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Cruiser im Sommer 2013

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Kultur CRUISER Edition <strong>Sommer</strong> <strong>2013</strong><br />

Eleanor<br />

Friedberger<br />

Es gibt sie noch, die <strong>Sommer</strong>songs,<br />

die einen sofort<br />

packen und doch nie verleiden.<br />

Für alle mit Pool,<br />

Oldt<strong>im</strong>er oder einfach gutem<br />

Geschmack.<br />

Eben noch entspannt an der Surfer-Bar, jetzt<br />

rasant unterwegs auf dem Highway. Aus dem<br />

Autoradio ein verführerischer Sound, der einen<br />

niemals in Versuchung bringen würde, an den<br />

Knöpfen zu schrauben auf der Suche nach etwas<br />

Besserem. So klingt Eleanor Friedberger, nach<br />

Stevie Nicks manchmal, nach Sheryl Crow oder<br />

Texas, nach 70s, nach gerade eben. Halbwegs bekannt<br />

geworden und doch unerkannt geblieben<br />

ist sie mit ihrem Bruder Matthew als «Fiery Furnaces».<br />

So spannend exper<strong>im</strong>entell der Sound<br />

des Duos, so angenehm unaufgeregt fielen die<br />

Songs auf ihrem ersten Solo-Album «Last Summer»<br />

2011 aus. Nun legt sie nach, schmeisst mit<br />

«Personal Record» fast unbemerkt eine der besten<br />

<strong>Sommer</strong>scheiben <strong>2013</strong> auf den Grill. Ihre<br />

Songs sind sofort catchy und überdauern doch<br />

jedes BBQ, ihre St<strong>im</strong>me ist nuanciert und doch<br />

in keinem Moment überanstrengt. So singt sie<br />

über wilde Nächte und einsame Nachmittage,<br />

begleitet von Twang-Gitarren in «I’ll Never be<br />

happy again», Rock-Rhythmen <strong>im</strong> ult<strong>im</strong>ativen<br />

Feelgood-Song «Stare at the Sun», cooler Samba-<br />

Breed<br />

Nichts für Zartbesaitete!<br />

Chase Novak lässt in seinem<br />

schockierenden Horror-Thriller<br />

ein brisantes Alptraum-Szenario<br />

Realität werden.<br />

Freier Fall<br />

Was passiert, wenn ein Polizist<br />

und Familienvater unerwartet<br />

Gefühle für einen Kollegen<br />

entwickelt? Im freien<br />

Fall gerät das Leben aus den<br />

Fugen.<br />

Marc ist Polizist, lebt seit einigen Jahren mit<br />

Bettina in einer von den Eltern vorfinanzierten<br />

Doppelhaushälfte und ist gerade Vater geworden.<br />

Auf einer Fortbildung schliesst er Bekanntschaft<br />

mit dem wortkargen schwulen Kay. Erste<br />

Neckereien be<strong>im</strong> Joggen straucheln in Richtung<br />

Gefühlschaos, ein erster zurückgewiesener<br />

Kuss be<strong>im</strong> Kiffen weckt die Lust auf mehr,<br />

und bald wird klar, dass Marcs vermeintlicher<br />

Ausrutscher Folgen hat, für sein Umfeld aus<br />

festgefahrener Partnerschaft, prüden Eltern,<br />

homophoben Arbeitskollegen und Kleinstadtmief,<br />

allem voran aber für ihn selbst. Marcs<br />

schicksalshaftes Stolpern in die persönliche<br />

Freiheit droht zum freien Fall ins Bodenlose zu<br />

werden. «Krieg ich hier eigentlich irgendwas<br />

nicht mit?», fragt Bettina, «Willst du es ihr eigentlich<br />

nicht irgendwann mal sagen?», drängt<br />

Kay, «So haben wir dich nicht erzogen, Marc»,<br />

urteilt die Mutter.<br />

Eleanor © Cargo Records<br />

Combo in «Echo or Encore» oder fast schon ironischem<br />

Background-Chörli in «I don’t wanna<br />

bother you», einem Track für die Endlosschleife.<br />

Die Strasse darf lang bleiben, geteert mit persönlichen<br />

Geschichten, die das Leben schreibt.<br />

Die Namen der knackigen gebräunten Jungs an<br />

der Bar verblassen schon, aber ihren muss man<br />

sich definitiv merken: Eleanor Friedberger. (rg)<br />

Eleanor Friedberger, Personal Record, Cargo<br />

Records<br />

42<br />

Breed © Hoffmann und Campe<br />

Eigentlich haben Alex und Leslie alles erreicht.<br />

Glückliche Ehe, gute Jobs, ein herrschaftliches<br />

Haus am Central Park, ein netter Freundeskreis.<br />

Ein Wunsch allerdings bleibt unerfüllt<br />

und wird zur Obsession: ein Kind. Durch eine<br />

Selbsthilfegruppe erfährt das Paar von einem<br />

Arzt in Slowenien, der durch die Injektion eines<br />

tierischen Serums wahre Fruchtbarkeitswunder<br />

vollbringen soll. Schnell ist die Reise nach<br />

Ljubljana gebucht, schnell viel Geld überwiesen.<br />

Zurück in Manhattan zeigt die Behandlung<br />

sofort Wirkung, doch seltsame Nebenwirkungen<br />

bleiben nicht aus. Köperhaare spriessen,<br />

eine seltsame Lust auf Fleisch macht sich bemerkbar,<br />

und Leslie ist endlich schwanger.<br />

Nach einem Zeitsprung von zehn Jahren sind<br />

Adam und Alice zu perfekten Vorzeige-Zwillingen<br />

herangewachsen. Warum aber werden sie<br />

nachts in ihren Z<strong>im</strong>mern eingesperrt? Warum<br />

verschwinden <strong>im</strong>mer wieder Haustiere? Die<br />

Eltern lieben ihren Nachwuchs nicht bloss, sie<br />

haben ihn zum Fressen gern. Ein nervenzerreissendes<br />

Katz- und Maus-Spiel beginnt, in das ein<br />

schwuler Lehrer helfend eingreifen will, jedoch<br />

vor einem Dilemma steht: Er weiss genau, welche<br />

Gerüchte der gerissene Anwalt Alex schürt,<br />

wenn er den kleinen Adam bei sich aufn<strong>im</strong>mt…<br />

Novaks Roman ist grausam morbid, stellenweise<br />

unerträglich bestialisch, ohne je allzu<br />

reisserisch oder blutrünstig zu werden. Stilsicher<br />

lässt er den unterkühlten Erzähler eine<br />

beängstigend reale Dystopie entwickeln, in<br />

der menschlicher Fortschritt ins An<strong>im</strong>alische<br />

kippt. Nach der fulminanten Schluss-Szene <strong>im</strong><br />

Metropolitan Museum of Art hält das Schaudern<br />

garantiert noch eine ganze Weile an. (rg)<br />

Chase Novak, Breed, Hoffmann und Campe<br />

Freier Fall © Kurhaus Production / SWR<br />

Das intensive Coming-out-Drama von Regisseur<br />

Stephan Lacant überzeugt dank den beiden<br />

Hauptdarstellern Hanno Koffler und Max<br />

Riemelt, die bis in die feinste Geste glaubwürdig<br />

sind. Auch, weil es Kitsch und Klischees knapp<br />

umgeht und die sexuelle Orientierung nicht<br />

als alles Entscheidendes postuliert, sondern als<br />

Metapher dafür, wie brüchig konventionelle<br />

Lebensentwürfe sein können. Dass «Freier Fall»<br />

an der Berlinale als deutsche Antwort auf «Brokeback<br />

Mountain» gehandelt wurde, ist etwas<br />

hoch gegriffen, aber nicht ganz unberechtigt.<br />

(rg)<br />

Freier Fall, Xenix, Ab 18.07. <strong>im</strong> Kino

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