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Gear check<br />
Benno Keill und Michael Stacheder<br />
Die Motivation, in die Berge zu<br />
gehen, ist individuell. Während<br />
andere die Gipfelbesteigung als Ziel<br />
vor dem geistigen Auge visualisieren,<br />
ist für Benno Keill und Michi Stacheder<br />
der Weg das Ziel. Sie schwärmen<br />
vom Kick, „Fels und Eis, Schnee<br />
und Wind zu spüren“, und erklären<br />
es noch genauer: „Wir haben uns der<br />
Ursprünglichkeit, die unsere Natur<br />
nach wie vor bietet, verschrieben.<br />
Sie ist der Kraftstoff, den man nur<br />
draußen findet.“<br />
Die Sportbegeisterung zieht sich<br />
auch wie ein roter Faden durch<br />
Bennos Leben. Doch während andere<br />
Disziplinen wie Fußball und<br />
Tennis schnell verworfen wurden<br />
(inklusive der vor Wut zerschmetterten<br />
Tennis-Schläger), kristallisierte<br />
sich das Wesentliche bald heraus:<br />
Bergsport in allen Facetten, mit<br />
leichter Akzentuierung der Disziplinen<br />
Skifahren und Klettern. Ein<br />
Studium der Sportökonomie versorgte<br />
ihn mit dem theoretischen<br />
Wissen, parallel dazu begann er recht<br />
spontan die dreieinhalbjährige Bergführerausbildung.<br />
Auch seinen Kumpel Michi zog<br />
es schon immer in die vertikale<br />
Natur. „Als gebürtigem Oberbayern<br />
Unt landit, aut<br />
quos et voleste<br />
eium que<br />
ma ditiaes<br />
tiusci que<br />
porunt pa il<br />
mos am di<br />
voluptur alit<br />
es pores.<br />
Unt landit, aut<br />
quos et voleste<br />
eium que<br />
ma ditiaes<br />
voluptur alit<br />
es pores.<br />
haben meine Eltern mir schon früh<br />
die Berge als Naturspielplatz nähergebracht“,<br />
erzählt er. „Die kindliche<br />
Begeisterung fürs Wandern, Bächeumleiten<br />
und Lagerbauen wurde<br />
schließlich von der Faszination Fels<br />
abgelöst.“ Dass er hoch hinaus wollte<br />
und Wert auf frische Luft und Sonne<br />
legte, wurde dann auch bei der Berufswahl<br />
deutlich: Zimmermann.<br />
Allerdings waren die Dächer, die<br />
Michi bestieg, auf Dauer nicht hoch<br />
genug.<br />
Die guten Freunde machten kurzerhand<br />
ihre Berufung zum Beruf.<br />
Die Urgewalt der Elemente, die am<br />
Berg immer wieder für neue Eindrücke<br />
und Überraschungen sorgt, gab<br />
dem gemeinsamen Projekt seinen<br />
Namen: Mountain Elements (www.<br />
mountain-elements.com). Unter diesem<br />
Titel haben es sich die beiden<br />
staatlich geprüften Berg- und Skiführer<br />
zum Ziel gesetzt, vom „Basislager“<br />
in Bad Aibling aus auch anderen<br />
die Faszination Berg professionell<br />
näherzubringen. Benno<br />
schwärmt: „Mit einem guten Freund<br />
zusammen Mountain Elements aus<br />
der Taufe zu heben, war Motivation<br />
pur, sozusagen eine Erstbegehung.“<br />
Der Erfolg dieser Expedition in<br />
Terra incognita ist längst erwiesen:<br />
Zusammen mit einem wachsenden<br />
Team veranstalten die beiden Führungen,<br />
Touren und Skitouren-<br />
Kurse. Geklettert wird vornehmlich<br />
in der Alpenwelt von Bayern, Österreich,<br />
Italien, Frankreich und der<br />
Schweiz. Doch gibt es „Spots, die<br />
eine eigene Faszination aufweisen,<br />
die man in den Alpen nicht findet.“<br />
Deshalb zieht es Benno und Michi<br />
auch nach Norwegen, wo sie vom<br />
Schiff aus zu Skitouren in den Fjorden<br />
aufbrechen, oder nach Marokko,<br />
wo sich im Hohen Atlas orientalisches<br />
Wüstenflair mit einer Skitour<br />
verbinden lässt. Auch die wilde<br />
32 gear
Gear check<br />
Benno Keill und Michael Stacheder<br />
Ursprünglichkeit der Bergwelt am<br />
Kaukasus oder die totale Abgeschiedenheit<br />
bei Heliskiing an einem<br />
streng geheimen Hotspot in Kirgistan<br />
bietet den beiden – und ihren Kunden<br />
– das, was sie für die fast tägliche<br />
Dosis Aufregung brauchen: Abwechslung.<br />
Wer die Elemente liebt, strebt<br />
nach immer neuen Begegnungen mit<br />
allen Facetten von Feuer, Waser, Luft<br />
und Erde. Daher haben Benno und<br />
Michi konsequenterweise auch am<br />
Meer einige Hotspots entdeckt, die<br />
den Variantenreichtum des Kontakts<br />
mit den Elementen erweitern – von<br />
Kroatien über Korsika und Sardinien<br />
bis in die griechische Ägäis und die<br />
Türkei.<br />
Dieses breitgefächerte Portfolio<br />
erlaubt es den beiden, ihre Begeisterung<br />
für die Elemente zu jeder<br />
Jahreszeit spüren zu können. Auch<br />
interessierten Kunden bieten sie<br />
saisonunabhängig Veranstaltungen<br />
in den Bereichen Sportklettern, Alpinklettern,<br />
Eisklettern, Hochtouren,<br />
Freeride und Skitouren. „Wir sind<br />
Bergführer aus Leidenschaft und<br />
Berufung“, sagen die zwei über sich<br />
selbst.<br />
Aber auch wenn sie Spaß an der<br />
Arbeit mit Kunden haben, wollen<br />
sie gemeinsame Abenteuer ohne<br />
Anhang weiterhin nicht missen –<br />
obwohl die Zeit dafür aufgrund ihres<br />
beruflichen Erfolgs immer knapper<br />
wird. „Die Situation, nicht als Bergführer<br />
unterwegs zu sein, ist gänzlich<br />
anders“, weiß Benno: „Wenn ich mit<br />
meinem Kollegen und Freund Michi<br />
allein unterwegs bin, haben wir nicht<br />
die Verantwortung, Entscheidungen<br />
für eine Gruppe zu treffen, und sind<br />
in keiner Garantenstellung. Die<br />
Kompetenzen sind gleich verteilt,<br />
jeder weiß, dass der Partner Gefahren<br />
ebenso erkennt und kompetent abschätzen<br />
kann. Höheres Risiko wird<br />
eigenverantwortlich und bewusst<br />
eingegangen.“<br />
Dass man, ohne die Verantwortung<br />
für Kunden, auf solchen Solo-<br />
Touren deutlich mehr Risikobereitschaft<br />
zeigt, liegt in der Natur der<br />
Sache. Ein einziges Mal wurde<br />
Benno und Michi dieser Wagemut<br />
fast zum Verhängnis: Am Kleinen<br />
Kaserer in Nordtirol lernten sie im<br />
Winter 2012, wie schmal der Grat<br />
sein kann, der aus Spielern mit den<br />
Elementen Spielbälle der Elemente<br />
macht. „Mit einer Querfahrt hatte<br />
ich ein Schneebrett auf etwa 15<br />
Metern Breite abgeschnitten, das<br />
unter mir hinabrauschte und in der<br />
breiten Wanne 100 Meter unter uns<br />
ein weiteres Brett auslöste“, berichtet<br />
Benno.<br />
„Unsere Abfahrt war weg. Wir<br />
waren beide sprachlos, verstanden<br />
aber, dass wir hier einfach nur Glück<br />
gehabt hatten, dass unser offensichtlich<br />
leichtfertiges Verhalten nur zu<br />
einem gehörigen Schuss vor den Bug<br />
geführt hat. Drei Meter tiefer wäre<br />
ich sicher nicht mehr stehen geblieben.<br />
Der Lawinenkegel erstreckte<br />
sich langgezogen über das Kar und<br />
endete 800 Meter unter uns“, erzählt<br />
er weiter. Seine selbstkritische Analyse<br />
folgt auf dem Fuß: „Wir haben<br />
uns hinreißen lassen, die positive<br />
Grundstimmung in die lawinenkundliche<br />
Beurteilung miteinfließen zu<br />
lassen, die solche emotionalen Manipulationen<br />
nicht verträgt. Es ist<br />
Unt landit, aut<br />
quos et voleste<br />
eium que<br />
ma ditiaes<br />
voluptur alit<br />
es pores.<br />
Unt landit, aut<br />
quos et voleste<br />
eium que<br />
ma ditiaes<br />
tiusci que<br />
porunt pa il<br />
mos am di<br />
voluptur alit<br />
es pores.<br />
ein Bereich, der hinsichtlich objektiver<br />
Kriterien (Steilheit, Exposition,<br />
Geländeform) nüchtern beurteilt<br />
werden muss und in den darüberhinaus<br />
vor Ort Wahrnehmungen im<br />
Gelände sowie erfahrungsbedingte<br />
Aspekte des Einzelnen einfließen.“<br />
Im ersten Moment hätten die<br />
beiden auf diese Erfahrung liebend<br />
gerne verzichtet, dann aber wurde<br />
ihnen klar: „Trotz Rechnerei oder<br />
anderer strategischer Mittel ist der<br />
Einfluss von Erfahrung und Bauchgefühl<br />
bei komplexen und nicht<br />
hundertprozentig fassbaren Parametern<br />
wichtig. Erfahrung kann aber<br />
im Bereich Lawinen nicht nur immer<br />
positiv sein. Einprägsam ist dabei<br />
insbesondere, wenn einem die Grenze<br />
so klar vor Augen geführt wird,<br />
dass man nur noch ehrlich zu sich<br />
selbst sein kann. Denn am Ende bleibt<br />
die banale Erkenntnis: ,Ich habe nur<br />
ein Leben‘.“<br />
Was die beiden Gründer von<br />
Mountain Elements letztlich zum<br />
Dream Team macht, ist nicht nur das<br />
gegenseitige Vertrauen, die geschulte<br />
Kompetenz und die oft erprobte<br />
Routine, sondern auch der gemeinsame<br />
Sinn für Humor. Wenn man<br />
die beiden getrennt voneinander<br />
befragt, worüber sie sich totlachen<br />
können, antwortet Benno „gute und<br />
schlechte Wortspiele“. Und Michi<br />
entgegnet: „Bennos Wortspiele.“<br />
Manche Skills am Berg kann man<br />
eben nicht lernen. Sie sind naturgegeben<br />
wie die Elemente.<br />
Text: Michael Eichhammer<br />
Fotos: Hersteller, weitere Fotografen<br />
werden noch angegeben<br />
gear 33
Gear check<br />
Benno Keill und Michael Stacheder<br />
Im In terview : Ben n o Keill un d M ich ael Stach eder<br />
Benno, Michi – wie ging es bei euch los<br />
mit der Leidenschaft für Berge?<br />
Benno: Ich erinnere mich noch sehr gut,<br />
dass man mein Vater sehr erfolgreiche<br />
Bücher im Skitourenbereich veröffentlicht<br />
hat. Ich fand das cool und habe stolz seine<br />
Von den Alpinklettereien mit meinem<br />
Vater, einem Freund und meinem Bruder<br />
MICHAEL STACHEDER<br />
Geboren: 1981<br />
Beruf: staatlich geprüfter Berg- und Skiführer, Mitglied<br />
im DAV-Lehrteam „Bergsteigen & Sportklettern“,<br />
ausgebildeter Zimmermann<br />
Sportliche Highlights:<br />
Direct VIII/Petit Dru; Odysee IX-/Fleischbank Ostwand<br />
(Wilder Kaiser); Vagakallen; Storpillaren 700 Meter VI/A2<br />
(Norwegen); Salathe 1.000 Meter VI/A2/El Capitan (Yosemite<br />
Valley); Eiger Nordwand/Heckmaier Route; drei Erstbegehungen<br />
im Miyar Vally (Indien); Mount Mahindra/<br />
Window Peak; Cholatse 6.440 Meter Nord West Grat<br />
VI/80°/Himalaya (Nepal)<br />
VIII/A2/Fleischbank Ostwand (Wilder Kaiser); Lotus Tower<br />
VII/M4/Miyar Vally (Indien)<br />
Orte, an denen ich heute Touren führe und<br />
mir denke: „Wow, da war ich schon vor 20<br />
Jahren.“ In den Jugendjahren hat man die<br />
Berge dann ohne die Eltern aufs Neue<br />
entdeckt, das war die spannendste und<br />
Michi: Meine Eltern haben mich von<br />
Anfang an mit in die Natur genommen. Sie<br />
hatten auch eine Hütte gepachtet. Dieses<br />
Rauskommen, weg vom Alltag, einfach nur<br />
Spielen und mit den Eltern zusammen<br />
sein, das war das erste Gefühl, das mir in<br />
den Bergen gefallen hat.<br />
gekommen. Die Jugendgruppe hat fast<br />
jedes Wochenende viel miteinander unternommen.<br />
Da baut man eine intensive Verbindung<br />
zu den Bergen auf, und es ist fast<br />
logisch, dass man das nicht mehr missen<br />
mag. Ich gehe heute in die Berge, um Geld<br />
zu verdienen. Aber schnell ist auch wieder<br />
das Gefühl da, dass man abschalten, Ruhe<br />
finden kann.<br />
Was macht den besonderen Reiz dort<br />
aus?<br />
Benno: Wenn Unvorhergesehenes passiert<br />
– Ereignisse, mit denen man nicht rechnet,<br />
aber damit klar kommen muss.<br />
Michi: Sehe ich auch so. In der Natur ist<br />
im Gegensatz zum strukturieren Alltag<br />
nicht alles planbar: Man ist im Gebirge<br />
unterwegs, und das Wetter passt nicht.<br />
Was macht man jetzt? Es gilt, flexibel und<br />
auch die Wildheit, Abgeschiedenheit und<br />
Ruhe, wenn ich beispielsweise in Nepal<br />
oder Indien unterwegs bin und keine Leute<br />
sehe.<br />
Was bedeutet der Name Mountain Elements<br />
für euch?<br />
Michi: Die Elemente stellen die Basis fürs<br />
Gebirge, fürs Bergsteigen, alles wo wir uns<br />
bewegen, dar. Da war es naheliegend,<br />
dass wir das in den Namen mit aufnehmen.<br />
Du bekommst alle Elemente mit,<br />
wenn du in den Bergen unterwegs bist.<br />
Benno: Mountain Elements steht für die<br />
riesengroße Abwechslung in den Bergen.<br />
Im Winter wie im Sommer warten ganz<br />
unterschiedliche Erlebnisse. Manches,<br />
was in der einen Jahreszeit eine Heraus-<br />
-<br />
nisse wechseln nicht nur nach Jahreszeit,<br />
sondern auch von Tag zu Tag und Nacht zu<br />
Tag. So erlebt man immer wieder Neues,<br />
obwohl man eine Tour eigentlich schon<br />
kennt.<br />
Erlebt ihr die Elemente immer nur positiv<br />
oder auch mal konkret als Gegenspieler?<br />
Benno: Wenn die Natur mal losbricht mit<br />
dann auf zu schneien oder stürmen, wenn<br />
es aufhört und nicht, wenn ich es für richtig<br />
halte. Was immer damit verbunden ist,<br />
ist die Erkenntnis, dass man in vielen<br />
Gegenden nur Gast ist und nicht über die<br />
Elemente bestimmen kann.<br />
Besonders deutlich wurde mir das in<br />
-<br />
schen als in den Alpen. In dieser menschenfeindlichen<br />
Gegend muss man für<br />
jeden Tag, an dem die Sicht gut ist und die<br />
Dinge laufen, dankbar sein und kann keine<br />
Ansprüche stellen. In solchen Momenten<br />
fühlt man sich ein bisschen kleiner, und<br />
das halte ich für ein sehr ehrliches Gefühl.<br />
Was reizt euch an den Aufgaben eines<br />
Bergführers?<br />
Benno: Es ist eine besondere Motivation,<br />
Leute in Gegenden und auf Gipfel mitzunehmen,<br />
die sie selbst nicht erreichen<br />
würden, aber von denen sie schon lange<br />
dankbar sind und Respekt davor haben –<br />
Michi: Das Schöne an dem Job ist die<br />
Abwechslung – sowohl, was die Elemente<br />
-<br />
blick auf die Teilnehmer, die immer wieder<br />
verschiedene Persönlichkeiten sind. Das<br />
war einer der Gründe, warum ich Bergführer<br />
geworden bin: Das Soziale hat mir sehr<br />
gefehlt in meinem vorigen Beruf als Zimmermann.<br />
Ich will nicht nur Geld verdienen,<br />
sondern meine Begeisterung für die<br />
Berge den Teilnehmern vermitteln. Wenn<br />
man das schafft, ist das ein tolles Gefühl.<br />
34 gear
Gear check<br />
Benno Keill und Michael Stacheder<br />
Wie individuell muss man auf die Kunden<br />
eingehen?<br />
Benno: Wenn man die Leute nicht kennt,<br />
muss man ein bisschen defensiver sein<br />
und viel nachfragen. Man darf auf keinen<br />
Fall zu anspruchsvoll einsteigen. Das würde<br />
auch unseriös auf den Kunden wirken,<br />
wenn man gleich aufs Matterhorn steigen<br />
würde. Wir nehmen uns Zeit, gehen auf die<br />
Kundenziele ein und müssen dann abgleichen,<br />
ob sie vom Können her umsetzbar<br />
sind.<br />
Welche Eigenschaften sollte man als<br />
Bergsteiger mitbringen und kultivieren?<br />
Benno: Die sportliche Seite kann man<br />
trainieren. Dann gibt es aber noch die<br />
erfahrungsbedingte Seite. Sie kann man<br />
nicht trainieren und beschleunigen.<br />
nicht anlesen. Da hilft es nur, sich ins kalte<br />
Wasser zu schmeißen und zu hoffen, dass<br />
das Wasser irgendwann nicht mehr ganz<br />
so kalt ist.<br />
Michi: Liebe zur Natur. Man muss wissen:<br />
Du gehst weg von der Zivilisation, du<br />
musst Bock darauf haben, draußen in der<br />
Natur und mehr als sonst auf dich allein<br />
gestellt zu sein. Ein guter Bergsteiger sollte<br />
auch Kondition haben und eine gewisse<br />
Ehrfurcht und Respekt vor dem Gebirge.<br />
Bei vielen scheitert es an einer guten<br />
Probleme.<br />
Welche Herausforderungen sind die<br />
gefährlichsten?<br />
Benno: Man muss unterscheiden zwischen<br />
objektiven und subjektiven Risiken:<br />
Beim Eisklettern sind die objektiven Risiken<br />
höher als beim Skitourengehen. Beim<br />
Eisklettern kann ich gewisse Sachen nicht<br />
hundertprozentig vorhersagen. Stichwort<br />
Eisschlag – diese Dinge sind nicht planbar.<br />
Man ist zwar gesichert mit Seil und Eisschrauben,<br />
aber es ist klar, dass Stürze ein<br />
No-Go sind.<br />
Ein anderes Beispiel: Lawinen bei Skieigenen<br />
Risikoprofil zu tun. Wie weit wage<br />
ich mich vor, wie viel Kompetenz traue ich<br />
mir zu? Durch eine gute Zielauswahl kann<br />
ich die Lawinengefahr eingrenzen oder<br />
-<br />
niert sind. Dann muss mir klar sein, dass<br />
ich ein höheres Grundrisiko trage.<br />
Habt ihr euch bisweilen von dem Reiz<br />
der Gefahr verführen lassen?<br />
Michi: Einen gewissen Reiz hat es, zu<br />
wissen, dass man gerade keine Standard-<br />
Tour macht, die jeder klettern kann. Wenn<br />
man ein gewisses Grundniveau mitbringen,<br />
die Tour selbst sichern muss und ein<br />
Kick. Wenn Adrenalin dabei ist, denkt man<br />
sind, desto unwohler fühlt man sich, aber<br />
umso mehr Reiz hat es.<br />
Benno: Sich auszuprobieren, hat natürlich<br />
seinen Reiz. Der Umgang mit folgenden<br />
Fragen ist interessant: Wie wichtig ist mir<br />
das Ziel? Wie verhalte ich mich in einer<br />
Situation? Wie risikobereit bin ich? Das ist<br />
eine ganz intensive Auseinandersetzung<br />
mit sich selbst.<br />
Dieser Prozess findet allerdings oft<br />
nicht in der vollen Ehrlichkeit und Tiefe<br />
statt. Viele Leute sind fasziniert von den<br />
Bergen, nach dem Motto: je steiler, desto<br />
besser. Das ist auch gut und schön – bis<br />
zu dem Moment, wo etwas passiert. Mit<br />
der wesentlichen Frage „Wie wichtig ist es<br />
mir? Wichtig genug, um mein Leben zu<br />
riskieren?“ setzen sich viele nicht auseinander.<br />
Adrenalin-Junkies reden sich das<br />
gerne schön.<br />
Als Bergführer müsst ihr euch diese<br />
Gedanken für den Kunden machen…<br />
Benno:<br />
Ziel, wieder heil heimzukehren. Es geht<br />
ihm nicht darum, das Alphatier zu markieren.<br />
Visuell betrachtet: Wenn die Ampel Rot<br />
ist, schalten Michi und ich sie nicht auf<br />
Grün.<br />
Bleiben die Elemente und die Natur<br />
immer ein unkalkulierbares Risiko?<br />
Benno: Ich würde es nicht „unkalkulierbar“<br />
nennen, aber es bleibt ein Restrisiko.<br />
Manche Leute sind nicht bereit, das anzuerkennen,<br />
ob Kletterer, Höhlenforscher<br />
oder auch nur Wanderer. Natürlich kann<br />
ich versuchen, meine Erfahrung und Kompetenz<br />
so einzusetzen, dass ich Risiken<br />
BENNO KEILL<br />
Geboren: 1982<br />
Beruf: staatlich geprüfter Berg- und Skiführer, Diplom-<br />
Sportökonom (Schwerpunkte: Dienstleistungsmanagement,<br />
Trainingswissenschaft)<br />
Bücher: Autor von „Überschreitungen in Pulver und<br />
Firn”, Co-Autor von „Skidurchquerungen in den<br />
Alpen“ und „Wochenenden im Tiefschnee“ (alle<br />
erschienen im Bruckmann Verlag)<br />
Sportliche Highlights:<br />
sowie kombinierter Eis- und Hochtouren, zum Beispiel:<br />
Salathè VI/A2/El Capitan (Yosemite Valley); Teufelsgrat<br />
(Mont-Blanc-Gebiet); „Gogna“ (Marmolada Südwand)<br />
-<br />
-<br />
-<br />
rusgebirge); “Hammer” IX/Karlspitz-Ostwand (Kaisergebirge)<br />
minimiere.<br />
Es ist jedoch eine Illusion, zu glauben,<br />
man könne das Risiko auf Null runterfah-<br />
-<br />
sieren. Bestes Beispiel: Steinschlag. Ich<br />
kann noch so gewissenhaft und doch<br />
und mich trifft, dann ist das so, und ich<br />
komme vielleicht nicht mehr nach Hause.<br />
Dann gibt es wiederum andere, offenkundige<br />
Risiken, die man bewusst in Kauf<br />
nimmt. Töricht ist nur, unbewusst Risiken<br />
gear 35