planet toys 3/17
Fachmagazin für den Spielwarenhandel
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LERNSPIELZEUG<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong><br />
Macht˝,,<br />
,,Es geht um<br />
Von „Danish Dynamite“ ist im Land zwischen den Meeren immer noch viel zu spüren. Auch wenn es<br />
keinen zweiten „Kieler Matrosenaufstand“, der 1918 die Novemberrevolution einläutete, mehr geben<br />
wird, denkt man in Güster bei Gollnest & Kiesel gerne mal gegen den Strom.<br />
Der Kieler Matrosenaufstand leitete<br />
die Novemberrevolution von 1918 ein<br />
und damit das Ende des Ersten Weltkriegs<br />
in Deutschland.<br />
Herr Gollnest, Anfang Februar titelte<br />
„Die Zeit“ über Karl Marx: „Er ist wieder<br />
da!“ und forderte uns auf, diesen<br />
Denker wieder zu lesen. In Güster war<br />
er nie weg, oder?<br />
Gerhard Gollnest: Nein, war er nicht, und<br />
er hängt direkt über meinem Schreibtisch<br />
als Erinnerung an die soziale Verantwortung,<br />
die wir als Unternehmen<br />
tragen. Ein Wirtschaftssystem muss in<br />
erster Linie den Menschen dienen und<br />
nicht irgendwelchen Unternehmen.<br />
»Ein Wirtschaftssystem<br />
muss in erster Linie den<br />
Menschen dienen und<br />
nicht irgendwelchen<br />
Unternehmen.«<br />
GERHARD GOLLNEST,<br />
Geschäftsführer Gollnest & Kiesel<br />
Und sicherlich hängt auch Thomas Piketty<br />
in Ihrem Büro, der 2014 mit „Das<br />
Kapital des 21. Jahrhunderts“ einen<br />
Bestseller schrieb?<br />
G.G.: Ich bleibe bei Marx. Da steht alles<br />
Wesentliche drin.<br />
Marx ging es um die Enthüllung „der<br />
ökonomischen Bewegungsgesetze der<br />
modernen Gesellschaft“ und Personen<br />
als „Träger von bestimmten Klassenverhältnissen<br />
und Interessen“.<br />
Hat Marx womöglich recht, wenn man<br />
die Akkumulation von Kapital, die Exzesse<br />
der letzten Jahrzehnte und die<br />
Macht von Silicon Valley ansieht?<br />
G.G.: Ja, ohne Zweifel hat Marx recht<br />
gehabt und viele Dinge vorweg genommen,<br />
die wir heute erleben.<br />
Was erleben wir denn?<br />
G.G.: Wir erleben, dass das Kapital alles<br />
bestimmt und Freiheit nur derjenige<br />
besitzt, der über ausreichend Kapital<br />
verfügt.<br />
Die zehnte, berühmt gewordene Feuerbach-These<br />
lautet: „Die Philosophen<br />
haben die Welt nur verschieden<br />
interpretiert; es kommt aber darauf<br />
an, sie zu verändern.“ Was muss sich<br />
denn ändern?<br />
G.G.: In erster Linie müssen wir zu einer<br />
Umverteilung kommen. Es muss<br />
möglich sein, dass jeder die gleichen<br />
Chancen erhält, sein Leben zu verwirklichen.<br />
Unsere Gesellschaft ist so<br />
verkrustet, dass die, die Geld haben,<br />
alles bestimmen. Das führt u.a. dazu,<br />
dass Existenzgründer immer gleich jemanden<br />
im Hintergrund haben, der sie<br />
finanziert. In Wahrheit will er sie nur<br />
übernehmen.<br />
Fritz-Rüdiger Kiesel: Die Selbstbestimmung<br />
ist in der Tat eingeschränkt. Eine<br />
Firmengründung fast ohne Kapital, wie<br />
sie uns vor fast 35 Jahren möglich war,<br />
ist heute überhaupt nicht mehr denkbar.<br />
Nicht einmal ein Gemüsehändler<br />
auf dem Markt hätte heute eine Chance,<br />
neu anzufangen.<br />
G.G.: Inzwischen haben wir in der Wirtschaft<br />
eine Situation erreicht, in der<br />
es nicht mehr darum geht, ein erfolgreiches<br />
Unternehmen aufzubauen. Es<br />
geht heute um Macht. Jahrelang<br />
schreiben Unternehmen Verluste, was<br />
keine Konsequenzen hat, weil man Umsatz<br />
haben möchte. Dass man Steuern<br />
zahlt und sich an dieser Gesellschaft<br />
beteiligt, spielt dabei keine Rolle. Über<br />
den Aufbau von Macht wird versucht,<br />
dann irgendwann doch an Geld zu kommen.<br />
Herr Kiesel, gilt also auch im 21. Jahrhundert:<br />
Wer hat, dem wird gegeben?<br />
F.R.K.: Ja, haste nix, biste nix und, würde<br />
ich sagen, wirste auch nix. Heute<br />
braucht man einen Finanzier im Hintergrund<br />
und eine tolle Geschichte. Mit<br />
eigenen Mitteln etwas zu erreichen, ist<br />
schwierig denn je.<br />
War es nicht immer so, dass man eine<br />
gute Geschichte brauchte?<br />
F.R.K.: Eine Idee alleine reicht heute<br />
nicht mehr aus. Die Informationsmöglichkeiten<br />
in der heutigen Gesellschaft<br />
führen dazu, dass eine Idee sofort kopiert<br />
wird. Ohne Kapital nützt die Idee<br />
nichts.<br />
Und Tante Emma hat sich seit unserem<br />
letzten Treffen auch nicht berappelt?<br />
F.R.K.: Mit Tante Emma geht es weiter<br />
abwärts, weil es heute nicht mehr<br />
möglich ist, mit einem Geschäft genügend<br />
Einkommen zu erwirtschaften,<br />
um den Lebensunterhalt für eine Familie<br />
zu bestreiten.<br />
»Eine Idee alleine reicht<br />
heute nicht mehr aus. Die<br />
Informationsmöglichkeiten<br />
in der heutigen Gesellschaft<br />
führen dazu, dass<br />
eine Idee sofort kopiert<br />
wird.«<br />
FRITZ-RÜDIGER KIESEL,<br />
Geschäftsführer Gollnest & Kiesel<br />
Ist der Buchhandel als Vertriebskanal<br />
immer noch für Sie interessant, obwohl<br />
der auch nur rückwärts fährt?<br />
2012 zählte der Börsenverein noch<br />
3.5<strong>17</strong> Buchhändler, 2015 waren es<br />
3.064.<br />
F.R.K.: Sicherlich, nehmen Sie nur die<br />
Diggledey-Bücher. Es ist ein Konzept,<br />
auch mit unserem Sortiment in den<br />
Buchhandel zu kommen.<br />
Die Konzentration auf der Anbieterseite<br />
schreitet voran. Der Zusammenschluss<br />
guter Marken unter einem