Telemann
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
5 17<br />
25<br />
Literatur (Auswahl)<br />
*Rackwitz, Werner (Hg.): Singen ist<br />
das Fundament zu Music in allen Dingen.<br />
Eine Dokumentensammlung.<br />
Leipzig 1981 (darin die Autobiographien<br />
von 1718, 1739 und 1740).<br />
*Fischer, Roman: Frankfurter <strong>Telemann</strong>-Dokumente.<br />
Magdeburger<br />
<strong>Telemann</strong>-Studien 16. Hildesheim u.<br />
a. 1999.<br />
*Kremer, Joachim: Das norddeutsche<br />
Kantorat im 18. Jahrhundert. Untersuchungen<br />
am Beispiel Hamburgs.<br />
Kieler Schriften zur Musikwissenschaft<br />
43, Kassel 1995.<br />
*Poetzsch-Seban, Ute: Die Kirchenmusik<br />
von Georg Philipp <strong>Telemann</strong><br />
und Erdmann Neumeister. Zur Geschichte<br />
der protestantischen Kirchenkantate<br />
in der ersten Hälfte des<br />
18. Jahrhunderts. Schriften zur mitteldeutschen<br />
Musikgeschichte 13,<br />
Beeskow 2006.<br />
*Jungius, Christiane: <strong>Telemann</strong>s<br />
Frankfurter Kantatenzyklen. Schweizer<br />
Beiträge zur Musikforschung 12,<br />
Kassel 2008.<br />
*Neubacher, Jürgen: Georg Philipp<br />
<strong>Telemann</strong>s Hamburger Kirchenmusik<br />
und ihre Aufführungsbedingungen<br />
(1721–1767). Organisationsstrukturen,<br />
Musiker, Besetzungspraktiken.<br />
Mit einer umfangreichen Quellendokumentation.<br />
Magdeburger <strong>Telemann</strong>-Studien<br />
20, Hildesheim u. a.<br />
2009, 22012.<br />
*Lange, Carsten und Reipsch, Brit<br />
(Hg.): <strong>Telemann</strong> und die Kirchenmusik.<br />
<strong>Telemann</strong>-Konferenzberichte 16,<br />
Hildesheim u. a. 2011.<br />
*Poetzsch, Ute: Mit <strong>Telemann</strong> durchs<br />
Kirchenjahr, in: «Musik & Kirche»,<br />
2/2010, S. 110–116.<br />
*Poetzsch, Ute: Chor im 18. Jahrhundert?<br />
Zur Diskussion um «Bachs<br />
Chor», in: «Concerto. Das Magazin<br />
für Alte Musik», Nr. 237 (April/Mai<br />
2011), S. 28–30.<br />
Hatte die Passion bis zu <strong>Telemann</strong>s Amtsantritt<br />
in Hamburg keine Rolle in seinem<br />
Schaffen gespielt, entstand ab 1722 jährlich<br />
eine liturgische Passionsmusik. Nach<br />
den ersten Passionen, deren betrachtende<br />
Arientexte aus bereits vorliegenden Werken<br />
entnommen wurden, konzipierte <strong>Telemann</strong><br />
bald auch die Passionen für jedes<br />
Jahr sowohl textlich als auch musikalisch<br />
immer wieder neu. So finden sich unter<br />
ihnen wie bei den Jahrgängen einige<br />
vom italienischen und französischen Stil<br />
inspirierte Kompositionen. Auch für die<br />
Passionen hat <strong>Telemann</strong> befähigte Dichter<br />
beauftragt, die poetischen und betrachtenden<br />
Einlagen zu verfassen. Die für die<br />
«Lukas-Passion» von 1728 von Matthäus<br />
Arnold Wilkens gedichteten Betrachtungen<br />
wurden sogar in die «Poesie der<br />
Niedersachsen» aufgenommen, Schubart<br />
dichtete die Einlagen für die «Matthäus-<br />
Passion» 1730. Joachim Johann Daniel<br />
Zimmermann verfasste die Arientexte für<br />
die «Johannes-Passion» des Jahres 1745,<br />
die einzige im 18. Jahrhundert im Druck<br />
veröffentlichte vollständige liturgische<br />
Passion. Die «Johannes-Passion» 1733<br />
(vielleicht gedichtet von Zell?) beruht ganz<br />
auf der Gedankenwelt des Hoheliedes.<br />
Zur Kirchenmusik gehören auch Gelegenheitswerke<br />
(beispielsweise Trauermusiken,<br />
Kircheneinweihungsmusiken).<br />
So versorgte <strong>Telemann</strong> etwa das grosse<br />
zweihundertjährige Jubelfest der Augsburgischen<br />
Konfession im Jahr 1730, das<br />
in Hamburg in allen fünf Hauptkirchen<br />
und von den Schulen gefeiert wurde, mit<br />
Musik. Zwei der Kantaten sind erhalten<br />
geblieben, weil <strong>Telemann</strong> sie in seinem<br />
Verlag publiziert hat.<br />
Der Choral im Mittelpunkt<br />
In den 1730er-Jahren intensivierte <strong>Telemann</strong><br />
langfristig seine Beschäftigung mit<br />
dem Choral als zentralem Medium lebendiger<br />
lutherischer Glaubenspraxis und<br />
beleuchtete ihn musikalisch noch einmal<br />
neu und dabei in exzeptioneller Weise.<br />
Schon früher hatte er Choralmotetten und<br />
Choralmessen komponiert, Kirchenliedtexte<br />
als affektive Oden strophenweise<br />
vertont. In vielen Kirchenmusiken gibt<br />
es mehrere Liedstrophen, sehr oft auch<br />
aus unterschiedlichen Liedern. 1730 hatte<br />
<strong>Telemann</strong> ein Liederbuch mit über 500<br />
Melodien zusammengestellt, denen er<br />
bezifferte Bässe beigab, auf deren Basis<br />
auch vierstimmige Sätze ausgearbeitet<br />
werden können. Wie in einem solchen<br />
Fall zu verfahren sei, erklärt <strong>Telemann</strong><br />
in einer «Unterricht» genannten Anleitung,<br />
doch sollte das Liederbuch auch bei<br />
Hausandachten verwendbar sein. In den<br />
«Fugirenden und veraendernden Choraelen»,<br />
die sowohl auf der Orgel als auch<br />
«auf dem Claviere» gespielt werden können,<br />
hat <strong>Telemann</strong> 24 Melodien jeweils in<br />
kontrapunktisch-polyphoner beziehungsweise<br />
kammermusikalisch-galanter Art<br />
verarbeitet. Der «Lied-Jahrgang», der<br />
ab 1742 entstand, zeigt einen weiteren<br />
komplexen Umgang mit geistlichen und<br />
Kirchenliedern und ihren Melodien. Neumeister<br />
liess sich von vorliegenden Liedern<br />
zu eigenen Lieddichtungen anregen,<br />
wobei seine Verweise auf die Vorlagen<br />
wörtlich oder paraphrasiert sein können.<br />
<strong>Telemann</strong> vertonte, soweit die Quellenlage<br />
erkennen lässt, die einzelnen Strophen<br />
abwechselnd als vierstimmigen, die<br />
Melodie verarbeitenden polyphonen oder<br />
Kantionalsatz beziehungsweise als Arie.<br />
Bis spätestens 1754 entstanden ausserdem<br />
fünf repräsentative vokal-instrumentale<br />
Choralbearbeitungen über Lieder aus<br />
dem 17. Jahrhundert (unter anderen<br />
«Jesu, meine Freude», «Christus, der ist<br />
mein Leben»). Hier wählte <strong>Telemann</strong> bei<br />
jedem Lied eine andere Kombination von<br />
polyphonen, homophonen, duettierenden<br />
und arienhaften Sätzen, wobei der Cantus<br />
firmus in jeder Strophe erklingt. Hinzu