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Gemeinde Alpnach 2017-36

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Hanspeter Niederberger<br />

Christof Hirtler<br />

gerin war eine Hexe, die ihm einen Hexenzaum<br />

umgelegt hatte. Ihn hatte sie benutzt, um an<br />

den Hexensabbat zureiten. Hier vergnügte sie<br />

sich mit ihren Kolleginnen, die aus allen Teilen<br />

derWeltzusammengeströmtwaren.Als dastolle<br />

Hexentreiben zu Ende war, bestieg sie wieder ihr<br />

Pferd und flog durch die Lüfte heimwärts. Unterwegs<br />

machte sie kurz Halt, stieg vom Pferd und<br />

band es an einen Baum.<br />

Weil dieHexeihren Schwagerinwachem Zustand<br />

in ein Pferd verwandelt hatte, war dieser zujeder<br />

Zeit bei klarem Verstand. Erhatte erkannt,<br />

dass dieser Hexenzaum für seine Tiergestalt verantwortlichwar.Erstreifte<br />

sich denZaum ab und<br />

warwiederMensch.<br />

Als die Hexe zurückkam und ihr Pferd suchte,<br />

legte erden Zaum um den Hals der Hexe, die<br />

augenblicklich in ein Pferd verwandelt wurde.<br />

Nun schwang ersich aufs Pferd und ritt zur<br />

nächsten Schmiede, umsein Reittier beschlagen<br />

zu lassen. Nachdem der Schmied den rechten<br />

Vorderhuf beschlagen hatte, wandte er sich mit<br />

demReiter demAmbosszu, um einweiteresHufeisen<br />

zurechtzuhämmern. Diesen Augenblick der<br />

Unachtsamkeit nützte die Hexe geschickt aus,<br />

streiftesichden Hexenzaum vomHalsund machte<br />

sich ausdem Staub.<br />

Alsnun derBruderdes Sennen aufdessenAlp zurückkehrte,<br />

wollte erwissen, was sich inzwischen<br />

ereignet habe. Daklagte ihm der Senn, dass seine<br />

Frau krank imBett liege. Der Bruder trat an<br />

dasBettder krankenSchwägerinund streckte ihr<br />

zum Gruss seine rechte Hand hin. Sie machte jedoch<br />

keine Anstalten, sie zu ergreifen, sondern<br />

gab ihm vielmehr zu verstehen, dass ihr rechter<br />

Armlahmsei.<br />

Nun war er sich endgültig sicher, dass sie die<br />

Hexe war, die ihn in ein Pferd verwandelt hatte.<br />

Dank dem eingeschlagenen Hufeisen war die<br />

Frau des Sennen überführt und wurde vor den<br />

Richter gebracht.<br />

Riedler/Nuber:Ein Streifzugdurchdie Luzerner Sagenlandschaft.Nuber,Kastanienbaum<br />

1993,S.189.<br />

DerBetruf<br />

Die Folle (siehe Titelbild; Foto: Franz Troxler,<br />

Buochs) dient beim Betruf als Schalltrichter und<br />

wird eigens für diesen Zweck hergestellt. Der<br />

Form nachentsprichtsie demfrüherverwendeten<br />

Milchtrichter. Kein Älpler würde die Folle bei der<br />

Milchverarbeitung benutzen. Dies entspricht der<br />

altenAuffassung,dassKultgerätenicht zu Alltagszwecken<br />

verwendet werden dürfen. In der Ostschweiz<br />

wird der Betruf ohne Folle gerufen. Der<br />

Senn geht zumAlpkreuz,entblösstsein Hauptund<br />

hält beim Ave-Rufen als Wahrzeichen seiner Würde<br />

den Hirtenstab in der Hand. Den Betruf darf<br />

mannicht vorführen,man muss ihnanwenden, am<br />

richtigen Ort, zur richtigen Zeit. «De chund alläs<br />

wider idOrnig.» (mitgeteilt von H. Schrackmann,<br />

mehrereJahre Älpler im Arni, aufgezeichnet1982)<br />

DerBetrufist in seiner sprachlichen Form eineMischung<br />

von Schriftsprache und Mundart. ImLungerer<br />

Betruf ist ersichtlich, dass einige Älpler die<br />

Kürzung«Dasischdas Wort,das weissGottwohl!»<br />

nicht verstanden. So wurde durch die mündliche<br />

Überlieferung aus dem «Wort» ein «Ort» und aus<br />

dem «wohl» ein «wo». AmSchluss dieses Betrufs<br />

fehlt die dreimalige Wiederholung des «Zio Lobä!<br />

ZioLobä!»-Rufes. Dieser Teil istdurch «Amen» ersetzt<br />

worden. In anderen Varianten wird der Betruf<br />

durch einen bellartigen Schrei eröffnet und<br />

miteinem Schlussjuiz.<br />

Der eindrücklichste Brauch aus dem magisch-religiösen<br />

Bereich ist der Betruf. Vor allem in den<br />

katholischen Bergkantonen der Schweiz und im<br />

Fürstentum Liechtenstein ist dieser «Ruf» noch<br />

recht verbreitet. Der Betruf wird auch Ave-Maria-Ruf<br />

oder Sennen-Ave genannt. ImWallis und<br />

besonders inSt. Gallen spricht man vom Alpsegen.<br />

Nicht zu verwechseln ist der Betruf mit dem<br />

Alpsegen, den der Priester bei der jährlichen Alpsegnung<br />

spricht. Landläufige Definitionen beschreiben<br />

den Brauch so: «Allabendlich beim Einnachten,<br />

nach getaner Arbeit, ruft der Senn beim<br />

Hüttenkreuz durch die Folle (Holztrichter) ein Gebet<br />

über die Alp und bittet Gott und die Heiligen<br />

um Schutz für diese Nacht.»<br />

Auszüge aus der Neuauflage<br />

«Geister,Bannund<br />

Herrgottswinkel»<br />

von Hanspeter Niederberger &<br />

Christof Hirtler, erschienen im<br />

bildfluss-Verlag. Erhältlich bei<br />

bildfluss Bücher Dillier, Sarnen.<br />

DieSonderausstellung «Sagen, Mythen und Legenden<br />

in Obwalden» im Historischen Museum Obwalden ist<br />

bis 30. November jeweils von Mittwoch bis Sonntag<br />

14 –17Uhr geöffnet.www.museum-obwalden.ch<br />

Geister, Bann<br />

und Herrgottswinkel<br />

<strong>Gemeinde</strong>rubrik <strong>Alpnach</strong>

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