GenussWandern | Region Zentralschweiz
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Franz Auf der Maur <strong>GenussWandern</strong><br />
<strong>Region</strong><br />
<strong>Zentralschweiz</strong><br />
Spezialwanderführer<br />
mit<br />
Gratis-<br />
App<br />
Infos unter<br />
ott-verlag.ch/apps<br />
2. Auflage
Franz Auf der Maur<br />
<strong>GenussWandern</strong>
Franz Auf der Maur<br />
<strong>GenussWandern</strong><br />
<strong>Region</strong> <strong>Zentralschweiz</strong>
Titelbild: Frühling über dem Baldeggersee<br />
Frontispiz: An der Kleinen Emme bei Entlebuch<br />
Franz Auf der Maur<br />
<strong>GenussWandern</strong><br />
<strong>Region</strong> <strong>Zentralschweiz</strong><br />
ISBN 978-3-7225-0156-7<br />
Fotos: Franz Auf der Maur<br />
Fotos Seite 93 unten und Seite 94: Claudine Bruhin<br />
Kartenausschnitte: Schweizer Wanderwege, Bern<br />
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation<br />
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische<br />
Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.<br />
2., aktualisierte Auflage 2016<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
© 2016 hep verlag ag, Bern<br />
www.ott-verlag.ch
INHALTSVERZEICHNIS<br />
VORWORT 7<br />
MANIFEST DES GENUSSWANDERNS 8<br />
WEITERE WANDERTIPPS 9<br />
ÜBERSICHTSKARTE 10<br />
WANDERUNGEN<br />
1 Wiggen – Marbachegg 11<br />
2 Schüpfheim – Wolhusen 17<br />
3 Doppleschwand – Romoos 23<br />
4 St. Urban – Dagmersellen 29<br />
5 Sursee – Willisau 35<br />
6 Schwarzenberg – Hergiswald 41<br />
7 Baldegg – Mosen 47<br />
8 Melchsee-Frutt – Melchsee-Frutt 53<br />
9 Engelberg – Engelberg 59<br />
10 Stans – Kerns 65<br />
11 Ennetbürgen – Ennetbürgen 71<br />
12 Küssnacht – Immensee 77<br />
5
13 Cham – Mühlau 83<br />
14 Arth – Lauerz 89<br />
15 Rigi Scheidegg – Rigi Staffelhöhe 95<br />
16 Menzingen – Baar 101<br />
17 Finstersee – Sattel 107<br />
18 Isleten – Isenthal 113<br />
19 Göscheneralp – Göscheneralp 119<br />
20 Amsteg – Arnisee 125<br />
21 Talstation Golzern – Talstation Golzern 131<br />
22 Flüelen – Spiringen 137<br />
23 Holzegg – Schwyz 143<br />
24 Muotathal – Morschach 149<br />
25 Hoch Ybrig – Ibergeregg 155<br />
ORTSVERZEICHNIS 161
VORWORT<br />
Genusswandern? An sich müsste ja jede Wanderung genussvoll sein.<br />
Warum denn sonst macht man sich auf die Socken? Leider verderben<br />
manchmal verschiedene Umstände die Freude am Unterwegssein: happige<br />
Steigungen zu Beginn, endlos-langweilige Traversen in schattenlosem<br />
Gelände, zum Schluss dann noch ein gelenkstrapazierender Abstieg …<br />
von mühsamen An- und Rückreisen gar nicht zu reden.<br />
Die hier vorgestellten Touren sind massgeschneidert, um dem<br />
Anspruch des Genusswanderns in der <strong>Zentralschweiz</strong> gerecht zu werden:<br />
Wohlfühl-Distanzen mit geringen Höhenunterschieden in harmonischer<br />
oder dramatischer Landschaft mit viel Natur.<br />
Gerade die Kantone Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Luzern und<br />
Zug eignen sich aus verschiedenen Gründen besonders gut für Wohlfühltage<br />
zu Fuss:<br />
Verbindungen. Wie der Name sagt, liegt die <strong>Zentralschweiz</strong> ziemlich<br />
in der Mitte der Eidgenossenschaft und lässt sich von allen Landesteilen<br />
her gut erreichen. Auch die Verkehrswege in der <strong>Region</strong> selber sind bestens<br />
ausgebaut, der öffentliche Verkehr reicht bis ins hinterste Bergtal.<br />
Geschichte. Gotthardpass, Rütliwiese, Hohle Gasse, Morgarten,<br />
Sempach … hier ist historischer Boden. Es macht Spass, den Spuren aus<br />
dem Mittelalter zu folgen, die bis in die Gegenwart unseres Staatswesens<br />
führen.<br />
Vielfalt. Landschaftlich zeichnet sich die <strong>Zentralschweiz</strong> – sie reicht<br />
von den Flussebenen des Mittellandes über grünes Hügelgebiet bis zu<br />
den Hochalpen – durch grosse Abwechslung auf engem Raum aus. Vor<br />
allem die Szenerie von Seen und Bergen vermag zu begeistern. Das Vorkommen<br />
unterschiedlicher Naturlandschaften in allen Höhenstufen<br />
erlaubt Wanderungen zu jeder Jahreszeit.<br />
Gastlichkeit. Als Pionierregion des Tourismus kennt die <strong>Zentralschweiz</strong><br />
eine lange und reiche Tradition der Gastfreundschaft. Sowohl<br />
was Verpflegung als auch was Unterkunft angeht, finden sich Angebote<br />
für fast alle Ansprüche. Wer kein Picknick im Rucksack mitträgt, stösst<br />
unterwegs bestimmt auf die eine oder andere Gastwirtschaft.<br />
Menschen. Genusswanderungen gewähren genügend Zeit für Begegnungen<br />
mit Einheimischen, die man in aller Regel als aufgeschlossene,<br />
hilfsbereite und ausgesprochen auskunftsfreudige Mitmenschen in Er -<br />
innerung behalten wird.<br />
In diesem Sinne wünscht der Verfasser viel Vergnügen auf allen<br />
Wegen. Mit Wandergruss «gut zu Fuss».<br />
Frühjahr 2016<br />
Franz Auf der Maur<br />
VORWORT 7
MANIFEST DES GENUSSWANDERNS<br />
Wir freuen uns über gesunde körperliche Betätigung, vermeiden aber<br />
den Stress des Leistungswanderns.<br />
Wir lassen uns nicht hetzen. Zeitangaben auf Wanderwegweisern (und<br />
in diesem Führer) nehmen wir als unverbindliche Hinweise zur Kenntnis.<br />
Sollten wir mal ein Stündchen länger unterwegs sein, haben wir<br />
kein schlechtes Gewissen.<br />
Die Natur möchten wir mit allen Sinnen erleben: mit Auge, Ohr, Nase,<br />
Haut. Und während der Rast gönnen wir den Füssen gern etwas frische<br />
Luft oder gar ein kühles Bad. – Nachher gut abtrocknen, sonst gibt es<br />
Blasen!<br />
Wir nehmen uns die Musse zum Betrachten der Landschaft mit all ihren<br />
Schönheiten.<br />
Gern gönnen wir uns auch einen Schwatz mit Einheimischen oder anderen<br />
Wandersleuten.<br />
Falls etwas nicht so läuft wie geplant (Wetterumsturz, Postauto verpasst),<br />
wollen wir uns die gute Laune nicht verderben lassen. Schimpfen<br />
beeindruckt den Regen wenig und bringt das Postauto auch nicht<br />
zurück …<br />
Wir stapfen nicht stur durch Feld und Wald, sondern interessieren uns<br />
für Land und Leute. Dazu gibt dieser Wanderführer eine Fülle nützlicher<br />
Anregungen.<br />
Zum Kennenlernen einer Gegend gehört auch das Geniessen regionaler<br />
Spezialitäten in flüssiger und fester Form. Und warum nicht dann und<br />
wann an einem interessanten Ort übernachten, um am Ende der Wanderung<br />
eine weite Rückreise zu vermeiden? Das Gastgewerbe wird es uns<br />
zu danken wissen.<br />
8
WEITERE WANDERTIPPS<br />
Ausrüstung<br />
Unpassende Kleidung und ungenügendes Schuhwerk können die schönste<br />
Genusswanderung beeinträchtigen. Wer seinen gesunden Menschenverstand<br />
braucht (keine Turnschuhe bei nassem Boden) und mit einer Portion<br />
Weitsicht loszieht (Regenschutz mitnehmen, auch wenn am Morgen<br />
kein Wölklein am Himmel steht), wird den Wandertag bestimmt in guter<br />
Erinnerung behalten. Zur Ausrüstung gehören auch eine Taschenapotheke<br />
und – besonders im Winterhalbjahr – eine Taschenlampe.<br />
Orientierung<br />
Unsere leichten <strong>Zentralschweiz</strong>er Touren folgen markierten Routen,<br />
wobei die Zeitangaben im Wanderführer, der Philosophie des genüsslichen<br />
Unterwegsseins entsprechend, eher grosszügig bemessen sind.<br />
In der Regel bietet die Orientierung keine Schwierigkeiten. Die meisten<br />
Wege und Pfade lassen sich bei normalen Witterungsbedingungen gefahrlos<br />
begehen (Grad T1 der SAC-Schwierigkeitsskala). Jene wenigen<br />
Stellen, die etwas Trittsicherheit erfordern (Grad T2), sind im Text speziell<br />
erwähnt. In jedem Fall bleiben die Wandernden für ihre Sicherheit<br />
selber verantwortlich.<br />
Öffentlicher Verkehr/Gastronomie<br />
Ausgangs- wie Endpunkt jeder Genusswanderung sind ans Netz des in<br />
der <strong>Zentralschweiz</strong> gut ausgebauten öffentlichen Verkehrs angeschlossen.<br />
Wer davon Gebrauch macht, schont Nerven und Umwelt. Aber Achtung:<br />
Die Transportindustrie ist in raschem Wandel begriffen, Linien<br />
wechseln ihre Anbieter oder werden verlegt. Deshalb vor Aufbruch stets<br />
die aktuelle Lage überprüfen. Dasselbe gilt für die Gastronomie, vor<br />
allem in Randgebieten, wo traditionelle Gaststätten geschlossen und<br />
Hotels umgenutzt werden.<br />
Natur<br />
Abfälle mitnehmen. Hunde gut beaufsichtigen. Pflanzen am besten stehen<br />
lassen, wo sie wachsen. Wenn schon ein Souvenir, dann lieber einen<br />
schönen Stein.<br />
Informationen<br />
Wetter: Telefon 162, www.meteoschweiz.ch.<br />
Notfälle: Allgemeine Notrufnummer 112, Polizei 117, Sanität 144,<br />
Rettungsflugwacht Rega 1414.<br />
Fahrplanauskünfte: Telefon 0900 300 300, www.sbb.ch,<br />
www.postauto.ch, www.fahrplanfelder.ch.<br />
WEITERE WANDERTIPPS<br />
9
WIGGEN – MARBACHEGG 1<br />
Route<br />
Postautohaltestelle Wiggen Egghus zwischen<br />
Escholzmatt und Marbach – Witemoosmüli –<br />
Campingplatz Rothus – Under Ei – Ei – Nüechtere<br />
– Erlemoos – Marbach Dorf zur Talstation<br />
der Gondelbahn. Bergfahrt zur Marbachegg,<br />
Rundweg, Talfahrt gegen Marbach.<br />
Anreise<br />
Vom Bahnhof Escholzmatt (BLS-Linie Luzern–<br />
Langnau–Bern) mit dem Postauto Richtung<br />
Marbach–Schangnau–Kemmeribodenbad bis<br />
zur Haltestelle Wiggen Egghus.<br />
Rückreise<br />
Ab Marbach (bei der Variante ab Schangnau)<br />
mit dem Postauto zum Bahnhof Escholzmatt.<br />
Wanderzeit<br />
3 Stunden.<br />
Höhendifferenz<br />
Gering.<br />
Karten<br />
Landeskarte 1:25000, 1188 Eggiwil.<br />
Landeskarte 1:50000, 244 Escholzmatt.<br />
Wanderkarte 1:50000, 244T Escholzmatt.<br />
Einkehren/Übernachten<br />
Hotels in Escholzmatt und Marbach. Restaurants<br />
in Escholzmatt, Wiggen, beim Campingplatz<br />
Rothus, in Marbach und auf der Marbachegg<br />
(bei der Variante auch in Schangnau).<br />
Variante<br />
Von der Kantonsgrenze Luzern/Bern auf der<br />
Gassenegg im Westen der Marbachegg streckenweise<br />
recht steiler, doch wandertechnisch problemloser<br />
Abstieg (Treppenstufen) von knapp<br />
anderthalb Stunden über 600 Höhenmeter nach<br />
Schangnau, Rückfahrt mit dem Postauto via<br />
Marbach nach Escholzmatt.<br />
Informationen<br />
Marbach Tourismus (Büro bei der Gondelbahn-<br />
Talstation), 6196 Marbach LU, Telefon<br />
0344933804, www.marbach-lu.ch.<br />
Gondelbahn Marbach–Marbachegg<br />
Telefon 0344933388<br />
(Sommerbetrieb von Mai bis Oktober).<br />
WIGGEN – MARBACHEGG 11<br />
11
WIGGEN – MARBACHEGG<br />
Zweiteilige Gemütlichtour im westlichsten Luzernerland<br />
Gegen Osten begrenzt<br />
die Schrattenfluh den<br />
Horizont im Wandergebiet.<br />
Ein langer Anlauf von Wiggen nach Marbach südwärts durch ein grünes<br />
Grastal stimmt ein auf die Bergfahrt mit der Gondelbahn hinauf zur Marbachegg.<br />
Zuerst geht es der Ilfis entlang, einem Nebenfluss der Grossen<br />
Emme. Eine halbe Stunde nach dem Start ist der Punkt erreicht, wo die<br />
Hilfere mit dem Schonbach zusammenfliesst; das vereinte Gewässer<br />
heisst fortan Ilfis.<br />
Der Blick nach Osten, woher die Hilfere kommt, zeigt zum ersten Mal<br />
die Schaffluh, die schroffe und steile Westseite der Schrattenfluh, welche<br />
später am Tag den Alpenrand dominant markieren wird. Ein wenig<br />
bekannter Fussgängerpass verbindet das Tal der jungen Ilfis mit dem<br />
östlich davon gelegenen Tal der Waldemme bei Flühli im luzernischen<br />
Entlebuch: der 1290 Meter hohe Hilferepass. Der Name «Hilfere» leitet<br />
sich von der Bezeichnung «hilwi» für Hilfe oder Schutz her. Im Mittelalter<br />
stand hier eine Hütte, die bei Wetterumstürzen oder bei Einbruch<br />
der Dunkelheit Unterschlupf bot. Fünf bis sechs Stunden, je nach Route,<br />
dauert die Passüberquerung … Ein andermal vielleicht!<br />
Heute geht es gemütlicher zu und her. Unser Zwischenziel Marbach<br />
trägt den Zusatz LU, um sich vom gleichnamigen Dorf im St. Galler Rheintal<br />
zu unterscheiden. Im 19. Jahrhundert lebten hier noch gegen 2000<br />
Seelen. Inzwischen liess Abwanderung aus Mangel an Arbeitsplätzen die<br />
Einwohnerzahl auf 1200 schrumpfen. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat<br />
sich Marbach, dessen Ortskern unter Heimatschutz steht, am 1. Januar<br />
2013 mit der Nachbargemeinde Escholzmatt zusammengeschlossen.<br />
12<br />
Zweiteilige Gemütlichtour im westlichsten Luzernerland
Ein kurzer Rundweg auf der Marbachegg lädt zum Bummeln ein.<br />
Das Dorfzentrum von Marbach<br />
steht unter Ortsbildschutz.<br />
Neben der Landwirtschaft bringt vor allem der Tourismus Geld ins<br />
Tal. Während des Winters wird wacker weisser Sport betrieben, wovon<br />
eine Sprungschanze sowie drei Speicherseen als Reservoirs zur Produktion<br />
von Kunstschnee zeugen. Im Sommer ist Wandern angesagt,<br />
erleichtert durch die unlängst erneuerte Gondelbahn auf den Aussichtspunkt<br />
der Marbachegg. Zur Bespassung des Publikums dienen etliche<br />
Attraktionen: Eine Schaukäserei mit Besuchergalerie (www.kaesereimarbach.ch),<br />
Feuerlaufen (www.immoment.ch), begleitete Gleitschirmflüge<br />
(www.gleitschirmfliegen.ch), eine Kartbahn für die Grossen und<br />
ein Snowli-Weg für die Kleinen beim Berghaus Eigerblick auf der Marbachegg,<br />
bekannt auch für Events wie Kinderfeste, Seniorentage oder<br />
Cowboy-Partys (www.marbachegg.ch). Fast etwas aus dem Rahmen fällt<br />
da ein Ort der Stille: Am Steiglenbach hinter Marbach lädt das Marienheiligtum<br />
der Lourdes-Grotte zu spiritueller Einkehr. Der Steiglenbach<br />
übrigens bildete im Mittelalter die Grenze zwischen der Pfarrei Escholzmatt<br />
und dem zum Kloster Trub gehörenden Gebiet. Von diesem Marchbach<br />
hat Marbach den Namen bekommen.<br />
Apropos Namen: Früher hiess die 1483 Meter hohe Marbachegg<br />
schlicht Lochsitenberg. Die touristisch attraktivere Umbenennung erfolgte,<br />
als eine Sesselbahn – als Vorgängerin der heutigen Gondelbahn –<br />
die knapp 600 Meter Höhenunterschied zwischen Talboden und Krete<br />
bewältigte.<br />
Oben freuen sich nicht nur Genusswandernde über die frische Luft<br />
und die harmonische Landschaft. Auch das liebe Vieh geniesst offensichtlich<br />
den Bergsommer. Fast möchte man hier eine Weile mit den<br />
Wiederkäuern tauschen und, auf das Picknick aus dem Rucksack oder<br />
die Einkehr im Berghaus verzichtend, vom würzigen Gras naschen.<br />
Ein Augenschmaus ist die Panoramasicht gegen die den Osthorizont<br />
begrenzende Steilflanke der Schrattenfluh. Ihrer Schroffheit wegen galt<br />
WIGGEN – MARBACHEGG 13
Tiefblick von der Marbachegg<br />
auf das Tal zwischen Marbach<br />
und Wiggen.<br />
sie lange Zeit als Wohnstätte des Teufels. Es seien sogar da und dort<br />
Spuren seiner Füsse im Fels zu erkennen; in Wirklichkeit handelt es sich<br />
natürlich um Abdrücke fossiler Meeresmuscheln.<br />
Als man noch nichts von Gebirgsbildung wusste, durch die einst im<br />
Meer abgelagerte Kalksteinschichten bis auf 2000 Meter hochgetürmt<br />
wurden, suchten die Einheimischen bereits eine Erklärung für die wie<br />
ein Fremdkörper in der Landschaft stehende Schrattenfluh: Einst hätten<br />
saftige Matten das nach Nordwesten steil, nach Südosten sanfter abfallende<br />
Bergmassiv bedeckt, doch aus Strafe für menschliche Habgier sei<br />
der Ort verflucht und unfruchtbar gemacht worden. Der Flurname «In<br />
der Not» zwischen dem Hilferepass und der Alp Ämmental mag daran<br />
erinnern.<br />
Statt fruchtbarer Weiden bedecken nun kahle Karren – tiefe Rinnen<br />
im Gestein, voneinander getrennt durch oft messerscharfe Grate – die<br />
Schrattenfluh. Schratten ist übrigens der Entlebucher Dialektausdruck<br />
für solche Karren und hat in der Bezeichnung «Schrattenkalk» Eingang<br />
in die erdgeschichtliche Fachsprache gefunden.<br />
Auf der Marbachegg führt ein zwei Kilometer langer Rundweg Richtung<br />
Westen zur Gassenegg, wo ein Grenzstein aus dem Jahr 1831 den<br />
Übergang vom Kanton Luzern zum bernischen Emmental markiert. Wer<br />
unterwegs den Blick von der dominierenden Schrattenfluh wegwenden<br />
kann, sieht in Gegenrichtung, jenseits des Tals von Marbach, den Wachthubel.<br />
Früher wurden von dort bei Gefahr die wehrfähigen Männer durch<br />
Rauchzeichen oder Feuersignale alarmiert.<br />
14<br />
Zweiteilige Gemütlichtour im westlichsten Luzernerland
Holz gehört zum<br />
Reichtum dieser Luzerner<br />
Alpenrandregion.<br />
Im Süden erhebt sich der massige Hohgant als Fortsetzung der<br />
Schrattenfluh. Zwischen den beiden Charakterbergen strömt die junge<br />
Emme am legendären Kemmeribodenbad vorbei. Das einstige Heilbad<br />
mit seiner Schwefelquelle ist heute als «Fressbedli» bekannt (Spezialität:<br />
Riesenmeringuen) und Endstation der Postautolinie von Escholzmatt–Marbach–Schangnau<br />
her.<br />
Auch vom Hohgant erzählt man sich übrigens eine ähnliche Sage wie<br />
von der Schrattenfluh: Wo heute karge Grasbüschel zwischen Steinhalden<br />
wachsen, stand einst eine reiche Stadt, von hochmütigen Leuten<br />
bewohnt … bis eine Naturkatastrophe ihrem ausschweifenden Leben<br />
ein Ende setzte.<br />
WIGGEN – MARBACHEGG 15
Eine Variante führt nach Schangnau im Tal der jungen Emme;<br />
im Hintergrund der Hohgant.<br />
16<br />
Zweiteilige Gemütlichtour im westlichsten Luzernerland
SCHÜPFHEIM – WOLHUSEN<br />
2<br />
Route<br />
Schüpfheim – Zingge – Hasle – Entlebuch –<br />
Chappelbodenbrücke – Bad – Wolhusen.<br />
Anreise<br />
Schüpfheim liegt an der Bahnlinie Luzern–<br />
Wolhusen–Schüpfheim–Langnau–Bern.<br />
Rückreise<br />
Wolhusen liegt an den Bahnlinien von Bern<br />
und Langenthal nach Luzern.<br />
Wanderzeit<br />
4 Stunden.<br />
Höhendifferenz<br />
Kaum spürbares Gefälle dem Fluss entlang.<br />
Karten<br />
Landeskarten 1:25 000, 1149 Wolhusen und<br />
1169 Schüpfheim. Landeskarten 1:50 000,<br />
234 Willisau und 244 Escholzmatt.<br />
Wanderkarten 1:50 000, 234T Willisau und<br />
244T Escholzmatt.<br />
Einkehren/Übernachten<br />
Gaststätten in Schüpfheim, Hasle, Entlebuch,<br />
Bad (zwischen Entlebuch und Wolhusen),<br />
Wolhusen. Hotels in Schüpfheim, Entlebuch,<br />
Wolhusen.<br />
Varianten<br />
Die Wanderung beim Bahnhof Hasle beginnen<br />
oder bei der Chappelbodenbrücke beenden<br />
(ab hier mit dem Postauto nach Wolhusen);<br />
jeweils eine Wanderstunde weniger.<br />
Informationen<br />
Schüpfheim Tourismus, 6170 Schüpfheim,<br />
Telefon 058 327 60 95, www.schuepfheim.ch.<br />
Tourismus-Informationsstelle, 6162 Entlebuch,<br />
Telefon 041 480 11 65,<br />
www.tourismus-entlebuch.ch.<br />
In Wolhusen lohnt sich der Besuch des<br />
Tropenhauses, Telefon 041 925 77 99,<br />
www.tropenhaus-wolhusen.ch.<br />
17
SCHÜPFHEIM – WOLHUSEN<br />
Flussabwärts der Kleinen Emme entlang<br />
Die Kleine Emme entspringt am<br />
Brienzer Rothorn und mündet<br />
bei Emmenbrücke in die Reuss.<br />
Das Entlebuch sei der Wilde Westen von Luzern, will die Fremdenverkehrswerbung<br />
wissen. Nun, dies mag für das zerklüftete Napfbergland<br />
oder die <strong>Region</strong> um die kahle Kalkkette der Schrattenfluh durchaus<br />
zutreffen … nicht jedoch für das breite, sanfte Tal der Kleinen Emme<br />
zwischen Schüpfheim und dem Dorf Entlebuch. Auf dieser Strecke verläuft<br />
der erste Teil der Uferwanderung an der Kleinen Emme. Wildromantisch<br />
wird’s dann nach der Halbzeit, von Entlebuch bis gegen Wolhusen.<br />
Als längster Fluss im Kanton Luzern entwässert die Kleine Emme ein<br />
Gebiet von 480 Quadratkilometern, in dem 35 000 Menschen leben.<br />
Unsere 16-Kilometer-Wanderung ohne merkliche Höhenunterschiede<br />
ist ein Teilstück des Emmeuferweges, der Luzern mit der Quelle der Kleinen<br />
Emme ob Sörenberg, am Nordhang des Brienzer Rothorns, verbindet.<br />
Während diese Mehrtagestour über 54 Kilometer flussaufwärts verläuft,<br />
wählen wir den Weg entlang der Fliessrichtung. So lässt sich im<br />
Sommerhalbjahr das schattenärmere erste Teilstück in den Morgenstunden<br />
zurücklegen, während nach der Mittagsrast die kühle Waldschlucht<br />
hinter dem Dorf Entlebuch lockt.<br />
Die ganze Route verläuft in der UNESCO-Biosphäre Entlebuch (Beitrag<br />
auf Seite 27) und zeigt zu jeder Jahreszeit ihre Reize. Im Winter<br />
verzaubern Eiszapfengebilde die Nagelfluh-Felswände der Emmeschlucht,<br />
18<br />
Flussabwärts der Kleinen Emme entlang
während der Frühling mit zartgrünem und der Herbst mit farbenprächtigem<br />
Blattwerk aufwartet.<br />
Der gut markierte und wandertechnisch problemlose Uferweg verläuft<br />
auf der rechten Gewässerseite mit ein paar Abstechern ans Gegenufer.<br />
Parallel zum Fluss verlaufen die Bahnlinie Bern–Luzern mit den Stationen<br />
Schüpfheim, Hasle, Entlebuch und Wolhusen sowie die Kantonsstrasse.<br />
Deren akustische Immissionen werden allerdings durch das<br />
Rauschen der streckenweise gezähmten, dann wieder frei fliessenden<br />
Kleinen Emme übertönt.<br />
Die meiste Zeit strömt sie harmlos-munter ihrer Einmündung in die<br />
Reuss bei Emmenbrücke entgegen. Doch nach schweren Unwettern, oft<br />
begleitet von Hagelschlag, wie sie hier am Alpenrand fast jedes Jahr<br />
auftreten, schwillt sie rasch an. Das Hochwasser vom Juli 1997 etwa<br />
riss Uferverbauungen weg und verlegte streckenweise gar das Flussbett.<br />
Bei solchen Gelegenheiten trägt die Flut stets auch grosse Mengen<br />
Geröll und sogar ganze Baumstämme talwärts. Welche Gewalt die sonst<br />
so harmonisch erscheinende Natur dann entfalten kann, hat Jeremias<br />
Gotthelf eindrücklich beschrieben. Seine «Wassernot im Emmental»<br />
bezieht sich zwar auf die Grosse Emme im Bernbiet drüben, gilt aber<br />
auch für deren kleinere Schwester im Luzernerland.<br />
Verheerende Überschwemmungen im 19. Jahrhundert waren auf<br />
massive Abholzung zurückzuführen. Weil nach dem Kahlschlag ohne<br />
Wiederaufforstung kein Waldboden mehr da war, um Starkregen aufzu-<br />
Zur Anreise wie zur Rückfahrt<br />
empfiehlt sich die Bahnlinie<br />
Luzern–Wolhusen–Schüpfheim–<br />
Langnau–Bern.<br />
SCHÜPFHEIM – WOLHUSEN 19
Wie die meisten Flusswanderungen<br />
kommt auch<br />
der Emmenweg ohne<br />
Höhenunterschiede aus.<br />
Vor Hasle führt eine gedeckte<br />
Holzbrücke, eine «Hüsli brücke»,<br />
über die Kleine Emme.
fangen, traten Bäche und Flüsse über die Ufer. Erst die eidgenössischen<br />
Forstgesetze konnten Abhilfe schaffen.<br />
Nach der ersten Wanderstunde durch gepflegtes Wiesland, begleitet<br />
durch die roten Markierungen der transkontinentalen Erdgasleitung, ist<br />
Hasle erreicht. Hier beginnt der «Wasserweg Kleine Emme». Dieser<br />
Erlebnispfad, wie man heute die Lehrpfade nennt, begleitet die Route<br />
mit 15 Informationstafeln bis nach Wolhusen und orientiert über Landschaftsgeschichte<br />
und Wasserbau, vor allem aber über die Pflanzenwelt<br />
und das Tierleben der <strong>Region</strong>. Wir erfahren zum Beispiel, dass die sauerstoffreiche<br />
Kleine Emme mit ihrer guten Wasserqualität für Fische ein<br />
idealer Lebensraum ist. Allerdings verdrängt die aus Nordamerika eingeführte<br />
Regenbogenforelle zusehends die einheimische Bachforelle.<br />
Im Dorf Entlebuch, das der Talschaft den Namen gegeben hat, mündet<br />
von Süden her, aus der einsamen Schimbrig-Gegend an der Grenze<br />
zu Obwalden, die Entle in die Kleine Emme. Auch wenn hier die eine<br />
oder andere Ente eine Heimat finden mag: Die Bezeichnung «Entle»<br />
geht auf das Wort «Antila» für «die Hervorsprudelnde» zurück. Auch<br />
der Name «Emme» wurzelt in ferner Vergangenheit, nämlich im Wort<br />
«Ammia», was «Flussbett» oder «Graben» bedeutet.<br />
Ein besonders interessanter Wegabschnitt findet sich zwischen dem<br />
Dorf Entlebuch und der Chappelbodenbrücke, wo sich an der Verbindungsstrasse<br />
Romoos–Wolhusen auch eine Postautohaltestelle befindet.<br />
Die einstige Bahnstation Doppleschwand-Romoos hingegen wird<br />
schon seit Längerem nicht mehr bedient.<br />
Gleich hinter Entlebuch, wo ein Lagergebäude das sonst so traditionelle<br />
Ortsbild dominiert, taucht der Fluss in eine selbstgegrabene<br />
Schlucht zwischen Waldabstürzen und Nagelfluhfelsen. Eine kühn ange-<br />
Links und rechts der Genusswanderroute<br />
erheben sich die<br />
grünen Hügel des Entlebuchs.<br />
SCHÜPFHEIM – WOLHUSEN 21
legte Galerie quert den Prallhang direkt über der starken Strömung. Hier<br />
lässt sich auch das Gestein aus der Nähe begutachten: Nagelfluh<br />
besteht aus gerundeten Geröllen, zusammengehalten von Sandsteinzement<br />
und abgelagert vor Jahrmillionen im Flussdelta der Ur-Emme,<br />
welche auch das legendäre Napfgold aus einem inzwischen längst abgetragenen<br />
Gebirge herangeführt hat.<br />
Die aktuelle Erosionsarbeit lässt sich im Flussbett gut beobachten.<br />
Stellenweise kerbt die Kleine Emme mit Hilfe mitgeführter Gesteinsfracht<br />
tiefe Rinnen aus dem Felsuntergrund. Andernorts bildet die<br />
Abtragung schöne Becken, an Sommertagen ideal für ein erfrischendes<br />
Bad. Freilich ist, wie in allen Naturgewässern, beim Schwimmen und<br />
Baden entsprechende Vorsicht geboten.<br />
Eigens fürs Wandervolk<br />
wurde diese Passage zwischen<br />
Fluss und Fels konstruiert.<br />
22<br />
Flussabwärts der Kleinen Emme entlang