Rundbrief 1-2010 - Verband für sozial-kulturelle Arbeit
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haben, das waren Anliegen, die wir hatten und die wir vertreten<br />
haben. Inzwischen sind Frauenrechte fast schon<br />
Mainstream geworden. Ich glaube, junge Mädchen oder<br />
junge Frauen, und das kann man ihnen jetzt mal vorwerfen,<br />
sehen heute <strong>für</strong> sich weder Hürden noch Barrieren.<br />
Bis sie vielleicht irgendwann merken, wenn sie zu lange<br />
aus dem Beruf ausgestiegen sind, dass sie da nicht mehr<br />
reinkommen.<br />
TN: Ich glaube, dass das nicht stimmt, dass Frauen deiner<br />
Generation nichts tun können. Wir haben so viel erreicht,<br />
was heute als normal gilt. Ich würde vehement bestreiten,<br />
dass ich alles hätte werden können. Mir hätten vielleicht<br />
formal die Wege offen gestanden. Aber ich hatte einen<br />
Mathelehrer, der mir gepredigt hat, dass ich Mathe gar<br />
nicht können kann, weil das in mein Mädchenhirn nicht<br />
reinpasst. Ich hatte einen Biolehrer, der bevorzugt mit<br />
seinem Schlüsselbund nach Mädchen geworfen hat. Das<br />
hat bewirkt, dass ich alles, was mit Naturwissenschaften<br />
zu tun hatte, einfach voll Scheiße fand, das Allerletzte.<br />
Das war eine Form, sich dagegen zu wehren, aber sie war<br />
nicht besonders effektiv, wenn man sie aus heutiger Sicht<br />
betrachtet, aber subjektiv <strong>für</strong> das eigene Überleben, dann<br />
doch recht erfolgreich. Was ich daraus in meinem Kopf<br />
mache, das ist entscheidend. Wir dürfen nicht aufhören,<br />
darüber zu reden, wo die Problematiken, die Fallstricke<br />
liegen. Man muss diese Debatten offen halten und da<br />
können wir als Stadtteileinrichtung bzw. als Nachbarschaftshäuser<br />
sehr viel tun, wir können uns Strukturen<br />
ausdenken, die den Austausch zwischen jungen und<br />
älteren Frauen möglich machen.<br />
TN: Ich würde da eine Aufgabe defi nieren, dass wir uns als<br />
Nachbarschaftseinrichtungen Möglichkeiten ausdenken,<br />
wie wir genau diese gesellschaftlichen Debatten um Rollen,<br />
Chancen, Lebensentwürfe offen halten.<br />
TN: Ich würde es sogar noch weiterführen, dass das nicht<br />
nur in den Nachbarschaftshäusern passierten sollte,<br />
sondern man muss zunehmend in die politische <strong>Arbeit</strong><br />
gehen, in die kommunalen Verwaltungen, auf Landesebene.<br />
Dass ich als Sozialarbeiterin oder Erzieherin nur<br />
unter Frauen bin, das heißt ja nicht, dass Männer diese<br />
Berufe ablehnen, sondern das hat ganz schnöde fi nanzielle<br />
Gründe. Das heißt, die Leitung machen die Männer,<br />
weil sie dadurch ein bisschen mehr verdienen, während<br />
die Frauen die <strong>Arbeit</strong> machen. Dagegen in der Politik vorzugehen<br />
und Debatten zu führen, das könnten Frauen<br />
machen, die genug Lebenserfahrung damit haben und<br />
junge Frauen coachen können.<br />
TN: Solche Diskussionen sind wichtig, um nach Strukturen<br />
und Orientierung zu suchen und da konkrete Wege<br />
aufzuzeigen.<br />
TN: Wir sind doch sicher alle in verschiedenen Gremien<br />
vernetzt. Ich bin unter anderem in der Fachgruppe Familie<br />
vom DPW, wo es um Vorschläge geht, die man in die verschiedenen<br />
Politikebenen weiterleiten kann. In unserem<br />
Nachbarschaftszentrum haben wir vor allem über die<br />
Schüler, die zu uns zum Nachhilfeunterricht kommen,<br />
Kontakt zu den Familien. Diese Familien kommen seit<br />
Jahren als Besucher zu uns, also wir haben da wirklich<br />
eine gute Zusammenarbeit über die Jahre entwickelt.<br />
Alleine durch niedrig schwellige <strong>Arbeit</strong> stabilisieren wir<br />
auch ein bisschen Frauen-Power bei den Müttern oder<br />
Mädchen aus den Migrationsfamilien. Wenn sie einmal<br />
den Weg zu uns gefunden haben, sind sie auch bereit,<br />
was zu machen. Ein Beispiel: Wir haben erreicht, dass<br />
Mütter oder Mädchen wiederholt ehrenamtlich das türkische<br />
Frühstück mit wirklich viel <strong>Arbeit</strong>saufwand vorbereitet<br />
haben. Es waren dann überwiegend deutsche<br />
Besucher, die das genutzt haben. Aber das sind Aktionen,<br />
wo man sich näher kommt und ein bisschen Selbstwertgefühl<br />
bekommt. Dabei zeigt sich auch, dass teilweise<br />
die Familien, bzw. überwiegend die Mütter, mit Fragen<br />
kommen. Es ist also auf alle Fälle möglich, zunehmend<br />
auch die Familien mit reinzuholen.<br />
TN: Ich glaube schon, dass es gesellschaftspolitisch in<br />
Bezug auf weibliches Rollenverständnis noch sehr, sehr<br />
viel zu tun gibt. Auch was die sexuelle Befreiung angeht.<br />
Ich kenne Mädchen, die vögeln wirklich durch die Gegend<br />
wie Hölle und behaupten, das wäre Freiheit. Die stehen<br />
Was zusammen gehört ... Jahrestagung 2009 21