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Tobias Mohr

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Gründungsmythos 2<br />

Gründungsmythos 3<br />

Gründungsmythos 4<br />

- Herr <strong>Mohr</strong>, sie haben einmal gesagt, dass es ihnen unangenehm ist, im Mittelpunkt zu stehen, gerade was ihre<br />

eigenen Ausstellungen angeht, warum?<br />

Nun sehen sie, es ist so, dass ich zwar schon als Kind einen starken Drang hatte, mich immer wieder durch auffälliges<br />

Verhalten in den Mittelpunkt zu spielen, aber eigentlich war mir das nachher immer sehr unangenehm. Das hat sich dann<br />

so weiterentwickelt, dass ich mich eigentlich völlig hinter meine Bilder zurückziehen möchte. Ich will z.B. auch nicht, dass<br />

bei Ausstellungen Fotos von mir gemacht werden, ich halte das nicht für angebracht.<br />

- Aber hat das Publikum nicht das Recht, zu sehen, wer da der Protagonist ist, wer das gemalt oder auf sonst eine<br />

Weise gefertigt hat, was man sich betrachtet?<br />

Natürlich hat das Publikum alle Rechte, wir sind ein freies Land. Aber wenn man zur Vernissage kommt, kann man dieses<br />

Recht nutzen, ohne mein Recht zu beschneiden, das ich mir nehme, unerkannt zu bleiben. Außerdem ist doch die Annahme,<br />

ich sei als Künstler Protagonist, eine meiner eigenen Auffassung zuwiderlaufende. Ich bin nicht Protagonist, da ich ja keine<br />

handelnde Person im Moment der Ausstellung bin. Ich bin solange Protagonist, bis eine Arbeit fertig ist. Dann kommt das<br />

Publikum ins Spiel, also bin ich eigentlich nicht der Protagonist sondern die Arbeit, während das Publikum gewissermaßen<br />

Antagonist wird. Dazu kommt noch, dass ich eigentlich antizyklisch arbeite und denke.<br />

- Antizyklisch?<br />

Ja Antizyklisch. Ich mag dieses Rennen hinter Modetrends nicht. Das hat bei mir mit den Jahren den Trend erzeugt, dass ich<br />

teilweise antizyklisch arbeite. Seit einiger Zeit ist die Tendenz zu beobachten, dass der Künstler wichtiger ist als das Bild und<br />

die Aussage, die Aussage wichtiger als das Bild. Das finde ich falsch. Bei mir ist das Bild als Primärobjekt zu sehen, dann die<br />

Aussage und dann ich, ich stehe hinter allem und freue mich wenn’s keiner weiß.<br />

- Also <strong>Tobias</strong> <strong>Mohr</strong>, der Avantgardist?<br />

So ein Quatsch. Ich bin kein Avantgardist. Das würde ja heißen, dass ich exakt dieses Modebewusstsein transportieren würde.<br />

Ich möchte weder Trends setzen, noch möchte ich Trends folgen, ich will einfach meine Arbeit machen und das möglichst<br />

gut. Fertig macht mich in dem Zusammenhang nur, dass derzeit eine Renaissance der realistischen Malerei zu beobachten<br />

ist. Und da kann und will ich nicht antizyklisch arbeiten.<br />

- Warum?<br />

Weil ich nicht kann. Ich hab es versucht, es geht nicht. Ich habe mir über Jahre einen Kanon von Chiffren und Metaphern<br />

zurechtgebastelt und nun soll ich das alles aufgeben, nur um konsequent etwas zu verfolgen, was nicht inhaltlich ein Muß<br />

für meine Arbeit ist, sondern eigentlich reine Eitelkeit.<br />

- Sie bekommen manchmal vorgeworfen, dass sie in ihren Serien zu wenig recherchieren und zu viel erfinden.<br />

Stört sie das und was ist dran an diesem Vorwurf?<br />

Also zuerst einmal stört mich Kritik immer und zwar ganz gewaltig! Wer das Gegenteil behauptet, ist glaube ich nicht ganz<br />

ehrlich mit sich. An dem Vorwurf ist sowohl richtiges als auch falsches. Bei meinen neuen Arbeiten erfinde ich sehr viel, ich<br />

lege keinen Wert mehr auf Authentizität, sondern baue mir aus Fundstücken meine eigene Welt zu einem ganz bestimmten<br />

Thema. Trotzdem recherchiere ich sehr intensiv, damit diese meine Welt einen Funken Leben bekommt. Das ist ja gerade<br />

das reizvolle an realistischer Malerei. Sie kommt so dokumentarisch und so absolut daher, dass jeder meint ´aha, das ist<br />

also dieses und jenes und das haben wir schon alles gesehen` aber in Wirklichkeit ist das durch den abstraktesten Filter<br />

überhaupt gegangen, nämlich durch den des menschlichen Geistes.<br />

- Was reizt Sie an diesem Erfinden eigener Welten? Ist das nicht ein sehr illustrativer Ansatz?<br />

Na ja, es reizt mich nun mal sehr, die Realität zu hintergehen und zu hinterfragen. In vielen Serien bearbeite ich ja die mediale<br />

Realität und hinterfrage die Rolle der Medien bei unseren eigenen Weltbildern. Wer weiß denn heute noch, was wahr ist<br />

und was eine Erfindung der Medien. Das beste Beispiel ist doch der Fall, in dem britische Medien, um einen Einsatz der NATO<br />

in Jugoslawien zu rechtfertigen, einfach Bilder so manipulierten, dass man der Annahme erlag, sie seien in einem

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