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einigkeit 03/2017

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Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten | Ausgabe 3-2017 | www.ngg.net

einigkeit

Das Magazin der NGG

Guter Lohn – Gute Rente

Jetzt umsteuern


einigkeit*

*heißt: Nur Gemeinsam Geht´s – NGG

Guido Zeitler,

Stellvertretender NGG-Vorsitzender


EDITORIAL

Gesetzliche

Rente stärken

Foto: NGG

Endlich Zeit für Reisen, Hobbys, Ehrenamt oder Enkel? Wie auch

immer wir uns unser Leben im Ruhestand vorstellen, große Abstriche

vom bisherigen Lebensstandard stehen sicher nicht auf der Wunschliste.

Am Ende eines langen Arbeitslebens darf nicht die Angst vor

der Grundsicherung stehen! Deshalb ist es höchste Zeit umzusteuern.

Gemeinsam mit dem DGB setzen wir uns dafür ein, dass die

Fehler der Vergangenheit, die zur Schwächung der gesetzlichen

Rente geführt haben, korrigiert werden. Das Titelthema „Guter

Lohn – Gute Rente“ ab Seite 6 lässt Beschäftigte unterschiedler

Alters- und Gehaltsstufen ebenso wie die Experten der Parteien zu

Wort kommen, erläutert das Rentenkonzept des DGB und erklärt,

was zum Thema Altersvorsorge wichtig ist.

Dank der Gewerkschaften ist das Thema Rente auch Wahlkampfthema.

Dazu unser Spezial zur Bundestagswahl ab Seite 12. Jede

abgegebene Stimme stärkt unsere Demokratie. Deshalb an dieser

Stelle meine Bitte: Geht am 24. September zur Wahl!

Vorreiter in Sachen betriebliche Altersvorsorge ist die Süßwarenindustrie,

eine mittelständisch geprägte Branche, in der wir als NGG

sehr gut aufgestellt sind. Lesenswert dazu unser „süßer“

Branchenschwerpunkt ab Seite 22.

Als Gewerkschaft sind wir nur als starke Gemeinschaft erfolgreich,

die engagierte Arbeit jedes Einzelnen lässt uns weiter wachsen. Ab

Seite 18 berichten wir über den Betriebsrat Murat Serbeci, der als

unermüdlicher Kämpfer für die Gerechtigkeit im Molkereibetrieb

Meggle in Wasserburg sehr erfolgreich für seine Gewerkschaft

NGG wirbt.

Ich wünsche Euch eine anregende Lektüre und uns allen einen

Wahlausgang, der den Weg für mehr soziale Gerechtigkeit frei macht.

Guido Zeitler

Stellvertretender NGG-Vorsitzender

einigkeit 3-2017

3


INHALT

Ran an den Speck! Fleischer

6 17 Stefan Böhmann produziert bei 18

Titelthema Rente: Auch im Alter

den Lebensstandard weitgehend

zu halten, das gelingt bestenfalls

Höchstverdienern

Bell Food Räucher-Schinken im

Gruppen-Akkord

Mit dem Kopf durch die Wand

ist nicht sein Ding: Betriebsrat

Murat Serbeci engagiert sich

bei Meggle mit Herzblut

FOKUS | POLITIK

6 Guter Lohn – Gute Rente

Die Gewerkschaften haben die

Rente zum Wahlkampfthema gemacht.

Im Fokus alles Wichtige zur

Altersvorsorge, von Beitragssatz bis

„Drei-Säulen-Modell“

12 Spezial zur Bundestagswahl

„Geht zur Wahl, das ändert was!“,

fordert Michaela Rosenberger alle

NGG-Mitglieder auf. Wem Erstwählerin

Rebecca Bechert ihre Stimme

geben wird, ist noch offen.

MENSCHEN

17 Mein Arbeitsplatz

Speck zerlegen im Akkord: Für

Fleischer Stefan Böhmann bestimmen

Hygiene und Unfallschutz den

Arbeitsalltag

18 Porträt

Mit Köpfchen: Meggle-Betriebsrat

Murat Serbeci setzt sich für seine

Idee von Gerechtigkeit ein

26 Jubilare

Wir gratulieren!

NGG AKTIV

15 Internationales

Bitterer Import, süßer Export.

Vanille, Palmöl oder Kakao, Zutaten

kommen von weither und werden

oft unter härtesten Bedingungen

geerntet

29 Gleichstellung

Sicher zu wenig Rente: Altersarmut

ist nicht nur ein Frauenthema,

aber das Risiko ist für

Frauen erheblich höher

BRANCHE

22 Handarbeit und Technik

Süßwaren „Made in Germany“ sind

Exportschlager. Werksbesuch bei

Lambertz in Aachen

4

einigkeit 3-2017


IN DIESER AUSGABE

22

Branchenschwerpunkt

Süßwaren: Keks und Co. sind

teils handgefertigt und heißbegehrt

– auch im Ausland

30

Stundenlöhne von einem Euro ausfindig gemacht ... Das NGG-Team in der

Region Oldenburg/Ostfriesland kämpft für bessere Beschäftigungsverhältnisse;

nicht nur in der Fleischindustrie

Fotos: Uwe Völkner / Fotoagentur FOX (3), Andreas Burmann (2)

KOPF UND BAUCH

21 Frische Rezepte für Gute Arbeit

Genießer-Rezepte

zum Nachkochen

18 Einigkeit ist ...

… wenn man gemeinsam Kurs

hält, zum Beispiel auf der MS

EINIGKEIT in Heiligenhafen

32 Der Vorleser

Buch-Tipp: Krimi zum Thema

Fleischmafia, empfohlen von der

NGG-Region Oldenburg/Ostfriesland

NGG VOR ORT

30 NGG-Regionen vorgestellt

„Schweinereien müssen wir

öffentlich machen!“ Zu Besuch bei

Matthias Brümmer und seinem

Team in der Region Oldenburg/Ostfriesland

KURZ NOTIERT

33 Meldungen

34 Ausblick

35 Solidaritätsfonds

35 Impressum

einigkeit“ im Netz

Das Magazin der NGG digital lesen, als App und im Web.

Hier gibt es weitere interessante Features: Bildergalerien,

Videos und weiterführende Berichte.

einigkeit 3-2017

5


Martina van Loo spricht von „Zukunftsangst“,

wenn sie an ihre Rente denkt. Die Konditorin

ist verheiratet, hat ein Kind. Seit 16 Jahren ist

sie bei Lambertz in Aachen. Nicht nur, dass

sie – trotz betrieblicher und privater Zusatzvorsorge

– glaubt, dass ihre Rente nicht sehr

hoch sein wird. Sie ist sich auch nicht sicher,

„ob ich immer so viel verdienen werde wie

heute, oder ob ich überhaupt durcharbeiten

kann“. Aktuell, das ist ihr klar, müsste sie

mehr aus der angebotenen Entgeltumwandlung

machen.

6 einigkeit 3-2017

Foto: Uwe Völkner / Fotoagentur FOX


FOKUS | POLITIK

Guter Lohn – Gute Rente

Im Alter noch seine Miete bezahlen können und sich auch mal mehr gönnen, als nur satt zu werden, das hoffen die meisten, wenn

sie an ihre Rente denken. Die „einigkeit“ hat nachgefragt bei Beschäftigten, die am Anfang ihres Berufslebens stehen oder auch kurz

vor Renteneintritt, wie sie ihre persönliche Rentensituation einschätzen. Damit am Ende des Arbeitslebens nicht die Grundsicherung

und Altersarmut stehen, sind gute Löhne heute die Basis für eine gute Rente morgen.

„Ich habe Zukunftsangst“, sagt die 35-Jährige

Konditorin Martina van Loo. Sie glaubt

nicht, dass ihre Generation im Rentenalter

noch an die Leistung der heutigen Renten

herankommt.

Der 36 Jahre alte Betriebsratsvorsitzende

Ümet Kosak hat, das heute geltende Renteneintrittsalter

zugrunde gelegt, eine Rente von

800 Euro. Seinen derzeitigen Lebensstandard

wird er damit nicht halten können. Dennoch

ist die gesetzliche Rente noch immer

die beste Lösung, um im Alter eine verlässliche

Einnahmequelle zu haben. Das aktuelle

Rentenkonzept beruht auf dem Drei-Säulen-Modell.

Das heißt, die heutigen Beschäftigten

sollen über private Zusatzabsicherungen

und die betriebliche Altersvorsorge

selbst für ihr Alter ansparen.

Arbeitsjahre zählen

Für die Höhe der gesetzlichen Rente sind vor

allem zwei Faktoren wichtig: Die geleisteten

Arbeitsjahre und die Einkommenshöhe. Deshalb

ist ein wichtiges Ziel der NGG, über gute

Löhne nicht nur eine gerechte Bezahlung für

die geleistete Arbeit zu erreichen, sondern

damit auch den Grundstock für eine entsprechend

hohe gesetzliche Rente zu sichern.

Ein wichtiges Thema ist dabei die

noch immer ungleiche Bezahlung von Frauen

und Männern (Gender Pay Gap), da Altersarmut

ähnlich wie Lohnarmut in erster

Linie noch immer ein Frauenthema ist (siehe

Seite 29). Dies liegt auch an einer hohen

Teilzeitquote. Die 46-Jährige Claudia Becker

weiß bereits heute, dass ihre Teilzeitarbeit für

die Erziehung ihres Kindes den Rentenanspruch

um 400 Euro senken wird – trotz anrechenbarer

Erziehungszeiten.

Günther Köhler und Rita Reinlein-Wedekin

werden mit 63 Jahren ohne Verluste vorzeitig

in Rente gehen. Sie profitieren von einem

Gesetz, das seit Juli 2014 in Kraft ist: Im

kommenden Jahr kann die Hotelfachfrau

nach 45 Arbeitsjahren ohne Abschlag aus

dem Berufsleben aussteigen. Beide fühlen

sich gut abgesichert, glauben aber auch,

dass sie zu einer Generation gehören, die

noch recht zufrieden sein kann – im Gegensatz

zu ihren jungen Kollegen.

Wer früh spart, sorgt vor

Wünschen würden sich alle eine Altersrente,

die es ihnen ermöglicht, ihren Lebensstandard

weitgehend zu halten. Noch gelingt das

bestenfalls Höchstverdienern. Deshalb ist für

die NGG die betriebliche Altersvorsorge als

wichtiges zusätzliches Standbein ein wesentliches

Element ihrer Rentenpolitik. In den

Branchen der Ernährungsindustrie gibt es

mehr als 300 Tarifverträge, die das Zusatzsparen

ermöglichen – mit einem verbindlichen

Zuschlag von den Arbeitgebern. Viele

nutzen dieses Angebot. Häufig sind es jedoch

die Auszubildenden und Berufsanfänger,

die zwar nicht sehr hoffnungsfroh in die

Rentenzukunft blicken, aber andererseits

schwanken zwischen früher Vorsorge oder

der Entscheidung, ihr meist geringes Einkommen

doch lieber für die aktuellen Bedürfnisse

zu verwenden.

Josephine Billhardt ist da eher die Ausnahme.

Die 19-Jährige, die gerade ihre Ausbildung

erfolgreich abgeschlossen hat, nutzt

die betrieblich unterstützte Entgeltumwandlung

und legt zusätzlich noch privat Geld auf

die hohe Kante. Dass sie sich bereits jetzt

intensiv mit ihrer Alterssicherung beschäftigt,

hat einen einfachen Hintergrund: Sie

erlebt in ihrem Umfeld, was es heißt, wenn

das Geld im Alter nicht einmal mehr zum

Nötigsten reicht.

einigkeit 3-2017

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FOKUS | POLITIK

Jetzt umsteuern

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat ein eigenes Rentenkonzept vorgelegt, wie

die gesetzliche Rente gestärkt werden kann und informiert mit der Kampagne „Rente

muss reichen“: Die Gewerkschaften haben die Rente zum Wahlkampfthema gemacht.

Beispielrechnung

Die Arbeiterkammer Bremen

hat errechnet, wie sich die Höhe

des Rentenniveaus auswirken

kann: Eine Vollzeit-Arbeitskraft

aus dem Gastgewerbe mit einem

Monatsgehalt von 2096

Euro würde nach 45 Arbeitsjahren

bei einem Rentenniveau

von 43 Prozent 777,56 Euro

Rente erhalten, bei einem Rentenniveau

von 50 Prozent wären

es 958,39 Euro. Damit würde

sie bei dem höheren Rentenniveau

(also 50 Prozent) knapp

46 Prozent ihres Arbeitseinkommens

als Rente erhalten, bei

dem niedrigen von 43 Prozent

wären es rund 37 Prozent ihres

letzten Einkommens.

>

1231 Euro monatlich

„Eckrentner“

Durchschnittsrente

Das war höchste Zeit, denn es müssen die

Weichen richtig gestellt und Fehler der Vergangenheit

korrigiert werden. Geschieht das

nicht, wird die Zahl der Menschen, die im

Alter arm und auf staatliche Unterstützung

angewiesen sind, deutlich ansteigen. Um

das vorherzusagen, braucht es keine Glaskugel,

es ist beschlossene Sache. Wenn die

Politik nicht umsteuert, fällt das Rentenniveau

bis 2045 unter 42 Prozent. Aktuell liegt

es bei rund 48 Prozent – und schon das

reicht für viele kaum aus. Gleichzeitig steigen

die Belastungen der Beschäftigten, der

Beitragssatz soll von heute 18,7 auf 23,4

Prozent steigen.

Die Gründe für sinkende Renten und wachsende

Altersarmut sind vielfältig und beruhen

auf politischen (Fehl-) Entscheidungen,

welche die gesetzliche Rente in mehrfacher

Hinsicht massiv geschwächt haben. So wurde

etwa, geprägt vom neoliberalen Zeitgeist

der frühen 2000er-Jahre, die private Altersvorsorge

als Allheilmittel propagiert und mit

großem finanziellem Aufwand und zu Lasten

der gesetzlichen Rente eingeführt. Heute ist

klar: Die Riester-Rente ist gescheitert. Von

ihr haben lediglich die Versicherungswirtschaft

und die Arbeitgeber, die bei der Bezahlung

der Beiträge für ihre Beschäftigten

entlastet werden, profitiert. Die Menschen,

die am stärksten von Altersarmut bedroht

sind, können sich – wenig überraschend –

eine private Altersvorsorge ohnehin meist

nicht leisten.

Zur gleichen Zeit wurden tiefgreifende Änderungen

am Arbeitsmarkt vorgenommen: Mit

den Reformen ist die Zahl der Menschen,

die statt in regulärer Vollzeit in Teilzeit und

Leiharbeit arbeiten, einer „geringfügigen Beschäftigung“

in Mini- und Midijobs nachgehen

oder über Werkverträge beschäftigt

sind, sprunghaft gestiegen. Reguläre Vollzeitbeschäftigung

wurde durch prekäre Arbeit

ersetzt. Die Menschen, die von dieser

Politik betroffen sind, können nicht oder

kaum in den Rententopf einzahlen. Zuletzt

hat die Bundesregierung, vor allem auf Initiative

der SPD, einige richtige Schritte in der

Leiharbeit / Werkvertrag

Teilzeit

Minijob

Alter

Erziehungszeit

20 Arbeitslosigkeit 30 40

8 einigkeit 3-2017


FOKUS | POLITIK

Foto: DGB / Jonas Weber

Der DGB fordert – entgegen der Strategie der

CDU und CSU – Handeln statt Aussitzen.

Rentenpolitik unternommen. Aber die „Rente

ab 63“, Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente,

die Mütterrente und das

Betriebsrentenstärkungsgesetz bleiben minimale

Korrekturen, die bei weitem nicht ausreichen,

um für die Zukunft gerüstet zu sein.

Die Generation der sogenannten Babyboomer,

die geburtenstarken Jahrgänge ab

1955, steht kurz vor dem Eintritt in die Rente.

Der Renteneintritt der Beschäftigten, deren

Arbeitsbiographien von den Umbrüchen

der Nachwendezeit ab 1990 geprägt sind,

steht an. Ganz zu schweigen von den Millionen

Menschen, die in prekären Beschäftigungsformen

gefangen sind und so wenig

verdienen, dass sie ohne grundlegende Reformen

unweigerlich mit dem Renteneintritt

in die Altersarmut rutschen. Jetzt ist die Zeit

für einen echten Kurswechsel.

Kurswechsel jetzt – das DGB-Rentenkonzept

sieht vor:

- Rentenniveau auf dem heutigen Stand

stabilisieren und im weiteren Schritt anheben;

etwa auf 50 Prozent.

- Altersarmut vermeiden.

- Keine Anhebung des Renteneintrittsalters.

- Bessere Löhne für bessere Renten.

- Rentenversicherung auf Selbständige

ausweiten.

- Erwerbsminderungsrenten verbessern.

- Versicherungsfremde Aufgaben voll aus

Steuermitteln zahlen.

- Betriebliche Altersvorsorge stärken – mit

Tarifvertrag und vom Arbeitgeber mitfinanziert.

Mehr Informationen online

www.ngg.net/rente

„Eckrentner”/Durchschnittsrente

Sie haben mindestens 45 Arbeitsjahre

und damit 45 Rentenpunkte

sowie ein durchschnittliches Einkommen

von derzeit 37.103 Euro

jährlich. Die „Eckrentner”-Rente

beträgt dann 1231 Euro monatlich.

Dieser „Eckrentner” ist fiktiv und

wird aufgrund gebrochener Arbeitsbiografien,

Zeiten von Erwerbslosigkeit,

Teilzeitarbeit oder Erziehungs-/

Pflegezeiten immer seltener (siehe

Grafik unten).

Der Beitragssatz

zur gesetzlichen Rentenversicherung

beträgt 18,7 Prozent des Bruttoeinkommens

bis zur Beitragsbemessungsgrenze

von derzeit

76.200 Euro/jährlich (West;

Ost: 68.400 Euro).

Die Beiträge werden in Entgeltpunkte

(EP) umgerechnet. 1,0 Entgeltpunkte

erhält, wer genau den

Jahresdurchschnittsverdienst für

2017 von 37.103 Euro hat.

Krankheit

Leiharbeit / Werkvertrag

Das Rentenniveau

liegt 2017 bei 48,2 Prozent. Es ist

nicht mit der Rentenhöhe gleichzusetzen,

sondern eine Rechengröße,

die zur Stabilisierung des Lebensstandards

beitragen soll.

Das reale Arbeitsleben ist heute

Das reale Arbeitsleben ist

geprägt von Unterbrechungen,

geprägt von Unterbrechungen.

die zu erwartende Rente sinkt.

Quelle: www.einfach-rente.de

Quelle: www.einfach-rente.de

50 60

Minijob

vorzeitiger Ruhestand

Das Drei-Säulen-Modell

bezeichnet die Säulen der Rentenversicherung:

gesetzliche (GRV),

betriebliche (bAV), private (z.B.

Riester) Rente.

einigkeit 3-2017

9


Unsere Rente …

Günther Köhler (61) blickt vertrauensvoll in die Zukunft. Der gelernte Koch und Konditor arbeitet

in der Abteilung Produktenwicklung bei der Firma Lambertz in Aachen. Er fühlt sich

„gut versorgt“, weil er in den vergangenen Jahren selbst vorgesorgt hat. Anfang 2019 wird er

mit 63 Jahren in Rente gehen. Er hat dann 49 Arbeitsjahre in Vollzeit hinter sich.

Josephine Billhardt ist 19, Kauffrau für Büromanagement bei Südzucker in Zeitz (Sachsen-Anhalt).

Bereits von ihrer Ausbildungsvergütung legte sie Geld fürs Alter zurück und die

betriebliche Entgeltumwandlung nutzt sie ebenfalls. In ihrem Freundes- und Kollegenkreis ist

sie keineswegs die Einzige, die jetzt schon für später spart: „Wir Jungen sehen doch in unseren

Familien, was es heißt, wenn die Rente nicht reicht.“ Besorgt ist die junge Angestellte

aber über weit mehr: „Die Politik wird nicht mehr ernst genommen, die Wahlprogramme

werden oft gar nicht gelesen.“

Foto: Uwe Völkner / Fotoagentur FOX

„Da hat die Politik wirklich mal etwas Sinnvolles für mich getan!“ – 45 Arbeitsjahre hat

Rita Reinlein-Wedekin im kommenden Jahr voll und kann damit ohne Abzüge in Rente gehen.

Die gelernte Hotelfachfrau war bis Mitte 2016 Betriebsratsvorsitzende im Maritim

Grandhotel Hannover und hat rund 2100 Euro brutto verdient. Zusammen mit dem, was Rita

freiwillig in die betriebliche Altersvorsorge Hoga-Rente eingezahlt hat, wird die verheiratete

Mutter einer Tochter etwa 1200 Euro zur Verfügung haben – mehr als 50 Prozent ihres Bruttogehaltes.

„Damit habe ich persönlich mein Ziel zwar erreicht, aber ein weiteres Absinken

des Rentenniveaus unter 45 Prozent geht gar nicht. Essen oder Wohnen wird dann die Entscheidung

sein, vor der viele stehen werden!“

„Ich wünsche mir von der Politik, dass Erziehungs- und Familienarbeit stärker in der gesetzlichen

Rente berücksichtigt werden.“ Claudia Becker ist 46 Jahre alt und arbeitet seit 2011

in Teilzeit, um sich neben ihrer Tätigkeit bei Unilever um die Erziehung ihres Kindes zu kümmern.

„Bei Rentenbeginn werde ich deshalb mehr als 400 Euro monatlich weniger bekommen,

als wenn ich Vollzeit arbeiten würde – und dies trotz Berücksichtigung der Kindererziehungszeit“,

erzählt die verheiratete Angestellte. Selbst bei einem Wiedereinstieg in die Vollzeit

hätte Claudia Becker keine Chance, den verlorengegangenen Rentenanspruch wieder aufzuholen,

zumal es kein gesetzliches Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit gibt.

„Ohne faire Löhne, ein gutes Renteneintrittsalter und ein vernünftiges Rentenniveau gerät

unser sozialer Frieden in Gefahr!“ – Ümit Kosak, Jahrgang 1981, ist verheiratet und hat drei

Kinder. Seit zwölf Jahren arbeitet er bei Wolf ButterBack in Fürth, verdient heute als freigestellter

Betriebsratsvorsitzender nach Abschluss des neuen Tarifvertrages etwa 2000 Euro

brutto im Monat. Ümits zu erwartende Rente liegt im Moment bei 800 Euro. Hinzu kommt

noch das, was ihm seine betriebliche Altersvorsorge, in die er monatlich 30 Euro einzahlt,

einmal bringen wird. „Wie soll man von dem Lohn noch mehr zurücklegen? Ich sehe das

heute bei meinen Eltern und bei uns wird es nicht anders sein: So hart gearbeitet, und dann

bist du fast in der Sozialhilfe!“

10 einigkeit 3-2017


… und die Politik

Der DGB fordert, das Niveau in der gesetzlichen Rentenversicherung

zunächst zu stabilisieren und wieder auf 50 Prozent anzuheben.

Die "einigkeit" hat nachgefragt: Unterstützen Sie dieses Ziel?

„Die Weiterentwicklung der Rente nach 2030 wollen wir in einem

partei- und fraktionsübergreifenden Konsens unter Einbeziehung der

Tarifpartner regeln. Dazu setzen wir eine Rentenkommission ein, die

bis Ende 2019 Vorschläge erarbeiten soll.“

Dr. Peter Tauber

Generalsekretär der CDU

Andreas Scheuer

Generalsekretär der CSU

„Wir setzen uns für eine Stabilisierung des Rentenniveaus ein und

schlagen eine Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen

vor. Die Erwerbsbeteiligung insbesondere von Frauen wollen wir erhöhen

und weitere Erwerbstätigengruppen einbeziehen.“

Markus Kurth

Rentenpolitischer Sprecher der Grünen

„Das Rentenniveau soll wieder auf 53 Prozent steigen. Gleichzeitig

sollen alle Erwerbstätigen – Selbstständige, Beamte, Freie Berufe

PolitikerInnen – Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.“

Matthias W. Birkwald

Rentenpolitischer Sprecher DIE LINKE

Betriebsrenten

werden attraktiver

FOKUS | POLITIK

Nachdem Anfang Juli 2017 auch der Bundesrat

zugestimmt hat, kann das Betriebsrentenstärkungsgesetz

zum 1. Januar 2018

in Kraft treten. Ziel ist die Stärkung der betrieblichen

Altersvorsorge (bAV) als zweite

Säule der Alterssicherung und ihre Verbreitung

insbesondere in kleinen und mittelständischen

Unternehmen sowie bei Geringverdienenden.

Im Mittelpunkt steht mit

der reinen Beitragszusage eine neue Zusageform

der Betriebsrente.

Weitere Maßnahmen sind:

– die verpflichtende Weitergabe der eingesparten

Sozialversicherungsbeiträge des

Arbeitgebers bei Entgeltumwandlung,

– die steuerliche Förderung des Arbeitgeberbeitrags

zur bAV bei Geringverdienenden

bis zu einem Monatseinkommen von

2200 Euro,

– keine Anrechnung von Betriebsrenten auf

die Grundsicherung im Alter bis zu einem

Betrag von 100 Euro monatlich. Darüber

hinausgehende Betriebsrenten werden

nur zu 30 Prozent bis zu einem gesamten

Höchstbetrag von derzeit ca. 200 Euro

monatlich nicht angerechnet.

„Das Rentenniveau soll bei 48 Prozent stabilisiert werden. Auch

Selbstständige sollen in die gesetzliche Rente einbezogen werden.

Hubertus Heil

Generalsekretär der SPD

Foto:NGG

Warum eine Erhöhung des Renteneintrittsalters

falsch ist: Mehr als 50 Beschäftigte,

auch von NGG, zeigen, warum

länger zu arbeiten nicht nur

schwer vorstellbar, sondern schlicht

unmöglich ist.

Ch. Links Verlag, Berlin 2017,

ISBN: 978-3-86284-397-8, 15 Euro

Claus-Harald Güster

Stellvertretender NGG-Vorsitzender:

» Die NGG ist mit ihren Tarifverträgen

zur Altersvorsorge in der Ernährungsindustrie

gut aufgestellt und hat im

Gesetzgebungsverfahren immer wieder

darauf gedrungen, dass Betriebsrenten

beim Bezug von Grundsicherung im

Alter nicht angerechnet werden.«

Mehr Informationen online

www.ngg.net/rente

einigkeit 3-2017

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FOKUS | POLITIK

Ausflug zum Wahllokal

Foto: Alexander Paul Englert

Michaela Rosenberger fordert alle NGG-Mitglieder auf: „Geht zur Wahl. Das ändert was.”

Am 24. September 2017 wählen wir in unserem Land zum 18. Mal die Abgeordneten des Deutschen Bundestages

und stellen damit die Weichen für die Politik der nächsten vier Jahre. Diese Wahl ist wichtig – es ist die

Gelegenheit, für oder gegen eine bestimmte Politik zu stimmen.

Und trotz vielen Verdrusses über „die Politik“ oder „die

Parteien“, den ich in vielen Gesprächen mit Mitgliedern

und Beschäftigten höre, möchte ich appellieren: „Geht

zur Wahl. Das ändert was.“ Erinnern wir uns – nach der

letzten Bundestagswahl hat sich einiges bewegt im Land:

Weil die damalige schwarz-gelbe Regierung durch das

Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde keine

Mehrheit behielt, wurde die Einführung des gesetzlichen

Mindestlohns und die abschlagsfreie, um zwei Jahre vorgezogene

Rente möglich. Das zeigt: Wahlen ändern was,

wenn die Mehrheit es will und entsprechend wählt.

Unsere NGG ist parteiunabhängig – und wir werden jede

demokratisch gewählte Mehrheit respektieren. Trotzdem

gibt es in den Programmen der Parteien natürlich mal

mehr, mal weniger Übereinstimmung mit unseren Positionen

– und im Interesse unserer Mitglieder wünsche ich

mir, dass im 18. Deutschen Bundestag so viele unserer

Anliegen wie möglich eine parlamentarische Mehrheit bekommen.

Denn auch diesmal geht es um viel:

Wir entscheiden, ob es eine Mehrheit für einen Kurswechsel

in der Rentenpolitik gibt – oder ob es beim Weg in die

Altersarmut und die Rente mit 69 oder 70 bleibt.

Wir entscheiden, ob die Arbeitgeber sich mit Forderungen

nach Kürzung der Ruhezeiten und Ausdehnung der täglichen

Höchstarbeitszeiten durchsetzen werden – oder ob

es eine Mehrheit dafür gibt, die Beschäftigten vor überlangen

Arbeitszeiten weiter zu schützen.

Wir entscheiden, ob prekäre Beschäftigung – befristete

Arbeitsverträge, Leiharbeit und Werkverträge – weiter für

unsichere Lebensperspektiven sorgen – oder ob es eine

Mehrheit für das Prinzip „Gute Arbeit zu fairen Bedingungen“

gibt.

Und wir entscheiden darüber, ob der Mindestlohn durch

den Wegfall der Aufzeichnungspflichten für die Arbeitgeber

zu einer Luftnummer wird – oder ob es eine Mehrheit

dafür gibt, seinem Missbrauch engere Grenzen zu setzen.

Das alles (und noch viel mehr) entscheiden wir durch unsere

Stimmabgabe am 24. September.

Ich meine, es ist eine gute Gelegenheit, für oder gegen

eine bestimmte Politik zu stimmen – vor allem aber ist es

eine große Chance, unsere Demokratie zu stärken und

den Tendenzen in Teilen der Welt zu „autokratischen“ Alleinherrschern

ein starkes Gewicht entgegenzusetzen.

Deshalb bitte ich alle unsere Mitglieder – und ihre wahlberechtigten

Angehörigen – am 24. September wählen zu

gehen.

Michaela Rosenberger

Vorsitzende der Gewerkschaft NGG

12


Foto: Uwe Völkner / Fotoagentur FOX

FOKUS | POLITIK

Die Erstwählerin Rebecca Bechert ist eine überzeugte Gewerkschafterin, für die die Stärkung der Arbeitnehmerrechte wahlentscheidend sein wird.

Rebecca wählt

Rebecca Bechert ist 19 Jahre alt. Im Schnelldurchlauf hat sie bereits Erfahrungen gemacht, die ihren Altersgenossen

noch bevorstehen: Sie hat einige Jahre ihrer Schulzeit in den USA verbracht, ihre Ausbildung als Hotelfachfrau

beendet und in einer betreuten Wohngemeinschaft abseits ihrer Familie gelebt.

Jetzt beginnt sie einen Job als Hotelangestellte in einem

Familienbetrieb in Todtnau (Hochschwarzwald). Rebecca

freut sich sehr auf dieses neue Leben in der Nähe von

Freiburg. Durch ihre Mitgliedschaft in der Gewerkschaft

kennt sie hier und in ganz Deutschland junge Menschen,

die es genauso wichtig finden, sich für die Interessen von

Kolleginnen und Kollegen zu engagieren. Sie schätzt den

Zusammenhalt, die Seminare oder auch Sommercamps

der jungenNGG. Rebecca Bechert ist Delegierte in der

Pfalz und setzt sich insbesondere für die jungen Menschen

im Hotel- und Gastgewerbe ein: „Ich liebe diesen

Job, aber nicht die Arbeitsbedingungen.” Unbezahlte

Überstunden, gefälschte Stundenzettel, Teildienste,

Stress, Sklavenmentalität, Alkohol und Drogen seien in

diesem Bereich an der Tagesordnung.

Eine gute, solidarische Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind

für Rebecca, die im September das erste Mal den Bundestag

wählen kann, wahlentscheidend. Genauso wichtig

sind ihr das Gesetz zum Rückkehrrecht in Teilzeit, denn

der „Niedriglohnsektor ist überwiegend weiblich”, eine

gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ein vernünftiges

Arbeitszeitgesetz, denn 13-Stunden-Schichten sind im

Hotelgewerbe Alltag, die Rücknahme der Hartz-Gesetze,

„auf Hartz IV angewiesen zu sein, ist schrecklich”, sowie

eine faire europäische Steuer- und Sozialpolitik. Auch

wenn sie für die Europäische Union und ihre bisherige

Verfassung viel Verbesserungsbedarf sieht, sind ein solidarisches

Europa und eine humane gemeinsame Flüchtlingspolitik

für sie wichtig.

Wem sie ihre Stimme geben wird, ist für Rebecca, die

schon zu Schulzeiten im Jugendgemeinderat aktiv war,

noch nicht ausgemacht: „Die AfD kommt natürlich nicht

infrage. Ansonsten informiere ich mich anhand der mir

wichtigen Themen und lese auch die Wahlprogramme

selektiv; ich beobachte sehr genau, was die Parteien in

den nächsten Wochen machen. Was dann später tatsächlich

von dem, was in den Wahlprogrammen versprochen

wird, umgesetzt wird, ist natürlich eine andere Sache”,

sagt Rebecca, die politisch sehr versiert und interessiert

ist. Die Erstwählerin ist eine überzeugte Gewerkschafterin,

ihr Opa und ihr Vater waren ebenfalls lebenslang Mitglieder,

die Verbesserung von Arbeitnehmerrechten wird für

sie wahlentscheidend sein. „Denn zusammen sind wir immer

stärker!”

einigkeit 3-2017

13


FOKUS | POLITIK

Zwei von uns

Sie sind die Ausnahmen im Deutschen Bundestag: Gewerkschafterinnen, die wissen, wie

ein Unternehmen von innen aussieht. Zwei starke Frauen, Susanne Ferschl und Josephine

Ortleb, engagieren sich nicht nur in der NGG, sie kandidieren erstmalig für den Bundestag.

Betrieb verankert bleiben: Nur zu 80 Prozent

will sie sich vom Unternehmen freistellen lassen

und ihr Betriebsratsmandat behalten. Sie

bleibt „Eine von uns“.

X

Du hast die Wahl!

Weitere Informationen zur Bundestagswahl,

zum Beispiel einen Vergleich

der Aussagen der Parteien

zu Themen wie Rente und Soziales

sowie Gleichstellung, erhältst du

online.

Mehr Informationen online

www.ngg.net/btw2017

Foto: Uwe Völkner / Fotoagentur FOX

Susanne Ferschl

Seit zwei Jahrzehnten engagiert sich Susanne

Ferschl zunächst in der jungenNGG und als

Betriebsrätin bei Nestlé in Biessenhofen. Seit

zehn Jahren ist sie Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats

der Nestlé Deutschland AG. Den

gewerkschaftlichen Organisationsgrad in

Biessenhofen haben sie und ihr Team von 30

auf fast 80 Prozent gesteigert. Doch in ihrem

gewerkschaftlichen Alltag stößt die 44-Jährige

regelmäßig an Grenzen: „Bis heute spüren

wir vor Ort die Verwerfungen infolge der Agenda

2010 – Befristungen, Werkverträge erschweren

unsere gewerkschaftliche Interessenvertretung.

Wenn eine Kollegin mit ihrem

Rentenbescheid in mein Büro kommt und

aus Kostengründen ihren Austritt aus der

NGG erklärt, weil sie als Leiharbeiterin mit

drei Kindern nur knapp 700 Euro Rente monatlich

erhält und nicht weiß, wie sie davon

leben soll, dann macht mich das wütend.

Aber als Betriebsrätin sind mir die Hände gebunden.“

Aufgrund dieser Erfahrungen und

ihres Willens, sich für soziale Gerechtigkeit

einzusetzen und Themen wie die Stärkung

der gesetzlichen Rente aktiv zu gestalten, hat

sie ihre politische Heimat bei der Partei DIE

LINKE gefunden. Sie ist Direktkandidatin im

Wahlkreis Kaufbeuren Ostallgäu und steht auf

Platz 3 der bayerischen Landesliste. Trotz dieser

guten Chancen, in den nächsten Bundestag

gewählt zu werden, will Susanne in ihrem

Eine Stimme mehr für gute Arbeit

Josephine Ortleb will nach Berlin: Die 30-Jährige

will sich künftig im Bundestag für bessere

Arbeitnehmerrechte einsetzen. Unfaire Löhne,

lange Arbeitszeiten, Josephine Ortleb

weiß, wovon sie spricht. Sie kennt die guten

und schlechten Seiten der Arbeit im Gastgewerbe,

ist im Restaurant ihrer Eltern „groß

geworden“, wie sie sagt. Sie ist Restaurantfachfrau

und geprüfte Fachwirtin im Gastgewerbe.

Während ihrer Ausbildung entschied

sie sich, in die NGG einzutreten. Da sie ihre

Branche aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmersicht

kennt, konnte sie als Mitglied der

NGG-Tarifkommission „oft noch den ein oder

anderen Verhandlungsvorschlag machen“.

Josephine Ortleb

Wie hart die Arbeit im Gastgewerbe ist, weiß

sie und auch, welche Leistung erwartet – und

wie diese entlohnt wird. So kann sie sich richtig

aufregen über die Forderung der Gastronomie:

Eine Zwölf-Stunden-Schicht für Serviceund

Küchenpersonal, das sei nun alles andere

als „Gute Arbeit“. Jetzt will die NGG-Frau

nicht mehr nur in der Gewerkschaft für bessere

Arbeitsbedingungen kämpfen. Im Wahlkreis

Saarbrücken tritt sie für die SPD an.

Foto: Privat

14

einigkeit 3-2017


Bitterer Import, süßer Export

INTERNATIONALES

Deutschland ist Weltmeister. Seit 42 Jahren exportiert kein Land mehr Bonbons, Schokolade,

Knabbereien und Kekse. Vor dem erfolgreichen Export steht der Import: Viele Rohstoffe,

die von der Süßwarenindustrie verarbeitet werden, kommen aus fernen Ländern.

Ob Haselnüsse aus der Türkei, Vanille aus

Madagaskar, Palmöl aus Malaysia oder Schokolade

aus Westafrika: Für den Anbau der

wichtigsten Rohstoffe vieler Süßwaren

braucht es klimatische Bedingungen, die mit

denen hierzulande nicht vergleichbar sind.

Nicht vergleichbar mit jenen in Deutschland

sind in vielen Fällen auch die bitteren Bedingungen,

unter denen die Menschen in den

rohstoffliefernden Ländern arbeiten müssen.

Kakaoanbau ist Handarbeit

Ein Beispiel liefert der Kakao. Mehr als 70

Prozent der in Deutschland verarbeiteten Kakaobohnen

stammen aus zwei Ländern in

Westafrika, der Elfenbeinküste und Ghana.

Der Kakaoanbau liegt dort in den Händen

von Kleinbauern, die ihre meist wenige Hektar

kleinen Farmen in intensiver Handarbeit

betreiben. Dass dabei auch Kinder eingesetzt

werden, ist die Regel, nicht die Ausnahme.

Viele Bauern sind so arm, dass sie sich

keine erwachsenen Arbeiter leisten können

und sie die Arbeitskraft der eigenen oder von

fremden Kindern benötigen, um zu überleben.

Allein in der Elfenbeinküste und in Ghana

waren im Zeitraum 2013/2014 rund 2,2

Millionen Kinder zwischen 5 und 17 Jahren

im Kakaoanbau beschäftigt.* Sie ernten Kakaobohnen,

jäten Unkraut und hantieren mit

giftigen Insektiziden.

Süßwarenhersteller, Nichtregierungsorganisationen

und staatliche Stellen haben

einige Anstrengungen unternommen, diese

Missstände zu beseitigen. So haben sich im

Jahr 2001 führende amerikanische

Unternehmen wie Mars und Hershey´s

verpflichtet, gegen Kinderarbeit im Kakaoanbau

vorzugehen – Sanktionen bei Nichteinhalten

wurden allerdings nicht vereinbart.

Auf Initiative von NGG und dem europäischen

Gewerkschaftsdachverband

EFFAT wurde 2010 das

„Kakaonetzwerk“ mit dem

Ziel gegründet, zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen

beizutragen. Und seit

2012 unterstützt das „Forum Nachhaltiger

Kakao“, in dem die NGG-Mitglied ist, und an

dem der Bundesverband der Süßwarenindustrie

(BDSI), die Bundesregierung, der Lebensmitteleinzelhandel

und Unternehmen

beteiligt sind, zahlreiche Projekte.

Große Ambitionen sind nötig

Parallel haben die Süßwarenhersteller den

Anteil des nachhaltig, also unter fairen und

regelmäßig überprüften Bedingungen, produzierten

Kakaos in den in Deutschland verkauften

Süßwaren erheblich gesteigert (siehe

Grafik). Der BDSI hat seinen Mitgliedsunternehmen

das Ziel von 50 Prozent nachhaltig

produzierter Schokolade bis 2020 empfohlen.

Die Unternehmen im „Forum Nachhaltiger

Kakao“, dazu gehören neben Lambertz

(siehe Seite 22 ff.), Storck, Bahlsen und Hachez

viele weitere namhafte Hersteller, sind

ambitionierter und streben eine Quote von 70

Prozent bis 2020 an. Große Ambitionen und

aktives Handeln sind nötiger denn je: Die

Zahl der Kinder, die auf westafrikanischen

Kakaoplantagen schuften, ist zuletzt wieder

deutlich gestiegen.*

*Survey Research on Child Labor in

West African Cocoa Growing Areas,

Tulane University, New Orleans

Das Ziel des Forums ist es, die Lebensumstände

der Kakaobauern zu

verbessern, die natürlichen Ressourcen

und die Biodiversität in den Anbauländern

zu schonen und zu erhalten

sowie den Anteil an nachhaltig erzeugtem

Kakao zu erhöhen.

www.kakaoforum.de

Anteil an nachhaltig

erzeugtem Kakao

in den in Deutschland

verkauften Süßwaren:

Quelle: BDSI

Foto: ©by-studio-stock.

adobe.com

15


NGG AKTIV

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Nicht noch länger!

Fotos: NGG

Die Betriebsratswahl

2018

Eine Betriebsratswahl rechtlich

wasserdicht und ohne unnötigen

Aufwand zu organisieren,

ist eine echte Herausforderung.

Betriebsrats- und Wahlvorstands

mitglieder können sich

ab Oktober 2017 im BZO fit

machen lassen für die Vorbereitung

und Durchführung der

Wahl – von der Bestellung des

Wahlvorstands bis zur Konstituierung

des neuen Betriebsrats.

Alle Termine 2017 / 2018 unter:

www.bzo.de

Die NGG im Südwesten hat öffentlichkeitswirksam im Mannheimer Stadtzentrum gegen noch

längere Arbeitszeiten im Gastgewerbe protestiert.

Änderungen am Arbeitszeitgesetz und die Forderung des Arbeitgeberverbands

DEHOGA nach noch längeren Arbeitszeiten sind nicht im Interesse der Beschäftigen.

Das hat die NGG im Südwesten in der laufenden Tarifverhandlung im Gastgewerbe

in Baden-Württemberg und Hessen anlässlich ihrer Veranstaltung „Zukunft

der Gastfreunde“ mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion im Stadtzentrum

von Mannheim Anfang Juni deutlich gemacht. Aus Sicht von NGG sind die

schon heute völlig ausufernden Arbeitszeiten ein Hauptgrund dafür, warum viele

Betriebe erfolglos nach Nachwuchs suchen.

Gleicher Lohn gefordert

Bildungszentrum Oberjosbach

info@bzo.de ó www.bzo.de

Telefon 06127 9056-0

Mit Warnstreiks, wie hier in Bergen auf Rügen, machen die Beschäftigen von DMK Druck.

Bildungspartner der Gewerkschaft

Nahrung-Genuss-Gaststätten

Im Vorfeld hatten die Beschäftigten des Deutschen Milchkontors (DMK) in Mecklenburg

Vorpommern mit Warnstreiks ordentlich Druck gemacht. Trotzdem war das

Unternehmen in der dritten Tarifverhandlung Mitte Juli nicht bereit, die Löhne in

den sechs Mecklenburger Werken an die der anderen DMK-Standorte anzugleichen.

Dabei hatte die NGG, kaum eine Woche vorher und begleitet von eindrucksvollen

Aktionen in den Betrieben, die überfällige Angleichung der Löhne der Molkereimitarbeiter

im Osten an das Westniveau erreicht. Wer bei DMK arbeitet, profitiert

davon aber nicht, dort gilt ein Haustarifvertrag. Mit dem derzeitigen Arbeitgeberangebot

wären viele bei DMK in Mecklenburg-Vorpommern deshalb künftig

schlechter gestellt als ihre Kollegen in anderen Molkereien im Osten.

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einigkeit 3-2017


MENSCHEN | MEIN ARBEITSPLATZ

Ran an den Speck

Zerlegen, pressen, vakuumieren: Für Stefan Böhmann gehören die Zeiten im Fleischereieinzelhandel längst

seiner persönlichen Geschichte an. Heute arbeitet der 45-Jährige Fleischer Akkord im Werk II der Bell Food Group

im ammerländischen Edewecht.

Foto: Andreas Burmann

Lebensmittelhygiene und Arbeitsschutz stehen an erster

Stelle in der nüchternen, kühlen Halle, in der Stefan

Böhmann mit seinen Kollegen im Gruppen-Akkord geräucherte

Schinken zerlegt beziehungsweise von ihren

Schwarten befreit. Die Fleischer selbst sind hinter Haube,

Mund- und Gehörschutz kaum zu erkennen. Ihre

Füße stecken in Sicherheitsschuhen, die Hände in

Schutzhandschuhen. Gekonnt setzt Stefan Böhmann

das Messer an und schon segelt eine Speckschwarte in

die dafür vorgesehene Plastikwanne, während auf dem

Tisch bereits der nächste Schinken unter die Klinge wandert.

Ohne ihre Schwarten werden die geräucherten

Schinken schließlich am nächsten Band gepresst und

vakuumdicht verpackt. So geht es bis zum Ende der

Frühschicht um 14 Uhr.

Schwere körperliche Arbeit sei das schon, erzählt uns

der Fleischer nach Schichtende. Dennoch arbeite er

gern bei Bell: „Die Stimmung unter den Kollegen ist bestens,

und da ich ausschließlich in der Frühschicht arbei-

te, habe ich noch Zeit für meine Familie.“ Hier in Edewecht

betreibt Bell zwei Werke mit etwa 160 Mitarbeiterinnen

und Mitarbeitern, von denen die meisten in der

NGG organisiert sind. Deutschlandweit hat der Lebensmittelproduzent

mehr als 1300 Beschäftigte. Christoph

Czombera ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender

und seit 31 Jahren bei Bell. „Gewerkschaft, Betriebsrat

und Unternehmen leben bestens miteinander“, erzählt

er. „Was geklärt werden muss, wird offen ausgetragen

und geklärt. Werkverträge kennen wir hier praktisch

nicht, bis auf zwei Mitarbeiter sind alle fest angestellt.“

So auch Stefan Böhmann. Seit 20 Jahren ist er schon im

Betrieb und ebenso lange NGG-Mitglied. Was ihn damals

dazu bewogen habe in die Gewerkschaft einzutreten?

Lange muss der ruhige Fleischer da nicht überlegen:

„Mir war einfach wichtig, im Notfall jemanden hinter mir

zu haben. In der Gewerkschaft steht man nie allein da.

Das gibt einem doch Sicherheit.“ Sagt´s und macht sich

auf den Heimweg, bis es morgen früh um 5.15 Uhr wieder

heißt: Ran an den Speck!

einigkeit 3-2017

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» Alle wissen inzwischen:

Freiwillig gibt dir keiner

mehr Geld!«

Murat Serbeci,

Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender

von Meggle

18 einigkeit 3-2017


MENSCHEN | PORTRÄT

„Kopf durch die Wand

geht halt nur im Film!“

Woher er komme? „Na, aus Wasserburg natürlich!“ Murat Serbeci lacht. Der Sohn türkischer Einwanderer ist

in der oberbayerischen Stadt geboren, hierher ist er vor 26 Jahren zurückgekehrt und hier setzt er sich seitdem

für seine Idee von Gerechtigkeit ein.

Foto: Uwe Völkner / Fotoagentur FOX

Murat Serbeci ist ein Mann mit klaren Vorstellungen und

einem Sinn für Solidarität: „Nimm mal ein Streichholz

zwischen die Finger“, sagt er und führt vor, wie leicht ein

einzelnes Holz zerbricht, während ein ganzes Bündel

kleiner Hölzchen sehr widerstandsfähig ist. „Man ist nur

stark, wenn viele zusammenstehen. Das hat mein Vater

mir schon beigebracht“, erzählt der 44-Jährige. Seit einem

Vierteljahrhundert ist er bei Meggle in Wasserburg

beschäftigt. Zurückgekehrt aus der Türkei, mit Schulabschluss

und Ausbildung zum Elektroniker in der Tasche,

kam er 1992 in das Molkereiunternehmen am Inn.

„Nach einer Woche als Produktionshelfer – das heißt, da

schleppst du nur Säcke – wollte ich schon wieder kündigen.

Doch mein Meister ließ mich nicht gehen. Ihm gefiel,

dass ich nicht nur Deutsch, sondern auch noch Bayerisch

sprechen konnte!“ Gut so, denn einer, der „seine

Meinung sagt, wenn´s brennt“, ist bis heute für die Kolleginnen

und Kollegen bei Meggle ein Glücksfall. Murat

blieb, wurde Anlagenführer, engagierte sich in der Gewerkschaft

und ist seit 2014 als Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden

Robert Jananin freigestellt.

„Den ersten Streik haben wir hier 2006 organisiert“, erzählt

er. „Da mussten wir noch jeden Einzelnen überzeugen.

Heute ist das anders, da sind schnell 200 bis 300

Kolleginnen und Kollegen dabei. Alle wissen, freiwillig

gibt dir keiner mehr Geld“, erzählt Murat, der stolz ist, im

Unternehmen ein bisschen als „Revoluzzer“ zu gelten.

Seit 2014 habe sich der Organisationsgrad bei Meggle

verdoppelt, 20 Prozent der 1100 Beschäftigten am

Standort seien mittlerweile in der NGG organisiert. „Potenzial

haben wir natürlich, da braucht man Geduld: Mit

dem Kopf durch die Wand, das geht halt nur im Film!“,

lacht der fünffache Vater, für den als Tarifkommissionsmitglied

ab Ende September die ersten Verhandlungen

zum bayerischen Milch-Entgelttarifvertrag anstehen.

In der Wasserburger Molkerei ist man von jeher – zum

Beispiel bei den tariflichen Eingruppierungen – vorbildlich

aufgestellt. Jährlich kann 1,25 Prozent der Belegschaft

in Altersteilzeit gehen. Hierfür haben Betriebsrat,

Gewerkschaft und Unternehmen ein bayernweit einzigartiges

Punktesystem entwickelt.

Dennoch gibt es immer noch viel zu tun für den „Gerechtigkeitsfanatiker“

Serbeci. „Wenn´s zwickt, bin ich

da. Nach 22 Jahren Schicht bist du schließlich immer

noch einer von ihnen, das legt man nicht ab.“ Mit Herz

und rund um die Uhr – durchaus auch im Urlaub – engagiert

er sich für die Kollegen. Und für seine NGG, von

der er sich wünscht, dass sie einmal so mitgliederstark

wird wie die IG Metall. Murat Serbeci ist im Vorstand der

NGG-Region Oberbayern aktiv und zudem schon seit

zehn Jahren ehrenamtlicher Sozialrichter (Schöffe).

„Gute Gewerkschaftsarbeit heißt für mich, sich einzusetzen

und auch die nicht zu vergessen, die nicht mehr

täglich am Produktionsprozess teilnehmen oder am

Rand stehen. Ich bin zwar von hier – aber eben ein bisschen

auch Migrant!“

einigkeit 3-2017

19


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Ich willige ein, dass mein Name, meine Adresse, meine Telefon-Nr. und E-Mail-Adresse

für die Kontaktaufnahme per E-Mail, Brief oder Telefon von der Dein Plus GmbH und dem

angefragten Partner verwendet werden. Ich kann meine Einwilligung jederzeit mit Wirkung

für die Zukunft widerrufen.

Datum

Unterschrift

20


Zutaten für vier Personen:

1 mittelgroßer Wirsing

1 Scheibe durchwachsener Speck

1 Scheibe fetter Speck

500 g Gehacktes, halb und halb

Salz

Pfeffer

Senf

1 bis 2 alte, eingeweichte

Landesbezirk Ost // Region Thüringen

Ein Rezept von Heidrun Al-Sad

und ausgedrückte Brötchen

1 Ei

Krautshäuptchen

250 ml Schmand

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150 Jahren ...

... steht die NGG für die richtigen

Rezepte, für gerechte Bezahlung

und faire Arbeitsbedingungen. Zum

150-jährigen Jubiläum füllte sich

die „Bundes-Genuss-Karte“ mit

mehr als 1000 Rezepten aus allen

50 NGG-Regionen. Ausgewählte

Rezepte findet Ihr in dem in den

Regionalbüros erhältlichen Buch

„150 Frische Rezepte für Gute Arbeit“

oder unter

www.ngg.net/rezepte.

Zubereitung:

Vom Wirsing die Blätter ablösen, vorher den Strunk abschneiden, in Salzwasser

blanchieren und abtropfen lassen. Gehacktes mit den übrigen Zutaten vermengen.

Speck in Würfel schneiden, auslassen, Speckgrieben beiseite stellen.

Verbliebenes Fett in eine Auflaufform geben. Form mit Wirsing auslegen. Die

schönen äußeren Blätter für die obere Schicht aufheben. Gehacktes und Wirsing

im Wechsel schichten, je nach Menge. Schließlich Schmand darauf geben und

darüber die ausgelassenen Speckwürfel. Den Auflauf nun im Ofen bei ca. 180 bis

200°C ca. 1 Stunde backen, bis die Oberfläche des Gerichts gebräunt ist. Dazu

Kartoffeln reichen.

Mehr Informationen online

www.ngg.net/rezepte

Foto: Fürcho GmbH

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Fotos: Uwe Völkner / FotoagenturFOX

Beim Befüllen der Packungen setzt Lambertz auf die Feinmotorik von Frauen. Die frisch gebackenen Plätzchen werden vom Band in die Kartons gefüllt.

Handarbeit und Technik

Die Süßwarenindustrie zählt zu den wichtigsten Branchen der Ernährungsindustrie. Rund vier Millionen Tonnen

Süßigkeiten werden jährlich produziert, die Hälfte davon geht in den Export.

Süße Naschereien mögen die Deutschen. Sie gaben dafür

im vergangenen Jahr knapp 100 Euro pro Kopf aus und

verzehrten fast 31 Kilo Süßwaren, zu denen auch salzige

Knabbereien, Knäckebrot oder Kekse zählen. Die Unternehmen

können sich seit Jahren auf diesen Verbrauch im

eigenen Land verlassen. Die Branche ist aber auch Exportweltmeister,

da Süßes „Made in Germany“ nicht weniger

beliebt ist als Autos oder Maschinen. Rund 50 Prozent

ihrer Ware wird vor allem in die Länder der Europäischen

Union verkauft. Frankreich, Großbritannien oder auch die

Niederlande schätzen deutsche Leckereien. Außerhalb

der EU sind es vor allem die USA, die gerne deutsche

Süßwaren kaufen. Sowohl der Brexit, der Austritt Großbritanniens

aus der EU, aber auch die aktuelle Politik der

USA, die verstärkt auf heimische Produkte setzen, könnten

sich auf die Exportquote auswirken, fürchten die Unternehmen.

Die Branche mit ihren rund 50.100 Beschäftigten ist geprägt

vom familiären Mittelstand, aber auch Familienkonzerne

und Multis wie Nestlé, Mondelez und Unilever produzieren

Süßwaren. Den Blick in die Zukunft bewerten die

Firmen „bedingt optimistisch“, vermeldet der Bundesverband

der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI). Bislang

seien aber die Arbeitsplätze nicht gefährdet.

22

Zu den umsatzstarken Unternehmen gehört die Lambertz-Gruppe.

Ein Traditionsbetrieb, der mit seinem Aachener

Printenwerk auf mehr als 300 Jahre Firmengeschichte

zurückblicken kann. Doch mit einem Produkt

allein kann kein Unternehmen überleben. Im Aachener

Lambertz-Werk werden 60 unterschiedliche Backwaren

produziert. Und in der hauseigenen Veredelung arbeiten

Bäcker und Konditoren an neuen Produkten oder Geschmacksvarianten.

Eine der wichtigen Vorgaben für jeeinigkeit

3-2017


BRANCHE

Isamil Ozun, der Teigmacher, rollt die rohe Ware zu der passenden Anlage, damit das Band weiterlaufen kann.

des neue Produkt lautet aber: Es muss auf den bestehenden

Anlagen hergestellt werden können.

Produktvielfalt stoppt Roboter

In vielen Unternehmen spielt die Automatisierung, heute

unter den Stichworten Digitalisierung und Industrie 4.0

stark diskutiert, eine wichtige Rolle. Ob bei der Brot-, oder

Getränke- oder Süßwarenindustrie, der Trend geht hin zur

computergesteuerten Anlage (siehe „einigkeit“ 2/2017).

Rezepturen und Mischungen laufen über Computer, die

Zutaten sind unsichtbar, kontrolliert wird über die Bildschirme

und selbst Produkte aus dem 3D-Drucker gehören

zur technischen Entwicklung.

Das Aachener Lambertz-Werk zählt zu den wenigen Ausnahmen

beim technologischen Ausbau. Der Betriebsratsvorsitzende

Klaus Netzer betont deshalb gerne, „wir sind

ein Traditionsbetrieb und noch sehr handwerksnah“. Die

Aachener benötigen für die Herstellung der zahlreichen

unterschiedlichen Produkte flexibel umschaltbare Anlagen:

Heute für die Printen, morgen für Bio-Haferkekse

oder Dominosteine. Dafür arbeiten Teigmacher, Bäcker,

Konditoren, Köche, Süßwarentechnologen, Maschinenführer,

Bandarbeiter und natürlich die Beschäftigten der

Verwaltung sowie Logistik und Versand.

gen, wieder andere bekommen noch Nüsse auf die Glasur.

Das fertige Produkt landet schließlich auf dem Band

bei den Packfrauen. In der Produktion ist das Verhältnis

von Frauen zu Männern nahezu identisch.

28 Frauen füllen derzeit in drei Schichten Dominosteine in

die Plastikpackung. 20 Würfel müssen jeweils exakt in den

Vertiefungen liegen. Gerade einmal vier Sekunden

Die Produktpalette der Süßwarenindustrie

(Anteile in Prozent)

Rohmasse

1,5

(z. B. Fondant)

Kakaohaltige Lebensmittelzubereitung

1,6

Knabberartikel 7,7

Speiseeis 8,6

Zuckerwaren

(z.B. Bonbons) 15,7

Kakao- und Schokoladenhalberzeugnisse

16,7

Feine Backwaren

(z. B. Knäckebrot, Kekse und Zwieback) 19,0

Schokoladenwaren 29,1

Quelle: BDSI, Grafiken: NGG und freepik.com

Geschick und Tempo

Die Teigmacher haben ihren eigenen Bereich. Die riesigen

Rührgeräte sind leicht erkennbar, sind ihre im Vergleich

dazu winzigen Abbilder doch in fast jedem Haushalt zu

finden. Von dort kommt der Teig in die Anlagen, er wird

flach gewalzt, die Formen werden ausgestanzt, manche

Produkte werden gefüllt, andere mit Schokolade überzoeinigkeit

3-2017

23


BRANCHE

Rosonangela Schäfer legt fast als Letzte Hand an: Sie füllt die Kartons mit den fertig verpackten Produkten.

braucht jede der Frauen für eine Schachtel. Am Ende

ihrer Schicht werden 7650 Packungen gefüllt sein. Damit

hat jede Frau zwei Tonnen zur Auslieferung fertig gestellt.

Für seine Printen ist Aachen bekannt, bei den Dominosteinen

kann aber jeder Liebhaber davon ausgehen, dass

er sie schon einmal gegessen hat. 95 Prozent der weltweiten

Produktion kommen von Lambertz.

Die Zutaten, die in den meisten anderen Unternehmen

von außen unsichtbar in computergesteuerte Anlagen gefüllt

werden, sind in Aachen gut erkennbar. Hier werden

noch Säcke angeliefert und gestapelt. In der Bio-Abteilung

lässt sich dann erkennen: Der Kakao kommt in diesem

Fall aus Italien, der Rohrzucker aus Kolumbien und der

Bio-Hafer aus Deutschland. Das führt zu einem weiteren

gewichtigen Thema der Branche: Woher kommen die

Rohstoffe? (siehe Seite 15) Palmöl beispielsweise gehört

zu den umstrittenen Rohstoffen. Hier haben einige Firmen

– wie auch Lambertz – reagiert. So wird kein oder nur

nachhaltig erzeugtes Palmöl verwendet.

Stillstand beim Tarifvertrag

Sichere Arbeitsplätze, gute Aussichten für die Zukunft, die

Branche sieht kaum Gründe zur Klage. Anders die Gewerkschaft.

Die NGG macht sich mit der Tarifkommission,

in der auch Klaus Netzer Mitglied ist, seit Jahren für einen

modernen Entgelt-Rahmen-Tarifvertrag (ERTV) stark.

Denn so dynamisch sich die Branche nach außen gibt,

beim ERTV hat sich seit 1987 nichts verändert. Der Vertrag

feiert im Oktober seinen 30. Geburtstag und gilt als

Grundlage der Eingruppierung eines jeden Mitarbeiters.

Die Unternehmen wurden modernisiert, Arbeitsabläufe

haben sich verändert, der Anspruch an das Wissen und

Können der Arbeitnehmer ist heute auch nicht mehr mit

Die Süßwarenindustrie

in Zahlen

Quelle: BDSI

24

einigkeit 3-2017


BRANCHE

1987 vergleichbar. Der Lambertz-Betriebsratschef ärgert

sich: „Die Verhandlungen sind festgefahren, weil die Arbeitgeber

darauf bestehen, dass sie der neue Vertrag nicht

mehr kosten darf als der alte.“ Ina Korte-Grimberg,

NGG-Referatsleiterin Süßwarenindustrie, hat für die Haltung

der Arbeitgeber ebenso wenig Verständnis: „Wir wollen

einen modernen zeitgemäßen Tarifvertrag, der die Arbeitswelt

von heute beschreibt und kein Geschichtsbuch.“

Der Keksmarkt ist hart umkämpft, doch die NGG-Betriebsräte

von Bahlsen, Griesson de Beukelaer und Lambertz

hält dies nicht ab, regelmäßig ihre Erfahrungen im

„Netzwerk Feine Backwaren“ auszutauschen. Hier geht

es nicht um neue Rezepturen, sondern die sich verändernde

Arbeitswelt. Immer wieder gibt es in den Betrieben

Parallelen bei den Themen Demografie oder Digitalisierung.

Ein gut vernetzter Betriebsrat, der ohne Scheu auch

im Konkurrenzbetrieb einen NGG-Kollegen anrufen kann,

dem macht so schnell keiner was vor.

Lambertz

Der 1688 gegründete Betrieb war immer in Familienhand.

Seit 1978 führt Dr. Hermann Bühlbecker

die Lambertz GmbH & Co. KG. Die deutschen

Standorte sind neben Aachen: Ladbergen, Dresden,

Neu-Ulm und Nürnberg. Ein weiteres Werk

gibt es im polnischen Kattowitz. Ein Vertriebsstandort

ist seit 2007 New Jersey (USA). Der Gesamtumsatz

lag 2016 bei 651 Millionen Euro.

chen gesetzlichen Rente auszugleichen. Über die derzeitige

voraussichtliche Rente wird einmal jährlich informiert.

Bei Lambertz haben Betriebsrat und Arbeitgeber zusätzlich

vereinbart: Für jeden Euro, den ein Mitarbeiter von

seinem Gehalt in die Altersvorsorge über die Entgeltumwandlung

einzahlt, gibt es von der Firma noch einmal

zehn Prozent oben drauf. Bislang nutzen nur 170 der 450

Beschäftigten diese Möglichkeit. „Wir sprechen alle drauf

an, wir haben die Zehn-Prozent-Zulage überall publiziert,

trotzdem nehmen es zu wenige wahr“, bedauert Netzer.

Klaus Netzer (56) ist gelernter Elektroinstallateur, seit 1986 arbeitet

er bei Lambertz, ist seit 2000 Betriebsrats- und Konzernbetriebsratsvorsitzender

und Mitglied im Regionsvorstand Aachen.

René Bontenbroich (39) ist Industriemechaniker und seit 2014

Betriebsrat, seit 2016 stellvertretender Vorsitzender und Mitglied

im Konzernbetriebsrat, seit 17 Jahren arbeitet er bei Lambertz.

Für eine bessere Rente

Ein anderes Thema, das den Betriebsratsvorsitzenden

Netzer und seinen Stellvertreter René Bontenbroich umtreibt,

ist die Altersvorsorge. Die Firma bietet eine betriebliche

Altersvorsorge, die die NGG mit dem Branchenverband

ausgehandelt hat. Das heißt, die Beschäftigten können

über die Entgeltumwandlung ihre spätere Rente aufstocken.

Im Schnitt zahlt der Arbeitgeber auf Basis des

Tarifvertrages 400 Euro (je nach Bundesland und Tarifgruppe)

jährlich für jeden Beschäftigten. Das ist zu wenig,

um die Lücke zwischen aktuellem Netto zur voraussichtlieinigkeit

3-2017

25


JUBILARE

Herzlichen Dank für Eure Treue!

In dieser Ausgabe gratulieren wir Mitgliedern, die im dritten Quartal der Jahre 1947 (vor 70 Jahren) und 1967

(vor 50 Jahren) in die Gewerkschaft NGG eingetreten sind. Seit mehr als 150 Jahren sind es die Mitglieder, die

unsere Organisation zum dem machen, was sie ist und bleibt: Eine starke und lebendige Gewerkschaft, die ihren

Mitgliedern zur Seite steht. Wir sind dankbar und sehr stolz, dass uns so viele von Euch über Jahrzehnte ihr Vertrauen

schenken.

Seit 70 Jahren Mitglied

Allgäu: Fritz Lange

Bielefeld-Herford: Friedrich Hollmann, Günter Seewald

Bremen-Weser-Elbe: Hans Stölting

Dortmund: Gerhard Droste, Anneliese Schmidtke

Dresden-Chemnitz: Hans Büttner

Hamburg-Elmshorn: Otto Blöß

Hannover: Walter Krosky, Horst Henneberg

Heilbronn: Willi Berge

Lübeck: Guenter Steszewski

Mannheim-Heidelberg: Karlheinz Arnold

Nordrhein: Helmut Fischbacher

Oberfranken: Kurt Grampp

Oldenburg-Ostfriesland: Wolfgang Kranz

Ruhrgebiet: Fritz Killisch

Schwarzwald-Hochrhein: Franz Thoma

Thüringen: Elisabet Eisenstein, Christa Leinhoss

Ulm-Aalen/Göppingen: Hans Däubler

Seit 50 Jahren Mitglied

Allgäu: Josef Baumann, Klara Schroeck,

Christa Semmler, Johann Stumhofer, Agathe Hailand,

Martin Nasswetter

Baden-Württemberg Süd: Friedrich Oehler

Berlin-Brandenburg: Heidemarie Tietze,

Lothar Wendland, Annelie Brzenska, Renate Ceglewski,

Bernhard Grause, Karl-Heinz Just, Brigitte Krissel,

Heidechristel Kulling, Brunhilde Liebike,

Manfred Ludwig, Siegrid Matschke,

Eva-Maria Neumann, Irmgard Pagels, Harald Richter,

Bernd Schmidt, Heinz Schulz, Anita Szokol,

Ursula Wilke, Ingrid von Wilucki

Bielefeld-Herford: Marianne Schröder, Josef Tepe,

Anita Ludewig, Walter Sroczynski, Klaus-Dieter Starcke

Bremen-Weser-Elbe: Werner Kothe,

Margarete Reimann, Hans-Georg Bohling,

Claus Mewes, Lothar Juergens, Helmut Rumke,

Reinhard Schlichting

Darmstadt & Mainz: Heinz Süßelbeck

Detmold-Paderborn: Werner Fischer

Dortmund: Georg-Jos Gisselmann, Bruno Nusser,

Dieter Hoffmann, Herbert Marquardt, Egon Szalaga,

Reinhart Breite, Heinz Feldhoff, Dietrich Ziehe

Dresden-Chemnitz: Dietmar Baum, Christa Albrecht,

Frank Berndt, Olaf Bredschack, Ilona Düring,

Rosmarie Espig, Manfred, Greiner, Gudrun Haubold,

Wolfgang Hoffmann, Eva-Maria Jost, Jochen Jungk,

Günter Kapelle, Christine Kempe, Maria Köppel,

Ursula Kunze, Christa Kuznik, Peter Lehmann,

Stephan Lindner, Dieter Mai, Christine Müller,

Werner Müller, Hans Pönisch, Ulrich Rupf,

Brigitte Scheinert, Ulrich Schiebold,

Elke Schneider, Gerold Tschierschke,

Ursula Uhlig, Gisela Voitel, Annette Ziesche,

Michael Ziesche

Düsseldorf-Wuppertal: Kurt Mushoff, Ingrid Raschke,

Willi Tusch, Ernst Adam, Gerhard Weber

Hamburg-Elmshorn: Harald Bartels

Hannover: Werner Laumer, Hans Georg Zeug,

Marion Walther

Heilbronn: Edeltrud Kränkel

26

einigkeit 3-2017


JUBILARE

Köln: Willy Schneider

Krefeld-Neuss: Günter Dedters, Ernst Schormann

Leipzig-Halle-Dessau: Brigitte Bauer,

Peter Deike, Günter Hänsel, Gisela Mühlner,

Waltraud Quaas, Manfred Rother,

Martina Schaefer, Iris Schmidt, Jürgen Werner

1927

Lübeck: Axel Ohster

Lüneburg: Rainer Böhm, Rolf Kroeger

Magdeburg: Bärbel Flügel, Eva Berg, Klaus Schulze

Mannheim-Heidelberg: Willi Wiemer, Josef Hambsch,

Egon Jäger

Mecklenburg-Vorpommern: Rotraud Baumann,

Regina Fehn, Jürgen Garling, Gisela Huebner,

Horst Lehmann, Elke Schier, Klaus Schier,

Mittelbaden-Nordschwarzwald: Günter Dettmann

München: Siegfried Obal, Norbert Schmid

Münsterland: Ingrid Möhring, Dirk Rekau

Niederbayern: Hannelore Langer, Eugen Gell

Nord-Mittelhessen: Brigitte Pfaff, Udo Prediger,

Wilma Schäfer, Ralf Schnitzler

Nordrhein: Fritz Grigat

Nürnberg-Fürth: Inge Ehrhardt, Dieter Schütz,

Ernst Uhlmann, Konrad Brandner

Oberfranken: Heinz Schramm, Wolfgang Schäfer,

Helmut Schieber

Oberpfalz: Siegfried Maier, Hildegard Winter,

Fritz Dietl, Rudolf Gerl, Franz Platz

Oldenburg/Ostfriesland: Günter Fehrmann

Osnabrück: Jürgen Hinney, Günther Meyer

Rhein-Main: Karl-Heinz Wagner

Die gesundheitlichen Folgen überlangen Arbeitens sind schon

lange bekannt. Das zeigt diese Darstellung aus der "einigkeit" von

vor 90 Jahren. Und trotzdem fordern Arbeitgeber, z.B. im Gastgewerbe,

auch heute, das Arbeitszeitgesetz aufzuweichen. CDU/

CSU und FDP haben angekündigt, die Arbeitszeit in Falle eines

Wahlsiegs zu „flexibisieren”.

Süd-Ost-Niedersachsen: Lothar Renning, Heinz Eilers,

Gisela Herold, Adelheid Reichardt

Thüringen: Ingrid Jacob-Maluck, Elisabeth Bergmann,

Christine Ernst, Werner Fischer, Steffi Gebhardt,

Ingrid Graesser, Sylvia Kräkel, Waltraud Lippold,

Doris Meyer, Wilfried Munschke, Dolores Paetrow,

Monika Taubert, Horst Vogler

Trier: Wolfgang Böhm, Heinz Peter Treinen

Unterfranken: Gerhard Endres, Alois Knorr,

Erich Less

Rosenheim-Oberbayern: Willi Van Dieken

Ruhrgebiet: Wilhelm Depping, Waltraud Miemiec,

Hans Werner, Gerhard Herrlich

Saar: Günter Harendt, Werner Klee

Schleswig-Holstein Nord: Silke Kleemann,

Albert Dieterich

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KOPF UND BAUCH

Einigkeit ist ...

wenn man gemeinsam Kurs hält

Sommer an der Ostsee! Urlauber bevölkern die Strände und Badeorte entlang der Küste auf der Suche nach

Erholung und neuen Attraktionen. Auch Kapitän Thomas Deutsch hat jetzt Hochsaison: Siebenmal in der Woche

fährt er von Heiligenhafen mit seiner MS EINIGKEIT hinaus zum Hochseeangeln.

Hamburg, Nordrhein-Westfalen oder Bayern – Aus ganz

Deutschland kommen die bis zu 40 Gäste auf der EINIG-

KEIT, um den beliebten Dorsch – der eigentlich ein Kabeljau

ist – aus der Ostsee zu angeln. „Ich mache das

seit 23 Jahren“, schmunzelt der 51-Jährige Kapitän, „da

hat man so einiges erlebt, nicht nur, weil ja nicht jeder

seine Seefestigkeit vorher so richtig einschätzen kann“.

Nachdem alle ihre Plätze an der Reling eingenommen

haben – bei Streitigkeiten schlichtet der Kapitän! – und

die wichtigsten Fakten zur Sicherheit an Bord geklärt

sind, geht es täglich um 7.30 Uhr los. Angelerfahren

oder nicht, auch „Landratten“ sind bei der vierköpfigen

Besatzung gut aufgehoben. Es wird erklärt, geholfen und

endlich „Petri Heil“ gewünscht, wenn der Köder in die

Wellen rauscht.

Die 1951 gebaute und Mitte der 1970er-Jahre umgebaute

EINIGKEIT ist sturmerprobt und bestens in Schuss.

„Im Winter kommen die Hochseeangler und im Sommer

die Touristen“, so Deutsch. Neu sei seit 2017 die Fangquote,

die dem Bestandsschutz diene und den Fang pro

Angler auf drei Dorsche in den Wintermonaten und fünf

in den Sommermonaten beschränke. Immer wieder

muss Kapitän Deutsch nun erklären, dass natürlich noch

geangelt werden dürfe. Während er auf der Brücke steht,

kümmert sich seine Frau Emilia um Gastronomie und

Verkauf an Bord. Auch Sohn René hat bereits sein Kapitänspatent

und unterstützt in den Semesterferien.

Und was tun, wenn einem Petrus wohl gesonnen war

und man tatsächlich fünf Dorsche aus der Ostsee gefischt

hat? „Kein Problem“, lacht Deutsch. „Wer will,

kann seine Fische an Bord schlachten und filetieren

oder sie im Hafen einfrieren bis der Urlaub zu Ende ist.“

Wir sagen „Petri Dank“!

Einigkeit macht stark!

Für die Gewerkschaften steht „Einigkeit“ seit jeher

für Zusammenhalt im Kampf um bessere Arbeits- und

Lebensbedingungen. Auch außerhalb der Arbeitswelt

haben sich Menschen unter dem Namen Einigkeit zusammengeschlossen.

Die Redaktion stellt sie vor.

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Rente: Sicher zu wenig

Altersarmut ist nicht nur ein Frauenthema, aber das Risiko, im Rentenalter knapp über

oder gar unter der Armutsschwelle zu landen, ist für Frauen erheblich höher.

MENSCHEN

Gerti Ziegltrum

„Ohne die Rente meines Mannes könnte ich

mir München nicht leisten“, sagt Gerti Ziegltrum

(75). Ohne die Hinterbliebenenrente ihres

Mannes wäre auch für Landy Kuczynski

(61) Hamburg unbezahlbar. Zwei Frauen,

zwei unterschiedliche, aber dennoch typische

Lebensläufe. Die Buchhalterin Ziegltrum

arbeitete 18 Jahre Teilzeit, um sich um

den Sohn zu kümmern. Die gelernte Krankenschwester

Kuczynski kümmerte sich um

drei Kinder und wechselte vom erlernten Beruf

Krankenschwester in den Verkauf bei Plus

und arbeitete dann noch viele Jahre als Bäckereiverkäuferin

– für einen Brutto-Stundenlohn

von 7 Euro. Zuletzt kamen noch die Pflegejahre

für ihren Mann dazu. Heute müsste

sie, nach fast 40 Arbeitsjahren, mit einer Erwerbsunfähigkeitsrente

von 442,77 Euro leben

– wenn es nicht die Witwenrente gäbe.

53 Prozent weniger

Die langjährige Betriebsratsvorsitzende bei

Pfanni in München, Gerti Ziegltrum, hat während

ihrer Arbeitszeit vor allem für ein Ziel

gekämpft: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“.

Denn wer mehr verdient, bekommt auch später

eine bessere Rente. Die Wissenschaftler,

die im Auftrag der Bundesregierung im Frühjahr

ihren Gleichstellungsbericht ablieferten,

bestätigen: Neben den Auszeiten für Kindererziehung

oder Pflege, die häufig zu Unter-

brechungen oder Teilzeitarbeit führt, sind

auch „die unterschiedlichen Stundenlöhne“

für den erheblichen Rentenunterschied verantwortlich:

„Frauen erhielten 2015 im

Durchschnitt 53 Prozent niedrigere eigene

Alterssicherungsleistungen als Männer“,

schreiben die Gutacher.

Vom Gender Pay Gap zum Pension Gap

Für die kleinen Frauenrenten sind zahlreiche

Lebensaspekte entscheidend: Es beginnt oft

schon mit der Ausbildung für Berufe, die weniger

gut bezahlt werden. Noch immer werden

Frauen häufig bei gleicher Tätigkeit

schlechter bezahlt als ihre Kollegen, ihre Teilzeitquote

ist höher. Kindererziehungszeiten

und nicht selten die Pflege des Partners oder

der Eltern verringern die Rentenansprüche

ebenso. So gilt während des Arbeitslebens

das „Gender Pay Gap“ – das heißt, Frauen

verdienen durchschnittlich 21 Prozent weniger

als Männer. Darauf folgt das „Gender

Pension Gap“, die kleinere Rente.

Landy Kuczynski

Wählen für die bessere Rente

Die NGG fordert deshalb schon lange eine

neue Rentenpolitik. Im Wahljahr 2017 stehen

die Chancen gut, mehr Einfluss zu nehmen.

Einfach bei der Rentenkampagne der Gewerkschaften

mitmachen:

www.rente-muss-reichen.de

Zur Person

Gerti Ziegltrum (75) war 13 Jahre

im Betriebsrat bei Pfanni in

München (heute Unilever) und

davon acht Jahre Betriebsratsvorsitzende.

Sie ist Mitglied im

Vorstand der NGG-Region München

und zuständig für die Senioren.

Sie arbeitet auch im bundesweiten

Koordinierungsausschuss

der Senioren mit.

Landy Kuczynski (61) ist gelernte

Krankenschwester, arbeitete

aus familiären und gesundheitlichen

Gründen in unterschiedlichen

Unternehmen. Bei der

NGG ist sie in der Frauen- und

Seniorengruppe aktiv.

Foto Zigelturm: Uwe Völkner / Fotoagentur FOX; Foto Kuczynski: NGG

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Fotos: Andreas Burmann

„Wir sind das perfekte Team!“: In der Region Oldenburg/Ostfriesland wird gemeinsam gelacht und „geackert“: (v.l.n.r.) Christian Wechselbaum, Martina Husmann,

Ronald Smolawa, Gabriele Brückner und Matthias Brümmer.

„Schweinereien müssen

wir öffentlich machen!“

Matthias Brümmer, Geschäftsführer der NGG Region Oldenburg/Ostfriesland, ist kein

Leisetreter: Gemeinsam mit seinem Team setzt sich der Vollblut-NGGler für die Mitglieder

in der durch die Fleisch- und Milchindustrie geprägten Region ein. Bei Bedarf deutlich

und rund um die Uhr.

Fünf Landesbezirke, 50 Regionen:

www.ngg.net/vorOrt

Auf einen Blick

Region Oldenburg/Ostfriesland

region.oldenburg@ngg.net

www.ngg.net/oldenburg-ostfriesland

Mitglieder: ca. 5.900

Fläche: ca 11.200 km 2

Lebensgefühl: Geiht nich, givt nicht!

Dass man einen Betrieb nicht „knackt“, indem

man nur davor steht, versteht sich für

Matthias Brümmer von selbst. Also muss geackert

werden. Mit der ganzen Mannschaft.

Und die ist im NGG-Büro im niedersächsischen

Oldenburg inzwischen gut aufgestellt:

Fleischexperte Brümmer wird unterstützt

durch Ronald Smolawa und Christian Wechselbaum,

der sich um den Bereich Hotels

und Gaststätten ebenso sorgt wie um den

Aufbau der jungenNGG. Die Sekretäre übernehmen

auch die bis zu 300 Rechtsberatungen

rund ums Jahr. Ihre Kolleginnen Martina

Husmann und Gabriele Brückner sind für

die reibungslose Verwaltung zuständig.

„Wenn´s brennt, wenn jemand in existenzieller

Not ist, dann geht hier immer was“, erzählen

die beiden, die sich als das perfekte Kolleginnen-Duo

verstehen und damit für beste

Stimmung schon beim Empfang sorgen.

Das Who is Who in Sachen Fleisch

Hochgestreckte Fäuste – Bilder aus der

Anti-Apartheid-Bewegung zieren die Wände

im Büro des Geschäftsführers. „Mir gefällt

die Symbolik“, erzählt Brümmer. „Minderheiten

können zu Mehrheiten werden. Das

ist doch genau das, wofür ich seit 25 Jahren

als Gewerkschafter stehe!“ Klingt nach

Kampfeslust, soll es auch: Die NGG hat gerade

in der fleisch- und milchindustrielastigen

Region Oldenburg/Ostfriesland wichtige Erfolge

erzielt. Zum Beispiel nach dem Brand

beim Geflügelproduzenten Wiesenhof in

Lohne: 2016 konnte nach langen Verhandlungen

ein Sozialplan und Interessenausgleich

verabschiedet werden, der seinesgleichen

suche, berichtet Matthias Brümmer.

Danish Crown, VION Food, Tönnies Lebensmittel,

Rügenwalder Mühle, Heidemark, Böseler

Goldschmaus, Bell Food: Gewichtige

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NGG VOR ORT

» Jeder Einzelne ist

Gewerkschaft!«

Thomas Krause,

ehrenamtlicher Regionsvorstand der

NGG-Region Oldenburg/Ostfriesland und

DMK-Betriebsratsvorsitzender

„Player“ der Fleischverarbeitung sind in der

Region ansässig. Aktionen und Beratungen

finden daher häufig in Zusammenarbeit mit

dem DGB-Büro „Faire Mobilität“ in Oldenburg

statt, denn die zumeist osteuropäischen

Beschäftigten erreicht nur, wer ihre Muttersprache

spricht. Aber auch die Milchindustrie

prägt die weitläufige Region zwischen

Weser und Ems: Zu den Leuchttürmen gehören

Deutschlands größter Molkereikonzern

DMK (Deutsches Milchkontor) und die

Ammerländer Milchtransporte AMT, wo annähernd

100 Prozent der Beschäftigten in

der NGG organisiert sind – zudem schließlich

der Produzent von Kartoffelprodukten

Schne-frost.

„Entfernungen jucken mich nicht!“

Durch die Nähe zu den Inseln und zur ostfriesischen

Nordseeküste spielt auch das

Hotellerie- und Gastgewerbe eine wichtige

Rolle für das Oldenburger Team. „Wir sind

immer im Kontakt miteinander“, berichtet

Matthias Brümmer, „WhatsApp oder facebook,

Handy oder E-Mail: Ich nutze alle Kanäle

und bin quasi ständig erreichbar. Entfernungen

jucken mich nicht, wenn es um

die Sache geht!“ Das kommt gut an: 17 Jahre

in Folge war die Mitgliederentwicklung positiv,

in den letzten vier Jahren konnten sogar

zehnprozentige Zuwächse erreicht werden.

„Wir müssen Schweinereien wie die Beschäftigungsverhältnisse

in der Fleischindustrie

öffentlich machen. 2003 haben wir

da zum Teil Stundenlöhne von einem Euro

ausfindig gemacht! So lange es das System

der Werkverträge gibt, sind wir nicht am

Ende dieser Auseinandersetzung“, erläutert

Brümmer, warum diese Branche ein Schwerpunkt

seiner Arbeit bleibt. Aber auch der

Abschluss von Tarifverträgen, die Beratung

von Betriebsratsgremien und das „Ohr“ für

Probleme der Mitglieder gehören dazu. Die

Lohngerechtigkeit wurde zu Jahresbeginn in

einer erfolgreichen Regions-Frauenkonferenz

thematisiert.

Das ist ein NGG-Betrieb

„Wir alle sind Gewerkschaft und das macht

uns stark!“: Auch der ehrenamtliche Regionsvorstand

und DMK-Betriebsratsvorsitzende

Thomas Krause lebt Gewerkschaft mit

Haut und Haar: „In meiner Arbeit ist mir immer

wichtig, dass nach außen sichtbar wird:

Hier sind wir!“ Ein gelungenes Vorhaben: 74

Prozent seiner 600 Kolleginnen und Kollegen

am DMK-Standort Edewecht sind in der

NGG organisiert. Derzeit stehen für Krause

Aktionen zur Rente und betrieblichen Altersvorsorge

ganz oben auf der Liste.

Milch, Süßwaren, Brauerei, Fisch, Fleisch,

Hotels und Gaststätten: Im Vorstand sind die

wichtigsten Branchen der weitläufigen Region

vertreten. Alle zwei Jahre geht man gemeinsam

in Klausur, die Zusammenarbeit ist

eng und erfolgreich. Da sind sich Matthias

Brümmer und Thomas Krause einig: „Wir

müssen den Mitgliedern zeigen, dass wir da

sind. Die wollen ihre NGG sehen und das ist

gut so, denn: Ohne die Kolleginnen und Kollegen

sind wir nichts!“

» Wir müssen den

Mitgliedern zeigen,

dass wir da sind.«

Matthias Brümmer,

Geschäftsführer der Region

Oldenburg/Ostfriesland

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KOPF UND BAUCH

Vorlesen

Matthias Brümmer, Geschäftsführer der NGG-Region Oldenburg/Ostfriesland,

empfiehlt den Krimi „Am zwölften Tag“ von Wolfgang Schorlau.

Seit über 150 Jahren ...

… ist der Vorleser das Symbol der

NGG. Er geht auf die Zigarrenmacher

im 19. Jahrhundert zurück.

Weil ihre Arbeit monoton und leise

war, bestimmten sie einen Vorleser

aus ihren eigenen Reihen. Er trug

aus Romanen, Zeitungen und politischen

Schriften vor – die Zigarrenmacher

wurden zu gut informierten

Bürgern. So gestärkt gründeten sie

den ersten zentral organisierten Verbund

der deutschen Arbeiterbewegung,

aus dem die NGG hervorging.

Die „einigkeit“ stellt alte und neue

Vertreter dieser Tradition vor und

fragt NGG-Mitglieder, was sie gerade

besonders gern (vor)lesen.

Was wir tun müssen? Hinschauen! Mit dieser Aufforderung

des Geistlichen Monsignore Peter Kossen endet

Wolfgang Schorlaus Polit-Thriller, in dem sich die Kriminellen

in der regionalen Fleischbranche tummeln. Im

siebten Fall um den privaten Ermittler Georg Dengler gerät

dessen Sohn Jakob mit einer Clique von Tierschützern

in die brutalen Fänge der mafiösen Fleischindustrie.

Denglers Suche nach Jakob wird zum Wettlauf gegen die

Zeit und entführt die Leser in die Niederungen der Massentierhaltung

und der skandalösen Arbeitsbedingungen

osteuropäischer Werkvertragsarbeiter.

KiWi-Taschenbuch, Köln 2013,

ISBN: 978-3-462-04547-5, 9,90 Euro

Von Fönfrisuren und anderen Banalitäten

Dem Klappentext von Philip Manows Buch „Die zentralen

Nebensächlichkeiten der Demokratie“ ist nicht

mehr viel hinzuzufügen, wenn es darum geht, sich der

politischen Praxis jenseits abgedroschener Wahlkampfslogans

zu nähern: „Dieses Buch handelt von

unserer Demokratie – und von Aufsitzrasenmähern,

Milbenkäse, Inkontinenzwindeln sowie von Zwergschnauzern

mit seidenweichem Haarschleier. Außerdem

noch von zu viel Gel in den Haaren, von Sherry mit

geschlagenem Ei, den Tücken elektronischer Abstimmungssysteme

und vielem anderen mehr.“

Rowohlt Verlag, Reinbek 2017

ISBN: 9783499632778, 14,99 Euro

205 Minuten Zeitgeschichte

Am 28. Februar 1933 erschien der

"Vorwärts", das Zentralorgan der Sozialistischen

Arbeiterpartei Deutschlands,

das letzte Mal, bevor er von den Nazis

verboten wurde. In der Nacht zuvor

brannte der Reichstag und die Nationalsozialisten

setzten die Grundrechte der

Weimarer Verfassung außer Kraft. Dieses

historische Dokument gibt es nun

als Hörbuch.

Karmers Verlag, Hamburg 2017, 3 CDs,

ISBN: 978-3-9817439-0-6, 19,90 Euro

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einigkeit 3-2017


KOPF UND BAUCH

Nachlesen

Hier ist der Platz für Leserinnen und Leser. Wir veröffentlichen Zuschriften

und geben einen Einblick in das, was sich seit der letzten Ausgabe getan hat.

Wir freuen uns ...

Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten | Ausgabe 2-2017 | www.ngg.net

einigkeit

Das Magazin der NGG

75 Jahre Mitglied?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass in unsere

NGG Mitglieder der Reichsarbeitsfront

übernommen wurden.

Erika Dieling zur Nennung eines 75. NGG-

Jubiläums in „einigkeit“ Nr.2, 2017

... auf Post via E-Mail an

redaktion@ngg.net.

Ihr habt Fragen, Anregungen oder

Kritik? Dann diskutiert mit uns auf

Arbeit der Zukunft:

zwischen Tradition

und Technik

Anmerkung der Redaktion:

Nach dem Krieg wurde regional unterschiedlich

vorgegangen und in manchen

Fällen die Mitgliedschaft in der „Reichsarbeitsfront“

mitgerechnet. Darauf hätten

wir hinweisen sollen.

Das neue Magazin mit App

Eine geniale Idee. Eine App kann jeder, „einigkeit“ nur die NGG.

Jens Löbel zur „einigkeit-App“

www.facebook.com/

gewerkschaftNGG

und

www.twitter.com/

gewerkschaftNGG

Insbesondere gut ist die Möglichkeit, dass auch Videos und Verweise möglich

sind – das dürfte auf Dauer die Zielgruppen stärker ansprechen.“

Martin Benshagen ebenfalls zur „einigkeit-App“

Raus aus den Schlagzeilen

Foto: NGG

Trotz einiger Verbesserungen gibt es noch viel zu tun für „Gute Arbeit”.

Anfang September ist die Tarifrunde über die Fortführung des Mindestlohns

Fleischwirtschaft gestartet. Die NGG erwarte, dass noch in diesem Jahr ein zukunftsweisender

Tarifvertrag abgeschlossen werde, damit Schluss sei mit nicht bezahlten

Überstunden oder Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz. „Wir erwarten

deutliche Signale für ‚Gute Arbeit‘“, so Verhandlungsführer Thomas Bernhard.

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NGG AKTIV

Jugendkonferenzen

„Zukunft ist

das, was wir

draus machen“

– Unter

diesem Motto diskutieren unsere

Beschäftigten der jungeNGG auf

den Landesbezirksjugendkonferenzen

ihre Forderungen an eine moderne

Gewerkschaftspolitik und beraten

Anträge an die Bundesjugendkonferenz.

Diese findet vom

20. bis 22. April 2018 im hessischen

Gladenbach statt. NGG-Vize

Guido Zeitler und die Landesbezirksvorsitzenden

sprechen auf allen

Konferenzen.

Südwest

22. bis 24. September 2017,

Bildungszentrum Oberjosbach

Nordrhein-Westfalen

6. bis 8. Oktober 2017,

DGB-Tagungszentrum Hattingen

Ost

20. bis 22. Oktober 2017,

Bildungszentrum Erkner

Nord

24. bis 26. November 2017,

Bildungszentrum HVHS Hustedt

Bayern

8. bis 10. Dezember 2017,

Nürnberg

Umkleidezeit

ist Arbeitszeit

Immer wieder rechnen Arbeitgeber Umkleidezeiten nicht ab.

1945 Euro brutto musste der Arbeitgeber

Besselmann Services (Subunternehmen

u.a. bei Tönnies) einem Kollegen,

der sich an NGG gewandt hatte,

nachzahlen. Kürzlich erging ein Versäumnisurteil

zu seinen Gunsten, weil

der Arbeitgeber Umkleidezeiten nicht

abgerechnet hatte. Um eine grundsätzliche

Entscheidung zu verhindern,

erschien die Beklagte nicht.

Umkleidezeiten, die Arbeitgeber ihren

Beschäftigten nicht bezahlen, sind immer

wieder ein leidiges Thema. Aber

die NGG bleibt dran. Auch wenn das

Ausblick

Tipp:

Schreibt der Arbeitgeber das Tragen

von Arbeitskleidung vor und ist

das Umkleiden (wegen Hygienekleidung)

nur im Betrieb möglich,

muss der Arbeitgeber die Umkleidezeit

als Arbeitszeit vergüten.

Diese kann 20 bis 30 Minuten am

Tag betragen. Je nach Höhe des

Lohnes können das 60 bis 80 Euro

monatlich sein. Also: Erst stempeln,

dann umkleiden!

Verfahren lange gedauert hat, es lohnt sich, gemeinsam zu kämpfen. Ebenfalls

betroffene NGG-Mitglieder melden sich bitte weiterhin in ihrem Regions-Büro.

Foto: NGG

:was uns

zusteht

Titelthema der nächsten „einigkeit“ ist die „Initiative Lohngerechtigkeit: was uns

zusteht!“. Zentraler Kern ist die Verpflichtung, alle NGG-Tarifverträge zu prüfen

und bei Handlungsbedarf zu ändern. Allen ist klar: Dies ist ein dickes Brett, das

es zu bohren gilt: Wir berichten über erste erfolgreiche Beispiele.

Unser Gewerkschaftstag im nächsten Jahr kündigt sich an: Passend dazu berichten

wir von der Bundesfrauenkonferenz und stellen die gastgebende Region

Leipzig-Halle-Dessau vor. Die massiven Veränderungen in der Milchwirtschaft

wird unser Branchenschwerpunkt unter die Lupe nehmen.

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einigkeit 3-2017


IMPRESSUM

Michaela Vermeij

In eigener Sache

Wir wollen die Umwelt schonen, Kosten

senken und deshalb Doppellieferungen

vermeiden. Unsere Bitte: Teilt Eurer

Region oder der Redaktion mit, wenn in

Euren Haushalt mehrere Ausgaben der

einigkeit“ geliefert werden, beispielsweise

bei Ehepartnern oder Lebensgemeinschaften,

und ein Exemplar des

Magazins ausreicht.

redaktion@ngg.net

Solidaritätsfonds

Aus dem Solidaritätsfonds für internationale

gewerkschaftliche Arbeit unterstützt

die NGG verfolgte GewerkschafterInnen

und ihre Familien. Bitte helft mit und

überweist eine Geldspende auf unser

NGG-Konto:

Landesbank Hessen-Thüringen

IBAN: DE44 5005 0000 0001 0302 20

BIC: HELADEFFXXX

Verwendungszweck: Solidaritätsfonds

Herausgeber

Hauptvorstand der Gewerkschaft

Nahrung-Genuss-Gaststätten

Haubachstraße 76, 22765 Hamburg

Tel. (040) 380130

redaktion@ngg.net

Redaktion

Gabriele Becker, Jonas Bohl,

Birgit Böhret, Mascha Jacobs,

Dr. Karin Vladimirov (V.i.S.d.P.)

Redaktionsschluss

23. August 2017

Magazinkonzept

hofAtelier und

Wellenschlag Textkontor, Bremen

Titelfoto

Uwe Völkner / Fotoagentur FOX

Satz

Malena Bartel, Maren Eilers-Baetu

Druck

BWH GmbH

Der Verkaufspreis ist im

Mitgliedsbeitrag enthalten.

35


Stress im Job?

www.bessere-loesung.de

einigkeit: Auch als App

Die „einigkeit“ gibt es auch als App: Sie ist vollgepackt mit spannenden

Infos, Bildergalerien und Videos. Hol dir jetzt die

einigkeit“ auf dein Smartphone oder Tablet!

Mehr Infos: ngg.net/einigkeit

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