WIRTSCHAFT+MARKT 4/2017
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
46 | W+M TITEL<br />
SCHNELLES INTERNET FÜRS LAND<br />
Bis Ende 2018 soll Sachsen-Anhalt<br />
flächen deckend mit schnellem Internet<br />
mit Downloadgeschwindigkeiten von<br />
mindestens 50 Mbit/s sowie in Gewerbegebieten<br />
mit symmetrischen 100 Mbit/s<br />
(Down- und Upload) ausgebaut werden.<br />
Dafür stehen mehr als 200 Millionen Euro<br />
Fördermittel bereit – davon kommen 110<br />
Millionen Euro aus den Europäischen<br />
Strukturfonds ELER und EFRE. Neben der<br />
Anbindung von Privathaushalten liegt der<br />
besondere Schwerpunkt der Förderung im<br />
Ausbau der Gewerbegebiete und der Anbindung<br />
aller Schulstandorte mit Glasfaser.<br />
etwa die ortsansässige Aimess Products<br />
GmbH in eine revolutionäre Weltneuheit,<br />
an der sich Brüssel mit 1,16 Millionen Euro<br />
beteiligte: einen Infrarot-Scanner zur Ermittlung<br />
von 3D-Oberflächendaten.<br />
Einigen Schub für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld<br />
verspricht der Ausbau des Binnenhafens<br />
Aken an der Elbe. Diesen nunmehr<br />
für den multimodalen Im- und Export von<br />
Rohstoffen, Halberzeugnissen und Fertigprodukten<br />
fit zu machen, war der EU sogar<br />
5,8 Millionen Euro Wert – bei einer Gesamtbausumme<br />
von 6,4 Millionen Euro.<br />
Doch vorerst verliert der Landkreis Anhalt-<br />
Bitterfeld weiter Einwohner, so wie auch<br />
der Salzlandkreis, die Stadt Dessau-Roßlau<br />
und besonders der Landkreis Mansfeld-<br />
Südharz. Experten sehen in diesem Bevölkerungsschwund<br />
auch einen Hauptgrund<br />
für die insgesamt schwache wirtschaftliche<br />
Entwicklung dieser Regionen – denn<br />
damit fehlen sowohl Beschäftigte als auch<br />
Konsumenten. Den Kreis Mansfeld-Südharz<br />
sieht die Zukunftsstudie der Prognos<br />
AG derzeit sogar auf dem bundesweit letzten<br />
Rang unter 402 analysierten Landkreisen<br />
und Städten.<br />
Thüringens Perlenkette lebt weiter<br />
Die Thüringer Perlenkette – sie gibt es<br />
noch. Sie hat sich nur etwas westwärts<br />
verschoben, beginnt nun schon deutlich in<br />
Eisenach, reißt hinter Jena dann allerdings<br />
schnell ab. Die Rede ist von jenen städtischen<br />
Juwelen entlang der Autobahn A4,<br />
die das wirtschaftliche Rückgrat des Landes<br />
bilden. Als klarer Krösus fungiert dabei die<br />
Hightech-Schmiede Jena. Doch auch Erfurt,<br />
Weimar, Gotha und die sich einschließenden<br />
Landkreise – darunter der aufstrebende<br />
Ilmkreis um Arnstadt und Ilmenau – legten<br />
zuletzt spürbar an Wirtschaftskraft zu.<br />
Unbestritten wurde diese Entwicklung in<br />
Thüringen auch durch EU-Gelder beflügelt.<br />
Fast 1,5 Milliarden Euro flossen zwischen<br />
2007 und 2013 in das kleinste ostdeutsche<br />
Land. Brüssel bezuschusste aus<br />
dem EFRE 440 Forschungs- und Entwicklungsvorhaben<br />
sowie 135 Verbundprojekte,<br />
Cluster und Netzwerke. Im Gefolge dessen<br />
entstanden so 167 Unternehmen und 7.500<br />
Arbeitsplätze neu.<br />
Zu den Highlights, die auf EU-Geldern fußen,<br />
gehört etwa in Jena der Neubau eines<br />
Forschungszentrums an der Friedrich-Schiller-Universität,<br />
das auf die Entwicklung innovativer<br />
Materialien und Technologien im<br />
Bereich Photonik spezialisiert ist. Brüssel<br />
hatte zu den 19,6 Millionen Euro Gesamtkosten<br />
13,2 Millionen beigesteuert.<br />
GELD FÜR DIE FORSCHUNG<br />
Mit fast 30 Prozent entfällt in Thüringen<br />
der größte Anteil der EFRE-Mittel erstmals<br />
in einer Förderperiode auf Forschung<br />
und Innovation. Bis 2020 unterstützt die<br />
EU Forschungseinrichtungen und Betriebe<br />
in Thüringen mit 333 Millionen Euro<br />
bei der Entwicklung neuer Produkte und<br />
Verfahren. Das Geld steht jeweils zur<br />
Hälfte Forschungseinrichtungen und innovativen<br />
Unternehmen zur Verfügung.<br />
Zuletzt wurde im November 2016 der<br />
Beutenberg-Campus in Jena, der neun<br />
Forschungsinstitute und zwei Gründerzentren<br />
mit insgesamt 50 Firmen beherbergt,<br />
mit 4,6 Millionen Euro aus dem EFRE gefördert.<br />
Der Beutenberg gilt in Thüringen<br />
als Vorzeigebeispiel eines führenden Forschungsstandorts,<br />
der mit EU-Mitteln entwickelt<br />
wurde.<br />
Und sechsstellig saß die EU bei zwei transnationalen<br />
Vorhaben mit im Boot: zum einen<br />
beim Projekt „Intelligente Elektrische Fahrzeuge“,<br />
an dem in Ilmenau neben der Technischen<br />
Universität auch der TÜV Thüringen<br />
und eine französische Hochschule beteiligt<br />
sind, und zum anderen beim Thema „Entwicklung<br />
von Kleinstwasserkraftanlagen für<br />
die spezifischen Landschafts- und Gewässerstrukturen<br />
in europäischen Mittelgebirgen“.<br />
Hier arbeitet der Naturpark Thüringer<br />
Wald in Sachsenbrunn mit Partnern aus Polen,<br />
Norwegen und Österreich zusammen.<br />
Doch künftig sprudelt die EU-Quelle auch<br />
für den Freistaat spärlicher. Für die aktuelle<br />
Förderperiode stehen nur noch gut 1,17 Milliarden<br />
Euro bereit. Dabei bleibt noch viel zu<br />
tun – vor allem in Ostthüringen. Denn zu den<br />
entwicklungsschwächsten Regionen unter<br />
allen Stadt- und Landkreisen in Deutschland<br />
gehört laut Prognos-Studie das Altenburger<br />
Land. Auch bei der Bruttowertschöpfung<br />
finden sich diese Ostthüringer Region<br />
bei Gera sowie der Unstrut-Hainich-Kreis in<br />
Nordthüringen unter den zehn schwächsten<br />
Landkreisen wieder.<br />
Leipzig boomt, Görlitz darbt<br />
In Sachsen sind die Ballungsräume Chemnitz,<br />
Dresden und Leipzig dem Rest des<br />
Landes bereits ein Stück weit enteilt.<br />
Leipzig rühmt sich als „The Better Berlin“,<br />
glänzt als Hochburg studentischer Gründer<br />
und muss mit steigenden Immobilienpreisen<br />
kämpfen. Die Prognos-Studie räumt<br />
denn auch Dresden „sehr hohe Chancen“<br />
und Leipzig „hohe Chancen“ auf eine rosige<br />
Zukunft ein. „Leichte Chancen“ gesteht<br />
der „Zukunftsatlas“ Chemnitz und<br />
den Kreisen Zwickau, Meißen sowie Sächsische<br />
Schweiz-Osterzgebirge zu. Am anderen<br />
Ende der Skala: Görlitz, Nordsachsen<br />
und das Erzgebirge.<br />
Mit ihren wettbewerbsfähigen und weltweit<br />
agierenden Unternehmen – der Exportanteil<br />
Sachsens stieg auch dank der EU-<br />
Förderprogramme von 15 Prozent in den<br />
1990er-Jahren auf heute rund 40 Prozent<br />
–, mit einer gut ausgebauten Infrastruktur<br />
und nicht zuletzt mit den Universitäten,<br />
Hochschulen und Forschungseinrichtungen,<br />
an denen zahlreiche europäisch<br />
geförderte Forschungsprogramme umgesetzt<br />
werden, konnten sich Sachsens Metropolen<br />
im bundesweiten Vergleich erheblich<br />
verbessern.<br />
Ein Beispiel für die EU-geförderte Forschung<br />
in Sachsen ist das irisch geführte Gemeinschaftsprojekt<br />
TRANSPIRE. Von 4,4 Millio-<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4/<strong>2017</strong>