


Intervju z Matevžem Krivicem<br />

razjasnilo po pravni poti (Večer, 4. 7. 2005). CIIA<br />

pa je odgovorila, da vi nimate nobene pravice<br />

komentirati gladovne stavke in slišati je bilo tudi<br />

očitek, da ste ustavili vse aktivnosti, ker ste čakali na<br />

uradno rešitev, ki pa je po mnenju CIIA ni mogoče<br />

pričakovati. Ali lahko komentirate ta spor?<br />

Ne, za vse nas je bolje, če o teh bolečih<br />

vprašanjih ne razpravljamo v javnosti. Ob vsaki<br />

taki priložnosti se omejim le na najnujnejše<br />

odgovore na javne napade. Tako tudi tukaj:<br />

domnevna „ustavitev vseh aktivnosti“ našega<br />

društva je laž. V mesecih pred volitvami smo<br />

se samo odpovedali javnim manifestacijam, da<br />

ne bi med volivci vzbudili še več ksenofobije. Že<br />

iz Vašega vprašanja si lahko vsak predstavlja,<br />

da je do razcepa med nami junija 2004 prišlo<br />

zaradi različnih pogledov na metode našega<br />

boja. Globlje v to vprašanje pa raje ne bi šel.<br />

Kako pa gledate na Todorovića in njegove<br />

aktivnosti, ki so bile vsaj to poletje vsekakor medijsko<br />

učinkovite?<br />

Lahko le ponovim, kar sem od junija 2004<br />

gospodu Todoroviću že velikokrat rekel in<br />

napisal: „Če ne moremo več skupaj delati, se<br />

vsaj medsebojno ne napadajmo. Mi bomo<br />

podprli vse tvoje dobre iniciative – samo<br />

prenehaj z nepravičnimi napadi in z lažmi!“<br />

On s tem žal ni prenehal, kljub temu pa smo<br />

njegov zadnji javni protest na meji (julija)<br />

javno podprli, le od metode gladovne stavke<br />

smo se distancirali (zaradi ogrožanja življenj<br />

nedolžnih ljudi). Predvsem pa sem za Roma<br />

Alija Berisho, katerega usoda je bila glavni<br />

razlog za stavko, naredil konkretne korake, da<br />

bi mu omogočil vrnitev v Slovenijo po pravni<br />

poti. Postopki so v teku – gotovo je možno, da<br />

bodo tudi to neuspešno. A šele potem bodo<br />

morda tudi druge metode lahko učinkovitejše.<br />

32<br />

Kakšen razvoj pričakujete v naslednjih mesecih, s<br />

kakšnimi koraki je treba računati? In kdaj lahko<br />

pričakujemo rešitev?<br />

Edino upanje za nas so možni pritiski<br />

mednarodnih instanc, predvsem komisarja<br />

za človekove pravice gospoda Gila Roblesa in<br />

komisije proti nestrpnosti (ECRI) – oboje sta<br />

instituciji strassburškega Sveta Evrope (ne EU).<br />

Toda naša vlada ne kaže niti nasproti kritikam<br />

iz evropskih institucij nobenega spoštovanja.<br />

Največja sramota za Slovenijo kot domnevno<br />

pravno državo je morda dejstvo, da bi Slovenija<br />

s takšno, človekovim pravicam sovražno vlado,<br />

morala leta 2008 prevzeti predsedovanje EU. V<br />

tem svetu je res vse mogoče – le spoštovanje<br />

človekovih pravic nasproti njim sovražni<br />

državni oblasti je skoraj nedosegljivo.


Usodna privlačnost<br />

juga<br />

Odnos Slovencev do kulture bivših<br />

jugoslovanskih republik<br />

� Text: Tanja Petrović<br />

O AVTORJU – ZUR PERSON<br />

Tanja Petrović<br />

Tanja Petrović, jezikoslovka (diplomirala<br />

1998 in magistrirala 2002 v Beogradu,<br />

doktorirala 2005 v Ljubljani), zaposlena na<br />

Znanstvenoraziskovalnem centru v Ljubljani in<br />

Balkanološkem inštututu v Beogradu. Ukvarja<br />

se z antropološko lingvistiko, vprašanji manjšin<br />

ter kulturnimi procesi na prostorih bivše<br />

Jugoslavije – Tanja Petrović arbeitet als<br />

Sprachwissenschaftlerin (Diplom 1998, Magisterium<br />

2002 in Belgrad, Doktorat 2005 in<br />

Ljubljana) am Wissenschaftsforschungsinstitut<br />

in Ljubljana und am Institut für Balkanologie in<br />

Belgrad. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit<br />

antropologischer Linguistik, Minderheitenfragen<br />

und kulturellen Prozessen auf dem Gebiet<br />

des ehemaligen Jugoslawiens.<br />

Usodna privlačnost juga<br />

Maja 2004 je Republika Slovenija kot prva in najuspešnejša med državami na območju bivše<br />

Jugoslavije postala del velike evropske družine. V obdobju po praznovanju prve obletnice članstva<br />

v Evropski skupnosti in po štirinajstih letih samostojnosti Slovenije se mi zdi smiselno postaviti<br />

vprašanje, kakšen je odnos Slovenije in Slovencev do ostankov zapuščine nekoč skupne države. Po<br />

skoraj poldrugem desetletju propada skupne države, njene bivše republike na svetovnem političnem<br />

zemljevidu nastopajo kot neodvisne države in v skladu s tem, kljub nekaterim težavam in odprtim<br />

vprašanjem, čedalje bolj urejajo medsebojne odnose. Kaj pa je z individualnim in kolektivnim<br />

spominom, nastalim v teku sedemdesetih letih obstoja Jugoslavije? Jugoslovansko nasledstvo<br />

in skupni spomin, ki ju delijo nekdanji državljani Jugoslavije, ne glede na njihove medsebojne<br />

razlike in izvirno različne kulturne tradicije, v veliki meri še vedno oblikujeta na teh prostorih tudi<br />

odnos in distanco do drugega in tujcev: 1 tako na mednarodnih športnih dogodkih, kjer v primeru,<br />

da se “naša” nacionalna reprezentanca ne kvalificira ali izpade iz tekmovanja, bivši Jugoslovani<br />

navijamo za “druge naše”, torej za reprezentanco ene izmed nekdanjih jugoslovanskih republik. Iz<br />

istega razloga v prodajalnah CD plošč v Ljubljani glasba, ki nastaja na prostorih bivše Jugoslavije,<br />

ni razvrščena na policah skupaj s tujo glasbo, temveč ima poseben status in je označena kot „bivša<br />

domača glasba”. Odnos do bivših jugoslovanskih republik je ne nazadnje v Sloveniji drugačen tudi<br />

zaradi velikega števila ljudi, ki prihajajo iz tistih prostorov in so danes prebivalci ali državljani<br />

Republike Slovenije. Kakšen je pravzaprav ta odnos? Kako se oblikuje in kdo ga oblikuje?<br />

V nadaljevanju tega besedila bomo nekaj pozornosti posvetili odnosu Slovencev do Srbije in srbske<br />

kulture in ob tem skušali najti odgovor na predhodno postavljena vprašanja.<br />

V zadnjih letih Slovenci zelo radi hodijo v Srbijo. Po desetletju molčanja in ignoriranja je v Sloveniji<br />

nastopilo „ponovno odkrivanje” Srbije. In kakšna je ta Srbija? V seriji oddaj slovenske nacionalne<br />

33


Usodna privlačnost juga<br />

televizije „Čez planke”, kjer voditeljica<br />

predstavlja druge države in življenjske navade<br />

v teh državah, je bila ena oddaja namenjena<br />

spoznavanju Srbije in Črne gore. Srbija je bila<br />

predstavljena kot precej bizarno carstvo turbofolka,<br />

velik del oddaje so posvetili prav avtorjem<br />

in izvajalcem te glasbene zvrsti. V oddaji je bila<br />

na široko predstavljena Svetlana Ražnatović<br />

alias Ceca, s katero se je novinarka pogovarjala<br />

v prostorih nogometnega kluba „Obilić”,<br />

katerega direktorstvo je Ceca podedovala od<br />

ubitega moža Željka Ražnatovića Arkana, enega<br />

najhujših vojnih zločincev na prostoru bivše<br />

Jugoslavije. Scenarij oddaje je veliko prostora<br />

namenil tudi zelo nenavadnim osebnostim,<br />

kot je Giovanni, žigolo, ki obratuje v Vrnjački<br />

Banji, najbolj znanih srbskih toplicah, kjer<br />

za denar kratkočasi gospe v zrelih letih. Niti<br />

besede ni bilo namenjene srbskim pisateljem,<br />

igralcem, znanstvenikom. Niti besede o<br />

gledaliških, filmskih in glasbenih festivalih.<br />

Nič drugačne podobe Srbije ne ponujajo svojim<br />

klientom številne slovenske potovalne agencije,<br />

ki organizirajo tako obiske Beograda za novo<br />

leto in vikend popotovanja kot tradicionalna<br />

potovanja v Gučo na Sabor trubača. Med<br />

glavne atrakcije Beograda agencije predlagajo<br />

ogled hiše Cece Ražnatović in nepozabni<br />

žur na enem izmed beograjskih splavov na<br />

Savi, kjer se predvaja prepoznavna turbo-folk<br />

glasba.<br />

S tem ni nič narobe. Ponudba je odvisna v<br />

veliki meri od zahtev trga in potemtakem<br />

je razumljivo, da je taka, kot je: ponuja se<br />

pravzaprav to, kar je najlažje prodati. Pa vendar<br />

Slovenci poznajo tudi druge plati srbske kulture:<br />

poslušajo srbski rok, gledajo srbske gledališke<br />

predstave in filme. V Srbijo gredo tudi iz drugih<br />

razlogov in ne samo zaradi poceni zabave. O<br />

takšni Srbiji pa v slovenskih medijih ne slišimo<br />

34<br />

skoraj nič. Kaj povprečno informiranemu<br />

Slovencu pade na pamet, če ga povprašamo<br />

o glasbenem festivalu v Srbiji? Trobentači v<br />

Guči, seveda: par vročih avgustovskih dni nore<br />

zabave ob balkanski glasbi in balkanski hrani<br />

v močno alkoholizirani atmosferi. Kaj pa je z<br />

EXIT-om, največjim balkanskim festivalom<br />

sodobne glasbe, ki se je v tem letu že petič<br />

odvijal v Novem sadu? Na začetku julija 2005<br />

je na EXIT odpotovalo veliko mladih Slovenk<br />

in Slovencev. Tako kot leto poprej in leta pred<br />

tem. V slovenskem medijskem prostoru je<br />

vendarle ta dogodek dobil zelo malo prostora.<br />

Bilo je nekako tako: kdor je vedel in ga je<br />

dogajanje festivala zanimalo, je lahko o EXITu<br />

dobil informacije. Ostala javnost pa o tem<br />

ni mogla veliko zvedeti, saj so mediji o tem<br />

poročali zelo skopo. EXIT je urbani dogodek<br />

svetovnih razmer, pravi evropski festival na<br />

Balkanu. Zakaj nihče v Sloveniji ne govori o<br />

balkanski kulturi, ki je istočasno zelo evropska,<br />

ki je urbana in primerljiva s kulturo ostalih<br />

svetovnih metropol? Zakaj je za slovenski<br />

prostor zanimiv samo tisti del srbske kulture,<br />

ki ima močen priokus neokusa? Če bi šlo za<br />

državo, ki je od Slovenije oddaljena tisoče<br />

kilometrov in o kateri Slovenci vedo zelo malo,<br />

bi lahko poiskali razlago v nerazumevanju<br />

in nevednosti. Tukaj pa očitno gre za nekaj<br />

drugega.<br />

Čeprav si nekateri slovenski intelektualci<br />

prisotnost jugonostalgije med Slovenci in<br />

njihova potovanja v Srbijo razlagajo z izključno<br />

ekonomskega vidika ter navajajo kot pararelni<br />

primer današnjim potovanjem v Srbijo<br />

potovanja na Češkoslovaško pred leti, je težko<br />

verjeti, da mladi Slovenci množično praznujejo<br />

novo leto v Beogradu samo zato, kjer je tam<br />

vse poceni. Je mogoče povod za obisk tudi to,<br />

da v novoletni noči na beograjskih trgih igrajo


najbolj znane srbske rok in pop skupine, ki<br />

so drugače zelo priljubljene tudi v Sloveniji?<br />

So mogoče koncerti Ramba Amadeusa, „Van<br />

Gogha”, „Darkwood duba” in ostalih – torej<br />

spet zelo urbani glasbeni dogodek, ki ga Beograd<br />

za vsako novo leto ponuja svojim prebivalcem<br />

in gostom – to, kar mlade Slovenke in Slovence<br />

vleče v srbsko prestolnico? Ne nazadnje, kaj<br />

pa so Slovenci (in vsi ostali) vedeli o češki in<br />

slovaški glasbi in kulturi, ko so tja množično<br />

potovali na zelo poceni zimske počitnice?<br />

Še bolj jasno se pokaže, da ekonomska razlaga<br />

zanimanja Slovencev za Srbijo ni ne edina<br />

ne najbolj verjetna, če pogledamo sodobno<br />

kulturno produkcijo na slovenskem prostoru:<br />

kot primer lahko navedemo sodobno slovensko<br />

kinematografijo. Trije najbolj gledani slovenski<br />

filmi po letu 1991 so „Kajmak in marmelada”<br />

(2003), „Outsider” (1997) in „Nikogršnja<br />

zemlja” (2001) 2 . Prvi na lestvici, “Kajmak in<br />

marmelada”, je zgodba o ljubezni med Slovenko<br />

in Bosancem. Avtor filma in nosilec glavne<br />

vloge, Branko Ðurić (sarajevski igralec, ki že<br />

vrsto let živi v Ljubljani, znan na celotnem<br />

prostoru bivše Jugoslavije po vlogi v legendarni<br />

TV nadaljevanki iz osemdesetih let „Top lista<br />

nadrealista” in član nekdanje rock-skupine<br />

„Bombaj štampa”), se v filmu subtilno igra s<br />

stereotipi o Slovencih in Bosancih, nastalimi<br />

v njihovem neposrednem stiku bivanja v<br />

slovenskem prostoru. Film „Outsider” (režija<br />

Andrej Košak) govori o težavah mladeniča<br />

iz etnično mešanega zakona: oče je bosanski<br />

oficir JLA, mati pa Slovenka, gospodinja.<br />

Družina se zaradi očetove službe pogosto<br />

seli po celi Jugoslaviji, zgodba pa se začne z<br />

njenim prihodom v Ljubljano leta 1979. V<br />

filmu se togi principi jugoslovanskega oficirja<br />

soočajo s pogledi njegovega sina, oblikovanimi<br />

pod močnim vplivom ljubljanske punk-<br />

Usodna privlačnost juga<br />

kulture. Tretji na lestvici je film „Nikogaršnja<br />

zemlja” (režija Danis Tanović), čigar zgodba je<br />

umeščena v z vojno zajeto Bosno in obravnava<br />

usodo treh vojakov, pripadajočim sovražnim<br />

vojskami, ki se znajdejo na nikogaršnji zemlji.<br />

Kot je razvidno iz pravkar podanih kratkih<br />

opisov, so vsi trije najbolj gledani slovenski<br />

filmi v samostojni Sloveniji tako ali drugače<br />

povezani z bivšo Jugoslavijo. Filmski kritik in<br />

teoretik Marcel Stefančič jr. je napisal, da „če<br />

hoče slovenski film zelo potegniti in postati<br />

mega hit, mora biti zgodba nekako povezana<br />

z bivšo Jugoslavijo… Če hoče slovenski film<br />

v Sloveniji uspeti, ne sme ignorirati Bosancev,<br />

‘Bosancev’ (splošni naziv za vse, ki prihajajo<br />

južno od reke Kolpe, T. P.) in drugih ‘južnjakov’.<br />

Jug je del formule za uspeh.” 3 Skupno znanje in<br />

skupni spomini na jugoslovanski prostor očitno<br />

še vedno v veliki meri vplivajo na kulturno<br />

podobo post-jugoslovanskih družb.<br />

Če je že tako, kako lahko razložimo poudarjanje<br />

zgolj zelo drugačnih in zelo bizarnih aspektov<br />

srbske kulture v slovenskem javnem diskurzu?<br />

In, če vprašanje postavimo na raven „navadnih<br />

ljudi”, tj. porabnikov kulture – zakaj Slovenci<br />

množično obožujejo Ceco Ražnatović in na<br />

„saboru” v Guči nosijo majice s portreti haaških<br />

obtožencev Ratka Mladića in Radovana<br />

Karadžića? Beograjski novinar Teofil Pančić v<br />

tedniku „Vreme” to slovensko oboževanje srbskih<br />

bizarnosti, ta „antiglobalizacijski turizem”,<br />

razlaga kot del širšega „turbolevičarskega<br />

diskurza, ki nasprotuje establišmentu, Evropski<br />

skupnosti in zvezi NATO”. Kot nekdo, ki že pet<br />

let živi med Beogradom in Ljubljano ter dobro<br />

pozna situacijo v obeh okoljih in se v obeh počuti<br />

doma, lahko ponudim bolj kompleksen odgovor<br />

na postavljeno vprašanje, odgovor, ki ima dva<br />

dela, ki sta med sabo vseskozi povezana, saj se<br />

prepletata in podpirata. Orientalizirana podoba<br />

35


Usodna privlačnost juga<br />

Srbije kot hedonističnega raja za radovedne,<br />

zabave željne in od resnega dela utrujene<br />

slovenske turiste, raja, polnega bizarnih scen<br />

in oseb, je en izmed načinov, kako slovenska<br />

družba, posebno ta njen del, ki sodeluje v<br />

oblikovanju javnega mnenja, poskuša upravičiti<br />

pojav ti. „jugonostalgije”, zelo prisoten na vseh<br />

prostorih bivše države. Jugonostalgija se namreč<br />

marsikaterim zdi neprimerna in nezdružljiva<br />

z zgodbo o uspehu samostojne Slovenije.<br />

Zanimanje za Srbijo in ohranjevanje skupnega<br />

kulturnega prostora je nekaterim lažje sprejeti<br />

v kolonizacijskem ključu, kot zanimanje za<br />

nekaj, kar je zelo drugačno in zelo oddaljeno, pri<br />

čemer ni nevarnosti identifikacije – z bizarnimi<br />

scenami čaščenja vojnih zločincev ali tem,<br />

kar se dogaja na „določeni vrsti beograjskih<br />

splavov”, se je namreč težko identificirati, razen<br />

na sproščenih, razposajenih in neobvezujočih<br />

počitnicah. Vse to je zelo daleč od doma, kjer<br />

je resno življenje. Doma je Evropa. „Normalne”,<br />

evropske, urbane, univerzalno ovrednotene<br />

manifestacije kulture, kot je recimo srbska, se pri<br />

tem, razumljivo, ignorirajo. Drugi del odgovora<br />

je povezan s vsesplošno komercializacijo<br />

slovenske družbe in njenih vrednot: vredno<br />

in sprejemljivo je to, kar je najlažje prodati, in<br />

tukaj se vse bolj pogosto končajo vse razprave<br />

o kakovosti in okusu. 4 V takem diskurzu<br />

se da vse relativizirati; tako je že omenjana<br />

Ceca Ražnatović dobila neverjeten prostor v<br />

slovenskih medijih v času njenega koncerta v<br />

maju l. 2005, celo na nacionalni televiziji, ki<br />

naj bi skrbela za kulturno politiko v državi.<br />

Povezano s prvim delom odgovora pa je dejstvo,<br />

da je omenjena gospa na veliko reklamirana kot<br />

„ikona srbske glasbe”, in se je v medijih celo<br />

pojavljal argument, da njen koncert v slovenski<br />

prestolnici potrjuje, da se v Sloveniji skrbi za<br />

kulturne potrebe Srbov, ki v tej državi živijo v<br />

36<br />

velikem številu. Argument, ki ga je veliko Srbov<br />

v Sloveniji (vključno z avtorico tega besedila)<br />

doživelo kot žaljiv, saj so zanje C. Ražnatović<br />

in njen soprog ter njena glasba najizrazitejši<br />

simbol časov in vrednot režima Slobodana<br />

Miloševića, zaradi katerega je nenazadnje<br />

veliko od njih tudi zapustilo Srbijo. Čeprav to ni<br />

dejstvo, ki je v Sloveniji neznano, je izenačevanje<br />

vseh že preverjeno učinkovit mehanizem<br />

orientalizacije. Lahkotno sprejemanje takih<br />

vrednot in takih mehanizmov, ki so zadnje<br />

čase značilni za slovensko družbo, bi težko<br />

ne povezali s trenutno politično in družbeno<br />

situacijo v Republiki Sloveniji. Kot se zdi, je<br />

ravno današnji čas, bolj kot kadarkoli pred tem,<br />

ožigosan s pomanjkanjem politične in družbene<br />

angažiranosti kulturnih delavcev. Ali pa je<br />

naključje, da je prav skupina „Laibach”, za katero<br />

lahko rečemo, da je prava „slovenska glasbena<br />

ikona”, in to po svetovno priznanih merilih, in<br />

istočasno ena izmed redkih glasbenih skupin na<br />

slovenski sceni, katerih člani ob muziki izražajo<br />

tudi čvrsto politično stališče in zagovarjajo<br />

določene družbene vrednote, dobila drastično<br />

zmanjšano denarno podporo Ministrstva za<br />

kulturo Republike Slovenije, ki sofinancira<br />

najkvalitetnejše izvajalce javnih kulturnih<br />

programov s področja uprizoritvene, glasbene,<br />

vizualne ter intermedijske umetnosti? 5<br />

OPOMBE<br />

1 Prav zaradi skupne zgodovine večnacionalne države Jugoslavije šteje<br />

zgodovinarka Maria Todorova Slovenijo za del Balkana, ker “zgodovine<br />

Balkana v 20. stoletju ni možno predstaviti, če se območje nekdanje<br />

Jugoslavije ne obravnava kot celota” (prim. Maria Todorova, Introduction:<br />

Learning Memory, Remembering Identity, v: “Balkan Identities, Nation and<br />

Memory”, Maria Todorova (ed.), New York: New York University Press 2004,<br />

str. 13, opomba 27).<br />

2 Vir: Več kot 100.000 gledalcev, “Mladina”, 5. januar 2004.<br />

3 Več kot 100.000 gledalcev, “Mladina”, 5. januar 2004.<br />

4 To je, recimo, bilo zelo razvidno v diskusiji o slovenskem turbo-folku v oddaji<br />

“Trenja” na POP-TV 3. februarja 2005.<br />

5 Prim. Izjavo za javnost skupine „Laibach” ob vložitvi tožbe zoper državo v<br />

časopisu „RockOnNet”, 11. marec 2005, http://www.rockonnet.com/clanek.<br />

php?id=2&article=2930.


Schicksalhafter Charme des<br />

Südens<br />

Die Beziehung der Slowenen zur<br />

Kultur der ehemaligen jugoslawischen<br />

Teilrepubliken<br />

Im Mai 2004 wurde Slowenien als erster und<br />

erfolgreichster der auf dem Gebiet des ehemaligen<br />

Jugoslawiens entstandenen Staaten Teil<br />

der großen europäischen Familie. In der Zeit<br />

nach den Feiern anlässlich der einjährigen Mitgliedschaft<br />

in der EU und nach 14 Jahren der<br />

Unabhängigkeit Sloweniens erscheint es mir<br />

sinnvoll, sich die Frage zu stellen, wie die Beziehung<br />

Sloweniens und seiner Bürger zum<br />

Rest des einstigen gemeinsamen Staates aussieht.<br />

Fast eineinhalb Jahrzehnte nach dem<br />

Zerfall Jugoslawiens versuchen die ehemaligen<br />

Teilrepubliken als unabhängige Staaten, trotz<br />

verschiedener Probleme und offener Fragen, die<br />

zwischenstaatlichen Beziehungen zu verbessern.<br />

Wie aber verhält es sich mit der individuellen<br />

und kollektiven Erinnerung, die im Laufe<br />

des über 70-jährigen Bestehens Jugoslawiens<br />

entstanden ist? Die gemeinsame Erinnerung,<br />

die die ehemaligen Bürger Jugoslawiens ungeachtet<br />

ihrer kulturellen Unterschiede miteinander<br />

teilen, stellt noch immer in großem Maße<br />

sowohl Nähe als auch Distanz zum Anderen<br />

und auch gegenüber Dritten her. 1 Das tritt beispielsweise<br />

bei internationalen Sportereignissen<br />

zutage: Wenn „unsere“ Nationalmannschaft<br />

ausscheidet, drücken wir als vormalige<br />

Jugoslawen für „unser ehemaliges“ Team, d. h.<br />

für die Mannschaft einer der ehemaligen Teilrepubliken<br />

Jugoslawiens die Daumen. Dasselbe<br />

gilt für die Musikgeschäfte, wo auf dem Gebiet<br />

des ehemaligen Jugoslawiens produzierte<br />

Schicksalhafter Charme des Südens<br />

Musik nicht internationalen Gruppen zugeordnet<br />

wird, sondern als „ehemalige jugoslawische<br />

Musik“ einen besonderen Status einnimmt.<br />

Die Beziehung gegenüber den anderen<br />

ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken ist<br />

in Slowenien schon deswegen eine besondere,<br />

weil viele Bürger des ehemaligen Jugoslawiens<br />

heute Einwohner oder sogar Staatsbürger Sloweniens<br />

sind. Wie sieht diese Beziehung aus<br />

und wie ist sie entstanden?<br />

In weiterer Folge wird in diesem Artikel das<br />

Augenmerk auf die Beziehung der Slowenen<br />

zu den Serben und deren Kultur gerichtet, wobei<br />

der Versuch unternommen wird, Antworten<br />

auf die zuvor gestellten Fragen zu finden.<br />

Viele Slowenen besuchen seit einigen Jahren<br />

immer häufiger Serbien. Nach einem Jahrzehnt<br />

der „Eiszeit“ wird Serbien von den Slowenen<br />

„aufs Neue entdeckt“. Wie sieht dieser Staat<br />

aus? Eine Folge der Serie Čez planke (Über die<br />

Zaunlatte) im staatlichen slowenischen Fernsehen,<br />

in der andere Länder und deren Bräuche<br />

vorgestellt werden, wurde Serbien und Montenegro<br />

gewidmet. Serbien wurde als ein bizarres<br />

Reich des Turbofolks (eine Mischung aus<br />

Disco, Rap, Techno, Bauchtanz und serbischen<br />

Liedern) präsentiert, und einen Großteil der<br />

Sendung widmete man den Interpreten dieser<br />

Musikrichtung. Mit Svetlana Ražnatović alias<br />

Ceca führte eine Journalistin in den Räumen<br />

des Fußballklubs Obilić ein Interview. Die<br />

Leitung des Klubs erbte sie von ihrem getöteten<br />

Mann Željko Ražnatović alias Arkan, der<br />

als einer der größten Kriegsverbrecher im ehemaligen<br />

Jugoslawien gilt. In der Sendung erschienen<br />

auch viele außergewöhnliche Persönlichkeiten,<br />

wie z. B. Giovanni, ein Gigolo, der<br />

in Vrnjačka Banja, dem bekanntesten Kurort<br />

Serbiens, aktiv ist und für Geld Damen reiferen<br />

Alters die Langeweile vertreibt. Kein Wort<br />

37


Schicksalhafter Charme des Südens<br />

über serbische Schriftsteller, Schauspieler und<br />

Forscher. Kein Wort über Theater-, Film- oder<br />

Musikfestivals.<br />

Ein ähnliches Bild von Serbien wird von den<br />

slowenischen Reisebüros vermittelt, die Silvester-Reisen<br />

nach Belgrad, Wochenendausflüge<br />

oder längere Reisen nach Guča zum Turbofolk-<br />

Festival (Sabor Trubača) organisieren. Zu den<br />

von den Reisebüros angebotenen Topattraktionen<br />

von Belgrad zählt das Haus von „Ceca“<br />

Ražnatovič und eine unvergessliche Party auf<br />

einem Floß auf der Save mit Turbofolkmusik.<br />

Weil das Angebot von der Nachfrage bestimmt<br />

wird, ist es verständlich, das das offeriert wird,<br />

was sich am besten verkaufen lässt. Dennoch<br />

kennen die Slowenen auch andere Seiten der<br />

serbischen Kultur: Sie hören serbische Rockmusik,<br />

besuchen serbische Theaterstücke und sehen<br />

sich serbische Filme an. Billige Partys sind<br />

nicht der einzige Grund, warum die Slowenen<br />

nach Serbien fahren. Doch über diese andere<br />

Seite Serbiens wird in den slowenischen Medien<br />

fast gar nichts berichtet.<br />

Was fällt einem durchschnittlich informierten<br />

Slowenen ein, wenn man ihn über ein Musikfestival<br />

in Serbien befragt? Die Trompeter<br />

in Guča, einige heiße Sommertage im August<br />

mit wilder Partylaune, balkanischer Musik<br />

und balkanischem Essen in einer alkoholgetränkten<br />

Atmosphäre. Was ist mit dem EXIT,<br />

einem der größten Festivals für moderne Musik<br />

auf dem Balkan, das im Jahre 2005 in Novi<br />

Sad schon zum fünften Mal veranstaltet wurde?<br />

Anfang Juli 2005 nahmen viele junge Slowenen<br />

und Sloweninnen an dieser Veranstaltung<br />

teil, wie bereits 2004 und in den Jahren<br />

davor. In den slowenischen Medien wurde diesem<br />

Ereignis aber nur wenig Platz eingeräumt,<br />

obwohl EXIT ein Festival von internationaler<br />

Dimension ist. Warum spricht kein Mensch in<br />

38<br />

Slowenien über die Kultur des Balkans, die zugleich<br />

sehr europäisch, urban und mit der Kultur<br />

von Weltmetropolen vergleichbar ist? Warum<br />

ist für Slowenien nur derjenige Teil der<br />

serbischen Kultur interessant, der einen starken<br />

Geruch von Geschmacklosigkeit hat? Wenn es<br />

um einen Staat ginge, der Tausende Kilometer<br />

von Slowenien entfernt wäre und über den die<br />

Slowenen nur wenig Ahnung hätten, könnte<br />

man die Erklärung in Unwissenheit und Unverständnis<br />

suchen. Hier handelt es sich aber<br />

offensichtlich um etwas anderes.<br />

Obwohl einige slowenische Intellektuelle die<br />

„Jugonostalgie“ unter den Slowenen und deren<br />

Reisen nach Serbien ausschließlich mit<br />

wirtschaftlichen Aspekten begründen und als<br />

paralleles Beispiel die Reisen in die Tschechoslowakei<br />

vor einigen Jahren anführen, ist es<br />

schwer vorstellbar, dass die Slowenen massenweise<br />

das neue Jahr in Belgrad feiern, nur weil<br />

dort alles billig ist. Kann es auch daran liegen,<br />

dass in der Silvesternacht in den Straßen von<br />

Belgrad die bekanntesten serbischen Rock &<br />

Pop Gruppen auftreten, die auch in Slowenien<br />

sehr populär sind? Sind vielleicht die Konzerte<br />

von Rambo Amadeus, Van Gogh, Darkwood dub<br />

und anderen – also wiederum ein urbanes Musikereignis<br />

– das die Stadt Belgrad jedes Jahr<br />

zu Silvester für die Bürger und Gäste veranstaltet,<br />

gerade das, was die jungen Slowenen an<br />

der serbischen Metropole so fasziniert? Und<br />

nicht zuletzt: Was wussten die Slowenen (und<br />

auch all die anderen) über die tschechische und<br />

slowakische Musik und Kultur, als sie massenweise<br />

dorthin auf billigen Winterurlaub gefahren<br />

sind?<br />

Es zeigt sich, dass das slowenische Interesse an<br />

Serbien nicht alleine mit wirtschaftlichen Faktoren<br />

zu erklären ist, vor allem wenn wir einen<br />

Blick auf die moderne slowenische Kulturpro-


duktion werfen. Als Beispiel könnte man die<br />

zeitgenössische slowenische Filmproduktion<br />

anführen. Die drei beliebtesten slowenischen<br />

Filme nach 1991 sind Kajmak in marmelada<br />

(Kajmak und Marmelade), 2003; Outsider, 1997<br />

und Nikogaršnja zemlja (Niemandsland), 2001.<br />

Der auf Platz eins der Beliebtheitsskala rangierende<br />

Film Kajmak in marmelada mit mehr als<br />

100.000 Zuschauern 2 ist eine Liebesgeschichte<br />

zwischen einer Slowenin und einem Bosnier.<br />

Der Filmautor und Hauptdarsteller Branko<br />

Jurić 3 spielt im Film mit den gegenseitigen Vorurteilen,<br />

die Slowenen und Bosnier voneinander<br />

haben. Der Film Outsider (Regisseur Andrej<br />

Košak) zeigt die Probleme eines Jugendlichen<br />

aus einer Mischehe: Sein bosnischer Vater war<br />

Offizier in der JNA (Jugoslovenska Narodna<br />

Armija/Jugoslawische Volksarmee) und seine<br />

Mutter slowenische Hausfrau. Die Arbeit des<br />

Vaters verlangt von der Familie häufige Übersiedlungen.<br />

Die Geschichte beginnt mit deren<br />

Ankunft in Ljubljana im Jahre 1979. Im Film<br />

kollidieren die starren Prinzipien des jugoslawischen<br />

Offiziers und die Denkweise seines Sohnes,<br />

die stark von der Punk-Kultur in Ljubljana<br />

beeinflusst ist. Der dritte Film auf der Beliebtheitsskala,<br />

Nikogaršnja zemlja (Regisseur Danis<br />

Tanović), spielt im bosnischen Kriegsgebiet<br />

und berichtet vom Schicksal dreier Soldaten,<br />

die verschiedenen feindlichen Armeen angehören<br />

und im Niemandsland aufeinander treffen.<br />

Die drei beliebtesten slowenischen Filme sind<br />

also auf irgendeine Weise mit dem ehemaligen<br />

Jugoslawien verbunden. Der Filmkritiker Marcel<br />

Stefančič meint dazu: „Wenn ein slowenischer<br />

Film erfolgreich oder sogar ein Megahit<br />

werden sollte, muss die Geschichte irgendwie<br />

mit dem ehemaligen Jugoslawien verbunden<br />

sein. […] Wenn ein slowenischer Film Erfolg<br />

haben will, darf er die ,Bosnier’ 4 und andere<br />

Schicksalhafter Charme des Südens<br />

,Südländer’ 5 nicht ignorieren. Der Süden ist<br />

eine Erfolgsgarantie“. Die gemeinsame Erinnerung<br />

an das ehemalige Jugoslawien trägt noch<br />

immer viel zur kulturellen Ausprägung der<br />

postjugoslawischen Gesellschaften bei.<br />

Wie kann man sich indessen die Betonung<br />

der sehr unterschiedlichen Rezeption der verschiedenen,<br />

zum Teil bizarren Aspekte der<br />

serbischen Kultur in der slowenischen Öffentlichkeit<br />

erklären? Stellen wir die Frage vom<br />

Niveau „der einfachen Leute“, d. h. der Kulturverbraucher,<br />

aus: Warum vergöttern die Slowenen<br />

massenweise „Ceca“ Ražnatović und wieso<br />

tragen sie beim Sabor in Guča T-Shirts mit<br />

der Porträts der Kriegsverbrecher Ratko Mladić<br />

und Radovan Karadžić? Der Belgrader Journalist<br />

Teofil Pančić beschreibt in der Wochenzeitung<br />

Vreme die slowenische Verherrlichung<br />

der serbischen Absonderlichkeit und den „Antiglobalisierungstourismus“<br />

als einen Teil des<br />

breiten „turbolinken Diskurses, der sich gegen<br />

das politische Establishment, die EU und die<br />

NATO richtet.“ Als jemand, der schon fünf<br />

Jahre zwischen Belgrad und Ljubljana lebt,<br />

die beiden Umfelder sehr gut kennt und sich<br />

in beiden zuhause fühlt, kann ich eine komplexere,<br />

aus zwei Teilen bestehende Antwort<br />

auf die gestellte Frage geben: Das orientalisierte<br />

Bild Serbiens als ein hedonistisches Paradies<br />

für die Neugierige, Partyhungrige und slowenische<br />

Touristen, die des Alltagstrotts überdrüssig<br />

sind, ein Paradies voll bizarrer Szenen<br />

und Personen, ist nur eine Möglichkeit, die so<br />

genannte „Jugonostalgie“, die in allen Ländern<br />

des ehemaligen Jugoslawien existiert, zu rechtfertigen.<br />

Diese „Jugonostalgie“ scheint vielen<br />

mit der Erfolgsgeschichte des unabhängigen<br />

Sloweniens unvereinbar. Das Interesse für Serbien<br />

und die Beibehaltung des gemeinsamen<br />

Kulturraumes ist für einige leichter im Sinne<br />

39


Schicksalhafter Charme des Südens<br />

eines Interesse für etwas, das anders und weit<br />

weg ist, wobei keine Identifikationsgefahr besteht,<br />

zu verstehen – mit bizarren Szenen der<br />

Ehrung von Kriegsverbrechern oder mit dem,<br />

was auf gewissen Belgrader Flößen passiert,<br />

kann man sich nur schwer identifizieren. Dies<br />

gelingt nur in ungezwungener und ausgelassener<br />

Urlaubsatmosphäre. All dies passiert weit<br />

weg von zu Hause, wo sich das ernste Leben<br />

abspielt. Zu Hause wartet Europa. „Normale“,<br />

europäische, urbane, universell bewertbare<br />

Kulturmanifestationen werden dabei logischerweise<br />

ignoriert. Der zweite Teil der Antwort<br />

hängt mit der allgemeinen Kommerzialisierung<br />

der slowenischen Gesellschaft und ihrer<br />

Werte zusammen: Wertvoll und akzeptabel ist<br />

nur das, was sich verkaufen lässt, und an diesem<br />

Punkt enden immer öfter die Diskussionen<br />

über Qualität und Geschmack 6 . In einem<br />

solchen Diskurs kann man alles relativieren;<br />

die bereits erwähnte „Ceca“ Ražnatović bekam<br />

zur Zeit ihres Konzerts in Ljubljana im Mai<br />

2005 unglaublich viel Raum in den slowenischen<br />

Medien, sogar im staatlichen Fernsehen,<br />

das eigentlich einen Kulturauftrag zu erfüllen<br />

hätte. Mit dem ersten Teil der Antwort ist der<br />

Umstand verbunden, dass die genannte Sängerin<br />

sehr häufig als „Ikone der serbischen Musik“<br />

angesehen wird und in den Medien sogar<br />

das Argument auftauchte, dass ihr Konzert in<br />

der slowenischen Metropole gezeigt habe, dass<br />

die Slowenen auch an die Kulturbedürfnisse<br />

der zahlreichen in Slowenien lebenden Serben<br />

denken. Ein Argument, das viele Serben in Slowenien<br />

(einschließlich der Autorin dieses Artikels)<br />

als sehr beleidigend empfanden, da für<br />

diese Menschen sowohl „Ceca“ Ražnatović,<br />

ihr Ehemann wie auch ihre Musik das bezeichndste<br />

Symbol für das Miloševič-Regime<br />

sind und viele Serben wegen der damaligen po-<br />

40<br />

litischen Situation das Land verlassen haben.<br />

Dieser Umstand ist in Slowenien nicht unbekannt,<br />

und das „Über-den-Kamm-Scheren“ aller<br />

stellt einen bewährten Mechanismus des<br />

Orientalismus dar. Die unreflektierte Annahme<br />

solcher Mechanismen, die in der letzten<br />

Zeit für die slowenische Gesellschaft charakteristisch<br />

sind, lässt sich mit der derzeitigen<br />

politischen und gesellschaftlichen Situation in<br />

Slowenien erklären. Wie es scheint, ist gerade<br />

die heutige Zeit – mehr als je zuvor – durch<br />

den Mangel an politischem und gesellschaftlichem<br />

Engagement der Kulturschaffenden geprägt.<br />

Oder ist es nur ein Zufall, dass das Kulturministerium<br />

ausgerechnet der Musikgruppe<br />

Laibach, die man nach internationalen Maßstäben<br />

wahrlich als „slowenische Musikikone“<br />

bezeichnen kann und die zugleich eine der<br />

wenigen slowenischen Musikgruppen ist, deren<br />

Mitglieder politische Positionen einnehmen<br />

und für bestimmte gesellschaftliche Werte eintreten,<br />

die Subventionen drastisch kürzte? 7<br />

ANMERKUNGEN<br />

1 Gerade wegen der gemeinsamen Geschichte im Vielvölkerstaat Jugoslawien<br />

zählt die Historikerin Maria Todorova Slowenien zu einem Teil des Balkans.<br />

Man könne nämlich „die Geschichte des Balkans im 20. Jahrhundert nicht<br />

richtig darstellen, wenn man das Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens nicht<br />

als eine Einheit betrachtet“ (vgl. Maria Todorova, Intoduction: Learning<br />

Memory, Remembering Identity, in: Maria Todorova (Hg.), Balkan Identities,<br />

Nation and Memory. New York 2004, S. 13.<br />

2 Mladina, 5.1.2004.<br />

3 Schauspieler aus Sarajevo, der schon viele Jahre in Ljubljana lebt und<br />

der im ehemaligen Jugoslawien wegen seiner Rolle in der legendären TV-<br />

Serie aus den 80-er Jahren Top lista nadrealista (Topliste des Surrealisten)<br />

bekannt ist und auch Mitglied der Rock-Gruppe Bombaj štampa war.<br />

4 Sammelbegriff für alle Bewohner südlich des Flusses Kolpa.<br />

5 Auf Slowenisch južnjaki: Bezeichnug für die Bewohner der südlichen<br />

ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken.<br />

6 Dies kam z. B. in der Diskussion über die slowenische Turbofolkmusik in der<br />

Sendung „Trenja“ (POP TV) am 3.2.2005 zum Ausdruck.<br />

7 Vgl. Öffentlichkeitserklärung der Musikgruppe Laibach anlässlich der<br />

Klageerhebung gegenüber dem Staat Slowenien in der Zeitschrift RockOnNet<br />

(www.rockonnet.com/clanek.php?id=2&article=2930), 11.3.2005.


Zeit der Übergänge in Europa<br />

Ein Thesenpapier<br />

� Text: Wolfgang Petritsch<br />

Zeit der Übergänge in Europa<br />

Das nachfolgend wiedergegebene Thesenpapier wurde für den Pfingstdialog auf Schloss Seggau (11.<br />

bis 14. Mai 2005) vorbereitet und im Rahmen des Forums Politik am 12. Mai – also noch vor der<br />

Ablehnung des EU-Verfassungsvertrages durch Frankreich und die Niederlande – präsentiert.<br />

Der Titel des Forums Politik „Zeit der Übergänge in Europa“ drückt die vorherrschende europäische<br />

Befindlichkeit treffend aus. Europa befindet sich in der Tat in einer Phase der Übergänge<br />

– „Übergang“ im Singular wäre zu wenig, um den widersprüchlichen Zustand des Kontinents zu<br />

beschreiben; ein Blick zu unseren Nachbarn genügt: Vor genau einem Jahr hat die EU ihre bislang<br />

größte Erweiterung erfahren. Zehn neue Staaten, darunter unsere östlichen, nördlichen und südlichen<br />

Nachbarn, sind der Union beigetreten. Vor wenigen Tagen (am 25. April) haben Bulgarien<br />

und Rumänien in Brüssel ihre Beitrittsverträge unterschrieben, beide sollen voraussichtlich 2007<br />

beitreten. Kroatien wird derzeit noch von einem General – den in seiner Heimat viele immer noch<br />

für einen Helden halten, der jedoch vom Haager Tribunal der Kriegsverbrechen bezichtigt wird<br />

– vom Verhandlungsbeginn abgehalten; die europäische Ampel steht dort derzeit auf „gelb“.<br />

„Wie geht es weiter?“ lautet die Titel-Frage. Um einigermaßen treffsicher die Frage nach der zukünftigen<br />

Entwicklung Europas beantworten zu können, muss nach dem „Woher kommen wir?“<br />

und „Wo stehen wir heute?“ geforscht werden. Eines steht fest: Die Europäische Union präsentiert<br />

sich in diesen Tagen nicht in bester Verfassung. Wenn es in diesem Europa überhaupt zu einem<br />

die nationalen Grenzen überschreitenden öffentlichen Diskurs kommt, dann – fast ausschließlich<br />

– über negativ besetzte Themen.<br />

Was sind im Augenblick die dominanten „europäischen“ Themen?<br />

• Das drohende „Nein“ der Franzosen zur EU-Verfassung und die Suche nach einem „Plan B“,<br />

• Arbeitsplätze, die ostwärts wandern (wobei der „Osten“ immer öfter in China oder Indien<br />

liegt),<br />

• der Euro als „Teuro“,<br />

• „grenzenlose“ Kriminalität,<br />

41


Zeit der Übergänge in Europa<br />

• illegale Arbeitskräfte, zunehmender Migrationsdruck,<br />

• das Versagen „der EU“ oder „Brüssels“ angesichts<br />

rasanter Globalisierung<br />

• und natürlich das Thema „Türkei“.<br />

Diese Stichworte verweisen auf ein diffuses<br />

Unbehagen – eine EU-Skepsis – weiter Bevölkerungskreise,<br />

das sich im Stimmverhalten bei<br />

europäischen Urnengängen (und immer öfter<br />

auch bei lokalen Wahlen) manifestiert.<br />

Europa ist in Europa nicht beliebt. Auch in<br />

Österreich ist die EU-Begeisterung an einem<br />

neuerlichen Tiefpunkt angelangt, die europäische<br />

Identität ist so schwach ausgeprägt wie<br />

seit zehn Jahren nicht. Nur 30 Prozent sehen<br />

die EU als eine gute Sache an – bloß im traditionell<br />

EU-abgewandten Großbritannien gibt<br />

es mit 29 Prozent noch weniger Zustimmung.<br />

Die Negativwahrnehmung der EU erreicht<br />

derzeit europaweit neue Höhepunkte, obgleich<br />

es Entwicklungen gibt, die (gerade aus österreichischer<br />

Sicht) zweifellos die Bezeichnung<br />

„historisch“ verdienen.<br />

Denn: Die jüngste Erweiterung um acht zentral-<br />

und osteuropäische Staaten bedeutet:<br />

• das Ende der Zweiteilung Europas und damit<br />

• die „Rückkehr“ Österreichs ins Zentrum<br />

des Kontinents;<br />

• die tatsächliche „Erweiterung“ der wirtschaftlichen<br />

Möglichkeiten (wird besonders<br />

von Österreichs Klein- und Mittelbetrieben<br />

und Banken genutzt);<br />

• vor allem aber bedeutet die jüngste EU-Erweiterung<br />

die Ausdehnung und Konsolidierung<br />

der Sicherheits- und Friedenszone Europa<br />

Richtung Osten und Südosten.<br />

Allerdings: Die gewaltigen Herausforderungen<br />

42<br />

und Probleme, mit denen das europäische Einigungsprojekt<br />

konfrontiert ist, dürfen keinesfalls<br />

klein geredet werden – sie sind sowohl endogener<br />

als auch exogener Natur.<br />

Die EU befindet sich in einer „Transformationskrise“.<br />

• Die EU-Verfassung ist Chiffre und Synonym<br />

für den Anfang vom Ende des europäischen<br />

Nationalstaates, der ohnehin bereits<br />

viele seiner Funktionen eingebüßt hat.<br />

Die Verfassung schafft etwa mit dem Amt<br />

des Präsidenten und des Außenministers<br />

erstmals eine sichtbare EU-Repräsentanz;<br />

das aufgewertete EU-Parlament würde in<br />

zunehmenden Maße gemeinsam mit der<br />

Staatenvertretung im Rat über die europäischen<br />

Gesetze entscheiden. Schließlich<br />

sieht die europäische Verfassung die längst<br />

überfällige Vereinfachung der komplexen<br />

innereuropäischen Entscheidungsabläufe<br />

vor. Das mit 350 Seiten voluminös ausgefallene<br />

Dokument signalisiert sowohl effizientere<br />

Entscheidungsregeln für die EU-<br />

Institutionen als auch mehr Einfluss der<br />

Bürger und des EU-Parlamentes; kurz, das<br />

dringend notwendige demokratische Mehr.<br />

Ob dies europäische Realität wird, ist alles<br />

andere als sicher.<br />

• Der institutionalisierte Zwiespalt des europäischen<br />

Wirtschafts- und Sozialsystems<br />

zwischen neoliberalem amerikanisch-asiatischem<br />

Marktwirtschaftsmodell und<br />

kontinentaleuropäischem Sozialstaatsmodell<br />

wurde durch den Beitritt der transatlantisch<br />

orientierten osteuropäischen Staaten<br />

dramatisch verstärkt. Ein Kompromiss<br />

zwischen den beiden Modellen ist wohl<br />

nicht möglich.<br />

• Die EU-Kommission, das Instrument der


„Vergemeinschaftung“ Europas, tendiert<br />

zu neoliberalen Lösungen – siehe die so genannte<br />

„Bolkenstein-Direktive“ zur vollständigen<br />

Liberalisierung des Dienstleistungsbereiches<br />

(trade in services) – die bei<br />

EU-Gründern wie Frankreich auf heftige<br />

Ablehnung stoßen.<br />

• Der Stabilitäts- und Wachstumspakt – hier folge<br />

ich dem Urteil des amerikanischen Nobelpreisträgers<br />

Joseph E. Stiglitz – ist ein<br />

problematisches, weil rigide und mechanistisch<br />

angelegtes Disziplinierungsinstrument;<br />

die kürzlich erfolgte Reform ist Flickwerk.<br />

• Die Europäische Zentralbank verfolgt unbeirrt<br />

eine einseitig auf die Eindämmung der<br />

Inflation ausgerichtete Politik. Dies war bei<br />

der Einführung des Euro notwendig und<br />

richtig. Die Folgen rigider monetärer Orthodoxie<br />

haben jedoch die nationalen Regierungen<br />

in Form von geringem Wachstum<br />

und steigenden Arbeitslosenraten zu<br />

tragen; neue Arbeitsplätze sind europaweit<br />

Mangelware.<br />

• Nach der Erweiterung drohen die europäischen<br />

Steuer- und Sozialsysteme womöglich<br />

noch weiter auseinander zu klaffen<br />

(flat tax, „Steuer- und Sozialdumping“,<br />

krasse Unterschiede bei Pensionen und anderen<br />

staatlichen Transferzahlungen). Dies<br />

belastet die Solidarität der Nettozahler mit<br />

den auf „light governance“ setzenden osteuropäischen<br />

Nettoempfängern.<br />

Vor allem aber:<br />

• Das Zusammenwachsen Europas folgt<br />

überwiegend ökonomischen Effizienzkriterien,<br />

der Schaffung eines einheitlichen<br />

Wirtschaftsraumes und weniger der Berücksichtigung<br />

der – im weitesten Sinne<br />

Zeit der Übergänge in Europa<br />

– „kulturellen“ und gesellschaftlichen Bedürfnisse,<br />

den individuellen Wünschen<br />

und ideellen Zielen seiner Bürger. Der europäische<br />

Bürger hat zunehmend das Gefühl,<br />

zum Objekt wirtschaftlicher Interessen<br />

geworden zu sein. Gesellschaftliche<br />

Solidarität und soziale Gerechtigkeit haben<br />

im politischen Diskurs keinen Platz mehr.<br />

Überhaupt hat die Politik ihre Leitfunktion<br />

an „die Wirtschaft“ – wer immer das auch<br />

sein mag – abgetreten. Außerdem: Wenn<br />

das europäische Projekt auf gemeinsamen<br />

Wertvorstellungen gründet, dann fehlt<br />

dem zusammenwachsenden Kontinent immer<br />

noch das kulturelle Bindemittel; denn<br />

europäische Einheit setzt die Berücksichtigung<br />

der kulturellen Vielfalt voraus. Erst<br />

mit dem Faktor Kultur wird eine „europäische<br />

Öffentlichkeit“ möglich, und man<br />

wird der drohenden De-Legitimierung des<br />

europäischen Projektes und seiner Errungenschaften<br />

wirksam und nachhaltig entgegentreten<br />

können.<br />

• Was nach den Erweiterungen der vergangenen<br />

zehn Jahre fehlt, ist eine „Erweiterung<br />

in den Köpfen“ – eine intellektuell-geistige<br />

Europäisierung der Bürger jenseits alter und<br />

neuer Demarkationslinien.<br />

„Erweiterung und Vertiefung“ als Erfolgsstrategie?<br />

Wenn die EU-Verfassung bei den<br />

bevorstehenden Referenden nicht die erforderliche<br />

Zustimmung erhält, ist erstmals die<br />

bewährte Strategie „Erweiterung und Vertiefung“<br />

in Frage gestellt.<br />

Denn gerade die jüngste Erweiterungsrunde<br />

wurde unter der Voraussetzung verhandelt,<br />

dass die nun zur Disposition stehende Verfassung<br />

dem Fortschritt des Integrationsprozesses,<br />

der enorm gewachsenen Zahl der Mitglie-<br />

43


Zeit der Übergänge in Europa<br />

der und der daraus resultierenden Komplexität,<br />

um nicht zu sagen „Unregierbarkeit“ Europas,<br />

Rechnung trägt. Diese integrationspolitische<br />

Gleichung – die Dialektik und Parallelität<br />

von Erweiterung und Vertiefung – scheint<br />

nun ernsthaft in Gefahr. Das ist das eigentlich<br />

Neue an der gegenwärtigen prekären Situation.<br />

Für unsere Nachbarn in Südosteuropa wären<br />

die möglichen Folgen unter Umständen<br />

gravierend. Die nächste Erweiterung um Bulgarien<br />

und Rumänien wäre zwar nicht gefährdet,<br />

wohl aber der Zeitpunkt des Beitrittes. Für<br />

Kroatien bedeutete ein Nein Frankreichs wohl<br />

eine zusätzliche Verzögerung des Verhandlungsbeginnes.<br />

In weiterer Folge müssten die<br />

restlichen Staaten des „Westbalkans“ – ohnehin<br />

belastet mit der Lösung der „Statusfragen“<br />

– noch länger im Wartesaal verbringen; eine<br />

bedauerliche Perspektive.<br />

Hier gilt es, gemeinsame europäische Antworten<br />

zu formulieren und „Kollateralschäden“ so<br />

klein wie möglich zu halten; im Hinblick auf<br />

die EU-Präsidentschaft keine geringe Herausforderung<br />

für Österreich.<br />

Zeit der Übergänge? Der Versuch, vier Fragezeichen<br />

aufzustellen. Europa Grenzen-los?<br />

Was in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />

als westeuropäisches Projekt begann,<br />

sich aber bereits damals „europäisch” nannte,<br />

erweiterte sich in alle europäischen Himmelsrichtungen,<br />

um schließlich vor einem Jahr die<br />

vom Kalten Krieg gezogene Demarkationslinie<br />

zu überschreiten. Nun ist der Südosten<br />

an der Reihe – und mit der Türkei sind Fragen<br />

zu Geographie und Grenzen des Kontinentes,<br />

aber auch der längst überfällige Diskurs über<br />

die geistigen Grundlagen und Identität(en) Europas,<br />

Grundsatzfragen der Zukunft des Einigungsprojektes,<br />

nicht mehr länger aufschieb-<br />

44<br />

bar. Endlich europäische Themen, könnte<br />

man sagen; grundlegende Fragen, die eine aktive<br />

Öffentlichkeit, und zwar die europäische<br />

Öffentlichkeit, benötigen und diese wohl auch<br />

schaffen werden.<br />

Friedensprojekt Europa? Nach innen hat die<br />

europäische Integration weiten Teilen des Kontinentes<br />

eine in ihrer Dauer und Produktivität<br />

historisch einmalige Friedensperiode beschert.<br />

Die gilt es zu verlängern, auszubauen und auszudehnen.<br />

Aber wie?<br />

Die EU ist zum „Global Player“ geworden, und<br />

das in einer unübersichtlich gewordenen Welt<br />

mit neuartigen Bedrohungen, Ungewissheiten<br />

und Herausforderungen. Im Gefolge von<br />

9/11 und dem von den USA erklärten „Krieg<br />

gegen den Terror“ rüstet das „Friedensprojekt<br />

Europa“ auf. Es bilden sich „Battle Groups“<br />

und „Schnelle Eingreiftruppen“, die „Verlegefähigkeit“<br />

von europäischen Truppen ist konzeptionell<br />

aufbereitet, „Transportkapazitäten“<br />

werden als dringend notwendig erachtet; eine<br />

etwas verschämt als Europäische Verteidigungsagentur<br />

bezeichnete Einrichtung ist im Aufbau;<br />

ihre Aufgaben umfassen explizit aber auch<br />

„Ermittlung des operativen Bedarfs“ und die<br />

„Rüstung“.<br />

Dies kontrastiert mit einem sich ausbreitenden<br />

Gefühl der Skepsis gegenüber militärischen Lösungen,<br />

wie es etwa in den europaweiten Demonstrationen<br />

vom Feber 2003 gegen den Irakkrieg<br />

spontan zum Ausdruck gebracht worden<br />

ist. Jürgen Habermas und Jacques Derrida haben<br />

diese Friedensmanifestationen als „Signal<br />

für die Geburt einer europäischen Öffentlichkeit“<br />

gedeutet. In der Tat sind damals Millionen<br />

Europäer für eine friedliche Lösung auf<br />

die Straße gegangen – oftmals gegen die politischen<br />

Intentionen ihrer eigenen Regierungen.


Bürger haben den Slogan vom „Friedensprojekt<br />

Europa“ wörtlich genommen; eine vertane<br />

Chance für einen möglichen alternativen<br />

Gesellschaftsentwurf und für die Stärkung der<br />

europäischen Gemeinsamkeit und gemeinsamer<br />

Werte. Denn eher früher als später wird<br />

sich Europa zu entscheiden haben, wo es als<br />

„Global Player“ zwischen den Extrempositionen<br />

der US-Militarisierung der Außen- und<br />

Sicherheitspolitik und einer – kurzfristig unrealistischen<br />

– pazifistischen Position seine Rolle<br />

sieht. Dazwischen aber liegt das weite Feld<br />

von militärischer „hard power“ und den jetzt<br />

schon erfolgreich angewendeten europäischen<br />

„soft power“- Bereichen. Wo und wie sich Europa<br />

im 21. Jahrhundert in der globalen Sicherheitspolitik<br />

und ihres praktischen Einsatzes<br />

positionieren wird, sollte eigentlich schon heute<br />

eine kritische europäische Öffentlichkeit interessieren.<br />

Weiter bemerkenswert: Die traditionellen parteipolitischen<br />

Muster befinden sich im europäischen<br />

Kontext in Auflösung: Konservative,<br />

Liberale und Sozialdemokraten stehen etwa in<br />

der Irak-Frage sowohl auf derselben als auch auf<br />

der gegnerischen Seite. Die Namen Blair und<br />

Berlusconi, Chirac und Schröder bezeichnen<br />

eine neue europäische Entwicklung. Das traditionelle<br />

Links-Rechts-Schema des 20. Jahrhunderts<br />

hat seine Ausschließlichkeit eingebüßt.<br />

So verlief etwa die politische Konfliktlinie in<br />

der Irak-Frage tendenziell zwischen dem westlichen<br />

„Alt-Europa“ und dem östlichen „Neu-<br />

Europa“. Die Zustimmung für militärische<br />

Lösungen (und damit für den momentanen<br />

US-Kurs) ist im ehemaligen kommunistischen<br />

Bereich der EU größer als im westlichen Teil.<br />

Dies bedeutet eine weitere potentielle Konfliktlinie<br />

für eine gemeinsame europäische Sicherheits-<br />

und Friedenspolitik.<br />

Zeit der Übergänge in Europa<br />

Europa als Wirtschafts- und Sozialunion?<br />

Die radikale Vision des friedlichen Zusammenlebens<br />

der Völker und Nationen Europas nach<br />

dem Zeitalter der „europäischen Bürgerkriege“<br />

begann mit der pragmatischen Verknüpfung<br />

der beiden damals noch kriegswichtigen Grundstoffe<br />

Kohle und Stahl (Europäische Gemeinschaft<br />

für Kohle und Stahl – EGKS); dies führte zur Europäischen<br />

Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und<br />

schließlich zur Europäischen Union.<br />

Das europäische Wirtschaftsmodell der sozialen<br />

Marktwirtschaft, die traditionelle Rolle<br />

des Staates, stieß noch in den achtziger Jahren<br />

des vorigen Jahrhunderts auf breite politische<br />

und gesellschaftliche Unterstützung. Die<br />

Unterschiede wirtschaftspolitischer Praxis in<br />

(West)Europa waren gradueller Natur.<br />

Das europäische Sozialmodell – „Sozialstaat“,<br />

„soziale Marktwirtschaft“ oder wie immer die<br />

Bezeichnungen des „Grand Bargain“ zwischen<br />

Arbeitgebern und Arbeitnehmern lauteten<br />

– hatte sich als Gegenentwurf zum Kommunismus<br />

erfolgreich erwiesen und den europäischen<br />

Einigungsprozess beschleunigt. Die<br />

Quadratur des Kreises schien gelungen, demokratische<br />

Freiheit und sozioökonomische Sicherheit<br />

erreicht.<br />

Mit Ausnahme der anglo-amerikanischen<br />

Variante Thatchers, die von Blairs „Drittem<br />

Weg“ großteils übernommen wurde, hat sich<br />

in Europa erst im Zuge der Globalisierungsdebatte<br />

seit den frühen neunziger Jahren eine<br />

neue gesellschaftliche Konkurrenzsituation –<br />

sozusagen eine „innerwestliche“ – entwickelt.<br />

Das neoliberale Gesellschaftsmodell stellt das<br />

traditionelle europäische Wirtschafts- und Sozialmodell<br />

in Frage. Die neuen europäischen<br />

Instrumente – Stabilitäts- und Wachstumspakt,<br />

Europäische Zentralbank, Lissabon-Agenda – stellen<br />

sich als unflexibel, einseitig auf Inflations-<br />

45


Zeit der Übergänge in Europa — Čas prehodov v Evropi<br />

bekämpfung ausgerichtet oder schlicht als<br />

unrealistisch heraus. Sie geben keine wachstumspolitische<br />

Antwort auf die spezifischen<br />

europäischen Herausforderungen (wie etwa<br />

Stand und Zustand der europäischen Einigung;<br />

demographische Trends, u. a.). Die Zustimmung<br />

zur Europäischen Union, die immer<br />

noch für steigenden Wohlstand steht, nimmt<br />

weiter ab. Politische Reformen und Korrekturen<br />

im Sinne einer effizienten Reform – nicht<br />

Abschaffung – des bewährten europäischen<br />

Modells, lahmen. Wohl auch deshalb, weil es<br />

keine Verständigung über das „Nachfolgemodell“<br />

gibt: Soll es das amerikanisch-asiatische<br />

sein oder ein reformiertes europäisches Sozialstaatsmodell?<br />

Solange es jedoch über diese<br />

Frage keine grundlegende Verständigung gibt,<br />

solange werden Projekte wie eine „europäische<br />

Verfassung“, die diesen Namen auch verdient,<br />

den Keim des Scheiterns in sich tragen.<br />

Die gegenwärtige Krise kann aber auch als<br />

Chance zur gründlichen Neuorientierung des<br />

europäischen Einigungsprojektes verstanden<br />

werden.<br />

Europa als Elitenprojekt? Europa ist nicht von<br />

„unten“ gewachsen. Es waren einige beherzte<br />

Visionäre – Monet, Schumann, auch De Gaulle<br />

und Adenauer – die dem Kriegskontinent eine<br />

radikal andere politische Entwicklung als Vision<br />

mit auf den Weg aus den Trümmern des<br />

Zweiten Weltkrieges gegeben hatten. Der auf<br />

„bloß“ wirtschaftliche Einigung der entwickelten<br />

Industriestaaten Westeuropas beschränkte<br />

Integrationsprozess hatte damit von vorne<br />

herein gute Chancen auf Erfolg; der demokratischen<br />

Legitimation, einer Massenbasis sozusagen,<br />

bedurfte es die längste Zeit nicht; Europa<br />

war das Projekt der politischen Eliten<br />

schlechthin. Diese Linie blieb in Zeiten hoher<br />

46<br />

wirtschaftlicher Zuwachsraten und ständigen<br />

Ausbaus des Wohlfahrtsstaates ohne größere<br />

Probleme. Mangelnde demokratische Legitimation<br />

wurde durch wirtschaftliche Erfolgsbilanzen<br />

zum Wohle breiter Bevölkerungskreise<br />

scheinbar wettgemacht. Heute ist in Europa<br />

vieles anders. Die „Zeit der Übergänge“ gilt in<br />

besonderem Maße für die überfällige Verbreiterung<br />

der europäischen Legitimationsbasis.<br />

Wie aber geht es weiter? Die neue Qualität<br />

Europas, für die eine Verfassung ein Signal<br />

wäre, verlangt aber auch, dass die Union aus<br />

den Bürotürmen des Elitenprojektes tritt und<br />

sich um eine breite demokratische Legitimierung<br />

bemüht. Die Union muss sich daher zu<br />

einem von der Mehrheit seiner Bürger mitbestimmten<br />

und aktiv unterstützten demokratischen<br />

und sozialen Europa wandeln.<br />

Čas prehodov v Evropi<br />

Ta tezni spis je bil pripravljen za Pfingstdialog<br />

– Binkoštni dialog na gradu Seggau (11. do 14.<br />

maja 2005) in predstavljen v okviru „Foruma<br />

politike“ dne 12. maja – torej še pred zavrnitvijo<br />

Evropske ustave pogodbe s strani Francije in<br />

Nizozemske.<br />

Naslov „Foruma politike“ ČAS PREHODOV<br />

V EVROPI točno izraža prevladujočo evropsko<br />

razpoloženost. Evropa se dejansko nahaja v fazi<br />

prehodov – „prehod“ v ednini bi bil premalo,<br />

da bi opisal protislovno stanje kontinenta; že<br />

en pogled do naših sosedov zadostuje: Pred<br />

točno enim letom je EU doživela do sedaj svojo<br />

največjo širitev. Deset novih držav, med drugimi<br />

so v EU pristopili naši vzhodni, severni in južni<br />

sosedi. Pred nekaj dnevi (25. aprila) sta Bolgarija


in Romunija v Bruslju podpisali svoji pristopni<br />

izjavi, obe naj bi pristopili predvidoma leta<br />

2007. Hrvaško trenutno zadržuje pred začetki<br />

pogajanj še general – katerega imajo v domovini<br />

še zmeraj mnogi za junaka, čeprav ga je Haaški<br />

tribunal obtožil vojnih zločinov. Evropski<br />

semafor torej kaže „rumeno“.<br />

Kako bo šlo naprej? se glasi vprašanje iz<br />

naslova. Da bi kolikor lahko toliko točno<br />

odgovorili na vprašanje bodočega razvoja<br />

Evrope, moramo raziskati „od kod prihajamo<br />

mi?“ in „kje stojimo danes?“.<br />

Nekaj je zagotovo: Evropska unija se v teh<br />

dneh ne predstavlja najbolje.<br />

Če v tej Evropi sploh pride do javnega diskurza<br />

preko nacionalnih meja, potem – skoraj<br />

izključno – preko negativno ovrednotenih<br />

tem.<br />

Kaj so v tem trenutku dominantne „evropske“<br />

teme?<br />

• Grozilni francoski „ne“ k Evropski ustavi in<br />

iskanje po nekem planu B<br />

• delovna mesta, ki potujejo proti vzhodu<br />

(pri čemer leži „vzhod“ zmeraj pogosteje na<br />

Kitajskem ali v Indiji)<br />

• evro je „drag“<br />

• „brezmejna“ kriminaliteta<br />

• ilegalne delovne sile, naraščajoč migracijski<br />

pritisk<br />

• neuspeh „EU“ ali „Bruslja“ spričo bliskovite<br />

globalizacije<br />

• in seveda tema „Turčija“.<br />

Te iztočnice opozarjajo na difuzno nelagodje<br />

– EU-skepso – velikih krogov prebivalstva,<br />

ki se manifestirajo v volilnem obnašanju ob<br />

evropskih volitvah (vse pogosteje tudi pri<br />

lokalnih volitvah).<br />

Čas prehodov v Evropi<br />

Evropa v Evropi ni priljubljena. Tudi v<br />

Avstriji je EU-navdušenje nedavno prispelo<br />

na najnižjo točko, evropska identiteta je tako<br />

šibko oblikovana, kot ni bila zadnjih deset let.<br />

Samo 30 odstotkov vidi EU kot dobro stvar<br />

– samo tradicionalno EU-odbijajoča Velika<br />

Britanija ocenjuje nekoliko slabše, namreč z 29<br />

odstotki.<br />

Negativno zaznavanje EU je doseglo trenutno<br />

po vsej Evropi nov padec, čeprav obstajajo<br />

razvoji, ki (prav z avstrijskega stališča)<br />

nedvomno zaslužijo oznako “zgodovinski”.<br />

Kajti: najmlajša razširitev pomeni razširitev za<br />

osem centralnoevropskih in vzhodnoevropskih<br />

držav,<br />

• konec delitve Evrope in s tem<br />

• „vrnitev“ Avstrije v center kontinenta<br />

• dejansko „razširitev“ gospodarskih<br />

možnosti (korist imajo posebno avstrijska<br />

mala in srednja podjetja ter banke)<br />

• predvsem pa pomeni najmlajša širitev EU<br />

raztezanje in konsolidacijo varnostnih in<br />

mirovnih con Evrope v smeri vzhoda in<br />

jugovzhoda.<br />

Seveda: velikanski izzivi in problemi, s<br />

katerimi je konfrontiran evropski združitveni<br />

projekt, ne smejo biti pisani z malo – so tako<br />

endogene kot tudi eksogene narave.<br />

EU se nahaja v „transformacijski krizi“.<br />

• EU-ustava je šifra in sinonim za začetek<br />

in konec evropskih nacionalnih držav,<br />

katere so tako in tako izgubile že veliko<br />

svojih funkcij. Ustava ustvarja s funkcijo<br />

predsednika in zunanjim ministrom prvič<br />

vidno predstavništvo EU; postopno bo prišlo<br />

do povzdignjene vrednosti EU-parlamenta<br />

in Sveta državnih predstavnikov, ki bodo<br />

odločali o evropskih zakonih. Končno<br />

47


Čas prehodov v Evropi<br />

predvideva evropska ustava že davno<br />

zakasnelo poenostavitev kompleksnih<br />

notranje-evropskih odločitvenih potekov.<br />

350 strani dolg, voluminozen in nenavaden<br />

dokument signalizira tako učinkovitejša<br />

odločitvena pravila za EU-institucije kot tudi<br />

večji vpliv državljanov in EU-parlamenta;<br />

na kratko, nujno potreben demokratični<br />

Več. Ali bo to postala evropska realiteta, je<br />

vse prej kot gotovo.<br />

• Institucionalizirano neskladje<br />

evropskega gospodarskega in socialnega<br />

sistema med neoliberalnim ameriškoazijskim<br />

tržnogospodarskim<br />

modelom in kontinentalno-evropskim<br />

socialnodržavnim modelom se je z<br />

vstopom transatlantsko orientiranih<br />

vzhodnoevropskih držav dramatično<br />

povečalo. Kompromis med obema<br />

modeloma bržkone ni možen.<br />

• EU-komisija, instrument „vseskupne“<br />

Evrope, tendira k neoliberalni rešitvi – glej<br />

tako imenovano „Bolkenstein direktivo“<br />

k dokončni liberalizaciji storitvenega<br />

področja (trade in services) – ki je pri<br />

ustanoviteljicah EU, kot je Francija, naletela<br />

na ostro odklonitev.<br />

• Pakt stabilnosti in razvoja – tukaj sledim<br />

sodbi ameriškega Nobelovega nagrajenca<br />

Josepha E. Stiglitzkega – je problematičen,<br />

saj je rigidno in mehanistično zasnovan<br />

instrument kazenskih ukrepov; pred<br />

kratkim izvedena reforma je krparija.<br />

• Evropska centralna banka neomajno<br />

sledi enostransko na inflacijo orientirano<br />

politiko. To je bilo ob vpeljavi evra potrebno<br />

in pravilno. Posledice rigidne monetarne<br />

ortodoksije pa nosijo nacionalne vlade<br />

v obliki majhne rasti in vzpenjajoče se<br />

brezposelnosti; nova delovna mesta so<br />

48<br />

v celotni evropski skupnosti blago, ki ga<br />

primanjkuje.<br />

• Po razširitvi grozi evropskemu davčnemu<br />

in socialnemu sistemu verjetno še naprej<br />

zijanje vsaksebi (flat tax, „davčni in socialni<br />

dumping“, drastične razlike pri rentah in<br />

pokojninah ter drugih državnih transfernih<br />

plačilih). To obremenjuje solidarnost neto<br />

plačnikov s tako imenovanimi „light<br />

governance“ evropskimi neto prejemniki.<br />

Predvsem pa:<br />

• Zraščanje Evrope v eno sledi pretežno<br />

ekonomskim kriterijem učinkovitosti,<br />

ustvarjanju enotnega gospodarskega<br />

prostora; vse manj pa upoštevanju v najširšem<br />

smislu „kulturnih“ in družbenih potreb,<br />

individualnih želja in idejnih ciljev svojih<br />

državljanov. Evropski državljan ima vse bolj<br />

občutek, da postaja objekt gospodarskih<br />

interesov. Družbena solidarnost in socialna<br />

pravičnost nimata več prostora v političnem<br />

diskurzu. Nasploh je politika svojo vodilno<br />

funkcijo prepustila „gospodarstvu“ – kdor<br />

koli že to je. Vrh vsega: če evropski projekt<br />

temelji na skupnih predstavah o vrednotah,<br />

potem manjka zraščajočemu se kontinentu<br />

kulturnega veziva; evropska enotnost<br />

predpostavlja upoštevanje kulturnih<br />

raznolikosti. Šele s faktorjem kulture bo<br />

mogoča „evropska javnost“, bo grozeča delegitimacija<br />

evropskega projekta in njenih<br />

pridobitev učinkovita in bo mogla trajno<br />

stopiti nasproti.<br />

• Kar manjka razširitvi preteklih deset-, let,<br />

je „razširitev v glavah“ – intelektualnoduševna<br />

evropeizacija državljanov onstran<br />

starosti in demarkacijskih linij.


„Razširitev IN poglobitev“ kot strategija<br />

uspeha? Če EU-ustava ob bližajočem se<br />

referendumu ne prejme potrebne privolitve, je<br />

zanesljiva strategija „razširitve in poglobitve“<br />

prvič postavljena pod vprašaj.<br />

Saj so prav ob najmlajšem razširitvenem krogu<br />

izhajali iz predpostavke, da je na razpolago<br />

dana ustava koncipirana kot – upoštevajoč<br />

razvoj integracijskih procesov, enormnega<br />

povečanja števila članic in iz tega izhajajoče<br />

kompleksnosti – „zmožna upravljanja“ Evrope.<br />

Ta integracijsko-politična računica – dialektika<br />

IN vzporednost razširitve in poglobitve –<br />

izgleda sedaj resno ogrožena.<br />

To je pravzaprav novo pri sedanji neugodni<br />

situaciji. Za naše sosede v jugovzhodni<br />

Evropi bi bile v določenih okoliščinah mogoče<br />

posledice hude. Naslednja širitev z Bolgarijo<br />

in Romunijo naj ne bi bila ogrožena, pač pa<br />

čas njunega pristopa. Za Hrvaško bi pomenil<br />

francoski “ne” najbrž dodatno upočasnitev<br />

začetka pogajanj. Kot nadaljnja posledica bi<br />

morale ostale države „zahodnega Balkana“<br />

– že tako obremenjene z rešitvijo „statusnih<br />

vprašanj“ – še dlje časa preživeti v čakalnici,<br />

kar je obžalovanja vredna perspektiva.<br />

Tukaj velja formulirati skupne evropske<br />

odgovore in kolikor mogoče držati<br />

„kolateralno škodo“ na vajetih; z ozirom na<br />

EU-predsedovanje nikakor ne majhen izziv za<br />

Avstrijo.<br />

Čas prehodov? Poskus, postavitve štirih<br />

vprašajev. Evropa brez meja? Kar se je v<br />

petdesetih letih prejšnjega stoletja začelo kot<br />

zahodnoevropski projekt – že takrat se je<br />

imenoval „evropski“ – in se razširilo na vse<br />

evropske strani neba, je končno pred letom dni<br />

prekoračil demarkacijsko linijo hladne vojne.<br />

Sedaj je na vrsti jugovzhod… in s Turčijo so na<br />

Čas prehodov v Evropi<br />

vrsti vprašanja geografije in meja kontinenta,<br />

pa tudi že davno zapadel diskurz o duhovnih<br />

temeljih in identiteti/-ah Evrope, načelnih<br />

vprašanjih prihodnosti združitvenega projekta;<br />

vprašanja, katerih se ne da več odrivati.<br />

… Končno evropske teme, bi lahko rekel<br />

človek, temeljna vprašanja, ki potrebujejo<br />

aktivno javnost, namreč evropsko javnost, in<br />

kateri bodo tudi kos.<br />

Evropa projekt miru? Navznoter je evropska<br />

integracija prostranim delom kontinenta v<br />

svojem trajanju in produktivnosti naklonila<br />

zgodovinsko enkratno obdobje miru. To velja<br />

podaljšati, nadgraditi in raztegniti. Ampak<br />

kako?<br />

EU je postala „global player“, in to v novonastalem<br />

nepreglednem svetu z nevarnostmi novega<br />

tipa, negotovostmi in izzivi. V spremstvu z<br />

9/11 in s s strani ZDA napovedano „vojno proti<br />

terorizmu“ se je oborožil „Evropski projekt<br />

miru“. Nastale so „battle groups“ in hitre<br />

intervencijske enote, „sposobnost prestavitve“<br />

evropskih enot je bila koncepcionalno<br />

obdelana, „transportne kapacitete“ naj bi bile<br />

nujno potrebne; ena nekoliko sramežljiva,<br />

„Evropska obrambena agentura“ imenovana<br />

ustanova, je v gradnji; njene naloge zajemajo<br />

eksplicitno tudi „odkrivanje operativnih<br />

potreb“ in „oboroževanje“.<br />

To je v kontrastu z razširjajočim se<br />

občutkom skepse do vojaških rešitev, kot<br />

recimo v času spontanih demonstracij po<br />

vsej Evropi februarja 2003 proti Iraški vojni.<br />

Jürgen Habermas in Jacques Derrida sta te<br />

manifestacije miru tolmačila kot „signal<br />

za rojstvo evropske javnosti“. Dejansko so<br />

takrat milijoni Evropejcev za mirno rešitev<br />

odšli na ulice – dostikrat proti političnim<br />

nameram njihove lastne vlade. Državljani so<br />

49


Čas prehodov v Evropi<br />

slogan Evropa projekt miru vzeli dobesedno;<br />

zamujena priložnost za možen alternativni<br />

družbeni osnutek in za krepitev evropskih<br />

skupnih potez ter vrednot. Kajti prej kot<br />

pozneje se bo Evropa odločala, kje vidi svojo<br />

vlogo kot „global player“, med ekstremnima<br />

pozicijama militarizacije zunanje in varnostne<br />

politike po vzoru ZDA in neko – kratkoročno<br />

nerealistično – pacifistično pozicijo. Vmes pa<br />

leži prostrano polje, od vojaškega „hard power“<br />

in sedaj že uspešno uporabljenih evropskih<br />

„soft power“ področij. Kje in kako se bo<br />

pozicionirala Evropa v 21. stoletju v globalni<br />

varnostni politiki in s svojim praktičnim<br />

posredovanjem, bi pravzaprav moralo že danes<br />

zanimati kritično evropsko javnost.<br />

Dalje omembe vredno: Tradicionalen<br />

strankarsko-politični vzorec v evropskem<br />

kontekstu je v razkroju: konzervativni,<br />

liberalni in socialni-demokrati stojijo ob<br />

vprašanju Iraka tako na isti kot tudi na<br />

strani opozicije. Imena Blair in Berlusconi,<br />

Chirac in Schröder označujejo nov evropski<br />

razvoj. Tradicionalen levo-desni vzorec 20.<br />

stoletja je svojo izključnost zapravil. Tako<br />

približno poteka politična konfliktna linija<br />

ob vprašanju Iraka tendenčno med zahodno<br />

„staro Evropo“ in vzhodno „novo Evropo“.<br />

Privolitev za vojaško rešitev (in s tem trenutno<br />

usmeritev ZDA) je v bivšem komunističnem<br />

območju EU večja kot v zahodnem delu. To<br />

pomeni dodatno potenciano konfliktno linijo<br />

za skupno evropsko varnostno in mirovno<br />

politiko.<br />

Evropa kot gospodarska in socialna unija?<br />

Radikalna vizija miroljubnega skupnega<br />

življenja ljudstev in narodov Evrope po dobi<br />

„evropskih državljanskih vojn“ se je začela<br />

s pragmatično povezavo takratnih dveh še<br />

50<br />

vojaško pomembnih prvin :premoga in jekla<br />

(ECCS); to je vodilo k Evropski gospodarski<br />

skupnosti (EGS) in končno k Evropski uniji.<br />

Evropski gospodarski model socialnega tržnega<br />

gospodarstva in tradicionalna vloga države<br />

sta še v osemdesetih letih prejšnjega stoletja<br />

naletela na široko politično in družbeno<br />

podporo. Razlike gospodarsko-politične prakse<br />

v (zahodni) Evropi so bile gradualne.<br />

Evropski socialni model – „socialna država“,<br />

„socialno tržno gospodarstvo“ ali kakor<br />

koli se je že glasila oznaka „Grand Bargain“<br />

med delodajalci in delojemalci – se je kot<br />

protiosnutek v primerjavi s komunizmom<br />

izkazal za uspešnega in je evropski združitveni<br />

proces pospešil. Kvadratura kroga je bila videti<br />

uspešna, demokratična svoboda IN socialnoekonomska<br />

varnost dosežena.<br />

Z izjemo angleško-ameriške variante<br />

Thatcherjeve, katero je Blair s svojo „tretjo potjo“<br />

večinoma prevzel, se je v Evropi šele v teku<br />

globalizacijske debate iz zgodnjih devetdesetih<br />

let razvil nov družbeni konkurenčni položaj<br />

– takorekoč „notranje-zahodni“. Neoliberalni<br />

družbeni model postavlja tradicionalen evropski<br />

gospodarski in socialni model pod vprašaj.<br />

Novi evropski instrumenti – Pakt stabilnosti<br />

in rasti, Evropska centralna banka, Lizbonska<br />

deklaracija – se izkažejo kot nefleksibilni,<br />

enostransko usmerjeni k zatiranju inflacije ali<br />

končno kot nerealistični. Ne dajejo nobenega<br />

novega političnega odgovora na specifične<br />

evropske izzive (kot so položaj in stanje<br />

evropske združitve, demografske tendence<br />

itn.). Odobravanje Evropske unije, ki še<br />

zmeraj velja za naraščajočo blaginjo, še zmeraj<br />

upada. Politične reforme in korekture v smislu<br />

učinkovite reforme – ne ukinitve – zanesljivega<br />

evropskega modela šepajo. Verjetno tudi zato,<br />

ker ne obstaja komunikacija o „naslednjem


modelu“: Naj bi to bil ameriško-azijski ali<br />

reformirani evropski socialnodržavni model?<br />

Dokler pa o teh vprašanjih ne bo obstajala<br />

temeljna komunikacija, tako dolgo bodo<br />

projekti kot „evropska ustava“, ki to ime tudi<br />

zasluži, v sebi nosili klico neuspeha. Trenutna<br />

kriza pa je lahko tolmačena kot priložnost za<br />

temeljito reorientacijo evropskega združitvenega<br />

projekta.<br />

Evropa kot projekt elit? Evropa ni zrasla „od<br />

spodaj“. Bilo je veliko srčnih vizionarjev –<br />

Monet, Schumann, tudi De Gaulle in Adenauer<br />

-, ki so vojnemu kontinentu dali radikalno<br />

drugačen političen razvoj kot vizijo na pot<br />

iz ruševin 2. svetovne vojne. Saj na „golo“<br />

gospodarsko združitev razvitih industrijskih<br />

držav zahodne Evrope omejen integracijski<br />

proces je imel že od samega začetka dobre<br />

možnosti za uspeh; demokratična legitimacija,<br />

masovna baza takorekoč, pa je v zadnjem času<br />

ni potrebovala; Evropa je bila kratko malo<br />

projekt političnih elit.<br />

Ta linija je ostala v času visoke gospodarske<br />

stopnje rasti in nenehne izgradnje državne<br />

blaginje brez večjih problemov. Pomanjkanje<br />

demokratične legitimacije je bilo skozi<br />

gospodarsko bilanco uspeha v korist širših<br />

krogov prebivalstva navidezno nadoknadeno.<br />

Danes je v Evropi veliko drugače. „Čas<br />

prehodov“ velja v večini za zapoznelo razširitev<br />

evropske legitimacijske baze. Kako pa bo šlo<br />

naprej? Nova kvaliteta Evrope – za katero bi<br />

lahko bila ustava signal – pa tudi zahteva, da<br />

Unija izstopi iz pisarniških stolpov elitnega<br />

projekta in se potrudi za široko demokratično<br />

legitimacijo. Unija se mora zatorej spremeniti<br />

v eno, v katerem soodloča večina državljanov<br />

in aktivno podpira demokratično in socialno<br />

Evropo.<br />

ZUR PERSON – O AVTORJU<br />

Wolfgang Petritsch<br />

Der Autor ist österreichischer Vertreter bei den<br />

Vereinten Nationen in Genf und war zwischen<br />

1998 und 2002 in verschiedenen EU- und internationalen<br />

Funktionen in Südosteuropa tätig.<br />

– Avtor je avstrijski predstavnik pri Združenih<br />

narodih v Ženevi in je med 1998 in 2002<br />

opravljal različne funkcije EU in mednarodne<br />

naloge v jugovzhodni Evropi.<br />

Čas prehodov v Evropi<br />

51


Bildgalerie – galerija slik II<br />

Der Steirische Kulturlandesrat Kurt Flecker eröffnet im März 2005 die Ausstellung „Grenzen erzählen“ – Kurt Flecker član deželne vlade za kuturo je<br />

marca 2005 otvoril razstavo „Meje pripovedujejo“<br />

Workshopbetrieb im Pavelhaus: Juli 2005, Besuch aus Ungarn – delavnica v Pavlovi hiši: julij 2005, obisk iz Madžarske<br />

52


Die Universität Graz setzt Akzente<br />

Gesamtuniversitärer Schwerpunkt „Südöstliches Europa“<br />

� Text: Roberta Maierhofer<br />

Die Universität Graz setzt Akzente<br />

Seit Jahrzehnten ist die Universität Graz in vielfältiger Weise mit den Regionen des südöstlichen<br />

Europas durch intensive Zusammenarbeit verbunden. Es handelt sich dabei um einen weiten Bogen<br />

von Partnerschaften, in deren Rahmen verschiedene Zielsetzungen in Wissenschaft, Forschung,<br />

Ausbildung und Wirtschaft verfolgt werden. Ihre traditionelle Rolle in diesem Raum hat die Universität<br />

seit den politischen Veränderungen und angesichts der wachsenden politischen und wirtschaftlichen<br />

Perspektiven gefestigt und dazu genutzt, an der Entwicklung des gemeinsamen europäischen<br />

Bildungsraums maßgeblich mitzuwirken.<br />

In der Kooperation mit Südosteuropa stärkt die Universität Graz nicht nur ihre regionale Vernetzung<br />

und die gesamteuropäische Dimension ihrer Identität als Bildungsinstitution. Diese Schwerpunktsetzung<br />

bedeutet eine Steigerung der Attraktivität sowohl der Universität Graz als auch des<br />

Wissenschaftsstandortes Graz im Rahmen transatlantischer internationaler Kooperationen.<br />

Im Vizerektorat für Internationale Beziehungen der Universität Graz wurde bereits im Jahre 2000 ein<br />

gesamtuniversitärer Schwerpunkt Südöstliches Europa als profilbildender Kern des Universitätsentwicklungskonzeptes<br />

definiert und stellt im Entwicklungsplan der Universität eines der entscheidenden<br />

strategischen Konzepte dar, um die zahlreichen Aktivitäten zu bündeln und besser<br />

koordinieren zu können.<br />

Seither entstand eine Vielzahl neuer Programme und Kooperationen, die dem wachsenden Interesse<br />

sowohl seitens der Studierenden, Lehrenden und Forscher/innen der Universität Graz als auch<br />

der Partnerinstitutionen, aber auch der Universität Graz und ihrer Partneruniversitäten als Institutionen<br />

Rechnung tragen. Der Bogen der gemeinsamen Aktivitäten spannt sich über Forschungsschwerpunkte<br />

an den einzelnen Fakultäten bis hin zu gesamtuniversitären Partnerschaften, Netzwerk-<br />

und Projektbeteiligungen.<br />

Vergleicht man die Mobilitätszahlen der letzten Studienjahre, so ergibt sich ein Bild, das der Strategie<br />

der Universität Graz Recht gibt. Mehr und mehr Grazer Studierende entscheiden sich für einen<br />

Studienaufenthalt an einer südosteuropäischen Partnerinstitution.<br />

In gemeinsamen Aktivitäten mit dem südöstlichen Europa im Rahmen von Netzwerken (Coimbra<br />

Group, Utrecht Network, ARGE Alpe Adria, Donaurektorenkonferenz) sowie Programmen wie TEM-<br />

53


Die Universität Graz setzt Akzente<br />

PUS (Trans- European Mobility Programme<br />

for University Studies), CEEPUS (Central European<br />

Exchange Program for University Studies),<br />

MOEL-Plus (Mittel- und Osteuropäische<br />

Länder) etc. bemüht sich die Universität<br />

Graz, dem steigenden Interesse an Kooperationen<br />

mit dieser für den Bildungsstandort Graz<br />

außerordentlich wichtigen Region gerecht zu<br />

werden.<br />

Darüber hinaus wurden an der Universität Graz<br />

zahlreiche Schwerpunktprogramme ins Leben<br />

gerufen, wie etwa die Stipendienprogramme<br />

mit den Universitäten Zagreb/Kroatien und<br />

Niš/Serbien sowie das Abschluss-Stipendium,<br />

mit dem das Vizerektorat für Internationale Beziehungen<br />

zahlreiche Studierende aus Nicht-EU/<br />

EWR-Ländern beim Abschluss ihres Diplom-,<br />

Lehramts- oder Dissertationsstudiums an der<br />

Universität Graz unterstützen konnte, wobei<br />

mehr als 80% der Stipendien an Studierende<br />

aus Südosteuropa vergeben wurden.<br />

Gemeinsam mit der Kommission der Europäischen<br />

Bischofskonferenzen bei der Europäischen Union<br />

(COMECE) und der Diözese Graz-Seckau entwickelt<br />

die Universität Graz zurzeit die Sommeruniversität<br />

Seggau (Beginn: 2006) mit dem<br />

Ziel der Profilierung künftiger Führungskräfte<br />

für Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft<br />

und Religion. Interdisziplinäre Begegnung<br />

und Zusammenarbeit zwischen Lehrenden<br />

und Studierenden mit den Schwerpunkten<br />

Ost- und Südosteuropa stehen dabei ebenso im<br />

Mittelpunkt des 14-tägigen Programmes wie<br />

das Aufzeigen kultur- und geistesgeschichtlicher<br />

Dimensionen der aktuellen europäischen<br />

Integration.<br />

Bietet sich mit all den erwähnten Programmen<br />

vorrangig Lehrenden und Studierenden<br />

die Möglichkeit, ihre Fachkenntnisse zu erweitern,<br />

so versteht es die Universität Graz darü-<br />

54<br />

ber hinaus als ihre Aufgabe, als „Lebenspartnerin“<br />

die Schwerpunktsetzung „Südöstliches<br />

Europa“ der breiten Öffentlichkeit zugänglich<br />

zu machen, wie sie es ab Wintersemester<br />

2005/2006 mit der überfakultären Vortragsreihe<br />

„SOE-Akademie“ vorhat.<br />

Dass es sich nicht nur um eine strategische<br />

Schwerpunktsetzung der Universität Graz<br />

handelt, sondern diese von der Region mit großer<br />

Überzeugung mitgetragen wird, beweist<br />

die Unterstützung zweier wegweisender Projekte<br />

durch den Zukunftsfonds Steiermark. In<br />

konsequenter Weiterentwicklung der bereits<br />

geleisteten Arbeit dokumentieren die Projekte<br />

das ernsthafte Bemühen der Universität<br />

Graz, die im Entwicklungsplan verankerte<br />

Profilsetzung umzusetzen und über die Universitäten<br />

hinaus, nachhaltig gesellschaftliche,<br />

wirtschaftliche und politische Wirkung zu erzielen.<br />

Die Umsetzung des ersten Projektes „Die<br />

Steiermark – Internationaler Qualifizierungsstandort<br />

für Südosteuropa-Kompetenz“<br />

(http://international.uni-graz.at/soe) berücksichtigt<br />

wirtschaftliche, wissenschaftliche und<br />

kulturelle Gesichtspunkte gleichermaßen und<br />

stellt einen Meilenstein auf dem Weg der Universität<br />

Graz zu einem gesamtuniversitären<br />

Kompetenzzentrum dar. Ziel dieses über den<br />

Zukunftsfonds Steiermark geförderten Projektes<br />

ist es, die Nachhaltigkeit des bisher Erreichten<br />

für die Region zu festigen und in Zusammenarbeit<br />

mit Partnerinstitutionen aus dem südöstlichen<br />

Europa die Kooperation wesentlich<br />

auszubauen und damit die Annäherung der<br />

Bildungslandschaften voranzutreiben. Die thematische<br />

Bandbreite der Projekte umfasst:<br />

• Menschenrechte und wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

in Südosteuropa<br />

• Südosteuropa-Forschungsprojekt


• Südosteuropa-Symposium<br />

• Südosteuropa-Sommerakademie<br />

• Kompetenzzentrum Südosteuropa<br />

• Datenbank Wirtschaft – Recht – Umwelt<br />

in Südosteuropa<br />

• Regional Policies in Europe<br />

• Übersetzer- und Dolmetscherausbildung<br />

Deutsch – Albanisch in Graz und Shkodër<br />

• Historische Anthropologie im südöstlichen<br />

Europa<br />

• International Short Course SEE-HEAD<br />

• Master of Medical Sciences Alpe-Adria<br />

• Studierendenaustauschprojekt mit südeuropäischen<br />

Universitäten<br />

Mit einem zweiten Projektantrag legt die Universität<br />

Graz den Grundstein für eine einzigartige<br />

Innovation in der steirischen Bildungslandschaft:<br />

Im Rahmen des Zukunftsfonds-Projektes<br />

Joint Degrees (http://international.uni-graz.at/<br />

jd/) erarbeitet die Universität Graz sechs Forschungsprojekte.<br />

Es handelt sich hiebei um<br />

ein von mehreren Universitäten gemeinsam<br />

geplantes Studium auf „Bologna-Magister/<br />

Magistra-Ebene“, bei dem mehrere Partnerinstitutionen<br />

als multinationale Konsortien gemeinsame<br />

Curricula entwickeln.<br />

Vor allem die Stärkung der europäischen Dimension<br />

des Studiums und die Erhöhung der<br />

Attraktivität des Europäischen Bildungsraums<br />

stehen dabei im Mittelpunkt. Mit dem Joint<br />

Degree in Südosteuropäischer Geschichte sowie<br />

der Beteiligung südosteuropäischer Universitäten<br />

an einigen der fünf weiteren Programme<br />

(Jüdische Studien, Frauen- und Geschlechterforschung,<br />

Umweltsystemwissenschaften, Alpen-Adria<br />

Joint Degree in Amerikanistik/Anglistik<br />

und Lateinamerika-Studien) bietet sich<br />

die Universität Graz einmal mehr als Brücke in<br />

vielerlei Hinsicht an: Einerseits wird für Österreich<br />

der Weg nach Südosteuropa geöffnet, an-<br />

Die Universität Graz setzt Akzente<br />

dererseits wird im Sinne einer gesamteuropäischen<br />

Integration „Europa“ die Möglichkeit<br />

geboten, sich erweitert zu verstehen.<br />

Die Zusammenarbeit mit den Universitäten<br />

Ljubljana (Slowenien) und Cluj (Rumänien)<br />

im Rahmen des Teilprojektes Südosteuropäische<br />

Geschichte ist nur einer von vielen Bereichen,<br />

in denen die Universität Graz erfolgreich mit<br />

Partnerinstitutionen aus dem südöstlichen Europa<br />

an der Annäherung beider Bildungsräume<br />

und der gemeinsamen Umsetzung des Bologna-<br />

Prozesses zusammenarbeitet. Das Projekt zielt<br />

u. a. auch auf verstärkte gemeinsame Qualitätssicherung<br />

sowie gegenseitige Anerkennung<br />

akademischer Grade und Qualifikationen ab.<br />

Langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit verbindet<br />

die Universität Graz mit ihren Partnerinstitutionen<br />

in Slowenien, den Universitäten<br />

Ljubljana (Univerza v Ljubljani), Maribor<br />

(Univerza v Mariboru), mit denen bereits seit<br />

1990 bzw. 1992 gesamtuniversitäre Partnerschaften<br />

und weitere zahlreiche bilaterale Abkommen<br />

bestehen.<br />

Über bilaterale Kooperationen hinaus sind die<br />

Universitäten Graz und Ljubljana auch im Rahmen<br />

des UTRECHT Network aktiv. So findet<br />

alljährlich eine Summer School des Netzwerkes<br />

in Ljubljana statt, an dem zahlreiche Studierende<br />

der Universität Graz teilnehmen und<br />

Lehrende an der Programmgestaltung mitwirken.<br />

Beide Universitäten gestalten gemeinsam<br />

im Steering Committee des UTRECHT Network<br />

die Schwerpunkte des Netzwerkes mit.<br />

Eine einzigartige Form der Zusammenarbeit<br />

fanden die Universitäten Graz und Maribor<br />

im Rahmen des Gemeinsamen Hörsaals Maribor:<br />

Studierende beider Universitäten besuchten<br />

Lehrveranstaltungen an der jeweiligen<br />

Partneruniversität, die automatisch an der<br />

Heimatuniversität anerkannt wurden. Studie-<br />

55


Univerza Gradec postavlja poudarke<br />

renden aller Fakultäten sowohl aus Graz wie<br />

auch aus Maribor bot sich so die Möglichkeit,<br />

vom Studienangebot beider Universitäten zu<br />

profitierten. Die Wirtschaftskammer Steiermark<br />

unterstützte dieses Programm durch die Übernahme<br />

der Reisekosten.<br />

Dies sind nur einige Beispiele von vielen, die<br />

verdeutlichen, wie es der Universität Graz gelingt,<br />

mit ihrer Schwerpunktsetzung einen<br />

Mehrwert nicht nur für die Institution, sondern<br />

für die gesamten Region zu schaffen.<br />

In Zusammenarbeit mit unseren langjährigen<br />

verlässlichen Partnerinstitutionen wird die<br />

Universität Graz auch weiterhin eine aktive<br />

Rolle in der regionalen wie internationalen Bildungslandschaft<br />

spielen.<br />

Univerza Gradec postavlja<br />

poudarke<br />

Skupno univerzitetno težišče<br />

„Jugovzhodna Evropa“<br />

Že desetletja je univerza v Gradcu na veliko<br />

načinov in v intenzivnem sodelovanju<br />

povezana z regijami Jugovzhodne Evrope.<br />

Gre za obširen lok partnerstev, v katerega<br />

okviru sledi ciljem znanosti, raziskovanja,<br />

izobraževanja in gospodarstva. To tradicionalno<br />

pozicijo je Univerza, odkar je prišlo do<br />

političnih sprememb in spričo naraščajočih<br />

političnih in gospodarskih perspektiv v tem<br />

prostoru, utrdila in uporabila za odločilno<br />

sodelovanje pri razvoju skupnega evropskega<br />

izobraževalnega okvira.<br />

V kooperaciji z „Jugovzhodno Evropo“<br />

krepi Univerza Gradec ne le regionalno<br />

prepletenost in vseevropsko dimenzijo<br />

56<br />

njene identitete kot izobraževalne ustanove.<br />

Težišče pomeni stopnjevanje atraktivnosti<br />

tako Univerze Gradec kot tudi znanstvenega<br />

središča Gradec v okviru transatlantskih<br />

mednarodnih sodelovanj. V uradu rektorjevega<br />

namestnika za mednarodne odnose Univerze<br />

Gradec so že leta 2000 definirali skupno<br />

univerzitetno težišče „Jugovzhodna Evropa“<br />

kot profil izobraževanja, jedro univerzitetnega<br />

razvojnega koncepta in predstavlja v<br />

izobraževalnem planu Univerze odločilen<br />

strateški koncept, namenjen boljši povezanosti<br />

in koordinaciji številnih aktivnosti.<br />

Od takrat je nastalo veliko število novih<br />

programov in kooperacij, ki upoštevajo<br />

naraščajoč interes tako študentov, profesorjev<br />

in raziskovalcev Univerze Gradec, kot tudi<br />

partnerskih institucij, pa tudi Univerzo Gradec<br />

in njene partnerske univerze kot institucije. Lok<br />

skupnih aktivnosti se razteza od raziskovalnih<br />

težišč posameznih fakultet do skupnih<br />

univerzitetnih partnerstev, povezovanj in<br />

udeležb pri projektih.<br />

Primerjava (statistik) mobilnosti zadnjih<br />

študijskih let daje sliko, ki potrjuje strategijo<br />

Univerze Gradec. Zmeraj več graških študentov<br />

se odloča za študijsko bivanje [izmenjavo] na<br />

kateri od jugovzhodnih partnerskih institucij.<br />

S skupnimi aktivnostmi z Jugovzhodno<br />

Evropo v okviru povezovanj (Coimbra<br />

Group, Utrecht Network, ARGE Alpe Adria,<br />

Donaurektorenkonferenz – Rektorska<br />

konferenca Donava), kot tudi s programi<br />

TEMPUS (Trans- European Mobility<br />

Programme for University Studies), CEEPUS<br />

(Central European Exchange Program for<br />

University Studies), MOEL-Plus (Mittel- und<br />

Osteuropäische Länder) itn., se Univerza<br />

Gradec trudi, zadostiti naraščajoči interes za<br />

sodelovanje z regijo, ki je za izobraževalno


središče Gradec osrednjega pomena. Še več,<br />

na Univerzi Gradec so priklicali v življenje<br />

programe in težiščna področja, kot recimo<br />

štipendijske programe z univerzama Zagreb/<br />

Hrvaška in Niš/Srbija, kot tudi štipendijo za<br />

zaključek študija, s katero urad namestnika<br />

za internacionalne odnose podpira številne<br />

študente/ke, ki niso iz dežel EU/EWR, pri<br />

zaključku njihove diplome, zaključnem izpitu<br />

ali dizertaciji na Univerzi Gradec, pri čemer<br />

je bilo več kot 80 % štipendij dodeljenih<br />

študentom/kam iz Jugovzhodne Evrope.<br />

Skupaj s Komisijo evropske škofovske<br />

konference pri Evropski uniji (COMECE)<br />

in Škofijo Gradec-Seckau razvija trenutno<br />

Univerza Gradec poletno univerzo Seggau<br />

(začetek: 2006) s ciljem profiliranja bodočih<br />

vodilnih kadrov v politiki, upravi, znanosti<br />

in religiji. Interdisciplinarno srečanje in<br />

sodelovanje med profesorji in študenti<br />

s težiščem na Vzhodni in Jugovzhodni<br />

Evropi je prav tako v središču pozornosti 14dnevnega<br />

programa, kot tudi predstavitev<br />

kulturnozgodovinske in duhovnozgodovinske<br />

dimenzije aktualne evropske integracije.<br />

Tako kot omenjeni programi prednostno<br />

ponujajo možnost profesorjem in študentom,<br />

da svoje ekspertize sestavijo in nadgradijo,<br />

tako razume Univerza Gradec to dejavnost<br />

kot svojo nalogo, biti „življenjska družica“<br />

težišču „Jugovzhodne Evrope“ in jo predstaviti<br />

širši javnosti, kar načrtuje za zimski semester<br />

2005/2006 v okviru medfakultetne serije<br />

predavanj „SOE-Akademije“.<br />

Da ne gre le za strateško težišče Univerze<br />

Gradec, temveč da jo z močnim prepričanjem<br />

podpira celotna regija, dokazuje sodelovanje<br />

dveh vodilnih projektov „Zukunftsfonds<br />

Steiermark – Štajerskega sklada prihodnosti“. Z<br />

doslednim nadaljnjim razvojem že opravljenega<br />

Univerza Gradec postavlja poudarke<br />

dela dokumentirajo projekti resna prizadevanja<br />

Univerze Gradec, ki uresničujejo v razvojnih<br />

načrtih določene odločitve o profilu in tako<br />

tudi skozi univerzitetno dejavnost dosegajo<br />

trajno družbeno, gospodarsko in politično<br />

delovanje.<br />

Izvedba prvega projekta „Štajerska –<br />

mednarodno kvalifikacijsko mesto za<br />

kopmpetenco Jugovzhodne Evrope“ (http://<br />

international.uni-graz.at/soe) upošteva v enaki<br />

meri gospodarske, znanstvene in kulturne<br />

vidike ter predstavlja enega od mejnikov<br />

na poti Univerze Gradec do splošnega<br />

univerzitetnega kompetenčnega centra. Cilj<br />

tega, preko Štajerskega sklada prihodnosti<br />

dotiranega projekta, je stabilnost do sedaj<br />

doseženega za to regijo utrditi in v sodelovanju<br />

s partnerskimi institucijami iz Jugovzhodne<br />

Evrope sodelovanje bistveno nadgraditi ter s<br />

tem pospešiti zbližanje izobraževalnih krajin.<br />

Tematska širina projekta zajema:<br />

• človekove pravice in gospodarsko<br />

sodelovanje v Jugovzhodni Evropi<br />

• raziskovalni projekt Jugovzhodna Evropa<br />

• simpozij Jugovzhodna Evropa<br />

• poletna akademija Jugovzhodna Evropa<br />

• center kompetence Jugovzhodna Evropa<br />

• banka podatkov gospodarsko-pravno okolje<br />

v Jugovzhodni Evropi<br />

• regionalne politike v Evropi<br />

• izobraževanje tolmačev in prevajalcev<br />

nemško-albansko v Gradcu in Skadru<br />

(Albanija)<br />

• zgodovinska antropologija v Jugovzhodni<br />

Evropi<br />

• International Short Course SEE-HEAD<br />

• Master of Medical Sciences Alpe-Adria<br />

• projekt izmenjave študentov/k z<br />

južnoevropskimi univerzami.<br />

Z drugim projektnim predlogom polaga<br />

57


Univerza Gradec postavlja poudarke<br />

Univerza Gradec mejnik za edinstveno inovacijo<br />

štajerske izobraževalne krajine: V okviru<br />

projekta-sklada prihodnosti pod naslovom<br />

„Joint Degrees“ je Univerza Gradec izdelala<br />

šest tako imenovanih Joint Degrees (http://<br />

international.uni-graz.at/jd/). Gre torej za<br />

skupno načrtovan študij več univerz na stopnji<br />

„Bologna-Magister – bolonjskega magistra“, pri<br />

čemer razvija več partnerskih institucij skupen<br />

kurikulum kot multinacionalni konzorcij.<br />

Predvsem krepitev evropske dimenzije študija<br />

kot tudi povečanje atraktivnosti evropskega<br />

izobraževalnega prostora je pri tem v središču<br />

pozornosti. Z Joint Degree iz jugovzhodne<br />

evropske zgodovine kot tudi z udeležbo<br />

jugovzhodnih univerz pri nekaj od petih<br />

nadaljnjih programov (Judovske študije,<br />

Ženske raziskave in raziskave spolov kot tudi<br />

znanosti sistema okolja, Alpe-Adria Joint<br />

Degree iz amerikanistike/anglistike, študiji<br />

latinske Amerike) se Univerza Gradec ponuja<br />

še enkrat več kot most v mnogoterih pomenih:<br />

po eni strani bo za Avstrijo odprta pot proti<br />

jugovzhodni Evropi, po drugi strani bo v<br />

smislu evropske integracije ponujena možnost,<br />

razumeti „Evropo“ kot razširjeno skupnost.<br />

Sodelovanje z Univerzo Ljubljana (Slovenija) in<br />

Univerzo Cluj (Romunija) v okviru podprojekta<br />

„Jugovzhodna evropska zgodovina“ je le eno od<br />

mnogih področij, pri katerih uspešno sodeluje<br />

Univerza Gradec s partnerskimi institucijami<br />

iz „Jugovzhodne Evrope“ pri približevanju obeh<br />

izobraževalnih prostorov in skupni izvedbi<br />

bolonjskih procesov. Projekt stremi med drugim<br />

tudi k povečani skupni zagotovitvi kvalitete,<br />

kot tudi obojestranskemu priznavanju<br />

akademskih stopenj in kvalifikacij.<br />

Dolgoletno uspešno sodelovanje združuje<br />

Univerzo Gradec s partnerskima institucijama<br />

iz Slovenije, z Univerzo v Ljubljani in Mariboru,<br />

58<br />

s katerima že od leta 1990 oz. 1992 obstaja<br />

skupno univezitetno partnerstvo in številni<br />

bilateralni dogovori.<br />

Z vidika bilateralnih kooperacij sta Univerza<br />

Gradec in Univerza Ljubljana aktivni tudi v<br />

okviru UTRECHT Networka. Tako v Ljubljani<br />

vsako leto prirejajo poletno šolo Networka,<br />

ki se je udeležujejo mnogi študenti/ke in<br />

profesorji Univerze Gradec, ki sodelujejo tudi<br />

pri oblikovanju programa. Obe univerzi skupaj<br />

oblikujeta težišča sodelovanja v Steering<br />

Committeeju UTRECHT Networka.<br />

Edinstveno obliko sodelovanja sta našli<br />

Univerza Gradec in Maribor v okviru „skupnih<br />

predavalnic Maribor“. Šudenti in študentke obeh<br />

univerz so obiskovali predavanja partnerskih<br />

univerz, ki so bila avtomatsko priznana tudi<br />

na domači univerzi. Tako graškim kot tudi<br />

mariborskim študentom/kam vseh fakultet<br />

se je ponudila možnost izkoristiti študijsko<br />

ponudbo obeh univerz. Štajerska gospodarska<br />

zbornica je podprla ta program s prevzemom<br />

stroškov prevoza.<br />

To je le nekaj primerov od mnogih, ki<br />

ponazarjajo, kako uspeva Univerzi Gradec s<br />

svojim težiščnim pristopom ustvariti presežno<br />

vrednost – ne le za institucijo, temveč za<br />

celotno regijo.<br />

V sodelovanju z našimi dolgoletnimi<br />

zanesljivimi partnerji bo Univerza Gradec tudi<br />

nadalje igrala aktivno vlogo v regionalni in<br />

internacionalni izobraževalni krajini.


ZUR PERSON – O AVTORJU<br />

Roberta Maierhofer<br />

Vizerektorin für Internationale Beziehungen<br />

und Frauenförderung der Karl-Franzens Universität<br />

Graz • Studium der Anglistik/Amerikanistik<br />

und Germanistik, Lehramt (1985) und<br />

Doktorat (1992), Universität Graz • Studium<br />

der Vergleichenden Literaturwissenschaften,<br />

(1987), State University of New York, Binghamton.<br />

• Venia Docendi für das Fach „Amerikanistik“.<br />

• Fulbright Professor, University<br />

of Pennsylvania, Philadelphia, USA (1995).<br />

• Adjunct Associate Professor der Binghamton<br />

University, NY (seit 1996). • Paul Petry<br />

Preis für Alterswissenschaften (1998).<br />

• Vizerektorin für Internationale Beziehungen<br />

nach UOG 93 (1999-2003). • Vizerektorin für Internationale<br />

Beziehungen und Frauenförderung<br />

nach UG 2002 (ab 2003). – izr. univ. prof. mag.<br />

dr. Roberta Maierhofer, M.A., namestnica<br />

rektorja za mednarodne odnose in podporo<br />

žensk, Karl-Franzens Universität Graz. • Študij<br />

anglistike/amerikanistike in germanistike,<br />

diploma (1985) in doktorat (1992),<br />

Univerza Gradec. • Študij primerjalne<br />

književnosti (1987), State University of<br />

New York, Binghamton. • Venia Docendi<br />

za predmet amerikanistika. • Fulbright<br />

Professor, University of Pennsylvania,<br />

Philadelphia, USA (1995). • Adjunct Associate<br />

Professor, Binghamton University, NY<br />

(od 1996). • Nagrada Paul Petry za znanosti<br />

tretjega življenjskega obdobja (1998).<br />

• Namestnica rektorja za internacionalne<br />

odnose po UOG 93 (1999-2003). • Namestnica<br />

rektorja za internacionalne odnose in podporo<br />

žensk po UG 2002 (od 2003). Univerza<br />

Gradec postavlja poudarke Skupno univerzitetno<br />

težišče „Jugovzhodna Evropa“.<br />

Univerza Gradec postavlja poudarke<br />

59


Bildgalerie – galerija slik III<br />

Der mazedonische Kurator Oliver Musovik spricht anlässlich der Eröffnung im Juli 2005. – govor makedonskega kuratorja Oliverja Musovika na otvoritvi<br />

julija 2005<br />

60


Grenzen erzählen<br />

Reflexionen zur Wanderausstellung<br />

„Geschichte und Geschichten der Nachbarschaft“<br />

Putovní výstava „Historie a příběhy sousedství“ 1<br />

� Text: Angelika Brechelmacher<br />

Als ARGE grenzen erzählen hatten sich Tanja Täuber, Gabriela Miechtner und ich vor mehr als zwei<br />

Jahren die Aufgabe gestellt, den öffentlichen Diskurs zum nachbarschaftlichen Verhältnis zwischen<br />

Tschechen/innen und Österreichern/innen, der seit Beginn der Verhandlungen zur bisher<br />

größten Erweiterung der Europäischen Union in österreichischen Medien eingesetzt hatte, zu hinterfragen.<br />

Welche Bilder, welche Stereotype begründeten die in Meinungsumfragen vordergrün-<br />

Rübenernte bei Znojmo – spravilo pese pri kraju Znojmo<br />

Grenzen erzählen<br />

61


Grenzen erzählen<br />

dig konstatierten „Ängste der Österreicher/innen“<br />

2 vor dem EU-Beitritt der Tschechischen<br />

Republik? In wessen Namen pochten politische<br />

Machtzirkel auf vereinheitlichend „nationale“<br />

Interessen, die durch den Beitritt der<br />

Nachbarstaaten gefährdet würden? [Gemeint<br />

ist der Diskurs medialer und politischer Eliten,<br />

die in den politischen Zentren den Topos der<br />

„Angst der Bevölkerung“ zur Durchsetzung eigener<br />

Interessen hervorhoben (FPÖ, Gewerkschaft,<br />

Bauernbund etc.)] Wie blickte man an<br />

der so genannten „Peripherie“, in der Grenzregion<br />

selbst, der Erweiterung entgegen? Überwogen<br />

auch hier national bis nationalistisch<br />

geprägte „Ängste“ oder hatte sich längst ein regionales,<br />

grenzüberschreitendes Bewusstsein<br />

entwickelt, das in der Bundeshauptstadt Wien<br />

einfach (noch) nicht wahrgenommen wurde?<br />

Diese und ähnliche Fragen beschäftigten<br />

uns. Wir erwarteten Antworten in der Region<br />

selbst, auf beiden Seiten der Grenze, am besten<br />

von derjenigen Generation, die nachbarschaftliches<br />

Zusammenleben noch vor der Errichtung<br />

des Eisernen Vorhangs erlebt hatte.<br />

Grenzen erzählen – Sammeln von Erinnerungen.<br />

Die Interviewserie „Frauen-Leben<br />

an der Grenze“ eröffnete 2003 eine Reihe von<br />

grenzübergreifenden Projekten der ARGE grenzen<br />

erzählen in der österreichisch-tschechischen<br />

Grenzregion Weinviertel-Südmähren. Die älteste<br />

Generation hat mit der Zwischenkriegszeit<br />

eine Periode erlebt, in der Kontakt zwischen<br />

den Ethnien Alltag war. Viele Frauen<br />

und Männer beherrschten neben der Muttersprache<br />

auch die Sprache der Nachbarn/innen.<br />

Fünfzehn biographisch-narrative Interviews<br />

mit elf durchschnittlich 80-jährigen Frauen und<br />

vier Männern derselben Generation erlaubten<br />

uns Einblick in die Kindheit und Jugend dies-<br />

62<br />

seits und jenseits der österreichisch-tschechischen<br />

Grenze, in die nachbarschaftlichen Beziehungen,<br />

aber auch in die Verfolgungen 1938<br />

und die Zwangsaussiedlungen 1945. In den Interviews<br />

trafen wir bisweilen auf stereotype<br />

ethnische Abgrenzungen und Abwertungen.<br />

Die Erzählungen von persönlichen Begegnungen<br />

aber stellten Brüche dieser Stereotype dar<br />

und spiegelten sehr wohl nachbarschaftliche<br />

Nähe. Die Klischees und ihre Brüche, die persönlichen<br />

Erfahrungen im Alltag standen im<br />

Mittelpunkt unseres Interesses.<br />

Zuhören und Hinschauen. Die Erzählenden<br />

sprachen auf Tschechisch und Deutsch, häufiger<br />

auf Deutsch. Bisweilen wechselten sie<br />

mitten in der Geschichte in die andere Sprache.<br />

Manche beklagten, die meisten Vokabeln<br />

seit der Schulzeit vergessen zu haben.<br />

Als wir dann im Sommer 2004 mit allen Interviewpartnern/innen<br />

aus der Interviewserie<br />

„Frauen-Leben an der Grenze“ in Retz den internationalen<br />

Workshop Grenzen erzählen veranstalteten,<br />

funktionierte die Verständigung<br />

jedenfalls wunderbar. In einer großen Erzählrunde<br />

sprachen Frauen und Männer aus Suchohrdly,<br />

Retzbach, Brno, Hohenau, Bulhary<br />

und Poysdorf über ihr Leben in der Grenzregion<br />

und die Beziehung zu den Nachbarn und<br />

Nachbarinnen. Jedes Statement wurde simultan<br />

in die jeweils andere Sprache übersetzt.<br />

Zwei Stunden Zuhören, ohne Unterbrechung,<br />

mit hoher Aufmerksamkeit und gegenseitigem<br />

Respekt. Trotz ihres teilweise hohen Alters<br />

und trotz der Beschwerlichkeit der Anreise<br />

hatten rund dreißig Personen teilgenommen.<br />

Gemeinsames Mittagessen, Jause und Plaudern<br />

in kleineren Gruppen, gelöste Stimmung<br />

bis zum Schluss der Veranstaltung.


Katarina Eder aus Unterretzbach und Terezia Líčeniková aus Bulhary<br />

beim internationalen Workshop Grenzen erzählen, Retz 2004 –<br />

Katarina Eder iz Unterretzbacha in Terezia Líčeniková iz Bulharya na<br />

internacionalnem workshopu Meje pripovedujejo, Retz 2004<br />

Alle unsere Gesprächspartner und -partnerinnen<br />

hatten wir mehrmals zu Hause besucht.<br />

Mit Tonband und Kamera dokumentierten<br />

wir die Gesprächssituationen. Die transkripierten<br />

Interviews legten wir den Erzählern/innen<br />

nochmals vor, Missverständnisse wurden<br />

korrigiert. Immer neue Erinnerungen kamen<br />

hoch, Ergänzungen, Einschübe. Viel Zeit nahmen<br />

wir uns für die Auswahl der persönlichen<br />

Fotos, die in der Ausstellung zum Abschluss<br />

der Projektserie dokumentiert werden sollten.<br />

Wir saßen lange Nachmittage in Suchohrdly,<br />

Hohenau und den anderen Orten und blätterten<br />

gemeinsam in den alten Fotos. Zu jedem<br />

Ludmila Štanclovás Leidenschaft galt dem Schauspiel in einer Laiengruppe,<br />

mit der sie in den späten Zwanzigerjahren in Znojmo und den umliegenden<br />

Dörfern auftrat. Ludmila Štanclová verstarb im Frühjahr 2005.<br />

– Strast Ludmile Štanclová je bila igra v gledališki amaterski skupini, s<br />

katero je nastopala v poznih dvajsetih letih v Znojmovem in okoliških<br />

vaseh. Ludmila Štanclová je umrla spomladi 2005.<br />

Grenzen erzählen<br />

Foto neue Geschichten, die Schicksale der Eltern<br />

und Großeltern, der Tanten und Onkel.<br />

Wie sollten wir den Faden behalten, den Blickwinkel<br />

der Ausstellung auf die gemeinsame<br />

Kindheit und Jugend, die Nachbarschaft in der<br />

Grenzregion?<br />

Wir zeichneten alle Gespräche auf, transkripierten<br />

und übersetzen die Texte. Die Vorbereitung<br />

der letzten und größten Station unserer<br />

eigenen Reise durch die Geschichten und<br />

die Geschichte der Grenzregion begann. Die<br />

zweisprachige Wanderausstellung „Geschichte<br />

und Geschichten der Nachbarschaft“ – Putovní<br />

výstava „Historie a příběhy sousedství“<br />

und der deutsch-tschechischsprachige Film<br />

„grenzen erzählen“ – „vyprávéní z pohraniči“<br />

sollten das Erlebte sichtbar machen, unabhängig<br />

von politischen Einstellungen und historischer<br />

Übereinstimmung. Den alltäglichen<br />

und auch besonderen „Geschichten der Nachbarschaft“<br />

wollten wir in dieser Ausstellung<br />

Raum geben.<br />

Der sozialanthropologische Blickwinkel. 3<br />

„Grenzen erzählen“ – entwächst der ethnologischen<br />

Annahme, dass Kulturen lebendig und in<br />

ständiger Bewegung sind. Nachbarschaftliches<br />

Interagieren verschiedener ethnischer Gemeinschaften<br />

kann auf staatlicher Ebene von nationaler<br />

Ab- bzw. Ausgrenzung begleitet sein.<br />

Dieses Ineinanderfließen unterschiedlicher<br />

gesellschaftlicher Dynamiken entpuppte sich<br />

im Lauf der Interviewserie als Schwerpunkt<br />

der Forschung. Nicht nur nachbarschaftliches<br />

Zusammenleben und grenzüberschreitende<br />

Festlichkeiten, sondern auch Zwangsaussiedlungen<br />

und traditionelle Vorurteile flossen in<br />

die Erzählungen ein. Unser „Ziel war es […],<br />

die individuellen Selbst- und Weltbilder so zu<br />

63


Grenzen erzählen<br />

Eröffnung in Poysdorf / Weinmarkt – otvoritev v Poysdorfu / Weinmarktu<br />

erkunden und ernstzunehmen, wie sie erzählt<br />

wurden. […] Die historische Tiefe [der] Untersuchungen<br />

hingegen war weitgehend vom<br />

kollektiven Gedächtnis selbst bestimmt: Die<br />

Geschichte konnte miteinfließen, soweit sie<br />

eben eine wahrnehmbare Rolle in den Erinnerungen<br />

und Identitätsbildern der Gewährsleute<br />

spielt.“ 4 .<br />

Aufbau und Gestaltung der Wanderausstellung.<br />

Die Ausstellung wurde als virtueller Spaziergang<br />

an der Grenze gestaltet. Wir hielten<br />

uns an einen groben chronologischen Verlauf.<br />

Nicht eingehalten wurde der einheitliche/vereinheitlichende<br />

Blickwinkel. Als Gestalterinnen<br />

der Ausstellung hüpften wir hin und her,<br />

horchten hüben und drüben, fügten zusammen<br />

und trennten, indem wir die erzählten<br />

Passagen von dieseits und jenseits der Grenze<br />

aneinanderreihten, eine einheitliche, national<br />

bekömmliche Sichtweise verweigernd.<br />

Wir brachten die Erzählungen nur am Rande<br />

mit so genannten historischen Fakten in Verbindung.<br />

Auf einer einleitenden Tafel listeten<br />

wir einige einschneidende Ereignisse von der<br />

Zwischenkriegszeit an bis in die Sechzigerjahre<br />

auf. „Manchmal weiß man nicht mehr, in<br />

64<br />

welcher Zeit und auf welcher Seite der Grenze<br />

man in den Erzählungen gerade eintaucht,<br />

aber vielleicht ist das ja auch die zentrale Aussage“,<br />

schrieb einer unserer Besucher ins Gästebuch.<br />

Das war in unserem Sinn.<br />

Im chronologischen Verlauf folgen wir zunächst<br />

den Lebensabschnitten unserer Gesprächspartner/innen:<br />

Kindheit und Schule dokumentiert die ersten<br />

Jahre im Leben unserer Interviewpartner/innen.<br />

Viele von ihnen waren in dieser Zeit beider<br />

Sprachen mächtig.<br />

Festlichkeiten spielten in den erzählten Biografien<br />

eine wichtige Rolle. Sie waren Momente<br />

kultureller Begegnung. Kirtage und Hochzeiten<br />

boten Gelegenheit zu verwandtschaftlichen<br />

Besuchen über die Grenze. Steroetype Darstellungen<br />

boten Grundlage für kulturelle Vergleiche:<br />

„Die haben tanzen können, die Südmährer!<br />

Wie die Südmährer haben tanzen können,<br />

hat niemand tanzen können. Die haben tanzt,<br />

links und rechts!“ 5<br />

Landwirtschaft – Kleiner Grenzverkehr<br />

– Lehrjahre – Schwere Zeiten dokumentieren<br />

Broterwerb und lokale und grenzüberschreitende<br />

wirtschaftliche Verflechtungen<br />

in der Region. Auch Schmuggelgeschichten,<br />

liebevoll „Kleiner Grenzverkehr“ genannt,<br />

werden schmunzelnd zum Besten gegeben:<br />

„Ån d’ Schuach håd mas dakennt, ob de von<br />

drüm woan. De håm olle hintn nua die Noht<br />

ghåbt, jå? Die unsan habm des Bandl då hintn<br />

rauf ghåbt – und wånn wea die Schuach mit<br />

da Noht hintn ghåbt hat, da håt ma gwußt,<br />

des san die büllichen Bata-Schuach. Do sand<br />

d’ Lei mit so rechte Hatscha einigångan und<br />

die hams dånn drinnan bein Hoamgehn in an<br />

Åcka gwoafm und håm si die neichn Schuach<br />

ånzogn.“ 6


Brüche der Nachbarschaft fasst die Erzählungen<br />

zur nachbarschaftliche Situation vom „Anschluss“<br />

Österreichs an das nationalsozialistische<br />

Deutschland 1938 und der Annektierung<br />

tschechoslowakischer Gebiete durch die Nazionalsozialisten<br />

bis zur Antwort der tschechoslowakischen<br />

Regierung bei Kriegsende, der<br />

rigorosen Zwangsaussiedlung der deutschsprachigen<br />

Bevölkerung ab 1945, zusammen.<br />

Im Kulturhaus von Bulhary – V kulturnem domu Bulharyja<br />

Im Kulturhaus von Suchohrdly bei Znojmo – V kulturnem domu<br />

Suchohrdly-ja pri Znojmovem<br />

Leben an der Grenze richtet den Blick nochmals<br />

auf die Veränderungen im Grenzraum<br />

Grenzen erzählen<br />

und den damit verbundenen Wandel sozialer<br />

Begegnungen nach dem Zweiten Weltkrieg, in<br />

der kommunistischen Ära und nach der Öffnung<br />

der Grenzen 1989. Mit kurzen biografischen<br />

Texten werden die Erzähler/innen zum<br />

Abschluss der Ausstellung vorgestellt. Fotoporträts<br />

geben die Situation des Erzählens wieder.<br />

Eine zweisprachige Landkarte vereinfacht das<br />

Wiederauffinden von erwähnten Ortschaften.<br />

Terezia Líčeniková vor den Abbildungen ihrer Eltern – Terezia Líčeniková<br />

pred fotografijami svojih staršev<br />

Maria Marschitz bei der Eröffnung im Kulturhaus von Bulhary – Maria<br />

Marschitz ob otvoritvi v kulturnem domu Bulharyja<br />

Sie benennt die Ortschaften im südmährischen<br />

Raum in beiden Sprachen und ermög-<br />

65


Grenzen erzählen<br />

licht die räumliche Zuordnung der Erzählungen.<br />

Der letzte Teil der Ausstellung schließlich<br />

dokumentiert die Wanderung der Ausstellung<br />

selbst, im Zickzack durch die Ortschaften des<br />

Weinviertels und Südmährens, nach Retz, Suchohrdly<br />

u Znojmo, Poysdorf, Bulhary u Mikulova<br />

bis in die Kreishauptstadt Brno und ins<br />

Museumsquartier in Wien. Beim Aufbau des<br />

virtuellen Grenzspaziergangs in den Gemeinden<br />

wurde uns nicht nur praktische Hilfe zuteil,<br />

die Darstellungen auf den Tafeln wurden<br />

jeweils bereits vor der Eröffnung interessiert<br />

kommentiert und ergänzt, Personen und Orte<br />

wurden wiedererkannt.<br />

Zu den Eröffnungen kamen unsere Interviewpartner/innen<br />

als Ehrengäste. Manche von ihnen<br />

begleiteten die Ausstellung sogar durch<br />

mehrere Orte. Die letzte Station führte uns<br />

schließlich ganz in den Süden Österreichs, an<br />

die Grenze zu Slowenien, ins Pavel-Haus bei<br />

Bad Radkersburg.<br />

66<br />

ANMERKUNGEN<br />

1 Ein Projekt der ARGE grenzen erzählen in Kooperation mit Česky Svaz<br />

Žen / jihomoravská krajská organizace und der ÖAR Regionalberatung<br />

GmbH.<br />

2 Vgl. Angelika Brechelmacher, Österreichs Politik auf der Suche nach<br />

europäischer Identität – eine Analyse des politischen und medialen<br />

Diskurses zur Entwicklung und Akzeptanz von „europäischer Identität“ zur<br />

Zeit des österreichischen Ratsvorsitzes, in: Helmut Gruber – Florian Menz –<br />

Oswald Panagl (Hg.), Sprache und politischer Wandel. Frankfurt u. a. 2003,<br />

S. 131-150. – Angelika Brechelmacher, Identity by way of demarcation – the<br />

discourse on the expansion of the European Union in Austria´s leading daily<br />

papers, in: Anna Duszak (Hg.), Us and Others – Social identities across<br />

languages, discourses and cultures. Amsterdam – Philadelphia 2002, S.<br />

293-320.<br />

3 Zitiert aus: Angelika Brechelmacher – Tanja Täuber – Gabriela Miechtner,<br />

Putovní výstava „Historie a příběhy sousedství“ | Wanderausstellung<br />

„Geschichte und Geschichten der Nachbarschaft“. Katalog zur<br />

gleichnamigen Ausstellung und DVD „grenzen erzählen“. Wien 2005.<br />

4 Katharina Eisch, Grenze. Eine Ethnographie des bayrisch-böhmischen<br />

Grenzraums. München, 1996.<br />

5 Franziska Autrieth, Kleinriedenthal, März 2004.<br />

6 Maria Exel sen., Mitterretzbach, Dezember 2003.


Meje pripovedujejo<br />

refleksije potujoče razstave<br />

„Geschichte und Geschichten der<br />

Nachbarschaft“ – „Zgodovina in zgodbe<br />

sosedstva“ | Putovní výstava „Historie a<br />

příběhy sousedství“ 1<br />

Kot ARGE grenzen erzählen – meje pripovedujejo<br />

smo si Tanja Täuber, Gabriela Miechtner<br />

in jaz pred več kot dvema letoma zadale<br />

nalogo, pogledati v ozadje javnega diskurza<br />

o sosedskih odnosih med Čehi/njami in<br />

Avstrijci/kami, ki je, od začetka pogajanj ob<br />

največji širitvi Evropske unije doslej, zagrabila<br />

avstrijske medije. Kakšne prispodobe,<br />

stereotipe, centralno ugotovljene „strahove“<br />

„Avstrijcev/k“ 2 utemeljujejo z raziskavami<br />

javnega mnenja pred EU-pristopom Češke<br />

republike? Je to bil le diskurz mestnih centrov,<br />

ki potiska naprej nacionalne interese? Kakšen<br />

je pogled na tako imenovano „periferijo“,<br />

v sami obmejni regiji, glede na širitev? Ali<br />

tudi tam prevladujejo nacionalni in vse do<br />

nacionalistično oblikovanih „strahov“, ali pa<br />

se je že zdavnaj razvila regionalna, čezmejna<br />

zavest, ki v glavnem mestu Dunaju enostavno<br />

(še) ni zaznana? Ta in podobna vprašanja<br />

so nas zanimala. Odgovore smo si obetali<br />

v regiji sami, na obeh straneh meje, najraje<br />

od generacije, ki je sosedsko skupno življenje<br />

doživela še pred postavitvijo železne zavese.<br />

Meje pripovedujejo – zbiranje spominov.<br />

Serija intervjujev „Frauen-leben an der Grenze“<br />

– „Žensko življenje na meji“ je 2003 odprla niz<br />

čezmejnih projektov ARGE meje pripovedujejo<br />

v avstrijsko-češki obmejni regiji Weinviertel<br />

– Južna Moravska. Najstarejša generacija je z<br />

Meje pripovedujejo<br />

medvojnim časom doživela periodo, v kateri<br />

je bil stik med etnijama del vsakdana. Veliko<br />

žensk in moških je ob materinščini obvladalo<br />

tudi jezik sosedov, češko in nemško, nemško<br />

in češko. Petnajst biografsko-narativnih<br />

intervjujev z enajstimi povprečno 80-letnimi<br />

ženskami in štirimi moškimi iste generacije<br />

nam je omogočilo vpogled v otroštvo in<br />

mladost tostran in onstran avstrijsko-češke<br />

meje, v sosedske odnose, pa tudi v preganjanje<br />

leta 1938 in v prisilno izselitev leta 1945. V<br />

intervjujih smo včasih naleteli na stereotipe<br />

etnične razmejitve in razvrednotenja. Zgodbe<br />

osebnih srečanj pa so pokazale zlom teh<br />

stereotipov in so vsekakor zrcalile sosedsko<br />

bližino. Klišeji in njihov zlom, osebne izkušnje<br />

v vsakdanjiku, so bili v središču našega<br />

interesa.<br />

Poslušati in gledati. Pripovedovalci/ke so<br />

govorili po češko in nemško, pogosteje po<br />

nemško. Včasih so sredi zgodbe zamenjali<br />

jezik. Nekateri/e so tožili/e, da so večino besed<br />

iz šolskega časa pozabili/e. Ko smo poleti 2004<br />

z vsemi intervjuvanimi iz serije intervjujev<br />

„Žensko življenje na meji“ organizirali v Retzu<br />

internacionalni workshop „Meje pripovedujejo“,<br />

je razumevanje potekalo vsekakor čudovito.<br />

Na velikem pripovednem omizju so govorile<br />

ženske in moški iz Suchohrdlyja, Retzbacha,<br />

Brna, Hohenaua, Bulharyja in Poysdorfa o<br />

svojem življenju v obmejni regiji in o odnosih<br />

s sosedi in sosedami. Vsaka izjava je bila<br />

simultano prevedena v en ali drug jezik.<br />

Dve uri poslušanja, brez prekinitev, z veliko<br />

pozornosti in medsebojnega spoštovanja. Kljub<br />

njihovi deloma visoki starosti in napornemu<br />

prihodu je sodelovalo okrog trideset oseb.<br />

Skupno kosilo, malica in klepet v manjših<br />

skupinah, so pripomogli k sproščenemu<br />

67


Meje pripovedujejo<br />

počutju do konca prireditve. Vse naše partnerje<br />

in partnerke pogovora smo večkrat obiskali<br />

doma. Z magnetofonskim trakom in kamero<br />

smo dokumentirali pogovorne situacije.<br />

Prepisane intervjuje smo še enkrat predložili<br />

pripovedovalcem/kam, nesporazumi so bili<br />

popravljeni. Zmeraj znova so na plano privreli<br />

novi spomini, dopolnitve, vrinjeni odstavki.<br />

Veliko časa smo si vzeli pri izboru osebnih<br />

fotografij, ki naj bi dokumentirale razstavo ob<br />

koncu projektne serije. Veliko popoldnevov<br />

smo presedeli v Suchohrdlyju in Hohenauu<br />

in drugih krajih in skupno listali po starih<br />

fotografijah. K vsaki fotografiji nove zgodbe,<br />

usode staršev in starih staršev, tet in stricev.<br />

Kako naj obdržimo [rdečo] nit, zorni kot<br />

razstave na otroštvo in mladost, sosedstvo v<br />

obmejni regiji?<br />

Posneli smo vse pogovore, jih zapisali in<br />

prevedli. Priprava zadnje in največje postaje<br />

našega potovanja skozi zgodbe in zgodovino<br />

obmejne regije se je začela. Dvojezična potujoča<br />

razstava „Zgodovina in zgodbe sosedstva“<br />

| Putovní výstava „Historie a příběhy<br />

sousedství“ in film v nemškem in češkem<br />

jeziku „Meje pripovedujejo“ | „vyprávéní z<br />

pohraniči“ naj bi doživeto naredila vidno,<br />

neodvisno od političnih naravnanosti in<br />

zgodovinskih analogij. Vsakdanjemu in tudi<br />

posebnim „zgodbam iz sosedstva“ smo želeli<br />

dati mesto na tej razstavi.<br />

Socialno-antropološki zorni kot. 3 Raziskava<br />

„meje pripovedujejo“ izhaja iz etnološke<br />

predpostavke, da so kulture žive in v<br />

nenehnem premikanju. Sosedsko medsebojno<br />

delovanje različnih etničnih skupnosti<br />

lahko na državni ravni spremlja nacionalna<br />

razmejitev oz. izključevanje. To prehajanje<br />

različnih družbenih dinamik se je v teku serije<br />

68<br />

intervjujev izkazalo kot težišče raziskave. Ne<br />

samo sosedsko skupno življenje in čezmejne<br />

slovesnosti, temveč tudi prisilno izseljevanje<br />

in tradicionalni predsodki so vpleteni v<br />

pripovedovanja. Naš „cilj je bil […] individualne<br />

lastne podobe in podobe o svetu raziskati<br />

in jemati resno, kot so bile pripovedovane.<br />

[…] Zgodovinska globina raziskav pa je bila<br />

nasprotno v veliki meri določena s samim<br />

kolektivnim spominom: Zgodovina je bila<br />

dodana, v kolikor je igrala zaznavno vlogo v<br />

spominih in podobah identitete zaupnikov/<br />

c.“(Eisch 1996) 4 .<br />

Postavitev in oblikovanje potujoče razstave.<br />

Razstava je bila oblikovana kot sprehod ob<br />

osvetljenih inštalacijah vzdolž meje. Držale<br />

smo se grobega kronološkega poteka. Nismo pa<br />

se držale enotnega/poenotenega zornega kota.<br />

Kot oblikovalke razstave poskakujemo sem ter<br />

tja, prisluškujemo tod in onstran, spajamo in<br />

ločujemo, tako da nizamo pripovedovane pasaže<br />

tostran in onstran meje in s tem zavračamo<br />

enoten nacionalni pogled. Pripovedi smo<br />

samo obrobno povezale s tako imenovanimi<br />

zgodovinskimi dejstvi. Na uvodnem panoju<br />

smo naštele nekatere odločilne dogodke od<br />

medvojnega časa do šestdesetih let. „Včasih<br />

človek ne ve več, v katerem času in na kateri<br />

strani meje se je pravkar zatopil v zgodbe, toda<br />

mogoče je prav to ključna izjava,“ je zapisal<br />

eden naših obiskovalcev v knjigo gostov. To je<br />

bil tudi naš namen.<br />

V kronološkem poteku sledimo življenjskemu<br />

obdobju naših pogovornih partnerjev/ic:<br />

Otroštvo in šola dokumentira prva leta življenja<br />

naših intervjuvancev/k. Mnogi od njih so bili<br />

v tistem času dvojezični.<br />

Slovesnosti so igrale v pripovedovanih<br />

biografijah pomembno vlogo. Bile so trenutki


kulturnih srečanj. Sejmi in poroke so nudili<br />

priložnost sorodstvenih obiskov čez mejo.<br />

Stereotipni prikazi ponujajo osnovo za<br />

kulturne primerjave: „Ti so znali plesati, ti<br />

južni Moravci! … tako kot so znali plesati<br />

južni Moravci, tako ni znal plesati nihče. Ti so<br />

plesali, levo in desno!“ 1<br />

Kmetijstvo – maloobmejni promet – učna<br />

doba – težki časi dokumentirajo zaslužek in<br />

lokalno ter čezmejno gospodarsko prepletenost<br />

v regiji. Tihotapske zgodbe, ljubko imenovane<br />

„maloobmejni promet“, ponazarjajo najbolje:<br />

„Po čevljih smo jih prepoznali, ali ti prihajajo<br />

od tam preko. Ti [čevlji] so vsi imeli samo en<br />

šiv od zadaj, da? Naši so imeli odzadaj trak<br />

– in, če je imel nekdo čevlje s šivom od zadaj,<br />

smo vedeli, to so poceni Bata čevlji. Od tam<br />

so ljudje prišli z res pošvedranimi čevlji, na<br />

poti domov pa so se preobuli in stare vrgli na<br />

njivo.“ 5<br />

Prelomi sosedstva združijo zgodbe sosedskega<br />

položaja od priključitve Avstrije k nacistični<br />

Nemčiji 1938 in anektiranja čehoslovaškega<br />

področja s strani nacistov do odgovora<br />

čehoslovaške vlade konec vojne, rigoroznega<br />

prisilnega izseljevanja nemškogovorečega<br />

prebivalstva od 1945.<br />

Življenje na meji usmerja pogled še enkrat na<br />

spremembe v obmejnem prostoru in s tem<br />

povezano spreminjanje socialnih srečanj po<br />

drugi svetovni vojni, v komunistični dobi in<br />

po odprtju meja 1989.<br />

S kratkimi biografijami so ob koncu razstave<br />

predstavljeni/e pripovedovalci/ke. Fotografski<br />

portreti prikazujejo situacijo pripovedovanja.<br />

Dvojezičen zemljevid poenostavlja iskanje<br />

omenjenih krajev. V obeh jeziki so poimenovani<br />

kraji v južnomoravskem prostoru in s tem<br />

omogočajo prostorsko določitev zgodb.<br />

Zadnji del razstave končno dokumentira<br />

potujočo razstavo samo, v cikcaku skozi kraje<br />

Weinviertela in Južne Moravske, proti Retzu,<br />

Suchohrdlyju in Znojmovem, Poysdorfu,<br />

Bulharyju in Mikulovaji do okrožnega<br />

glavnega mesta Brno in v muzejsko bivališče<br />

na Dunaju. Pri postavitvi inštalacij v občinah<br />

nismo dobile le praktične pomoči, predstavitve<br />

na panojih so bile še pred otvoritvami z<br />

zanimanjem komentirane in dopolnjene, osebe<br />

in kraji prepoznani. K otvoritvam so prišli naši<br />

intervjuvanci/ke kot častni/e gostje. Nekateri/<br />

e od njih so spremljali/e razstavo skozi več<br />

krajev. Zadnja postaja nas je peljala čisto na jug<br />

Avstrije, na mejo s Slovenijo, v Pavlovo hišo v<br />

Radgono.<br />

OPOMBE<br />

Meje pripovedujejo<br />

1 Projekt ARGE grenzen erzählen – meje pripovedujejo je kooperacija z/s<br />

kooperací: Česky Svaz Žen – jihomoravská krajská organizace in ÖAR<br />

Regionalberatung GmbH<br />

2 prim. Brechelmacher, Angelika (2003): Österreichs Politik auf der Suche<br />

nach europäischer Identität – eine Analyse des politischen und medialen<br />

Diskurses zur Entwicklung und Akzeptanz von „europäischer Identität“ zur<br />

Zeit des österreichischen Ratsvorsitzes – Avstrijska politika na poti iskanja<br />

evropske identitete – analiza političnega in medijskega diskurza za razvoj<br />

in akceptanco „evropskih identitet“ v času avstrijskega predsedovanju<br />

svetu, v: Gruber, Helmut; Menz, Florian; Panagl, Oswald (Hg.): Sprache<br />

und politischer Wandel – Jezik in politična sprememba. Frankfurt et al.:<br />

Peter Lang. S. 131-150. – Brechelmacher, Angelika (2002): Identity by way<br />

of demarcation – the discourse on the expansion of the European Union in<br />

Austria´s leading daily papers. v: Duszak, Anna (2002) (ed.): Us and Others<br />

– Social identities across languages, discourses and cultures. Amsterdam<br />

– Philadelphia: John Benjamins. S. 293-320. und 2002).<br />

3 Citirano iz: Brechelmacher, Angelika; Täuber, Tanja; Miechtner, Gabriela<br />

(2005): Putovní výstava „Historie a příběhy sousedství“ | Wanderausstellung<br />

– Potujoča razstava „Geschichte und Geschichten der Nachbarschaft“/<br />

„Zgodovina in zgodbe sosedstva“, katalog k istoimenski razstavi in DVD<br />

grenzen erzählen – meje pripovedujejo. Wien: ARGE grenzen erzählen<br />

4 Eisch, Katharina (1996): Grenze. Eine Ethnographie des bayrischböhmischen<br />

Grenzraums – Meja: Etnografija bavarsko-češkega obmejnega<br />

prostora<br />

5 Maria Exel sen., Mitterretzbach, december 2003<br />

69


70<br />

ZUR PERSON – O AVTORJU<br />

Angelika Brechelmacher<br />

Dr in Angelika Brechelmacher arbeitet als Sozialanthropologin und Sprachwissenschaftlerin<br />

in Wien. Sie interessiert sich für kollektive Ab- und<br />

Ausgrenzung, sprachlich konstruierte Identitäten, ihre Verflechtungen<br />

und Brüche. Als Shiatsu-Trainerin ist sie in der Erwachsenenbildung tätig.<br />

– Dr in Angelika Brechelmacher dela kot socialna antropologinja in<br />

jezikovna raziskovalka na Dunaju. Zanima se za kolektivno razmejitev in<br />

izključevanje, jezikovno konstituirane identitete, njihovo prepletenosti in<br />

navade. Kot predavateljica shiatsuja deluje pri izobraževanju odraslih.<br />

DANKSAGUNG<br />

Unser Dank gilt allen unseren Interviewpartnerinnen und -partnern für ihr<br />

Vertrauen in unsere Arbeit und die offene und herzliche Atmosphäre bei den<br />

gemeinsamen Begegnungen. Ausstellung und Film werden demnächst auf<br />

der Homepage der ARGE grenzen erzählen www.grenzenerzaehlen.at installiert<br />

und ab November 2005 virtuell begehbar sein. Interessierte können<br />

den Katalog zur Ausstellung inklusive Film „vyprávéní z pohraniči“ | „grenzen<br />

erzählen“ als DVD unter angelika.brechelmacher@uni-klu.ac.at bestellen.<br />

Meje pripovedujejo<br />

– Naša zahvala velja vsem našim intervjuvancen/kam za zaupanje pri našem<br />

delu in za odprto in prisrčno vzdušje pri skupnih srečanjih. Razstava in film<br />

bosta kmalu umeščena na spletno stran ARGE grenzenerzählen – www.<br />

grenzenerzaehlen.at in od novembra 2005 kot virtualni sprehod po razstavi.<br />

Zainteresirani lahko naročijo razstavni katalog skupaj s filmom „vyprávéní<br />

z pohraniči“ | „grenzen erzählen – meje pripovedujejo“ kot DVD na naslovu<br />

angelika.brechelmacher@uni-klu.ac.at.<br />

PROJEKTTEAM – PROJEKTNA SKUPINA<br />

Dr in Angelika Brechelmacher (Projektleiterin), Gabriela Miechtner, Maga<br />

Tanja Täuber, Tina Hochkogler. Projektsupervision: Dr. Harald Payer,<br />

ÖAR Regionalberatung GmbH. Kooperationspartnerinnen in der Tschechischen<br />

Republik: RN Dr in Bronislava Milinková und Mgr. Margita Březnová/<br />

ČSŽ – Tschechischer Frauenverband/Kreis Südmähren. – Dr in Angelika<br />

Brechelmacher (vodja projekta), Gabriela Miechtner, Maga Tanja Täuber,<br />

Tina Hochkogler. Projektni nadzor: Dr. Harald Payer, ÖAR Regionalberatung<br />

GmbH. Partnerji kooperacije v Češki republiki: RN Dr in Bronislava Milinková<br />

in Mgr. Margita Březnová / ČSŽ – Češko žensko združenje / okrožje Južna<br />

Moravska.<br />

FÖRDERUNGEN – PODPORE<br />

Die Austellung wurde von Regionalentwicklungsfonds EFRE Wien, Kulturreferat<br />

der NÖ Landesregierung und Frauenbüro der Stadt Wien gefördert,<br />

die Videoproduktion durch das Kulturreferat der Stadt Wien. Finanzielle<br />

Unterstützung der tschechischen Partnerinnen: Österreichisches Kulturforum<br />

in Prag. Mit Unterstützung des Weinviertelfestivals 2004. – Dotacije:<br />

Razstava je bila podprta s strani Regionalentwicklungsfonds EFRE<br />

Wien (Sklada regionalnega razvoja EFRE Dunaj), Kulturreferat der NÖ<br />

Landesregierung (Kulturnega referata deželne vlade Spodnje Avstrije), in<br />

Frauenbüro der Stadt Wien (Ženske pisarne mesta Dunaja, video produkcija<br />

s strani), Kulturreferat der Stadt Wien (Kulturnega referata mesta Dunaja).<br />

Finančna podpora čeških partnerjev: Österreichisches Kulturforum in Prag<br />

(Avstrijski kulturni forum iz Prage). V sodelovanju z Weinviertelfestivalom<br />

2004.


Moč šibkih<br />

Ženske v času kmečkega gospodarjenja<br />

� Text: Irena Destovnik<br />

Moč šibkih<br />

V prispevku izhajam iz ugotovitev, ki sem jih opisala v knjigi Moč šibkih, Ženske v času kmečkega<br />

gospodarjenja 1 in prikazala na razstavi z istim naslovom. Način življenja žensk iz kmečkega in<br />

podkmečkega sloja sem raziskovala v Šentjanžu v Rožu in na Šentjanških Rutah, vaških skupnostih<br />

na dvojezičnem območju južne Koroške, in sicer v obdobju druge polovice 19. in prve polovice<br />

20. stoletja. 2 Omenjene ženske so zapustile sledi le v skopih zaznamkih v rojstnih, poročnih in<br />

mrliških matičnih knjigah ter v notarskih aktih, predvsem v sklepih o odpravninah in ženitnih<br />

pogodbah. Spomin nanje ohranjajo tudi njihove potomke, katerih mentalni svet se predvsem pri<br />

starejših ni bistveno spremenil. Tradicionalni svet se je zrušil šele po drugi svetovni vojni, ko se je<br />

vaška skupnost odprla navzven, družina pa zaprla navznoter.<br />

Statistični podatki kažejo naslednjo sliko: leta 1883 je v obeh vaseh živelo 265 ljudi, vsi so bili<br />

Slovenci, leta 1900 je tu živelo sedem Nemcev, leta 1910 pet, ob popisu prebivalstva leta 2002 pa<br />

se je za govorce slovenskega jezika opredelilo okoli 23 odstotkov prebivalcev. Poklicna struktura<br />

nekdaj kmečkega slovenskokoroškega prebivalstva, ki je danes v primerjavi z nemško krepko v<br />

prid slovensko govorečim, se je začela spreminjati po letu 1957. Takrat je bila ustanovljena Zvezna<br />

gimnazija za Slovence, pozneje pa še dve dvojezični višji šoli.<br />

Z raziskavo sem hotela dokazati pomembnost gospodarske vloge žensk, ki so jo imele ženske<br />

v času kmečkega gospodarjenja, kar pa v izbranem okolju ni bila lahka naloga. Viri, ki so na<br />

razpolago, hkrati dokazujejo njihovo gospodarsko in družbeno podrejenost. Ker pa sem želela<br />

oporekati mnenju o manjvrednosti dela, ki ni ovrednoteno z denarjem, sem ženske iskala tam, kjer<br />

so bile najbolj prisotne in dejavne. Hkrati pa sem želela posledice delitve produkcije in reprodukcije<br />

povezati s spremembami pojmov ženska, mati in gospodinja, saj je to vplivalo na današnji pomen<br />

in položaj žensk tako v zasebnem kot javnem življenju.<br />

Čeprav smo si ženske predvsem v 20. stoletju priborile številne politične pravice in pravice na<br />

področju izobraževanja, zaposlitve ter socialnega varstva, analiza teh pravic pokaže, da ohranjajo<br />

starodavne mite o ženski in moški naravi. Iluzijo linearnega razvoja je, poleg tega, da sta v 16.<br />

stoletju cerkev in država reprodukcijo ljudi potisnili v »božje roke«, v obdobju industrializacije<br />

porušil predvsem izgon žensk iz produkcijskega procesa. Moški so zasedli zunanji prostor, ženski<br />

71


Moč šibkih<br />

pa ostale v zasebnem. V kmečki ekonomiji,<br />

ki je bila hišno in družinsko organizirana ter<br />

brez ločnice med družinskim življenjem in<br />

pridobitnim delom, so bile ženske kot delovna<br />

sila na obeh področjih nepogrešljive. Tako<br />

razloge za spolno delitev dela kot razliko med<br />

vsakokratnim pomenom ženskega dela in<br />

družbenim položajem žensk lahko prepoznamo<br />

le, če upoštevamo vsa dela, ki so jih ženske<br />

opravljale. Sodobna delitev dela na plačano<br />

in neplačano delo je podobo ženskega dela<br />

precej popačila. Koncept dela in naš odnos do<br />

njega se stalno spreminjata; kaj se na področju<br />

neplačanega ženskega dela vrednoti kot delo<br />

in kaj kot prostočasna aktivnost, določa cena<br />

storitve na trgu. Tudi današnje pojmovanje<br />

kmečkega dela se je zaradi agrarnega prevrata<br />

oblikovalo šele v drugi polovici 18. in v prvi<br />

polovici 19. stoletja.<br />

Čeprav so zaradi proletarizacije moške delovne<br />

sile – leta 1935 je bilo v obeh vaseh kar 45,1<br />

odstotka kajžarjev z manj kot petimi hektarji<br />

zemlje – prvi gostači, označeni kot industrijski<br />

delavci, v matičnih knjigah zapisani že leta<br />

1888, pa njihovih družin še ne moremo označiti<br />

kot delavske ali obrtniške. Sieder 3 piše, da so<br />

prvi delavci družino kot gospodarsko skupnost<br />

zamenjali s plačano zaposlitvijo, njihove<br />

žene pa so za preživetje opravljale dela, ki so<br />

presegala reprodukcijske naloge. Njihov način<br />

preživetja je zaradi agrarnega ozadja še dolgo<br />

temeljil na dvojni ekonomiji. Sieder je ta tip<br />

družine poimenoval na pol odprta družinska<br />

struktura. V zaprtih družinskih strukturah<br />

ženske opravljajo samo reprodukcijske naloge.<br />

Kmečko gospodarstvo je temeljilo na lastnini<br />

zemlje in njej ustreznemu številu delovne sile,<br />

temelj za poroko in lastno samostojnost je<br />

bila dediščina. Na Koroškem je veljalo načelo<br />

nedeljivosti oziroma pravo enega dednega<br />

72<br />

prevzemnika. Praviloma je dedoval najstarejši<br />

sin, ki je moral ob prevzemu izplačati tako<br />

imenovane odpravljene dediče. Prav zaradi<br />

tega se je v kmečkem okolju izoblikoval<br />

raznolik podkmečki sloj prebivalstva, ki se je<br />

od kmečkega razlikoval zgolj glede socialne<br />

strukture. Socialni statusi ženinov in nevest<br />

pričajo o socialni endogamiji, vendar pa so se<br />

znotraj slojev, vezanih na kmečko ekonomijo,<br />

te meje lažje prekoračevale, kot pa med drugimi<br />

sloji. Za večino ljudi so bili začasni izhodi iz<br />

privilegiranih kmečkih slojev predvsem pred<br />

poroko skorajda pravilo. Večje število kmečkih<br />

sinov in hčera si je pred prevzemom lastništva<br />

ali poroko služilo kruh kot hlapci ali dekle.<br />

Neporočene kmečke hčere so po prevzemu<br />

lastništva enega od sorojencev v matičnih<br />

knjigah označene kot dekle ali gostačice.<br />

Pari brez otrok so si zagotovili preživetje in<br />

ohranitev kmetije tako, da so posest izročili<br />

kakemu sorodniku ali dolgoletnemu poslu.<br />

Pred industrializacijo je spolna delitev dela veljala<br />

samo za moške. Ženske so vedno opravljale vsa,<br />

moški pa le tako imenovana moška dela, to pa<br />

je bilo povezano predvsem z ugledom. Bolj<br />

kot so posamezna delovna opravila povezana<br />

s samopreskrbo oziroma preživetjem družine<br />

in ne prinašajo neposrednega zaslužka, bolj<br />

postajajo ženska; bolj kot so tržno usmerjena in<br />

povezana z zaslužkom, bolj so moška. Namen<br />

porazdelitve vlog na temelju spola je določanje<br />

mesta vsake osebe doma in v družbi, oziroma,<br />

kot pravi Margaret Mead 4 , moški lahko dela<br />

karkoli, da le to v njegovem okolju ne velja<br />

za žensko delo. Kljub kulturnim razlikam je<br />

vzorec univerzalen: ob prekoračitvi se moške<br />

zasmehuje, ženske pa hvali. Tako moški kot<br />

ženske so s ponosom pripovedovali o ženskah,<br />

ki so opravljale moška dela, nihče pa ni<br />

nobenega pomena pripisoval tipičnim ženskim


opravilom. Odgovori žensk o vrednotenju<br />

lastnega dela odražajo družbeno vrednotenje.<br />

Kljub jasni spolni obeleženosti posameznih del<br />

in enosmernim prekoračitvam pa je v primerjavi<br />

s kasnejšo delitvijo dela po spolu mogoče<br />

za nazaj govoriti o dopolnjujočih oblikah<br />

delitve dela med zakoncema. Če dokazujemo<br />

gospodarsko nepogrešljivost žensk le s tem,<br />

da so opravljale najtežja fizična dela, na neki<br />

način utrjujemo odnos, ki ga ima potrošniška<br />

družba do gospodinjstva. Ker denar v družinski<br />

ekonomiji ni bil nekaj običajnega, so ženske<br />

s posebnimi strategijami poskrbele za čim<br />

manjše stroške pri oskrbi družine s prehrano,<br />

obleko, zdravjem in izobraževanjem.<br />

Večina avtorjev razume kmečki način<br />

gospodarjenja kot kombinacijo bivanja in dela,<br />

ki ženskam omogoča hkratno opravljanje<br />

produkcijske in reprodukcijske vloge. Kljub<br />

visokemu moralnemu pomenu materinstva,<br />

na katerem je gradila predvsem cerkev, pa je<br />

bila ženska pomembnejša kot delovna sila.<br />

Kmečka ekonomija je tudi nezakonskim<br />

materam in njihovim otrokom omogočala<br />

preživetje, saj so bili nepogrešljivi za kmečko<br />

družbo, ki je potrebovala številno delovno<br />

silo. Iz ekonomskih razlogov je bila Koroška<br />

dežela z najmanjšim številom poročenih<br />

ljudi in največjim deležem nezakonskih<br />

otrok. Leta 1890 jih je bilo na Koroškem 45,<br />

na območju celotne Avstro-Ogrske pa 15<br />

odstotkov. Med letoma 1832 in 1945 se je v<br />

obeh vaških skupnostih rodilo 17 odstotkov<br />

nezakonskih otrok. Več kot polovico so jih<br />

rodile hčere večjih posestnikov, le 15 odstotkov<br />

je bilo dekel, 24 odstotkov pa gostačic. Številke<br />

ilustrirajo ekonomsko ozadje velikega števila<br />

nezakonskih otrok, načine preživetja njihovih<br />

mater pa opisujejo posamezne življenjske<br />

zgodbe.<br />

Moč šibkih<br />

Rodnost se je začela zmanjševati šele, ko<br />

zemlja ni bila več pogoj za preživetje, skrb<br />

za nepreskrbljene družinske člane pa se je<br />

iz družinske mreže prenesla na državne<br />

ustanove. Državni skrbstveni sistem je družino<br />

razbremenil skrbi za šibkejše družinske člane;<br />

splošna socialnopolitična zakonodaja, ki so jo<br />

države Srednje in Zahodne Evrope sprejemale<br />

v zadnjih letih 19. in prvih letih 20. stoletja,<br />

je bila odgovor na probleme industrijskega<br />

kapitalizma. Čeprav je vlada že leta 1909<br />

sprejela prvi predlog kmečkega zavarovanja,<br />

ta ni bila sprejet, saj naj bi kmetje zaradi<br />

neustrezne posestne strukture in številčne<br />

prevlade malih kmetov ne prenesli finančnih<br />

bremen socialnega zavarovanja. V Avstriji so<br />

se kmetje lahko zdravstveno zavarovali šele<br />

leta 1965, pokojninsko pa leta 1969.<br />

Niti kmečke družine niti medsebojnih čustev<br />

njenih članov ni mogoče obravnavati ločeno<br />

od kmečke ekonomije. Ljudje so se pri izbiri<br />

zakonskega partnerja dobro zavedali, da je<br />

lastnina zemlje temelj preživetja ne le zanje,<br />

temveč tudi za druge družinske člane. Zaradi<br />

ponotranjenih vrednot so nezavedno upoštevali<br />

ekonomske zahteve, ki niso dopuščale izbire<br />

ter jim ni bilo kam uiti. V obdobju tako<br />

imenovanega baby-booma sredi 20. stoletja<br />

se je prvič v evropski zgodovini lahko vsak<br />

odrasel in polnoleten državljan poročil brez<br />

zakasnitve. Takrat se je ustanovitev družine<br />

spremenila iz privilegija v družbeno normo.<br />

Spomin na otroke, ki so umrli v prvih treh<br />

letih življenja, se v družinskem spominu ni<br />

ohranjal. Podatki iz rojstnih in mrliških knjig<br />

pričajo, da je bila smrtnost otrok največja v<br />

prvem letu. Prvi babiški tečaji v Celovcu so se<br />

začeli že leta 1753; pouk naj bi bil vse do leta<br />

1893 v slovenskem jeziku. Splošno bolnišnico,<br />

v kateri so uredili tudi porodniški oddelek, so<br />

73


Moč šibkih<br />

zgradili leta 1784. Od ustanovitve bolnišnice<br />

do prvega poroda ženske iz Šentjanža, to je<br />

leta 1933, je minilo celih 149 let. Ta podatek ne<br />

govori o težavah uvajanja strokovno vodenih<br />

porodov na podeželje, saj porodnišnice dolgo<br />

niso bile namenjene poročenim ženskam in<br />

vdovam, temveč praktičnemu učenju babic<br />

na nezakonskih materah in drugih ženskah<br />

v stiski. V vasi so ženskam vse do leta 1842<br />

pri porodu pomagale neizprašane babice. Od<br />

tega leta je tudi avstrijski kazenski zakonik<br />

predvideval hude kazni za opravljanje porodne<br />

pomoči brez izobrazbe oziroma dovoljenja.<br />

S pripovedovanjem o ženskah kot skupini, ki<br />

se o kontracepciji med seboj v preteklosti ni<br />

pogovarjala, so se ženske izognile osebnim<br />

izpovedim. Krščanska morala je od njih<br />

zahtevala, da so smele biti ali device ali matere,<br />

ne pa samostojna spolna bitja. Da kot spolna<br />

bitja niso obstajale, potrjujejo izjave, da večina<br />

deklic ni opazila materine nosečnosti, tabu pa<br />

so bili tudi pogovori o menstruaciji.<br />

Zaposleno mater kot predmet sočutja je<br />

ustvarilo šele določeno obdobje. Do kmečkih<br />

žensk in žensk iz podkmečkega sloja, ki so<br />

morale zaradi dela svoje otroke prepuščati<br />

drugim osebam, puščati same brez varstva ali<br />

pa jih za pastirje ali pestrne prepuščati drugim<br />

kmetom, imajo ljudje povsem drugačen odnos,<br />

kot do zunaj doma zaposlenih žensk. Iste<br />

ženske, ki so vse življenje trdo delale na kmetiji<br />

in hkrati skrbele za otroke, danes nasprotujejo<br />

zaposlovanju žensk.<br />

Kmalu po prvih razgovorih z ženskami, ki<br />

so obe vlogi v preteklosti še združevale, sem<br />

postavila trditev, da je povečana zaščita žensk<br />

na področju medicinskega varstva predvsem<br />

v zvezi z zaščito materinstva potekala hkrati<br />

z zmanjševanjem pomena žensk na področju<br />

produkcije. Zanimalo me je, kdaj sta se ti<br />

74<br />

pravici izoblikovali in zakaj. Ali so bili ti ukrepi<br />

sprejeti zaradi žensk samih ali zaradi utrjevanja<br />

ideologije, ki je žensko po ločitvi produkcije<br />

in reprodukcije izrinila iz delovnega procesa.<br />

Izkazalo se je, da zakonodaja s področja<br />

zaščite materinstva s svojo vsebino oblikuje in<br />

vzdržuje mnenje o primarni oziroma naravni<br />

vlogi žensk, ki naj bi bila predvsem skrb za<br />

otroke in druge družinske člane.<br />

Zaradi takratnega načina dela je prevladujoči<br />

družbeni diskurz, ki ga je oblikovala cerkev,<br />

kot največjo vrednoto poudarjal delavnost<br />

ženske in njeno skrb za druge. Družbeno<br />

zaželeno žensko telo še ni bilo fizično šibko<br />

telo, temveč objekt, s katerim se dela; človek<br />

je bil vreden toliko, kolikor je lahko s svojim<br />

telesom naredil. Noseče ženske so brez vsake<br />

zaščite delale do poroda in takoj po njem.<br />

Ker ženske še niso bile odvisne od nihanj na<br />

trgu delovne sile, na družbeno konstrukcijo<br />

ženskega telesa medicina še ni imela vpliva. Z<br />

njeno pomočjo je država pozneje uravnavala<br />

dostop do zaposlitve zunaj doma in si na ta<br />

način v času, ki je ženskam kot smisel življenja<br />

narekoval materinstvo, zagotavljala rezervno<br />

armado poceni delovne sile. Šele feministične<br />

raziskave skrbstvene zakonodaje so pokazale,<br />

da ima navzven sicer nevtralna zakonodaja<br />

drugačne posledice za moške kot za ženske.<br />

Socialna in medicinska skrb za mater in<br />

otroka sta nujni; z njima je nekaj narobe,<br />

kadar sta utemeljeni na ideologiji in povezani<br />

s prebivalstveno politiko. Zakonodaja, ki k<br />

izpolnjevanju določenih ciljev usmerja vse<br />

ženske, ne upošteva pa njihovih interesov, je<br />

problematična. Danes se nataliteta znižuje<br />

predvsem v državah s konzervativno spolno<br />

ideologijo in slabo organizirano družbeno<br />

skrbjo za otroke. Stopnja družbene skrbi je<br />

vedno odvisna od stanja na trgu delovne


sile: ko država potrebuje ženske kot delovno<br />

silo, hkrati pa ne želi, da bi se rodilo manj<br />

otrok, poskrbi za zaščitne ukrepe, med<br />

povečano brezposelnostjo pa se državna<br />

zaščita materinstva zmanjša, prednost pri<br />

zaposlovanju imajo moški, v ospredju pa je<br />

ideologija, usmerjena v družinske vrednote.<br />

Kot piše Steinman 5 , je moderna družba sicer<br />

ustvarila možnosti za enakopravnost med<br />

moškimi in ženskami, ohranila ali celo okrepila<br />

pa je razliko med moškostjo in ženskostjo.<br />

Tudi splošno veljavne psihološke in vzgojne<br />

znanosti, ki določajo temeljne karakteristike<br />

otrokovega razvoja, otežujejo odločitve žensk<br />

za zaposlitev zunaj doma. Denise Riley 6 je z<br />

razčlenitvijo obstoječih psiholoških razprav o<br />

razvoju otroka in njegovi življenjski odvisnosti<br />

od matere ugotovila, da so te nastajale v tesni<br />

zvezi s konkretnimi vladnimi zahtevami, z<br />

demografsko politiko, s politiko zaposlovanja<br />

in programi političnih strank. Christiane<br />

Olivier 7 piše, da človek ne more brez tveganja<br />

tako radikalno ločiti produkcije od reprodukcije.<br />

Ločitev je imela posledice za oba spola, tako na<br />

področju delitve dela kot vsebine družinskih<br />

vlog, predvsem pa je vplivala na odnos med<br />

zasebnim družinskim življenjem in javnim<br />

svetom dela. Gospodinjsko delo se je začelo<br />

opravljati v imenu ljubezni, pravo pridobitno delo<br />

pa naj bi potekalo zunaj doma. Tudi tehnizacija<br />

kmetijstva je hkrati z intimizacijo družine<br />

ženske vedno bolj izrinjala iz produkcije. S<br />

spremenjenima vlogama gospodinje in matere,<br />

ki nista več le funkcionalni, temveč sta hkrati<br />

nosilki posebnih simbolnih pomenov, sta se<br />

začela zasebni in javni prostor ločevati tudi<br />

na podeželju. Izvor ambivalentnega odnosa<br />

do žensk v današnji družbi vedno več avtoric<br />

in avtorjev išče v ideologiji, ki je izključno<br />

ženskam naprtila odgovornost za otroke. Po<br />

Giddensu 8 ima prevlada matere v zgodnji skrbi<br />

za otroka globoke psihološke posledice za oba<br />

spola. Danes se psihična struktura pri majhnih<br />

deklicah in dečkih oblikuje ob odsotnosti očeta,<br />

zaradi česar se ti ne morejo naučiti bistvenega<br />

za komunikacijo v odraslosti, to je spoštovanja<br />

drugega zaradi njega samega. Predvsem pa<br />

otroci v podobi matere ne prepoznajo kulturno<br />

dostopne in spoštovane podobe ženske, ker<br />

jo doživljajo le v njeni materinski funkciji. S<br />

strategijami združevanja obeh vlog se ženska<br />

danes spoprijema, kot da je to njen zasebni<br />

problem. Demokratizacija zasebnega življenja<br />

bi uspela le – o tem sta pisala Giddens in<br />

Olivierjeva -, če bi otroci od prvega dne rasli<br />

skupaj z žensko in moškim, ki bi se svobodno in<br />

suvereno gibala na vseh področjih družbenega<br />

življenja.<br />

O AVTORJU – ZUR PERSON<br />

Irena Destovnik<br />

Irena Destovnik je diplomirana univerzitetna<br />

etnologinja in sociologinja kulture. Ima<br />

status samostojne ustvarjalke na področju<br />

kulture-kustosinje in je stalna zunanja<br />

sodelavka Slovenske prosvetne zveze v<br />

Celovcu. – Irena Destovnik ist diplomierte Ethnologin<br />

und Kultursoziologin. Sie ist im Kulturbereich<br />

selbständig tätig (u. a. als Kustos) und<br />

ist ständige externe Mitarbeiterin beim Slowenischen<br />

Kulturverband in Klagenfurt.<br />

OPOMBE<br />

Moč šibkih<br />

1 Irena Destovnik: Moč šibkih, Ženske v času kmečkega gospodarjenja.<br />

Slovenska prosvetna zveza (izd.), Drava (zal.), Celovec 2002, 240 str.<br />

2 Naročnik raziskave je bila Slovenska prosvetna zveza v Celovcu, ena od<br />

obeh osrednjih kulturnih organizacij koroških Slovencev.<br />

3 Reinhard Sieder, Socialna zgodovina družine. Ljubljana 1998, S. 174–176.<br />

4 Vgl. Michael Mitterauer, Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in<br />

vorindustrieller Zeit, in: Beiträge zur historischen Sozialkunde 11, Salzburg<br />

1981, S. 81.<br />

5 Vgl. Ann Oakley, Gospodinja. Ljubljana 2000, S. 97.<br />

6 Vgl. Eva Bahovec, Predavanje za uvod: Feminizem in materinstvo, in: Delta<br />

– Revija za ženske študije in feministično teorijo 1–2. Ljubljana 1995, S.<br />

47.<br />

7 Christiane Olivier, Die Söhne des Orest. Ein Plädoyer für Väter. München<br />

1997, S. 197.<br />

8 Anthony Giddens, Preobrazba intimnosti: Spolnost, ljubezen in erotika v<br />

sodobnih družbah. Ljubljana 2000, S. 135–136.<br />

75


Die Kraft der Schwachen<br />

Die Kraft der Schwachen<br />

Die Frauen im Zeitalter der bäuerlichen<br />

Wirtschaft<br />

Dieser Beitrag geht von den Feststellungen<br />

aus, die ich im Buch „Moč šibkih, Ženske v<br />

času kmečkega gospodarjenja“ (Die Kraft der<br />

Schwachen, Die Frauen im Zeitalter der bäuerlichen<br />

Wirtschaft) 1 getroffen habe und die<br />

bei der gleichnamigen Ausstellung dargestellt<br />

wurden. Ich untersuchte die Lebensweise der<br />

Frauen aus der Schicht der Bauern sowie der<br />

Knechte und Mägde in St. Johann im Rosental<br />

und in Rabenberg – in Dorfgemeinschaften im<br />

zweisprachigen Gebiet Südkärntens – zur Zeit<br />

der zweiten Hälfte des 19. und der ersten Hälfte<br />

des 20. Jahrhunderts. 2 Die genannten Frauen<br />

hinterließen ihre Spuren nur in knappen<br />

Vermerken in Geburten- und Sterbebüchern,<br />

Heiratsregistern und Notariatsakten, meistens<br />

in den Beschlüssen über Abfertigungen und<br />

in Heiratsverträgen. Die Erinnerung an diese<br />

Frauen bewahren auch die weiblichen Nachkommen,<br />

deren mentale Welt sich vor allem<br />

bei älteren Frauen kaum geändert hat. Die traditionelle<br />

Welt brach erst nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg zusammen, als sich die Dorfgemeinschaft<br />

nach außen hin öffnete, die Familie sich<br />

hingegen nach innen zurückzog.<br />

Die statistischen Daten zeigen folgendes Bild:<br />

Im Jahre 1883 lebten in beiden Dörfern 265<br />

Menschen, und zwar ausschließlich Slowenen;<br />

im Jahre 1900 lebten hier sieben Deutschsprachige,<br />

im Jahre 1910 fünf, bei der Volkszählung<br />

2002 definierten sich 23% der Bevölkerung als<br />

slowenischsprachig. Die berufliche Struktur<br />

der einst bäuerlichen slowenischsprachigen<br />

Bevölkerung in Kärnten begann sich nach dem<br />

Jahr 1957 zu ändern. Damals wurde das Bun-<br />

76<br />

desgymnasium für Slowenen gegründet, später<br />

folgten noch zwei weitere zweisprachige<br />

höhere Schulen.<br />

Mit der vorliegenden Studie wollte ich die Bedeutung<br />

der wirtschaftlichen Rolle der Frauen<br />

darlegen, die sie in den Zeiten des bäuerlichen<br />

Wirtschaftens spielten, was im ausgewählten<br />

Umfeld sicherlich keine leichte Aufgabe war.<br />

Die zur Verfügung stehenden Quellen belegen<br />

die zugleich wirtschaftliche und soziale<br />

Schlechterstellung der Frauen. Da ich aber<br />

der Auffassung widersprechen wollte, dass Arbeit,<br />

die nicht bezahlt wird, minderwertig sei,<br />

suchte ich die Frauen dort, wo sie am stärksten<br />

vertreten waren. Zugleich wollte ich die Folgen<br />

der Produktions- und Reproduktionsteilung<br />

mit den Veränderungen des Begriffes der<br />

Frau, Mutter und Hausfrau verbinden, da genau<br />

dies großen Einfluss auf die Position der<br />

Frau sowohl im privaten als auch im öffentlichen<br />

Leben hatte.<br />

Obwohl sich die Frauen vor allem im 20. Jahrhundert<br />

politische Rechte, Rechte im Bereich<br />

der Ausbildung, des Berufs und des Sozialrechts<br />

erkämpft haben, zeigt eine Analyse,<br />

dass diese den altertümlichen Mythos über<br />

die Natur von Mann und Frau aufrechterhalten.<br />

Die Illusion einer linearen Entwicklung<br />

ist, abgesehen davon, dass im 16. Jahrhundert<br />

sowohl die Kirche als auch der Staat die Menschenreproduktion<br />

in die „Hände Gottes“ legten,<br />

in der Industrialisierungsperiode vor allem<br />

mit der Verdrängung der Frau aus dem Produktionsprozess<br />

zerstört worden. Die Männer besetzten<br />

den äußeren, öffentlichen Raum, die<br />

Frauen blieben im privaten Bereich.<br />

In der bäuerlichen Wirtschaft, die auf Haushalt<br />

und Familie basierte und wo es keine<br />

Trennlinie zwischen Familienleben und Erwerbstätigkeit<br />

gab, waren die Frauen als Ar-


eitskraft in beiden Bereichen unabkömmlich.<br />

So können wir sowohl die Gründe für die geschlechtliche<br />

Arbeitsteilung als auch die Unterschiede<br />

zwischen der Bedeutung der Arbeit<br />

und der gesellschaftlichen Lage der Frauen nur<br />

dann erkennen, wenn wir alle Arbeiten in Betracht<br />

ziehen, die von Frauen erledigt wurden.<br />

Die moderne Arbeitsteilung in bezahlte und<br />

unbezahlte Arbeit führt zu einem verfälschten<br />

Bild der Frauenarbeit. Die Arbeitsabläufe und<br />

unsere Einstellung dazu ändern sich ständig;<br />

was im Bereich der unbezahlten Frauenarbeit<br />

als Arbeit bewertet wird und was zur Freizeitaktivität<br />

zählt, bestimmt der Dienstleistungspreis<br />

am Markt. Auch die heutige Auffassung<br />

der Bauernarbeit hat sich erst mit der Agrarrevolution<br />

in der zweiten Hälfte des 18. und in<br />

der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts herausgebildet.<br />

Infolge der Proletarisierung der männlichen Arbeitskraft<br />

– im Jahre 1935 besaßen in den beiden<br />

Dörfern 45,1 % der Keuschler weniger als 5<br />

ha Anbaufläche – wurden die ersten Bewohner<br />

bereits im Jahre 1888 im Personenstandbuch<br />

als industrielle Arbeiter eingetragen. Dennoch<br />

können ihre Familien noch nicht als Arbeiter-<br />

oder Handwerkerfamilien bezeichnet werden.<br />

Reinhard Sieder 3 schreibt, dass bei den ersten<br />

Arbeitern die Familie als wirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft<br />

von der Lohnarbeit abgelöst<br />

wurde, ihre Frauen übten die für das Überleben<br />

notwenigen Arbeiten aus. Die Lebensweise basierte<br />

wegen des agrarischen Hintergrundes<br />

noch lange auf dieser Doppelwirtschaft. Sieder<br />

bezeichnet diese Art der Familie als halboffene<br />

Familienstruktur. In geschlossenen Familienstrukturen<br />

hingegen üben die Frauen nur die<br />

Mutterrolle aus.<br />

Die bäuerliche Wirtschaft basierte auf Landeigentum<br />

und einer entsprechenden Zahl an<br />

Die Kraft der Schwachen<br />

Arbeitskräften, die Grundlage für Heirat und<br />

eigene Selbstständigkeit war die Erbschaft.<br />

In Kärnten galt das Prinzip der Unteilbarkeit<br />

des Besitzes bzw. eines einzigen Erbfolgers.<br />

In der Regel erbte der älteste Sohn, der bei der<br />

Übernahme die abgefertigten Erben auszahlen<br />

musste. Gerade dies war der Grund, dass<br />

sich eine bäuerliche Unterschicht bildete, die<br />

sich von den Bauern in der sozialen Struktur<br />

unterschied. Der soziale Status der Brautpaare<br />

zeugt von einer sozialen Endogamie, jedoch<br />

konnten innerhalb der Bevölkerungsschichten,<br />

die von der Landwirtschaft lebten, die Grenzen<br />

leichter überschritten werden als bei anderen<br />

Bevölkerungsgruppen. Für die Mehrheit<br />

der Menschen war der vorübergehende Austritt<br />

aus der privilegierten bäuerlichen Schicht<br />

vor der Ehe fast die Regel. Viele Bauernsöhne<br />

und Bauerntöchter verdingten sich vor der Besitzübernahme<br />

oder vor der Heirat als Knechte<br />

oder Mägde. Unverheiratete Bauerntöchter<br />

wurden nach der Besitzübernahme durch eines<br />

der Geschwister im Standesregister als<br />

Mägde oder Inwohner bezeichnet. Kinderlose<br />

Paare sicherten sich das Überleben und den Erhalt<br />

ihres Bauernhofs durch die Übergabe des<br />

Besitzes an einen Verwandten oder an einen<br />

langjährigen Dienstboten.<br />

Vor der Industrialisierung galt die geschlechtliche<br />

Arbeitsteilung nur für Männer. Frauen erledigten<br />

immer alle Arbeiten, Männer nur die<br />

so genannten Männerarbeiten, was vor allem<br />

mit dem Ansehen zu tun hatte. Je mehr eine<br />

Arbeit mit der Selbstversorgung bzw. mit der<br />

Sicherung des Überlebens der Familie zu tun<br />

hat und keine direkten Gewinne bringt, desto<br />

mehr wird sie zur so genannten Frauenarbeit;<br />

je mehr sie marktorientiert und mit einem Verdienst<br />

verbunden ist, desto mehr wird sie zur<br />

so genannten Männerarbeit. Der Sinn der Rol-<br />

77


Die Kraft der Schwachen<br />

lenverteilung auf Basis der Geschlechter liegt in<br />

der Stärkung der Position jedes Individuums in<br />

der Familie und in der Gesellschaft bzw., wie<br />

Margaret Mead 4 sagt, könne der Mann alle Arbeiten<br />

erledigen, solange diese in seinem Umfeld<br />

nicht als „Frauenarbeiten“ bezeichnet werden.<br />

Trotz kultureller Unterschiede gilt dieses<br />

Muster als universell: Bei Übertretung dieser<br />

Schranke werden die Männer verspottet, die<br />

Frauen hingegen gelobt. Sowohl Männer als<br />

auch Frauen waren voll Anerkennung über diejenigen<br />

Frauen, die so genannte Männerarbeiten<br />

erledigten, niemand jedoch maß den typischen<br />

Frauenarbeiten eine Bedeutung zu. Die<br />

Antworten der Frauen über die Bewertung der<br />

eigenen Arbeit reflektieren deren gesellschaftliche<br />

Bewertung. Trotz der klaren geschlechtlichen<br />

Prägung einiger Arbeiten kann man –<br />

im Vergleich mit der späteren geschlechtlichen<br />

Arbeitsteilung – im Nachhinein von einer ergänzenden<br />

Form der Arbeitsteilung zwischen<br />

den Eheleuten sprechen.<br />

Die meisten Autoren verstehen die bäuerliche<br />

Art des Wirtschaftens als eine Einheit aus Leben<br />

und Arbeit, die es den Frauen ermöglicht,<br />

gleichzeitig Produktions- und Mutterrolle zu<br />

meistern. Trotz der hohen moralischen Bewertung<br />

der Mutterschaft, die vor allem die Kirche<br />

betonte, war die der Rolle Frau als Arbeitskraft<br />

wichtiger. Die bäuerliche Wirtschaft ermöglichte<br />

auch den unehelichen Müttern und ihren<br />

Kindern das Überleben, vor allem deshalb,<br />

weil sie für die bäuerliche Gesellschaft, die viele<br />

Arbeitskräfte brauchte, unabkömmlich waren.<br />

Diese wirtschaftlichen Gesichtspunkte waren<br />

ein Grund dafür, dass Kärnten die niedrigste<br />

Zahl an verheirateten Personen und den größten<br />

Anteil an unehelichen Kindern aufwies.<br />

Im Jahre 1890 betrug dieser Anteil in Kärnten<br />

45, in der gesamten Donaumonarchie hinge-<br />

78<br />

gen nur 15 Prozent. Zwischen 1832 und 1945<br />

kamen in den beiden Dorfgemeinschaften 17<br />

Prozent der Kinder unehelich zur Welt. Mehr<br />

als die Hälfte brachten die Töchter der großen<br />

Grundbesitzer zur Welt, nur 15 Prozent der ledigen<br />

Mütter waren Mägde und 24 Prozent<br />

Inwohnerinnen. Diese Zahlen illustrieren den<br />

wirtschaftlichen Hintergrund der vielen unehelichen<br />

Kinder.<br />

Die Geburtenrate begann erst zu sinken, als<br />

die Agrarwirtschaft nicht mehr eine Voraussetzung<br />

für das Überleben war. Die Sorge um<br />

unversorgte Familienmitglieder wurde von<br />

den Familien auf die staatlichen Institutionen<br />

übertragen. Das staatliche Fürsorgesystem<br />

nahm den Familien die Versorgung der schwächeren<br />

Familienmitglieder ab. Die allgemeine<br />

sozialpolitische Gesetzgebung, die von den<br />

mittel- und westeuropäischen Ländern Ende<br />

des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

eingeführt wurde, war eine Reaktion<br />

auf die Probleme des industriellen Kapitalismus.<br />

Obwohl die Regierung schon im Jahre<br />

1909 die erste Gesetzesvorlage für eine Sozialversicherung<br />

der Bauern einbrachte, wurde das<br />

Gesetz nicht beschlossen, weil man der Meinung<br />

war, dass die Bauern wegen der ungünstigen<br />

Besitzstruktur – die Mehrheit waren<br />

Kleinbauern – die finanzielle Last der Sozialversicherung<br />

nicht tragen können. In Österreich<br />

wurde die bäuerliche Sozialversicherung<br />

erst im Jahre 1965 eingeführt, die Pensionsversicherung<br />

1969.<br />

Die Entwicklungen in der Landwirtschaft können<br />

nicht getrennt von der emotionalen Situation<br />

der bäuerlichen Bevölkerung betrachtet<br />

werden. Die Menschen waren sich bei der Partnersuche<br />

der Tatsache bewusst, dass Grundbesitz<br />

die Basis für die Gründung einer Familie<br />

ist. Erst in der so genannten Baby-Boom-Periode


Mitte des 20. Jahrhunderts konnte zum ersten<br />

Mal in der Geschichte Europas jeder volljährige<br />

Bürger heiraten, die Gründung einer Familie<br />

war nicht länger ein Privileg der Besitzenden,<br />

sondern wurde zur gesellschaftlichen Norm.<br />

Die Daten aus dem Geburten- und Sterbebuch<br />

belegen, dass die Sterberate der Kinder im ersten<br />

Lebensjahr am höchsten war. Die ersten<br />

Hebammenkurse wurden in Klagenfurt bereits<br />

im Jahre 1753 durchgeführt, der Unterricht<br />

wurde bis 1893 in slowenischer Sprache<br />

abgehalten. Das allgemeine Krankenhaus, in<br />

dem auch eine Entbindungsstation eingerichtet<br />

war, wurde im Jahre 1784 errichtet. Dennoch<br />

kam es dort erst ab dem Jahre 1933 zu<br />

Entbindungen in größerer Zahl. Die Krankenhäuser<br />

wurden lange nicht von verheirateten<br />

Frauen aufgesucht, sondern dienten in erster<br />

Linie einem praxisorientierten Unterricht für<br />

Hebammen an unehelichen Müttern und anderen<br />

Frauen in Not. Auf dem Land halfen bis<br />

zum Jahr 1842 vor allem nicht geschulte Hebammen<br />

bei den Entbindungen. Ab diesem Jahr<br />

sah das österreichische Strafgesetzbuch strenge<br />

Strafen für die Ausübung der Geburtenhilfe<br />

ohne Ausbildung bzw. Zulassung vor.<br />

Aus Interviews geht hervor, dass Sexualität<br />

und Verhütung in der Vergangenheit ein stark<br />

tabubehaftetes Thema waren, selbst wenn<br />

Frauen unter sich waren. Das war vor allem<br />

eine Folge der katholischen Moralverstellung,<br />

die die Frau entweder als Jungfrau oder Mutter,<br />

nicht aber als eigenständiges geschlechtliches<br />

Wesen sah. Das bekräftigen auch Aussagen,<br />

wonach die meisten Mädchen die Schwangerschaft<br />

ihrer Mütter nicht bemerkten.<br />

Während es bei Bäuerinnen als normal betrachtet<br />

wurde, dass sie ihre Kinder auf Grund der<br />

Arbeit anderen Personen anvertrauen mussten<br />

oder sie ohne Aufsicht ließen, wurden berufs-<br />

Die Kraft der Schwachen<br />

tätige Frauen, die das Gleiche taten, scheel angesehen.<br />

In Gesprächen mit Frauen, die in der Vergangenheit<br />

Mutterschaft und Beruf vereinten,<br />

zeigte sich, dass sich diese heute gegen die Berufstätigkeit<br />

von Frauen aussprechen. Darüber<br />

hinaus konnte ich feststellen, dass durch die<br />

Einführung Mutterschaftsschutzes die Bedeutung<br />

der Frau im Bereich der Produktion sank.<br />

Mein Interesse bestand vor allem in der Frage,<br />

vor welchem Hintergrund die Gesetze über<br />

den Mutterschaftsschutz eingeführt wurden.<br />

Wurden diese Maßnahmen wegen der Frauen<br />

selbst ergriffen oder wollte man dadurch jene<br />

Ideologie verfestigen, die die Frauen aus dem<br />

Arbeitsprozess hinausdrängte. Es stellte sich<br />

heraus, dass die Intention des Mutterschaftsschutzes<br />

darin bestand, den Frauen ihre „natürliche“<br />

Rolle zuzuweisen, die primär in der<br />

Sorge um die Kinder und andere Familienmitglieder<br />

bestehe. Dieses Bild der Frau als Mutter<br />

und Fürsorgerin wurde auch stark von der Kirche<br />

geprägt.<br />

Ein schlanker Körper stellte damals kein Idealbild<br />

dar, denn er war Ausdruck physischer<br />

Schwäche, und dem Menschen wurde soviel<br />

Wert beigemessen, als er körperlich leisten<br />

konnte. Schwangere Frauen arbeiteten ohne<br />

jedweden Schutz bis zur Entbindung und auch<br />

danach setzen sie ihre Arbeit gleich wieder<br />

fort.<br />

Feministische Untersuchungen der auf den ersten<br />

Blick geschlechtsneutralen Sozialgesetzgebung<br />

zeigten, dass diese unterschiedliche Folgen<br />

für Frauen und für Männer hatte.<br />

Soziale Rechte und medizinische Versorgung<br />

von Mutter und Kind sind zweifelsfrei erforderlich<br />

und wünschenswert, dürfen aber nicht<br />

für ideologische und bevölkerungspolitische<br />

Ziele instrumentalisiert werden. Die Gebur-<br />

79


Die Kraft der Schwachen<br />

tenrate sinkt vor allem in Ländern mit einer<br />

wertkonservativen Vorstellung der Geschlechterrolle<br />

und einem Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen.<br />

Der Stellenwert der staatlichen<br />

Obsorge für Mutter und Kind hängt<br />

immer von der Arbeitsmarktsituation ab:<br />

Wenn Frauen als Arbeitskräfte benötigt werden<br />

und gleichzeitig ein Absinken der Geburtenrate<br />

verhindert werden soll, sorgt der Staat<br />

für soziale Maßnahmen, während hingegen in<br />

Zeiten steigender Arbeitslosigkeit der staatliche<br />

Mutterschutz sinkt. Am Arbeitsmarkt haben<br />

Männer gegenüber Frauen den Vorrang, und<br />

es rückt eine auf konservativen Familienwerten<br />

basierende Ideologie in den Vordergrund.<br />

Wie Ann Steinmann 5 schreibt, schuf die moderne<br />

Gesellschaft zwar die Möglichkeit der<br />

Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau,<br />

zugleich wurde aber der Unterschied zwischen<br />

Männlichkeit und Weiblichkeit bewahrt oder<br />

sogar gestärkt.<br />

Denise Riley 6 stellte im Vergleich psychologischer<br />

Abhandlungen bezüglich der Kindesentwicklung<br />

fest, dass diese Forschungen unter<br />

Einflussnahme konkreter Forderungen der<br />

jeweiligen Regierung bezüglich der Bevölkerungs-<br />

und Beschäftigungspolitik zustande<br />

kamen.<br />

Christiane Olivier 7 vertritt die Meinung, dass<br />

man die Erwerbstätigkeit von der Familienplanung<br />

nicht völlig trennen kann. Eine Trennung<br />

hat für beide Geschlechter Folgen – sowohl bei<br />

der Arbeitsteilung als auch im Bereich der Rollenverteilung<br />

in den Familien. Vor allem aber<br />

beeinflusst sie die Beziehung zwischen Familienleben<br />

und Arbeitswelt. Die Haushaltsarbeit<br />

erledigt man als „Zeichen der Liebe“, doch<br />

die „richtige“ Erwerbstätigkeit sollte außerhalb<br />

der eigenen vier Wände stattfinden. In der<br />

Landwirtschaft wurden die Frauen durch die<br />

80<br />

Technisierung immer mehr aus der Produktionsrolle<br />

gedrängt. Die Rolle der Hausfrau und<br />

Mutter, wurde nicht mehr nur funktionell gesehen,<br />

sondern bekam auch einen besonderen<br />

symbolischen Wert beigemessen, und so begannen<br />

sich auch auf dem Land privater und<br />

beruflicher Bereich zu trennen.<br />

Die Ursache der ambivalenten Beziehung der<br />

heutigen Gesellschaft gegenüber Frauen wird<br />

von immer mehr Autorinnen und Autoren in<br />

der Ideologie gesucht, die den Frauen die Verantwortung<br />

für die Kinder zuweist. Nach Anthony<br />

Giddens 8 hat die bedeutende Rolle der<br />

Mutter in der Anfangsphase der Kindererziehung<br />

sowohl für die Frau als auch für den<br />

Mann tief greifende psychologische Konsequenzen.<br />

Die psychische Struktur der Kinder<br />

wird heute durch die Abwesenheit des Vaters<br />

geprägt, weshalb sie grundlegende Kenntnisse<br />

für die Kommunikation im Erwachsenalter<br />

nicht erlernen können, d. h. das Respektieren<br />

des Anderen. Die Demokratisierung des privaten<br />

Lebens kann nur dann erfolgreich sein –<br />

darüber diskutierten schon Anthony Giddens<br />

und Christiane Olivier – wenn die Kinder mit<br />

beiden Elternteilen aufwachsen, die sich beide<br />

in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens<br />

frei und souverän bewegen können.<br />

ANMERKUNGEN<br />

1 Irena Destovnik, Moč šibkih, Ženske v času kmečkega gospodarjenja. Hg v.<br />

Slovenska prosvetna zveza. Klagenfurt/Celovec 2002.<br />

2 Der Auftraggeber der vorliegenden Studie ist der Slowenische Kulturverband<br />

in Klagenfurt, eine der beiden zentralen Kulturorganisationen der Kärntner<br />

Slowenen.<br />

3 Reinhard Sieder, Socialna zgodovina družine. Ljubljana 1998, S. 174–176.<br />

4 Vgl. Michael Mitterauer, Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in vorindustrieller<br />

Zeit, in: Beiträge zur historischen Sozialkunde 11, Salzburg 1981, S.<br />

81.<br />

5 Vgl. Ann Oakley, Gospodinja. Ljubljana 2000, S. 97.<br />

6 Vgl. Eva Bahovec, Predavanje za uvod: Feminizem in materinstvo, in: Delta<br />

– Revija za ženske študije in feministično teorijo 1–2. Ljubljana 1995, S.<br />

47.<br />

7 Christiane Olivier, Die Söhne des Orest. Ein Plädoyer für Väter. München<br />

1997, S. 197.<br />

8 Anthony Giddens, Preobrazba intimnosti: Spolnost, ljubezen in erotika v<br />

sodobnih družbah. Ljubljana 2000, S. 135–136.


Auf der Suche nach einer<br />

versunkenen Kultur<br />

Jüdisches Leben im Übermurgebiet<br />

� Text: Elisabeth Arlt<br />

An einem trüben Spätherbsttag begebe ich mich auf den Weg in das Übermurgebiet um mich auf<br />

die Suche nach der einst reichen jüdischen Kultur in dieser Gegend zu machen.<br />

Mein erstes Ziel ist Lendava, eine kleine Stadt direkt an der Grenze zu Ungarn. Mein Weg führt<br />

durch Murska Sobota, die Bezirkshauptstadt, auf dem Rückweg möchte ich auch hier Halt machen.<br />

Die Straße Richtung Lendava ist an diesem Tag – und nicht nur an diesem – stark befahren,<br />

ist es doch die Hauptroute nach Ungarn und Kroatien, viel Schwerverkehr zeugt von der Tat-<br />

Gedenkpark – spominski park<br />

Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />

81


Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />

sache, dass die sich bereits seit einigen Jahren<br />

im Bau befindliche Autobahn dringend fertig<br />

gestellt gehört. Zwischendurch immer wieder<br />

Traktoren, die den Verkehr aufhalten und darauf<br />

hinweisen, dass das Prekmurje seit jeher<br />

landwirtschaftlich intensiv genütztes Gebiet<br />

war und ist. Hat das Gebiet im Sommer ohne<br />

Zweifel seinen Reiz, flaches Land, Maisäcker<br />

soweit das Auge reicht, beschleicht einen im<br />

Spätherbst leichtes Unbehagen angesichts der<br />

abgeernteten, kahlen Felder, der nassen Kälte,<br />

des morastigen Bodens und des Nebels, der<br />

sich wie ein Leintuch über das Land legt.<br />

Die Strecke von Radkersburg nach Lendava<br />

beträgt etwa 50 Kilometer, was allerdings im<br />

Windschatten eines LKWs, den zu überholen<br />

die durch die Witterung bedingte schlechte<br />

Sicht unmöglich macht, leicht zum Geduldspiel<br />

werden kann.<br />

Endlich erreiche ich Lendava und, oh Wunder,<br />

der Nebel lichtet sich. Trotzdem präsentiert<br />

sich die kleine Stadt nicht von ihrer besten Seite.<br />

Vielleicht liegt es am Wetter, aber ich kann<br />

mich einer gewissen Tristesse nicht erwehren.<br />

Lendava ist eine sehr alte Stadt und hat eine<br />

bewegte Geschichte. Das bereits im 13. Jahrhundert<br />

errichtete Schloss thront auf den Lendavske<br />

gorice, jenen Hügeln die das größte zusammenhängende<br />

Weinbaugebiet Sloweniens<br />

ausmachen, erhaben über der Stadt. Wie viele<br />

Städte in dieser Gegend hatte auch Lendava<br />

unter den Türkeneinfällen vom 16. bis ins frühe<br />

18. Jahrhundert erheblich zu leiden.<br />

Die östlichste Stadt Sloweniens hat heute<br />

etwa 4.000 Einwohner und ist vor allem wegen<br />

ihrer Thermalquellen bekannt. Eigentlich<br />

ist man in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />

durch puren Zufall auf die heilenden<br />

Quellen gestoßen. Ursprünglich hatte man<br />

nach Erdöl gesucht…<br />

82<br />

Eine weitere Besonderheit Lendavas ist seine<br />

über 1.000 Jahre währende Zweisprachigkeit,<br />

Slowenen und Ungarn lebten seit jeher<br />

einträchtig nebeneinander, bis zum Jahr 1919<br />

gehörte Lendava ebenso wie das gesamte<br />

Übermurgebiet zu Ungarn, nach den Friedensverträgen<br />

von Saint Germain wurde das Land<br />

dem neu gegründeten SHS Staat zugesprochen.<br />

Noch heute hört man oft die ungarische<br />

Sprache, auch die Namen der Menschen in dieser<br />

Gegend sind zu einem Großteil ungarisch.<br />

Lendava besaß über zwei Jahrhunderte ein<br />

überaus reiches jüdisches Leben. Der große<br />

Zuzug von Juden vor allem aus Westungarn<br />

begann im frühen 18. Jahrhundert, als die Türkengefahr<br />

gebannt war und die öde daliegende<br />

Landschaft wieder besiedelt werden musste.<br />

Da während der Türkeneinfälle ein Großteil<br />

der ansässigen Bevölkerung getötet oder durch<br />

Seuchen hinweggerafft worden war, war man<br />

bestrebt, für das brachliegende Land Neusiedler<br />

zu gewinnen. Dazu gehörten die Juden<br />

zunächst nicht, war es ihnen doch seit jeher<br />

untersagt, Land zu besitzen. Eine andere so<br />

genannte Randgruppe profitierte jedoch von<br />

der Notwendigkeit der Neuansiedelungen. Die<br />

Roma, seit Jahrhunderten „fahrendes Volk“,<br />

wurden in dieser Gegend angesiedelt, sie wurden<br />

sesshaft gemacht und leben bis heute im<br />

Prekmurje. Ähnlich wie die Juden hatten auch<br />

sie seit Beginn ihrer Sesshaftigkeit mit Anfeindungen<br />

durch die einheimische Bevölkerung<br />

zu kämpfen, jedoch aus anderen Gründen als<br />

die Juden. Resultierten Neid und Missgunst<br />

gegenüber den Juden vorwiegend aus deren<br />

Geschäftstüchtigkeit und Geschick in finanziellen<br />

Dingen, erfuhren die Roma Repressalien<br />

wegen ihrer Unangepasstheit und auf Grund<br />

von Vorurteilen.


Im Prekmurje erlangten die Juden jedoch hohes<br />

Ansehen, sie waren in die Gemeinschaft<br />

integriert, ja, sie waren ein wichtiger Teil derselben,<br />

arbeiteten bevorzugt als Händler, das<br />

heißt, sie verkauften Waren, die andere dringend<br />

brauchten und trugen somit ganz wesentlich<br />

zu einem neuen Wohlstand in der Gegend<br />

bei, der ohne sie nicht möglich gewesen<br />

wäre. Darüber hinaus bildeten die Juden in<br />

diesen ausschließlich von der Landwirtschaft<br />

geprägten Gebieten so etwas wie eine geistige<br />

Oberschicht, die regen kulturellen Austausch<br />

mit anderen Städten, vor allem Budapest, das<br />

durch die neue, in den Jahren 1907/08 erbaute<br />

Eisenbahnlinie relativ leicht zu erreichen war,<br />

pflegte.<br />

Erst unter Joseph II. erlangten die Juden Gleichberechtigung.<br />

Zuvor war unter Maria Theresia<br />

1744 eine eigene Judensteuer eingeführt worden,<br />

die erst 1846 aufgehoben wurde. Dennoch<br />

brachte das Toleranzpatent Josephs II. für die<br />

Juden große Erleichterungen; erstmals durften<br />

sie öffentliche Schulen besuchen, Berufe erlernen<br />

und Besitz erwerben. 1783 erhielten sie das<br />

Recht, sich in Städten niederzulassen. Dieses<br />

Recht war ihnen 1496 unter Kaiser Maximilian<br />

I. aberkannt worden, die Juden mussten<br />

fliehen. So verlor beispielsweise auch die Stadt<br />

Radkersburg ihre jüdische Gemeinde.<br />

Erst nach der Aufhebung der Judensteuer im<br />

Jahr 1846 waren die Juden einige Zeit völlig<br />

gleichberechtigt, doch bereits im letzten Drittel<br />

des 19. Jahrhunderts begann sich in zunehmendem<br />

Maße der Antisemitismus in der Gesellschaft<br />

zu etablieren.<br />

Von ihren neuerworbenen Rechten machten<br />

auch die Juden im Prekmurje Gebrauch.<br />

Die Industrialisierung, die im 19. Jahrhundert<br />

Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />

in großem Umfang einsetzte, brachte auch der<br />

Landwirtschaft erheblichen Nutzen. Vor allem<br />

Mühlen, Getreidespeicher, aber auch Lederfabriken,<br />

Fleischereien, Brauereien und Geschäfte<br />

mit landwirtschaftlichem Gerät befanden sich<br />

in jüdischem Besitz.<br />

Ein wichtiger Geschäftszweig war das Geld-<br />

und Bankwesen, das sich auch auf das Wirtschaftsleben<br />

im Übermurgebiet positiv auswirkte.<br />

Heute ist davon nicht mehr viel zu bemerken.<br />

Ich parke mein Auto an der Hauptstraße<br />

gegenüber der Kirche. Hier soll sich irgendwo<br />

die ehemalige Synagoge befinden. Ich finde<br />

sie nicht, muss einen Passanten fragen. Sie sei<br />

ganz nah, sagt man mir, gleich hier, hinter dem<br />

Supermarkt. Ich gehe ein paar Treppen hinunter,<br />

gesichtslose Wohnblocks umringen einen<br />

Parkplatz, linker Hand macht sich recht protzig<br />

das erst vor einigen Jahren neu errichtete<br />

Volks- und Kulturhaus der Gemeinde Lendava<br />

aus. Fast hätte ich das kleine, unscheinbare<br />

Gebäude übersehen. Ja, das könnte sie gewesen<br />

sein! Neu renoviert und doch irgendwie<br />

gesichtslos. Als Warenlager des benachbarten<br />

Supermarkts hätte die Synagoge lange gedient,<br />

erklärt mir der junge Mann, der mir aufsperrt,<br />

wahrscheinlich hat sie dieser Umstand vor<br />

dem endgültigen Abbruch bewahrt. Drinnen<br />

ist alles sauber renoviert, man kann sich vorstellen,<br />

wie es früher einmal ausgesehen hat,<br />

als es in Lendava noch einen Rabbiner gab, der<br />

die Gottesdienste abhielt. Heute dient die Synagoge<br />

als Ausstellungsraum für Künstler und<br />

als Konzertsaal. Oben auf der Galerie befindet<br />

sich eine Schautafelausstellung, die das einst<br />

blühende Leben der ehemaligen jüdischen Gemeinde<br />

Lendavas anschaulich dokumentiert.<br />

83


Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />

Die ehemalige Synagoge in Lendava – nekdanja sinagoga v Lendavi<br />

Bis 1995 sei auch die alte jüdische Schule<br />

noch gestanden, erfahre ich, gleich gegenüber<br />

der Synagoge, sie musste dem neuen Volkshaus<br />

weichen. Sonst sieht man in Lendava<br />

nichts mehr an jüdischen Spuren, ich bedanke<br />

mich für die Auskunft und fahre weiter, lasse<br />

Lendava hinter mir und begebe mich Richtung<br />

Dolga Vas, das einige Kilometer westlich<br />

liegt. Ein kleines Dorf an der Hauptstraße, ich<br />

muss wieder fragen, diesmal eine ältere Frau,<br />

die gerade am katholischen Friedhof ein Grab<br />

schmückt. Wo denn der jüdische Friedhof sei,<br />

will ich wissen. Es tue ihr leid, das wisse sie<br />

nicht, antwortet sie. Ob es an meinem schlechten<br />

Slowenisch lag? Ich fahre weiter und sehe<br />

schließlich rechter Hand ein etwas verwildertes,<br />

zugewachsenes Gebäude. Dahinter muss<br />

der Friedhof sein, ich bin am Ziel! Ein besonderer<br />

Ort. Ich gehe durch ein gelbes Häuschen<br />

und befinde mich mitten auf dem Friedhof.<br />

Schön ist es hier, der Spätherbst zaubert eine<br />

84<br />

interessante Stimmung auf die Gräber, deren<br />

Inschriften erstaunlich gut zu lesen sind. Ich<br />

sehe zum Großteil deutsche Namen, deutsche<br />

Inschriften. Es sind Steine auf manche Gräber<br />

gelegt, ein schöner Brauch, das gibt Hoffnung.<br />

Hoffnung, dass diese Menschen, von denen die<br />

meisten, wie auf vielen Grabsteinen nachträglich<br />

vermerkt, in Auschwitz umgebracht wurden,<br />

nicht vergessen sind. Dass es sie gegeben<br />

hat und dass sie diese Gegend für Jahrhunderte<br />

geprägt haben. Ich gehe zu einem geschmückten<br />

Grab, Kerzen und Gestecke befinden sich<br />

an seinem Stein. Es sieht neu aus, und ich beuge<br />

mich hinunter, um die Inschrift zu lesen.<br />

„Lajos Blau 1903-1998“, steht darauf geschrieben.<br />

Er war der letzte Jude in Lendava. Mit<br />

ihm ist eine Ära, die schon vorüber war, endgültig<br />

zu Ende gegangen.<br />

Ein jüdischer Friedhof ist nach altem Ritus<br />

in verschiedene Sektoren geteilt, Männer, un-<br />

￱ Foto: Elisabeth Arlt


verheiratete Frauen, Kinder. Ob das hier auch<br />

noch so ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen,<br />

es scheint, als seien die Grabsteine zum<br />

Teil nachträglich neu angeordnet worden. Den<br />

Friedhof soll auch eine schöne Mauer umgeben<br />

haben, jetzt sieht man nichts mehr davon, zuviel<br />

Unkraut wuchert um die Gräber und die<br />

einst die Grabmäler schmückenden Thujen<br />

sind meterhoch gewachsen und weisen eine<br />

zum Teil groteske Schieflage auf.<br />

Trotzdem ist das ein guter Ort, an dem ich<br />

mich befinde. Es lässt sich ein Teil der Vergangenheit<br />

rekonstruieren, unvorstellbar, wie es<br />

möglich war, eine so fest mit der Gegend verwachsene<br />

Kultur in so kurzer Zeit einfach auszulöschen.<br />

In der Mitte des Friedhofs befindet sich ein<br />

Mahnmal für die Opfer des Faschismus, ein<br />

aus Stein gemeißelter Baumstamm soll an die<br />

vielen Menschen erinnern, die in Auschwitz<br />

ihr Leben verloren.<br />

Es wird kalt, ich werfe noch einen letzten<br />

Blick auf die vielen Grabsteine, dann fahre ich<br />

zurück, jedoch nicht ohne als letzter Station<br />

meiner Reise auf jüdischen Spuren noch dem<br />

Spominski Park in Murska Sobota einen Besuch<br />

abzustatten.<br />

Fast übersieht man den kleinen Park, ich habe<br />

zwar von seiner Existenz gehört, ihn nur durch<br />

Zufall gefunden. Direkt an der Hauptstraße<br />

aus Rakič ankommend liegt linker Hand eine<br />

kleine Parkanlage. Alte Grabsteine des zerstörten<br />

jüdischen Friedhofs hat man hier in einem<br />

Halbkreis angeordnet, zur Erinnerung, wie der<br />

Name schon sagt, an etwas, was es nicht mehr<br />

gibt. Schwer vorstellbar eigentlich: In Murska<br />

Sobota gab es einst drei Synagogen und eine lebendige<br />

jüdische Gemeinde, heute findet man<br />

– wie so oft – keine Spuren mehr. Murska Sobota<br />

wurde nach dem 2. Weltkrieg modern<br />

Auf der Suche nach einer versunkenen Kultur<br />

ausgebaut. Die sogenannte „dritte Synagoge“,<br />

die größte und schönste, wurde erst im Jahr<br />

1956 aus Baufälligkeit abgerissen, nachdem sie<br />

nach Vertreibung und Vernichtung der Juden<br />

als Stall und Warenlager genützt worden war.<br />

Eine weitere Synagoge, die „erste“ und kleinste<br />

wurde sogar erst Mitte der 90er Jahre, als<br />

sie bereits so verfallen war, dass man sie kaum<br />

mehr als Gebäude ausmachen konnte, ebenfalls<br />

abgerissen.<br />

Alles weg, auch hier, der Spominski Park ist das<br />

letzte Zeugnis.<br />

Es leben noch einige wenige Juden im Prekmurje,<br />

die meisten wurden ermordet, die wenigen,<br />

die überlebten, emigrierten vornehmlich nach<br />

Israel oder in die Vereinigten Staaten. Die, die<br />

zurückgekehrt sind, sind oft zum evangelischen<br />

Glauben konvertiert.<br />

Ich fahre nachdenklich zurück. Könnte man<br />

doch einige Jahre in der Geschichte ungeschehen<br />

machen. Ich hätte noch viele Fragen.<br />

85


Iskanje davno minule kulture<br />

Der jüdische Friedhof von Dolga Vas – judovsko pokopališče v Dolgi Vasi<br />

Iskanje davno minule kulture<br />

Judovsko življenje v Prekmurju<br />

Nekega oblačnega poznojesenskega dne se<br />

odpravim na pot v Prekmurje, da bi poiskala<br />

nekoč bogato judovsko kulturo na tem<br />

področju.<br />

Moj prvi cilj je Lendava, majhno mesto<br />

neposredno ob madžarski meji. Pot me vodi<br />

skozi Mursko Soboto, okrajno glavno mesto, ob<br />

povratku bi rada tudi tukaj naredila postanek.<br />

Cesta v smeri Lendave je tega dne – in ne<br />

samo tega – močno prometna, je glavna pot<br />

proti Madžarski in Hrvaški. Veliko težkega<br />

prometa priča o dejstvu, da nujno velja že leta<br />

v izgradnji nahajajočo se avtocesto dokončati.<br />

86<br />

Vmes zmeraj traktorji, ki zadržujejo promet<br />

in opozarjajo na to, da je Prekmurje že od<br />

nekdaj bilo intenzivno kmetijsko izkoriščano<br />

zemljišče in je še.<br />

Kot ima področje poleti nedvomno svoje čar,<br />

ravnina, polja s koruzo, dokler seže oko, se v<br />

pozni jeseni priplazi lahno nelagodje spričo<br />

pospravljenih, ogolelih polj, vlažnega mraza,<br />

močvirnih tal in megle, ki se kot mrtvaški prt<br />

vleče čez deželo.<br />

Pot med Radgono in Lendavo je dolga približno<br />

50 kilometrov, kar v zavetrju tovornjaka, ki<br />

ga je ob slabem vremenu nemogoče prehiteti,<br />

vsekakor lahko postane igra potrpežljivosti.<br />

Končno pridem do Lendave in – o, čudež –<br />

megla se je dvignila. Kljub temu se majhno<br />

mesto ne predstavlja v svojem najboljšem


oblačilu. Morda zaradi vremena, vendar se ne<br />

morem ubraniti določeni turobnosti. Lendava<br />

je zelo stara in ima bogato zgodovino. Že v<br />

13. stoletju zgrajeni grad kraljuje vzvišen nad<br />

mestom v Lendavskih goricah, tistih gričih, ki<br />

tvorijo največje povezano vinorodno območje<br />

Slovenije. Kot mnoga mesta na tem področju<br />

je tudi Lendava v času turških vdorov od 16. do<br />

začetka 18. stoletja močno trpela.<br />

Najbolj vzhodno mesto Slovenije ima danes<br />

približno 4.000 prebivalcev in je poznano<br />

predvsem zaradi svojih termalnih vrelcev.<br />

Pravzaprav so v 60-ih letih prejšnjega stoletja<br />

naključno naleteli na zdravilne vrelce. Sprva so<br />

iskali nafto...<br />

Nadaljnja posebnost Lendave je več kot 1.000<br />

let trajajoča dvojezičnost, Slovenci in Madžari<br />

že od nekdaj žive eden ob drugem. Do leta<br />

1919 je Lendava, tako kot celotno Prekmurje,<br />

pripadala Madžarski, po St. Germainskih<br />

mirovnih pogodbah je bila dežela dodeljena<br />

Sloveniji. Še danes je pogosto slišati madžarski<br />

jezik, tudi priimki v Prekmurju so pogosto<br />

madžarski.<br />

Lendava je imela več kot dve stoletji nadvse<br />

bogato judovsko življenje.<br />

Veliko priseljevanje Judov, predvsem iz<br />

zahodne Madžarske, se je začelo v zgodnjem<br />

18. stoletju, ko je bila turška nevarnost<br />

pregnana in je bilo potrebno pusto pokrajino<br />

ponovno poseliti. V času turških vdorov je<br />

bila večina tamkajšnjih prebivalcev umorjena<br />

ali so jih pobrale kužne bolezni, tako so si<br />

prizadevali neobdelano zemljo prepustiti tako<br />

imenovanim novim priseljencem. K tem v<br />

začetku niso sodili Judje, saj jim je bilo že od<br />

nekdaj prepovedano posedovati zemljo. A neka<br />

druga, tako imenovana marginalna skupina,<br />

je le imela korist od potrebe po ponovni<br />

poselitvi. Rome, že stoletja potujoče ljudstvo,<br />

Iskanje davno minule kulture<br />

so naselili na tem področju. Ti so se ustalili in<br />

žive še danes v Prekmurju. Podobno kot Judje<br />

so tudi Romi že od samega začetka bili boje s<br />

sovražnostjo tamkajšnjega prebivalstva, vendar<br />

iz drugačnih razlogov. Medtem ko je pri Judih<br />

sledila predvsem iz zavisti in nevoščljivosti,<br />

izhajajočih iz njihove poslovne sposobnosti in<br />

spretnosti v finančnih zadevah, je pri Romih<br />

izhajala iz njihove neprilagojenosti in podobnih<br />

represalij na podlagi predsodkov.<br />

V Prekmurju so Judje vendarle prišli do visokega<br />

ugleda, bili so integrirani v skupnost, da, bili<br />

so pomemben del istih, čeprav so bili pretežno<br />

trgovci. To se pravi, dodali so produkte, ki so<br />

jih drugi nujno potrebovali, in tako bistveno<br />

pripomogli k novi blaginji področja, ki brez<br />

njih ne bi bila mogoča.<br />

Prav tako se je v tej pretežno kmetijski<br />

pokrajini razvil neke vrste višji duhovni sloj,<br />

ki je negoval živahno kulturno izmenjavo z<br />

drugimi mesti, predvsem z Budimpešto, ki je<br />

bila z novo, v letih 1907/08 zgrajeno železniško<br />

linijo, relativno lahko dosegljiva.<br />

Šele pod Jožefom II. so Judje dosegli<br />

enakopravnost. Pod Marijo Terezijo je bil leta<br />

1744 uveden poseben judovski davek, ki je bil<br />

razveljavljen šele leta 1846.<br />

Kljub temu je prinesel tolerančni patent Jožefa<br />

II. za Jude veliko olajšanje; prvič so smeli<br />

obiskovati javne šole, priučiti se poklica in<br />

pridobiti posest. 1783 so dobili pravico naseliti<br />

se v mestih. Ta pravica jim je bila leta 1496 pod<br />

cesarjem Maksimiljanom I. odvzeta, Judje so<br />

morali zbežati. Tako je na primer tudi mesto<br />

Radgona izgubilo svojo judovsko četrt.<br />

Šele po razveljavitvi judovskega davka leta<br />

1846 so bili Judje nekaj časa popolnoma<br />

enakopravni, vendar se je že v zadnji tretjini<br />

19. stoletja začel v družbi okrepljeno uveljavljati<br />

antisemitizem.<br />

87


Iskanje davno minule kulture<br />

Svoje novo pridobljene pravice so izkoristili<br />

tudi Judje v Prekmurju. Na veliko se je začela<br />

industrializacija, eden do takrat v tej okolici<br />

neznanih fenomenov, ki je tudi kmetijstvu<br />

prinesel znatno korist. Predvsem mlini,<br />

kašče za žito, pa tudi tovarne usnja, mesnice,<br />

pivovarne, trgovine s kmetijskimi orodji, so<br />

bile v judovski lasti. Pomembna panoga je bila<br />

denar in bančništvo, ki je pozitivno učinkovala<br />

tudi na gospodarsko življenje v Prekmurju.<br />

Danes od tega ni opaziti prav mnogo. Avto<br />

parkiram na glavni cesti nasproti cerkve. Tu<br />

nekje naj bi se nahajala nekdanja sinagoga. Ne<br />

najdem je, moram vprašati mimoidočega. Je<br />

prav blizu, so mi rekli, tik za samopostrežnico.<br />

Grem nekaj stopnic navzdol, brezizrazni<br />

stanovanjski bloki obkrožajo parkirišče, na<br />

levi strani se bohoti pred nekaj leti novozgrajen<br />

narodni in kulturni dom občine Lendava. Skoraj<br />

bi spregledala majhno, neugledno stavbo. Da,<br />

to bi lahko bila!<br />

Na novo prenovljena, pa vendar nekako<br />

neizrazita. Dolgo je sinagoga služila kot<br />

skladišče bližnjemu supermarketu, mi je<br />

razložil mladi mož, ki mi je odklenil; verjetno<br />

jo je ta okoliščina obvarovala pred dokončnim<br />

rušenjem. Znotraj je vse lepo prenovljeno,<br />

lahko si je predstavljati, kako je bilo vse skupaj<br />

videti včasih, ko je v Lendavi še bil rabin, ki je<br />

vodil bogoslužje.<br />

Danes služi sinagoga kot razstavni prostor za<br />

umetnike in kot koncertna dvorana. Zgoraj<br />

na galeriji se nahaja razstavna preglednica, ki<br />

nazorno dokumentira nekoč cvetoče življenje<br />

nekdanje judovske skupnosti Lendave.<br />

Do 1995 je stala še stara judovska šola, sem<br />

izvedela, takoj nasproti sinagoge; umakniti se<br />

je morala novemu narodnemu domu.<br />

Sicer v Lendavi ni več videti judovskih sledi.<br />

Zahvalim se za informacije in se peljem<br />

88<br />

naprej, Lendavo pustim za seboj in se napotim<br />

v smeri Dolge Vasi, ki leži nekaj kilometrov<br />

zahodno. Majhna vas ob glavni cesti. Spet<br />

moram vprašati, tokrat starejšo gospo, ki<br />

krasi na katoliškem pokopališču neki grob.<br />

Kje je judovsko pokopališče, želim izvedeti.<br />

Opravičuje se, da ne ve, odgovori. Morda zaradi<br />

moje slovenščine? Peljem naprej in vidim<br />

končno na desni strani nekoliko podivjano<br />

poraslo zgradbo. Zadaj bo pokopališče, na cilju<br />

sem.<br />

Poseben kraj. Grem skozi rumeno hišico in<br />

se znajdem sredi pokopališča. Lepo je tukaj,<br />

pozna jesen pričara zanimivo razpoloženje na<br />

grobove, katerih napisi so presenetljivo dobro<br />

ohranjeni. Vidim veliko nemških priimkov,<br />

nemške napise, večinoma pravzaprav. Na<br />

nekatere grobove so položili kamne – lepa<br />

navada, to daje upanje. Upanje, da tile<br />

ljudje, od katerih večina, kot je na mnogih<br />

grobovih naknadno zabeleženo, je bila ubita<br />

v Auschwitzu, niso pozabljeni. Da so obstajali<br />

in da so to področje za stoletja zaznamovali.<br />

Grem k nekemu okrašenemu grobu, sveče in<br />

aranžmaji se nahajajo na [nagrobnem] kamnu.<br />

Videti je nov in sklonim se, da bi prebrala napis.<br />

“Lajos Blau 1903-1998,“ je bilo zapisano. Bil<br />

je zadnji Jud iz Lendave. Z njim je dokončno<br />

odšlo obdobje, ki je že davno minilo.<br />

Judovsko pokopališče je po starem običaju<br />

razdeljeno na različne sektorje: moški,<br />

neporočene ženske , otroci. Ali je tukaj tudi<br />

tako, se ne da več razbrati; kaže, kot da so<br />

nekatere nagrobne kamne naknadno na novo<br />

razvrstili. Pokopališče naj bi bilo obdano z<br />

lepim zidom, sedaj od tega ni videti ničesar<br />

več, preveč plevela raste okoli grobov, in tuje,<br />

ki so nekoč krasile grobove, so meter visoko in<br />

so deloma groteskno poševno.<br />

Kljub temu je to dober kraj, na katerem


se nahajam. Mogoče je rekonstruirati del<br />

preteklosti, neverjetno, da je bilo mogoče eno,<br />

tako močno v to področje zasidrano kulturo, v<br />

tako kratkem času enostavno izbrisati.<br />

V sredini pokopališča se nahaja spominsko<br />

obeležje žrtvam fašizma, iz kamna izklesano<br />

deblo naj bi spominjalo na mnoge žrtve, ki so v<br />

Auschwitzu morale pustiti svoja življenja.<br />

Hladno postaja, poslednjič še pogledam na<br />

mnoge nagrobnike, potem se peljem nazaj, toda<br />

ne brez obiska zadnje postaje mojega potovanja<br />

po judovskih sledovih, „Spominskega Parka“ v<br />

Murski Soboti.<br />

Prav mogoče je prezreti majhen park, za<br />

njegovo eksistenco sem že slišala, našla pa sem<br />

ga le po naključju. Neposredno ob glavni cesti,<br />

prihajajoč iz Rakičana, stoji na desni strani<br />

majhen park. Stare nagrobnike razdejanega<br />

judovskega pokopališča so tukaj razvrstili<br />

v polkrog, v spomin, kot že naslov pove, na<br />

nekaj, kar več ne obstaja.<br />

Težko predstavljivo pravzaprav, v Murski<br />

Soboti so bile nekoč tri sinagoge in živa<br />

judovska skupnost – danes, kot tolikokrat,<br />

nobene sledi več. Murska Sobota je bila po 2.<br />

svetovni vojni povečana, mesto je moderno<br />

oblikovano. Tako imenovano „tretjo sinagogo“,<br />

največjo in najlepšo, so porušili šele leta 1956,<br />

zaradi propadanja ali morda bolj zato, ker je<br />

bila po pregonu in uničenju Judov uporabljana<br />

kot hlev in skladišče.<br />

Nadaljnjo sinagogo, „prvo“ in najmanjšo, so<br />

porušili šele sredi 90-ih let 20. stoletja, potem,<br />

ko je bila že tako propadla, da jo je bilo težko<br />

prepoznati kot zgradbo.<br />

Ničesar več, tudi tukaj, Spominski Park je<br />

zadnje pričevanje.<br />

V Prekmurju živi še nekaj Judov, večina<br />

je bila umorjenih. Nekaj malega teh, ki so<br />

preživeli je emigriralo v Izrael ali v Združene<br />

države Amerike. Ti, ki so se vrnili, so pogosto<br />

prestopili v evangeličansko vero.<br />

Razmišljujoč vozim nazaj. Ko bi lahko nekaj<br />

let v zgodovini zbrisali... Imela bi še mnogo<br />

vprašanj.<br />

ZUR PERSON – O AVTORJU<br />

Elisabeth Arlt<br />

Iskanje davno minule kulture<br />

Mag.ª Elisabeth Arlt ist Kunsthistorikerin und<br />

arbeitet an verschiedenen Projekten im Kulturbereich<br />

in der Steiermark und in Südosteuropa.<br />

– Mag.ª Elisabeth Arlt je umetnostna<br />

zgodovinarka in sodeluje pri raznoraznih<br />

projektih na področju kulture na Štajerskem in v<br />

jugovzhodni Evropi.<br />

89


Bildgalerie – galerija slik IV<br />

Prof. Christian Brünner und der Bürgermeister von Tuzla sprechen anlässlich des Symposions. Wieviel Minderheit(en) verträgt Europa? – Pogovor med<br />

prof. Christianom Brünnerjem in županom Tuzle na simpoziju. Koliko manjšin prenese Evropa?<br />

90


Julius Franz Schütz<br />

(K)ein steirischer Heimatdichter<br />

� Text: Elisabeth Arlt<br />

Eine sehr interessante, jedoch heute weitestgehend unbekannte<br />

Figur in der steirischen Literaturszene der ersten Hälfte des 20.<br />

Jahrhunderts stellt zweifelsohne Julius Franz Schütz dar. Schütz,<br />

1889 in Mureck geboren, entdeckte schon früh seine Begabung<br />

zum Schreiben. Einer seiner Lehrer am Grazer Bischöflichen<br />

Gymnasium erkannte das Talent des Knaben und förderte ihn.<br />

Nichtsdestotrotz begann Schütz an der Grazer Universität ein<br />

Jusstudium, das er auch abschloss. Mit einer Erbschaft des Vaters<br />

bedacht, war es Schütz’ Plan, als Dichter unbeschwert leben zu<br />

können. Der Erste Weltkrieg und die damit einhergehende Inflation<br />

machten diesen Traum jedoch zunichte.<br />

Schon während seiner Studienzeit begab sich Schütz auf ausgedehnte<br />

Reisen, vor allem innerhalb Europas, aber auch nach Nordafrika,<br />

die sein Leben und Werk nachhaltig prägen sollten.<br />

Julius Franz Schütz<br />

Julius Franz Schütz bei einer Lesung in<br />

der Steiermärkischen Landesbibliothek –<br />

Julius Franz Schütz na literarnem večeru v<br />

Štajerski deželni knjižnici<br />

Schütz fand eine Anstellung an der Steiermärkischen Landesbibliothek, die er ab dem Jahr 1939<br />

auch leitete.<br />

Nach 1912 gelang es ihm, einen Verlag zu finden, der seine Gedichte, die stark expressionistische<br />

Züge aufweisen, veröffentlichte. Seine Werke wurden von anderen Verlagen jedoch auch abgelehnt,<br />

mit der Begründung, er würde am Leser vorbeischreiben, diesen nicht berühren, ihn allenfalls<br />

erstaunen. Das kränkte ihn zwar, wie aus seiner Korrespondenz ersichtlich ist, ließ ihn jedoch<br />

nicht resignieren.<br />

Auffallend ist die Wandlungsfähigkeit seiner Literatur, der häufige Stilwandel, der als geradezu<br />

charakteristisch für ihn galt. Ebenso der schonungslose Naturalismus, mit dem er Dinge beschrieb<br />

und sich Themen annahm, die den Leser mehr verstörten als unterhielten.<br />

Was ihn nicht nur in seinem Werk, sondern auch als Menschen auszeichnete beschreiben viele seiner<br />

Zeitgenossen wie folgt: Schütz stand mit vielen Künstlern in regem Kontakt, darüber hinaus<br />

gehörten auch Wissenschaftler anderer Disziplinen, wie der Maler Max Robathin, der Botaniker<br />

91


Julius Franz Schütz<br />

Verschiedene Darstellungen Schütz‘ - različne upodobitve Schütza<br />

Herbert Lamprecht, der vor allem in Schweden<br />

wirkte, und der Rektor der Leobener Montanuniversität<br />

Franz Platzer, die alle wie Schütz<br />

ebenfalls in Mureck geboren wurden, zu seinem<br />

umfangreichen Bekanntenkreis.<br />

Interessant aus heutiger Sicht in Leben und<br />

Werk Schütz’ ist seine Heimatliebe, die entgegen<br />

der in dieser Zeit vorherrschenden Gesinnung<br />

weder deutschtümelnd noch von nationalsozialistischem<br />

Gedankengut geprägt<br />

war. In vielen Gedichten, aber auch Romanen<br />

beschreibt er das südsteirische Weinland, die<br />

Gegend seiner Kindheit in und um Mureck.<br />

Gleichzeitig jedoch hatte er großes Interesse<br />

an fremden Kulturen, vor allem an asiatischen,<br />

deren Sprachen er zum Teil beherrschte. Erhalten<br />

ist eine umfangreiche Sammlung an asiatischer<br />

Kunst, die er zum Teil von seinen Reisen<br />

mitbrachte, zum Teil von Freunden geschenkt<br />

bekommen hatte.<br />

Überaus reich war seine Korrespondenz. Die<br />

deutsch-kroatische Dichterin Camilla Lucerna<br />

gehörte ebenso zu seinen Freunden wie<br />

auch der spätere Nobelpreisträger Ivo Andrić.<br />

Schütz bemühte sich, slawische Sprachen zu<br />

lernen und hielt sich des Öfteren in Zagreb<br />

auf, wo er Lesungen abhielt und freundschaftliche<br />

Kontakte pflegte.<br />

Für ihn ging durch die Grenzziehung nicht ein<br />

Land verloren, wie es von vielen seiner Zeitgenossen<br />

empfunden wurde, sondern er betrach-<br />

92<br />

tete es als persönlichen Gewinn, neue Sprachen<br />

zu lernen und sich mit anderen Kulturen<br />

vertraut zu machen.<br />

Nachdem 1949 seine Frau Grete nach langer<br />

schwerer Krankheit verstorben war, litt Schütz<br />

unter zunehmender Einsamkeit. Obwohl er<br />

fest im gesellschaftlichen Leben integriert war<br />

und auch einen großen Freundeskreis besaß,<br />

ist ab diesem Zeitpunkt eine gewisse Todessehnsucht<br />

zu verspüren. Es kränkte ihn sehr,<br />

dass seine Werke zwar gelobt wurden, er aber<br />

von der Öffentlichkeit mehr oder weniger ignoriert<br />

wurde.<br />

Ein Anliegen waren ihm die jungen Dichter,<br />

die er förderte und unterstützte. Dass er, der<br />

sich selbst als Junger über die verbohrten Alten<br />

kritisch geäußert hatte, diesem Grundsatz treu<br />

blieb, zeigt sich, als er Anfang der 50er Jahre das<br />

damals neu gegründete und unter den alteingesessenen<br />

Dichtern höchste Empörung hervorrufende<br />

Forum Stadtpark mit ganzer Kraft<br />

unterstützte. Einer dieser jungen Dichter, Alfred<br />

Kolleritsch, der wie Schütz auch aus der<br />

Gegend um Mureck stammte, wies ihm später<br />

auch in der von ihm initiierten Publikation<br />

„Lichtungen“ einen ehrenden Platz zu.<br />

Julius Franz Schütz, der 1961 kinderlos starb,<br />

hinterließ seinem Heimatort Mureck, dem er<br />

bis zu seinem Tod eng verbunden blieb, sein<br />

Haus am Murecker Hauptplatz, und das sich<br />

darin befindliche Mobiliar und seine überaus


umfangreiche Bibliothek, die heute in der Landesbibliothek<br />

aufbewahrt wird, mit der Auflage,<br />

daraus ein Museum zu schaffen.<br />

Das geschah auch Anfang der 70er Jahre, als<br />

Teile der Schützwohnung zu einem Heimatmuseum,<br />

dem damaligen Standard entsprechend,<br />

zu einem Heimatmuseum umgestaltet<br />

wurden. Bis vor kurzem in schlechtem, unzeitgemäßem<br />

Zustand, wurde heuer eine Sichtung<br />

der Objekte samt Zustandsbestimmung<br />

Julius Franz Schütz<br />

Julius Franz Schütz‘ Haus am Hauptplatz von Mureck, in dem heute das Stadtmuseum untergebracht ist. – hiša Juliusa Franza Schütza na Glavnem<br />

trgu v Cmureku, v kateri je danes Mestni muzej.<br />

veranlasst und Maßnahmen zur Restaurierung<br />

diverser Möbel, Kleingegenstände und Schriftstücke<br />

in die Wege geleitet, die durch unsachgemäße<br />

Lagerung bereits Schaden erlitten hatten.<br />

Wenn alles gut geht, soll in nächster Zeit<br />

ein neues, modern adaptiertes Museum eröffnet<br />

werden, das diesem berühmten Sohn Murecks<br />

ein gebührendes Andenken zukommen<br />

lassen und ihn vor dem Vergessen bewahren<br />

soll.<br />

93<br />

￱ Foto: JUZ Mureck


Julius Franz Schütz<br />

Julius Franz Schütz<br />

Štajerski domači pesnik, ali tudi ne<br />

Zelo zanimivo, vendar danes širši publiki<br />

nepoznano figuro štajerske literarne scene<br />

prve polovice 20. stoletja, predstavlja prav<br />

gotovo Julius Franz Schütz. Schütz, rojen 1889<br />

v Cmureku, je že zgodaj odkril nadarjenost za<br />

pisanje. Eden od učiteljev na graški škofovski<br />

gimnaziji je prepoznal dečkov talent in ga<br />

podpiral.<br />

Kljub temu je začel Schütz na Graški univerzi<br />

študirati pravo, katerega je tudi zaključil.<br />

Računajoč na očetovo dediščino, je bil Schützov<br />

načrt neobremenjeno živeti kot pesnik. Prva<br />

svetovna vojna in z njo povezana inflacija sta<br />

te sanje naredili nične.<br />

Že v času študija se je podal na dolga potovanja<br />

predvsem po Evropi, pa tudi v severno Afriko,<br />

ki naj bi njegovo življenje in delo trajno<br />

zaznamovala.<br />

Schütz je našel službo v Štajerski deželni<br />

knjižnici, katero je od leta 1939 tudi vodil.<br />

Po 1912 mu je uspelo najti založbo, ki je<br />

njegove pesmi z močnimi ekspresionističnimi<br />

potezami objavila. Njegova dela so bila s strani<br />

drugih založb zavrnjena tudi z obrazložitvijo,<br />

da piše mimo bralcev, da se teh ne dotakne,<br />

kvečjemu osupne. To ga je sicer prizadelo, kar<br />

je vidno tudi iz njegove korespondence, vendar<br />

zato ni obupal.<br />

Pozornost vzbuja njegova literatura zaradi<br />

zmožnosti spremembe, pogoste menjave stila,<br />

ki je zanj naravnost karakteristična. Prav<br />

tako neprizanesljiv naturalizem, s katerimi je<br />

opisoval stvari in izbrane teme, ki spravljajo<br />

bralca bolj iz ravnotežja kot zabavajo.<br />

Kar ga odlikuje ne samo v njegovem delu,<br />

temveč tudi kot človeka, opisuje veliko<br />

94<br />

njegovih sodobnikov: Schütz je bil z mnogimi<br />

umetniki v živahnih stikih, k tem so spadali<br />

tudi znanstveniki drugih disciplin, kot slikar<br />

Max Robathin, botanik Herbert Lamprecht,<br />

ki je deloval predvsem na Švedskem, kot tudi<br />

rektor leobenske Montanuniversität – rudarske<br />

univerze Franz Platzer, ki so vsi, kot Schütz,<br />

bili rojeni v Cmureku; ti so bili del njegovega<br />

obsežnega kroga znancev.<br />

Zanimivo z današnjega vidika Schützovega<br />

življenja in dela je njegovo domoljubje, ki je<br />

bilo v nasprotju z v tistem času prevladujočim<br />

prepričanjem. Oblikovano ni bilo niti<br />

nemškutarsko niti nacistično. V mnogih<br />

pesmih pa tudi romanih opisuje južni štajerski<br />

vinorodni okoliš, okolico svojega otroštva v<br />

in okoli Cmureka. Istočasno pa so ga zelo<br />

zanimale druge kulture, predvsem azijske,<br />

katerih jezike je deloma obvladal. Ohranjena<br />

je obsežna zbirka azijske umetnosti, ki jo je<br />

deloma prinesel s svojih potovanj, deloma kot<br />

darilo dobil od svojih prijateljev.<br />

V enem od njegovih pisem je razbrati žalost<br />

mladega moža, potem ko je bila njegova<br />

ljubljena Untersteiermark – Spodnja Štajerska z<br />

novo nastalo mejo ločena. Vendar je bil dovolj<br />

daljnoviden, da ga ni zapopadlo takrat široko<br />

razširjeno topo sovraštvo do vsega slovenskega.<br />

V tem smislu ni bilo slišati kakršne koli njegove<br />

izjave niti ni mogoče najti takšnega mišljenja v<br />

njegovem delu.<br />

Nadvse bogata je bila njegova korespondenca.<br />

Nemško-hrvaška pesnica Camilla Lucerna<br />

je prav tako štela k njegovim prijateljem kot<br />

tudi kasnejši Nobelov nagrajenec Ivo Andrić.<br />

Prizadeval si je naučiti se slovanskih jezikov<br />

in je večkrat obiskal Zagreb, kjer je imel<br />

predavanja in je gojil prijateljske stike.<br />

Zaradi nastanka meje zanj ni bila izgubljena<br />

dežela, kot so to čutili mnogi njegovi sodobniki,


temveč je to obravnaval kot osebno pridobitev,<br />

učiti se novih jezikov in se seznaniti z drugimi<br />

kulturami.<br />

Potem ko je 1949 po dolgi in težki bolezni<br />

umrla njegova žena Grete, je Schütz trpel vse<br />

večjo osamljenost. Čeprav je bil trdno vključen<br />

v družbeno življenje in je imel velik krog<br />

prijateljev, je od tega trenutka mogoče občutiti<br />

hrepenenje po smrti. Zelo ga je žalilo, da je<br />

njegovo delo sicer hvaljeno, njega samega pa je<br />

javnost bolj ali manj ignorirala.<br />

Ena od potreb mu je bila podpirati mlade<br />

pesnike. Ker se je sam, kot mlajši, kritično<br />

izrazil o zadrtosti starih in ostal zvest temu<br />

načelu, je v začetku 50-ih let z vso močjo<br />

podpiral takrat novo ustanovljeni Forum<br />

Stadtpark, ki je izzval skrajno ogorčenje pri<br />

starejših pesnikih. Eden teh mladih pesnikov,<br />

Alfred Kolleritsch, ki je tako kot Schütz prihajal<br />

iz okolice Cmureka, mu je kasneje v z njegove<br />

strani iniciirani publikaciji Lichtungen – Jase<br />

dodelil častitljivo mesto.<br />

Julius Franz Schütz, ki je 1961 umrl, brez<br />

otrok, je zapustil svojemu domačemu kraju<br />

Cmureku, s katerim je ostal tesno povezan<br />

vse do svoje smrti, svojo hišo na cmureškem<br />

Glavnem trgu, v hiši nahajajoče se pohištvo<br />

in nadvse obsežno knjižnico, ki je danes<br />

shranjena v deželni knjižnici, z zahtevo, naj iz<br />

tega ustvarijo muzej.<br />

To se je tudi zgodilo v začetku 70-ih let<br />

prejšnjega stoletja, ko so del Schützovega<br />

stanovanja v skladu s takratnim standardom<br />

preoblikovali v domovinski muzej.<br />

Za do pred kratkim v slabem, nesodobnem<br />

stanju nahajajoči se domovinski muzej je<br />

bila letos dana pobuda poskrbeti za ogled in<br />

določitev stanja objektov in izpeljavo ukrepov<br />

za restavracijo različnega pohištva, majhnih<br />

predmetov in listin, katere so se zaradi<br />

Julius Franz Schütz<br />

nestrokovnega skladiščenja poškodovale. Če<br />

bo šlo vse po sreči, naj bi v kratkem odprli nov,<br />

moderno adaptiran muzej, ki naj bi bil primeren<br />

spominu na tega slavnega sina Cmureka, in ga<br />

tako obvarovati pred pozabo.<br />

95


Die Rotunde von Selo<br />

Südansicht der Rotunde von Selo – južni pogled na rotundo iz Sela<br />

96<br />

￱ Foto: Elisabeth Arlt


Die Rotunde von Selo<br />

Eine kunsthistorische Besonderheit<br />

� Text: Elisabeth Arlt<br />

Die Rotunde von Selo<br />

Ein besonders interessantes Beispiel romanischer Baukunst in Slowenien befindet sich nahe der<br />

Ortschaft Selo im Goričko, wie diese Landschaft im äußersten Nordosten Sloweniens, unweit der<br />

ungarischen Grenze genannt wird.<br />

Mitten in einer Wiese steht die kleine romanische Rundkirche, die, so versteckt in der üppigen<br />

frühsommerlichen Vegetation, kaum auszumachen ist.<br />

Und doch handelt es sich hier um den seltenen Kirchentyp der Rotunde, der in dieser Form im<br />

Prekmurje einzigartig ist. Im benachbarten Ungarn findet man Vertreter dieses Typs häufiger.<br />

In Österreich ist dieser Kirchentyp ebenfalls selten, in den alpinen Regionen so gut wie gar nicht<br />

vertreten, teilweise baute man – wie beispielsweise im niederösterreichischen Petronell – Karner in<br />

Rotundenform, Kirchen jedoch nie.<br />

Die Rotunde von Selo ist dem Heiligen Nikolaus geweiht. Nikolaus ist der Patron der Kinder, Schüler,<br />

Richter, Reisenden, Pilger, Seefahrer, Fischer und anderer.<br />

Von außen ist der Bau sehr schlicht, man stellt sich die Kirche, wenn man sie von Bildern her<br />

kennt, größer vor. Ein Sockel aus Natursteinen begradigt das unebene Gelände, darüber erhebt<br />

sich ein Ziegelbau, der durch Lisenen gegliedert ist. Den Abschluss der Wand bildet ein Zackenfries,<br />

über das direkt das mit Schindeln gedeckte Dach samt kleinem aufgesetztem Glockenturm<br />

anschließt.<br />

An der Südseite befinden sich drei schmale Fenster, die einzige Lichtquelle, sieht man von der Türe<br />

und einer weiteren sehr schmalen Fensteröffnung in der Apsis ab.<br />

Betritt man die Rotunde ist man zuerst von den beeindruckenden Wandmalereien fasziniert, die<br />

beinahe den gesamten Innenraum bedecken.<br />

Stilistisch scheinen die Malereien, die al secco, also auf trockenen Grund gemalt wurden, älter zu<br />

sein, als sie es tatsächlich sind. Man hat auch als Kunsthistoriker durchaus Probleme mit der Datierung.<br />

Die stark akzentuierten Umrisse, die dann farbig ausgemalt wurden, geben den Malereien<br />

einen etwas blockhaften starren Charakter, auch die perspektivische Darstellung, fehlt gänzlich.<br />

Tatsächlich sind die Malereien erst Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden, wie in dem vor Ort<br />

erhältlichen Führer nachzulesen ist, stilistische Ähnlichkeiten sind mit den Fresken der Johannes-<br />

97


Die Rotunde von Selo<br />

kapelle von Pürgg in der Obersteiermark zu erkennen,<br />

deren Entstehungszeit jedoch bereits<br />

in das 12. Jahrhundert datiert werden kann.<br />

So verwundert der für das späte Entstehungsdatum<br />

künstlerisch sehr anachronistisch anmutende<br />

Stil. Ist es die Abgeschiedenheit der<br />

Landschaft, die sich den damals zeitgemäßen<br />

Trends in der Malerei verschlossen zeigte; man<br />

weiß es nicht. In der Kuppel, gleichsam im<br />

Zentrum des Raumes, befindet sich eine ausdrucksvolle<br />

Darstellung des gekreuzigten und<br />

des auferstandenen Christus in einer Mandorla,<br />

umgeben von den Darstellungen der vier<br />

Evangelisten samt den ihnen zugeschriebenen<br />

Attributen.<br />

Darunter ist die Passion Christi in sehr figurenreichen,<br />

detailverliebten Darstellungen abgebildet.<br />

Dem Betrachter wird, indem er sich<br />

um die eigene Achse dreht, die gesamte Leidensgeschichte<br />

Christi erzählt.<br />

Diese mittelalterlichen Bildergeschichten, deren<br />

Künstler bis auf einige wenige Ausnahmen<br />

immer unbekannt sind, dienten dazu, die des<br />

Schreibens Unkundigen über die Geschehnisse<br />

in der Bibel zu unterweisen.<br />

Die Wandmalerei wurde im Laufe der Zeit bis<br />

hin zum Ende des Mittelalters immer realistischer,<br />

das Starre, Blockhafte in der Darstellung<br />

wurde überwunden und biblische Szenen, wie<br />

auch die Leiden Christi, immer drastischer und<br />

bewegter dargestellt. Ist Christus in der Romanik<br />

noch der still Leidende, der über den Tod<br />

triumphiert und auch als Gekreuzigter noch<br />

eine stolze und herrschaftliche Haltung einnimmt,<br />

so ändert sich das in den folgenden<br />

Jahrhunderten. Das geht so weit, dass Christus<br />

in der gotischen Malerei als menschlich,<br />

als Leidender, von Wunden übersät, dargestellt<br />

wird. Dieser Messias muss erst sein Menschsein<br />

hinter sich lassen, und das wird oft dras-<br />

98<br />

tisch ausgedrückt. Im Hoch und Spätmittelalter<br />

übernahmen dann die Glasfenster diese<br />

Rolle, die, da die Wände der Gotteshäuser immer<br />

aufgelöster wurden, stetig an Bedeutung<br />

gewannen.<br />

In dieser romanischen Kirche wird das Hauptaugenwerk<br />

hingegen noch völlig auf die Wandmalereien<br />

gelegt.<br />

Erwiesen ist, dass die Kirche, die Mitte des<br />

13. Jahrhunderts erbaut wurde, anfangs keine<br />

Wandmalereien besessen hatte, die heute vorhandenen<br />

wurden, wie schon erwähnt, erst<br />

Mitte des 14. Jahrhunderts geschaffen.<br />

Leider kam es in den Jahren 1845/46 zu Umbauarbeiten,<br />

die sehr unbedacht durchgeführt<br />

worden waren und unter anderem den Abbruch<br />

der Apsis zur Folge hatten. Ihr wieder<br />

erlangtes Aussehen verdankt die Kirche, die<br />

heute den Status einer Kapelle hat, zwei großen<br />

Renovierungen 1956 bzw. in den Jahren<br />

1978/79. Diese Renovierungen beinhalteten<br />

unter anderem auch die Wiedererrichtung der<br />

verlorenen Apsis und die sachgemäße Renovierung<br />

der Wandmalereien.<br />

Dass das mit Sorgfalt geschah, ist heute gut<br />

ersichtlich. Bei den Malereien blieb die Farbigkeit<br />

weitestgehend erhalten, ohne jedoch, wie<br />

bei so mancher unsachgemäßer Restaurierung,<br />

übermalt zu wirken. Natürlich haben die al secco<br />

aufgetragenen Farbschichten nie eine solche<br />

Haltbarkeit und Leuchtkraft wie die auf noch<br />

feuchtem Putz aufgetragene Freskomalerei,<br />

trotzdem kann man sich noch ein gutes Bild<br />

über die ursprüngliche Farblichkeit machen.<br />

Wer also mit dem Gedanken spielt, einen Ausflug<br />

ins Goričko zu unternehmen, der sollte es nicht<br />

versäumen, Selo zu besuchen, die Landschaft zu<br />

genießen und dieses schöne Beispiel romanischer<br />

Baukunst auf sich wirken zu lassen.


Rotunda v Selu<br />

Kulturno-zgodovinska posebnost<br />

Posebno zanimiv primer romanskega<br />

stavbarstva v Sloveniji se nahaja v kraju Selo<br />

na Goričkem, kakor se imenuje ta pokrajina na<br />

skrajnem severovzhodu Slovenije nedaleč od<br />

madžarske meje.<br />

Sredi travnika stoji majhna romanska okrogla<br />

cerkev, ki jo je le težko zapaziti, skrito v<br />

bohotni zgodnjepoletni vegetaciji.<br />

In vendar gre tukaj za redek tip cerkve v<br />

obliki rotunde, ki je v Prekmurju edinstven.<br />

V sosednji Madžarski je mogoče predstavnike<br />

takšnega tip najti pogosteje.<br />

V Avstriji je takšen tip cerkve prav tako redek, v<br />

alpskih regijah tako rekoč nezastopan, deloma<br />

se je gradilo – kot na primer v Spodnji Avstriji<br />

– v tej obliki kostnice, vendar ne cerkev.<br />

Rotunda v Selu je posvečena svetemu<br />

Miklavžu. Miklavž je zaščitnik otrok, šolarjev,<br />

sodnikov, popotnikov, romarjev, pomorcev,<br />

ribičev in drugih.<br />

Od zunaj je zgradba zelo preprosta – človek<br />

si predstavlja cerkev, če jo pozna iz slik,<br />

večjo. Podstavek iz naravnega kamna<br />

uravnava neraven teren, nad tem se dviguje<br />

opečnata zgradba, ki je razčlenjena z linicami.<br />

Zaključek stene tvori nazobčana obrobna<br />

letev, neposredno nad njo je s skodlami pokrita<br />

streha z majhnim zvonikom.<br />

Na južni strani se nahajajo tri ozka okna, edini<br />

viri svetlobe, če odmislimo vrata in zelo ozke<br />

okenske odprtine apside.<br />

Ob vstopu v rotundo človeka najprej<br />

prevzamejo stenske slikarije, ki pokrivajo<br />

skoraj celotno notranjščino.<br />

Stilistično so slikarije, al secco, torej naslikane<br />

na suho površino, videti starejše, kot v<br />

Rotunda v Selu<br />

resnici so. Človek ima, tudi kot umetnostni<br />

zgodovinar, težavo z datiranjem. Močno<br />

poudarjeni obrisi, ki so bili nato barvno<br />

izpolnjeni, dajejo slikarijam nekoliko tog<br />

karakter, manjka tudi prikaz iz perspektive.<br />

Dejansko so slikarije nastale šele v sredini 14.<br />

stoletja, kot je mogoče prebrati iz tamkajšnje<br />

brošure s podatki, stilistične podobnosti je<br />

mogoče najti s freskami iz Johanneskapelle<br />

– Janezove kapele v Pürggu v Zgornji Avstriji,<br />

katerih čas nastanka pa je mogoče datirati že<br />

v 12. stoletje. Tako čudi – za tako pozen čas<br />

nastanka – umetniško zelo anahronističen<br />

stil.<br />

Ali je to posledica odmaknjenosti pokrajine,<br />

ki je bila nedostopna takratnim sodobnim<br />

trendom v slikarstvu, ne ve se.<br />

V kupoli, tako rekoč v centru prostora, se<br />

nahaja izrazita upodobitev križanega in od<br />

mrtvih vstalega Kristusa v mandoli, obdanega<br />

z upodobitvami štirih evangelistov skupaj z<br />

njihovimi atributi.<br />

Na stenah je podrobno upodobljen Kristusov<br />

pasion z mnogimi figurami. Opazovalcu je,<br />

če se zavrti okoli svoje osti, prikazano celotno<br />

Kristusovo trpljenje.<br />

Te srednjeveške slike zgodb, katerih slikarji z<br />

nekaj malega izjemami večinoma niso znani,<br />

so služile kot napotki nepismenim o napisanem<br />

v bibliji.<br />

Stensko slikarstvo je sčasoma tja do konca<br />

srednjega veka postajalo vedno bolj realistično;<br />

okorno, togo v upodobitvah, je bilo preseženo.<br />

Biblijske scene in Kristusovo trpljenje so bile<br />

upodobljene zmeraj bolj drastično in ganljivo.<br />

Če je Kristus v romaniki še tiho trpeči, ki slavi<br />

zmago nad smrtjo in tudi kot križani zavzema<br />

ponosno in gosposko držo, se to spremeni v<br />

naslednjih stoletjih. To gre tako daleč, da je<br />

Kristus v gotskem slikarstvu upodobljen kot<br />

99


Rotunda v Selu<br />

človeški, kot trpeči, posejan z ranami. Ta mesija<br />

mora najprej pustiti za seboj svoje človečanstvo<br />

in to je pogosto drastično prikazano.<br />

V visokem in poznem srednjem veku<br />

prevzamejo to vlogo steklena okna, saj so<br />

stene božjih hiš postale s tem bolj razgibane in<br />

so okna tako zmeraj bolj pridobila pomen.<br />

V tej romanski cerkvi pa je nasprotno, glavna<br />

pozornost je še docela usmerjena na stenske<br />

slikarije.<br />

Dokazano je, da je cerkev, ki je bila zgrajena<br />

sredi 13. stoletja, bila v začetku brez današnjih<br />

stenskih poslikav. Kot je že bilo omenjeno,<br />

ustvarjene so bile šele v sredini 14. stoletja.<br />

Žal je v letih 1845/46 je prišlo do adaptacijskih<br />

del, ki so bila nepremišljeno izvedena in so med<br />

drugim imela za posledico rušenje apside. Za<br />

svojo ponovno prvotno podobo dolguje cerkev,<br />

Die Rotunde von Selo: Fresken im Inneren – rotunda iz Sela: notranje freske<br />

100<br />

ki ima danes status kapelice, zahvalo dvema<br />

velikima prenovama v letih 1956 oz. 1978/79.<br />

Ta renoviranja so med drugim vsebovala<br />

ponovno postavitev izgubljene apside in<br />

strokovno adaptacijo stenskih slikarij.<br />

Da se je to zgodilo skrbno, je vidno še danes.<br />

Pri slikarijah je barvitost pretežno ohranjena,<br />

ne da bi, kot pri mnogih nestrokovnih<br />

prenovah, delovala prebarvano. Seveda nimajo<br />

al secco nanešene barvne plasti nikoli takšne<br />

trajnosti in luminoznosti kot na vlažen omet<br />

naneseno freskno slikarstvo, kljub temu pa<br />

si lahko človek ustvari dobro sliko o prvotni<br />

barvitosti.<br />

Kdor se torej igra z mislimi, narediti izlet na<br />

Goričko, ta naj ne pozabi obiskati Sela, uživati<br />

v pokrajini in se prepustiti vplivu tega lepega<br />

primera romanskega stavbarstva.


Niemals vergessen!<br />

Jüdische Kultur in Slowenien<br />

� Text: Elisabeth Arlt<br />

Niemals vergessen!<br />

Erika Fürst, eine der wenigen im Übermurgebiet verbliebenen Menschen jüdischen Glaubens lebt<br />

heute in Murska Sobota. Auf Vermittlung von Franc Kuzmic vom Pokrajinski muzej in Murska Sobota<br />

bekam ich die Möglichkeit, ein Interview mit ihr zu führen.<br />

Ihre Kindheit in Murska Sobota sei sehr schön gewesen, beginnt Frau Fürst zu erzählen, ihre Eltern<br />

hätten ein Transportunternehmen gehabt, noch vorwiegend mit Pferden, ja, Pferde liebe sie<br />

immer noch sehr. Sie hätte eine unbeschwerte Kindheit gehabt, zusammen mit ihrer Schwester.<br />

Die Familie war angesehen und wohlhabend.<br />

Die jüdische Kultur sei vielfältig gewesen in Murska Sobota in den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg.<br />

Nachdem das Komitat Vas in den Friedensverträgen von Saint Germain im Jahr 1919 von<br />

Ungarn an den neu gegründeten SHS Staat abgetreten werden musste, änderte sich für die Einwohner<br />

einiges. Viele Bewohner des Prekmurje, darunter auch Juden, wollten Ungarn bleiben und<br />

zogen aus diesem Grund auf das verbliebene ungarische Staatsgebiet; der Großteil blieb jedoch.<br />

Drei Synagogen gab es in Murska Sobota, einen Rabbiner, koschere Fleischereien, Schulen, ein Kulturzentrum,<br />

kurz, das jüdische Leben war ein wichtiger Bestandteil dieser Gegend. Eine weitere<br />

Stadt mit vielen jüdischen Einwohnern stellte Lendava, die östlichste Stadt Sloweniens dar. Auch<br />

dort gab es eine Synagoge, eine Schule, einen jüdischen Sportverein, reiches kulturelles Leben.<br />

Bereits in den 20er Jahren überschattete jedoch die beginnende Wirtschaftskrise – wie beinahe<br />

überall – auch das Leben der Bewohner des Übermurgebietes.<br />

Frau Fürst ging in Murska Sobota in die Schule, sie erzählt, es sei eine schöne, sorgenfreie Zeit für<br />

sie gewesen. Ihre Schulfreunde seien zumeist Katholiken und Protestanten gewesen, sie habe sich<br />

nie anders gefühlt, die Kinder seien gute Freunde gewesen.<br />

Auch als die Nationalsozialisten im Jahr 1933 in Deutschland die Macht übernahmen, gab es in<br />

dieser Gegend noch keinen Grund zur Beunruhigung. Zu weit weg schienen diese Geschehnisse<br />

zu sein, zu sicher fühlten sich die Bewohner des Prekmurje.<br />

Es sollte bis zum April 1941 dauern, als deutsche Truppen in das Gebiet einmarschierten, das daraufhin<br />

wieder Ungarn zugesprochen wurde.<br />

Ab diesem Zeitpunkt begannen die Repressalien vor allem gegen Juden und Roma. Jüdische Ge-<br />

101


Niemals vergessen!<br />

Elisabeth Arlt im Gespräch mit Frau Fürst – Elisabeth Artl v pogovoru z gospo Fürst<br />

schäfte wurden beschmiert und verwüstet,<br />

viele jüdische Menschen verloren ihre Arbeit,<br />

die ersten begannen über Emigration nachzudenken.<br />

Bald steigerten sich die Auswüchse<br />

von Hass und Gewalt, und es fanden erste<br />

Verhaftungen statt.<br />

Auch Erika Fürst und ihre Familie wurden verhaftet<br />

und ins Konzentrationslager Auschwitz<br />

deportiert.<br />

Ihr Vater wurde in Auschwitz ermordet, sie<br />

kehrte mit ihrer Mutter und ihrer Schwester<br />

nach ihrer Befreiung nach Murska Sobota zurück.<br />

Warum sie zurückgekehrt seien, möchte ich<br />

wissen, warum sie nicht wie die meisten Überlebenden<br />

ausgewandert sei, nach Israel oder in<br />

die Vereinigten Staaten.<br />

Sie wisse es nicht genau, antwortet Frau Fürst.<br />

Aber Murska Sobota sei ihre Heimat gewesen,<br />

der Ort, an dem sie ihr Leben verbracht hatte,<br />

bis zu jenem Tag im Sommer 1941.<br />

Hart sei es schon gewesen, nach dem Krieg,<br />

ohne Wohnung, ohne Nahrung, ohne Vater,<br />

nichts so wie früher, keine Verwandten, keine<br />

Freunde, die Überwindung, mit Mitmenschen<br />

zu kommunizieren, die noch vor kurzem einer<br />

Ideologie verfallen waren, die ihr und ihrer Fa-<br />

102<br />

milie den Vater und sie selbst fast das Leben<br />

gekostet hätte. Aber sie habe es geschafft und<br />

bereue es nicht, hier geblieben zu sein.<br />

Ich bemerke, heute ist der 27. Jänner 2005.<br />

Heute, vor genau 60 Jahren wurde das Konzentrationslager<br />

Auschwitz-Birkenau befreit,<br />

im letzten Moment und doch um Jahre zu<br />

spät. Hat Frau Fürst den Termin für das Interview<br />

absichtlich gewählt? Erinnert sie sich daran,<br />

wie es war, zurück ins Leben zu gehen?<br />

Es begannen Jahre des Wiederaufbaues, der<br />

Neuorientierung in einem jungen Staat, der<br />

nichts anderes wollte, als wirtschaftlich erfolgreich<br />

zu sein<br />

Für Minderheiten gab es keinen Platz. Man<br />

war froh, die Deutschen los zu sein, auch die<br />

Sowjets, es sollte nur Jugoslawen geben in einem<br />

neuen Staat, der Jugoslawien hieß.<br />

In den 40er Jahren gab es von Seiten der jugoslawischen<br />

Regierung Repressalien in Form<br />

einer Art „Judengesetzgebung“, die jüdischen<br />

Mitbürgern den Hochschulzugang verweigerte<br />

oder willkürlich den Handel mit gewissen<br />

Produkten, vornehmlich Lebensmitteln, verbot.<br />

Von der Öffentlichkeit wurde dieses Vorgehen<br />

scharf kritisiert, es gab Protestmärsche<br />

und Kundgebungen.<br />

￱ Fotos(2): Pavel-Haus


Unter Tito war die Lage mehr oder weniger ruhig,<br />

die jüdische Bevölkerung Jugoslawiens hatte<br />

zwar keine Unterdrückung zu befürchten,<br />

wurde jedoch als Minderheit auch nicht wahrgenommen<br />

und hatte keine Sonderrechte.<br />

Nach Titos Tod kam es in den 90er Jahren in<br />

Kroatien immer wieder zu antisemitischen<br />

Äußerungen seitens des Präsidenten Franjo<br />

Tudjman, die lange Zeit seine Wahlkampfparolen<br />

untermalten. In Slowenien gab es, zumindest<br />

von offizieller Seite, keine derartigen<br />

Aussagen.<br />

Frau Fürst arbeitete lange in Murska Sobota,<br />

jetzt ist sie in Pension und genießt es, wie sie<br />

versichert.<br />

Leid tue ihr, dass sie nicht zum Gottesdienst<br />

gehen könne, es gäbe keine Synagoge mehr,<br />

die nächste Möglichkeit, eine Synagoge zu<br />

besuchen, wäre nach Ljubljana oder Graz zu<br />

fahren. Aber sie fahre in der Dunkelheit nicht<br />

mehr so gerne mit dem Auto, ja, das mache sie<br />

schon etwas traurig, aber so sei es eben.<br />

In Maribor, das auch eine große jüdische Gemeinde<br />

besessen hatte, leben heute nur noch<br />

einige wenige Juden. Die im Kern gotische Synagoge,<br />

die nur aus dem Grund, dass man sie<br />

bereits im Mittelalter zu einer katholischen<br />

Kirche umgewandelt hatte, erhalten geblieben<br />

ist, dient heute als Ausstellungsraum für verschiedene<br />

wechselnde Ausstellungen. Letzten<br />

Winter wurde dort eine Schautafelausstellung<br />

zum Thema Shoa mit dem Titel „Holokavst<br />

1933-1945 – Pogum da se spominjamo / Holocaust<br />

1933-1945 – der Mut, sich zu erinnern“<br />

gezeigt.<br />

Sie ist, wie auch die ebenfalls erhaltene Synagoge<br />

in Lendava hübsch renoviert, ja, man hat<br />

seine Pflicht getan, aber als geschichtskundiger<br />

Besucher beschleicht einen ein klammes<br />

Gefühl, wenn man die weißen Wände be-<br />

Niemals vergessen!<br />

trachtet. Beide Gebäude wirken kalt und leer,<br />

zweckentfremdet, da können auch ein neuer<br />

Dachstuhl und moderne Fenster nichts daran<br />

ändern, auch ein Gebäude lebt von seiner<br />

Funktion.<br />

Juden in Slowenien: ein schwieriges Thema,<br />

das nicht aufgearbeitet ist.<br />

Es gebe eine jüdische Gemeinschaft in Ljubljana,<br />

erzählt mir Frau Fürst, sie treffe sich regelmäßig<br />

in einem Privathaus irgendwo in der<br />

Stadt, wo, wisse sie selbst nicht genau. Der<br />

Rabbiner sei Italiener, er komme einmal die<br />

Woche aus Triest, sei der slowenischen Sprache<br />

nicht sehr mächtig. Es kämen aber viele<br />

Menschen, vorwiegend Junge. Viele davon<br />

seien keine Juden, würden aus Sympathie und<br />

Interesse an der jüdischen Kultur die Gottesdienste<br />

und Kulturveranstaltungen besuchen.<br />

Sie selbst sei jedoch noch nie dort gewesen.<br />

Man müsse sich damit abfinden, dass Slowenien<br />

eben ein Staat ohne Juden sei, nicht mehr<br />

und nicht weniger.<br />

Erika Fürst ist es wichtig, ihre Geschichte<br />

möglichst vielen jungen Leuten zu erzählen.<br />

Deshalb sei sie oft in Schulen eingeladen, das<br />

mache ihr Freude, obwohl ihre Geschichte so<br />

traurig ist, sei es für sie immer ein gutes Gefühl,<br />

Jugendlichen die Augen zu öffnen und Sorge zu<br />

tragen, dass sich diese dunklen Kapitel der Geschichte<br />

nie mehr wiederholen mögen.<br />

103


Nikoli pozabiti<br />

Nikoli pozabiti<br />

Judovska kultura v Sloveniji<br />

Erika Fürst, ena od majhnega števila ljudi<br />

judovske vere iz Prekmurja, živi danes v Murski<br />

Soboti. S posredovanjem Franca Kuzmiča iz<br />

Pokrajinskega muzeja iz Murske Sobote sem<br />

dobila priložnost z njo narediti intervju.<br />

Njena mladost v Murski Soboti je bila zelo<br />

lepa, začne pripovedovati gospa Fürst, njeni<br />

starši so imeli transportno podjetje, pretežno<br />

še s konji – da, konje ima še zmeraj zelo rada.<br />

Imela je brezskrbno mladost, skupaj s svojo<br />

sestro. Družina je bila ugledna in premožna.<br />

Judovska kultura je bila v Murski Soboti<br />

raznolika v letih vse do prve svetovne vojne.<br />

Potem, ko je madžarska županija Vas po<br />

mirovnih pogodbah iz Saint Germaina leta<br />

1919 pripadla novonastali državi SHS, se je<br />

za prebivalce veliko spremenilo. Veliko, tudi<br />

judovskih, prebivalcev Prekmurja je želelo<br />

ostati na Madžarskem in so se iz tega razloga<br />

preselili nazaj na Madžarsko, velika večina pa<br />

je ostala.<br />

V Murski Soboti so obstajale tri sinagoge, rabin,<br />

košer mesnice, šole, kulturni center – na kratko,<br />

judovsko življenje je bilo pomemben sestavni<br />

del tega področja. Drugo mesto z mnogo<br />

judovskimi prebivalci je predstavljala Lendava,<br />

najbolj vzhodno mesto Slovenije. Tudi tam je<br />

bila sinagoga, šola, judovsko športno društvo,<br />

bogato kulturno življenje.<br />

Toda že v 20-ih letih prejšnjega stoletja je<br />

začetna gospodarska kriza – kot skoraj povsod<br />

– zasenčila življenje prebivalcev Prekmurja.<br />

Gospa Fürst je v Muski Soboti hodila v šolo.<br />

Pripoveduje, da je bil to lep, brezskrben čas<br />

zanjo. Njeni sošolci so bili večinoma katoliki<br />

in protestanti, nikoli se ni počutila drugačna,<br />

104<br />

otroci so bili dobri prijatelji. Tudi ko so nacisti<br />

od leta 1933 v Nemčiji pridobivali moč, na<br />

tem področju še ni bilo nobenega razloga za<br />

vznemirjenje. Predaleč so se zdeli ti dogodki,<br />

preveč sigurne so se počutili prebivalci<br />

Prekmurja. Vse do aprila 1941, ko so nemške<br />

čete vkorakale v z madžarske strani ponovno<br />

osvojeno področje in ga okupirale.<br />

Od tega trenutka so se začele represalije<br />

predvsem proti Judom in Romom. Judovske<br />

trgovine so zamazali in opustošili, veliko Judov<br />

je izgubilo službo, prvič so začeli razmišljati o<br />

emigraciji. Kmalu so se stopnjevale zlorabe,<br />

sovraštvo in nasilje, prišlo je do prvih aretacij.<br />

Tudi Erika Fürst in njena družina so bili<br />

aretirani in deportirani v koncentracijsko<br />

taborišče Auschwitz.<br />

Njen oče je bi v Auschwitzu umorjen, ona pa se<br />

je z mamo in sestro vrnila v Mursko Soboto.<br />

Zakaj so se vrnile, sem hotela vedeti, zakaj se<br />

niso kot večina preživelih izselile v Izrael ali<br />

Združene države.<br />

Ne ve prav točno, odgovori gospa Fürst. Toda<br />

Murska Sobota je bila njena domovina, kraj, na<br />

katerem je preživela svoje življenje, do tistega<br />

dne poleti 1941.<br />

Težko je že bilo, po vojni, brez stanovanja,<br />

hrane, brez očeta, ne tako kot nekoč, nobenih<br />

sorodnikov, prijateljev; samopremagovanje,<br />

komuniciranje s soljudmi, ki so še pred kratkim<br />

podlegli ideologiji, ki je njo in njeno družino<br />

skoraj stala življenja in pobrala očeta. Ampak<br />

uspela je in ne obžaluje, da je ostala.<br />

Pripomnim, danes je 27. januar 2005.<br />

Danes, točno pred 60 leti, je bilo osvobojeno<br />

koncentracijsko taborišče Auschwitz-Birkenau;<br />

v zadnjem trenutku, pa vendar leta prepozno.<br />

Ali je gospa Fürst namenoma izbrala ta<br />

datum za intervju? Se spominja, kako je bilo,<br />

vrniti se v življenje? Začela so se leta obnove,


eorientacija mlade države, ki ni želela nič<br />

drugega kot gospodarsko uspeti.<br />

Za manjšine ni bilo prostora. Človek je bil vesel,<br />

da se je rešil Nemcev, tudi Sovjetov, bili naj bi<br />

le Jugoslovani v novi državi, ki se je imenovala<br />

Jugoslavija.<br />

V 40-ih letih prejšnjega stoletja je s strani<br />

jugoslovanske vlade prišlo do represalij v<br />

obliki neke vrste „judovske zakonodaje“, ki je<br />

preprečevala judovskim sodržavljanom vpis<br />

na visoke šole ali samovoljno prepovedala<br />

trgovanje z določenimi proizvodi, pretežno z<br />

živili. S strani javnosti je bil to ravnanje ostro<br />

kritizirano, izvedeni so bili protestni pohodi in<br />

zborovanja.<br />

Pod Titom je bil položaj več ali manj miren,<br />

judovskemu prebivalstvu Jugoslavije se sicer ni<br />

bilo treba bati zatiranja, vendar kot manjšina<br />

niso bili zaznani in niso imeli posebnih<br />

pravic.<br />

Po Titovi smrti je prihajalo v 90-ih letih<br />

prejšnjega stoletja na Hrvaškem zmeraj znova<br />

do antisemitskih izjav s strani predsednika<br />

Franja Tudjmana, ki so pogosto dopolnjevale<br />

njegova predvolilna gesla. V Sloveniji v<br />

tem oziru vsaj z uradne strani ni bilo nič<br />

objavljeno.<br />

Gospa Fürst je dolgo časa delala v Murski<br />

Soboti, sedaj pa je v pokoju in uživa, kot<br />

zatrjuje.<br />

Žal ji je, da ne more k bogoslužju, nobene<br />

sinagoge ni več, najbližja možnost obiskati<br />

sinagogo je peljati se v Ljubljano ali v Gradec.<br />

Vendar se ne vozi več rada z avtom, ko se<br />

stemni; da, to jo že žalosti, vendar tako pač<br />

je.<br />

V Mariboru, ki je tudi imel veliko judovsko<br />

skupnost, živi danes le še nekaj Judov. V jedru<br />

gotska sinagoga, ki je samo iz razloga, da so jo že<br />

v srednjem veku spremenili v katoliško cerkev,<br />

Nikoli pozabiti<br />

ostala ohranjena, služi danes kot razstavni<br />

prostor za različne izmenjujoče se razstave.<br />

Zadnjo zimo so prikazali razstavno preglednico<br />

na temo Shoa z naslovom „Holokavst 1933-<br />

1945 – Pogum, da se spominjamo“.<br />

Ta je, tako kot ohranjena sinagoga v Lendavi,<br />

lepo renovirana, da, dolžnost so izpolnili,<br />

vendar obide zgodovinsko izkušenega<br />

obiskovalca tesen občutek, ko opazuje bele<br />

zidove. Obe zgradbi delujeta hladno in prazno,<br />

uporabljeni sta za druge namene, pri tem ne<br />

more nič spremeniti niti novo ostrešje, niti<br />

moderma okna, zgradba tudi živi od svoje<br />

funkcije.<br />

Judje v Sloveniji: zapletena tema, ki ni<br />

obdelana.<br />

V Ljubljani obstaja judovska skupnost,<br />

pripoveduje gospa Fürst, srečujejo se redno v<br />

privatni hiši nekje v mestu; kje, sama ne ve<br />

točno. Rabin je Italijan, enkrat tedensko prihaja<br />

iz Trsta, slovenskega jezika pa ne obvlada prav<br />

dobro. Prihaja pa veliko ljudi, predvsem mladih.<br />

Veliko od njih ni judovske vere, iz simpatije<br />

in zanimanja za judovsko kulturo obiskujejo<br />

bogoslužje in kulturne prireditve. Sama pa še<br />

nikoli ni bila tam.<br />

Človek se mora sprijazniti s tem, da je Slovenija<br />

država brez Judov, nič več in nič manj.<br />

Za Eriko Fürst je pomembno, da lahko svojo<br />

zgodbo pove čim več mladim. Zato je pogosto<br />

povabljena v šole, to jo veseli, čeprav je njena<br />

zgodba tako žalostna. Zmeraj ima dober<br />

občutek, mladim odpreti oči in upuštevajoč,<br />

da se to temno poglavje zgodovine nikoli več<br />

ne bi ponovilo.<br />

105


Bildgalerie – galerija slik V<br />

Prof. Helmut Konrad spricht anlässlich der Veranstaltung zum Gedenkjahr im Mai 2005 – govor prof. Helmuta Konrada na prireditvi ob spominskem<br />

letu maja 2005<br />

106


Mariborski judje nekoč<br />

Obnovljena nekdanja sinagoga danes<br />

� Text: Marjan Toš<br />

Mariborski judje nekoč<br />

Na slovenskem narodnostnem ozemlju srečujemo Jude predvsem od 12. stoletja naprej, vzporedno<br />

z nastankom meščanskih naselij. Tako po številu kot po gospodarski vlogi, ki so jo odigrali, so bili<br />

Judje oziroma njihove skupnosti pomembne zlasti v Mariboru, na Ptuju, v Celju, v Ljubljani, v Gorici,<br />

Trstu in v nekaterih koroških mestih. Ohranjene listine pričajo, da je njihova dejavnost segala preko<br />

deželnih meja in da je bila mobilnost judovskega življa izredno velika. V gospodarskem pogledu so<br />

bila omenjena mesta preko judovskega življa povezana s celotno srednjo Evropo. 1 Nasploh so Judje<br />

v preteklosti srednjeveške Evrope odigrali izjemno pomembno vlogo, saj so s svojo dejavnostjo<br />

na gospodarskem in kulturnem področju prispevali k njenemu napredku in so sooblikovali njeno<br />

podobo. Njihova glavna gospodarsko-pridobitna dejavnost, trgovanje na daljavo, predvsem v<br />

zgodnjem srednjem veku, in denarni posli v kasnejših stoletjih, so jih pripeljali v skoraj vse dele<br />

Evrope. Judje so bili zaradi svoje gospodarske dejavnosti, zlasti trgovanja in denarništva, navezani<br />

na tedanja gospodarska in prometna središča. Naselili so se torej tam, kjer so našli pogoje za svojo<br />

gospodarsko in s tem življenjsko eksistenco. 2<br />

Kot povsod drugod, so se Judje tudi na slovenskem Štajerskem naselili v krajih ob pomembnih<br />

gospodarskih poteh. Tako so se nastanili tudi v Mariboru, kjer so se križale pomembne poti,<br />

ki so vodile na zahod proti Koroški, na jug proti Slovenski Bistrici, prek Celja do Ljubljane in v<br />

smeri morja, na sever proti deželnemu glavnemu mestu Gradcu, vzhodna pot pa je povezovala<br />

Maribor s Ptujem in s potmi, ki so vodile na Ogrsko. V Mariboru so Judje predstavljali pomemben<br />

del mestnega prebivalstva in so s svojo dejavnostjo pustili trajne sledi v njegovi zgodovini. Še<br />

posebej odločilna in pomembna je bila v srednjeveškem Mariboru gospodarska dejavnost Judov,<br />

ki so držali trdne povezave z mnogimi takratnimi vplivnimi gospodarskimi in tudi kulturnimi<br />

središči. V Mariboru so se Judje naselili in živeli v jugovzhodnem delu mesta na območju, ki je<br />

obsegalo današnjo Židovsko in Ključavničarsko ulico, del današnje Ulice kneza Koclja, spodnji del<br />

Vetrinjske ulice in del glavnega trga. Judovsko občino je vodil judovski mojster, verske obrede in<br />

tudi pravne zadeve pa so opravljali v sinagogi, ki je bila verjetno zgrajena že v drugi polovici 13.<br />

stoletja. Sinagoga je bila tudi sicer versko, duhovno in kulturno središče vsake judovske skupnosti<br />

oziroma četrti. Kjerkoli so se namreč Judje naselili, povsod so zgradili sinagogo (shodnico) za<br />

107


Mariborski judje nekoč<br />

Sinagoga v Mariboru – Synagoge in Maribor<br />

molitev, branje Tore in urejanje skupnih zadev.<br />

Judom je bilo prepovedano živeti v mestu, ki<br />

ni imelo sinagoge. V njej so tudi prenočevali<br />

popotniki, saj so zmeraj dobili kako odvečno<br />

klop ali vsaj prazen kot. Sinagoga je s pročeljem<br />

obrnjena proti jeruzalemskemu templju, in<br />

čeprav je to posvetna ustanova, v kateri imajo<br />

duhovniki le manjšo vlogo, ji pravijo »malo<br />

svetišče«. 3 Mariborska sinagoga naj bi bila<br />

prvič izpričana že v času druge polovice 13.<br />

stoletja, omenja pa se leta 1429, ko so v njej<br />

tudi opravljali pravne posle. Ob sinagogah je<br />

bila ponavadi šola in ob njej kopališče s tekočo<br />

vodo za obredne kopeli. Za Maribor Vladimir<br />

Travner navaja, da naj bi bila šola »domnevno v<br />

židovskem stolpu« in naj bi jo bili zgradili okoli<br />

leta 1477. Tega leta naj bi namreč cesar Friderik<br />

III. naročil radgonskemu judovskemu mojstru<br />

Muschu, naj Judu Davidu črta plačilo globe<br />

dvanajstih goldinarjev, ki bi jih moral plačati<br />

za gradnjo talmudske šole v Mariboru. Isti<br />

avtor tudi omenja, da naj bi bilo že omenjeno<br />

kopališče za obredne kopeli mariborskih Judov<br />

»tik pod sinagogo ob mestnem obzidju ob<br />

Dravi. Ob mariborski sinagogi naj bi bilo tudi<br />

108<br />

pokopališče, pri čemer pa isti<br />

avtor poudarja, da po verskih<br />

predpisih pokopališče ne bi<br />

smelo biti poleg sinagoge. Ker<br />

pa je bil prostor v mariborskem<br />

judovskem getu omejen, se<br />

Judje na to prepoved niso<br />

mogli ozirati. Trditev opira na<br />

nagrobnike, ki so bili najdeni<br />

znotraj mestnega obzidja. 4<br />

Že leta 1367 je bilo judovsko<br />

pokopališče v Mariboru zunaj<br />

mesta, na prostoru zahodno<br />

od današnjega Vodnikovega<br />

trga. Mariborska sinagoga je<br />

kot preprosta ravnokrilna stavba zagotovo<br />

obstajale prej, preden je poleg nje živel prvi<br />

znani rabin Abraham (umrl leta 1379).<br />

Obokali so jo v prvi četrtini 15. stoletja, preden<br />

je postala občasni sedež vrhovnega rabinata<br />

za Štajersko, Koroško in Kranjsko. Izjemno<br />

pomemben in znan je bil rabin Israel Isserlein<br />

(1390 ?-1460 ?). Judovska četrt v Mariboru<br />

je v 15. stoletju, ko je ekonomski potencial<br />

judovskega prebivalstva v tem mestu dosegel<br />

največjo moč, obsegala desetino obzidanega<br />

mesta. Čeprav so Judje kot posebna skupina<br />

mestnega prebivalstva živeli znotraj mestnega<br />

obzidja v posebni četrti , to še ne pomeni,<br />

da so živeli izključno v svojem getu. Primeri<br />

Maribora, Ljubljane in Velikovca kažejo, da<br />

je nek majhen del judovskega življa prebival<br />

tudi zunaj zanj določene četrti. Znano je tudi,<br />

da so bile posamezne meščanske družine<br />

lastnice nepremičnin tudi v judovski četrti.<br />

Povsem razumljivo je seveda, da obe skupini<br />

prebivalstva nista nikoli živeli pod isto streho.<br />

Mariborske davčne knjige iz druge polovice 15.<br />

stoletja na primer pričajo, da so si Judje pridobili<br />

zunaj svoje četrti kar lepo število nepremičnin.


Pri teh presojah pa moramo biti previdni, saj<br />

so si Judje nekatere hiše pridobili le začasno,<br />

in to na račun zapadlega dolga, ter v njih niso<br />

prebivali. Take nepremičnine so običajno tudi<br />

odprodali. 5<br />

Judje so bili kot del mestnega prebivalstva<br />

dolžni skrbeti in prispevati tudi za obrambo<br />

mesta. Ko so v letu 1465 Mariborčani popravljali<br />

mestno obzidje in utrdbe ob judovski četrti<br />

od Židovske ulice do Salzburškega dvora, so<br />

zlasti za les in njegov prevoz ter za zidarje<br />

porabili večjo količino denarja. Mestni sodnik<br />

Sebald Mitterhueber je tedaj potrdil, da so<br />

Judje prispevali štirideset funtov denarjev.<br />

Medtem ko je bilo srednjeveško prebivalstvo<br />

vezano na en kraj: podložniki so bili zavezani<br />

grudi (glebae adscripti) in so se smeli odseliti<br />

s svoje kmetije le s privoljenjem zemljiškega<br />

gospoda, tudi obrtniki se v mestih zlasti zaradi<br />

posedovanja delavnic niso selili, judovski živelj<br />

pa je bil izjemno mobilen. Trgovski posli so<br />

Jude pripeljali daleč na tuje in mnogi so tam<br />

tudi ostali, saj so dobili bistveno boljše pogoje<br />

za bivanje in za opravljanje gospodarske<br />

dejavnosti. O veliki mobilnosti judovskega<br />

prebivalstva pričajo tudi mnoge listine za<br />

Maribor in kažejo na močno povezanost<br />

mariborskih judovskih družin in sorodstvene<br />

vezi predvsem z graškimi in ljubljanskimi Judi.<br />

Mnoge mariborske judovske družine so se v<br />

14. in 15. stoletju preselile v deželno glavno<br />

mesto Gradec. Glavni gospodarski dejavnosti<br />

Judov sta bili trgovina in denarništvo.<br />

Trgovske zveze mariborskih Judov (pa tudi<br />

celjskih) so segale do Dubrovnika in Benetk<br />

ter do Dunaja in Prage. Velike dobičke je<br />

judovskemu prebivalstvu prinašala trgovina<br />

z beneškim blagom. S svojimi zvezami so<br />

posredovali med domačo in tujo trgovino in<br />

s tem koristili gospodarstvu domačih naselij. 6<br />

Mariborski judje nekoč<br />

Mariborski Judje so imeli tudi nemajhen delež<br />

v vinski trgovini, ki jim je prinašala lepe<br />

dohodke. Vinski pridelek so ali preprodajali ali<br />

pa prodajali vino, ki so si ga pridobili na račun<br />

zapadlega dolga. Mnoge judovske družine iz<br />

Maribora so postale tudi lastnice vinogradov<br />

v mariborski okolici (podobna ocena velja<br />

tudi za ptujske Jude). Nekateri dolžniki so<br />

namreč Judom zastavljali kot posojilojemalci<br />

vinogradniške komplekse, in ker dolga niso<br />

mogli poravnati, so upniki postali lastniki<br />

zemlje. Pri tem pa je zanimivo, da so si<br />

Judje na veliko prizadevali tako pridobljene<br />

nepremičnine čimprej prodati. Mariborski<br />

Judje so vino zaradi boljših zaslužkov na veliko<br />

prodajali tudi v koroških mestih. Najbolj<br />

razširjena gospodarska dejavnost judovskega<br />

življa v Mariboru pa so bili denarni posli,<br />

zlasti posojanje denarja na obresti, kar je<br />

bilo krščanskemu prebivalstvu s cerkvenimi<br />

predpisi prepovedano. Med njihovimi dolžniki<br />

srečujemo vse plasti takratnega prebivalstva.<br />

Od začetka 15. stoletja, zlasti pa od sredine<br />

stoletja, se je položaj Judov na Štajerskem<br />

močno poslabšal. Splošna gospodarska kriza<br />

in konkurenca krščanskega prebivalstva pri<br />

trgovanju in celo v kreditnih poslih sta bili iz<br />

dneva v dan večji, restrikcij deželnega kneza, ki<br />

so jih od njega terjali meščani in plemstvo, pa<br />

je bilo vedno več. V drugi polovici 15. stoletja<br />

so bili Judje že popolnoma izrinjeni iz večjih<br />

trgovskih poslov, vse bolj pa tudi iz kreditnih<br />

in denarnih dejavnosti, kar je močno oslabilo<br />

njihovo gospodarsko moč. Poleg občutnega<br />

slabšanja gospodarskega položaja Judov je<br />

v 15. stoletju naraščalo splošno sovraštvo<br />

do Judov, ki se je zrcalilo tudi v Mariboru.<br />

Nerazpoloženje do Judov je imelo svoje<br />

korenine v gospodarskih, socialnih in verskih<br />

razmerah tedanje dobe. Stopnjevala se je verska<br />

109


Mariborski judje nekoč<br />

Sinagoga v Mariboru – Synagoge in Maribor<br />

nestrpnost krščanskega prebivalstva do Judov,<br />

in to še posebej v času naravnih katastrof<br />

ter gospodarskih, socialnih in duhovnih<br />

kriz. Posledica je bila preganjanje judovskega<br />

prebivalstva, začasni ali trajni izgoni iz mest in<br />

celih dežel. 7 Zahteve za rigorozne ukrepe zoper<br />

Jude so se okrepile po smrti cesarja Friderika<br />

III.(1493). Njegov naslednik Maksimilijan I. je<br />

ugodil prošnji štajerskih in koroških deželnih<br />

stanov in 18. marca 1496 ukazal, da morajo<br />

Judje oditi s Štajerske. Že 9. marca 1496 je<br />

izdal podoben ukaz za Jude na Koroškem. Za<br />

Jude na Štajerskem, torej tudi v Mariboru, je<br />

veljal rok za izselitev do 6. januarja naslednjega<br />

leta (1497) in v roku šestih mesecev naj bi<br />

bile poravnane vse njihove terjatve. Nekateri<br />

mariborski Judje so se začasno zatekli najprej v<br />

Ljubljano, od koder so morali oditi po cesarjevi<br />

odredbi o izgonu Judov s Kranjske leta 1515. 8<br />

Del mariborskih Judov se je preselil v mesta<br />

ob severnem in celo južnem Jadranu in na<br />

ozemlje Beneške republike. Mariborski Judje so<br />

v italijanskem okolju dobili ime »Morpurgo«,<br />

ki se je ponekod ohranilo do današnjih dni.<br />

Očitno je bila mariborska judovska skupnost<br />

110<br />

tako močna, da je pustila svoje<br />

sledi celo v poimenovanjih. 9<br />

Z izgonom Judov iz Maribora<br />

je bilo najbolj prizadeto prav<br />

mariborsko mesto, ki je postalo<br />

osiromašeno v gospodarskem in<br />

kulturnem pogledu. Z izgonom<br />

Judov so vse njihove ustanove<br />

v Mariboru propadle, sinagogo<br />

sta že leta 1497 kupila zakonca<br />

Barbara in Bernardin Druckher,<br />

ki sta si tudi sicer pridobila<br />

največ nekdanje judovske<br />

posesti. Sinagogo sta preuredila<br />

v cerkev vseh svetnikov. To<br />

se je po vsej verjetnosti zgodilo že leta 1501.<br />

Delovala je kot katoliška cerkev vse do reform<br />

Jožefa II., ko je bila skupaj s kaplanijo izročena<br />

vojski. Ta je zgradbo nekdanje sinagoge<br />

uporabljala kot skladišče do leta 1811, nato pa<br />

je zgradba prešla v meščanske roke. Objekt je<br />

doživel tudi več prezidav in dozidav in zgornji<br />

del etaže je bil spremenjen celo v stanovanje. 10<br />

Leta 1992 je bila sinagoga razglašena za<br />

kulturni in zgodovinski spomenik. 11 Pripravljen<br />

je bil tudi celoviti program njene obnove, ki so<br />

ga zasnovali strokovnjaki in sodelavci Zavoda<br />

za varstvo naravne in kulturne dediščine iz<br />

Maribora. 12 Leta 1992 se je začela prenova<br />

in rekonstrukcija objekta, ki je bil pred tem<br />

zaradi nerešenih lastniških razmerij nekaj<br />

časa tudi zaprt. Tega leta so strokovnjaki<br />

izdelali natančne arhitektonske posnetke in<br />

vzporedno z raziskavami začeli pripravljati<br />

konservatorski program in konservatorski<br />

projekt potrebnih posegov. Zaradi izjemnih<br />

kvalitet sinagoge v širšem prostoru so se namreč<br />

odločili, da je treba sinagogo rekonstruirati v<br />

tisti obliki in obsegu, za katero so imeli dovolj<br />

materialnih podatkov in dokazov. 13 Vzporedno


z raziskavami in sprotnimi ugotovitvami<br />

o pomenu posameznih prostorov, lokaciji in<br />

obliki posameznih okenskih odprtin, so<br />

strokovnjaki opravili nekatere korekcije, ki so<br />

jih vodile k prvemu cilju – iz amorfne gradbene<br />

substance izluščiti kvalitetno arhitekturo<br />

nekdanje sinagoge, takšne, kot je bila pred<br />

letom 1500. 14 Arheološke raziskave v prostoru<br />

nekdanje sinagoge kljub svoji temeljitosti<br />

niso dale konkretnejših rezultatov, ki bi dali<br />

podatke o morebitnih starejših gradbenih fazah<br />

sinagoge. Judje so prvič arhivsko izpričani<br />

v drugi polovici 13. stoletja, v Mariboru pa<br />

naj bi se bili naselili že sredi 13. stoletja,<br />

ko naj bi se prvič omenjala tudi sinagoga. 15<br />

Neposrednih sledov te prve sinagoge, ki bi bili<br />

stilno opredeljivi v obstoječi stavbni substanci,<br />

niso našli. Arheološko poročilo omenja v<br />

substrukturi le ostanke zidov, ki imajo gradbeno<br />

značilnost iz obdobja romanike. Ne glede na<br />

starejše vabljive špekulacije o gradbeni starosti<br />

in gradbeni kontinuiteti mariborske sinagoge<br />

so se strokovnjaki omejili na najdbe, ki so dajale<br />

podatke o njeni velikosti, njeni pojavnosti ter<br />

arhitekturnih elementih in jo opredelili kot<br />

objekt, ki je v zdajšnji materialno dokumentirani<br />

podobi nastal v obdobju ekonomskega in<br />

kulturnega razcveta mariborskih Judov, to<br />

je sredi 15. stoletja. 16 Glede na zadovoljivo<br />

število materialnih podatkov o videzu in<br />

arhitektonski ter konstrukcijski organizaciji<br />

zadnje gradbene faze sinagoge in na izjemnost<br />

judovskega kultnega objekta v Mariboru so se<br />

odločili za rekonstrukcijo celote iz srede 15.<br />

stoletja z vsemi podrobnostmi, ki so jih uspeli<br />

pridobiti med raziskavami stavbe. Obnova<br />

je trajala več let, za javnost je bila nekdanja<br />

judovska sinagoga odprta 1. aprila 2001 leta.<br />

Že leta 1999 je bil izdelan in potrjen elaborat s<br />

predlogom vsebinske zasnove ter organizacije<br />

Mariborski judje nekoč<br />

izvajanja programa v obnovljeni nekdanji<br />

judovski sinagogi Maribor, ki sta ga pripravila<br />

Peter Može iz Pokrajinskega muzeja Maribor<br />

in Daniel Sajko iz Mestne občine Maribor. 17 S<br />

posebno pogodbo je bila obnovljena sinagoga<br />

predana v začasno upravljanje Pokrajinskemu<br />

muzeju Maribor. Ta z njo upravlja še danes.<br />

Temeljni program, ki ga določa narava objekta<br />

in njegova zgodovina, je program ohranjanja,<br />

negovanja in prezentacije judovske kulturne<br />

dediščine na prostoru današnje Slovenije. Tak<br />

program ustreza tudi določilom Sporazuma<br />

med vlado Republike Slovenije in vlado ZDA<br />

o zaščiti in ohranjanju nekaterih kulturnih<br />

predmetov in dobrin. 18 Omenjeni sporazum<br />

obe državi podpisnici zavezuje k ohranjanju<br />

kulturnih dobrin in spomenikov, ki so<br />

dediščina narodnih, verskih ali etničnih skupin<br />

– žrtev genocida med 2. svetovno vojno. Za<br />

izvajanje sporazuma sta zadolžena Ministrstvo<br />

za zunanje zadeve Republike Slovenije –<br />

sektor za mednarodno kulturno sodelovanje<br />

in Ministrstvo za kulturo Republike Slovenije<br />

– uprava za kulturno dediščino. V skladu z že<br />

omenjenim elaboratom naj bi imela obnovljena<br />

nekdanja judovska sinagoga v Mariboru v prvi<br />

vrsti funkcijo muzejskega informacijskega<br />

centra, ki bo informiral o zgodovini judovstva<br />

na območju Maribora in celotne Slovenije in<br />

ki bo prezentiral različne spomenike judovske<br />

kulturne dediščine. Različne programske<br />

usmeritve, ki naj bi sestavljale celoviti program<br />

bodočega muzejskega in dokumentacijskega<br />

centra judovske kulturne dediščine Slovenije,<br />

so bile delovno poimenovane »Center judovske<br />

kulturne dediščine Maribor«, ki pa zaradi<br />

še ne dorečenih statusno-organizacijskih in<br />

finančnih vprašanj še ni zaživel. Kljub temu<br />

so nastali zametki bodočega tovrstnega centra<br />

in vzpostavljeno je delovno sodelovanje z<br />

111


Mariborski judje nekoč<br />

nekaterimi podobnimi<br />

centri in ustanovami<br />

iz domovine in<br />

tujine. Vprašanja<br />

okoli bodočega centra<br />

judovske dediščine v<br />

Mariboru so znova<br />

izjemno aktualna in<br />

z njimi naj bi se bolj<br />

intenzivno ukvarjalo tudi kulturno ministrstvo.<br />

Nasploh je doslej prevladalo stališče, da bo<br />

dejavnost v obnovljeni nekdanji mariborski<br />

sinagogi omejena na vsebine in programe,<br />

ki bodo direktno povezani z muzejskodokumentacijskim<br />

oziroma informacijskim<br />

centrom po eni strani in po drugi predstavljali<br />

javni kulturni program, ki ga definira<br />

mesto z drugimi kulturnimi ustanovami in<br />

izvajalci programov. Ta segment dejavnosti<br />

je od leta 2001 že zaživel, pri čemer je od<br />

vsega začetka prevladalo stališče, da morajo<br />

biti ponujeni programi vsebinsko raznoliki,<br />

kakovostni in tematsko občasno prilagojeni<br />

prezentaciji judovske kulturne dediščine in<br />

aktualne kulturne ponudbe ustvarjalcev iz<br />

države Izrael oziroma judovskih ustvarjalcev<br />

iz Evrope in ZDA. Ta programski sklop se v<br />

Sinagogi 19 uspešno uveljavlja, saj je obnovljena<br />

sinagoga zaživela kot manjši mestni kulturnoprireditveni<br />

center za glasbene večere,<br />

koncerte, radijska omizja, predavanja,<br />

pogovore, občasne likovne razstave in podobne<br />

oblike kulturnega ustvarjanja. Zaradi dobre<br />

akustike ga zelo rade uporabljajo manjše<br />

glasbene skupine komornega značaja in tudi<br />

manjše vokalne skupine. Dobro je zaživelo tudi<br />

sodelovanje z drugimi mariborskimi kulturnimi<br />

ustanovami (Narodni dom, Društvo likovnih<br />

umetnikov Maribor, Univerza, različne srednje<br />

šole, festival kreativnosti Magdalena, Mladinski<br />

112<br />

Nagrobnik rabina – Grabstein<br />

des Rabbiners<br />

Pečat judovskega sodnika – Siegel<br />

des jüdischen Richters<br />

kulturni center,<br />

Zveza kulturnih<br />

društev, Mariborska<br />

knjižnica, Sinagoga<br />

Lendava), tako da je<br />

obnovljena nekdanja<br />

sinagoga eno od<br />

pomembnejših žarišč<br />

kulturnega dogajanja v mariborskem starem<br />

mestnem jedru. Vzpostavljeno je tudi korektno<br />

sodelovanje z Judovsko skupnostjo Slovenije in<br />

z veleposlaništvom države Izrael na Dunaju.<br />

Sinagoga je kot izjemno pomemben kulturnozgodovinski<br />

spomenik nadvse privlačna za<br />

mnoge domače in predvsem tuje turiste. Med<br />

njimi je iz leta v leto več gostov iz Izraela in<br />

Judov iz vseh delov sveta, od Avstralije do<br />

ZDA. Statistični podatki o obiskovalcih (tako<br />

tistih, ki prihajajo na kulturne prireditve, kot<br />

turistov) potrjujejo ocene, da je obisk prireditev<br />

in sinagoge kot kulturno-zgodovinskega<br />

spomenika v okviru turističnih programov<br />

domačih in tujih agencij dokaj stabilen. Leta<br />

2001 je bilo zabeleženih 6629 obiskovalcev,<br />

leta 2002, ko je bila izvedena načrta promocija,<br />

je bilo 16.426 obiskovalcev, leta 2003 je prišlo v<br />

sinagogo 9425 obiskovalcev, lani pa 8794. Med<br />

obiskovalci je tudi veliko mladih, ki so jim<br />

na voljo pedagoški programi in organizirana<br />

vodenja v okviru pouka zgodovine ali<br />

predmeta državljanska vzgoja in etika ter<br />

izbirnih predmetov o verstvih. Vse več pa<br />

je povpraševanja po strokovnem gradivu<br />

in literaturi, ki se nanaša na zgodovino<br />

mariborskih in slovenskih Judov, saj je med<br />

dijaki in študenti kar nekaj zanimanja za<br />

pisanje seminarskih oziroma diplomskih nalog<br />

na judovsko tematiko. Programi in celotna<br />

dejavnost sinagoge v Mariboru je deležna nadvse<br />

korektne in permanentne medijske podpore


in pozornosti, kar je še posebej pomembno<br />

za učinkovito promocijo. Objekt je pogosto<br />

zanimiv za različne prireditve in srečanja<br />

drugih ustanov in organizacij civilne družbe.<br />

Čeprav je organizacijsko vezan na Pokrajinski<br />

muzej Maribor, je dejavnost dovolj fleksibilna<br />

in prilagojena potrebam ciljnih skupin, odprt<br />

pa tudi izven formalnega delovnega časa.<br />

Sinagoga v Mariboru je zanimiva tudi za<br />

številne visoke obiske protokolarnega značaja.<br />

Obnovljena nekdanja sinagoga torej omogoča<br />

izvajanje kulturnih vsebin in programov<br />

ter zagotavlja osnovne pogoje za postopno<br />

ustanovitev muzejskega dokumentacijskega<br />

ali informacijskega centra, ki bi ob ustrezni<br />

državni (in najbrž tudi mednarodni) podpori<br />

lahko prerasel v »Center judovske kulturne<br />

dediščine Slovenije«.<br />

OPOMBE<br />

Mariborski judje nekoč<br />

1 Vlado Valenčič, Židje v preteklosti Ljubljane, Ljubljana, 1995, 5.<br />

2 Jože Mlinarič, Mariborski Židje v zadnjih desetletjih pred izgonom iz mesta,<br />

njihov izgon in sledovi, Pokrajinski arhiv Maribor, Katalogi 7. Prim. Jože<br />

Mlinarič, Judje na slovenskem Štajerskem do njihove prisilne izselitve v<br />

letu 1496, v: Judovski zbornik, ČZN 1-2, Maribor ,2000, 50-70. Prim. Janez<br />

Marolt, History of Jews in Slovenia, KC Sinagoga Maribor, Maribor 2002.<br />

3 Alan Unterman, Judovstvo, Mali leksikon, Ljubljana, 2001, 252.<br />

4 V.Travner, Mariborski ghetto, v:Kronika slovenskih mest II ( 1935 ), 155-156.<br />

Prim. Jože Mlinarič,Judje na slovenskem Štajerskem do njihove prisilne<br />

izselitve v letu 1496, v:Judovski zbornik, ČZN 1-2, Maribor, 2000, 50-70.<br />

5 Jože Mlinarič, Judje na slovenskem Štajerskem do njihove prisilne izselitve<br />

1496, v: Judovski zbornik, ČZN 1-2, Maribor, 2000, 54. Prim. Mariborska<br />

davčna knjiga za leto 1465, StLA, Gradivo za zgodovino Maribora XVII, 42<br />

in Jože Mlinarič, Gradivo za zgodovino Maribora XVII, 17,25, 72, 76, 78 in<br />

103.<br />

6 Ibid.,57.<br />

7 Vlado Valenčič, Židje v preteklosti Ljubljane, Ljubljana, 1992, 26-31.<br />

8 Ibid.<br />

9 Janez Marolt, History of Jews in Slovenia, KC Sinagoga Maribor, 2002.<br />

Avtor navaja, da ga je ob obisku Izraela presenetil napis na trgovini ob<br />

severnih vratih v Jeruzalem z oznako » Morpurgo store« in obisk trgovine je<br />

potrdil njegovo predvidevanje, da gre za potomce mariborskih Judov.<br />

10 Marjan Toš, Programska zasnova in dejavnost obnovljene nekdanje<br />

judovske sinagoge v Mariboru, rokopis, KC Sinagoga, 2005.<br />

11 Medobčinski uradni Vestnik, 5/92.<br />

12 Strokovno skupino so sestavljali Ivan Tušek in Mihela Kajzer-Cafnik za<br />

arheologijo, Janez Mikuž za umetnostno zgodovino; Marjan Teržan za<br />

restavratorstvo, Irena Krajnc-Horvat za arhitekturo in Miran Ježovnik za<br />

statiko.<br />

13 Zavod za varstvo naravne in kulturne dediščine Maribor<br />

14 Janez Mikuž, Nekdanja židovska četrt in nekdanja sinagoga v Mariboru, v:<br />

Judovski zbornik, ČZN, 1-2, 2000, 166.<br />

15 Ibid.<br />

16 Ibid., 167.<br />

17 Mariborska sinagoga – predlog vsebinske zasnove ter organizacije<br />

izvajanja programa, Maribor, junij 1999. Elaborat je potrdil Strokovni kolegij<br />

Pokrajinskega muzeja Maribor dne 16. 3. in 13. 9. 1999.<br />

18 Uradni list Republike Slovenije, 57/96.<br />

19 Objekta se je dobro oprijel naziv Kulturni center (KC ) Sinagoga Maribor, v<br />

javnosti pa je prepoznan tudi po krajšem imenu Sinagoga Maribor. Lastnica<br />

objekta je Mestna občina Maribor.<br />

113


Die Juden von Maribor einst<br />

Die Juden von Maribor einst<br />

Die renovierte ehemalige Synagoge<br />

heute<br />

Auf dem Gebiet Sloweniens begegnen wir<br />

den Juden vor allem ab dem 12. Jahrhundert,<br />

was zeitlich mit der Gründung der städtischen<br />

Siedlungen zusammenfällt. Sowohl auf Grund<br />

ihrer Zahl als auch wegen der wirtschaftlichen<br />

Rolle, die den Juden damals zukam, waren sie<br />

vor allem in Maribor, Ptuj, Celje, Ljubljana<br />

Gorica, Triest und in einigen Kärntner Städten<br />

von besonderer Bedeutung. Die überlieferten<br />

Urkunden bezeugen, dass sich die Aktivitäten<br />

der Juden über die Landesgrenzen<br />

hinaus erstreckten und ihre Mobilität immer<br />

stärker zunahm. In wirtschaftlicher Hinsicht<br />

waren die erwähnten Städte durch die Juden<br />

mit ganz Mitteleuropa verbunden 1 . Im Mittelalter<br />

leisteten die Juden auf wirtschaftlichem<br />

und kulturellem Gebiet einen wichtigen Beitrag<br />

zum Fortschritt Europas und prägten seine<br />

Gestalt mit. Vor allem im Frühmittelalter<br />

war der Fernhandel ihr Haupterwerb, in den<br />

folgenden Jahrhunderten hingegen dominierten<br />

die Geldgeschäfte, die sie in nahezu allen<br />

Teile Europas betrieben. Die Juden waren auf<br />

Grund ihres wirtschaftlichen Engagements,<br />

insbesondere wegen ihrer Handels- und Geldgeschäfte,<br />

an die damaligen Wirtschafts- und<br />

Verkehrszentren gebunden. Sie ließen sich dort<br />

nieder, wo sie die Voraussetzungen für ihre Erwerbstätigkeit<br />

fanden2 .<br />

Wie überall sonst, siedelten sich die Juden auch<br />

in der slowenischen Steiermark in Orten an<br />

den wichtigen Handelswegen an. So kamen sie<br />

auch nach Maribor, eine am Kreuzungspunkt<br />

bedeutender Handelswege gelegene Stadt, von<br />

wo die Handelsrouten in westlicher Richtung<br />

nach Kärnten, in Richtung Süden nach Slo-<br />

114<br />

venska Bistrica, weiter über Celje nach Ljubljana<br />

und schließlich an die Küste sowie in Richtung<br />

Norden in die Landeshauptstadt Graz<br />

führten. In östlicher Richtung waren Maribor<br />

und Ptuj mit den nach Ungarn führenden<br />

Handelswegen verbunden.<br />

Im mittelalterlichen Maribor stellten die Juden<br />

einen wichtigen Teil der Stadtbevölkerung<br />

dar und hinterließen unübersehbare Spuren.<br />

Auf Grund ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten<br />

pflegten sie intensive Kontakte mit zahlreichen<br />

anderen wirtschaftlichen und kulturellen<br />

Zentren in Mitteleuropa. In Maribor machten<br />

sich die Juden im südöstlichen Stadtteil ansässig,<br />

der die heutige Židovska ulica (Judengasse),<br />

die Ključavničarska ulica (Schlossergasse),<br />

einen Teil der heutigen Straße Kneza Koclja,<br />

den unteren Teil der Vetrinjska ulica und einen<br />

Teil des Hauptplatzes umfasste. Die jüdische<br />

Gemeinde wurde von einem Judenmeister geführt,<br />

die Gottesdienste, aber auch die Rechtsangelegenheiten<br />

wurden in der Synagoge, die<br />

bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts<br />

errichtet worden war, abgewickelt.<br />

Die Synagoge war das religiöse, geistige und<br />

kulturelle Zentrum jeder jüdischen Gemeinschaft<br />

beziehungsweise jeden Judenviertels.<br />

Juden durften nicht in einer Stadt ohne ein jüdisches<br />

Gotteshaus leben. Die Synagoge ist mit<br />

ihrer Vorderfront nach dem Jerusalemer Tempel<br />

ausgerichtet; obwohl sie ein Profanbau ist,<br />

in dem den Priestern eine untergeordnete Rolle<br />

zukam, nannte man sie „eine kleine Kultstätte<br />

3 “. Die Synagoge von Maribor soll zum<br />

ersten Mal bereits in zweiter Hälfte des 13.<br />

Jahrhunderts bezeugt worden sein, urkundlich<br />

erwähnt wurde sie allerdings erst im Jahre<br />

1429. In der unmittelbaren Nähe der Synagoge<br />

wurden üblicherweise eine Schule gebaut und<br />

ein Ritualbad errichtet.


Gemäß Vladimir Travner, befand sich die um<br />

das Jahr 1477 errichtete Schule im Judenturm.<br />

Weiters führt Travner an, dass sich das bereits<br />

erwähnte jüdische Ritualbad in Maribor<br />

unmittelbar unter der Synagoge an der Stadtmauer<br />

an der Drau befunden habe. Neben der<br />

Synagoge soll auch ein jüdischer Friedhof gewesen<br />

sein, wobei Travner betont, dass dieser<br />

gemäß den jüdischen religiösen Geboten nicht<br />

neben der Synagoge stehen hätte dürfen. Da<br />

aber der Raum im jüdischen Ghetto sehr begrenzt<br />

war, konnten sich die Bewohner nicht<br />

an dieses Verbot halten. Travners These untermauern<br />

auch die Grabsteine, die innerhalb der<br />

Stadtmauer gefunden wurden 4 . Bereits im Jahre<br />

1367 befand sich der jüdische Friedhof außerhalb<br />

der Stadt, westlich des heutigen Platzes<br />

Vodnikov trg.<br />

Als ein schlichtes, symmetrisches Gebäude<br />

muss die Synagoge in Maribor aber bereits<br />

früher existiert haben, noch bevor in ihrer<br />

Nachbarschaft der erste namentlich überlieferte<br />

Rabbiner Abraham residierte (1379 gestorben).<br />

Ihre Auswölbungen erhielt die Synagoge<br />

im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts,<br />

bevor sie als vorübergehender Sitz des Obersten<br />

Rabbinats für Steiermark, Kärnten und<br />

Krain genutzt wurde. Eine bedeutungsvolle<br />

Persönlichkeit war der Rabbiner Israel Isserlein<br />

(1390–1460).<br />

Als das wirtschaftliche Potential der Juden<br />

von Maribor im 15. Jahrhundert seinen Höhepunkt<br />

erreichte, machte das jüdische Viertel<br />

ein Zehntel des ummauerten Stadtgebiets aus.<br />

Obwohl die Juden als besondere Gemeinschaft<br />

der Stadtbevölkerung innerhalb der Stadtmauer<br />

in einem eigenen Viertel wohnten, bedeutete<br />

dies jedoch nicht, dass sie ausschließlich<br />

in ihrem Ghetto lebten. Beispiele aus Maribor,<br />

Ljubljana und Völkermarkt belegen, dass ein<br />

Die Juden von Maribor einst<br />

kleiner Teil der jüdischen Gemeinschaft auch<br />

außerhalb seines Viertels wohnte. Darüber hinaus<br />

ist bekannt, dass einige Bürgerfamilien<br />

auch Eigentümer von Liegenschaften im jüdischen<br />

Viertel waren. Dennoch steht fest, dass<br />

beide Bevölkerungsgruppen nie unter einem<br />

Dach wohnten.<br />

So bezeugen beispielsweise die Steuerbücher<br />

von Maribor aus der zweiten Hälfte des 15.<br />

Jahrhunderts, dass die Juden außerhalb ihres<br />

Viertels eine beträchtliche Zahl von Liegenschaften<br />

erworben hatten. Dabei ist allerdings<br />

zu berücksichtigen, dass sich einige Häuser<br />

nur vorübergehend in ihrem Besitz befanden,<br />

als Folge unbeglichener Schulden, bewohnt<br />

hatten sie sie jedoch nie. Normalerweise verkauften<br />

sie solche Liegenschaften umgehend<br />

weiter 5 .<br />

Die Juden waren als Teil der Stadtbevölkerung<br />

verpflichtet, zur Verteidigung der Stadt beizutragen.<br />

Als im Jahre 1465 die Stadtmauer und<br />

die Festungsbauten entlang des jüdischen Viertels<br />

– von der Židovska ulica (Judengasse) bis<br />

zum Salzburski dvor (Salzburger Hof) – erneuert<br />

wurden, mussten die Juden 40 Pfund aufbringen.<br />

Während der Großteil der mittelalterlichen Bevölkerung<br />

an einen Ort – an die Scholle (glebale<br />

adscripti) – gebunden war und die Untertanen<br />

ihre Bauernhöfe nur mit der Zustimmung<br />

des Grundherrn verlassen durften – auch die<br />

städtischen Handwerker wanderten nur selten<br />

ab – war die Mobilität der Juden sehr hoch.<br />

Handelsgeschäfte führten sie in fremde Länder,<br />

wo sich viele von ihnen, wenn sie bessere<br />

Lebensbedingungen vorfanden, ansiedelten.<br />

Die große Mobilität der jüdischen Bevölkerung<br />

bestätigen zahlreiche Urkunden der Stadt Maribor.<br />

Sie bezeugen eine starke Verbundenheit<br />

zwischen den jüdischen Familien aus Maribor<br />

115


Die Juden von Maribor einst<br />

mit den Juden von Graz und Ljubljana. Zahlreiche<br />

jüdische Familien aus Maribor zogen im<br />

14. und 15. Jahrhundert in die Landeshauptstadt<br />

Graz.<br />

Die Handelsverbindungen der Juden von Maribor<br />

(wie auch derjenigen von Celje) reichten<br />

von Dubrovnik und Venedig bis nach Wien<br />

und Prag. Große Gewinne erzielten sie durch<br />

den Handel mit venezianischen Waren. 6 Die<br />

Juden von Maribor erwirtschafteten auch im<br />

Weinhandel beträchtliche Gewinne. Schuldner<br />

gaben den Juden ihre Weinberge zum Pfand,<br />

da sie aber die Schulden nicht begleichen konnten,<br />

wurden die Gläubiger zu Landbesitzern.<br />

Interessant ist dabei die Tatsache, dass die Juden<br />

bestrebt waren, die auf diese Art erworbenen<br />

Liegenschaften möglichst bald weiterzuverkaufen.<br />

Die Juden von Maribor verkauften<br />

den Wein wegen besserer Verdienste auch in<br />

den Kärntner Städten. Die meisten Juden betrieben<br />

auch Kreditgeschäfte, weil das Zinsnehmen<br />

nach der kirchlichen Lehre Christen<br />

verboten war. Unter ihren Gläubigern waren<br />

damals alle Bevölkerungsschichten zu finden.<br />

Seit dem Beginn, vor allem aber seit der Mitte<br />

des 15. Jahrhunderts, verschlechterte sich die<br />

Lage der Juden in der Steiermark wesentlich.<br />

Die allgemeine Wirtschaftskrise und die Konkurrenz<br />

der christlichen Bevölkerung im Handel<br />

und sogar im Kreditwesen wurden von Tag<br />

zu Tag größer, Bürger und Adel forderten vom<br />

Landesfürsten immer neue Beschränkungen<br />

für die wirtschaftlichen Aktivitäten der Juden.<br />

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts<br />

wurden die Juden fast völlig aus den größeren<br />

Handelsgeschäften und aus den Kredit- und<br />

Geldgeschäften verdrängt, was ihr wirtschaftliches<br />

Potential schmälerte. Neben der deutlichen<br />

Verschlechterung der Wirtschaftslage<br />

nahm der allgemeine Antijudaismus stark zu,<br />

116<br />

der auch an Maribor nicht vorüberging. Die<br />

Aversionen gegen die Juden hatten ihre Wurzeln<br />

in den wirtschaftlichen, sozialen und religiösen<br />

Verhältnissen der damaligen Zeit. Die<br />

religiöse Intoleranz der Christen gegenüber<br />

den Juden nahm, insbesondere zur Zeit von<br />

Naturkatastrophen, wirtschaftlichen, sozialen<br />

und geistigen Krisen, zu. All dies mündete in<br />

der vorübergehenden oder permanenten Ausweisung<br />

der Juden. 7 Die Forderungen nach rigorosen<br />

Maßnahmen gegen die Juden nahmen<br />

nach dem Tode des Kaisers Friedrich III. (1493)<br />

weiter zu. Sein Nachfolger, Maximilian I., gab<br />

den Forderungen des steiermärkischen und<br />

kärntnerischen Landesstands nach und befahl<br />

am 18. März 1496 die Ausweisung der Juden<br />

aus der Steiermark; bereits am 9. März 1496<br />

erließ er einen ähnlichen Befehl betreffend die<br />

Juden in Kärnten. Die steiermärkischen Juden,<br />

also auch diejenigen aus Maribor, waren<br />

gezwungen, bis zum 6. Jänner des folgenden<br />

Jahres auszuwandern. Zusätzlich mussten<br />

sie binnen sechs Monaten alle ausstehenden<br />

Schulden begleichen.<br />

Einige Juden aus Maribor fanden vorübergehend<br />

Zuflucht in Ljubljana, von wo aus sie<br />

nach dem Erlass des Kaisers über die Ausweisung<br />

aller Juden aus dem Land Krain im Jahre<br />

1515 neuerlich fliehen mussten 8 . Andere zogen<br />

in die Städte an der Adria. Die Juden aus<br />

Maribor wurden von ihrer italienischen Umgebung<br />

„Morpurgo“ genannt. Diesem Namen<br />

kann man ab und zu noch heute begegnen.<br />

Offensichtlich war die jüdische Gemeinschaft<br />

von Maribor so stark, dass sie ihre Spuren sogar<br />

bei den Benennungen hinterließ 9 . Die Ausweisung<br />

der Juden aus Maribor traf die Stadt<br />

selbst schwer, die dadurch in wirtschaftlicher<br />

und kultureller Hinsicht verarmte. Die jüdischen<br />

Einrichtungen verfielen, und die Syna-


goge wurde – wie auch der Großteil des einst<br />

jüdischen Besitzes – bereits 1497 vom Ehepaar<br />

Barbara und Bernandin Druckner gekauft.<br />

Das Ehepaar ließ die Synagoge zur Allerheiligenkirche<br />

umgestalten. Dazu kam es höchstwahrscheinlich<br />

bereits im Jahr 1501. Die Funktion<br />

einer katholischen Kirche hatte sie bis zur<br />

Einführung der Reformen von Joseph II., als<br />

sie samt ihrer Kaplanei dem Militär übergeben<br />

wurde. Dieses benutzte die ehemalige Synagoge<br />

bis 1811 als Lagerhaus, danach kam das Gebäude<br />

in Besitz der Bürger. Die Anlage wurde<br />

mehrmals um- und ausgebaut, der obere Teil<br />

des Geschosses wurde sogar in eine Wohnung<br />

umgebaut 10 .<br />

1992 wurde die Synagoge zum kulturellen und<br />

historischen Denkmal erklärt 11 . Im gleichen<br />

Jahr erarbeiteten Experten und Mitarbeiter des<br />

Instituts für den Schutz des Natur- und Kulturerbes<br />

Maribor 12 einen Plan für ihre Generalrenovierung.<br />

Ein Jahr später begann man auch mit<br />

dem Umbau und der Rekonstruktion des Gebäudes,<br />

das zuvor wegen ungeklärter Besitzverhältnisse<br />

eine Zeit lang geschlossen bleiben<br />

musste. Im gleichen Jahr machten die Experten<br />

detaillierte architektonische Aufnahmen<br />

und begannen parallel zu den Forschungen das<br />

konservatorische Programm vorzubereiten.<br />

Man entschloss sich, die Synagoge in derjenigen<br />

Form zu rekonstruieren, für die man<br />

genügend Materialien und Quellen gesammelt<br />

hatte 13 . Parallel zu den Forschungsarbeiten<br />

über die Bedeutung der einzelnen Räume,<br />

des Standortes und der Form der Fensteröffnungen<br />

führten die Fachleute einige Umbauten<br />

durch, die sie ein Stück näher an ihr erstes<br />

Ziel brachten: Sie meißelten aus einer formlosen<br />

Bausubstanz die wertvolle Architektur der<br />

ehemaligen Synagoge, die bereits vor dem Jahre<br />

1500 bestanden hatte, heraus 14 . Trotz aller<br />

Die Juden von Maribor einst<br />

Sorgfältigkeit erbrachten die archäologischen<br />

Forschungen jedoch keine konkreten Resultate,<br />

die eventuell auf noch frühere Bauphasen<br />

oder -zustände der Synagoge schließen ließen.<br />

Archivalisch sind die Juden zum ersten Mal in<br />

der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts belegt,<br />

in Maribor sollen sie sich jedoch bereits Mitte<br />

des 13. Jahrhunderts niedergelassen haben, als<br />

auch die Synagoge zum ersten Mal schriftlich<br />

erwähnt wurde. 15 Unmittelbare Spuren der<br />

ersten Synagoge, die in ihrer baulichen Form<br />

der heutigen entsprochen haben soll, wurden<br />

allerdings nie gefunden. Der archäologische<br />

Fachbericht erwähnt lediglich, dass in der Substruktur<br />

Mauerreste gefunden wurden, die der<br />

Romanik zuzuordnen sind. Ungeachtet verschiedener<br />

Spekulationen über die Entstehung<br />

der Synagoge, beschränkten sich die Experten<br />

auf diejenigen Funde, die verlässliche Angaben<br />

über ihre Größe, Architekturelemente und ihr<br />

Erscheinungsbild lieferten, als sie zur Zeit der<br />

wirtschaftlichem und kulturellen Blüte der Juden<br />

in Maribor, Mitte des 15. Jahrhunderts,<br />

entstanden ist. 16<br />

Auf Grund der ausreichenden Menge an Befunden<br />

über die architektonische und konstruktionsbedingte<br />

Form der Synagoge in ihrer letzten<br />

Bauphase hat man sich darauf geeinigt, sie<br />

mit allen während der Forschungsarbeiten gesammelten<br />

Details neu zu errichten. Die Renovierungsarbeiten<br />

dauerten mehrere Jahre. Am<br />

1. April 2001 öffnete die renovierte ehemalige<br />

jüdische Synagoge ihre Tore der Öffentlichkeit.<br />

Bereits 1999 wurde ein Fachbericht mit dem<br />

Vorschlag über ein inhaltliches Programm und<br />

über organisatorische Belange der Synagoge erstellt.<br />

Das Programm wurde von Peter Može<br />

vom Regionalmuseum Maribor und Daniel Sajko<br />

von der Stadtgemeinde Maribor konzipiert 17 .<br />

Mittels eines Sondervertrages wurde die Syn-<br />

117


Die Juden von Maribor einst<br />

agoge dem Regionalmuseum zur vorübergehenden<br />

Verwaltung übergeben, unter dessen Zuständigkeit<br />

sie noch heute fällt.<br />

Das auf die Charakteristik des Gebäudes und<br />

seine Geschichte ausgerichtete Grundsatzprogramm<br />

ist der Erhaltung, der Pflege und der<br />

Präsentation des jüdischen Kulturerbes auf<br />

dem Gebiet des heutigen Sloweniens verpflichtet.<br />

Dieses Programm entspricht auch den Bestimmungen<br />

des Abkommens zwischen der<br />

slowenischen und der US-Regierung über den<br />

Schutz und die Erhaltung von Kulturgütern. 18<br />

Das Abkommen verpflichtet beide Staaten zur<br />

Erhaltung der Kulturgüter und -denkmäler, die<br />

das Erbe nationaler, religiöser und ethnischer<br />

Gemeinschaften – Völkermordopfer des II.<br />

Weltkrieges – darstellen. Zur Umsetzung des<br />

Abkommens haben sich die Abteilung für internationale<br />

Kulturzusammenarbeit des Ministeriums<br />

für äußere Angelegenheiten der Republik Slowenien<br />

und die Verwaltung für das kulturelle Erbe des<br />

Kulturministeriums der Republik Slowenien verpflichtet.<br />

Im Einklang mit dem erwähnten Fachbericht<br />

soll die ehemalige jüdische Synagoge in erster<br />

Linie die Funktion eines Museums und Informationszentrums<br />

haben, das über die Geschichte<br />

des Judentums in Maribor und ganz<br />

Slowenien informiert und verschiedene Denkmäler<br />

des jüdischen Kulturerbes zur Schau<br />

stellt. Die unterschiedlichen Programmrichtungen,<br />

die Teil des Programmganzen des<br />

künftigen Museums und Dokumentationszentrums<br />

des jüdischen Kulturerbes Sloweniens darstellen<br />

sollen, bekamen den Arbeitstitel „Zentrum<br />

des jüdischen Kulturerbes Maribor“. Dieses hat<br />

allerdings wegen noch ungelöster organisatorischer<br />

und finanzieller Fragen seine Aktivitäten<br />

noch nicht zu entfalten begonnen. Es entstanden<br />

trotzdem konkrete Ansätze für die Tätig-<br />

118<br />

keit eines künftigen derartigen Zentrums, und<br />

es wurde bereits eine Zusammenarbeit mit einigen<br />

vergleichbaren slowenischen, aber auch<br />

ausländischen Zentren und Einrichtungen initiiert.<br />

Fragen um das künftige Zentrum des<br />

jüdischen Kulturerbes in Maribor sind neuerdings<br />

wieder sehr aktuell geworden, mit ihnen<br />

sollte sich auch das Kulturministerium intensiv<br />

auseinandersetzen. Im Allgemeinen überwog<br />

bislang die Meinung, dass die Aktivitäten<br />

in der ehemaligen Synagoge auf Inhalte und<br />

beschränkt sein sollten, die unmittelbar mit<br />

dem Museum sowie dem Dokumentations-<br />

und Informationszentrum verbunden sind<br />

und zugleich ein öffentliches Kulturprogramm<br />

darstellen, das von der Stadt im Einklang mit<br />

anderen Kultureinrichtungen und Programmträgern<br />

bestimmt wird.<br />

Diesen Grundsätzen entsprechend, entfaltete<br />

die Synagoge ab 2001 ihre Aktivitäten, wobei<br />

man von Anfang großen Wert auf ein hohes<br />

künstlerisches Niveau und auf inhaltliche<br />

Vielfältigkeit legte. Thematisch sollte das Programm<br />

auch auf die Darstellung des jüdischen<br />

Kulturerbes ausgerichtet und dem aktuellen<br />

kulturellen Angebot israelischer beziehungsweise<br />

der in Europa und in den Vereinigten<br />

Staaten lebenden jüdischen Künstler angepasst<br />

werden.<br />

Eine solche Ausrichtung des Programms setzt<br />

sich bereits erfolgreich durch, und die renovierte<br />

Synagoge 19 wurde als ein kleines Kultur-<br />

und Veranstaltungszentrum für Musikabende,<br />

Konzerte, Vorlesungen, Gespräche,<br />

Bilderausstellungen u. Ä. neu belebt. Wegen<br />

der guten Akustik werden hier von kleineren<br />

Kammermusikgruppen und Vokalgruppen<br />

oftmals Konzerte abgehalten. Initiiert wurde<br />

auch eine Zusammenarbeit mit anderen Kultureinrichtungen<br />

in Maribor (Kulturhaus Na-


odni dom, Verband bildender Künstler Maribor,<br />

Universität Maribor, verschiedene Mittelschulen,<br />

Festival der Kreativität Magdalena, Jugendkulturzentrum,<br />

Bund der Kulturvereine, Bibliothek<br />

Maribor). Somit wurde die Synagoge zu einem<br />

der wichtigsten Treffpunkte des Kulturgeschehens<br />

im alten Stadtkern von Maribor. Darüber<br />

hinaus wurde eine korrekte Zusammenarbeit<br />

zwischen der slowenischen jüdischen Gemeinschaft<br />

und der israelischen Botschaft in Wien<br />

hergestellt.<br />

Als außerordentlich wichtiges kulturhistorisches<br />

Denkmal ist die Synagoge eine höchst<br />

interessante Sehenswürdigkeit für einheimische,<br />

insbesondere aber für ausländische Touristen.<br />

Unter ihnen finden sich immer mehr<br />

Gäste aus Israel und Juden aus aller Welt, von<br />

Australien bis zu den USA. Die Besucherstatistik<br />

zeigt, dass die Frequenz der Besucher sowohl<br />

der kulturellen Veranstaltungen als auch<br />

der Synagoge als kulturhistorisches Denkmal<br />

selbst relativ stabil ist. Im Jahre 2001 wurden<br />

6.629 Besucher verzeichnet, ein Jahr später,<br />

nach einer Werbekampagne, bereits 16.426. Im<br />

Jahre 2003 kamen 9.425 Besucher, im Vorjahr<br />

waren es 8.794.<br />

Unter den Besuchern befanden sich viele Schüler,<br />

für die eigene Führungen angeboten werden.<br />

Die Nachfrage nach Fachliteratur, die sich<br />

auf die Geschichte der slowenischen Juden bezieht,<br />

steigt ständig, weil unter den Schülern<br />

und Studenten großes Interesse am Thema Judentum<br />

besteht. Die Aktivitäten der Synagoge<br />

in Maribor genießen große Aufmerksamkeit in<br />

den Medien, was für eine wirkungsvolle Vermarktung<br />

von großem Vorteil ist. Das Gebäude<br />

ist auch ein interessanter Austragungsort<br />

für verschiedene Veranstaltungen und Treffen<br />

anderer Institutionen und Organisationen.<br />

Die renovierte ehemalige Synagoge ermöglicht<br />

Die Juden von Maribor einst<br />

die Durchführung einer Reihe von kulturellen<br />

Veranstaltungen und stellt die Voraussetzung<br />

für die schrittweise Gründung des Museums<br />

sowie des Dokumentations- und Informationszentrums<br />

dar, das mithilfe staatlicher (vielleicht<br />

auch internationaler) Unterstützung zu<br />

einem „Zentrum des jüdischen Kulturerbes<br />

Sloweniens“ wachsen soll.<br />

119


Die Juden von Maribor einst<br />

ANMERKUNGEN<br />

1 Vlado Valenčič, Židje v preteklosti Ljubljane. Ljubljana 1992, S. 5 (Die<br />

Juden in der Geschichte Ljubljanas).<br />

2 Jože Mlinarič, Mariborski Židje v zadnjih desetletjih pred izgonom iz mesta,<br />

njihov izgon in sledovi. Pokrajinski arhiv Maribor, Katalogi 7 (Die Juden<br />

Maribors in den letzten Jahrzehnten vor ihrer Vertreibung aus der Stadt,<br />

ihre Vertreibung und Spuren. Archiv des Regionalmusems Maribor); vgl.<br />

Jože Mlinarič, Judje na slovenskem Štajerskem do njihove prisilne izselitve<br />

v letu 1496, in: Judovski zbornik, ČZN 1–2. Maribor 2000, S. 50–70 (Die<br />

Juden in der slowenischen Steiermark bis zu ihrer Zwangsaussiedlung im<br />

Jahre 1496); vgl. Janez Marolt, History of Jews in Slovenia, KC Sinagoga<br />

Maribor. Maribor 2002 (Geschichte der Juden in Slowenien).<br />

3 Alan Unterman, Judovstvo, Mali leksikon. Ljubljana 2001, S. 252. (Das<br />

Judentum, Kleines Lexikon).<br />

4 Vladimir Travner, Mariborski ghetto, in: Kronika slovenskih mest II (1935), S.<br />

155–156. (Das Ghetto von Maribor); vgl. Jože Mlinarič, Judje na slovenskem<br />

Štajerskem, S. 50–70.<br />

5 Jože Mlinarič, Judje na slovenskem Štajerskem, S. 54; vgl. Mariborska<br />

davčna knjiga za leto 1465, StLA, Gradivo za zgodovino Maribora XVII, 42<br />

(Steuerbuch von Maribor anno 1465) u. Jože Mlinarič, Gradivo za zgodovino<br />

Maribora XVII, S. 17, 25, 72, 76, 78, 103 (Literatur über die Geschichte von<br />

Maribor).<br />

6 Ebd., S. 57.<br />

7 Vlado Valenčič, Židje v preteklosti Ljubljane. Ljubljana 1992, S. 26–31.<br />

8 Ebd.<br />

9 Janez Marolt, History of Jews in Slovenia, KC Sinagoga. Maribor 2002.<br />

Der Autor schreibt, dass ihm während eines Besuchs in Israel ein<br />

Geschäftsschild in Jerusalem auffiel, auf dem „Morpurgo store“ stand.<br />

Der Besuch des Geschäfts bestätigte seine Vermutung, dass es sich um<br />

Nachkommen der Juden von Maribor handelte.<br />

10 Marjan Toš, Programska zasnova in dejavnost obnovljene nekdanje<br />

judovske sinagoge v Mariboru, KC Sinagoga, Manuskript. Maribor 2005<br />

(Programmentwurf und die Aktivitäten der renovierten ehemaligen<br />

jüdischen Synagoge in Maribor).<br />

11 Medobčinski uradni Vestnik, 5/92 (Interkommunales amtliches<br />

Mitteilungsblatt).<br />

12 Das Fachteam bildeten: Ivan Tušek und Mihela Kajzer-Cafnik für<br />

Archäologie, Janez Mikuž für Kunstgeschichte, Marjan Teržan für<br />

Restauration, Irena Krajnc-Horvat für Architektur und Miran Ježovnik für<br />

Statik.<br />

13 Zavod za varstvo naravne in kulturne dediščine Maribor (Institut für den<br />

Schutz des Natur- und Kulturerbes Maribor).<br />

14 Janez Mikuž, Nekdanja židovska četrt in nekdanja sinagoga v Mariboru, in:<br />

Judovski zbornik, ČZN, 1–2. Maribor 2000, S. 166 (Das ehemalige jüdische<br />

Viertel und die ehemalige Synagoge in Maribor).<br />

15 Ebd.<br />

16 Ebd., S. 167.<br />

17 Synagoge Maribor – Vorschlag über den inhaltlichen Entwurf und<br />

Organisation der Programmdurchführung, Juni 1999. Der Bericht wurde<br />

vom Fachkollegium des Regionalmuseums Maribor am 16.3. u. 13.9.1999<br />

genehmigt.<br />

18 Amtsblatt der Republik Slowenien, 57/96.<br />

19 Die offizielle Bezeichnung lautet „Kulturni Center (KC) Sinagoga Maribor“<br />

(Kulturzentrum Synagoge Maribor), in der Öffentlichkeit ist auch der<br />

Kurzname „Synagoge Maribor“ bekannt. Das Gebäude befindet sich im<br />

Besitz der Gemeinde Maribor.<br />

120<br />

O AVTORJU – ZUR PERSON<br />

Marjan Toš<br />

Mag. Marjan Toš, profesor zgodovine in<br />

geografije, kustos Pokrajinskega muzeja<br />

Maribor v Sinagogi. Veliko se ukvarja s<br />

proučevanjem sodobne lokalne zgodovine<br />

Slovenskih goric, zlasti obdobja 1941-1945 in<br />

po letu 1945. Je avtor, urednik in sourednik<br />

številnih zbornikov, avtor prispevkov v<br />

Književnih listih Dela, Večera in drugih<br />

časopisov. Redno objavlja tudi v Časopisu<br />

za zgodovino in narodopisje v Mariboru, kot<br />

publicist in novinar se ukvarja tudi z ekološko<br />

problematiko in sodeluje kot član uredniškega<br />

odbora strokovnih revij LOVEC in RIBIČ. Je<br />

dolgoletni strokovni komentator balkanskega<br />

dogajanja za zunanjepolitično uredništvo Radia<br />

Maribor, pisec knjižnih ocen in predstavitev za<br />

kulturno-umetniški program Radia Maribor in<br />

avtor številnih dokumentarnih in javnih oddajah<br />

v okviru dokumentarno-feljtonskega programa<br />

Radia Maribor. V zadnjih letih se še posebej<br />

ukvarja s proučevanjem zgodovinskega<br />

spomina na slovenske Jude po letu 1945. To<br />

je tudi tema njegovega doktorskega študija na<br />

Fakulteti za podiplomske humanistične študije<br />

ISH v Ljubljani. – Mag. Marjan Toš unterichtet<br />

Geschichte und Geographie, ist Kustos des<br />

Regionalmuseums in der Synagoge in Maribor.<br />

Er beschäftigt sich sehr intensiv mit der<br />

modernen lokalen Geschichte der Slovenske<br />

Gorice / Windischen Büheln, insbesondere<br />

aber mit dem zeitraum 1941-1945 und danach.<br />

Er ist Autor, Herausgeber und Mitherausgeber<br />

zahlreicher Sammelbände und von Beiträgen,<br />

die in den Zeitungen Delo, Vecer u. a.<br />

veröffentlicht werden. Regelmäßig erscheinen<br />

auch Artikel in der Zeitschrift für Geschichte<br />

und Volkskunde in Maribor. Als Publizist<br />

beschäftigt er sich auch mit Problemen der<br />

Ökologie und arbeitet als Redaktionsmitglied<br />

bei den Zeitschriften LOVEC (Der Jäger) und<br />

RIBIC (Der Fischer) mit. Toš fungiert seit<br />

Jahren als wissenschaftlicher Kommentator der<br />

Ereignisse am Balkan für die außenpolitische<br />

Redation von Radio Maribor und ist ebendort<br />

auch im Kulturbereich tätig. In den letzten<br />

Jahren forscht er intensiv an der Geschichte der<br />

slowenischen Juden nach 1945. Dies ist auch<br />

Thema seines Doktorats an der Universität in<br />

Ljubljana.


Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />

Das slowenischen Kulturerbe in der Steiermark – Eine Bestandsaufnahme<br />

� Text: Benjamin Grilj, Simon Hadler und Mathias Hammer<br />

Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />

Das von Prof. Moritz Csaky im Wintersemester 2003/04 an der Karl-Franzens-Universität Graz<br />

geleitete Seminar mit dem Titel „Cultural Heritage – National Heritage?“ war Ausgangspunkt<br />

dieser Studie. Der Begriff des „Kulturerbes“ im Kontext einer erweiterten Bedeutung von Kultur<br />

führte uns zu der Frage, was ein historisch gewachsenes kulturelles Element ist, jedoch nicht in<br />

den Kanon des nationalen oder auch regionalen Kulturerbes fällt. Es zeigte sich, dass die slawische<br />

Kultur in der Steiermark, obwohl über Jahrhunderte und bis heute tief verankert, ein interessantes<br />

Beispiel für die Ein- und Ausschließungsmechanismen von kulturellem Erbe darstellt. So soll im<br />

Folgenden aufgezeigt werden, wo das slawische Erbe in der Steiermark seine Spuren hinterlassen<br />

hat, wie es gleichzeitig jedoch immer mehr an den Rand des kollektiven Bewusstseins gedrängt<br />

wurde oder ganz daraus verschwunden ist. Im Mittelpunkt der Arbeit steht besonders die Bedeutung<br />

der Sprache als kulturelles Erbe.<br />

Die Sprache wurde in der Steiermark um die Jahrhundertwende Gegenstand des Konflikts zwischen<br />

Deutschsprachigen und Slowenen, zwei Gruppen, die sich vor dem Auftauchen des Nationalismusdiskurses<br />

aufgrund der multikulturell-sprachlichen Kommunikations- und Interaktionszusammenhänge,<br />

die in der Süd- und Untersteiermark vorherrschten, nicht eindeutig mit einer<br />

der beiden Nationalitäten identifizierten. Hintergrund dieses neuen Konflikts war eine ethnozentristische<br />

Sichtweise von kulturellem Erbe, die mit der Entstehung nationaler Ideen zusammenhängt.<br />

Wird Sprache im Sinne einer nationalen Standardsprache bzw. einer identitätsstiftenden<br />

Komponente als Kulturgut, das es zu bewahren gilt, angesehen, führt dies dazu, sie als statisch<br />

und potentiell von anderen isoliert aufzufassen. Der Begriff der „Sprachgrenze“ steht exemplarisch<br />

für diese aus der Außenansicht einer Region entsprungene Konstruktion von Differenz. Diese<br />

Idee war eine entscheidende Komponente im „Volkstumskampf“. Der von der deutschnationalen<br />

Ideologie geschaffene Mythos einer durch Überfremdung bedrohten Grenzregion, die verteidigt<br />

werden muss, findet auch in der aktuellen Tagespolitik nach wie vor Verwendung. Nachdem die<br />

betreffende Landschaft im Sinne der nationalen Identität aufgeladen worden war, wurde die Anwesenheit<br />

der slowenischen Bevölkerung als Eingriff in eine ursprünglich „deutsche“ Gegend dar-<br />

121


Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />

gestellt. Um dem entgegenzuwirken, bemühte<br />

man sich, die deutschen Sprachinseln miteinander<br />

zu verbinden und ausweiten. 1<br />

Gleichzeitig war die Annahme einer solchen<br />

– fiktiven – Grenze notwendig, um die Nation<br />

geographisch verorten zu können, die ja bis<br />

1918 nicht durch nationale Grenzziehungen<br />

festgelegt war. Das Bild einer klaren Trennlinie,<br />

das keine Rücksicht auf lokale Realitäten<br />

nahm, wurde unterstellt. Diese wurden dann<br />

in der Tat auch immer mehr durch den Assimilationsdruck<br />

von außen geprägt.<br />

Zu Beginn ist es notwendig, einige Begrifflichkeiten<br />

zu klären. Zwar hat gegenwärtig<br />

der Begriff des „Kulturerbes“ Konjunktur, und<br />

gerade die Steiermark konnte in den vergangenen<br />

Jahren damit werben. Doch selten wurde<br />

darüber reflektiert, was „kulturelles Erbe“<br />

bedeutet. Auszugehen ist hierbei vom Begriff<br />

„Kultur“, dessen Bedeutung sich historisch<br />

verschiedentlich gewandelt hat: Von der Landwirtschaft<br />

und dem bestellten Land – als Gegensatz<br />

zur Natur –, der Abgrenzung gegenüber<br />

dem Unzivilisierten und Barbarischen bis<br />

zur heute häufigen Gleichsetzung mit dem<br />

Kunstbegriff. In dieser Arbeit steht der Begriff<br />

jedoch in einem größeren Bedeutungszusammenhang,<br />

und wir verwenden die methodisch<br />

sinnvolle Trennung von materieller und symbolischer<br />

Kultur, wobei Letztere Sprache und<br />

Schrift beinhaltet. Trotz dieser Unterscheidung<br />

versuchen Wissenschaftler, auf beiden<br />

Ebenen denselben Fragen nachzugehen: Wie<br />

werden Güter oder Zeichen produziert und<br />

wie werden sie für den Menschen bedeutsam?<br />

Wie lassen sich die sozialen Beziehungen und<br />

Handlungsweisen verstehen, in die die Dinge<br />

des täglichen Lebens einbezogen werden?<br />

Von diesem weiten Kulturbegriff ausgehend,<br />

ist auch die Bedeutung von „kulturellem Erbe“<br />

122<br />

zu erklären. Demzufolge ist es der Teil einer<br />

Kultur oder Tradition, der noch – in welcher<br />

Form auch immer – gelebt wird, sprich im Bewusstsein<br />

der Menschen verankert ist. Das Erinnern<br />

gehört ebenso zum Leben einer Kultur<br />

und Tradition wie auch beispielsweise besondere<br />

Tänze, regionale Dialekte und Ähnliches.<br />

Daraus folgt, dass das kulturelle Erbe konstruiert<br />

ist, weil es immer vom Bewusstsein abhängt.<br />

Ein weiterer zentraler Begriff dieser Arbeit ist<br />

jener der Identität. Eine allgemeine Definition<br />

zu finden, ist nicht einfach, zu verschieden<br />

sind die gebräuchlichen Verwendungen, und<br />

allzu oft wäre ideologiekritisches Hinterfragen<br />

notwendig, um den Begriff wieder an die sozialen<br />

oder politischen Realitäten anzupassen.<br />

Die vorliegende Studie orientiert ihren Identitätsbegriff<br />

an folgendem Schema für Idealtypen<br />

regionaler Identitäten. Sie begrenzen auf<br />

unterschiedliche Weise das Selbst der Gruppe.<br />

Die Art und Weise der Definition der Merkmale,<br />

die das Selbst und damit die Gruppenzugehörigkeit<br />

festlegt, bestimmt zugleich die<br />

Grenze gegenüber dem Fremden. Damit werden<br />

Grenzüberschreitungen entweder ermöglicht<br />

oder verhindert.<br />

1. Primordial kodierte Identität beruft sich auf<br />

„natürliche“ Merkmale, wie Volk oder Rasse,<br />

und ist von Kommunikation unabhängig.<br />

Sie verhindert den Eintritt in oder den<br />

Austritt aus der Gruppe, Gemeinsamkeiten<br />

und Vertrauen lassen sich nur sehr schwer<br />

herstellen.<br />

2. Konventionell bzw. zivil und kulturell kodierte<br />

Identität beruht auf Verhaltensregeln<br />

und sozialer Routine. Sie ermöglicht die<br />

Aufnahme von Fremden oder die gleichzeitige<br />

Mitgliedschaft in mehreren Kollektiven,<br />

weil lediglich die erlernbaren Regeln


efolgt werden müssen, um dazuzugehören,<br />

wodurch die Schaffung und der Erhalt<br />

von Gemeinsamkeit und Vertrauen erleichtert<br />

werden.<br />

3. Sakral kodierte Identität wiederum beruft<br />

sich auf den Glauben, die besondere Leistungskraft<br />

und die Auserwähltheit einer<br />

Gruppe, die eine ausgezeichnete Verbindung<br />

zu einer übergeordneten Rationalität<br />

unterhält. Solche Gruppen haben häufig<br />

eine messianisch geprägte Haltung. Sakrale<br />

Kodierungen schließen sich zwar nicht<br />

unbedingt von ihrer Umwelt ab, doch ist<br />

ihnen der Drang eigen, Mitglieder anderer<br />

Gruppen zu assimilieren oder im Kontakt<br />

zu dominieren. Dennoch sind die Schaffung<br />

von Gemeinsamkeiten und die Möglichkeit<br />

von Grenzübertritten nicht ausgeschlossen.<br />

Die Qualität der Grenzziehung regelt also den<br />

Kontakt und den Austausch innerhalb der<br />

Gruppe, aber auch den Kontakt mit anderen<br />

Gruppen 2 .<br />

Diese Idealtypen kommen allerdings nie in<br />

einer „Reinform“ vor, sondern sind in unterschiedlichen<br />

Ausprägungen miteinander vermischt.<br />

So findet man zum Beispiel auf der<br />

österreichischen Seite der Steiermark ab den<br />

1890er Jahren gemeinsam mit der Betonung<br />

der ethnischen Trennung den Mythos der<br />

„besseren, da aufrichtigeren deutschen Mentalität“<br />

und der „besseren, da erfolgreicheren“<br />

Wirtschaftsweise usw., der auch das sakrale<br />

Element seiner Identität zeigt. Seit den 1890er<br />

Jahren dominierten in der gesamten Steiermark<br />

die zivilen Anteile gegenüber den primordialen<br />

Elementen der Identitätskonstruktion,<br />

sodass sie als gesellschaftlich verbundene<br />

Gruppen nebeneinander lebten.<br />

In der Arbeit wird zwar die Einteilung in pri-<br />

Verleugnung, Vergessen und Verdränge<br />

mordiale, zivil kodierte und sakral kodierte<br />

Identität übernommen, nun aber als gesetzte,<br />

worunter wir die primordiale und die sakrale<br />

subsumieren, und als gelebte, die wir als zivil<br />

kodierte Identität verstehen, bezeichnet.<br />

Entscheidend ist nun der Zusammenhang<br />

zwischen Identität und kulturellem Erbe: Das<br />

kulturelle Erbe ist, wie bereits oben erwähnt,<br />

die im Bewusstsein verankerte Kulturleistung<br />

einer Gesellschaft. Die zivile Identität entsteht<br />

aus dem Teil des kulturellen Erbes, der für den<br />

Großteil dieser Gesellschaft und/oder Gruppe<br />

relevant ist. Bei primordial oder sakral kodierter<br />

Identität erfolgt die Identifizierung mit einem<br />

von einer Autorität vorgegebenen Sachverhalt.<br />

Um die Existenz slawischer Kultur in der Steiermark<br />

auch in der heutigen Zeit nachzuweisen,<br />

sollen vorerst zwei Beispiele ausreichen:<br />

Zum einen das sprachliche Erbe, das sich in<br />

erster Linie auf Namen von Ortschaften, Flüssen,<br />

Bergen und Familien erstreckt. 3 Im 6.<br />

Jahrhundert setzte der Zuzug der Slawen in<br />

die Steiermark ein (die Landnahme der bayrischen<br />

Kolonisten erfolgte vom 9. bis zum 13.<br />

Jahrhundert). Einige wenige Beispiele belegen<br />

deren Ausbreitung über das gesamte Land:<br />

Mürz/Murica, Leoben/Liubina, Graz/Gradec,<br />

Semmering/Cemernic, Schöckel/Sekkel.<br />

Zum anderen findet sich der Hakenhof als Teil<br />

des slawischen Erbes in der Steiermark. Bei<br />

diesem sind der Wohn- und Stalltrakt in einer<br />

Linie hintereinander angeordnet und werden<br />

an der Rückseite von der Scheune abgeschlossen.<br />

Ursprünglich dürfte er aus dem Gebiet<br />

um das heutige Murska Sobota stammen. Von<br />

hier aus hat sich der Hakenhof nach Ungarn<br />

und in das Gebiet des heutigen Österreichs<br />

ausgebreitet. Die Besonderheit, die den Hakenhof<br />

im Vergleich zu den anderen „typisch<br />

123


Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />

österreichischen“ Bauernhöfen kennzeichnet,<br />

besteht darin, dass dieser die einzige Hofform<br />

ist, die nicht mittels Primogenitur weitervererbt<br />

wird. Die Geschichte der steirischen Slowenen<br />

wurde in den vergangenen 150 Jahren<br />

von Assimilation und Verdrängung geprägt.<br />

Im Folgenden sollen diese Entwicklungen<br />

nachgezeichnet werden. Man kann davon ausgehen,<br />

dass die Trennung zwischen Slowenen<br />

und Deutschsprachigen bis in das 19. Jahrhundert<br />

keine nationale war. Die Differenzierungen<br />

waren vielmehr sozialer Natur und kamen<br />

in einem Stadt-Land-Gefälle zum Ausdruck.<br />

Um die Mitte des Jahrhunderts zeichnete sich<br />

in etwa folgendes Bild ab: In den regionalen<br />

Zentren (wie etwa Radkersburg oder Leutschach)<br />

herrschte die deutsche Sprache vor, die<br />

dort ansässige slowenische Bevölkerung neigte<br />

eher zur Assimilation. Bürokratie, Politik und<br />

später auch der Unterricht sind fast gänzlich<br />

„deutsch“ kontrolliert, was aber auf die Umgebungsbevölkerung<br />

lange Zeit kaum Einfluss<br />

hatte. Hier hatte sich ein eigenes System von<br />

Zwei- u. Mischsprachigkeit entwickelt, das die<br />

Verständigung zwischen den beiden Volksgruppen<br />

möglich machte. Gesprochen wurde<br />

ein slowenischer Dialekt, sehr viele Wörter<br />

kamen auch aus dem Deutschen (laut Zeitzeugen<br />

die Hälfte 4 ); umgekehrt war auch der<br />

deutsche Dialekt stark von der slowenischen<br />

Sprache geprägt. 5<br />

Eine nationale Trennung und damit auch der<br />

Wandel zu einer gesetzten Identität dürfte<br />

erst um 1880 eingetreten sein, wobei gerade<br />

in kleineren und autarken Dörfern der Prozess<br />

nur langsam vor sich gegangen ist und immer<br />

nur von außen hineingetragen wurde.<br />

Ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung der<br />

deutschen Sprache war die Schule. Nachdem<br />

der Staat 1869 die Schulbildung von der Kir-<br />

124<br />

che übernommen hatte, wurde gerade in den<br />

gemischtsprachigen Gebieten Slowenisch<br />

meist nur so lange unterrichtet, bis die Schüler<br />

deutsch konnten. Die slowenischen Schüler<br />

hatten unter dem aufgrund mangelnder<br />

Sprachkenntnisse schlechten Schulerfolg oft<br />

sehr zu leiden, weshalb sie später ihre Muttersprache<br />

umso heftiger verleugneten.<br />

Generell kann man sagen, dass die Slowenen<br />

auf dem Gebiet der heutigen Steiermark nie<br />

ein echtes Nationalgefühl entwickeln konnten.<br />

Einige wenige Ausnahmen gab es vor dem<br />

Ersten Weltkrieg, doch seither fehlt ein solches<br />

Zugehörigkeitsgefühl völlig.<br />

Eine Zäsur bilden der Erste Weltkrieg, die Besatzung<br />

der zweisprachigen Gebiete durch<br />

SHS-Truppen und die kurze und in Wahrheit<br />

wenig spektakuläre Phase des so genannten<br />

Abwehrkampfes. Zu dieser Zeit wurde ein Klima<br />

der Polarisierung geschaffen, in dem sich<br />

die Bewohner auf einer der beiden Seiten positionieren<br />

mussten. Ausdruck dafür sind etwa<br />

die Artikel in den Zeitungen Deutsche Grenzwacht<br />

und Murska Straža 6 oder die Racheaktionen<br />

der deutschsprachigen Bevölkerung nach<br />

dem Abzug der SHS-Truppen.<br />

Vieles änderte sich nun für die slowenische Bevölkerung,<br />

die jetzt in einem eindeutig deutsch<br />

deklarierten Land lebte. Die vielfältigen Auswirkungen<br />

verstärkten den Assimilationsdruck<br />

und die Verdrängung des Slowenischen<br />

aus dem öffentlichen Raum.<br />

Trotz des massiv angewachsenen Drucks<br />

scheint die sprachliche Situation in den slowenischen<br />

Gebieten stagniert zu haben 7 . Ein<br />

Großteil der Schüler hatte beim Erlernen der<br />

deutschen Sprache weiterhin Probleme, und<br />

die in Standardslowenisch gehaltenen Messen<br />

waren schlecht besucht 8 , weil die Bevölkerung<br />

noch immer ihren eigenen Dialekt sprach.


Zwar durchschnitt nun eine Grenze den alten<br />

Lebensraum, trotzdem waren Grenzübertritte<br />

aus verschiedensten Gründen häufig. Es<br />

scheint so, als hätte die innere Ordnung gerade<br />

in der ländlichen Gegend noch überlebt (erst<br />

nach 1938 sollte der einheitliche Kulturraum<br />

endgültig zerstört werden). Nach außen hin<br />

wurde es jedoch notwendig, seine Loyalität zu<br />

Österreich und zum „Deutschtum“ offen zu<br />

bekennen. Dies zeigt sich etwa im Wahlverhalten<br />

(Christlich-Sozial, Bauernbund) und im<br />

völligen Fehlen national-slowenischer Aktivitäten.<br />

Die nationalsozialistische Herrschaft hatte<br />

für die steirischen Slowenen verhältnismäßig<br />

geringe Auswirkungen. Viel eher sollte das<br />

Kriegsende, vor allem im Gebiet von Leutschach,<br />

für die Bevölkerung noch lange prägend<br />

sein 9 . Die Loyalität der Bevölkerung zu<br />

verschiedenen mit Machtanspruch auftretenden<br />

Gruppierungen führte zu einem intensiven<br />

Drang nach Vergessen und zu dem Schweigen,<br />

das auch noch heute vorherrscht. 10<br />

Während nach 1945 die Nachbarschaft zu<br />

Tito-Jugoslawien eine neue Situation schuf<br />

und aus jedem bekennenden Slowenen quasi<br />

einen Kommunisten machte, herrschte andererseits<br />

ideologische Kontinuität vor. So wurde<br />

der Grenzland-Mythos weiterhin hochgehalten,<br />

wodurch die Region das besondere Augenmerk<br />

„volksbewusster“ Kreise auf sich zog, die den<br />

„deutschen“ bzw. den steirischen Charakter<br />

mittels verschiedener Aktivitäten und Aufrufe<br />

zu stärken versuchten. 11<br />

Prinzipiell hätten die im Staatsvertrag verankerten<br />

Minderheitenrechte den Schutz der<br />

Identität der zweisprachigen Bevölkerung in<br />

der Steiermark garantieren sollen. Doch neben<br />

historischen Ereignissen und den ungünstigen<br />

Umfeldbedingungen durch den ökonomi-<br />

Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />

schen Wandel war es insbesondere die Politik,<br />

die vor allem mit dem Mittel der Verleugnung<br />

gegen die Zweisprachigkeit ankämpfte. Gründe<br />

könnten die Gebietsansprüche Jugoslawiens,<br />

der vorherrschende Antikommunismus,<br />

der tief verankerte Grenzland-Mythos 12 oder die<br />

Beruhigung „national“-konservativer Bevölkerungsteile<br />

und auch das starke Anpassungsbedürfnis<br />

lokaler Politiker sein.<br />

Heute ist die Situation in den letzten Inseln<br />

der Zweisprachigkeit desolat. Die slowenischsprachige<br />

Minderheit ist eine aussterbende 13 ,<br />

die Jugend versteht meist nur mehr wenige<br />

Wörter Slowenisch. Man sieht sich auch nicht<br />

als eine Sprachminderheit.<br />

Welche Auswirkungen der hundert Jahre lang<br />

währende Assimilationsdruck heute hat, zeigt<br />

eine Studie über den Ort Laaken auf der Soboth.<br />

14 Obwohl von 23 Erwachsenen zwölf<br />

Slowenisch als Muttersprache angaben, wird<br />

gegenüber Außenstehenden eben diese Zweisprachigkeit<br />

geleugnet. Auch in der Region<br />

um Radkersburg existiert Zweisprachigkeit<br />

bis heute. Daneben können noch immer viele<br />

Menschen, auch wenn sie die Sprache nicht<br />

sprechen, slowenische Lieder mitsingen oder<br />

kennen zumindest noch ein paar Wörter oder<br />

Phrasen.<br />

Im Kontrast zu und in Verbindung mit dem<br />

vorherigen Abschnitt soll die Wahrnehmung<br />

slawischer Kultur und Sprache von außen, aus<br />

der Sicht der steirischen Hochkulturproduktion,<br />

dargestellt werden. Analysiert soll der<br />

durch den aufkommenden Nationalismusdiskurs<br />

vollzogene Wandel in der steirischen Historiographie<br />

werden, wie auch auf eine ähnliche<br />

Wahrnehmung in der Literatur am Beispiel<br />

Peter Roseggers hingewiesen wird.<br />

Ein erstes Werk über die steirische Geschichte<br />

aus dem Jahre 1815 15 beschreibt die slawische<br />

125


Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />

Besiedelung ab dem 6. Jahrhundert noch als<br />

besonders gewinnbringend für das nach der<br />

Völkerwanderung verwüstete Land. Die Slawen<br />

betrieben Ackerbau und brachten damit<br />

„die Wurzel aller Cultur fast in jeden Winkel<br />

dieses Landes“; auch die Wiederaufnahme des<br />

Bergbaues am Erzberg sei nur ihnen zu verdanken<br />

gewesen. 16 Die Herkunft zahlreicher Ortsnamen<br />

aus dem Slawischen findet ebenso Erwähnung.<br />

In weiterer Folge wird nicht mehr<br />

zwischen Slawen und „Deutschen“ differenziert,<br />

sondern einfach nur von den Bewohnern<br />

des Landes gesprochen.<br />

Eine Differenzierung bezüglich Körperbau,<br />

Sprache und Kleidung findet sich in dem 1844<br />

von Albert Muchar vorgelegten Geschichtswerk<br />

17 , jedoch wird noch nicht zwischen verschiedenen<br />

Charakteranlagen der Bevölkerungsgruppen<br />

unterschieden. Andererseits<br />

bezweifelt Muchar die Besiedelung der ganzen<br />

Steiermark durch Slowenen und konstruiert einen<br />

Mythos von einer „celtisch-germanischen<br />

Urbevölkerung“, die sich in der Obersteiermark<br />

gehalten habe. Auch sei der Erzberg nicht von<br />

Slowenen erschlossen worden, und überhaupt<br />

seien, bis auf wenige Ausnahmen, auch die<br />

Ortsnamen „rein deutsch“. 18 Dieser Mythos<br />

bereitete einen fruchtbaren Boden für spätere<br />

nationale Diskurse.<br />

Inwieweit dieser Mythos nachwirkte, zeigt<br />

sich daran, dass er noch 1949 von Hans Pirchegger<br />

verteidigt wurde (interessanterweise,<br />

als er slowenischen Historikern, die ihrerseits<br />

auf die Bedeutung der Ortsnamen u. a. pochten,<br />

„Geschichtsfälschung“ vorwarf). 19<br />

Schließlich machen sich Tendenzen einer negativen<br />

Charakterisierung der Slowenen immer<br />

mehr bemerkbar. In dem von Wilhelm<br />

von Gebler 1862 vorgelegten Werk über die<br />

steirische Geschichte wird von „Slawenhor-<br />

126<br />

den“ gesprochen, deren Einwanderung „wahrscheinlich<br />

nicht ohne blutige Zerstörungen“<br />

abgelaufen sei. 20 Nun wird auch eindeutig charakterlich<br />

differenziert: Der „obersteirische<br />

Mann“ sei gesund, stark, arbeitsam, aufrichtig,<br />

selbstvertrauend etc. Doch: „Die selben Eigenschaften<br />

findet man im Ganzen auch bei dem<br />

Untersteiermärker, doch je mehr man sich den<br />

Grenzen Krains und Kroatiens nähert, gibt<br />

sich auch das biegsame, kluge Wesen des Slawen<br />

kund.“ 21 Wobei biegsam und klug als „verschlagen“<br />

verstanden wird.<br />

Nach 1918 ist der „deutsche“ Charakter der<br />

Steiermark unbestritten, und die slowenische<br />

Minderheit in der Grenzregion wird ignoriert<br />

oder verleugnet. Ein Beispiel einer nationalsozialistischen<br />

Blut-und-Boden-Mythologie,<br />

die bereits die neue Selbstverständlichkeit aufzeigt,<br />

alle Steirer als „Deutsche“ zu betrachten,<br />

liefert der schon genannte Hans Pirchegger,<br />

der 1931 schreibt: „Der Bauer war zwar meist<br />

an seine Scholle gebunden, aber die Vorfahren<br />

gar vieler mögen aus Bayern, aus Franken und<br />

Schwaben gekommen sein. So fühlten sich die<br />

Steirer ganz selbstverständlich als Deutsche,<br />

man darf sagen: unbewußt. Im 16. Jahrhundert<br />

wurden sie sich dessen bewußt, sie sprachen<br />

offen aus, daß ihr Land ein Teil des Reiches<br />

sei, und nicht der schlechteste.“ 22<br />

Nach dem Krieg legte Pirchegger scheinbar seine<br />

nationalsozialistischen Ansichten ab und<br />

schrieb sein Werk um, allerdings findet sich<br />

auch noch 1949 die Verteidigung von Muchars<br />

altem Mythos. 23 Bei der Schilderung des Sprachenstreites<br />

um 1900 folgt er der Terminologie<br />

deutschnationaler Agitation. Noch bis in die<br />

jüngste Zeit galt „der Pirchegger“ als geschätztes<br />

Standardwerk.<br />

Was die Existenz einer slowenischen Minderheit<br />

auf dem Gebiet der heutigen Steiermark


etrifft, so wird dieser von der Historiographie<br />

des 20. Jahrhunderts keine Beachtung<br />

geschenkt. 24 Das heutige Verhältnis zu Slowenien<br />

mag von einer freundschaftlichen<br />

Nachbarlichkeit geprägt sein, das Bewusstsein<br />

für ein gemeinsames Erbe ist allerdings aus der<br />

Erinnerung verschwunden.<br />

Nicht nur die Geschichtsschreibung, auch die<br />

Literatur gilt es, als ein Medium der kulturellen<br />

Wahrnehmung und Produktion einer Analyse<br />

zu unterziehen. Exemplarisch ist hier Peter Rosegger<br />

angeführt, der, nicht zuletzt aufgrund<br />

der identitätsstiftenden Bedeutung seiner Person<br />

selbst, ein vorzügliches Beispiel abgibt,<br />

weil sich zeigen lässt, wie scheinbar wohlgemeinte<br />

Betrachtungen ein abschätziges Bild<br />

transportierten. In seiner Reisebeschreibung<br />

„Am Wanderstabe“ aus dem Jahre 1882 charakterisiert<br />

er die slowenischen Steirer als klug,<br />

verschlossen und melancholisch. Und: „Den<br />

Eindruck treuherziger Gemütlichkeit der deutschen<br />

Steirer fühlt man hier nicht mehr.“ 25 Den<br />

– sinngemäß „rassischen“ – Einfluss der Slowenen<br />

auf die Mittelsteirer sieht Rosegger jedoch<br />

eindeutig negativ: „So ist er auch unbeholfener<br />

und träger in seinem geistigen Leben […] Den<br />

geistigen Getränken, welche hier aus Obst und<br />

Traube gezogen werden, giebt man die Schuld;<br />

gewiß aber wirken auch andere Factoren ein –<br />

vor Allem vielleicht die unmittelbare Nachbarschaft<br />

fremder Völker, als Slaven, Magyaren,<br />

Romanen – man will das hier näher nicht untersuchen.“<br />

26 Das Nobelpreiskomitee verweigerte<br />

die Verleihung des Literaturnobelpreises<br />

1913 übrigens mit dem Verweis auf des Heimatdichters<br />

deutschnationale Ansichten und<br />

Aktivitäten bezüglich der „Südmark“. 27<br />

Kulturelles Erbe ist eine Frage des Bewusstseins.<br />

Das slawische Erbe in der Steiermark ist<br />

größtenteils in Vergessenheit geraten und ver-<br />

Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />

drängt worden. Die Vereinnahmung der Sprache<br />

im nationalen Sinne und das Bestreben,<br />

sie durch Homogenisierung und Abgrenzung<br />

zu schützen, äußerte sich in einer weitgehenden<br />

Ausmerzung jener kulturellen Zusammenhänge<br />

der Zwei- und Mehrsprachigkeit,<br />

die als nicht wünschenswert, ja bedrohlich<br />

erachtet wurden. Sprache auf eine verbindliche<br />

standardisierte Form festzulegen statt ihre<br />

lokalen Variationen als kulturelles Erbe gerade<br />

im nicht-nationalen Sinne zu sehen, resultierte<br />

letztendlich im Verlust von kulturellem<br />

Erbe und auch in einer Reduzierung der steirischen<br />

Identität. Stattdessen ist das öffentliche<br />

Bewusstsein noch vielfach mit Figuren und<br />

Denkbildern besetzt, die den nationalen Entfremdungs-Diskursen<br />

entsprangen.<br />

127


Verleugnung, Vergessen und Verdrängen<br />

ANMERKUNGEN<br />

1 Peter M. Judson, Versuche um 1900, die Sprachgrenze sichtbar zu machen,<br />

in: Moritz Csaky – Peter Stachel (Hg.), Die Verortung von Gedächtnis. Wien<br />

2001, S.164f.<br />

2 Vgl. Bernhard Giesen, Nationale und kulturelle Identität. Studien zur<br />

Entwicklung des kollektiven Bewußtseins in der Neuzeit. Frankfurt/<br />

Main 1991 u. Max Haller, Identität und Nationalstolz der Österreicher.<br />

Gesellschaftliche Ursachen und Funktionen. Wien 1996.<br />

3 Manfred Trummer, Slawische Steiermark, in: Christian Stenner (Hg.),<br />

Slawische Steiermark. Verdrängte Minderheit in Österreichs Südosten.<br />

Wien – Köln – Weimar 1997, S. 17.<br />

4 Klaus Jürgen Hermanik – Christian Promitzer, (Hg.), Grenzenlos<br />

zweisprachig. Die Erinnerungen des Keuschlersohnes Anton Šantel (1845–<br />

1920) an seine Kindheit in Leutschach und Jugend in Marburg. Aus dem<br />

Slowenischen von Andrea Haberl-Zemljič. Graz 2002, S. 38.<br />

5 http://members.a1.net/edze/reader/slawstmk.htm (8.12.2003).<br />

6 Andrea Haberl-Zemljič, Die fünf Dörfer auf der ungarischen Seite –<br />

Historische, gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Bedingungen des<br />

Sprachwechsels in der Gemeinde Radkersburg-Umgebung 1848–1997,<br />

phil. DA. Graz 1997, S. 138ff.<br />

7 Ebd., S. 146ff.<br />

8 Christian Promitzer, Das Ideal vom „reinen Volkskörper“. Eine Chronologie<br />

des Verschwindens, in: Stenner, Slawische Steiermark, S. 148f.<br />

9 Christian Promitzer, Verlorene Brüder. Geschichte der zweisprachigen<br />

Region Leutschach in der südlichen Steiermark (19.–20. Jahrhundert). Graz<br />

1996, S. 286ff.<