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lgbb_02_2017

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Ovids Erotodidaktika<br />

als Trilogie<br />

– Von Yannick Spies –<br />

1 Und zwar in der Reihenfolge: Med. – Ars – Remed., die<br />

sich u. a. aus dem Rückbezug auf die Med. in Ars<br />

3,205 f. ergibt.<br />

2 Ich nehme hier gegen T. J. Leary an, dass die Med. ein<br />

vollständiges, normallanges Buch umfassten.<br />

3 Natürlich mit Ausnahme der unechten oder zumindest<br />

einer späteren Schaffensperiode zuzuordnenden<br />

Halieutica.<br />

Die drei Artes des Ovid werden zumeist<br />

als Einzelwerke betrachtet; wohl wird<br />

die engere Bindung, die zwischen<br />

Ars amatoria und Remedia amoris<br />

herrscht, allgemein anerkannt – doch<br />

gehören nicht auch die Medicamina faciei femineae<br />

sehr eng zu diesen beiden? Im folgenden<br />

möchte ich versuchen, diese literarischen Interdependenzen<br />

weit in eine Richtung auszuloten und<br />

die drei genannten Werke als Trilogie betrachten,<br />

also als aus drei Teilwerken zusammengesetztes<br />

Einzelwerk 1 ; dazu betrachte ich einerseits die äußere<br />

und dann die innere Einheit, d. h. lege dar,<br />

welche Gemeinsamkeiten die drei Werke gegenüber<br />

der Gattungstradition und dem Gesamtwerk<br />

Ovids auszeichnen und somit als Einheit erscheinen<br />

lassen, und werfe anderseits einen Blick auf<br />

die Bezüge zwischen den Teilwerken, die so weit<br />

kohärenzstiftend wirken, dass sie als kompositorische<br />

Merkmale gelesen werden können. Wegen<br />

der Enge des hier zur Verfügung stehenden Raumes<br />

denke ich hier nur einiges bezüglich der Makrostrukturen<br />

an und lasse die vielfältigen Einzelbezüge<br />

unberücksichtigt – und wenn man nicht<br />

unter die Ebene des Einzelbuches geht, ist nebenbei<br />

ja auch die Schwierigkeit zunächst eliminiert,<br />

dass die Med. nur fragmentarisch überliefert<br />

sind. 2 Ich möchte hier zudem lineare Kohärenzstrukturen<br />

– die fortlaufenden Textteile zu einem<br />

Ganzen verknüpfen – von hypertextuellen unterscheiden,<br />

die mehrere Werke über andere hinweg<br />

in Klammerstellung miteinander in Beziehung<br />

setzen. Dadurch, dass diese Bindungen im Falle<br />

der Ars einzelne von deren Büchern teils enger an<br />

eins der beiden anderen Teilwerke knüpfen als an<br />

die anderen Bücher desselben Teilwerks, wird die<br />

innere Einheit des Gesamtwerkes gegenüber der<br />

äußeren Einheit der Teilwerke sehr stark betont.<br />

Zunächst einmal setzt sich die Trilogie vom sonstigen<br />

Schaffen Ovids 3 dadurch ab, dass ihre Teilwerke<br />

in der Tradition des hellenistischen Lehrgedichts<br />

stehen; in diese Gattung aber bettet sie<br />

nicht nur der Inhalt, sondern auch die Titel Med.<br />

und Remed. ein, die mit ihrem pharmakologischen<br />

Vokabular die beiden äußeren Werke innerhalb<br />

des Gesamtwerks miteinander verklammern und<br />

sich zugleich gemeinsam auf zwei herausragende<br />

Vertreter der Gattung beziehen, nämlich auf die<br />

Θηριακά und die Άλεξιφάρμακα des Nikander<br />

von Kolophon.<br />

Von der Gattungstradition abgegrenzt und mehr<br />

dem übrigen Schaffen Ovids angenähert ist die<br />

Trilogie dagegen dadurch, dass sie das Lehrgedicht<br />

metrisch und inhaltlich in der erotischen<br />

Halbwelt der Elegie ausspielt. So wird die Trilogie<br />

in ovidianischer Ironie zu etwas Halbseidenem:<br />

außen Lehrgedicht, innen Elegie.<br />

Was die innere Einheit der Trilogie betrifft, so ist<br />

die thematische Einheit wohl evident; dagegen<br />

scheidet eine Einheit der Handlung, die sicheres<br />

Zeichen eines Gesamtwerkes wäre, natürlich aus,<br />

© Steve Delamare – Pygmalion, 2009<br />

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LGBB <strong>02</strong> / <strong>2017</strong> · JAHRGANG LXI<br />

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