Kranz von Angela Merkel und auch der von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Einer („Danke, lieber Helmut Kohl“) vom Hitparaden-Moderator Dieter Thomas Heck, einer vom EU-Parlament, einer vom 1. FC Kaiserslautern, Schleife in den Vereinsfarben, gewidmet dem Ehrenmitglied Dr. Kohl. Ein Lieferwagen von Blumen Koob aus Ludwigshafen fährt schon neues Material heran. Was macht man, wenn noch mehr Kränze ins Bild drängen? Vor dem Dom wird beratschlagt, es ist ja noch früh, das Requiem beginnt erst am Abend. Ein uniformierter Mann vom Protokoll telefoniert mit der Polizei, er spricht so laut in sein Smartphone, dass man ihn auch von weiter weg noch bestens verstehen kann. Es geht um die Kränze, nur zehn dürfen angeblich daliegen, es sind aber mehr da. Kurzes Gespräch, dann die Entscheidung. Merkel, Heck und der FCK dürfen liegen, wo sie liegen, „und alles, was die Bevölkerung bringt, wird auf den Ablegeplatz da am Brunnen irgendwo hingetragen. Spricht da aus polizeilicher Sicht was dagegen?“ Spricht nichts dagegen. Wäre das geklärt. Wenigstens das. Es hatte vor den Trauerfeierlichkeiten für Helmut Kohl, Bundeskanzler von 1982 bis 1998, zu viele Unklarheiten gegeben. Ist der erste Europäische Trauerakt in Straßburg eine Wertschätzung für den Europäer Kohl, oder hätte es nicht zwingend auch einen Staatsakt in Berlin geben müssen, für den Kanzler der Einheit? Wollte tatsächlich Kohls Witwe Maike Kohl- Richter statt der Kanzlerin den Ungarn Viktor Orbán reden lassen, den dunklen Meister der Abschottung? Dazu diese Bilder aus den vergangenen Tagen: Kohls Sohn Walter, gemeinsam mit zwei von Kohls Enkeln, vor dem Trauerhaus und schließlich von der Polizei des Grundstücks verwiesen. Im Hintergrund ein gutbürgerlicher deutscher Bungalow, der das Zeug hat, Heimathöhle zu sein. Oder Heimathölle. Die Trauerfeier schien eine befangene Veranstaltung zu werden, wegen der neuen Kriege innerhalb der Familie Kohl und auch wegen der alten Kriege in der Union. Es hat dann eine Art Kompromiss gegeben, kein Staatsakt in Berlin, aber eine Rede von Merkel in Straßburg. Kohl muss dafür noch einmal auf eine kürzere Tournee gehen. Von Deutschland nach Frankreich nach Deutschland; von Ludwigshafen nach Straßburg nach Ludwigshafen nach Speyer; mit dem BILL CLINTON SPRICHT SENTIMENTAL UND HEITER ZUGLEICH ÜBER KOHL. ÜBER HELMET, WIE CLINTON DAS SAGT Sargwagen, dem Hubschrauber, dem Motorschiff MS Mainz. Das Programm: sechs DIN-A4-Seiten stark, sämtliche Punkte durchgeplant und choreografiert und abgestimmt auf die Anforderungen der Erinnerung an den privaten Kohl wie den politischen; den europäischen Patrioten wie den deutschen. Einmal wird in freier Fahrt dessen Ausrichtung und Zugehörigkeit umdeklariert. Auszug aus dem Programmablauf: „14:36 Uhr: Abnahme der Europaflagge vom Sarg und Bedecken des Sarges mit der Bundesdienstflagge im Hubschrauber.“ Bis es so weit ist, kann man von Speyer aus live im Fernsehen zusehen, wie sich im Europäischen Parlament in Straßburg Politiker von heute und Politiker von früher versammeln, zu Ehren des europäischen Ehrenbürgers Kohl. Man sieht also Menschen, die man zum Teil ewig nicht mehr gesehen hat. SEITE 98