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WIRTSCHAFT+MARKT 4/2017

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50 | W+M TITEL<br />

DAS EXKLUSIVE<br />

W+M-INTERVIEW<br />

„Ein erheblicher Teil des<br />

Rückstandes konnte<br />

aufgeholt werden“<br />

EU-Kommissar Günther H. Oettinger spricht<br />

über die Entwicklung der neuen Länder, den<br />

Brexit und die Zukunft Europas<br />

EU-Kommissar Günther<br />

H. Oettinger.<br />

W+M: Wie ist es aktuell um die Stabilität<br />

der Europäischen Union bestellt?<br />

Günther H. Oettinger: Wenn Sie mich<br />

dies vor einem Jahr gefragt hätten, wäre<br />

meine Antwort eindeutig negativ ausgefallen.<br />

Der Brexit hat uns alle sehr geschockt<br />

und es wurde auch darüber spekuliert, ob<br />

nicht andere Länder, wie etwa Frankreich,<br />

zumindest mittelfristig dem Beispiel Großbritanniens<br />

folgen würden. Doch die Entwicklungen<br />

seither – die Wahlen in den<br />

Niederlanden und Frankreich, die Pro-Europa-Demonstrationen<br />

in vielen Städten<br />

– haben doch gezeigt, dass eine bisher<br />

schweigende Mehrheit klar hinter dem<br />

Projekt Europas steht. Daher glaube ich,<br />

dass wir die Talsohle durchschritten haben,<br />

und blicke positiv in die Zukunft.<br />

W+M: Dennoch, in zahlreichen europäischen<br />

Staaten sind aktuell nationalkonservative<br />

Populisten am Werk, die die<br />

Idee des europäischen Zusammenhalts<br />

bekämpfen. Was wird die EU-Kommission<br />

tun, um stärker als bisher Köpfe und<br />

Herzen der Menschen zu erreichen und<br />

sie von der Sinnhaftigkeit des geeinten<br />

Europas zu überzeugen?<br />

Günther H. Oettinger: Das Parteiengefüge<br />

ist in der Tat in vielen Mitgliedstaaten<br />

durcheinander gekommen. Das zeigte sich<br />

bei der Präsidentschaftswahl in Österreich.<br />

Das könnte in Italien auch passieren. In allen<br />

Umfragen liegt Beppe Grillo mit seiner<br />

Fünf-Sterne-Bewegung vorne, die Lega<br />

Nord steht in Umfragen auch nicht schlecht<br />

da. In Deutschland können wir uns<br />

zwar glücklich schätzen, dass wir in<br />

CDU/CSU und SPD stabile Volksparteien<br />

haben. Aber Sie haben natürlich<br />

recht: Wir müssen die<br />

Bürger besser erreichen<br />

als wir es bisher getan<br />

haben. Ich denke, dass<br />

der offene Prozess, den<br />

wir erst vor kurzem angestoßen<br />

haben, um<br />

die EU zu erneuern,<br />

die richtige Antwort<br />

darauf ist. Wir haben<br />

keinen konkreten Vorschlag<br />

gemacht, wie<br />

wir uns ein neues Europa<br />

vorstellen, sondern<br />

in dem Weißbuch<br />

zur Zukunft<br />

Europas fünf Szenarien<br />

beschrieben.<br />

Damit müssen<br />

die Mitgliedsländer,<br />

aber auch<br />

die Bürger, die diese<br />

Diskussion mitverfolgen<br />

und in öffentlichen<br />

Debatten auch mitgestalten<br />

können, aus<br />

der Defensive kommen<br />

und sagen, was<br />

sie wollen, statt wie<br />

bisher zu sagen, was<br />

sie nicht wollen. Insofern<br />

müssen sie überlegen,<br />

was für sie sinnhaft<br />

ist.<br />

Foto: Europäische Kommission<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4/<strong>2017</strong>

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