sportFACHHANDEL 10_2017 Leseprobe
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30 | TITEL | Nachhaltigkeit <strong>10</strong>.<strong>2017</strong><br />
Wie seine Kollegin Nguyen Thi Ngoc will<br />
auch Ng Anh Tân mit seinem Ersparten<br />
dafür sorgen, dass seine Kinder eine gute<br />
Ausbildung erhalten.<br />
DAS MACHEN DIE ANDEREN<br />
Tatonka: Absolute Transparenz<br />
Das verspricht Tatonka in Bezug auf eines der Werke in Vietnam. Dafür sorgt<br />
das Projekt Open Factory. Interessierte können einmal in der Woche die<br />
Produktionsstätte besuchen.<br />
Vier Interessierte lassen sich durch die<br />
Tatonka-Fabrik in Ho Chi Minh City führen.<br />
Während sich das zweite Werk abseits<br />
der Touristenrouten in einem Industriegebiet<br />
befindet und daher nicht für die<br />
Öffentlichkeit geöffnet ist, konnten die<br />
Mitarbeiter von Mountech, wie die Tatonka-Produktion<br />
in Vietnam firmiert,<br />
seit Öffnung des Werkes in Hanoi 4<strong>10</strong><br />
Besucher zählen. Verbraucher, Händler,<br />
Journalisten, Wirtschaftsfachleute,<br />
NGO-Vertreter, jeder Besucher ist<br />
willkommen.<br />
Tatonka stellt sämtliche Produkte in<br />
der eigenen vietnamesischen Fertigung<br />
her. Die erste Produktionsstätte, jene in<br />
Ho Chi Minh City, wurde im Jahr 1989<br />
„komplett in Eigenregie errichtet und<br />
wird bis heute komplett in Eigenregie<br />
geführt“. Heute arbeiten in Ho Chi<br />
Minh City und im Werk im Industriegebiet<br />
An Nhon Town 704 Mitarbeiter.<br />
An über 1.000 Maschinen werden<br />
dort nach Tatonka-Angaben in rund<br />
2.260 Arbeitsstunden über eine Million<br />
Artikel von Rucksäcken über Zelte<br />
und Accessoires bis hin zu Textilien<br />
produziert. Allein in den vergangenen<br />
Stolz präsentiert Nguyên Thi Lan ihr Haus.<br />
Die Näherin arbeitet seit sieben Jahren in der<br />
Fabrik Cu-Chi.<br />
zwölf Monaten, präsentiert Tatonka einige<br />
interessante Zahlen, wurden über<br />
sechs Millionen Meter Stoff eingekauft,<br />
knapp 18 Kilometer Tarpaulin-Material<br />
für die Taschenserie Barrel verarbeitet,<br />
91 Tonnen Gurtband vernäht, elf Kilometer<br />
Aluminiumstangen benötigt und<br />
über 8,5 Millionen Schnallen verbaut.<br />
Von Beginn an habe man eine Fertigung<br />
nach europäischen Standards<br />
etablieren wollen. Beide Fabriken sind<br />
deshalb nach dem Sozialstandard SA<br />
8000 zertifiziert. Der von der amerikanischen<br />
Nichtregierungsorganisation<br />
Social Accountability International<br />
(SAI) ins Leben gerufene Sozialstandard<br />
zur Einhaltung von Menschenrechten<br />
bei Arbeitsbedingungen und den<br />
Umgang mit Mitarbeitern basiert auf<br />
den Menschenrechtskonventionen der<br />
Vereinten Nationen. Ein entsprechendes<br />
Zertifikat ist für drei Jahre gültig,<br />
anschließend muss ein Wiederholungsaudit<br />
erfolgen.<br />
Bereits seit 2011 besteht das Projekt<br />
Open Factory in der vietnamesischen<br />
Wirtschaftsmetropole Ho Chi Minh<br />
City. Dass noch nicht mehr Interessierte<br />
den Weg in die Fabrik gefunden haben,<br />
dürfte unter anderem auch daran<br />
liegen, dass Tatonka bisher noch nicht<br />
laut genug für das Projekt getrommelt<br />
hat. Aber spätestens mit der eigenen<br />
Homepage für das Projekt unter openfactory.tatonka.com<br />
sowie dem jüngst<br />
veröffentlichten Youtube-Video dürfte<br />
das Interesse dafür, sich ein eigenes<br />
Bild zu machen, steigen.<br />
Mon kommt es auch bei den Mustern darauf an,<br />
besonders erfahrene Arbeiter an den Maschinen<br />
zu wissen. Immerhin werden aus den Mustern jene<br />
Artikel ausgewählt, die später in den Verkauf gehen.<br />
Dabei können insbesondere die komplizierten<br />
Muster nicht von Maschinen, sondern müssen von<br />
Hand zugeschnitten werden.<br />
Umso wichtiger ist es, dass das Zusammenspiel<br />
aus Produktentwicklung, bei Deuter unter der<br />
Leitung von Thomas Hilger, und das Wissen<br />
um das Machbare durch Vina Duke-Eigentümer<br />
Sang Taek Oh und seinem Prokuristen Shin<br />
Ick Kang funktioniert. Sang Taek Oh übernahm<br />
das Unternehmen von seinem Vater Suk Ho Oh<br />
nach dessen überraschendem Tod . Nach außen<br />
jedoch wirkt er nicht wie der Inhaber, vielmehr<br />
hält er sich merklich zurück, denn – wieder so ein<br />
Kulturschock – Shin Ick Kang ist nicht nur älter, er<br />
ist vor allem länger in der Firma und besitzt mehr<br />
Erfahrung. Beide Seiten, Deuter und Duke, müssen,<br />
bevor ein Rucksack schließlich in die Produktion<br />
geht, immer abwägen, was einerseits der Markt im<br />
fernen Europa will, welche Features ein Rucksack<br />
haben soll und dem Aufwand, den es erfordert,<br />
diese Ideen in einer adäquaten Zeit umzusetzen.<br />
Bisher gibt der Erfolg der Marke diesem Rezept für<br />
eine erfolgreiche Produktentwicklung recht.<br />
Die 44-jährige Nguyên Thi Lan wohnt nur 15<br />
Minuten von der Fabrik entfernt. Dort besitzt sie<br />
ein kleines, 1992 gebautes Haus, das sie von ihrem<br />
Vater geschenkt bekommen hat. In dem kleinen<br />
eingeschossigen Bungalow mit einer großen<br />
Veranda, auf der sich das tägliche Leben abspielt,<br />
wohnt sie mit ihrem Ehemann, dem 24-jährigen<br />
Sohn und der 15j-ährigen Tochter. Schon seit sieben<br />
Jahren arbeitet sie, wie viele ihrer Nachbarn, bei<br />
Vina Duke in Cu-Chi. Ihr hellblaues Hemd zeichnet<br />
sie als Näherin aus. Sie verdient 5,5 Millionen Dong<br />
im Monat (ca. 2<strong>10</strong> Euro) und ist damit die Ernährerin<br />
der Familie. Direkt ans Haus schließt eine<br />
saftig-dunkel-grüne Weide an, auf der vier Wasserbüffel<br />
weiden. Das sei die Aufgabe ihres Mannes,<br />
der mit der Viehzucht ca. 15 Millionen Dong verdient,<br />
allerdings pro Jahr. Dieses Geld wird gespart,<br />
für den 14-tägigen Urlaub zum Beispiel, den die<br />
Familie gerne am Strand verbringt. Den größten<br />
Batzen des Lohns von Nguyên Thi Lan verschlingt<br />
der Lebensunterhalt. Allein über 500.000 Dong<br />
würden für Reis und andere Lebensmittel verwendet.<br />
Was übrig bleibt, wird gespart. Zum Beispiel<br />
für Mopeds. Stolz erzählt sie, dass man drei davon<br />
besitze. Zwei alltagstaugliche, günstige Modelle für<br />
ca. 25 Millionen Dong und ein teures für über 75<br />
Millionen Dong, das nur zu besonderen Gelegenheiten<br />
gefahren wird.<br />
Im Gespräch mit Nguyen Thi Ngoc, Ng Anh<br />
Tân und Nguyên Thi Lan wird schnell klar, dass<br />
© TATONKA, VAUDE, SFH