Wirtschaftszeitung_25092017
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MACHER &MÄRKTE 7<br />
Handwerk testet eine<br />
eigene U3-Betreuung<br />
Es gibt viele Ideen und Initiativen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Die<br />
„kids.company“ bei der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf ist ein Beispiel mit Pilotcharakter.<br />
Der Name ist etwas sperrig: „Großtagespfl<br />
egestelle“ heißt die Einrichtung<br />
für Kinder in den Räumen der<br />
Kreishandwerkerschaft in Rheine<br />
auf Behördendeutsch. U3-Betreuung<br />
ist auch korrekt. Viel wichtiger: Berufstätige<br />
Eltern wissen, dass ihr<br />
Nachwuchs dort an fünf Tageninder<br />
Woche zwischen 7und 17 Uhr gut<br />
aufgehoben ist. Das ist grundsätzliche<br />
keine neue Erfindung, in der<br />
praktizierten Form allerdings ein<br />
bisher einmaliges Projekt.<br />
Die Ausgangslage: Wie können<br />
Betriebe ihre Beschäftigten<br />
dabei unterstützen,<br />
für ihre kleinen Kinder<br />
einen Platz in einer Kita<br />
oder einer vergleichbaren Einrichtung zu<br />
finden? Die Lösung: Betriebe sorgen<br />
selbst für eine Betreuung.<br />
„Ganz so einfach war das natürlich<br />
nicht“, erinnert sich der Hauptgeschäftsführer<br />
der Kreishandwerkerschaft, Frank<br />
Tischner.Zunächst wurde eine „Randzeitenbetreuung“<br />
erörtert, also eine Betreuungsmöglichkeit<br />
von 6bis 22 Uhr. Der<br />
Bedarf war allerdings nicht vorhanden,<br />
also wurde eine andereIdeekonkret. Gemeinsam<br />
mit der „EWG– Entwicklungsförderungsgesellschaft<br />
der Stadt Rheine<br />
mbH“ und weiteren Partnern (darunter<br />
Caritasverband und Stadt Rheine) entwickelte<br />
die Kreishandwerkerschaft ein<br />
Konzept der Großtagespfl<br />
ege als familiennahes<br />
Betreuungsmodell für Kleinkinder<br />
im Alter bis zu drei Jahren. DieKinder<br />
sollen mindestens vier Monate alt sein,<br />
die Größe einer Gruppebeträgt maximal<br />
neun Kinder.<br />
Das muss natürlich finanziert werden.<br />
Und dabei kommen Unternehmen ins<br />
Das umfangreiche Angebot der „kids.company“ können Mütter<br />
und Väter auf dem Wochenplan nachlesen.<br />
„kids company“: Nur für das Foto setzen sich Frank Tischner, Kathrin Dengler und Tagesmutter Sabine Toonen (v.l.) auf die Kinderstühlchen.<br />
Spiel. Betriebe, die mitmachen wollen,<br />
zahlen 15 000 Euro pro Jahr für einen<br />
Platz in der Einrichtung, den sie „besetzen“<br />
können. Anders formuliert: Die<br />
Unternehmen erwerben mit dieser Summe<br />
das Recht, für ein Jahr ein Kind einer<br />
Mitarbeiterin beziehungsweise eines Mitarbeiters<br />
in der Großtagespfl<br />
ege betreuen<br />
zu lassen. „Damit ist schon mal ein hohes<br />
Maß an Sicherheit für alle Beteiligten<br />
gegeben“, erläutert Kathrin Dengler, die<br />
bei der Kreishandwerkerschaft den Bereich<br />
Bildung und Beratung leitet und<br />
sich auch intensiv für den Start der<br />
„kids.company“ engagierte. „Die Vorbereitungen<br />
waren intensiver, als wir uns<br />
das vorgestellt hatten“, so ist die Erfahrung<br />
der Sozialpädagogin.<br />
Vier Unternehmen und die Kreishandwerkerschaft<br />
machen mit, damit gibt es<br />
fünf „Firmenplätze“, vier weitere Plätze<br />
werden von der Stadt Rheine „besetzt“.<br />
Damit ist die Gruppe komplett. Betreut<br />
werden die Kinder von drei Fachkräften,<br />
davon sind zwei in Vollzeit tätig. Im Vergleich<br />
mit einer Kita ist das ein hoher Personalschlüssel,<br />
auch das pädagogische<br />
Konzept unterscheidet sich. „In der Großtagespfl<br />
ege haben die Kinder eine sehr<br />
engeBindung an eine Bezugsperson“, erläutert<br />
Kathrin Dengler und betont die<br />
sehr familiäre Atmosphäre der Einrichtung.<br />
Finanzen, Fachpersonal, das pädagogische<br />
Konzept, Partner, die die Arbeit der<br />
„kids.company“ begleiten. Bleibt noch<br />
die Frage nach den Räumlichkeiten. Die<br />
befinden sich im Haus der Kreishandwerkerschaft.<br />
„Das mussten wir natürlich<br />
erst mal unserenBesuchernund Kunden<br />
erläutern“, sagt Frank Tischner. Und dabei<br />
sei natürlich schon mal die Frage gestellt<br />
worden, „warum denn jetzt an dieser<br />
Stelle ein Kindergarten eingerichtet<br />
werden soll“.<br />
Das Konzept wurde gern erläutert und<br />
fand viel positiveResonanz. Und wasdie<br />
Räumlichkeiten betrifft, da habe man<br />
nicht einfach eine Bärchentapete andie<br />
Wände kleben können, schmunzelt<br />
Tischner. Die räumliche Struktur ist speziell<br />
auf die Bedürfnisse der Kinder unter<br />
drei Jahren ausgerichtet. Ein Wickelplatz<br />
gehört ebenso dazu wie der Ruhe- und<br />
Schlafb<br />
ereich mit Kinderbettchen und<br />
eine Außenspielfl<br />
äche.<br />
Seit Mai gibt es das Angebot. „Jetzt müssen<br />
wir zeigen, was wir können und bei<br />
den Betrieben bekannter werden“, sagt<br />
Kathrin Dengler.<br />
Der Bedarfsei vorhanden. Über eine weitere<br />
Gruppe will man bei der Kreishandwerkerschaft<br />
aber noch nicht diskutieren.<br />
„Wir sind ja noch am Beginn und<br />
werden uns die Entwicklung genau anschauen“,<br />
ergänzt Frank Tischner.<br />
Wasschon erreicht wurde? Über das Angebot<br />
wird viel gesprochen. Insbesondere<br />
vor dem Hintergrund der viel diskutierten<br />
Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf.<br />
Bei diesem Thema spielt das Handwerk<br />
traditionell eine wichtigeRolle. Die<br />
Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorfist<br />
nacheigenen Angaben bisher die<br />
einzige Handwerksorganisation in<br />
Deutschland, die das Thema in Form der<br />
„kids.company“ umsetzt.<br />
Hubertus Kost<br />
Fotos: Kost<br />
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