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Freies Kurdistan Buch

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ideologische Analogie erleichtert, denn die Nation als imaginierte politische Gemeinschaft<br />

beinhaltet eine gemeinsame Abstammung und die Vorstellung eines gemeinsamen historischen<br />

Schicksals. Sie lässt sich deswegen an das verwandtschaftlich formulierte Konzept der<br />

Stammeseinheit gewissermaßen anschließen. Tribale und nationalistische Formen der<br />

Identitätsbildung sind schließlich eng miteinander verwandt. Es handelt sich bei beiden um<br />

Phänomene, die Georg Elwert „Wir-Gruppen-Prozesse“ nennt. 1<br />

Seit der Unterzeichnung der Friedensübereinkunft von Washington im September 1998 sind<br />

jedenfalls Ruhe und Ordnung in beiden Teilen der Region weitgehend zurückgekehrt. Die Lage<br />

in der Region bleibt aber bis Herbst 2002 weiterhin angespannt. Währenddessen herrscht in der<br />

Tat ein „Modus vivendi“-Zustand in der Region.<br />

Schließlich erklärt Massoud Barzani in einem Fernsehinterview mit dem arabischen<br />

Fernsehsender (Al JAZEERA) am 19. Februar 2002, dass das einzige ungelöste Hindernis zur<br />

Durchsetzung der Übereinkunft von Washington die unterschiedliche Interpretation in Bezug auf<br />

das erste Zusammentreffen des wiedervereinigten Parlaments ist. Dieses Problem wird dann<br />

durch eine neue Vereinbarung zwischen beiden Parteien am 8. September 2002 in Salahaddin<br />

gelöst.<br />

Bis Oktober 2002 wird zwar der Frieden zwischen den beiden großen Parteien bewahrt und<br />

mehrere wichtige Schritte auf dem Weg der Versöhnung und zur Normalisierung der<br />

Beziehungen bzw. der Lage in der Region getan, wie z.B. Austausch von Kriegsgefangenen und<br />

Freilassung von politischen Gefangenen, Rückführung von Vertriebenen des internen Krieges<br />

nach Arbil und Sulaimaniya, die Vereinbarung über die freie Bewegung der Bürger in beiden<br />

Teilen und freie Verbreitung von Druckerzeugnissen; 2 die wichtigsten Punkte der „Übereinkunft<br />

von Washington“ bezüglich der Wiedervereinigung der Region und des Regionalparlaments und<br />

der Bildung einer neuen vereinten Regionalregierung werden aber noch nicht durchgesetzt. Jede<br />

Partei beschuldigt die andere, sich der Durchsetzung bestimmter Vereinbarungen zu entziehen.<br />

1 Vgl. Wimmer, 1997, S.23 und Elwert, 1989, S.29-37.<br />

2 amnesty international, Jahresbericht 2001, S.251.<br />

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