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Detmolder Kurier 178

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<strong>Detmolder</strong> <strong>Kurier</strong> Nr. <strong>178</strong> 15. September 2017 Seite 2<br />

Gespräch an der Theke<br />

Hallo Karl! Na, schon fest entschlossen, wen Du am nächsten Sonntag<br />

wählen wirst?<br />

Grüß‘ Dich Hermann! Ich muss ganz ehrlich sagen: so unsicher war<br />

ich noch nie. Ich gehöre wohl zu Hälfte der Bevölkerung, die sich erst<br />

in der Wahlkabine entscheidet, so wie es derzeit die Umfragen sagen.<br />

Will man den Umfragen der „Meinungsforscher“ wirklich trauen? Bei<br />

den letzten Wahlen lagen die Meinungsforschungsinstitute ja meilenweit<br />

daneben! Das ist mir viel zu unsicher…<br />

Apropos unsicher: Durch die momentane Weltlage wird der Urlaub in<br />

Deutschland immer beliebter! Macht ja auch Sinn, lieber im Land zu<br />

bleiben, als zum Beispiel in der Türkei ohne Grund verhaftet zu werden.<br />

Egal, woher man stammt, oder wie viele Pässe man besitzt – man ist<br />

deutscher Staatsbürger und es geht doch gar nicht, einfach ohne triftigen<br />

Grund eingesperrt zu werden.<br />

Klar, Karl! Der Urlaub im eigenen Land boomt – umso peinlicher ist<br />

es doch, dass Detmold im Bereich der Übernachtungsgäste so wenig<br />

zu bieten hat. Wo bleibt der Wohnmobilstellplatz? Wieso schließen Hotels,<br />

wie wohl bald der Hiddeser Hof, ohne Ersatz? Über 80 Prozent<br />

der Besucher unserer „Wunderschönen“ sind Tagesgäste! Das liegt<br />

bestimmt nicht daran, dass wir ein Überangebot an komfortablen,<br />

bezahlbaren Hotelbetten oder charmanten Zimmern haben. Die Tagesgäste<br />

übernachten dann lieber in Bad Lippspringe oder Bad Salzuflen,<br />

und die Wohnmobilisten stellen sich an den Schieder-See oder nach<br />

Bad Meinberg. Auch die <strong>Detmolder</strong> Unternehmen wünschen sich mehr<br />

adäquate Hotelzimmer, und keine Buden mit Renovierungsstau seit 40<br />

Jahren für ihre Gäste...<br />

Ja, Hermann – viele Baustellen in Detmold. Eine neue wird es wohl<br />

bald geben: Finke, das ehemalige Modehaus und inzwischen ziemlich<br />

heruntergekommener Leerstand, wird saniert! Das kann der ganzen Ecke<br />

Bruchstraße/Paulinenstraße nur gut tun. Und was wird dort entstehen?<br />

Wohnungen „auf Zeit“, also zum Beispiel für Geschäftsleute, die für<br />

eine gewisse Zeit in Detmold wohnen. Ein guter Weg!<br />

Ach, Karl – ein guter Weg ist auch der, dass ich uns jetzt noch zwei<br />

Naturtrübe bestelle. Konny??<br />

So soll es sein! Jümmer mant sehr teom Segen, Hermann!<br />

khN<br />

Bundestagswahl am 24. September – Detmold im Wahlkreis 136 Höxter-Lippe II<br />

Der Stimmzettel misst knapp 60 Zentimeter<br />

23 Parteien und 8 Direktkandidatinnen<br />

und -Kandidaten umfasst der<br />

Stimmzettel, der am Sonntag, 24.<br />

September in Detmolds Wahllokalen<br />

ausgegeben wird. Mit knapp 60<br />

Zentimetern ist er dabei ähnlich lang<br />

wie jener zur Landtagswahl im Mai.<br />

Wahlberechtigt sind alle deutschen<br />

Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr<br />

vollendet haben und seit mindestens<br />

drei Monaten in der Bundesrepublik<br />

wohnen. Detmold gehört dabei zum<br />

Wahlkreis 136 Höxter-Lippe II, der<br />

mit rund 273.000 Einwohnern den<br />

gesamten Kreis Höxter und den südlichen<br />

Teil des Kreises Lippe mit den<br />

Städten und Gemeinden Detmold,<br />

Augustdorf, Horn-Bad Meinberg,<br />

Schieder-Schwalenberg und Lügde<br />

umfasst. Wer meint, wahlberechtigt<br />

zu sein, aber noch keine Wahlbenachrichtigung<br />

erhalten hat, sollte<br />

sich umgehend beim Wahlamt der<br />

Stadt Detmold melden und prüfen<br />

lassen, ob er im Wählerverzeichnis<br />

eingetragen ist, um seine Stimme<br />

abgeben zu können.<br />

Erststimme:<br />

Direktkandidat<br />

Die Erststimme in der linken Spalte<br />

des Stimmzettels entscheidet direkt<br />

darüber, wer aus dem Wahlkreis direkt<br />

dem neuen Bundestag angehören<br />

wird. Zur Wahl stehen hier eine Kandidatin<br />

und sieben Kandidaten; wer<br />

am Wahlabend die meisten Stimmen<br />

für sich verbuchen kann, erringt das<br />

Direktmandat.<br />

Für die CDU kandidiert Christian<br />

Haase, 1966 in Höxter geboren. Der<br />

Diplom-Verwaltungswirt war von<br />

2004 bis 2013 Bürgermeister der<br />

Weserstadt Beverungen. Seit vier<br />

Jahren gehört er dem deutschen<br />

Bundestag an, nachdem er mit 50<br />

Prozent der abgegebenen Stimmen<br />

das Direktmandat im Wahlkreis<br />

136 errang. Für die SPD steht mit<br />

Monika Rode-Bosse ebenfalls ein<br />

Mitglied des Bundestages auf dem<br />

Stimmzettel, sie rückte im September<br />

2015 für Dirk Becker nach, als dieser<br />

Bürgermeister in Oerlinghausen<br />

wurde. Rode-Bosse, 1959 in Essen<br />

geboren, ist ebenfalls Diplom-<br />

Verwaltungswirtin und zusätzlich<br />

Heilpraktikerin. Sie arbeitete im<br />

gehobenen Dienst der Bundeswehr,<br />

zuletzt am Standort Höxter.<br />

Für die Grünen kandidiert Robin<br />

Wagener um ein Direktmandat. Der<br />

Richter am Sozialgericht, Jahrgang<br />

1980, lebt in Bad Salzuflen, wo er<br />

elf Jahre im Stadtrat war und bei der<br />

jüngsten Bürgermeisterwahl knapp<br />

30 Prozent der Stimmen holte. Er<br />

ist außerdem Kreisvorsitzender und<br />

Mitglied des Landesvorstands seiner<br />

Partei. Für die Linken stellt sich der<br />

Sozialarbeiter Lothar Kowelek zur<br />

Wahl. Der <strong>Detmolder</strong>, Jahrgang 1954,<br />

ist Mitglied der Ratsfraktion Detmold<br />

und kommt aus der Gewerkschaftsund<br />

Betriebsratsarbeit. Direktkandidat<br />

der FDP ist Hermann Graf von<br />

der Schulenburg. Der 55-jährige<br />

heutige Landwirt und Inhaber eines<br />

Pflanzenzuchtunternehmens aus<br />

Leopoldshöhe war zuvor 16 Jahre<br />

lang bei der Deutschen Bahn AG<br />

beschäftigt, bezeichnet sich selbst<br />

als Eisenbahner von ganzem Herzen.<br />

Für die AfD kandidiert Norbert<br />

Mit knapp 60 Zentimetern ist der Wahlzettel ähnlich lang wie jener<br />

zur Landtagswahl im Mai.<br />

Senges, 1962 in Kassel geboren, aus<br />

Warburg. Der gelernte Bildhauermeister<br />

und Fachlehrer ist seit 1991<br />

Lehrer an einer Förderschule. Für die<br />

Freien Wähler bewirbt sich Ralf Ochsenfahrt<br />

um ein Bundestagsmandat.<br />

Der <strong>Detmolder</strong>, Jahrgang 1963, ist<br />

Malermeister und Kreisvorsitzender<br />

der Freien Wähler in Lippe.<br />

Von der ÖDP steht der Bad Driburger<br />

Wolfgang Seemann auf<br />

dem Stimmzettel. Der ehemalige<br />

Gymnasiallehrer, Jahrgang 1950,<br />

ist seit 2008 Yoga-Lehrer und Hobbymusiker.<br />

Der aktuelle Kommentar zur Bundestagswahl von Karl-Heinz Niederkrüger<br />

Es ist ein Wahlrecht, keine Wahlpflicht!<br />

Auch wenn man es kaum wahrnimmt:<br />

Wir sind in der heißen<br />

Wahlkampfphase zur Bundestagswahl<br />

angekommen! Leider kommt<br />

dazu kaum ein Signal aus der<br />

Politik. Wären da nicht die unzähligen<br />

Plakate an Laternenmasten<br />

und die Großplakate in der freien<br />

Landschaft, die kaum etwas aussagen<br />

– man könnte meinen, wir<br />

hätten gar keine Bundestagswahl,<br />

und ab Oktober geht alles so weiter<br />

wie bisher.<br />

Apropos Plakate: CDU und<br />

SPD nennen überwiegend nur<br />

Namen, ohne Inhalt. Die FDP<br />

zeigt Christian Lindner (wie einen<br />

Volksmusikstar, in schwarz-weiß<br />

sehen fast alle Menschen gut aus!)<br />

mit populistischen Thesen, und die<br />

Grünen haben anscheinend eine<br />

längst ausgemusterte Phrasendreschmaschine<br />

aus dem Keller<br />

geholt. Linke und AfD bedienen<br />

Zweitstimme:<br />

Landesliste<br />

Bei der Zweitstimme geht es um den<br />

sogenannten „Parteienproporz“ – hier<br />

stehen 32 Parteien zur Wahl. Dabei<br />

entscheidet das Verhältniswahlrecht:<br />

je nachdem, wie viel Prozent der<br />

Stimmen bundesweit für eine Partei<br />

abgegeben werden, wird über die<br />

Zusammensetzung des neuen Bundestags<br />

entschieden. Alle Parteien<br />

haben aber je Bundesland sogenannte<br />

„Reservelisten“ aufgestellt, über die<br />

die Bewerber auch ohne Direktmandat<br />

in den Bundestag einziehen können.<br />

ihre Klientel so gut es geht, mehr<br />

schlecht als recht. Aber wo bleibt der<br />

Wahlkampf, der den Begriff „Kampf“<br />

(im positiven Sinne) auch verdient?<br />

Alles ist weichgespült, austauschbar.<br />

Wo sind die Menschen mit Ecken<br />

und Kanten? Ein grummelnder Willy<br />

Brandt, ein polternder Gerhard<br />

Schröder. Der übermütige Joschka<br />

Fischer. Ein motzender Franz-Josef<br />

Strauß, ein dickhäutiger Helmut Kohl<br />

– wo sind sie geblieben?<br />

Was sollen wir Wählerinnen und<br />

Wähler jetzt tun? Mein inniger<br />

Aufruf: Zur Wahl gehen! Den weichgespülten<br />

Politikern klar machen,<br />

dass wir immer noch stimmberechtigt<br />

sind! Was jeder Einzelne in der Wahlkabine<br />

tut, ist glücklicherweise ihm<br />

selbst überlassen: den Stimmzettel<br />

durchstreichen, eine Splitterpartei<br />

wählen, oder das Kreuz einfach mal<br />

an einer ganz anderen Stelle machen<br />

als sonst. Um zu zeigen: Ja, liebe<br />

Christian Haase steht nicht auf der<br />

Landesliste seiner Partei, da er im<br />

konservativ-katholisch dominierten<br />

Wahlkreis 136 eher sicher ein Direktmandat<br />

erringen wird. Anders bei<br />

Monika Bode-Rosse (SPD): sie ist auf<br />

Listenplatz 40 gesetzt, bei der letzten<br />

Bundestagswahl zog die Liste aber<br />

nur bis Platz 29. Ähnlich sieht es bei<br />

Robin Wagener (Grüne) aus: Er steht<br />

auf der Landesliste zwar auf Platz 18,<br />

nach dem Wahlergebnis 2013 zogen<br />

aber nur die Kandidaten bis Platz 13<br />

in den Bundestag ein. Und genauso<br />

wahrscheinlich oder unwahrscheinlich<br />

ist das Mandat von Hermann Graf<br />

von der Schulenburg: Gesetzt auf<br />

Platz 25 der FDP, ist er ebenfalls ein<br />

„Wackelkandidat“. Wobei das komplizierte<br />

Wahlrecht die ein‘ oder andere<br />

Überraschung bereithalten kann:<br />

Damit der neue Bundestag exakt dem<br />

Parteienproporz entspricht, kommt es<br />

voraussichtlich wieder zu zahlreichen<br />

Überhang- und Ausgleichsmandaten,<br />

um das Verhältnis zwischen Direktmandaten,<br />

Landeslisten und Bundesländern<br />

auszugleichen. So kann es<br />

zu spannenden Überraschungen am<br />

Wahlabend kommen. khN<br />

selbstverliebte<br />

Herrschende:<br />

es<br />

gibt mich<br />

noch, den<br />

kleinen<br />

Wähler! Unabhängig<br />

von der Meinungsforschung<br />

und<br />

dem Mainstream.<br />

Ich<br />

entscheide selbst, wo ich mein<br />

Kreuz mache. Aber ich bin in die<br />

Wahlkabine gegangen und mache<br />

das, was ich will, weil es mein<br />

Wahlrecht ist! Ein Recht, dies zu<br />

tun. Ein sehr komfortables Recht.<br />

Anders als eine Wahlpflicht, über<br />

die Menschen, die in diktatorischen<br />

Systemen gelebt haben, viel<br />

berichten können. Nicht zuletzt aus<br />

unseren östlichen Bundesländern.<br />

Es ist Wahlkampf: unzählige Großflächenplakate säumen die Straßen. Acht Direktkandidatinnen und -Kandidaten und 32 Parteien stehen<br />

auf dem Stimmzettel zur Bundestagswahl am 24. September 2017.<br />

Foto: Niederkrüger

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