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<strong>alternovum</strong>.<br />
Das KWA Journal 2/2017<br />
BLITZLICHT.<br />
S.04<br />
KWA INTERVIEW.<br />
Interview mit Staatsminister<br />
Markus Söder.<br />
S.14<br />
Blickwinkel.<br />
Viel Lob, weniger Tadel.<br />
Die KWA Kundenbefragung<br />
2016.<br />
S.28<br />
TITELTHEMA.<br />
Lebensart.<br />
S.06-15
Inhalt.<br />
lebensart.<br />
Titelthema.<br />
Titelfoto: Anton Krämer, Fotos dieser Seite: Stockbild (o.),<br />
Bayer. Finanzministerium (2. R. l.), Anton Krämer (2. R. r.)<br />
06-15<br />
KWA Exklusiv-<br />
Interview.<br />
Mit dem<br />
Bayerischen Staatsminister<br />
Markus Söder.<br />
14 28<br />
Blickwinkel.<br />
Viel Lob, weniger Tadel.<br />
Die KWA Kundenbefragung<br />
2016.<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
KWA Kuratorium Wohnen im Alter gAG<br />
Biberger Straße 50, 82008 Unterhaching<br />
Verantwortlicher Redakteur (V. i. S. d. P.)<br />
Dr. Stefan Arend (Vorstand)<br />
Biberger Straße 50, 82008 Unterhaching<br />
Redaktion<br />
Sieglinde Hankele<br />
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Tel.: 089 66558-565, Fax: 089 66558-547<br />
E-Mail: <strong>alternovum</strong>@kwa.de<br />
Gestaltung und Layout<br />
Klarelinie, Agentur für Gestaltung GmbH,<br />
86919 Utting am Ammersee, www.klarelinie.de<br />
Auflage/Erscheinungsweise<br />
Druckauflage: 28.000 Exemplare<br />
ISSN 2199-2088<br />
© KWA Kuratorium Wohnen im Alter<br />
<strong>alternovum</strong>. Das KWA Journal ist kostenlos.<br />
Die Zusendung kann jederzeit storniert werden.<br />
Bestellungen, Abbestellungen, Adressänderungen:<br />
KWA Kuratorium Wohnen im Alter<br />
Biberger Straße 50, 82008 Unterhaching<br />
Tel.: 0800 5924636, Fax: 089 66558-547<br />
E-Mail: info@kwa.de<br />
Aus Gründen der Lesbarkeit wird bei den<br />
meisten geschlechtsspezifischen Bezeichnungen<br />
die männliche Form gewählt.<br />
KWA Kuratorium Wohnen im Alter ist ein<br />
gemeinnütziges Dienstleistungsunternehmen<br />
und wurde 1966 in München gegründet.<br />
KWA ist Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband.<br />
Bundesweit unterhält KWA 18 Einrichtungen,<br />
darunter 14 Altenwohnstifte, eine eigene Klinik für<br />
neurologische und geriatrische Rehabilitation, zwei<br />
Pflegestifte und ein Bildungszentrum mit staatlich<br />
anerkannten Berufsfach- und Fachschulen.<br />
02<br />
<strong>alternovum</strong> | 2/2017<br />
Blitzlicht. 04<br />
Lebensart. Titelthema.<br />
Hessen 06<br />
Ostalb 07<br />
Ruhrgebiet 08<br />
Berlin 09<br />
Sprach- und Kulturräume<br />
in Deutschland 10<br />
Bayern 12<br />
Baden 13<br />
Interview mit dem Bayerischen<br />
Staatsminister Markus Söder 14<br />
Blickwinkel.<br />
Gutes Leben im Alter 16<br />
Die KWA Kundenbefragung 2016 28<br />
NETZWERKE.<br />
Gesund und fit am Salinensee 17<br />
Menschen.<br />
Wolfram Ruhenstroth-Bauer 20<br />
Liselotte Barz 21<br />
Chefarzt Christoph Garner in<br />
den Ruhestand verabschiedet 30<br />
Engagement.<br />
Stiftsbeiratsvorsitz 22<br />
Internet-Club 24<br />
Begleitung und Pflege.<br />
Im Malen Spuren hinterlassen 25<br />
Pflegestärkungsgesetz II 26<br />
Bildung.<br />
Sozialpflege 27<br />
Reisen.<br />
Vorschau auf KWA Reisen 2018 31<br />
Sternstunden.<br />
Doppeljubiläum in Bad Griesbach 32<br />
40 Jahre KWA Parkstift St. Ulrich 33<br />
KWA Club.<br />
Tanz, Theater und Musik 34
Editorial.<br />
Der Sommer ist schon weit fortgeschritten und viele werden die Gelegenheit<br />
zu einer Urlaubsreise nutzen. Unabhängig davon, in welche<br />
Region die Reise führt und wie lange diese auch dauern mag, am Ende<br />
des Urlaubs freuen sich viele, wieder nach Hause zu kommen. Was das<br />
Zuhause ausmacht, wie unterschiedlich allein in Deutschland die einzelnen<br />
Regionen sind, wollen wir in dieser Ausgabe aus verschiedenen<br />
Blickwinkeln beleuchten, sei es die Lebensart oder auch die Sprache.<br />
Wir freuen uns sehr, dass der Finanzminister des Freistaates Bayern Herr<br />
Dr. Markus Söder sich für ein Interview mit uns Zeit genommen hat –<br />
zum Thema Heimat.<br />
Wie sehr sich regionale Aspekte auf das Zusammenleben der Menschen<br />
auswirken, erleben wir auch in unseren KWA Wohnstiften, und Besucher<br />
merken recht bald, dass es atmosphärische Unterschiede zwischen<br />
unserem Wohnstift im Hohenzollernpark in Berlin und der Rosenau in<br />
Konstanz gibt – oder ob sie sich im Markgräfler Land in Bad Krozingen<br />
oder im Tegernseer Tal im Rupertihof aufhalten – um nur einige Beispiele<br />
zu nennen. Jeder dieser Orte hat einen ganz eigenen Charme und Reiz.<br />
Neben unserem Titelthema beschäftigen wir uns in einem Praxisbeitrag<br />
mit den Auswirkungen des Pflegeversicherungsgesetztes II, dessen<br />
Regelungen zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft traten. Auch wenn sich<br />
insgesamt für die Pflegebedürftigen die Situation etwas verbessert haben<br />
dürfte, so bleiben dennoch einige Fragen offen. Gerne stehen Ihnen<br />
unsere Mitarbeiter bei Fragen zur Verfügung. Selbst wir als Träger waren<br />
oftmals überrascht von den uneinheitlichen und manchmal auch fehlerhaften<br />
Einschätzungen der Kostenträger sowie von der sehr kurzfristigen<br />
Ankündigung in Bezug auf die künftig anzuwendende Abrechnungslogik.<br />
Einen erfreulich hohen Rücklauf hatten wir bei unserer Kundenbefragung<br />
2016, deren Ergebnisse nunmehr zum Nachlesen bereitstehen. Eine<br />
Analyse und einen Überblick finden Sie in dieser Ausgabe. Auch auf<br />
einen Beitrag zur KWA Klinik Stift Rottal möchten wir hinweisen: Nach<br />
mehr als 25 Jahren bei KWA ist Herr Dr. Christoph Garner in den Ruhestand<br />
eingetreten. Da der langjährige Chefarzt engstens mit KWA verbunden<br />
ist, wird er uns jedoch als Berater weiter zur Verfügung stehen.<br />
Ihnen allen, liebe Leserinnen und Leser,<br />
noch einen schönen Spätsommer.<br />
Horst Schmieder,<br />
KWA Vorstand<br />
03
Blitzlicht.<br />
Wussten Sie schon, dass …<br />
... der Herr auf dem Titelbild ein KWA Mitarbeiter ist? Christian Fritsch arbeitet<br />
als Hausmeister im KWA Georg-Brauchle-Haus in München. Wie kein Zweiter<br />
ist er mit dem hiesigen Brauchtum verwachsen, zu Feiern erscheint er ganz<br />
selbstverständlich in Tracht. Seine ledernen Hosenträger weisen ihn als einen<br />
der sieben „Schnoizer-Buam“ aus – und damit als Teil der insgesamt 49 „Augustiner-Buam“.<br />
1328 begannen die Augustiner-Mönche im Augustinerkloster nahe<br />
dem Dom zu München mit dem Bierbrauen. Deshalb zieren diese Jahreszahl<br />
und ein Bischofsstab das Emblem der Brauerei – und auch die Querstege der<br />
Hosenträger der Augustiner-Buam. Sie treffen sich einmal in der Woche zu<br />
einem „ganz normalen Wirtshausstammtisch“ im Augustiner am Platzl. „Das<br />
Schöne dran ist, dass vom Hausmeister bis zum Bürgermeister ganz verschiedene<br />
Menschen vertreten sind“, sagt Christian Fritsch. So einen Hut wie er<br />
trugen und tragen auch heute noch die meisten Augustiner-Bierkutscher. Eben<br />
diese brauchen zudem eine „Goaßl“, um die Kaltblüter, die den Bierwägen<br />
vorgespannt sind, durch lautes Knallen der Peitsche anzutreiben. Die Goaßln in<br />
der Gruppe möglichst synchron und rhythmisch zu schlagen ist nicht nur eine<br />
Kunst, sondern verlangt auch Muskelkraft.<br />
Fotos dieser Doppelseite: KWA<br />
Fotowettbewerb des KWA Albstifts Aalen<br />
Mehr als 150 Bilder hatten die beiden Juroren des ersten Albstift-Fotowettbewerbs –<br />
die Fotografen Peter Hagender und Frank Keller – zu bewerten. Vorgegeben war<br />
das Thema „Begegnungen“. Mit dem 1. Preis wurde Michael Karger aus Gaishardt<br />
für seine Fotografie „Begegnungsstätte“ bedacht – ein Raum, ein Fenster, eine<br />
Lampe, drei Sessel, Vorhänge, Tapete und Teppichboden, alles andere könne sich<br />
im Kopf des Betrachters abspielen; Regina Vaas aus Westhausen wurde der 2. Platz<br />
zugesprochen, Sven-Oliver Hofmann aus Ulm der 3. Platz. Herzlichen Glückwunsch<br />
allen Preisträgern – auch Gustav Pistl zum Bewohnerpreis und Melanie Rath<br />
zum Mitarbeiterpreis. Alle prämierten Bilder und die zugehörigen Laudationes<br />
sind auf www.kwa.de über das Suchwort „Fotowettbewerb“ zu finden.<br />
KWA Schülerliteraturwettbewerb München: Preisträger 2017<br />
41 Schüler von 14 verschiedenen Schulen beteiligten sich dieses Mal am KWA<br />
Schülerliteraturwettbewerb für die Region München, der in der 9. Auflage zum<br />
Thema hatte: „Durch dich ändert sich der Blick.“ Wettbewerbsleiterin Gisela Hüttis<br />
verlas bei der Preisverleihung am 24. März im KWA Georg-Brauchle-Haus ein<br />
Grußwort von Landrat Christoph Göbel. Die Juroren Dr. Stefan Arend, Dr. Gabriele<br />
König und Dr. Harald Parigger würdigten die Autoren der prämierten Beiträge:<br />
• Fiona Freidank aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Schülerin des Gymnasiums<br />
Höhenkirchen-Siegertsbrunn, zum 1. Preis für ihr Gedicht „Rasende Gedanken –<br />
bei einer Zugfahrt.“<br />
• Jonas Müller aus München, Schüler der Nymphenburger Schulen München,<br />
zum 1. Preis für die Geschichte „Frau S.“ über eine generationenübergreifende<br />
Freundschaft.<br />
04 <strong>alternovum</strong> | 2/2017
Neue Stiftsdirektorin<br />
Seit dem 1. Juli 2017 leitet Anette Burchardt das Caroline Oetker Stift. Sie ist in<br />
Paderborn geboren und lebt auch dort. Die 49-jährige Diplom-Kauffrau bringt unter<br />
anderem Fachkompetenz im Qualitätsmanagement, Personalmanagement und<br />
Projektmanagement mit. Eine erste verantwortliche Aufgabe war die Geschäftsführung<br />
in einer Rehabilitationsklinik in Ostwestfalen-Lippe. Weitere große Aufgaben<br />
meisterte sie als Geschäftsführerin eines Dienstleistungsunternehmens im Bereich<br />
der ambulanten Altenhilfe und als Leiterin von Seniorenzentren mit stationärer<br />
Altenpflege und betreutem Wohnen. Sie möchte das Caroline Oetker Stift für die<br />
Stadt Bielefeld noch weiter öffnen, einen Ort der Kultur und Begegnung schaffen,<br />
„für den fachlichen Austausch, für kulinarische oder kulturelle Erlebnisse – einen<br />
Ort, der geprägt ist durch ein herzliches Miteinander“.<br />
KWA Parkstift St. Ulrich beim<br />
„B2Run“ Freiburg<br />
Nun schon zum vierten Mal haben Mitarbeiter des<br />
KWA Parkstifts St. Ulrich am Business Run in Freiburg<br />
teilgenommen – in diesem Jahr ein 27-köpfiges Team,<br />
mit dabei auch Stiftsdirektorin Anja Schilling und<br />
Stiftsbewohnerin Ruth Kraus. Start und Ziel war das<br />
Schwarzwald-Stadion. Die Strecke in den grünen Auen<br />
von Freiburg folgte dem Lauf des Flüsschens Dreisam.<br />
Zunächst ging es für die Läufer flussaufwärts, nach dem<br />
Wendepunkt flussabwärts, bei einer Streckenlänge von<br />
insgesamt 5.146 Metern. Etliche Teilnehmer des KWA<br />
Teams hatten schon Wochen vorher mit dem Training<br />
begonnen und konnten neue persönliche Bestzeiten<br />
erzielen. Dass es trotzdem nicht für einen Platz auf<br />
dem Treppchen reichte, tat der guten Stimmung keinen<br />
Abbruch: Bei der After-Run-Party wurde vergnügt<br />
gemeinsam gefeiert.<br />
Baubeginn auf dem Gelände<br />
der KWA Klinik Stift Rottal<br />
Nach Abbruch- und Rückbauarbeiten am Bestand<br />
sowie vorbereitenden Maßnahmen konnten Anfang<br />
Juni am Standort der KWA Klinik Stift Rottal im niederbayerischen<br />
Bad Griesbach die Bauarbeiten zu einem<br />
Neubauprojekt aufgenommen werden. Über sechs<br />
Stockwerke verteilt werden 35 geräumige Ein- und<br />
Zwei-Zimmer-Appartements mit modernster Ausstattung<br />
entstehen: für Patienten der KWA Klinik für neurologische<br />
und geriatrische Rehabilitation. Gleichzeitig<br />
wird das therapeutische, pflegefachliche und medizinische<br />
Angebot von KWA erweitert und somit die<br />
Kompetenz vor Ort weiter gestärkt. Den Beginn der<br />
Baumaßnahmen bildeten Bohrungen zu den Betonarbeiten<br />
für Spundwände, die das umliegende Areal<br />
abstützen, sodass Anfang Juli die Erdarbeiten für eine<br />
neue Tiefgarage mit 39 Stellplätzen gestartet werden<br />
konnten. Die Tiefgarage soll noch im Herbst 2017 im<br />
Rohbau fertig werden.<br />
05
Lebensart. Hessen<br />
Mit Fleiß durch den Arbeitstag,<br />
mit Geselligkeit durch die Freizeit<br />
KWA Parkstift Aeskulap, Bad Nauheim<br />
Die Stadt Bad Nauheim hat wunderschöne<br />
Jugendstilgebäude, einen<br />
großen Kurpark – und wurde schon<br />
von Fürsten, der Zarenfamilie und<br />
Scheichs zur Badekur besucht. Elvis<br />
Presley hat während seiner Militärzeit<br />
in Bad Nauheim gewohnt, woran<br />
die jährlichen Elvis-Festivals erinnern.<br />
Auch Eishockey findet in Bad<br />
Nauheim großen Anklang. Was macht<br />
das Leben in der Region aus? Man<br />
kann hier in idyllischen Gebieten<br />
und Gemeinden sowie auch in<br />
kleinen und mittleren Städten mit<br />
10.000-100.000 Einwohnern leben.<br />
Die Großstadt Frankfurt am Main ist<br />
problemlos zu erreichen, da es<br />
optimale Verkehrsanbindungen gibt,<br />
mit Bus-, Bahn- und Autobahnanschlüssen.<br />
In Bezug auf Bräuche und Kultur ist<br />
ein großes Interesse erkennbar.<br />
Nennenswert sind unter anderem<br />
der Hessenpark in Neu-Anspach,<br />
die Saalburg aus der Römerzeit, das<br />
Keltenmuseum in Glauberg, das<br />
Rosenfest mit Umzug in Bad Nauheim-Steinfurt,<br />
Faschingsumzüge,<br />
Mittelaltermärkte, Museen, Konzerte,<br />
Weinfeste und vieles mehr. Wer<br />
seinen Körper ertüchtigen will, hat<br />
die Auswahl zwischen zahlreichen<br />
Sport- und Fitness-Einrichtungen<br />
sowie schönen Wanderwegen durch<br />
eine vielfältige Natur. Die Wetterau<br />
ist sehr waldreich und gegen Schlechtwetterlagen<br />
im Süden vom Taunus<br />
und im Norden vom Vogelsberg<br />
geschützt.<br />
Was isst und trinkt man in Hessen?<br />
Die kulinarischen Angebote sind<br />
inzwischen international. Traditionelle<br />
Speisen sind Schnitzel in allen<br />
Variationen, Hackbraten oder<br />
Rippchen mit Kraut sowie Tafelspitz<br />
mit Frankfurter Grüner Soße.<br />
Berühmt und sehr beliebt ist der<br />
„Handkäs mit Musik“. – Die Musik<br />
besteht aus Essig, Öl und Zwiebeln,<br />
die nach dem Verzehr die „Musik“<br />
machen. Dazu wird gekelterter<br />
Apfelwein getrunken: Äppelwoi.<br />
Der Hesse ist ein geselliger Mensch,<br />
der gerne mit der Familie, Freunden<br />
und Gleichgesinnten Zeit verbringt,<br />
sei es in Gaststätten, öffentlichen<br />
Einrichtungen oder bei Veranstaltungen.<br />
Hier bietet Bad Nauheim<br />
mit zahlreichen Cafés, Gaststätten,<br />
Restaurants, mit Innen- und Außenbewirtung,<br />
reichlich Abwechslung.<br />
Wie die Alteingesessenen „gestrickt“<br />
sind? Man sagt den Hessen zwar<br />
eine gewisse Sturheit nach, das sind<br />
allerdings Meinungen von Menschen,<br />
die die Hessen nicht richtig<br />
kennen. Hessen sind Gemütsmenschen<br />
mit einem hohen Anteil an<br />
Fleiß und Humor.<br />
Lothar Sprengel<br />
06<br />
<strong>alternovum</strong> | 2/2017
Lebensart. Ostalb<br />
Mit Dialekt durch den Alltag,<br />
mit Bodenständigkeit durchs Leben<br />
KWA Albstift Aalen<br />
Die abwechslungsreiche Landschaft<br />
mit vielen Rad- und Wanderwegen<br />
gehört zu den burgen- und schlösserreichsten<br />
Regionen Deutschlands.<br />
Vom Leben in den quirligen Städten<br />
Aalen, Ellwangen und Schwäbisch<br />
Gmünd bis hin zu den kleinen Landgemeinden<br />
ist für jeden etwas dabei.<br />
Sehr eindrucksvoll ist das UNESCO-<br />
Weltkulturerbe Limes. Nach der<br />
chinesischen Mauer ist der Limes das<br />
längste Bodendenkmal der Welt. Die<br />
Römer haben auf der Ostalb an vielen<br />
Plätzen ihre Spuren hinterlassen.<br />
Deshalb wurde auch das Thermalbad<br />
nach dem Limes benannt. Das Heilwasser<br />
stammt allerdings schon aus<br />
der letzten Eiszeit, ist etwa 12.000<br />
bis 14.000 Jahre alt und empfehlenswert,<br />
wenn man an chronischen<br />
Erkrankungen oder an arteriellen<br />
Durchblutungsstörungen leidet.<br />
Gut 300 Jahre lang wurde in der Region<br />
Eisenerz abgebaut. Davon zeugt<br />
unter anderem der „Tiefe Stollen“<br />
in Aalen, heute bekannt als Schaubergwerk<br />
und durch seine therapeutische<br />
Wirksamkeit. Eine Heilstollentherapie<br />
ist besonders gut geeignet<br />
für Menschen mit Bronchitis, allergischen<br />
Nebenhöhlenerkrankungen,<br />
Heuschnupfen und Neurodermitis.<br />
Die natürlichen Gegebenheiten und<br />
historischen Entwicklungen, insbesondere<br />
jedoch die Wirtschafts- und<br />
Agrarstruktur, haben die Region<br />
unverwechselbar geprägt. Traditionsreiche<br />
Unternehmen wie die Schwäbischen<br />
Hüttenwerke, Carl Zeiss<br />
und Weleda haben hier ihr Zuhause<br />
gefunden, im Land der Tüftler und<br />
Erfinder. Die von 1901 bis 1972<br />
betriebene Härtsfeldbahn galt als<br />
eine der spektakulärsten Bahnlinien<br />
Deutschlands. Albstiftsbewohnerin<br />
Antonie Werle blickt gerne auf die<br />
abenteuerliche Anfangszeit zurück:<br />
Von Aalen aus überwand die „Schättere“<br />
die Ostalb – wie eine Gebirgsbahn<br />
– in vielen Kurven und führte<br />
bis nach Dillingen. Ein drei Kilometer<br />
langer Streckenabschnitt wurde<br />
2002 reaktiviert.<br />
Auf die Frage nach dem typischen<br />
„Ostälbler“ haben Bewohnerinnen<br />
und Bewohner des KWA Albstifts<br />
Aalen oft die Merkmale Bodenständigkeit,<br />
Treue und Untertreibung genannt.<br />
Andere Bewohner wiederum<br />
beschrieben einen sehr geselligen<br />
und heimatverbundenen Menschen,<br />
aber auch jemanden, der nicht lange<br />
um den heißen Brei herumredet.<br />
In einem Punkt waren alle derselben<br />
Meinung: Der Dialekt gehört<br />
zum typischen Vertreter der Ostalb.<br />
Der wohl bekannteste Spruch ist:<br />
„Ned g'schempfd isch gnug g'lobd.“<br />
(Nicht geschimpft ist genug gelobt.)<br />
Was man hier in der Region gerne<br />
isst? Immer wieder: Linsen und<br />
Spätzle mit „Soidawürschd“ (Wienerle).<br />
„Ebbes“ anderes Besonderes<br />
aus „d‘r Hoimat“ ist das „Aalener<br />
Spitzärschle“. Dazu wird eine<br />
Schweinelende mit Pflaume, Räucherspeck<br />
und Mandeln gefüllt und<br />
in Panade gebraten und traditionell<br />
in einer mit Weinbrand verfeinerten<br />
Sahnesoße serviert. Was in jeder<br />
Ostalb-Küche regelmäßig auf den<br />
Tisch kommt sind Schupfnudeln.<br />
Diese werden aus gekochten Kartoffeln<br />
hergestellt und meistens mit<br />
Sauerkraut vermischt. Zum Dessert<br />
essen die „Ostälbler“ gerne „Ofenschlupfer“<br />
– eine schwäbische Süßspeise<br />
mit geraspelten Äpfeln, Zimt,<br />
Zucker, Mandeln.<br />
Zu den Hauptgründen, weshalb<br />
viele Stiftsbewohner sich für ein<br />
Leben auf der Ostalb entschieden<br />
haben, zählen jedoch die unverfälschten<br />
Naturlandschaften, Berge,<br />
Seen, Flüsse und Täler. Für die in<br />
Aalen geborene Bewohnerin Hildegard<br />
Hederer ist ein Flug mit dem<br />
Sportflugzeug von Elchingen über<br />
die Ostalb ein unvergessliches Erlebnis.<br />
Sie ist sich sicher: „Nirgendwo<br />
anders ist es so schön wie auf der<br />
Ostalb.“<br />
Julian Hutschenreuther<br />
07
Lebensart. Ruhrgebiet<br />
Von Multikulti geprägt,<br />
von Kultur begeistert<br />
KWA Stift Urbana im Stadtgarten, Bottrop<br />
Sind Sie schon einmal im Gasometer<br />
getaucht? Wissen Sie, wie Giuseppe<br />
Verdis Aida im Amphitheater auf<br />
einer Abraumhalde klingt? Kennen<br />
Sie die größte und schönste Zechenanlage<br />
der Welt, geadelt zum UN-<br />
ESCO-Welterbe, die Zeche Zollverein?<br />
Das Ruhrgebiet avanciert zum<br />
außergewöhnlichen, eindrucksvollen<br />
und höchst spannenden Urlaubsort<br />
mit rund 250 Festivals, 200 Museen,<br />
120 Theatern, 100 Kulturzentren,<br />
100 Konzertsälen, zwei großen Musicaltheatern,<br />
zahlreichen Varietés<br />
sowie Sport- und Freizeitparks – und<br />
dies vor der imposanten Kulisse von<br />
3.500 Industriedenkmälern.<br />
So oder ähnlich wird das Ruhrgebiet<br />
spätestens seit 2010, nach der<br />
Ernennung zur Kulturhauptstadt<br />
Europas, als Reiseziel beschrieben<br />
und spielt nun schon seit Jahren eine<br />
bedeutende Rolle im kulturtouristischen<br />
Angebot Europas.<br />
Vor 30 Jahren klang das Loblied<br />
noch ganz anders. Da besang Herbert<br />
Grönemeyer „Bochum“ und jeder,<br />
der aus dem Ruhrgebiet stammt,<br />
sang damals und singt noch heute<br />
lokalpatriotisch mit: „Tief im Westen,<br />
wo die Sonne verstaubt, ist es besser,<br />
viel besser, als man glaubt …“ Außerhalb<br />
des Reviers galt das Ruhrgebiet<br />
oft als unattraktiver Ballungsraum,<br />
mit hoher Feinstaubdichte,<br />
verstopften Autobahnen und einer<br />
ungebremsten Armutsentwicklung.<br />
Zugegeben, die Staus sind immer<br />
noch länger als überall sonst: Aber<br />
der „Pulsschlag aus Stahl“ und das<br />
Grubengold sind inzwischen Freizeitoasen<br />
gewichen. Heute ist das<br />
Ruhrgebiet grüner, als man denkt.<br />
Zwei Drittel der Fläche bestehen aus<br />
Feldern, Wiesen und Wäldern.<br />
Die Menschen des Ruhrgebiets<br />
haben das Herz am rechten Fleck<br />
und ihre ganz eigene Lebensart.<br />
Sie sind manchmal etwas rau und<br />
direkt, aber ehrlich und vor allem<br />
weltoffen, schließlich waren sie<br />
aufgrund der polnischen Zuwanderer<br />
und Gastarbeiter schon vor 100<br />
Jahren „multikulti“. Heute leben in<br />
dieser Region Menschen aus 200<br />
Nationen. Gerade deshalb ist es<br />
auch schwer, die Küche der Ruhrmetropole<br />
zu beschreiben. Die „typische“<br />
Küche gibt es nicht. Sie ist<br />
entsprechend vielfältig, international<br />
geprägt und die Menüwahl lässt sich<br />
wirklich nicht auf „Gibbse ma ´ne<br />
Currywurst mit Pommes rot-weiß“<br />
reduzieren, obwohl es natürlich<br />
nirgendwo in Deutschland bessere<br />
Currywurst gibt.<br />
Um beim Thema zu bleiben, sollte<br />
man auch kurz auf „dem Ruhrpott<br />
sein Bier“ eingehen. Bis heute ist<br />
Bier das Getränk Nummer eins des<br />
Ruhrgebiets, fast jede Stadt braut ihr<br />
eigenes. Und egal wie man draufschaut<br />
– mal eben nach der Schicht<br />
mit dem Fahrrad an die Bude oder<br />
lieber im Biergarten mit mediterranem<br />
Flair am Baldeneysee oder<br />
Kemnader See: ein süffiges Stauder,<br />
Fiege oder DAB darf nicht fehlen.<br />
Noch etwas gehört zum Ruhrgebiet<br />
so untrennbar wie das Bier – und<br />
das ist Fußball. Überall wurde und<br />
wird Fußball gespielt: auf dem<br />
Schulhof, im Park und direkt vor der<br />
Tür. Deshalb ist es kein Wunder,<br />
dass Borussia Dortmund und Schalke<br />
04 die besten Fans haben. Wo<br />
ist die Stimmung besser als in der<br />
Arena auf Schalke oder im Signal<br />
Iduna Park?<br />
Hoffentlich bleiben der Metropole<br />
Ruhr im Wandel die Herzlichkeit,<br />
der Humor, das direkt angebotene<br />
„Du“ und auch etwas von der<br />
Malocher-Ethik des Reviers erhalten,<br />
so ein wenig verstaubte Industrievergangenheit<br />
auch in einer bereits<br />
begonnenen Zukunft jenseits der Industrie,<br />
eben ein wenig Schimanski.<br />
Martina Lenz<br />
Fotos unten: (links 1) © Thomas Mayer/Stiftung Zollverein, (links 2) Pressestelle Stadt Bottrop<br />
08 <strong>alternovum</strong> | 2/2017
Lebensart. Berlin<br />
Mit Mutterwitz geboren,<br />
mit Toleranz unterwegs<br />
KWA Stift im Hohenzollernpark, Berlin<br />
„Das Berliner Wesen, das einem auf<br />
der Straße und in der Kneipe, überhaupt<br />
im alltäglichen Leben entgegentritt,<br />
ist anfangs ungenießbar“,<br />
befand einst der in Neuruppin geborene<br />
Schriftsteller Theodor Fontane.<br />
„Aber in gehöriger Verdünnung hat<br />
diese Schärfe ihren Reiz und söhnt<br />
uns zuletzt auch mit starken Dosen<br />
aus, die schließlich zur Quelle<br />
unseres Vergnügens und herzlichen<br />
Gelächters werden.“<br />
Zuerst einmal muss grundsätzlich<br />
gemeckert werden. So sind Berliner<br />
nun mal. Trotzdem haben sie das<br />
Herz „auf dem rechten Fleck“, sind<br />
tolerant und hilfsbereit. Sie nehmen<br />
nicht nur andere, sondern auch sich<br />
selbst gerne „auf die Schippe“ –<br />
wenn sie sich „verhohnepiepeln“.<br />
Die gehörige Portion Mutterwitz<br />
drückt sich auch in treffenden<br />
Bezeichnungen für Bauwerke und<br />
Denkmäler aus: Das Kanzleramt ist<br />
die „Waschmaschine“, das Denkmal<br />
zur Erinnerung an die Luftbrücke die<br />
„Hungerharke“.<br />
Gehungert wird nicht. Gegessen<br />
wird, was „Muttern“ auf den Tisch<br />
stellt. Beispielsweise ein Gericht mit<br />
Innereien, aber auch Hackepeter,<br />
Ochsenbäckchen oder Schweinepfoten<br />
– „Eisbein“ mit Sauerkraut. Im<br />
Vorbeigehen greifen Berliner gerne<br />
zur Boulette. Der kulinarische Höhepunkt<br />
ist die Currywurst. Berliner<br />
Weiße mit Schuss – Waldmeisteroder<br />
Himbeersirup – und Fassbrause<br />
sind nicht mehr so angesagt wie<br />
einst. Auch den „Hungerturm“ auf<br />
dem Tresen – einen Glasaufsatz<br />
mit Bouletten, Soleiern und sauren<br />
Gurken – sieht man nur noch selten.<br />
Molle und Korn stehen hingegen<br />
nach wie vor hoch im Kurs. Sie<br />
wissen nicht, was „Molle“ ist? „Een<br />
Pils, welchet manche ooch Blondet<br />
nennen.“<br />
Berliner sind offen für alles und neugierig<br />
auf Neues, aber auch wachsam:<br />
Sie lassen sich nicht die „Butter<br />
vom Brot“ nehmen – was den starken<br />
Willen zur Selbstbehauptung widerspiegelt.<br />
So mancher Satz beginnt<br />
mit „Icke“. Viele Berliner bleiben ein<br />
Leben lang in „ihrem“ Kiez. Nach<br />
getaner Arbeit sitzt man entweder<br />
in seiner Stammkneipe mit Freunden<br />
zusammen oder im Straßencafé<br />
– oder im Schrebergarten. Gegen<br />
Versuche des Senats, den „Laubenpiepern“<br />
Flächen abzuknipsen,<br />
wehren sich selbige heftig und meist<br />
erfolgreich. Die große Tierliebe der<br />
Berliner zeigt sich zum einen darin,<br />
dass die Hauptstadt eine der hundereichsten<br />
Städte Deutschlands ist,<br />
zum anderen darin, dass der Tod von<br />
Eisbär „Knut“ fast eine Staatstrauer<br />
auslöste. Der Zoologische Garten<br />
Berlin – der älteste Zoo Deutschlands<br />
– und der Tierpark Friedrichsfelde<br />
sind gleichermaßen beliebt.<br />
Obwohl die Stadt selbst außerordentlich<br />
viele Straßenbäume und<br />
Grünflächen hat, ist es Tradition,<br />
mit der Familie an freien Tagen „ins<br />
Jrüne“ zu fahren. Große Waldflächen<br />
und zahlreiche Seen mit vielfältigen<br />
Wassersportmöglichkeiten locken an<br />
sonnigen Wochenenden Menschenscharen<br />
unter anderem ins Wannsee-<br />
Strandbad. Auch Dampferfahrten auf<br />
der Spree und dem Landwehrkanal<br />
gehören dazu. Theater, Museen,<br />
Opernhäuser und internationale<br />
Shows bieten ganzjährig unbegrenzte<br />
Möglichkeiten. Auf die unvergleichlichen<br />
Kunstschätze auf<br />
der Museumsinsel sind die Berliner<br />
ganz besonders stolz.<br />
Monika Belowski und<br />
Stiftsbewohner<br />
09
Lebensart.<br />
Titel.<br />
„Tach“<br />
„Grüß Gott“<br />
„Grüß Gottle“<br />
„Guten<br />
Von „Grüß Gott“ bis „Moin, moin“<br />
Sprach- und Kulturräume in Deutschland<br />
Von Dr. Stefan Arend<br />
Vor einigen Jahren hat der bekannte<br />
Tübinger Gelehrte Hermann Bausinger<br />
ein schmales, aber inhaltlich<br />
bedeutsamen Buch vorgelegt. Es trägt<br />
den vielsagenden Titel „Typisch<br />
deutsch“.<br />
Bausinger vereinigt in dieser Abhandlung<br />
die Ergebnisse seiner jahrzehntelangen,<br />
vielfältigen Forschungen. Es<br />
ist ein wahrer Genuss für den Leser,<br />
wie er sich dem Deutschen unter<br />
historischen, sprachwissenschaftlichen,<br />
volkskundlichen und gesellschaftlichen<br />
Aspekten nähert. Dabei<br />
wird deutlich, was uns als Deutsche<br />
verbindet, aber auch, in welchen<br />
Dingen wir uns in den deutschen<br />
Landen unterscheiden, also wie<br />
vielfältig und different wir Deutsche<br />
eben sind. Das wird zum einen<br />
offenkundig beim Brauchtum, das<br />
unterschiedlicher nicht sein könnte,<br />
ebenso beim Blick in die deutschen<br />
Speisenkarten mit all den ganz<br />
speziellen regionalen Köstlichkeiten:<br />
Weißwürste, Grünkohl mit Pinkel,<br />
Kuddeln, Ahle Wurscht, Leipziger<br />
Allerlei, Labskaus: Diese kulinarische<br />
Liste würde ins Unendliche weiterführen,<br />
die Beispiele sind Legion.<br />
Deutschland und das Deutsche, das<br />
sind – bei aller Globalisierung – auch<br />
heute noch oftmals kleine Kulturräumlichkeiten.<br />
So gibt es seit der<br />
Reformation vor nunmehr 500 Jahren<br />
katholische Regionen und evangelische<br />
Landstriche. Das sind – kaum<br />
zu glauben – immer noch greifbare<br />
und reale Auswirkungen von Entscheidungen<br />
im 16. Jahrhundert.<br />
Denn damals bestimmte der jeweilige<br />
Landesherr auch über die Konfession<br />
seiner Untertanen. Und bis zur<br />
Gründung des Deutschen Reiches<br />
1871 zerfiel unser Kulturraum politisch<br />
in einige hundert kleine und<br />
kleinste Herrschaftsgebiete mit<br />
mannigfachen Grenzen und den<br />
dazugehörigen Schlagbäumen. 1866<br />
hatten die Deutschen untereinander<br />
sogar noch einmal Krieg geführt: die<br />
Preußen gegen die Bayern, Hessen<br />
und Österreicher gegen die Preußen.<br />
Noch heute zeugen davon in einigen<br />
Städten und Gemeinden unübersehbare<br />
gewaltige Kriegerdenkmäler.<br />
Besonders deutlich wird die Vielfältigkeit<br />
des Landes und seiner Bewohner,<br />
wenn man sie sprechen hört. Zwar<br />
gibt es seit Konrad Duden (eigentlich)<br />
eine normierte Rechtschreibung und<br />
seit Theodor Siebs eine Vorstellung,<br />
wie die deutsche Bühnensprache zu<br />
klingen habe, doch gestern wie heute<br />
sprechen die Deutschen „wie ihnen<br />
der Schnabel gewachsen“ ist. Man<br />
muss also „dem Volke aufs Maul<br />
schauen“ – so wie es Martin Luther<br />
auszudrücken pflegte, wenn man<br />
etwas über die Menschen im Lande<br />
erfahren will. Apropos: Luthers<br />
Bibelübersetzung ins Deutsche hat<br />
bedeutenden Einfluss auch auf unsere<br />
Muttersprache genommen. Denn<br />
Luther übersetzte die Bibel natürlich<br />
in seine, ihm am besten vertraute<br />
10 <strong>alternovum</strong> | 2/2017
Verteilung der Dialekte<br />
in Deutschland<br />
Niederdeutsch<br />
Tag“<br />
Dänische Sprachminderheit<br />
Nordfriesisch und Ostfriesisch<br />
Mitteldeutsch<br />
Sorbische Sprachminderheit<br />
Süddeutsch<br />
Sprache, und das war eine mitteldeutsche,<br />
meißnische, sächsisch-thüringische<br />
Variante. Durch diese Übersetzung<br />
wurde die Sprache Luthers<br />
Mode und somit auch Vorbild für<br />
nachfolgende Texte. Wäre Luther<br />
Niederdeutscher aus Norddeutschland<br />
gewesen, die deutsche Sprache<br />
hätte wahrscheinlich eine völlig<br />
andere Entwicklung genommen.<br />
Vielleicht würden wir alle wie die<br />
Schauspieler im Ohnsorg-Theater in<br />
Hamburg sprechen.<br />
Die gesprochene deutsche Sprache<br />
hat in der Regel wenig mit der Schriftsprache<br />
zu tun, auch wenn das Generationen<br />
von Deutschlehrern den<br />
Schülern weismachen wollten.<br />
„Schreib so, wie du sprichst“, klingt<br />
es noch bei vielen in den Ohren,<br />
wenn man an die Schulzeit denkt.<br />
Vielleicht mag dieses Unterfangen<br />
eingeborenen Hannoveranern gelingen,<br />
so zu schreiben, wie sie sprechen.<br />
Alle anderen werden scheitern.<br />
Denn die deutschen Mundarten unterscheiden<br />
sich zum Teil so deutlich<br />
von der Standardsprache, dass man<br />
sie in der Schule fast wie eine Fremdsprache<br />
lernen muss. Aber auch die<br />
Dialekte unterscheiden sich deutlich<br />
voneinander. Jeder weiß: Die gesprochene<br />
Sprache in Sachsen hört sich<br />
völlig anders an als die Sprache der<br />
Hamburger, und ein Frankfurter ist<br />
sofort von einem Kölner zu unterscheiden.<br />
Ja selbst von Ort zu Ort<br />
changieren die Dialekte – zumindest<br />
in Nuancen. Das merkt man schon<br />
bei den unterschiedlichen Begrüßungsformeln.<br />
Die reichen von<br />
„Grüß Gott“ über „Tach“ bis<br />
„Moin“. Die Handwerker, die uns die<br />
gute deutsche Wurst produzieren,<br />
heißen „Fleischhauer“, „Metzger“<br />
oder „Schlachter“, und der Tag vor<br />
Sonntag wird je nach Region „Samstag“<br />
oder „Sonnabend“ genannt.<br />
Die Dialektforschung hat nachgewiesen,<br />
dass diese bis heute belegbaren<br />
Sprachräume (siehe Karte) auf alte<br />
Herrschaftsgebiete und Territorien<br />
oder auf naturräumliche Gegebenheiten<br />
zurückgehen. Dort, wo es<br />
politische, religiöse oder natürliche<br />
Grenzen durch Berge oder Flüsse<br />
gab, dort entwickelte sich auch die<br />
Sprache anders als im Nachbargebiet.<br />
Immer wieder wurde das Ende der<br />
Mundarten heraufbeschworen, doch<br />
das Gegenteil ist der Fall. Mundarten<br />
erleben derzeit eher eine Renaissance.<br />
Offensichtlich sind sie für<br />
viele Menschen in einer immer<br />
größer und schneller werdenden<br />
Welt identitätsstiftend. Und wie sagte<br />
schon Johann Wolfgang von Goethe:<br />
„Jede Provinz liebt ihren Dialekt,<br />
denn er ist doch eigentlich das<br />
Element, aus dem die Seele ihren<br />
Atem schöpft.“ Oder, um es volkstümlich<br />
wie die Brüder Grimm<br />
auszudrücken: „Der Bär brummt<br />
immer nach der Höhle, in der<br />
geboren wurde.“<br />
11
Lebensart. Bayern<br />
Mit der Heimat verbunden,<br />
mit Bräuchen verwoben<br />
KWA Stift am Parksee, Unterhaching<br />
Ein Sonntag im Leben eines bayerischen<br />
Mitbürgers. – Trotz des weißblauen<br />
bayerischen Himmels steht<br />
der Bayer morgens grundsätzlich<br />
grantig auf. Sogleich zieht er sich<br />
das Trachtenhemd über den mehr<br />
oder weniger ausgeprägten Bierbauch,<br />
schlupft in seine Lederhose<br />
und zieht sich die Haferlschuhe an<br />
nebst Trachtenhut mit Gamsbart.<br />
Nach einem Haferl Kaffee macht er<br />
sich auf den Weg zur Frühmesse,<br />
biegt aber rechtzeitig ab zum Frühschoppen.<br />
Es gibt Weißwurscht zum<br />
Zuzeln mit süßem Senf und eine<br />
resche Brezn, unbedingt vor dem<br />
12-Uhr-Läuten. Dazu ein Weißbier.<br />
Dabei wird mit den Tischnachbarn<br />
angeregt diskutiert. Zuerst das letzte<br />
Fußballspiel des FC Bayern. Das Ergebnis<br />
ist immer dasselbe: „Mia san<br />
mia.“ Nur die „weißblauen Sechzger“<br />
vom TSV 1860 München sehn<br />
des anders – vielleicht auch Fans<br />
der anderen 4.622 Fußballvereine in<br />
Bayern. Dann wird ein Loblied auf<br />
die Charakterköpfe Bayerns gesungen.<br />
Allen voran Franz Josef Strauß,<br />
König Ludwig II. und Georg Kronawitter.<br />
Der ewige Stenz Monaco<br />
Franze mit seim Spatzerl darf natürlich<br />
nicht fehlen.<br />
Dann pressiert‘s: Die Frau ruft<br />
schon. Der Schweinsbraten mit<br />
Knödel und Krautsalat steht auf dem<br />
Tisch. Nach dem Mittagessen würde<br />
er gerne „nur ein Viertelstündchen“<br />
auf dem Kanapee ausruhen. Aber<br />
es steht Kultur auf dem Programm:<br />
Zahnradbahnfahrt auf die Zugspitze<br />
– mit 2.962 Metern Deutschlands<br />
höchster Berg – oder bergsteigen<br />
auf´n Perlacher Muckl – glei neben<br />
dem KWA Stift am Parksee, mit 28<br />
Meter Höhe Bayerns niedrigster Berg<br />
– oder Wallfahren nach Andechs<br />
zum heiligen Berg. Oder vielleicht<br />
doch liaber Schifferlfahrn am Starnberger<br />
See oder nach Neuschwanstein?<br />
Des is aber auch net einfach,<br />
bei den 1.477 Schlössern und 428<br />
Seen in Bayern.<br />
Auch die Weltstadt mit Herz lockt<br />
Menschen aus aller Welt, die 12,8<br />
Millionen Bayern sowieso. Von der<br />
Schönheitengalerie in Schloss Nymphenburg<br />
über Buidlschaun in der<br />
Alten oder Neuen Pinakothek bis hin<br />
zum Nachttopfmuseum. Für jeden<br />
Sonntag im Jahr gibt es ein anderes<br />
Museum, in München sind es an die<br />
80, bayernweit etwa 1.150. Und wer<br />
net so gern ins Museum geht, kann<br />
rauf auf den Olympiaturm, rein ins<br />
BMW-Museum oder runter zum Viktualienmarkt.<br />
Aber für einen bodenständigen<br />
und heimatverbundenen<br />
Bayern ist es doch am schönsten, im<br />
Englischen Garten am Chinesischen<br />
Turm der Blasmusik zuzuhören,<br />
mit einer frisch gezapften Maß Bier<br />
und am Gickerl – einem Brathendl.<br />
Der Englische Garten ist der älteste<br />
Volksgarten Europas, 417 Hektar<br />
groß und somit die größte innerstädtische<br />
Parkanlage weltweit. 110<br />
Biergärten gibt es allein in München,<br />
30.000 Brauereien in Bayern – na<br />
dann prost! Nach dem anstrengenden<br />
Kulturprogramm geht es zum<br />
Dallmayr. Dort gibt‘s für die Frau<br />
ein Haferl Kaffee und dann die Qual<br />
der Wahl: an Zwetschgendatschi, a<br />
Prinzregententorte oder doch a Bayrisch<br />
Creme? Dallmayr bietet alles,<br />
was das Herz begehrt, betreibt das<br />
größte Delikatessengeschäft Europas.<br />
Im Sinne von „leben und leben<br />
lassn“ wird schließlich das Abendprogramm<br />
eingeläutet. Sie muss sich<br />
entscheiden, ob sie mit der Freundin<br />
in die Oper, ins Prinzregententheater<br />
oder zur Iberlbühne geht. Bei den<br />
insgesamt beinah 50 Theaterbühnen<br />
in München fällt die Entscheidung<br />
net so leicht. Er jedenfalls geht<br />
abends zum Schafkopfen ins Hofbräuhaus<br />
oder in die Stüberlrunde<br />
im Stift am Parksee, gibt vorher seiner<br />
feschen Frau a Busserl und sagt<br />
„Ja mei, du schaugst aber guad aus“<br />
– frei nach Haindling, a scheene<br />
neie Volksmusik.<br />
PS: Ohne Gewähr. Vielleicht ist in<br />
Bayern doch „ois anders“.<br />
B. Calina, G. Edhofer-Simon,<br />
S. Treese, A. Kurka-Wöbking<br />
12<br />
<strong>alternovum</strong> | 2/2017
Lebensart. Baden<br />
Von der Sonne verwöhnt,<br />
von der Natur beglückt<br />
KWA Parkstift St. Ulrich, Bad Krozingen<br />
Ehe ich das Leben in Baden beschreibe,<br />
fange ich am besten mit mir<br />
selbst an: Ich bin 1922 in Freiburg im<br />
Breisgau geboren, wurde im Münster<br />
getauft und meine Sprache war der<br />
hiesige Dialekt „Alemannisch“, in<br />
der sanfteren Ausgabe des Freiburger<br />
Zungenschlags. „Mer het halt<br />
g´schwätzt mitenand.“ Heute lebe<br />
ich im KWA Parkstift St. Ulrich in<br />
Bad Krozingen – im Südwesten von<br />
Freiburg, der Perle des Breisgaus, mit<br />
seinen Bächle und seinem Münster.<br />
Das Leben hier ist geprägt durch die<br />
verschiedenartige Landschaft. In der<br />
heiteren Rheinebene, die sich nach<br />
Süden und Westen erstreckt, wachsen<br />
Kartoffeln, Getreide, Mais – in<br />
meiner Jugend hieß der noch<br />
„Welschkorn“ – und in Fülle der<br />
köstliche Spargel. In den Dörfern<br />
spricht man vor allem „Alemannisch“<br />
miteinander, oft von Ort zu<br />
Ort mit seinen Eigenheiten. „Nai‘,<br />
hem mer g‘sait“, war der Kaiserstühler<br />
Schlachtruf, als sie ein Gebiet im<br />
Rheinwald besetzt hielten und so<br />
den Bau eines Atomkraftwerks<br />
verhinderten.<br />
Der Feldberg, mit 1.493 Metern der<br />
höchste Berg in Baden-Württemberg,<br />
ist ein ideales Skigebiet. Freiburg ist<br />
für viele die Hauptstadt des Schwarzwaldes.<br />
Das Freiburger Stadtgebiet<br />
reicht bis hinauf zum Schauinsland,<br />
auf 1.284 Meter über Meereshöhe,<br />
und wenn es das Wetter will, sieht<br />
man von dort in der Ferne den Eiger,<br />
den Mönch und die Jungfrau. Der<br />
alemannische Heimatdichter Johann<br />
Peter Hebel besang einst noch einen<br />
anderen Aussichtspunkt. Hierzu eine<br />
Strophe aus „Der Schwarzwälder im<br />
Breisgau“:<br />
Z’Bürglen uf der Höh,<br />
nei, was cha me seh!<br />
O wie wechsle Berg und Tal,<br />
Land und Wasser überal,<br />
z’Bürglen uf der Höh!<br />
Mit „Z’Bürglen“ ist Schloss Bürgeln<br />
gemeint – ein Kleinod im Markgräflerland.<br />
Von den Terrassen der<br />
Anlage haben Besucher bei klarem<br />
Wetter ein großartiges Panorama vor<br />
Augen. Der Kaiserstuhl erhebt sich<br />
aus der Ebene zum Rhein hin. Es ist<br />
die wärmste Region Deutschlands.<br />
Hier gedeihen wunderbare Weine,<br />
von Gutedel bis Spätburgunder,<br />
blühen Kirsch- und Pfirsichbäume<br />
und die Straßen sind gesäumt von<br />
Nussbäumen. Am Badberg – der<br />
zum Kaiserstuhl gehört und als<br />
Naturschutzgebiet ausgewiesen ist –<br />
findet man seltene Pflanzen wie die<br />
Küchenschelle, die Ragwurz oder<br />
Frauenschuh und seltene Tiere wie<br />
Bienenfresser und Feuersalamander.<br />
Das Leben der Schwarzwald-Bauern<br />
ist schwer, denn die Hänge sind steil.<br />
Man lebt vom Herz der Wälder und<br />
der Viehwirtschaft, auf den sonnigen<br />
Weiden grasen heute große Zuchtviehherden.<br />
Das Trachtenleben wird<br />
an einigen Orten – zum Beispiel im<br />
Glottertal, in Münstertal oder in<br />
St. Peter – durch die Trachtenvereine<br />
sehr ernsthaft betrieben. Im Alltag<br />
sind die Trachten jedoch verschwunden.<br />
Auf Speisekarten findet man oftmals<br />
Ochsenbrust mit Salzkartoffeln und<br />
Meerrettichsoße oder Rehrücken mit<br />
„g’schabte“ Spätzle und Pilzen. Die<br />
Beilage „Kratzede“ ähnelt Kaiserschmarrn,<br />
ist aber salzig. Die Bevölkerung<br />
ist lebensfroh und heiter – wie<br />
kann es auch anders sein. Zur Geselligkeit<br />
trifft man sich in Stadt und<br />
Land in der „Straußi“ bei Spargel und<br />
Wein, im Herbst zu Zwiebelkuchen<br />
und neuen Süßen – jungem ungefiltertem<br />
Wein – und zu allen Zeiten<br />
findet sich ein Grund zum Feiern.<br />
Johanna-Katharina Sautter<br />
13
Lebensart.<br />
Titel.<br />
Der 1967 in Nürnberg geborene<br />
Markus Söder ist promovierter<br />
Jurist. Nach Stationen als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der<br />
Universität Erlangen-Nürnberg und<br />
als Redakteur beim Bayerischen<br />
Rundfunk wurde er 1994 Mitglied<br />
des Bayerischen Landtags. Von<br />
1995 bis 2003 hatte er den Landesvorsitz<br />
der Jungen Union<br />
Bayern inne. Dem folgten vier<br />
Jahre als CSU-Generalsekretär.<br />
2007 wurde Markus Söder von<br />
Günther Beckstein in die Staatsregierung<br />
berufen: als Bayerischer<br />
Staatsminister für Bundes- und<br />
Europaangelegenheiten; ein Jahr<br />
später dann von Ministerpräsident<br />
Horst Seehofer als Staatsminister<br />
für Umwelt und Gesundheit. Seit<br />
2011 steht er an der Spitze des<br />
Staatsministeriums der Finanzen,<br />
welches 2013 ausgebaut wurde:<br />
zum Staatsministerium der Finanzen,<br />
für Landesentwicklung und<br />
Heimat. Damit ist Markus Söder<br />
der erste und einzige Heimatminister<br />
Deutschlands.<br />
KWA<br />
Exklusiv -<br />
Interview<br />
„Heimat ist ein<br />
emotionaler Anker“<br />
Bildnachweis: Bayer. Finanzministerium<br />
Interview mit dem Bayerischen Staatsminister Markus Söder.<br />
Herr Staatsminister, das Titelthema<br />
dieser <strong>alternovum</strong>-Ausgabe ist<br />
Lebensart. Dazu gibt es Beiträge, die<br />
verschiedene Regionen Deutschlands<br />
beleuchten. Was kennzeichnet<br />
bayerische Regionen?<br />
Bayern hat eine große regionale<br />
Vielfalt zu bieten, verschiedene<br />
Stämme und auch Mentalitätsunterschiede.<br />
Die Altbayern sind eher<br />
traditionell veranlagt. Sie erinnern<br />
sich einerseits gern an den König –<br />
den Kini. Aber sie sind andererseits<br />
auch ganz froh, wenn sie ihm ab und<br />
zu die Meinung sagen können.<br />
Grundsätzlich ist der Altbayer sehr<br />
lebensfroh und locker, nach dem<br />
Motto: leben und leben lassen. Auch<br />
der Franke ist an und für sich sehr<br />
gesellig, sitzt aber in einem Lokal<br />
gerne an seinem eigenen Tisch. Wir<br />
sind im Inneren schon auch mal<br />
euphorisch, aber nach außen hin<br />
eher zurückhaltend. Die höchste<br />
Form des Lobes, die ein Franke<br />
aussprechen kann, ist: Basst scho.<br />
In einem sind sich Franken und<br />
Altbayern jedoch einig: Sie sind froh,<br />
dass sie keine Preußen sind.<br />
Was verbinden Sie mit dem Begriff<br />
„Heimat“?<br />
Heimat ist ein emotionaler Anker. Da<br />
zieht es einen immer wieder hin. Da<br />
kennt man alles. Das bemisst sich an<br />
Erinnerungen, am Essen oder an<br />
Düften. Wenn in Nürnberg Christkindlesmarkt<br />
ist und man riecht die<br />
Mischung aus Lebkuchen und Glühwein,<br />
dann weiß man: Da bin ich<br />
daheim, da gehöre ich hin. Dabei ist<br />
Heimat nichts Statisches. Das Gefühl<br />
kann sich verändern, wenn man sich<br />
anderswo niederlässt. Aber es ist<br />
immer ein Gefühl des Angenommen-<br />
14<br />
<strong>alternovum</strong> | 2/2017
seins und des Angekommenseins. Das<br />
ist in einer globalen Welt meines<br />
Erachtens mit das Wichtigste.<br />
Bayern ist das einzige Bundesland<br />
mit einem Heimatministerium. Wie<br />
kam es zur Idee, eines einzurichten?<br />
Die Idee stammt von unserem<br />
Ministerpräsidenten. Das wurde<br />
von anderen Parteien am Anfang ein<br />
wenig belächelt. Weil manche<br />
Probleme haben, sich mit dem Begriff<br />
Heimat auseinanderzusetzen. Dabei<br />
ist Heimat das, was viele Menschen<br />
wollen und brauchen; etwas, wo man<br />
zur Ruhe kommt. Dazu gehörten<br />
auch die Sprache und der Dialekt.<br />
Dialekt war früher verpönt. Heute<br />
weiß man, dass Dialekt die sprachliche<br />
Intelligenz fördert.<br />
Welche primären Ziele verfolgen Sie<br />
als Heimatminister?<br />
Die Leistungsfähigkeit in unserem<br />
Land ist nicht gleich verteilt. Wir<br />
haben hier in München eine fast<br />
schon überhitzte Metropolregion mit<br />
extremem Erfolg. Wir haben aber auch<br />
ländliche Regionen – beispielsweise<br />
in Oberfranken, zu Tschechien hin –,<br />
die nach wie vor Strukturprobleme<br />
haben. Unsere Aufgabe ist, dafür zu<br />
sorgen, dass wir nicht noch mehr<br />
Zuzug und Verdichtung in Ballungszentren<br />
bekommen, mit ökologischen<br />
Folgen aufgrund von Feinstaubbelastung<br />
durch zu viele Pendler und mit<br />
sozialen Folgen aufgrund von hohen<br />
Preisen bei den Mieten. Unser Ziel ist,<br />
Wohnen und Arbeiten so zu organisieren,<br />
dass wir eine gleichmäßigere<br />
Verteilung haben. Der Breitbandausbau,<br />
der kommunale Finanzausgleich<br />
und Behördenverlagerungen in<br />
ländliche Räume sind Maßnahmen,<br />
um dies zu erreichen.<br />
Gibt es auch ein übergeordnetes Ziel?<br />
Wir haben geradezu eine Landflucht<br />
in Deutschland – vor allem im Osten.<br />
Alle Menschen kommen gerne nach<br />
Bayern, weil wir die mit Abstand<br />
größte Wirtschaftskraft haben und<br />
den richtigen Mix von Infrastruktur,<br />
Technologie, Innovation und Tradition.<br />
Roman Herzog hat es Laptop und<br />
Lederhose genannt. Der Franke<br />
würde sagen: Lebkuchen und Laser.<br />
Wir schaffen modernste Arbeitsplätze,<br />
erhalten aber auch Bräuche wie<br />
Leonhardi-Ritte und Fronleichnamsprozessionen.<br />
Und wir nehmen<br />
christliche Feiertage sehr ernst. Gleichzeitig<br />
sind wir weltoffen. Wir modernisieren<br />
Heimat, wollen nicht, dass<br />
der ländliche Raum ein Museum wird.<br />
Oder dass er nur noch Bären und<br />
Wölfen Heimat bietet. Wir wollen vor<br />
allem nicht, dass ältere Menschen aus<br />
Dörfern irgendwann in großstädtische<br />
Wohnblocks ziehen müssen, weil<br />
die Versorgung vor Ort nicht mehr<br />
funktioniert. Unser Ziel ist, Industrie,<br />
Arbeitsplätze und Technologie auch in<br />
ländliche Regionen zu bringen. Ein<br />
Beispiel: Wenn eine Operationsmethode<br />
aus einer Uniklinik auf digitalem<br />
Weg übertragen werden kann,<br />
können auch kleinere Krankenhäuser<br />
Entsprechendes umsetzen. Ein Breitbandanschluss<br />
ermöglicht also auch<br />
eine bessere medizinische Versorgung<br />
auf dem Land.<br />
Von der Technik zurück zum Gefühl.<br />
Wie ist das eigentlich mit Flüchtlingsfamilien?<br />
Und mit Familien, die<br />
aus beruflichen Gründen umziehen?<br />
Können sie überhaupt ein Gefühl für<br />
Heimat entwickeln?<br />
Bei Menschen, die aus anderen<br />
Kulturkreisen kommen, haben wir<br />
eine Integrationsverpflichtung: um<br />
den Kern dessen zu erhalten, was<br />
unsere Heimat und unsere Gesellschaft<br />
ausmacht. Wir sind eine<br />
christlich-abendländisch geprägte<br />
Gesellschaft. Das wollen wir hier in<br />
Bayern auch gerne bleiben. Deshalb<br />
haben wir ein Integrationsgesetz<br />
verabschiedet, mit dem wir beispielsweise<br />
den Respekt vor anderen<br />
Religionen einfordern und den<br />
Respekt vor der Gleichberechtigung<br />
von Mann und Frau. Wir ergreifen<br />
auch Maßnahmen, wenn dagegen<br />
„Man kennt sich aus. Man kennt die Leute. Und die Leut<br />
kennen einen. Und man ist ein Bestandteil. Wie ein<br />
Puzzlestück: Wenn man hineingelegt wird, dann passt es.“<br />
verstoßen wird. Es muss klar sein: Wer<br />
bei uns leben will, hat sich unseren<br />
Werten, Sitten und Gebräuchen anzupassen.<br />
Damit das gelingt, haben<br />
wir bewusst neue Lehrerstellen geschaffen:<br />
für Migrationsklassen, in<br />
denen Kindern Sprache und Werte<br />
unserer Gesellschaft vermittelt<br />
werden. Das ist das A und O.<br />
Menschen, die aus anderen Bundesländern<br />
zu uns ziehen, weil sie den<br />
Arbeitsplatz wechseln, fühlen sich<br />
hier sehr schnell angenommen und<br />
wohl: Weil Bayern ein Land ist, in<br />
dem Gastfreundschaft und Gemütlichkeit<br />
herrschen. Auch die überragend<br />
schöne Natur spielt eine Rolle<br />
und die Work-Life-Balance. Die<br />
Lebensqualität ist hier sehr hoch<br />
und die Menschen nehmen das an.<br />
Irgendwann geht auch jeder zum<br />
Oktoberfest und trägt Tracht.<br />
Was schätzen Sie persönlich am<br />
allermeisten an Ihrer Heimat?<br />
Man kennt sich aus. Man kennt die<br />
Leute. Und die Leut kennen einen.<br />
Und man ist ein Bestandteil. Wie ein<br />
Puzzlestück: Wenn man hineingelegt<br />
wird, dann passt es.<br />
Sieglinde Hankele<br />
15
Blickwinkel.<br />
Gutes Leben<br />
im Alter<br />
Prof. Dr. Thomas Klie<br />
Die Siebte Altenberichtskommission der Bundesregierung hat sich intensiv<br />
mit der Frage auseinandergesetzt, was denn gutes Leben im Alter heißt.<br />
Die Bundeskanzlerin und das Bundeskanzleramt haben in weit über<br />
hundert Städten und Gemeinden in Deutschland Bürgerinnen und Bürger<br />
danach gefragt, was für sie denn gutes Leben ausmacht.<br />
In einem modernen Verständnis von<br />
Daseinsvorsorge fragt man nach den<br />
Bedingungen guten Lebens: Sind sie<br />
vor Ort gegeben oder nicht – Wohnen,<br />
Infrastruktur, Bildung, Kultur,<br />
Natur? Was kann und muss getan<br />
werden, um Städte und Dörfer,<br />
Quartiere und Ortsteile so auszugestalten,<br />
dass der Mensch sein Leben<br />
entfalten kann? Als Referenz für die<br />
Debatte über Bedingungen guten<br />
Lebens dient die Konzeption von<br />
Martha Nussbaum, eine der wichtigsten<br />
Philosophinnen unserer Zeit.<br />
Sie hat zehn Punkte zusammengestellt,<br />
in der die Bereiche menschlichen<br />
Lebens beschrieben und die<br />
Befähigungen abgeleitet werden,<br />
über die ein Mensch verfügen muss,<br />
damit er die Möglichkeiten für ein<br />
gelingendes Leben hat.<br />
16<br />
<strong>alternovum</strong> | 2/2017<br />
Befähigungen nach Nussbaum<br />
1. (Lebenswertes) Leben<br />
2. Körperliche Integrität<br />
3. Gefühlserfahrung<br />
4. Kognitive Fähigkeiten<br />
5. Vertrauen<br />
6. Vorstellung des Guten<br />
7. Sozialität<br />
8. Verbundenheit mit der Natur<br />
9. Freizeitgestaltung (Spiel, Lachen …)<br />
10. Vereinzelung/Privatheit<br />
Die Liste beansprucht Geltung für<br />
alle Menschen auf dieser Welt,<br />
wobei sie nicht als abschließend<br />
formuliert wurde, sondern offen ist<br />
für andere kulturelle Interpretationen<br />
und sich mit der Zeit verändernden<br />
Bedürfnisse des Menschen. Wichtig<br />
ist für Martha Nussbaum die Unterscheidung<br />
zwischen den Wesensmerkmalen<br />
des Menschen, etwa<br />
der Sterblichkeit, der Körperlichkeit,<br />
Freude und Schmerz, praktische<br />
Vernunft, Verbundenheit mit anderen<br />
Menschen, aber auch mit der Natur,<br />
Humor und Spiel sowie Privatheit.<br />
Diesen Wesensmerkmalen stellt sie<br />
die Grundbefähigungen gegenüber,<br />
die sich als Liste der Bedingungen guten<br />
Lebens lesen lässt. Habe ich die<br />
Möglichkeit, mich zurückzuziehen,<br />
die Fähigkeit zu lachen, zu spielen<br />
und mich zu erholen? Die Fähigkeit<br />
miteinander zusammen zu sein und<br />
sich mit anderen zu identifizieren,<br />
gehört genauso dazu wie die Vorstellung<br />
des Guten und Vertrauen als<br />
Fähigkeit zur Bindung an Dinge oder<br />
Personen, zur Liebe, Trauer, Dankbarkeit<br />
oder Sehnsucht. Die Wesensmerkmale<br />
des Menschen und die<br />
Grundbefähigung, in diesem Sinne<br />
sein eigenes Menschsein entfalten zu<br />
können, gilt für alle Lebensphasen,<br />
auch und gerade im Alter.<br />
KWA nimmt für sich in Anspruch, Bedingungen<br />
guten Lebens zu fördern.<br />
Nutzen muss man sie nicht, darauf<br />
legt Martha Nussbaum Wert. Was<br />
von den Möglichkeiten, die die Gesellschaft,<br />
die ein Ort, die ein Wohnstift<br />
bietet, genutzt wird, das bleibt<br />
Angelegenheit des Einzelnen. Nur die<br />
Möglichkeiten müssen eben offenstehen<br />
und Angebote zur Befähigung.<br />
In der letzten Kundenbefragung von<br />
KWA wurden erstmals Fragen zum<br />
guten Leben im Wohnstift gestellt,<br />
einige davon sind aus der Liste von<br />
Martha Nussbaum übernommen. Sie<br />
zeichnen ein interessantes Bild von<br />
den Vorstellungen und Möglichkeiten<br />
eines guten Lebens in den KWA<br />
Wohnstiften. Am sozialen Leben<br />
teilzunehmen ist den meisten Stiftsbewohnerinnen<br />
und -bewohnern<br />
ausgesprochen wichtig. Die Möglichkeiten,<br />
die sie in den KWA Wohnstiften<br />
finden, werden als ausgesprochen<br />
gut bewertet: Es gibt offenbar<br />
mehr Möglichkeiten am Sozialen<br />
teilzunehmen als individuell genutzt<br />
und gewünscht. Eingeschränkt gilt<br />
dies auch für die Freizeitgestaltung,
Netzwerke.<br />
die Möglichkeit, um mit Nussbaum<br />
zu sprechen, zu lachen, zu spielen<br />
und sich zu erholen. Interessen,<br />
Hobbys und eigene Pläne zu verfolgen,<br />
ist den Stiftsbewohnern über alle<br />
Einrichtungen hinweg ausgesprochen<br />
wichtig. Sie finden in ihrem Wohnstift<br />
auch gute Möglichkeiten, die nur<br />
leicht hinter dem zurückbleiben, was<br />
sie sich wünschen.<br />
Für die seelische Gesundheit ist es<br />
von zentraler Bedeutung, für andere<br />
bedeutsam zu sein, gebraucht zu<br />
werden und Aufgaben im Leben zu<br />
haben. Das gilt auch im Alter, auch<br />
im hohen Alter. Dies sehen auch die<br />
Bewohnerinnen und Bewohner der<br />
KWA Wohnstifte so. 85 % sind der<br />
Meinung: Es ist wichtig, Aufgaben im<br />
Leben zu haben. Sich für andere, sich<br />
für eine gute Welt im Kleinen, für die<br />
Gemeinschaft zu engagieren, auch<br />
dies gehört für Martha Nussbaum zu<br />
einem guten Leben. KWA fördert das<br />
Engagement der Stiftsbewohnerinnen<br />
und -bewohner, aber auch das von<br />
Bürgerinnen und Bürgern für sie, insbesondere<br />
für die vulnerablen und auf<br />
Pflege angewiesenen Bewohner. Immerhin<br />
betonen über 60 %, dass ihnen<br />
das freiwillige Engagement wichtig ist.<br />
Besonders ausgeprägt ist bei den<br />
Stiftsbewohnerinnen und -bewohnern<br />
das Interesse an aktuellen Entwicklungen,<br />
an Politik, Kultur und Gesellschaft.<br />
Groß ist das Bedürfnis, ein<br />
selbstbestimmtes, autonomes Leben<br />
zu führen. Auch die Möglichkeiten,<br />
diese für die modernen Menschen so<br />
wichtigen Bedingungen des Lebens<br />
bis ins hohe Alter verfolgen zu können,<br />
werden in den Wohnstiften von<br />
KWA als besonders günstig eingeschätzt.<br />
Ein gutes Feedback. Das Ergebnis<br />
enthält aber auch Aufträge für<br />
die KWA Wohnstifte. Guter Service<br />
ist Pflicht, er ist vertraglich geschuldet.<br />
Das aber, was Wohnorte im<br />
Alter zu Orten guten Lebens macht,<br />
das hängt von weit mehr ab. Martha<br />
Nussbaum hat es in kluger Weise<br />
herausdestilliert.<br />
KWA Kurstift Bad Dürrheim<br />
„Gesund und fit<br />
am Salinensee“<br />
Alles unter einem Dach – nach diesem<br />
Prinzip kooperieren derzeit 16<br />
Partner im Ärzte- und Gesundheitszentrum<br />
Salinea. Dazu wurden im<br />
Erdgeschoss des KWA Kurstifts Bad<br />
Dürrheim auf rund 1.000 Quadratmetern<br />
Räumlichkeiten geschaffen,<br />
für Fachärzte und Experten verschiedenster<br />
Gesundheitsdisziplinen,<br />
darunter Orthopädie, Rehabilitationsmedizin,<br />
Physiotherapie, Logopädie,<br />
Orthopädietechnik, Orthomolekulare<br />
Therapie, Heilpraktiker, Psychotherapie,<br />
Sexualtherapie, NLP-Training,<br />
Yoga, Sport, Beauty, Wellness und<br />
Business-Coaching.<br />
Für die Bewohner des Kurstifts stellt<br />
diese gute Erreichbarkeit von Fachärzten<br />
und Therapeuten einen Vorteil<br />
dar, der das Leben im Alltag deutlich<br />
erleichtert. Bei Bedarf müssen sie<br />
keine langen Wege mehr auf sich<br />
nehmen, da sich nun vieles direkt<br />
im Gebäude des Kurstifts befindet.<br />
Wer beispielsweise Physiotherapie<br />
verordnet bekommt, kann mit dem<br />
Aufzug direkt zur Physiotherapiepraxis<br />
Bank fahren. Selbstverständlich<br />
können Stiftsbewohner auch Therapeuten<br />
oder Fachärzte aufsuchen,<br />
die nicht im Salinea angesiedelt sind.<br />
Es besteht freie Arztwahl. Doch<br />
verständlicherweise schätzen viele<br />
Stiftsbewohner diese komfortable<br />
Möglichkeit, sich beraten, behandeln<br />
und therapieren zu lassen.<br />
Mittlerweile besteht das Salinea in<br />
dieser Form seit eineinhalb Jahren.<br />
„Geschäftsführer Wolfgang Wenzler<br />
und ich hatten damals ein klares Ziel<br />
vor Augen: Wir wollten das ehemalige<br />
medizinische Versorgungszentrum<br />
ausbauen, sodass es sowohl für<br />
Stiftsbewohner als auch für Bad Dürrheimer<br />
und Auswärtige noch attraktiver<br />
wird“, berichtet Salinea-Manager<br />
Thomas Bank. Deshalb entwickelten<br />
die beiden gemeinsam mit Joachim<br />
Bank, dem Betreiber der Physiotherapiepraxis<br />
Bank, und Stiftsdirektorin<br />
Ileana Rupp das heutige Konzept<br />
„Gesund und fit am Salinensee“. Und<br />
es hat sich bewährt.<br />
Eine entscheidende Rolle spielt dabei<br />
auch heute noch die gute Vernetzung<br />
aller Akteure. „Dass das alles<br />
geschafft werden konnte, liegt an der<br />
guten Teamarbeit“, so Thomas Bank.<br />
„So ein breit gefächertes Angebot<br />
wäre unmöglich, wenn hier nicht so<br />
professionell, aber auch freundschaftlich<br />
miteinander gearbeitet würde.“<br />
Sandra Wilderotter<br />
17
Lebensart.<br />
18<br />
<strong>alternovum</strong> | 2/2017
19
Menschen.<br />
KWA Stift Brunneck<br />
Existenzsicherung durch<br />
Entwicklungshilfe<br />
Wolfram Ruhenstroth-Bauer betreute unter anderem<br />
Entwicklungsprojekte in Südamerika<br />
Musik liegt in der Luft im KWA Stift<br />
Brunneck: dank Sonntagsmatineen,<br />
musikalischen Bewohnern und einer<br />
musizierenden Stiftsdirektorin. Das ist<br />
einer der Gründe, weshalb Wolfram<br />
Ruhenstroth-Bauer sich für ein Leben<br />
in diesem Wohnstift entschieden hat.<br />
Er ist im Sudetenland in einem musikalischen<br />
Haus aufgewachsen, hat<br />
schon als Sechsjähriger Klavierunterricht<br />
bekommen. Und noch heute, mit<br />
92, spielt er gerne – bisweilen auch<br />
für Mitbewohner und Gäste. Seine<br />
Berufung war dennoch die Entwicklungshilfe.<br />
Als 1925 Geborener musste er im<br />
Zweiten Weltkrieg dienen. Doch er<br />
kam gesund zurück, konnte in München<br />
Agrarwissenschaft studieren und<br />
eine Familie gründen – seine Frau<br />
schenkte ihm drei Söhne. Eine erste<br />
wichtige berufliche Station war das<br />
Staatssekretariat für das Flüchtlingswesen<br />
im Bayerischen Innenministerium.<br />
So richtig große Aufgaben warteten<br />
jedoch in Bonn auf ihn: ab 1954 am<br />
Bundesministerium für Vertriebene,<br />
von 1963 bis 1972 am Bundesministerium<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung.<br />
Seine primäre Aufgabe im Referat<br />
für landwirtschaftliche Entwicklungshilfe<br />
war, Finanzierungswünsche zu<br />
Entwicklungsprojekten zu prüfen<br />
20 <strong>alternovum</strong> | 2/2017<br />
sowie den Einsatz der Mittel und<br />
Fortschritte vor Ort zu begutachten.<br />
Ein nach schwierigen Anfangsjahren<br />
äußerst erfolgreiches Projekt war<br />
und ist die Siedlung „Entre Rios“ im<br />
brasilianischen Bundesstaat Paraná:<br />
Dort bauten sich Donauschwaben ab<br />
dem Jahr 1951 eine neue Existenz auf,<br />
anfangs mit Geldern einer Schweizer<br />
Organisation. In einer kritischen<br />
Phase baten die Donauschwaben<br />
Deutschland um Hilfe – und sie wurde<br />
bewilligt: zunächst in Form von 30<br />
Mähdreschern. „Daraufhin bekamen<br />
sie dringend erforderliche Kredite von<br />
brasilianischen Banken“, berichtet<br />
Ruhenstroth-Bauer und betont: „Ohne<br />
unsere Unterstützung hätten die Siedler<br />
aufgeben müssen.“ Heute ist die<br />
Genossenschaft „Agrária“ der größte<br />
Malzproduzent Südamerikas, steht<br />
auf festen Beinen. Ein anderes südamerikanisches<br />
Entwicklungsprojekt<br />
kam Mennoniten in Paraguay zugute.<br />
Zunächst wurde eine Landwirtschaftsschule<br />
gebaut, später dann auch Ausbildungsstätten<br />
für Handwerker und<br />
ein Krankenhaus. Landwirtschaftliche<br />
Praktika in Deutschland und Berater<br />
aus Deutschland brachten zusätzliches<br />
Know-how und Fachwissen.<br />
Regelmäßig reiste Ruhenstroth-Bauer<br />
nach Südamerika, um beide Projekte<br />
in Augenschein zu nehmen und vor<br />
Ort Gespräche zu führen. Aber auch<br />
in Asien und Afrika wurden Projekte<br />
gefördert, die der landwirtschaftlichen<br />
Entwicklung dienten.<br />
1972 ging Ruhenstroth-Bauer nach<br />
Bayern zurück, ans Staatsministerium<br />
für Ernährung, Landwirtschaft und<br />
Forsten – und realisierte den Wunsch,<br />
sein Wissen durch Studien zu vertiefen<br />
und zu dissertieren. 1976 wurde<br />
er zum Doktor der Landwirtschaft<br />
promoviert, 1985 zum Doktor der<br />
Volkswirtschaft. Sein Berufsleben<br />
beschloss er als Ministerialdirigent. An<br />
der Fachhochschule Weihenstephan<br />
gab er als Lehrbeauftragter für Entwicklungspolitik<br />
19 Jahre lang nicht<br />
nur sein großes Wissen weiter, sondern<br />
auch persönliche Erfahrungen.<br />
Seine von großem Engagement geprägte<br />
Entwicklungsarbeit brachte ihm<br />
unter anderem die Ehrenbürgerschaft<br />
von Paraná ein, das Bundesverdienstkreuz<br />
am Bande sowie hohe Auszeichnungen<br />
verschiedener Länder<br />
und Organisationen. Gerne erinnert er<br />
sich an die von ihm organisierten Benefizveranstaltungen<br />
im Herkulessaal<br />
der Münchner Residenz, deren Ertrag<br />
vorwiegend in Projekte der deutschen<br />
Entwicklungshilfe floss. Nach wie vor<br />
gilt sein besonderes Interesse dem<br />
Fortschritt der landwirtschaftlichen<br />
Entwicklungshilfe und damit dem<br />
Kampf gegen den Hunger in der Welt.<br />
Sieglinde Hankele
KWA Georg-Brauchle-Haus<br />
Von Kastanienbäumen zu<br />
Bananenbäumen und zurück<br />
Liselotte Barz lebte fünf Jahre in Venezuela<br />
Rings um das Anwesen Zuckerrohr<br />
so weit das Auge reicht, bis an die<br />
Ränder des Urwalds, innerhalb des<br />
Anwesens Bananen-, Zitronen-,<br />
Kakao- und Kaffeebäume bis zur<br />
Veranda. So hat Liselotte Barz fünf<br />
Jahre lang gelebt: in Venezuela. Ihr<br />
Lebenspartner, ein Holländer, war<br />
dort Direktor in einer Zuckerfabrik.<br />
Einmal im Monat fuhren sie ins 700<br />
Kilometer entfernte Caracas. Trotz<br />
einer Begegnung mit Straßenräubern<br />
erinnert sie sich gerne an das pulsierende<br />
Leben und die kleinen Straßencafés.<br />
Während ihr Mann bei<br />
Meetings war, nutzte sie die Gelegenheit,<br />
die Stadt auf sich wirken zu<br />
lassen und Dinge einzukaufen, die<br />
auf dem Land nicht zu bekommen<br />
waren. Dreimal im Jahr flogen sie<br />
über den Atlantik, um Verwandte zu<br />
besuchen oder neue Städte und<br />
Länder kennenzulernen. Deshalb<br />
weiß sie, wovon sie redet, wenn sie<br />
sagt: „Venezuela ist wunderschön.“<br />
Abends gingen sie mit den beiden<br />
Hunden gerne am Strand spazieren:<br />
am nahen Maracaibo-See, einem<br />
Binnenmeer, das die größten Erdölvorräte<br />
Südamerikas birgt und im<br />
ganzen Land für Wohlstand sorgen<br />
könnte. Doch Korruption und Kriminalität<br />
verhindern dies. Am Wochenende<br />
sind sie oft in die Berge gefahren<br />
oder nach Aruba geflogen. Zu<br />
den ABC-Inseln war es nicht weit.<br />
Dort lebten viele Holländer, mit<br />
denen auch sie sich gut unterhalten<br />
konnte. Ihr Spanisch war nicht so gut.<br />
Was sie besser konnte war Russisch.<br />
Das hat sie als Mädchen an der<br />
Schule gelernt – sie ist in Meißen<br />
geboren und aufgewachsen. Dass sie<br />
ein gutes Leben haben würde, war<br />
ihr nicht in die Wiege gelegt. Der<br />
Vater fiel im Krieg, sie selbst war eine<br />
„aufmüpfige“ junge Frau. An ihrem<br />
ersten Arbeitsplatz – sie war Sekretärin<br />
an der Hochschule in Dresden –<br />
prophezeite ihr ihr Chef „Das wird<br />
noch ein böses Ende nehmen!“ –<br />
wenn sie wieder mal seinen Hut auf<br />
eine Büste von Karl Marx warf. Sie<br />
war viel in Westberlin, immer westlich<br />
gekleidet. „Die wussten genau,<br />
dass ich das Regime verachte“, sagt<br />
sie. Und so musste sie 1959 dann<br />
auch Hals über Kopf fliehen, hatte<br />
nur einen Aktenkoffer dabei, als sie<br />
in Berlin nahe der Sektorengrenze<br />
bei ihrer Tante unterschlüpfte. Als<br />
Reiseziel schwebte ihr Frankfurt am<br />
Main vor, weil ein alter Freund des<br />
Vaters dort eine Fabrik und somit<br />
Arbeit für sie hatte. Doch daraus<br />
wurde nichts. Der einzige Flug, der zu<br />
bekommen war, ging nach München.<br />
Bis auf die Kleider am Leib und ein<br />
paar Mark in der Tasche hatte sie<br />
nichts, als sie am Tag nach der<br />
Ankunft von einem kleinen Zimmer<br />
in Schwabing zur Hochschule<br />
München marschierte, um nach<br />
Arbeit zu fragen. Tatsächlich konnte<br />
sie dort als Sekretärin anfangen.<br />
Damit war der Anfang gemacht. Der<br />
Bruder kam nach, gründete hier eine<br />
Familie. Auch die Mutter folgte, als<br />
sie Rentnerin war und ausreisen<br />
durfte. Sie selbst lernte in München<br />
sowohl ihren ersten Mann kennen –<br />
einen Kaufmann, der aus St. Petersburg<br />
stammte – als auch den Mann,<br />
dem sie 1990 nach Venezuela folgte.<br />
Sie war früh verwitwet, wagte mit<br />
Ende 50 den Sprung in eine andere<br />
Welt. Die Wohnung in München hat<br />
sie jedoch immer behalten. Und als<br />
der Partner in den Ruhestand ging,<br />
kamen sie hierher zurück. Nirgendwo<br />
hat Liselotte Barz länger gelebt<br />
als in München. Die Stadt der<br />
Biergärten mit mächtigen Kastanienbäumen<br />
ist ihre Heimat. Seit einem<br />
Jahr lebt sie im Georg-Brauchle-<br />
Haus, ganz nahe am Ostpark.<br />
Sieglinde Hankele<br />
21
Engagement.<br />
Stiftsbeiratsvorsitz:<br />
„Auge, Ohr und Mund der Bewohnerinnen und Bewohner“<br />
KWA Caroline Oetker Stift<br />
KWA Stift Urbana im Stadtgarten<br />
Hanna Vahle<br />
Mit ihrer Universitätsbuchhandlung<br />
Phönix hat Hanna Vahle in Bielefeld<br />
Buchhandelsgeschichte geschrieben.<br />
Noch immer ist ihr Name eine feste<br />
Größe, weil es ihr in den Jahren ihrer<br />
Geschäftsführung gelungen ist, die<br />
Bedeutung guter Bücher zu vermitteln<br />
und die Reputation von Phönix<br />
beträchtlich zu steigern.<br />
Für sie war es in ihrem ganzen Leben<br />
selbstverständlich, Verantwortung zu<br />
übernehmen. Von 1993 bis 2000<br />
leitete sie beispielsweise den Dürkheimer<br />
Kreis – einen Freundeskreis<br />
aus Buchhandel und Verlagen.<br />
Als Hanna Vahle vor neun Jahren ins<br />
Caroline Oetker Stift zog, war ihr<br />
klares Ziel, ihr Leben weiterhin<br />
selbstbestimmt und aktiv zu gestalten.<br />
Und so knüpfte sie rasch Kontakte.<br />
Angesichts ihres Engagements<br />
für Bewohner und ihrer Verbundenheit<br />
mit dem Stift war es wenig<br />
überraschend, dass sie 2010 zur<br />
Vorsitzenden des Stiftsbeirates<br />
gewählt wurde. Dieses Amt bekleidet<br />
sie bis heute.<br />
Hanna Vahle sieht sich als Bindeglied<br />
zwischen der Hausleitung und<br />
der Bewohnerschaft, ebnet Wege<br />
und geht Probleme souverän an. Sie<br />
schlichtet auch Unstimmigkeiten<br />
zwischen Bewohnern, wenn es mal<br />
nicht so harmonisch zugeht. In den<br />
22 <strong>alternovum</strong> | 2/2017<br />
monatlichen Treffen mit der Stiftsleitung<br />
gibt sie Denkanstöße und<br />
vermittelt zwischen gegenläufigen<br />
Interessen. Zudem begleitet sie<br />
Geburtstagsbesuche und Festivitäten.<br />
Bewohner, die aufgrund von gesundheitlichen<br />
Einschränkungen Hilfe und<br />
Unterstützung benötigen, liegen ihr<br />
am Herzen. So begrüßte sie die<br />
Vergrößerung des Tages-Clubs im<br />
Caroline Oetker Stift. Hier treffen<br />
sich ganztags Bewohner, die nicht<br />
mehr in der Lage sind, am aktiven<br />
Leben teilzunehmen.<br />
Dabei reicht Hanna Vahles Blick weit<br />
über das Stift hinaus: Vor gut vier<br />
Jahren stellte sie einen Kontakt mit<br />
der Hochschule für Musik Detmold<br />
her. Seitdem finden einmal im Monat<br />
Konzerte von Studierenden oder<br />
Dozenten der Hochschule im Wohnstift<br />
statt. Durch ihre guten Verbindungen<br />
in der Bielefelder Musikszene<br />
vermittelte sie auch den Auftritt des<br />
Oratorienchors der Stadt Bielefeld in<br />
diesem Frühjahr.<br />
Inzwischen ist Hanna Vahle 90 Jahre<br />
alt und ihre Funktion als Stiftsbeiratsvorsitzende<br />
hat sie noch gut ein Jahr<br />
inne. Sicher denkt sie manchmal<br />
daran, etwas kürzerzutreten. Aber<br />
mit einem Augenzwinkern gibt sie<br />
zu: „Kürzertreten – das wäre ja<br />
langweilig.“<br />
Christiane Reese<br />
Dr. Peter Speckamp<br />
Das KWA Stift Urbana im Stadtgarten<br />
Bottrop lernte ich kennen, als meine<br />
Mutter stationäre Pflege in Anspruch<br />
nehmen musste. Eine Unterbringung<br />
in Wohnortnähe zu finden war nicht<br />
so leicht: Oft drängte sich schon bei<br />
der ersten Besichtigung der Eindruck<br />
auf, dass man sich dort nie wohlfühlen<br />
würde. Wohltuend anders die<br />
Atmosphäre im KWA Stift Urbana:<br />
großzügige gepflegte Flächen, ansprechende<br />
und wertige Ausstattung,<br />
freundlicher Empfang, moderne und<br />
offene Architektur im Grünen, umfassende<br />
Information mit offengelegter<br />
transparenter Kostenstruktur, überzeugende<br />
persönliche Gespräche mit der<br />
Pflegedienstleitung.<br />
Meine Mutter hat hier schnell ihren<br />
neuen Lebensmittelpunkt gefunden.<br />
Ich konnte es mir so einrichten, dass<br />
ich immer nach der Berufsarbeit beim<br />
KWA Stift Urbana vorbeifuhr, um<br />
meiner Mutter die familiäre Geborgenheit<br />
zu geben. Es war eine Zeit intensiver<br />
Begegnung und Nähe. Gleichzeitig<br />
nutzte ich dabei die Gelegenheit,<br />
den Kontakt zu den Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern zu suchen. Es war für<br />
beide Seiten gut und wichtig, sich austauschen<br />
zu können. Dabei konnten<br />
auch solche Dinge wie Arztbesuche<br />
oder Rezeptbesorgung geklärt, eingeleitet<br />
und abgewickelt werden.<br />
2003 fragte mich Frau Kriegler, stellvertretende<br />
Stiftsdirektorin, ob ich<br />
nicht Interesse hätte, für den Beirat zu
KWA Hanns-Seidel-Haus<br />
kandidieren. Trotz meiner Tätigkeit als<br />
Richter in der Landesjustiz war mir bis<br />
dahin der Beirat eines Seniorenstiftes<br />
weitgehend fremd: Wie setzt er sich<br />
zusammen und was sind seine Aufgaben?<br />
Nachdem dies geklärt war,<br />
entschloss ich mich, als Angehöriger<br />
zu kandidieren. Gewählt wurde ich<br />
zunächst als Ersatzmitglied, das im<br />
Laufe der Wahlperiode als ordentliches<br />
Mitglied nachrückte. Ich lernte<br />
den Beirat als gesetzliches Vertretungsorgan<br />
der Stiftsbewohner kennen,<br />
der sich seiner Mitbestimmungsrechte<br />
(Speiseplangestaltung, Veranstaltungsauswahl,<br />
Hausordnung) und<br />
Mitwirkungsrechte bewusst ist und das<br />
Gespräch mit den Verantwortlichen<br />
des Stiftes sucht. Rege Gedankenaustausche<br />
sind Teil der monatlichen<br />
Beiratssitzungen. Die Stiftsbewohnerinnen<br />
und -bewohner werden auf<br />
Bewohnerversammlungen über die<br />
Beiratsarbeit informiert und finden<br />
stets Gehör beim Beirat.<br />
Nach dem Tod meiner Mutter änderte<br />
sich der Status vom „Angehörigenvertreter“<br />
zur „Vertrauensperson“. 2016<br />
bin ich zum Vorsitzenden des derzeitigen<br />
Beirates gewählt worden. Meine<br />
Berufserfahrung als Jurist ist mir bei<br />
meiner Beiratsarbeit eine große Hilfe.<br />
Wichtig ist auch der Austausch mit den<br />
Beiratsvertretern der anderen KWA<br />
Stifte, der von der Unternehmensleitung<br />
gewünscht und unterstützt wird.<br />
Dr. Peter Speckamp<br />
Dr. Susanne Eick-Wildgans<br />
Aufmerksam hören, bewusst sehen<br />
und gezielt sprechen – das sind<br />
Eigenschaften, die das Ehrenamt<br />
einer Stiftsbeiratsvorsitzenden im<br />
Wohnbereich Pflege des Hanns-<br />
Seidel-Hauses kennzeichnen. Als<br />
Angehörige, die bereits seit vielen<br />
Jahren das Leben und Wohnen dort<br />
aktiv und engagiert begleitet hatte,<br />
kam die Anfrage im Jahr 2014, ob<br />
man als Angehörige für den Stiftsbeirat<br />
kandidieren wolle, für mich<br />
zunächst überraschend. Ein Blick in<br />
die gesetzlichen Vorgaben zeigte<br />
jedoch, dass in Bayern Angehörige<br />
von wahlberechtigten Bewohnern<br />
des Wohnbereichs Pflege in den<br />
Stiftsbeirat gewählt werden dürfen.<br />
Plötzlich betrachtet man das Haus<br />
noch intensiver, führt umfassende<br />
Gespräche, wird zum Ansprechpartner<br />
von Mitarbeitern einerseits – und<br />
Angehörigen und Bewohnern andererseits.<br />
Offene Fragen werden in<br />
einem entspannten Klima diskutiert<br />
und oft einer adäquaten Lösung<br />
zugeführt. Gemeinsam wird in den<br />
regelmäßigen Sitzungen mit Hausleitung,<br />
Pflege, Betreuung und Küche<br />
beraten, wie die Betreuung zugunsten<br />
der Bewohner noch verbessert<br />
werden kann, ohne Stress und<br />
Belastung für das Personal zu vergrößern.<br />
In Gesprächskreisen werden<br />
technische und organisatorische<br />
Neuerungen diskutiert, Erprobungen<br />
beschlossen – und auch wieder<br />
verworfen, wenn sie sich als nicht<br />
praktikabel erweisen.<br />
Da wir uns als Auge, Ohr und Mund<br />
der Bewohnerinnen und Bewohner<br />
verstehen, ist es unsere Berufung, für<br />
diejenigen aktiv zu sein, die nicht<br />
mehr vollständig in der Lage sind, für<br />
ihre Interessen selbst einzutreten. Der<br />
Nachteil einer Angehörigen, nur<br />
stundenweise im Haus zu sein, wird<br />
von dem Vorteil, eine klarere Sicht<br />
von außen haben zu können, wettgemacht.<br />
Je mehr Informationen von<br />
vielen Seiten an mich herangetragen<br />
werden, desto mehr kann ich als<br />
Stiftsbeirat für die Bewohner aktiv<br />
werden – und möglichst positive<br />
Ergebnisse erzielen.<br />
Verbesserungsvorschläge sind in<br />
einem Bereich, in dem Menschen<br />
von Menschen betreut werden, stets<br />
davon abhängig, dass alle Beteiligten<br />
guten Willens sind. Hier ist es immer<br />
wieder Herausforderung, Wünsche<br />
klar zu äußern, Notwendigkeiten zu<br />
fixieren und Erfolge als Anregung für<br />
weitere Fortschritte herauszustellen.<br />
In diesem Sinne ist das Ehrenamt<br />
einer Stiftsbeiratsvorsitzenden eine<br />
sehr erfüllende Aufgabe.<br />
Dr. Susanne Eick-Wildgans<br />
23
Engagement.<br />
Foto: KWA<br />
KWA Parkstift Rosenau<br />
Internet-Club<br />
Gesprächsrunde zum Erfahrungsund<br />
Wissensaustausch<br />
Das Internet ist über den ursprünglich<br />
wissenschaftlichen sowie forschungsbetonten<br />
Aspekt hinaus als<br />
Basis für das World Wide Web und<br />
E-Mails längst Bestandteil unseres<br />
täglichen Lebens. Durch die vielfältigen<br />
Anwendungsgebiete wird<br />
es einer immer breiteren Nutzerschaft<br />
ermöglicht, sich im Internet<br />
zu betätigen: Schulkinder ebenso<br />
wie Erwachsene in allen Lebensabschnitten<br />
bis hin zum hohen Alter.<br />
Im KWA Parkstift Rosenau gründete<br />
Stiftsbewohner Jürgen Streich im<br />
Jahr 2012 einen Gesprächskreis für<br />
Internet-Interessierte, den er bis Ende<br />
2015 leitete. Dieser Kreis von 10 bis<br />
15 Bewohnerinnen und Bewohnern<br />
trifft sich einmal pro Monat, seit<br />
Anfang 2016 unter der Leitung von<br />
Erich Schöneberger, ebenfalls ein<br />
Bewohner des Hauses.<br />
Mit der in den letzten Jahren erfolgten<br />
Verjüngung durch neue<br />
Bewohnerinnen und Bewohner sind<br />
die Ansprüche an die Internetnutzung<br />
im Haus gestiegen. Entsprechend<br />
dem KWA Motto „Leben – so<br />
wie ich es will“ wurde das digitale<br />
Leitungsnetz der Rosenau den<br />
erhöhten Anforderungen angepasst,<br />
ergänzt um die zusätzlichen Möglichkeiten<br />
des Internets für Telefonie<br />
und TV-Empfang.<br />
Der Internet-Club der Rosenau<br />
versteht sich grundsätzlich nicht<br />
als Übungsplattform für praktische<br />
Anwendungen am PC oder Laptop.<br />
Vielmehr geht es in der Gesprächsrunde<br />
um allgemeine Tipps<br />
und Informationen, zum Beispiel zur<br />
Datensicherung, zum Umgang mit<br />
E-Mails oder zur Implementierung<br />
einer übersichtlichen Ordnerstruktur.<br />
In der Regel werden Einzelthemen<br />
behandelt, beispielsweise die<br />
grundsätzliche Funktionsweise des<br />
Internets: Was sind Google und<br />
Wikipedia, welche Beschaffenheit<br />
haben die Kommunikationsnetzwerke<br />
Facebook, Twitter und You<br />
Tube, was bedeutet Darknet, welche<br />
Methoden des Onlinebankings gibt<br />
es, welche Risiken bestehen beim<br />
Online-Einkauf oder auch was ist<br />
ein Passwortmanager? In Ergänzung<br />
dazu werden aktuelle Themen wie<br />
bundesweit grassierende Hackerangriffe<br />
besprochen.<br />
Insgesamt gesehen hat sich die<br />
inhaltliche Diskussion im Internet-<br />
Club im Verlauf der Jahre verändert.<br />
Waren es zunächst im Wesentlichen<br />
praktische Tipps zum Verständnis des<br />
Internets und seiner Auswirkungen<br />
auf den privaten Sektor des Lebens,<br />
so sind es inzwischen deutlich<br />
anspruchsvollere Wünsche nach<br />
Hintergrundinformationen über spezielle<br />
Themenschwerpunkte. Visuelle<br />
Demonstrationen der jeweiligen<br />
Themenvorbereitungen von Kursleiter<br />
Erich Schöneberger oder auch<br />
aus dem Teilnehmerkreis erfolgen<br />
via Laptop oder TV-Gerät. Über die<br />
sachbezogene Ebene hinaus hat der<br />
Internet-Club auch eine unterhaltsame<br />
Komponente entwickelt und<br />
wird schon deshalb als eine Bereicherung<br />
des Veranstaltungsangebots<br />
im KWA Parkstift Rosenau wahrgenommen.<br />
Klaus Baldus<br />
24 <strong>alternovum</strong> | 2/2017
Begleitung und Pflege.<br />
Foto: KWA<br />
KWA Stift Rupertihof<br />
Im Malen Spuren hinterlassen<br />
Kunstprojekt im KWA Stift Rupertihof<br />
Seit einigen Monaten sieht der Raum<br />
vor der Kapelle im KWA Stift Rupertihof<br />
an zwei Freitagen im Monat auffallend<br />
anders aus als sonst. Um einen<br />
großen Tisch sind sechs Damen<br />
versammelt, die Wangen glühen vor<br />
Konzentration und Begeisterung.<br />
Farben werden gemischt, probiert,<br />
verworfen oder schwungvoll auf ein<br />
großes Blatt gepinselt. Bunte Bilder<br />
entstehen, sie könnten unterschiedlicher<br />
nicht sein. Zwischen all dem<br />
kreativen Tun wandert Angelika<br />
Stauber auf und ab. Aufmerksam betrachtet<br />
sie die Werke ihrer Schützlinge,<br />
sagt zwischendurch ein paar<br />
Worte der Ermunterung oder regt<br />
zum Nachdenken und zur Einkehr<br />
an. Das Geschehen hier ist kein gewöhnlicher<br />
Malkurs, das merkt der<br />
Betrachter rasch. „Es ist Entspannung<br />
pur“, merkt eine Teilnehmerin an,<br />
„als ich jung war musste alles geordnet<br />
zugehen, denn die Zeiten waren<br />
hart. Jetzt im Alter darf ich endlich<br />
tun, was mir gefällt.“ Man könnte<br />
meinen, hier entsteht moderne Kunst<br />
– doch es ist viel mehr als das. Die<br />
Malerinnen begeben sich auf eine<br />
aufregende Reise ins eigene Unbewusste.<br />
Angelika Stauber verbindet<br />
mit diesem Projekt ihre beiden Professionen<br />
als Altenheim-Seelsorgerin<br />
und Kunsttherapeutin. Es sei schon<br />
immer ihr Traum gewesen, den Bogen<br />
zwischen diesen beiden Berufen<br />
zu schlagen, sagt die 58-Jährige. Ihre<br />
Diplomarbeit hat die Seelsorgerin zu<br />
Viktor Frankl und dem „unbewussten<br />
Gott“ verfasst. Im Malen sind wir<br />
Menschen an unserer Unbewusstes<br />
angeschlossen: Das ist die Annahme,<br />
die diesem besonderen Malkurs im<br />
Rupertihof zugrunde liegt.<br />
Angelika Stauber bezeichnet sich mit<br />
ihrem Projekt als „Menschenfischerin“<br />
im positiven Sinn. Sie möchte<br />
Menschen anregen und beleben.<br />
Dabei kann dicke Beute gemacht<br />
werden: Lebenserfahrungen, Träume,<br />
Lebensentwürfe und Geheimnisse<br />
gehen dem, der sich darauf einlässt,<br />
ins Netz. Das In-Verbindung-Bringen<br />
von all dem Genannten kann ein<br />
Befreiungserlebnis sein. Die Lebensvielfalt<br />
eines jeden wird neu geordnet<br />
und in andere Zusammenhänge<br />
gebracht. Daraus schöpfen die<br />
Seniorinnen Kraft. Behutsam leitet<br />
die Therapeutin die Teilnehmerinnen<br />
an. Sie lernen, beim Malen auf ihr<br />
Inneres zu hören, eines ergibt sich<br />
aus dem anderen, ohne Druck. „Ich<br />
muss nicht alles selbst in der Hand<br />
haben, ich kann auch lauschen auf<br />
mein Unbewusstes und darf Kontrolle<br />
abgeben“, ermuntert Stauber. Diese<br />
Art der Malerei lässt den Verstand<br />
außen vor und holt das Unbewusste<br />
an die Oberfläche. Das gelingt nicht<br />
immer sofort, aber nach einigen<br />
Malstunden können sich die Bewohnerinnen<br />
einlassen auf diese ganz<br />
besondere Anleitung und Erfahrung.<br />
Das Ganze bereitet ihnen sichtbar<br />
große Freude.<br />
Bis zum Ende des Projekts werden<br />
noch einige Freitagnachmittage<br />
vergehen und die Seelsorgerin wird<br />
noch viele begleitende Gespräche<br />
führen, um die Menschen mit den<br />
auftauchenden Gedanken nicht<br />
allein zu lassen. Der krönende Abschluss<br />
wird eine Ausstellung dieser<br />
Seelenbilder im KWA Stift Rupertihof<br />
sein.<br />
Lisa Brandl-Thür<br />
25
Begleitung und Pflege.<br />
Neue Leistungen im Detail / EUR<br />
Ambulant<br />
(Teil-)stationär<br />
Pflegegrad<br />
Pflegegeld<br />
Pflegesachleistung<br />
Teilstat.<br />
Pflege<br />
Vollstat.<br />
Pflege<br />
3<br />
2<br />
0 + 1<br />
Härtefall<br />
3 mit e. A.<br />
2 mit e. A.<br />
1 mit e. A.<br />
Pflegestufe wird zu<br />
Bisher keine Pflegestufe<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
901<br />
728<br />
545<br />
316<br />
125*<br />
1.995<br />
1.612<br />
1.298<br />
689<br />
0<br />
1.995<br />
1.612<br />
1.298<br />
689<br />
0<br />
2.005<br />
1.775<br />
1.262<br />
770<br />
125<br />
Pflegestärkungsgesetz II –<br />
stärkt es auch die stationären Pflegeeinrichtungen?<br />
*Als Geldbetrag, der für Erstattung der Betreuungs- und<br />
Entlastungsleistungen zur Verfügung steht.<br />
e. A. = eingeschränkte Alltagskompetenz<br />
(z. B. aufgrund von Demenz)<br />
Seit dem 1. Januar 2017 ist die zweite<br />
Stufe der Pflegereform in Kraft, die<br />
auch im stationären Bereich große<br />
Veränderungen mit sich gebracht hat.<br />
Neben einem immens großen Verwaltungsaufwand<br />
durch Umstellungen<br />
und Klärung vieler Detailfragen<br />
wurde die ambulante Pflege<br />
gegenüber der stationären Pflege<br />
gemäß dem Motto „ambulant vor<br />
stationär“ stark aufgewertet – auch<br />
finanziell. Doch es gibt meines<br />
Erachtens keine Konkurrenz ambulant<br />
vor stationär. Beide Felder ergänzen<br />
sich. Heutzutage ziehen pflegebedürftige<br />
Menschen dann in eine<br />
Pflegeeinrichtung, wenn die Möglichkeiten<br />
einer häuslichen Versorgung<br />
durch die Familie, Haushaltshilfen<br />
und ambulante Dienste nicht mehr<br />
ausreichend erscheinen. Hier steht<br />
häufig nicht die Finanzierung im<br />
Vordergrund, sondern ein Organisationsproblem,<br />
insbesondere bei Menschen<br />
mit einer vorangeschrittenen<br />
Demenz oder schwerer Krankheit<br />
und palliativem Betreuungsbedarf.<br />
30 26 <strong>alternovum</strong> | 3/2014 2/2017<br />
Im Zentrum der Reform stehen der<br />
neue Pflegebegriff und das neue<br />
Begutachtungsverfahren zur Ermittlung<br />
der fünf Pflegegrade. Pflegebedürftig<br />
sind demnach Personen, die<br />
körperliche, kognitive oder psychische<br />
Beeinträchtigungen oder<br />
gesundheitliche Belastungen oder<br />
Anforderungen nicht selbstständig<br />
kompensieren oder bewältigen<br />
können und daher der Hilfe durch<br />
andere bedürfen. Zentraler Maßstab<br />
ist der Grad der Selbstständigkeit und<br />
das Angewiesensein auf personelle<br />
Unterstützung durch andere. Welcher<br />
Pflegegrad einem Menschen<br />
zugeordnet wird, ergibt sich aus der<br />
Beurteilung auf der Basis von sechs<br />
Modulen, in denen jeweils der Unterstützungsbedarf<br />
ermittelt wird. Die<br />
Module betreffen die Mobilität,<br />
kognitive und kommunikative Fähigkeiten,<br />
Verhaltensweisen und psychische<br />
Problemlagen, Selbstversorgung,<br />
Bewältigung von und<br />
selbstständiger Umgang mit krankheits-<br />
oder therapiebedingten Anforderungen<br />
und Belastungen sowie die<br />
Gestaltung des Alltagslebens und<br />
sozialer Kontakte.<br />
Dem Gesetzgeber war es ein Anliegen,<br />
dass der Eigenanteil bei steigendem<br />
Pflegebedarf nicht mit<br />
ansteigt, sondern auch bei einer<br />
Höherstufung immer gleich hoch<br />
bleibt. Dieser einrichtungseinheitliche<br />
Eigenanteil – EEE genannt – ist der<br />
Betrag, den der Bewohner in einer<br />
Pflegeeinrichtung für seine Pflege<br />
selbst zu entrichten hat. Die Pflegekasse<br />
zahlt je nach Pflegegrad<br />
unterschiedliche Beträge dazu (siehe<br />
Kasten).<br />
Eine entscheidende Frage blieb<br />
jedoch durch das Pflegestärkungsgesetz<br />
unbeantwortet. Die personelle<br />
Ausstattung der Pflegeeinrichtungen<br />
soll erst bis 2020 durch ein einheitliches<br />
Personalbemessungssystem<br />
definiert werden. „Gute Pflege“ ist<br />
jedoch nur durch fachlich qualifizierte,<br />
menschlich kompetente und in<br />
ausreichendem Maße vorhandene<br />
Pflegemitarbeiter möglich. Im Durchschnitt<br />
standen bei den Pflegestufen<br />
1 bis 3 für einen Bewohner am Tag<br />
113 Pflegeminuten zur Verfügung.<br />
Seit Umstellung auf die Pflegegrade<br />
sind es in den Pflegegraden 2 bis 5<br />
im Durchschnitt 110 Pflegeminuten<br />
am Tag pro Bewohner. Die personelle<br />
Ausstattung in den Pflegeeinrichtungen<br />
ist also nicht verbessert<br />
worden. Hier hat die Pflegereform<br />
auf eine der entscheidenden Fragen<br />
in der stationären Pflege keine<br />
Antwort gegeben, sondern diese in<br />
die Zukunft verschoben.<br />
Michael Pfitzer
Bildung.<br />
„Ich gehe in die Berufsfachschule für Sozialpflege, um meinen mittleren<br />
Bildungsabschluss zu erreichen. Besonders toll finde ich, dass<br />
hier alle Mitschüler hilfsbereit sind und die Lehrer stets für einen<br />
da sind. Mein Praktikum mache ich derzeit in der ambulanten Pflege.<br />
Nach der Ausbildung möchte ich Heilerziehungspflege lernen.“<br />
Eileen Graßl, 18 Jahre<br />
„Ich habe mich für die Sozialpflege<br />
entschieden, weil ich einen Beruf mit<br />
Menschen machen will, und da hat<br />
mich die Ausbildung angesprochen.<br />
Super ist es, dass wir offen miteinander<br />
reden können und verschiedene<br />
Praktika haben. Im Moment sammle<br />
ich praktische Erfahrungen in der<br />
Begleitung von Grundschülern, die ich<br />
anschließend in der nachfolgenden<br />
Ausbildung an der Fachakademie für<br />
Sozialpädagogik vertiefen kann.“<br />
Kathrin Schirjaev, 16 Jahre<br />
„Ich bin in der Sozialpflegeschule, um meine<br />
Deutschkenntnisse zu verbessern, damit ich<br />
später Pflegefachkraft werden kann. Mir gefallen<br />
am besten die Fächer Pflege und Betreuung und<br />
Grundlagen der Pflege und Betreuung, weil ich<br />
die vor allem für meine weitere Ausbildung<br />
benötige. Im Praktikum bin ich gerade im Kindergarten.“<br />
Saliem Issack, 22 Jahre<br />
„Ich mache die Ausbildung in der Sozialpflege,<br />
damit ich Vorwissen sammeln kann für meine<br />
spätere dreijährige Ausbildung zum Altenpfleger.<br />
Hier ist es schön, weil ich mich weiterentwickeln<br />
kann, da es sehr abwechslungsreich ist. Während<br />
meines Praktikums im Altenheim unterstütze ich<br />
die Bewohner.“ Kai Vadasan-Speichert, 17 Jahre<br />
KWA Bildungszentrum<br />
Sozialpflege – das Sprungbrett<br />
in die Berufswelt<br />
Die Ausbildung zum staatlich geprüften Sozialbetreuer und Pflegefachhelfer<br />
(m/w) nimmt einen immer größeren Stellenwert ein. Am<br />
KWA Bildungszentrum in Pfarrkirchen gibt es daher seit dem Schuljahr<br />
2016/17 eine eigenständige Schulleitung. Schulleiterin Michaela<br />
de Souza und ihre Stellvertreterin Katrin Klinglbrunner engagieren<br />
sich für dieses Berufsbild und wollen es mehr in die Aufmerksamkeit<br />
unserer Gesellschaft rücken. Die Ausbildung an der Berufsfachschule<br />
für Sozialpflege (BFS) dauert insgesamt zwei Jahre und erfolgt im<br />
Wechsel von Abschnitten des theoretischen und fachpraktischen<br />
Unterrichts und sozialpflegerischer Praxis. In diesem Zeitraum<br />
entwickeln die Schüler ihre eigene soziale Kompetenz, trainieren<br />
sich in den Arbeitsfeldern der Altenpflege, Behindertenhilfe, Krankenpflege<br />
und Kinderpflege. Die Schule bietet mit ihren niederschwelligen<br />
Zugangsvoraussetzungen – wie Erfüllung der Vollzeitschulpflicht,<br />
eintragsfreies polizeiliches Führungszeugnis und eine<br />
persönliche und gesundheitliche Eignung – für viele Schüler eine<br />
solide Basis für eine höher qualifizierte Ausbildung. Bei befriedigender<br />
Prüfungsnote im Abschlusszeugnis erwirbt man sogar den<br />
mittleren Schulabschluss. Der Schulalltag an der BFS Sozialpflege<br />
ist sehr bunt.<br />
Bunt – aufgrund unterschiedlichster Schüler und<br />
Schülerinnen, auch in Bezug auf Alter, Herkunft<br />
und Bildungsstand.<br />
Bunt – aufgrund der vielfältigen Fächer, wie z. B.<br />
Grundlagen der Pflege und Betreuung, Lebenszeit-<br />
und Lebensraumgestaltung, hauswirtschaftliche<br />
Versorgung, Religion, Sport, Sozialkunde,<br />
sozialpflegerische Praxis.<br />
Bunt – aufgrund der großen Bandbreite möglicher<br />
Ausbildungsplätze, wie z. B. Seniorenheim,<br />
Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung,<br />
Kindergarten, Krankenhaus, ambulanter<br />
Pflegedienst.<br />
Bunt – aufgrund der vielen Gespräche, Projekte,<br />
Auseinandersetzungen, Ausflüge, Diskussionen,<br />
Unterrichtsgestaltungen, Methoden.<br />
Bunt – aufgrund der unterschiedlichsten Gefühle<br />
wie Freude, Wut, Stolz, Trauer, Glück, Hoffnung,<br />
Ärger, Zufriedenheit.<br />
27
Blickwinkel.<br />
Foto: Anton Krämer<br />
Viel Lob, weniger Tadel.<br />
Die KWA Kundenbefragung 2016<br />
Im vergangenen Jahr fand zum<br />
vierten Mal eine Kundenbefragung<br />
statt. Die Mitwirkung war erneut<br />
erfreulich hoch. Im Wohnstift<br />
nahmen von 1.950 Bewohnerinnen<br />
und Bewohnern 1.184 Personen teil.<br />
Das entspricht einem Rücklauf von<br />
61 Prozent (ein Wert, der um zwei<br />
Prozentpunkte unter dem von 2014<br />
liegt). Im Wohnbereich Pflege beteiligten<br />
sich von 804 Bewohnerinnen<br />
und Bewohnern 326 Personen. Die<br />
Rücklaufquote beträgt 41 Prozent<br />
und liegt marginal über der Beteiligung<br />
an der vorangegangenen Befragung.<br />
Die in den Qualitätsberichten 2013<br />
und 2015 getroffene Feststellung, dass<br />
mit Blick auf die unternehmensweiten<br />
Ergebnisse eine hohe Konstanz<br />
prägend sei, fällt für den jüngsten<br />
Zeitraum facettenreicher aus.<br />
Betrachtet man im Wohnstift mit<br />
Blick auf die fünf Befragungsbereiche<br />
den erzielten Mittelwert, so<br />
sind Veränderungen, die – bei einer<br />
Bewertungsskala von 1,0 bis 5,0 –<br />
mehr als einen Punktwert von 0,1<br />
nach oben oder unten ausmachen,<br />
weiterhin selten. Im Wohnstift<br />
bleiben alle Veränderungen unterhalb<br />
dieses Wertes. Im Pflegestift<br />
bzw. im Wohnbereich Pflege der<br />
Wohnstifte stellt sich die Entwicklung<br />
hingegen anders dar. Hier wird<br />
der Mittelwert in allen fünf Befragungsbereichen<br />
verbessert und diese<br />
Verbesserung erreicht an zwei<br />
Standorten ein prägnanteres Plus.<br />
Die zusammenfassende Frage („Guten<br />
Freunden könnte ich die Einrichtung<br />
empfehlen“) wird im Wohnstift 2016<br />
mit knapp 4,5 bewertet und somit<br />
gegenüber 2014 nahezu unverändert<br />
beantwortet. Im Pflegestift bzw.<br />
Wohnbereich Pflege von Wohnstiften<br />
hingegen stieg die Zustimmung zu<br />
der zusammenfassenden Frage<br />
stärker: von 4,25 auf nunmehr 4,4.<br />
Zur Einordnung: Ein Wert in Höhe<br />
von 1,0 bedeutet maximale Ablehnung<br />
und Unzufriedenheit. Ein Wert<br />
von 5,0 bedeutet maximale Zustimmung<br />
und Zufriedenheit.<br />
Im Wohnstift erhalten 2016 die fünf<br />
Befragungsbereiche gegenüber 2014<br />
folgende Bewertung: „Wohnen und<br />
Wohnumfeld“ 4,5 (plus 0,2), „Speisenversorgung<br />
und Mahlzeiten 4,1<br />
(plus 0,5), „Geselligkeit und Gemeinschaft“<br />
4,3 (minus 0,2), „Sicher-<br />
heit und Unterstützung“ 4,1 (unverändert)<br />
sowie „Dienstleistung und<br />
Zuwendung“ 4,4 (plus 0,1).<br />
Als „Item“ werden bei wissenschaftlichen<br />
Befragungen abgefragte<br />
Punkte oder Merkmale bezeichnet.<br />
Betrachtet man vertiefend die Trends<br />
der einzelnen Items auf Einrichtungsebene,<br />
so wird die positive<br />
Bilanz, die KWA aus Kundensicht<br />
erzielt hat, bestätigt. In den Wohnstiften<br />
wurden die Items 171-mal<br />
höher (= 36 Prozent), 157-mal<br />
unverändert (= 33 Prozent) und<br />
148-mal niedriger (= 31 Prozent) als<br />
2014 bewertet. Im Pflegestift bzw.<br />
Wohnbereich Pflege fiel die Rückmeldung<br />
145-mal besser (= 46 Prozent),<br />
65-mal unverändert (= 20<br />
Prozent) und 109-mal schlechter<br />
(= 34 Prozent) aus.<br />
Es bestätigt sich erneut, dass die<br />
Bewohner eine hoch differenzierte<br />
Rückmeldung geben, etwas mehr<br />
„Lob“ und etwas weniger „Tadel“<br />
gleichermaßen verteilen. Es stellt<br />
– gerade bei positiver Gesamtentwicklung<br />
– ein anspruchvolles Ziel<br />
dar, das erreichte Niveau der Zustimmung<br />
zu halten.<br />
28<br />
<strong>alternovum</strong> | 2/2017
Zusammenfassende Bewertung Wohnbereich<br />
5<br />
4<br />
4,5<br />
4,5<br />
4,3<br />
4,2 4,1<br />
4,4<br />
3<br />
Zusammenfassende Bewertung Wohnbereich Pflege<br />
5<br />
4<br />
4,5 4,5<br />
4,2 4,3<br />
4,1<br />
4,4<br />
3<br />
Guten Freunden könnte<br />
ich den Einzug in das<br />
Wohnstift empfehlen<br />
Wohnen und<br />
Wohnumfeld<br />
Speisenversorgung<br />
und Mahlzeiten<br />
Geselligkeit und<br />
Gemeinschaft<br />
Sicherheit und<br />
Unterstützung<br />
Dienstleistungen<br />
und Zuwendung<br />
5 = trifft voll zu, 4 = trifft eher zu, 3 = teils/teils, 2 = trifft eher nicht zu, 1 = trifft nicht zu<br />
Maximalwert KWA gesamt Median* KWA gesamt Minimalwert KWA gesamt Mittelwert der Einrichtungen Mittelwert der Einrichtungen 2015<br />
* Der Median markiert den Wert, den jeweils 50 % der Einrichtungen über- bzw. unterschreiten.<br />
Betrachtet man die Zustimmungswerte,<br />
die die einzelnen Wohnstifte<br />
erzielen, so ist zu konstatieren, dass<br />
drei Häuser ihre Vorgängerwerte<br />
prägnant verbessern konnten (mehr<br />
als 20 Items mit Verbesserung),<br />
während sich andererseits vier<br />
Häuser spürbar verschlechterten<br />
(mehr als 20 Items mit Verschlechterung).<br />
In einem Fall ist diese Entwicklung<br />
als Folge intensiver Bautätigkeit<br />
mit beeinträchtigenden<br />
Folgen für die Lebensqualität zu<br />
verstehen. Die Zustimmung zu den<br />
anderen acht Wohnstiften blieb bei<br />
geringfügigen Schwankungen eher<br />
unverändert. Der „Qualitätsbericht<br />
2017“ von KWA, der im Herbst<br />
vorliegen wird, präsentiert die<br />
Befunde mit Blick auf die einzelnen<br />
Häuser im Detail.<br />
KWA bewertet Ergebnisse aus<br />
Kundenbefragungen bei einer<br />
Zustimmung, die im Mittelwert<br />
kleiner als 4,0 ausfällt, als handlungsaufforderndes<br />
Signal. Betrachtet<br />
man aus dieser Perspektive die<br />
unternehmensweit erzielten Befunde,<br />
so unterschreiten 2016 sieben<br />
von 34 Items diese (selbst gewählte)<br />
Messlatte. Das sind die Items: „Die<br />
Optik der Speisen regt den Appetit<br />
an“ (3,9), „Die Küchenleitung<br />
interessiert sich für meine Zufriedenheit<br />
(3,9), „Die Speisen sind<br />
schmackhaft“ (3,8), „Anregungen<br />
von Bewohnern fließen ins Veranstaltungsangebot<br />
ein“ (3,9), „Außenstehende<br />
Besucher bereichern das<br />
Leben im Wohnstift“ (3,9), „Mitarbeiter<br />
fragen öfter nach meinem Wohlbefinden“<br />
(3,9) und „Unbefugte<br />
Personen gelangen nicht ins Wohnstift“<br />
(3,4). Letzteres Item stellt erneut<br />
den „Ausreißer nach unten“ dar.<br />
Die Zufriedenheit mit der ambulanten<br />
Pflege in Ottobrunn ist<br />
weiterhin hoch. Die zusammenfassende<br />
Frage („Guten Freunden …“)<br />
wird 2016 mit 4,7 (2014: 4,9)<br />
bewertet. Die Befragungsbereiche<br />
„Sicherheit und Unterstützung“<br />
sowie „Dienstleistung und Zuwendung“<br />
erhalten mit 4,6 bzw. 4,7<br />
annähernd das Zustimmungsniveau<br />
der Vorgängerbefragung (4,7 bzw.<br />
4,7). Das Betreute Wohnen in<br />
Konstanz und Baden-Baden erhält<br />
bei der zusammenfassenden Frage<br />
(„Guten Freunden …“) mit 4,8<br />
gleichfalls eine Topbewertung. In<br />
den vier Befragungsbereichen<br />
schwanken die Zustimmungswerte<br />
zwischen „Sicherheit und Unterstützung“<br />
mit 4,3 (Minimum) und<br />
„Wohnen und Wohnumgebung“ mit<br />
4,6 (Maximum). Der KWA Club wird<br />
von denjenigen Mitgliedern, die<br />
Dienstleistung beziehen, mit knapp<br />
4,6 als empfehlenswert bezeichnet.<br />
Die Ergebnisse der vier Befragungsbereiche<br />
bewegen sich zwischen<br />
Zustimmungswerten von 4,7 („KWA<br />
Reisen“ als Maximum) und 4,3<br />
(„KWA Club und Mitarbeiter“ als<br />
Minimum).<br />
Erfreulich ist, dass das Item „Die<br />
Mitarbeiter sind höflich und zuvorkommend“<br />
in allen Dienstleistungssegmenten<br />
von KWA durchgängig<br />
positiv bewertet ist. Der Mittelwert<br />
beträgt im Wohnstift 4,5, im Pflegestift<br />
bzw. Wohnbereich Pflege der<br />
Wohnstifte 4,5, im KWA Club 4,8<br />
sowie im Betreuten Wohnen und<br />
ambulanten Dienst jeweils 4,9.<br />
Bianca Jendrzej, Roland Schmidt<br />
29
Menschen.<br />
Foto: Thomas Ammermüller<br />
KWA Klinik Stift Rottal<br />
Chefarzt Christoph Garner in den<br />
Ruhestand verabschiedet<br />
Die KWA Klinik Stift Rottal war in<br />
den vergangenen 25 Jahren untrennbar<br />
mit Chefarzt Dr. med. Christoph<br />
Garner verbunden. Mit seiner<br />
fachlichen und menschlichen Präsenz<br />
prägte er die KWA Klinik und<br />
ist maßgeblich für deren gute Reputation<br />
verantwortlich. Erst kürzlich<br />
erhielt die KWA Klinik Stift Rottal<br />
von der Redaktion FOCUS-GE-<br />
SUNDHEIT die Auszeichnung „Top<br />
Rehaklinik 2017“. Im Frühjahr<br />
wurde Chefarzt Dr. med. Christoph<br />
Garner verabschiedet, die Leitung<br />
und Nachfolge übernehmen ab<br />
1. Juli 2017 gemeinsam die bisherigen<br />
Oberärzte Dr. med. Radu<br />
Crisan und Dr. med. Stefan Kley.<br />
Zahlreiche Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter der KWA Klinik und des<br />
Klinikträgers KWA Kuratorium Wohnen<br />
im Alter sowie Familie und<br />
Freunde versammelten sich am<br />
18. Mai 2017 im Anschluss an einen<br />
ökumenischen Gottesdienst im<br />
Gutshof Brunnwies in Haarbach, um<br />
Dr. Christoph Garner gebührend in<br />
den Ruhestand zu verabschieden.<br />
Verwaltungsleiter Michael Hisch<br />
führte locker-souverän durch den<br />
Abend und begrüßte die rund 80<br />
Gäste, darunter die KWA Vorstände<br />
Dr. Stefan Arend und Horst Schmieder,<br />
der stellvertretende KWA Aufsichtsratsvorsitzende<br />
Prof. Dr. Ekkehart<br />
Meroth, Pastoralreferent<br />
Sebastian Friedelsperger sowie Prof.<br />
Dr. Karl Einhäupl, Vorstandsvorsitzender<br />
der Charité Universitätsmedizin<br />
Berlin, Prof. Dr. Hans Förstl, Direktor<br />
der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie<br />
und Psychotherapie an der TU<br />
München, und viele weitere ärztliche<br />
Kollegen und Weggefährten.<br />
KWA Vorstand Horst Schmieder<br />
blickte in seiner Rede auf Dr. Garners<br />
langjähriges, erfolgreiches<br />
Wirken zurück und drückte seinen<br />
besonderen Dank und seine Anerkennung<br />
aus. Er hob insbesondere<br />
das herausragende Innovationstalent<br />
und die große Schaffenskraft des<br />
Chefarztes hervor, mit der dieser die<br />
KWA Klinik aufgebaut und gestaltet<br />
habe. Dr. Garner beschäftigte sich<br />
auf Basis seiner umfassenden schulmedizinischen<br />
Kenntnisse schon<br />
frühzeitig mit alternativen Therapieansätzen<br />
und pflegte internationale<br />
Kontakte zu medizinischen und<br />
therapeutischen Partnern. Aus den<br />
Kooperationen entstanden viele<br />
Angebote, mit denen sich die KWA<br />
Klinik Stift Rottal deutlich hervorhob<br />
– darunter unter anderem Ayurveda-<br />
Kuren, Yoga-Seminare für MS-Patienten<br />
und das Angebot der Neuroaktiven<br />
Reflextherapie. So ist auch die<br />
Anzahl internationaler Gastpatienten<br />
in den vergangenen Jahren aufgrund<br />
des hervorragenden Rufs der Klinik<br />
und der angebotenen Therapien<br />
kontinuierlich gewachsen.<br />
Viele Mitarbeiter, Kollegen und Weggefährten<br />
ließen es sich nicht nehmen,<br />
sich persönlich für die gemeinsame<br />
Zeit und die gute Zusammenarbeit<br />
zu bedanken. So wurde an<br />
diesem besonderen Abend nicht nur<br />
gemeinsam gut gegessen und getrunken,<br />
sondern vor allen Dingen viel<br />
gelacht und in gemeinsamen Erinnerungen<br />
geschwelgt. Dr. Garner selbst<br />
lobte in seinen Abschiedsworten die<br />
gute Atmosphäre, die seine Arbeit in<br />
der KWA Klinik geprägt habe: „In<br />
Bad Griesbach hatte ich die Möglichkeit,<br />
die KWA Klinik Stift Rottal<br />
so zu gestalten, dass wir sowohl ein<br />
sehr kollegiales Miteinander erleben<br />
durften, als auch den Patienten das<br />
Gefühl geben konnten, dass wir<br />
wirklich mit Herz und Seele für sie<br />
da sind. Ich habe es so erlebt, dass<br />
wir keine Arbeitsstätte, sondern eine<br />
Familie waren. So fällt mir der<br />
Abschied nicht leicht, aber ich weiß<br />
auch, dass wir uns verbunden<br />
bleiben werden.“<br />
Agnes Gsell<br />
30 <strong>alternovum</strong> | 2/2017
Reisen.<br />
Einmal wieder die Ferne seh’n –<br />
wohin soll die Reise gehen?<br />
Vorschau auf<br />
KWA Reisen 2018<br />
Kreuzfahrt mit Kunst und Kultur pur – Glanzlichter der Ostsee<br />
Die Schiffsreise auf der MS ASTOR zu den Glanzlichtern der Ostsee beginnt<br />
inmitten eines maritimen Highlights – dem Hamburger Hafengeburtstag.<br />
Per Nord-Ostsee-Kanal geht es weiter nach Danzig, die Altstadt erzählt<br />
von reicher Hanse-Historie. Königsberg bezaubert mit seinem ganz eigenen<br />
Charme. Klaipeda begeistert mit der besonderen Landschaft der Kurischen<br />
Nehrung und Riga mit seinen Jugendstilschätzen. Ein herausragendes mittelalterliches<br />
Gesamtensemble bietet sich in Tallinn. Es folgen zwei Tage in<br />
St. Petersburg mit Kunst und Glanz der Zarenzeit, dazu goldene Kuppeln,<br />
unzählige Brücken und Kanäle im wunderschönen „Venedig des Nordens“.<br />
Weiter, Kurs West: Es warten Helsinki als Gesamtkunstwerk des Klassizismus<br />
und das weltoffene Stockholm. Reisedatum: 13. bis 25. Mai 2018<br />
Kultur-Städtereise Bamberg – Streifzüge durch die Weltkulturerbestadt<br />
Am Rande der Fränkischen Schweiz liegt die Kaiser- und Bischofsstadt<br />
Bamberg. So echt, historisch, unverfälscht und lebendig ist die Stadt an der<br />
Regnitz, dass ihre Altstadt 1993 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen<br />
wurde. Überragt vom Dom, der zu den bedeutendsten Sakralbauten<br />
Deutschlands gehört, präsentiert sich Bamberg vor einer beeindruckenden<br />
historischen Kulisse. Das Alte Rathaus mit seiner schönen Fassadenmalerei<br />
wurde auf einer künstlichen Insel direkt in die Regnitz gebaut. Von dort aus<br />
dürfen Besucher auch einen wunderbaren Blick auf die mittelalterlichen<br />
Fachwerkhäuser genießen, die sich entlang der Regnitz reihen.<br />
Reisedatum: 21. bis 27. Juni 2018<br />
Urlaubsreise Warnemünde – mehr Meer gibt es nicht<br />
Diese elftägige Urlaubsreise stillt die Sehnsucht nach Entspannung am Meer,<br />
aktiver Erholung und stilvoller Lebenskunst gleichermaßen. Untergebracht<br />
sind die Reiseteilnehmer im Fünf-Sterne-Hotel Neptun im Seebad Warnemünde<br />
– das bekannteste Haus der Mecklenburger Ostseeküste. Das Hotel<br />
befindet sich an der Seepromenade, der lange, flach abfallende Strand von<br />
Warnemünde liegt direkt vor der Haustür, das Zentrum des Seebads ist nur<br />
wenige Minuten entfernt. Für Abwechslung sorgen auch die Ausflüge in die<br />
nähere Umgebung. Reisedatum: 2. bis 12. September 2018<br />
Die ausführlichen Reiseprogramme liegen<br />
ab Anfang November in allen KWA Wohnstiften aus.<br />
31
Sternstunden.<br />
40 Jahre KWA Stift Rottal und<br />
25 Jahre KWA Klinik<br />
Fotos: Thomas Ammermüller<br />
1<br />
2 3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
Bild 1: Walter Taubeneder (Landtagsabgeordneter); Bild 2: Manfred Bründl (Betriebsratsvorsitzender);<br />
Bild 3: Dr. Christoph Garner, langjähriger Chefarzt der KWA Klinik –<br />
mit KWA Fliege; Bild 4: (von links) Cornelia Wasner-Sommer (Bezirksrätin), Birgit Bernkopf<br />
(Kurverwaltung), Franz Meyer (Landrat), Jürgen Fundke (Bürgermeister);<br />
Bild 5: (von links) Michael Hisch, Verwaltungsleiter im KWA Stift Rottal, mit den beiden<br />
KWA Vorständen Horst Schmieder und Dr. Stefan Arend; Bild 6: Gastgeber, Ehrengäste<br />
und Jubilare des KWA Stifts Rottal; Bild 7: Ulrichsbläser Büchlberg<br />
7<br />
32 <strong>alternovum</strong> | 2/2017
40 Jahre KWA Parkstift St. Ulrich<br />
Fotos: Sieglinde Hankele<br />
1 2<br />
3 7<br />
Bild 1: (von links) Prof. Dr. Ekkehart Meroth (stv. KWA Aufsichtsratsvorsitzender),<br />
Linus Grethler und Ernst Steinbrunner<br />
(KWA Aktionäre), Dr. Stefan Arend (KWA Vorstand);<br />
Bild 2: Anja Schilling (Stiftsdirektorin) und Volker Kieber<br />
(Bürgermeister) Bild 3: Anja Schilling mit dem Stiftsbeiratsvorsitzenden<br />
Volker Schulze<br />
33
KWA Club.<br />
KWA Parkstift Hahnhof<br />
Kulturjahr 2017 im KWA Parkstift Hahnhof:<br />
Tanz, Theater und Musik<br />
Baden-Baden bietet für Kunst- und<br />
Kulturinteressierte reichlich Abwechslung<br />
– und das auf kurzer Strecke. Auf<br />
der 3,5 Kilometer langen Kunst- und<br />
Kulturmeile liegen das Festspielhaus,<br />
die klassizistische Trinkhalle, das<br />
Kurhaus, das neobarocke Theater, das<br />
Kulturhaus LA8 sowie das Museum<br />
Frieder Burda. Ihren Abschluss findet<br />
die glanzvolle Meile beim Kloster<br />
Lichtenthal und dem Brahmshaus. Inmitten<br />
dieses kulturellen Herzens der<br />
Stadt liegt das KWA Parkstift Hahnhof.<br />
So ist es aufgrund der ausgewählten<br />
Nachbarschaft selbstverständlich,<br />
auch im Hahnhof ein anspruchsvolles<br />
Kulturprogramm zu präsentieren.<br />
Bewohner und KWA Clubmitglieder<br />
genießen exklusiven Zugang zu allen<br />
Veranstaltungen, verschiedene Angebote<br />
sind auch für Gäste offen.<br />
Im Sommermonat August nimmt das<br />
international bekannte Rosenau Trio<br />
mit auf eine beschwingt musikalischliterarische<br />
Reise in die Lüneburger<br />
Heide. Im Gepäck: die Werke des<br />
Heidedichters Hermann Löns. Heiterkeit,<br />
Gedichte, Erzählungen, Volkslieder<br />
und Musik umrahmen einen<br />
ganz besonderen Kulturabend. Das<br />
beliebte Kammermusikensemble be-<br />
34<br />
<strong>alternovum</strong> | 2/2017<br />
steht aus Bariton Holger Bornschier,<br />
Pianistin Helga Becker-Winkler und<br />
Sprecher Joachim Herrmann. Anfang<br />
September wird es etwas gediegener,<br />
aber immer noch leicht bekömmlich:<br />
Violinist Lukasz Blaszczyk und Pianist<br />
Marius Drzewicki geben einen klassischen<br />
Konzertabend.<br />
Im Spätsommer spricht Wirtschaftswissenschaftler<br />
Prof. Dr. Günther<br />
Schmid über Weltpolitik in unsicheren<br />
Zeiten und gibt Ausblicke<br />
für die Zukunft. Sein Vortragsthema:<br />
„Zwischen autoritären Herausforderungen,<br />
Staatszerfall und Unregierbarkeit:<br />
internationale Sicherheitspolitik<br />
in der neuen 'Welt-Unordnung' des<br />
21. Jahrhunderts“. Im September wird<br />
im Hahnhof zudem die Tradition des<br />
Tanztees neu belebt. In den „Goldenen<br />
Zwanzigern“ waren Tanztees<br />
gesellschaftliche Höhepunkte. Neben<br />
der Möglichkeit, das Tanzbein zu<br />
schwingen, boten die Veranstaltungen<br />
auch einen zwanglosen Rahmen,<br />
neue Bekanntschaften zu schließen,<br />
Tee und Appetithäppchen zu<br />
genießen, stimmungsvolle Stunden<br />
zu erleben und gute Gespräche zu<br />
führen. Und so soll es auch heute<br />
wieder sein.<br />
Liebe, Leid und tiefe Töne kommen<br />
im Oktober auf die Hahnhof-Bühne.<br />
Schauspieler Hans-Josef Mans spielt<br />
Patrick Süskinds berühmtes Solo<br />
„Der Kontrabass“. Das hintergründigwitzige<br />
Ein-Mann-Stück ist ein echter<br />
Klassiker: Ein Kontrabassist in den<br />
mittleren Lebensjahren „rumpelt<br />
seinen Stiefel herunter“ und leidet an<br />
der Eintönigkeit seines Berufs und seiner<br />
Mittelmäßigkeit. Sein Kontrabass<br />
steht ihm dabei ständig im Weg, auch<br />
als er sich verliebt.<br />
Ende Oktober findet im KWA Parkstift<br />
Hahnhof noch ein außergewöhnlicher<br />
musikalischer Kunstgenuss statt:<br />
Das Duo „DomraPiano“ offenbart die<br />
russische Seele. Auf der Domra spielt<br />
eine der derzeit besten Spielerinnen,<br />
Natalia Anchutina, begleitet von Lothar<br />
Freund am Flügel. Anchutina begeistert<br />
mit poetischer Musikalität und<br />
atemberaubender Technik. So spielt<br />
das Duo ein Repertoire, das von Originalwerken<br />
russischer Komponisten<br />
bis hin zu Transkriptionen deutscher<br />
Konzertklassiker reicht. Kulturgenuss<br />
für alle Sinne.<br />
Agnes Gsell<br />
Das Kulturprogramm vom<br />
KWA Parkstift Hahnhof finden Sie<br />
unter www.kwa.de
Foto: Stockbild<br />
Unsere Standorte.<br />
01<br />
03<br />
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18<br />
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19 13 14<br />
15<br />
KWA Stift ort Telefon E-Mail<br />
01 KWA Stift im Hohenzollernpark Berlin 030 89734-001 hohenzollernpark@kwa.de<br />
02 KWA Caroline Oetker Stift Bielefeld 0521 5829-0 caroline-oetker@kwa.de<br />
03 KWA Stift Urbana im Stadtgarten Bottrop 02041 696-900 urbana@kwa.de<br />
04 KWA Parkstift Aeskulap Bad Nauheim 06032 301-0 aeskulap@kwa.de<br />
05 KWA Albstift Aalen Aalen 07361 935-0 albstift@kwa.de<br />
06 KWA Parkstift Hahnhof Baden-Baden 07221 212-0 hahnhof@kwa.de<br />
07 KWA Kurstift Bad Dürrheim bad Dürrheim 07726 63-0 kurstift@kwa.de<br />
08 KWA Parkstift Rosenau Konstanz 07531 805-0 rosenau@kwa.de<br />
09 KWA Parkstift St. Ulrich Bad Krozingen 07633 403-0 parkstift@kwa.de<br />
10 KWA Georg-Brauchle-Haus München 089 6793-0 georg-brauchle@kwa.de<br />
11 KWA Luise-Kiesselbach-Haus München 089 944697-08 luise-kiesselbach@kwa.de<br />
12 KWA Stift am Parksee Unterhaching 089 6105-0 parksee@kwa.de<br />
13 KWA Hanns-Seidel-Haus Ottobrunn 089 60802-0 hanns-seidel@kwa.de<br />
14 KWA Stift Brunneck Ottobrunn 089 60014-0 brunneck@kwa.de<br />
15 KWA Stift Rupertihof Rottach-Egern 08022 270-0 rupertihof@kwa.de<br />
16 KWA Stift Rottal Bad Griesbach 08532 87-0 rottal@kwa.de<br />
17 KWA Klinik Stift Rottal Bad Griesbach 08532 87-0 rottal@kwa.de<br />
18 KWA Bildungszentrum Pfarrkirchen 08561 9838-26 bildungszentrum@kwa.de<br />
19 KWA Hauptverwaltung Unterhaching 089 66558-500 info@kwa.de
Die nächste Ausgabe von<br />
<strong>alternovum</strong>. Das KWA Journal<br />
erscheint am 1. Dezember 2017.<br />
KWA Parkstift Rosenau, Konstanz<br />
KWA Caroline Oetker Stift, Bielefeld<br />
KWA Stift im Hohenzollernpark, Berlin<br />
KWA Kurstift Bad Dürrheim<br />
Gute Gründe für Ihren Urlaub bei KWA:<br />
Lebensfreude und Sicherheit<br />
KWA Parkstift Hahnhof, Baden-Baden<br />
• Urlaubs- und Erholungsangebote für Paare und Alleinstehende.<br />
• Umfangreicher Service und vielfältige Möglichkeiten<br />
zur Freizeitgestaltung.<br />
• Komfortable Gästeappartements für Urlaub, Probewohnen<br />
oder Genesung.<br />
• Betreuungs- und Pflegeleistungen während des Urlaubsaufenthalts.<br />
Informieren Sie sich unter 0800 592 4636. Wir freuen uns auf Sie.<br />
KWA Parkstift Aeskulap, Bad Nauheim<br />
KWA Kuratorium Wohnen im Alter<br />
„Urlaub im Wohnstift“<br />
Biberger Straße 50<br />
82088 Unterhaching<br />
www.kwa.de<br />
KURATORIUM WOHNEN IM ALTER