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Freies Kurdistan Buch

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über Nationalbewegungen in allen Teilen <strong>Kurdistan</strong>s bzw. in allen Teilungsstaaten, welche<br />

nationale Emanzipation von den dominanten Nationen – auf der Basis von Autonomie oder<br />

Föderation – 2 oder die politische Selbstbestimmung der kurdischen Nation und deren Einigung<br />

in einem zukünftigen einheitlichen und souveränen Nationalstaat bestreben. So tritt der kurdische<br />

Nationalismus – seit seiner Entstehung bzw. Entwicklung – im Rahmen der neutralen Definition<br />

des Begriffs Nationalismus hervor.<br />

Der Begriff Nationalismus stammt ursprünglich aus dem französischen Ausdruck nationalisme,<br />

welcher mehrdeutig ist und eine teils neutral-beschreibende, teils kritisch-distanziert verwendete<br />

Bezeichnung für nationale Bestrebungen darstellt. Im neutral-beschreibenden Sinne bezeichnet<br />

Nationalismus Ideen und Bestrebungen, die auf Durchsetzung nationaler Ziele, besonders die<br />

Schaffung eines Nationalstaates, gerichtet sind. Aber im negativen Sinne bezeichnet<br />

Nationalismus – distanziert und abschätzig – ein übersteigertes, meist intolerantes und militantes<br />

Streben, welches auf die als höchsten Wert verstandene Macht und Ehre der eigenen Nation<br />

zielt. 3<br />

Nationalismus ist, nach Auffassung von Ernest Gellner, vor allem ein politisches Prinzip,<br />

welches besagt, politische und nationale Einheiten sollen deckungsgleich sein. Die nationale<br />

Einheit jedes Volkes ist daher von der Verbundenheit seiner politischen Organisationen<br />

abhängig. 4<br />

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts – unter der Auswirkung der Französischen Revolution<br />

(1789) – ist der Nationalismus eine gesellschaftlich und politisch bedeutsame Kraft geworden,<br />

zunächst im Kontext von Bestrebungen, nicht geeinte Nationen – im Sinne von „Volks-“ oder<br />

„Kulturnationen“ – zu Nationalstaaten zusammenzufügen, wie in der nationalen Einigung<br />

Italiens 1861 und Deutschlands 1871. Religiöse Imperien und dynastische Reiche wurden dann<br />

allmählich von „Nationalstaaten“ abgelöst – besonders nach dem Ersten Weltkrieg. Auch die an<br />

Karl Marx orientierten sozialistischen Systeme sind neuerdings dem Modell Nationalismus<br />

gefolgt; viele von ihnen haben sich aufgelöst und zu „Nationalstaaten“ entwickelt.<br />

Der Nationalstaat hängt mit dem Nationalbewusstsein und der Schriftsprache eng zusammen.<br />

Zwei Faktoren trugen schon in Europa direkt zur Entstehung des Nationalbewusstseins bei. Der<br />

erste war der Wandel in der lateinischen Sprache und zwar durch die Bemühungen der<br />

Humanisten, die umfangreiche Literatur des vorchristlichen Altertums wiederzubeleben und mit<br />

1 Vgl. Wörterbuch zur Politik, 1995, S.630-631.<br />

2 Innerhalb dieser Teilungsstaaten stellen die kurdischen Gebiete trotz des Vorhandenseins von Bodenschätzen und<br />

Wasserreserven die ökonomische Peripherie dar, Falk, 1998, S.120.<br />

3 ebd., S.636.<br />

4 Gellner, 1995, S.8, in: Falk, 1998, S.84.<br />

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