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Erdbeerzeit Es sind unsere leckeren Obsttortenböden vorhanden € 2

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Der Restaurator dringt bei seiner Arbeit<br />

vor bis an den Nerv der Originalsubstanz<br />

und setzt sich stilsicher mit<br />

der Geschichte jeder einzelnen Kostbarkeit<br />

auseinander, um so unwiederbringliche<br />

Werte zu erhalten.<br />

„Stilsicherheit ist unabdingbar, ich<br />

kann hier nicht fantasieren“, sagt er.<br />

„Neben der handwerklichen Herausforderung<br />

fasziniert mich stets die Geschichte,<br />

die das Möbel erzählt und<br />

was in der Zeit los war.“ Die Gegenwart<br />

ist nur zu begreifen, wenn man<br />

die Vergangenheit kennt und epochenübergreifend<br />

denkt.<br />

Wenn die Geschichte eines Tisches<br />

einen tiefen Kratzer erzählt, so ist es<br />

Dienemanns Selbstverständnis, diesen<br />

nach einer Oberflächenbehandlung<br />

auch zu erhalten. „Eine<br />

glänzende Oberfläche ist<br />

nicht das Ziel, sondern der<br />

Erhalt des historischen Kulturgutes<br />

und des Zeitgeistes<br />

einer jeden Epoche.“<br />

Konsequent puristisch ist er<br />

in seiner Arbeit, denn restauratorisch<br />

gesehen ist für ihn<br />

nicht alles Gold was glänzt.<br />

Selbstredend, dass Hans<br />

Dienemann nur mit historischen<br />

Polituren und wieder<br />

löslichen Knochenleimen arbeitet,<br />

die aus natürlichen<br />

Bestandteilen angemischt<br />

<strong>sind</strong>.<br />

Die Authentizität fortzuschreiben<br />

ist sein stetes Bestreben.<br />

„Ich habe einen hohen<br />

Anspruch an mich selbst<br />

und bin für meine Betonköp-<br />

Werkzeugschränke von Hans<br />

Dienemann, Herzstück der Werkstatt.<br />

Oben links: Schuhe, die Passion.<br />

Alles<br />

hat Hand<br />

und Fuß<br />

figkeit und Konsequenz bekannt“,<br />

beschreibt der Aumühler sich<br />

selbst. So ist es auch verständlich,<br />

dass Hans Dienemann als Dozent<br />

für Kunstgeschichte, Stilkunde<br />

und alte Handwerkstechniken<br />

gefragt ist und seine Einschätzung<br />

als vereidigter Sachverständiger<br />

der Hamburger Handwerkskammer<br />

für Antiquitäten und Restaurierungen<br />

gehört wird.<br />

Wenn er arbeitet, ist er, wie er<br />

selbst sagt, wie in einem Kokon.<br />

Dann taucht er im Untergeschoss<br />

seiner Aumühler Altbauvilla in<br />

das Herzstück – seine Tischlerwerkstatt<br />

– ab. Abgeschottet von<br />

Zeit und Raum und umgeben von<br />

kostbaren Sammlerstücken tradi-<br />

tioneller Handwerkzeuge, findet<br />

er das Ambiente, das er für seine<br />

stilgerechte, filigrane Arbeit benötigt.<br />

Das älteste Stück aus seinem<br />

Werkzeugschrank ist ein Tanzmeisterzirkel<br />

aus dem Jahre 1630.<br />

„Die Ästhetik dieser alten Werkzeuge<br />

beeindruckt mich, weil<br />

man sieht, dass Handwerk etwas<br />

mit ‚Hand‘ zu tun hat.“<br />

Hans Dienemann hat ein geschultes<br />

Auge für Details, die anderen<br />

oft verborgen bleiben. Mit offenen<br />

Augen und geschultem Blick für<br />

das Besondere geht er durchs Leben<br />

und sammelt all das, was eine<br />

Geschichte erzählen kann. So<br />

kommt einem auch die Geschichte<br />

Hans Dienemanns vor, als sei<br />

sie eine seiner zahlreichen, liebevoll<br />

aufgearbeiteten Kommoden.<br />

Wo immer man eine Schublade<br />

seines Wesens aufzieht, entdeckt<br />

man eine neue Sammelleidenschaft<br />

oder ein weiteres Talent seines<br />

Könnens.<br />

So sammelt Hans Dienemann im<br />

eigens aufpolierten Biedermeierschrank<br />

an die 200 Pfeifen, die er<br />

alle schon mal geraucht und zum<br />

Teil selbst restauriert hat. Sein Arbeitszimmer<br />

mit der Bildhauer-<br />

bank als Schreibtisch ist gespickt<br />

mit historischen Accessoires, die<br />

Hans Dienemann auf zahlreichen<br />

Auktionen und Reisen entdeckt<br />

hat. Auch hier hat jedes Stück seine<br />

eigene Geschichte. Und wenn<br />

der Hausherr so aus dem Nähkästchen<br />

plaudert, fällt der Blick<br />

auf Selbiges aus dem Jahre 1820,<br />

das im Bücherregal seinen Platz<br />

im Dienemannschen Haus gefunden<br />

hat. In jedem Winkel der Villa,<br />

die der Restaurator zusammen<br />

mit seiner Frau Heike mit Akribie<br />

und Können restauriert hat,<br />

steckt gelebte Geschichte. So stoßen<br />

wir auf eine alte Standuhr,<br />

die Hans Dienemann vor Jahren<br />

in ihre Einzelteile zerlegt auf dem<br />

Kiez gekauft hat. Ein akribischer<br />

Restaurationsplan und eine Fotodokumentation<br />

halfen ihm, das<br />

Puzzle wieder zusammenzusetzen<br />

und die Uhr zum Laufen zu<br />

bringen. Teile des Holzes waren<br />

vermodert, woraus der Restaurator<br />

schloss, dass sie mal feucht<br />

gestanden haben muss. Über das<br />

Wo-hat-sie-gestanden und das<br />

Wer-hat-mit-ihr-gelebt beginnt<br />

sich ein Schneeball der Faszination<br />

zu formen, der für den Restaurator<br />

den Reiz seiner Arbeit<br />

ausmacht. Wo auch immer Geschichte<br />

zu entdecken ist, möchte<br />

Hans Dienemann sie aufspüren.<br />

Und so weit ihn seine Schuhe<br />

auch tragen mögen, wird er mit<br />

dem geschulten Blick fürs Besondere<br />

noch viele Souvenirs in seine<br />

Sammlungen einreihen.<br />

Imke Keil interviewte<br />

Hans Dienemann, Günther Spillner<br />

- www.nwl-photo.de - fotografierte.

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