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01-56-Fraenkische-Nacht-September-2017-ALLES

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Literatur<br />

stellt man fest, dass diese Kulturräume<br />

sich immer wieder gegenseitig<br />

beeinflusst und bereichert<br />

haben. Im Buch zeigen wir viele<br />

kleine und große Beispiele auf.<br />

Können Sie uns ein Beispiel<br />

dafür geben?<br />

Als historisches Beispiel könnte<br />

ich spontan etwas verkürzt und<br />

plastisch sagen: Wir haben Aristoteles<br />

und andere griechische<br />

Philosophen dem Orient zu verdanken!<br />

Die Araber lernten im<br />

Zuge ihrer Expansion auch das<br />

Wissen der alten Griechen und<br />

Römer kennen. Sie verarbeiteten<br />

und entwickelten es weiter. Im<br />

Kontrast zu dieser Entwicklung<br />

im arabischen Raum ging dieses<br />

antike Wissen im christlichen Bereich<br />

verloren. Im 12. und 13. Jh.<br />

kam dieses alte Wissen aber über<br />

die arabisch-islamische Welt nach<br />

Europa zurück. In der sogenannten<br />

Übersetzerschule im spanischen<br />

Toledo wurden hunderte<br />

von arabischen Werken in europäische<br />

Sprachen übersetzt. Das<br />

führte letztendlich zur Renaissance<br />

und später zur Aufklärung<br />

hierzulande.<br />

Sie schreiben, dass Religion<br />

nur ein Faktor neben anderen in<br />

der Entwicklung ist...<br />

Ja, natürlich. Die Motive, die Menschen<br />

haben und die ihr Handeln<br />

bestimmen, reichen ja von dem<br />

Wunsch nach Überleben und<br />

menschlicher Geborgenheit über<br />

materielle Sicherheit und Fortkommen<br />

bis hin zu Machtstreben.<br />

Da spielt manchmal die Religion<br />

als regelndes Prinzip eine<br />

Rolle, aber oft wird sie auch nur<br />

als Tarnung benutzt und instrumentalisiert.<br />

Wenn Abend- und Morgenland<br />

so viel gemeinsam haben –<br />

in der Kultur, Wissenschaft, Geschichte<br />

– wie erklären sie sich,<br />

dass viele Muslime und Christen<br />

in ihrem Umgang miteinander<br />

immer noch „fremdeln“?<br />

Weil sie viel zu wenig voneinander<br />

und über die gemeinsamen Wurzeln<br />

wissen. Wo das Wissen fehlt,<br />

ist man natürlich schnell unsicher<br />

und besorgt. Dann greift man gerne<br />

nach einfachen Klischees.<br />

Brauchen Islamisten und Islamhasser<br />

einander, um ihre Positionen<br />

und Taten zu rechtfertigen<br />

oder gar zu legitimieren?<br />

Manchen Strategen auf beiden<br />

Seiten ist sicher bewusst, dass sie<br />

für die Polarisierung, durch die sie<br />

Mehrheiten für sich erhoffen, die<br />

aggressiven Gegner brauchen. Wir<br />

sehen das ja heute bei so manchen<br />

Staatsführern in verschiedenen<br />

Gegenden der Welt. Sie polarisieren<br />

systematisch und fördern<br />

bewusst gegenseitige Feindschaft.<br />

Aber ich denke, viele der Mitläufer<br />

sind Manipulierte, die den<br />

Hasstiraden folgen, solange sie<br />

nicht „die Anderen“ mal kennengelernt<br />

haben.<br />

Auf der Rückseite Ihres Buches<br />

ist ein mittelalterliches<br />

Bild abgedruckt, das einen<br />

Mönch mit einem Muslim in einem<br />

lebhaften, aber friedlichen<br />

Dialog zeigt. Ist das die Antwort,<br />

die Ihr Buch geben will?<br />

Das sind keine fiktiven Figuren!<br />

Auf dem Bild sind Franz von Assisi<br />

und der Sultan Malek al Kamil<br />

zu sehen. Sie haben uns 1219, also<br />

vor knapp 800 Jahren in einer von<br />

Kreuzzügen geprägten Zeit vorgemacht,<br />

wie man mit Wissen und<br />

Offenheit für Fremdes in ein Gespräch<br />

finden kann, ohne die eigene<br />

Kultur aufzugeben. Zu dieser<br />

mehr denn je aktuellen Botschaft<br />

will unser Buch beitragen.<br />

Thomas Pregl<br />

Nevfel Cumart<br />

Wir wollten mit<br />

einem Rückblick<br />

in die Geschichte<br />

zeigen, was Orient<br />

und Okzident<br />

kulturell verbindet.<br />

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